VG München, Urteil vom 25.04.2017 - M 13 K 16.2066
Fundstelle
openJur 2021, 6841
  • Rkr:
Tenor

I. Soweit die Klage für erledigt erklärt wurde, wird das Verfahren eingestellt. Der Beklagte trägt die Kosten des eingestellten Verfahrens.

II. Es wird festgestellt, dass die beschränkende Verfügung 1.8 im Bescheid des Landratsamtes Pfaffenhofen vom 8. April 2016 (soweit sie sich auf "das sichtbare Tragen von Emblemen und Tätowierungen, die in Verbindung mit dem Nationalsozialismus stehen, "Hass" bedeuten oder in den Augen der Öffentlichkeit einen solchen Eindruck hervorrufen können" bezieht und soweit "Das Tragen von Bekleidung oder Bekleidungsstücken mit Aufschriften, aus denen sich durch teilweises Überdecken die Buchstaben- bzw. Zahlenfolgen wie "NS", "NSD", "NSDAP", "SS", "SA", ... "14", "18", "28", "88" oder die Abkürzung bzw. erkennbare Abkürzungsteile weiterer verbotener Parteien oder Gruppierungen ergeben können, verboten ist.") rechtswidrig gewesen ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Kläger als Gesamtschuldner und der Beklagte haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Schuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich mit ihrer Fortsetzungsfeststellungsklage gegen einzelne beschränkende Verfügungen, die bei der Versammlung am 9. April 2016 zu beachten gewesen sind.

Mit Fax vom 6. April 2016 zeigte die Klägerin zu 1.,vertreten durch den Kläger zu 2., beim Landratsamt Pfaffenhofen eine Versammlung am 9. April 2016 in dem Zeitraum von 13.45 Uhr bis 15.00 Uhr mit dem Thema "Kapitalismus zerschlagen - für einen deutschen Sozialismus!" am Hauptplatz 39 in der Stadt Pfaffenhofen an. Bezüglich der erwarteten Teilnehmerzahl wurden ca. 20 Teilnehmer angegeben. Als Kundgebungsmittel waren Handmegafon, Lautsprecherwagen mit Verstärker, offenes Mikrofon, Abspielen von Musikmedien, Transparente, Fahnen, Plakatschilder und Verteilen von themenbezogenen Flugblättern während der Veranstaltung geplant. Am 7. April 2016 fand ein Kooperationsgespräch mit dem Veranstalter bezüglich der Durchführung der Versammlung am 9. April 2016 statt.

Mit Bescheid vom 8. April 2016 erließ der Beklagte beschränkende Verfügungen für die angezeigte Versammlung. Der Bescheid enthält u.a. folgende Beschränkungen:

"1.6 Verbot von Parolen

In Reden, Sprechchören sowie auf Transparenten, Fahnen, Schildern und Flyern sind alle Äußerungen verboten, die das NS-Regime sowie dessen Organisationen und deren (auch selbsternannten) Folgeorganisationen sowie verbotene Parteien und Vereine einschließlich deren Nachfolge- und Ersatzorganisationen billigen, verherrlichen, rechtfertigen oder verharmlosen.

Untersagt sind insbesondere die Parolen "Wir sind wieder da", "Ruhm und Ehre der Waffen-SS", "Wir kriegen euch (alle)", "Zionisten-Mörder und Faschisten" sowie das sog. Paulchen-Panther-Lied "Wer hat an der Uhr gedreht?".

Dies gilt ebenso für die Texte der bei der Kundgebung ausgestrahlten Musik.

1.8 Bekleidung

Die Versammlungsteilnehmer dürfen keine sichtbaren Embleme oder Tätowierungen tragen, die in Verbindung mit dem Nationalsozialismus stehen, "Hass" bedeuten oder in den Augen der Öffentlichkeit einen solchen Eindruck hervorrufen können (z.B. Totenkopf). Das Tragen von Bekleidung oder Bekleidungsstücken mit Aufschriften, aus denen sich durch teilweises Überdecken die Buchstaben- bzw. Zahlenfolgen wie "NS", "NSD", "NSDAP", "SS", "SA", "ACAB". "14", "18", "28", "88" oder die Abkürzung bzw. erkennbare Abkürzungsteile weiterer verbotener Parteien oder Gruppierungen ergeben können, ist verboten.

Das Tragen von Springerstiefeln, Bomberjacken und militärischer Kopfbedeckung (z.B. Stahlhelmen) einzeln oder in Verbindung miteinander ist verboten."

In den Gründen des Bescheides wird ausgeführt, dass Rechtsgrundlage für die beschränkenden Verfügungen Art. 8 Abs. 2 Grundgesetz (GG), Art. 15 Abs. 1 BayVersG sei. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 BayVersG für die Festsetzung von Beschränkungen seien hierfür erfüllt. Es liege eine Sachlage vor, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen der öffentlichen Sicherheit und/oder Ordnung führe. Bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 BayVersG entscheide die zuständige Behörde über die Festsetzung von beschränkenden Verfügungen nach pflichtgemäßem Ermessen. Nach den polizeilichen Erkenntnissen, insbesondere hinsichtlich der örtlichen und sachlichen Gegebenheiten am Tag der Kundgebung, seien die beschränkenden Verfügungen geeignet, erforderlich und verhältnismäßig, um einen störungsfreien Ablauf der Versammlung sicherzustellen. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Schutzbedürfnis Dritter (unbeteiligte Passanten, Anlieger sowie Geschäftsinhaber und -kunden, Einsatzkräfte der Polizei). Das lautstarke Skandieren der unter Ziff. 1.6 aufgezählten Parolen erwecke einen paramilitärischen Eindruck. Der Eindruck der Gewalt- und Kampfbereitschaft könne unbefangene Beobachter verängstigen. Versammlungen, die ein solches militantes Gepräge mit der damit verbundenen Gewaltmetaphorik aufwiesen, liefen dem Friedlichkeitsgebot von Art. 8 Abs. 1 des Grundgesetzes und Art. 113 der Verfassung zuwider, das jeweils den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit begrenze (LT-Drs. 15/10181 S. 15). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes schütze Art. 8 GG zwar Aufzüge, nicht aber Aufmärsche mit paramilitärischen oder sonstigen einschüchternden Begleitumständen. "Wir sind wieder da!" sei eine Parole der 1972 im Ausland gegründeten NSDAP/AO. Mit der beschränkenden Verfügung in Nr. 1.8 im Tenor des Bescheides werde der Begehung von Straftaten nach § 86a Strafgesetzbuch bzw. Gefahren für die öffentliche Ordnung durch eine aggressive, provokative Umgehung dieser Straftatbestände entgegengewirkt. Ansonsten sei zu erwarten, dass Versammlungsteilnehmer ihre gemeinsame Gesinnung durch das Tragen gemeinsamer Marken wie z.B. "LONSDALE" oder "CONSDAPLE" zum Ausdruck brächten. Ausschlaggebend seien hier die Buchstabenkombinationen dieser Marken. Abhängig davon, wie die Kleidungsstücke getragen würden, z.B. indem eine darüber gezogene Jacke geöffnet werde, erscheine für den Betrachter Buchstabenkombinationen mit nationalsozialistischem Bezug (NSDAP). Neben diesen Buchstabenkonstellationen würden auch Zahlenkombinationen verwendet. So ständen die Zahlenkombinationen 88 für "Heil Hitler" und die 18 für "Adolf Hitler" nach der jeweiligen Buchstabennummer im Alphabet. "28" stehe für die verbotene Naziorganisation Blood and Honour.

Die Versammlung fand am 9. April 2016 unter Polizeiaufgebot friedlich statt.

Mit Schriftsatz vom 3. Mai 2016, eingegangen bei Gericht am 4. Mai 2016, erhob die Prozessbevollmächtigte der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht München und beantragt,

festzustellen, dass die folgenden Auflagenteile in dem Bescheid des Beklagten gegen die Kläger vom 8. April 2016 rechtswidrig sind: 1) Auflage 1.6 hinsichtlich der Worte "sind alle Äußerungen verboten, die das NS-Regime sowie dessen Organisationen und deren (auch selbsternannten) Folgeorganisationen sowie verbotene Parteien und Vereine einschließlich deren Nachfolge- und Ersatzorganisationen billigen, verherrlichen, rechtfertigen oder verharmlosen ... untersagt sind ... die Parolen "Wir sind wieder da", 2) Auflage 1.8 hinsichtlich der Worte "keine sichtbaren Embleme oder Tätowierungen tragen, die in Verbindung mit dem Nationalsozialismus stehen, "Hass" bedeuten oder in den Augen der Öffentlichkeit einen solchen Eindruck hervorrufen können ... Das Tragen von Bekleidung oder Bekleidungsstücken mit Aufschriften, aus denen sich durch teilweises Überdecken die Buchstaben bzw. Zahlenfolgen wie "NS", "NSD", "NSDAP", "SS", "SA", ... "14", "18", "28", "88" oder die Abkürzung bzw. erkennbare Abkürzungsteile weiterer verbotener Parteien oder Gruppierungen ergeben können, ist verboten.

Zur Begründung wird unter anderem vorgebracht, dass die im Klageantrag genannten Auflagen rechtswidrig seien. Der Beklagte könne sich nicht auf § 15 Abs. 1 VersG berufen, da nach den erkennbaren Umständen keine unmittelbare, konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gegeben gewesen sei. Es habe lediglich eine abstrakte Gefahr vorgelegen. Die Vorfälle am 1. Mai 2016 in Thüringen stellten keine Tatsachen für eine konkrete Gefahr in Pfaffenhofen dar. Denn der Beklagte trage nicht vor, welche Personen, die in Thüringen Gewalt ausgeübt hätten, bei der Versammlung in Pfaffenhofen anwesend gewesen seien. Ohne diese Angaben bleibe der Vortrag zu unbestimmt. Dass eine Demonstration von gerade einmal zwanzig Personen beim Durchschnittsbeobachter die Angst hervorrufen hätte können, dass der Rechtsextremismus wieder auf dem Vormarsch sei, sei ganz und gar abwegig. Dass der Hauptplatz in Pfaffenhofen im Dritten Reich angeblich Schauplatz mehrerer Kundgebungen gewesen sei und damals angeblich "Adolf Hitler Platz" geheißen habe, mache ihn nicht zu einem "stark vorbelasteten Ort". Der Beklagte habe bei den Anordnungen der Auflagen kein Ermessen ausgeübt. Die Auflage 1.6 sei im Übrigen überwiegend unbestimmt und stelle nach der Rechtsprechung des BVerfG ein rechtswidriges inhaltliches Verbot einer Äußerung dar. Es sei unklar, welche Äußerungen das NS-Regime und dessen Organisationen und deren Folgeorganisationen billigen, verherrlichen, rechtfertigen oder verharmlosen. Es gäbe Äußerungen, die unter die Auflage fallen könnten, die aber nicht die öffentliche Sicherheit verletzten, weil sie weder gegen § 86 Strafgesetzbuch (StGB) noch gegen § 130 Abs. 4 StGB verstießen. Die im Klageantrag genannte Auflage verbiete den Inhalt einer Äußerung, nicht aber die Art und Weise einer Äußerung. Wieso eine einschüchternde Wirkung von derartigen Äußerungen ausgehen solle, sei nicht erkennbar. Die Parole "Wir sind wieder da" bedeute, dass die Klägerin trotz Verboten, Beschränkungen und Behinderungen wiederum demonstriere und sich von ihren Auftritten in der Öffentlichkeit nicht abhalten lasse. Eine Unterstellung, dass diese Parole eine Fortführung der NSDAP bedeute und eine der Parolen der im Jahre 1972 gegründeten NSDAP/AO gewesen sei, scheitere an dem Umstand, dass diese Deutung des Satzes der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt sei und schon gar nicht dem Nationalsozialismus zugeordnet werden könne. In der Öffentlichkeit werde dieser Satz neutral verstanden. Dass eine einschüchternde Wirkung von einer derartigen Äußerung ausgehe, sei nicht erkennbar. Die Auflage, Aufschriften und Abkürzungsteile auf Bekleidungsstücken nicht sichtbar tragen zu dürfen, sei rechtswidrig. Hierbei wende sich der Kläger nicht gegen das Verbot, die Buchstaben "NSDAP" und "SS" oder Totenköpfe auf Bekleidungsstücken zeigen zu dürfen. Der übrige angefochtene Inhalt dieser Auflage sei jedoch unbestimmt und ausufernd und verbiete in rechtswidriger Weise eine inhaltliche Äußerung. Auch das Verbot von Emblemen und einer Äußerung, die "Hass" bedeute, sei ausufernd und ein rechtswidriges inhaltliches Verbot. Es sei unklar, welche Symbole alle unter das Verbot fallen könnten. Hass zu haben, sei überdies eine Meinungsäußerung, die unter Art. 5 Abs. 1 GG falle. Auch das Verbot, die Kürzel "NS", "NSD" und "NSDA" zu verwenden, sei ausufernd. Die Auflage verbiete den Inhalt einer Äußerung, nicht aber die Art und Weise der Äußerung. Das Feststellungsinteresse für die Klage ergebe sich zum einen aus der Wiederholungsgefahr. Die Klägerin beabsichtige, auch in Zukunft Versammlungen in Pfaffenhofen durchzuführen. Es sei zu erwarten, dass der Beklagte erneut die angefochtenen Auflagen verfüge. Das Feststellungsinteresse ergebe sich außerdem aus der schweren Grundrechtsbeeinträchtigung. Grundrechtsverletzte und damit Klageberechtigte der angefochtenen Auflagen sei die Veranstalterin der Versammlung, die Klägerin zu 1.. Grundrechtsverletzter und damit ebenfalls Klageberechtigter sei aber auch der Anmelder der Versammlung, der überdies Adressat der Auflagen sei, der Kläger zu 2..

Der Beklagte beantragt mit Schreiben vom 13. März 2017,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird unter anderem ausgeführt, dass eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch die angemeldete Versammlung vorgelegen habe. Im September 2013 hätten Rechtsextremisten unter Beteiligung von Aktivisten des mittlerweile verbotenen bayerischen Neonazi-Netzwerkes "Freies Netz Süd" (FNS) in Heidelberg die Partei "Der III. Weg" gegründet. Ideologisch vertrete die Partei einen strikten Rechtsextremismus, der stark neonazistisch geprägt sei. Aus dem Verfassungsschutzbericht 2014 gehe hervor, dass die rechtsextreme Partei "Der III. Weg" die derzeit prägende neonazistische Partei in Bayern sei. Die Partei habe u.a. das Ziel, eine Atmosphäre der Angst und Einschüchterung durch aggressives und provokantes Auftreten zu fördern. Soweit Schutzgüter betroffen seien, die vom geschriebenen Recht umfasst seien, sei damit auch die öffentliche Sicherheit betroffen. Die Rechtsordnung sei insbesondere dann verletzt, wenn gegen Strafgesetze verstoßen werde. Allein aus dem programmatischen Ansatz, den die Klägerin zu 1. verfolge, sei konkret zu befürchten, dass Taten begangen würden, die gemäß § 130 StGB strafbar seien. Aus der Ablehnung des demokratischen Rechtsstaates könne ohne weiteres auf eine Ablehnung der für ihn handelnden Organe geschlossen werden. Vor diesem Hintergrund und dem vorgenannten Ziel der Klägerin zu 1., eine Atmosphäre der Angst und Einschüchterung durch aggressives und provokantes Auftreten zu fördern, habe auf eine unmittelbare Gefährdung für die körperliche und gesundheitliche Unversehrtheit Dritter, etwa von Passanten oder eingesetzten Polizisten, geschlossen werden können. Es sei darüber hinaus zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes bei Versammlungen auch einzelne, je für sich unbedenkliche Verhaltensweisen in ihrer Gesamtheit der Versammlung einen die schutzfähige Anschauung über friedliches Zusammenleben der Bürger bedrohenden Charakter verschaffen könnten. In Folge des geblockten gemeinschaftlichen Auftretens der Versammlungsteilnehmer, mit dem aufgrund der genannten Erkenntnisse über die Kläger zu rechnen gewesen sei, könne auch dies der Gefahrenprognose zugrunde gelegt werden. Aus einem Schreiben des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz vom September 2016 und des Landeskriminalamtes Thüringen vom Oktober 2016 ergebe sich, dass es bei einer Versammlung der Partei "Der III. Weg" am 1. Mai 2016 in Thüringen zu Gewalttätigkeiten sowohl von Teilnehmern dieser Versammlung als auch von Gegendemonstranten gekommen sei. Das Landratsamt habe Beschränkungen für die Versammlung am 9. April 2016 erlassen können, da konkretisierte Anhaltspunkte für eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung gegeben gewesen seien. Auch sei das eingeräumte Ermessen sachgerecht ausgeübt worden. In den Gründen des Bescheides vom 8. April 2016 sei unter II.2 die pflichtgemäße Ermessensausübung auf Grund polizeilicher Erkenntnisse dargestellt worden. Darüber hinaus werde in den Gründen des angefochtenen Bescheids unter II. 3.6 und II. 3.8 ausgeführt, warum diese Beschränkungen erfolgt seien und darüber hinaus unter II.5 der Bescheidsgründe die Frage der Angemessenheit und Zumutbarkeit behandelt. Die den streitgegenständlichen Beschränkungen zugrunde liegenden Erkenntnisse seien durchweg solche, die ausweislich des Verfassungsschutzberichtes zum Allgemeingut zumindest einer Sicherheitsbehörde gehörten. Der Regelungsinhalt insbesondere der Beschränkung in Ziff. 1.6 sei der Klägerin ohne weiteres erkennbar gewesen. Insbesondere unter Berücksichtigung eines der zentralen Ziele der Partei "Der III. Weg", nämlich eine Atmosphäre der Angst und Einschüchterung durch aggressives und provokantes Auftreten zu fördern, habe klar sein müssen, dass mit den Beschränkungen unter Ziff. 1.6 ein paramilitärischer Eindruck durch das Skandieren von Parolen und eine einschüchternde Wirkung verhindert hätte werden sollen. Die Ziff. 1.6 sei entgegen den klägerischen Ausführungen nicht eine reine Inhaltsbeschränkung, sondern regele explizit die Art und Weise (Reden, Sprechchöre etc.) der Darstellung des Inhaltes, die ausdrücklich beschränkt werden könne. Unabhängig davon, ob die Öffentlichkeit ein entsprechendes Wissen habe oder nicht, sei das Skandieren der Parole "Wir sind wieder da" jedenfalls im Rahmen einer Versammlung mit dem benannten und erkennbaren programmatischen Hintergrund geeignet, beim Durchschnittsbeobachter Ängste darüber hervorzurufen, dass der Rechtsextremismus wieder auf dem Vormarsch sei. Auch sei von Bedeutung, dass die angemeldete Versammlung an einem historisch stark vorbelasteten Ort stattgefunden habe. Während der Zeit des Nationalsozialismus sei der Hauptplatz in Pfaffenhofen Schauplatz mehrerer Kundgebungen gewesen. Der Hauptplatz sei 1935 in "Adolf Hitler Platz" umbenannt worden. Die Auflage Ziff. 1.8 sei nicht zu unbestimmt. Die Auflage erfasse nicht das Verbot des Tragens bestimmter Kleidungsstücke, sondern ein teilweises Überdecken von Aufschriften, um zu verhindern, dass sich Buchstaben- bzw. Zahlenkombinationen ergeben könnten. Die Begründung bringe klar zum Ausdruck, dass hierdurch Buchstaben- und Zahlenkombinationen mit nationalsozialistischem Bezug unzulässig seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 25. April 2017 Bezug genommen.

Gründe

I.

Soweit die Klagepartei in der mündlichen Verhandlung am 25. April 2017 die Klage hinsichtlich des Einschubes in der Auflage Ziffer 1.6 "und deren (auch selbsternannten) Folgeorganisationen" für erledigt erklärt hat und der Beklagte der Erledigterklärung zugestimmt hat, wird das Verfahren eingestellt. Billigem Ermessen entspricht es im vorliegenden Fall insoweit die Kosten, entsprechend der Kostenübernahmeerklärung, dem Beklagten aufzuerlegen.

II.

Die Klage der Kläger zu 1. und 2. ist im Übrigen zulässig (dazu nachfolgend zu 1.) und hat teilweise Erfolg (dazu nachfolgend zu 2.).

1. Bei den nach Art. 15 Abs. 1 Bayerisches Versammlungsgesetz (BayVersG) erlassenen Auflagen handelt es sich um Verwaltungsakte i.S.v. Art. 35 Satz 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG). Mit Ablauf des 9. April 2016 haben sich die Auflagen erledigt. Die Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ist damit die richtige Klageart. Sie ist statthaft bei Erledigungseintritt vor Klageerhebung (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 72).

Sowohl die Klägerin zu 1. als auch der Kläger zu 2. sind klagebefugt. Die Klägerin ist als Partei und Veranstalterin der Versammlung klagebefugt. Zwar hat der Kläger zu 2. wohl lediglich als Vertreter der Klägerin zu 1. die Versammlung für den 9. April 2016 angemeldet und war auch nicht Versammlungsleiter. Allerdings wurde der Bescheid des Landratsamtes Pfaffenhofen vom 8. April 2016 an den Kläger zu 2. adressiert, nicht an die Klägerin zu 1., vertreten durch den Kläger zu 2.. Das Gericht geht daher davon aus, dass auch der Kläger zu 2. als formal direkter Adressat des Bescheides, und damit der Auflagen, klagebefugt ist (vgl. Dürig-Friedl/Enders, Versammlungsrecht, 2016, Einl. Rn. 115).

In versammlungsrechtlichen Verfahren sind die für die Beurteilung des Rechtsschutzinteresses bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage geltenden Anforderungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Versammlungsfreiheit anzuwenden. Indessen begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht allerdings dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (vgl. BVerfG, B.v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - juris Rn. 36). Hier liegt jedenfalls ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Hinblick auf eine Wiederholungsgefahr vor. Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird. Dabei reicht auf Seiten des Klägers aus, wenn sein Wille erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden (vgl. BVerfG, B.v. 3.3.2004, a.a.O. Rn. 41, 42). Nachdem die Kläger geltend machen, ähnlich gelagerte Versammlungen auch in Zukunft in Pfaffenhofen abhalten zu wollen und auf ein Schreiben der Bevollmächtigten der Kläger vom 19. April 2016 das Landratsamt Pfaffenhofen mitteilte, dass die genannten Auflagen im Bescheid als rechtmäßig angesehen würden, ist vom Feststellungsinteresse der Wiederholungsgefahr auszugehen.

2. Die beschränkende Verfügung Ziffer 1.8 des Bescheids vom 8. April 2016 (soweit sie das Tragen von Emblemen und Tätowierungen verbietet, die in Verbindung mit dem Nationalsozialismus stehen, "Hass" bedeuten oder in den Augen der Öffentlichkeit einen solchen Eindruck hervorrufen können und soweit "Das Tragen von Bekleidung oder Bekleidungsstücken mit Aufschriften, aus denen sich durch teilweises Überdecken die Buchstaben bzw. Zahlenfolgen wie "NS" "NSD", "NSDAP", "SS", "SA", ... "14", "18", "28", "88" oder die Abkürzung bzw. erkennbare Abkürzungsteile weiterer verbotener Parteien oder Gruppierungen ergeben können, verboten wird"), ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Es ist deshalb im Rahmen des gestellten Klageantrags auszusprechen, dass diese beschränkende Verfügung im vorgenannten Umfang rechtswidrig gewesen ist (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO).

Soweit die Beklagte in der beschränkenden Verfügung Ziffer 1.6 des Bescheids vom 8. April 2016 Äußerungen untersagt hat, die das NS-Regime sowie dessen Organisationen sowie verbotene Parteien und Vereine einschließlich deren Nachfolge- und Ersatzorganisationen billigen, verherrlichen, rechtfertigen oder verharmlosen, und die Parole "Wir sind wieder da" untersagt hat, waren diese Beschränkungen rechtmäßig. Die Klage war insoweit abzuweisen.

a) Art. 8 Abs. 1 GG schützt die Freiheit, mit anderen Personen zum Zwecke einer gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung örtlich zusammenzukommen (vgl. BVerfG, B.v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - juris Rn. 39 ff.). Dabei wird den Grundrechtsträgern das Selbstbestimmungsrecht über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Veranstaltung gewährleistet (vgl. BVerfG, B.v. 14.5.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. - juris Rn. 61). Ein Eingriff in die grundrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit ist nicht nur dann gegeben, wenn eine Versammlung verboten oder aufgelöst wird, sondern auch, wenn die Art und Weise ihrer Durchführung durch staatliche Maßnahmen beschränkt wird (vgl. BVerfG, B.v. 12.5.2010 - 1 BvR 2636/04 - juris Rn. 15). Beschränkungen der Versammlungsfreiheit bedürfen gemäß Art. 8 Abs. 2 GG einer gesetzlichen Grundlage.

Nach Art. 15 Abs. 1 BayVersG kann die zuständige Behörde eine Versammlung beschränken oder verbieten, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit darf die Behörde auch bei dem Erlass von Beschränkungen keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose stellen. Als Grundlage der Gefahrenprognose sind konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte erforderlich; bloße Verdachtsmomente oder Vermutungen reichen hierzu nicht aus (vgl. BVerfG, B.v. 12.5.2010, a.a.O., Rn. 17). Der Begriff der "öffentlichen Sicherheit" umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Schutzgüter droht. Unter "öffentlicher Ordnung" wird die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln verstanden, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebiets angesehen wird. Die grundrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit hat zurückzutreten, wenn dies zum Schutz anderer gleichwertiger Rechtsgüter notwendig ist. Bei der Auslegung und Anwendung versammlungsbeschränkender Gesetze ist die Bedeutung der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, B.v. 14.5.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. - juris Rn. 77, 79, 80). Nach Art. 7 Nr. 2 BayVersG ist es verboten, an einer öffentlichen oder nicht öffentlichen Versammlung in einer Art und Weise teilzunehmen, die dazu beiträgt, dass die Versammlung oder ein Teil hiervon nach dem äußeren Erscheinungsbild paramilitärisch geprägt wird, sofern dadurch eine einschüchternde Wirkung entsteht. Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits vor Erlass dieser gesetzlichen Regelung ausgeführt, dass Beschränkungen der Versammlungsfreiheit verfassungsrechtlich unbedenklich sind, die ein aggressives und provokatives, die Bürger einschüchterndes Verhalten der Versammlungsteilnehmer verhindern sollen, durch das ein Klima der Gewaltdemonstration und potentieller Gewaltbereitschaft erzeugt wird. Aufmärsche mit paramilitärischen oder sonstwie einschüchternden Begleitumständen werden von Art. 8 GG nicht geschützt (vgl. BVerfG, B.v. 24.3.2001 - 1 BvQ 13/01 - juris Rn. 30; B.v. 5.9.2003 - 1 BvQ 32/03 - juris Rn. 24; B.v. 23.6.2004 - 1 BvQ 19/04 - juris Rn. 23).

b) In Anwendung dieser Grundsätze gilt vorliegend das Folgende:

Die Beschränkung in Ziffer 1.6 des Bescheids vom 8. April 2016 hat die Beklagte darauf gestützt, dass das lautstarke Skandieren der unter Ziff. 1.6 aufgezählten Parolen einen paramilitärischen Eindruck erwecke. Der Eindruck der Gewalt- und Kampfbereitschaft könne unbefangene Beobachter verängstigen. Versammlungen, die ein solches militantes Gepräge mit der damit verbundenen Gewaltmetaphorik aufwiesen, liefen dem Friedlichkeitsgebot von Art. 8 Abs. 1 des GG und Art. 113 BV zuwider, das jeweils den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit begrenze. Soweit der Kläger mit seiner Fortsetzungsfeststellungsklage die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verbots der Äußerungen, die das NS-Regime sowie dessen Organisationen sowie verbotener Parteien und Vereine einschließlich deren Nachfolge- und Ersatzorganisationen betreffen sowie die Parole "Wir sind wieder da!" beantragt, ist dieses Begehren unbegründet. Die Beklagte hat diese Parolen zu Recht untersagt.

Wird der Versammlung verboten, in bestimmter Weise Meinungsinhalte zu artikulieren, so beschränkt dies ihre Möglichkeit, in einer selbst bestimmten Weise an der öffentlichen Meinungsbildung durch gemeinschaftliche Erörterung oder Kundgebung teilzuhaben. Beschränkungen in der Kombination des Inhalts und der versammlungsspezifischen Ausdrucksform von Meinungen betreffen ebenfalls die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG und sind auch vor Art. 5 Abs. 2 GG zu rechtfertigen. Überschreiten die zu erwartenden Meinungsäußerungen nicht die Schwelle der Strafbarkeit, so verlieren sie nicht allein wegen rechtsextremistischer Inhalte den Schutz der Art. 5 und Art. 8 GG. Beschränkende Verfügungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung sind aber verfassungsrechtlich unbedenklich, als sich die in Art. 15 Abs. 1 BayVersG vorausgesetzte Gefahr nicht aus dem Inhalt der Äußerung, sondern aus der Art und Weise der Durchführung der Versammlung ergibt. Eine Gefahr für die öffentliche Ordnung infolge der Art und Weise der Durchführung der Versammlung kann bei einem aggressiven und provokativen, die Bürger einschüchternden Verhalten der Versammlungsteilnehmer bestehen. Die öffentliche Ordnung kann verletzt sein, wenn ein Aufzug sich durch sein Gesamtgepräge mit den Riten und Symbolen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft identifiziert und durch Wachrufen der Schrecken des vergangenen totalitären und unmenschlichen Regimes andere Bürger einschüchtert (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2004 - 1 BvQ 19/04 - juris Rn. 20 ff.; B.v. 19.12.2007 - 1 BvR 2793/04 - juris Rn. 14 ff.).

Bei den Äußerungen der Auflage Ziff. 1.6, die bereits in den strafrechtlichen Bereich der § 86 Strafgesetzbuch (StGB) oder § 130 StGB sowie § 9 Vereinsgesetz (VereinsG) und § 20 Abs. 1 Nr. 5 VereinsG fallen, ist bereits der Inhalt der Äußerungen an sich verboten. Bei Äußerungen, die nicht in den strafbaren Bereich fallen, jedoch von der Auflage 1.6 umfasst werden, durfte die Behörde auf die Art und Weise der Durchführung der Versammlung abstellen. Hierbei kommt es auf eine Gefahrenprognose zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung an. Gefahrenprognose ist die Einschätzung der Gefahrenlage einer zukünftigen Entwicklung anhand der vorhandenen Situation und auf der Grundlage der konkreten Tatsachen, Erkenntnisse, zeitnahen Erfahrungen und vergleichbaren Ereignissen (Dürig-Friedl/Enders, Versammlungsrecht, § 15 VersammlG, Rn. 60). Die Ereignisse bei den Versammlungen der Klägerin zu 1. am 1. Mai 2016 in Plauen und Saalfeld konnte die Beklagte bei der Gefahrenprognose für den Bescheid am 8. April 2016 nicht einbeziehen, da diese zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung noch nicht vorlagen. Jedoch konnte die Beklagte aus einer Gesamtschau im Übrigen von einer Gefahrenprognose ausgehen, die die Auflage 1.6 in der hier noch streitentscheidenden Fassung trägt. Laut Verfassungsschutzbericht 2014 (und auch 2015 und 2016) handelt es sich bei der Partei "Der III. Weg" um eine Partei, die einen stark neonazistisch geprägten Rechtsextremismus vertritt. Der Verfassungsschutzbericht führt weiter aus, dass die ideologischen Ziele der Partei, wie das Programm der NSDAP, auf einem biologischen Volksbegriff basierten. Das Versammlungsthema war mit "Kapitalismus zerschlagen - für einen deutschen Sozialismus!" angegeben und die Versammlung sollte auf einem zentralen Platz in der Stadt Pfaffenhofen stattfinden. Auf der Internetseite der Partei "Der III. Weg" wurde die Versammlung am 9. April damit beworben, dass der Zorn und die Wut über das ausbeuterische und völkerfeindliche Unrechtssystem auf die Straße getragen werden solle. Als Kundgebungsmittel waren unter anderem ein Handmegafon, Lautsprecherwagen mit Verstärker, offenes Mikrofon und das Abspielen von Musikmedien vorgesehen. Aus einer Gesamtschau der erkennbaren Umstände durfte die Behörde daher davon ausgehen, dass die Gefahr bestand, dass die Versammlung ohne entsprechende Auflage unter Ziff. 1.6 sich durch ihr Gesamtgepräge mit den Riten und Symbolen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft identifiziert und durch Wachrufen der Schrecken des vergangenen totalitären und unmenschlichen Regimes andere Bürger einschüchtert (vgl. BVerfG, B.v. 19.12.2007 - 1 BvR 2793/04 - juris Rn. 31). Der Umstand, dass bei der Versammlung lediglich 20 Teilnehmer angemeldet waren und wohl auch nicht mehr teilgenommen haben, lässt die Gefahrenprognose nicht entfallen. Auch durch 20 Teilnehmer kann ein aggressives und provokantes, die Bürger einschüchterndes Verhalten der Versammlungsteilnehmer bestehen. Durch technische Möglichkeiten z.B. Verstärker, Mikrofone und entsprechendes Abspielen von Musik können Wirkungen auch einer geringeren Anzahl von Teilnehmern verstärkt werden.

Zur Herkunft der Parole "Wir sind wieder da!" hat die Beklagte vorgetragen, dass es sich hier um die Losung der 1972 in den USA gegründeten NSDAP/AO handelt, deren Ziel die Wiederzulassung der NSDAP in Deutschland ist. Zwar trägt die Klagepartei vor, dass diese Parole bedeute, dass die Klägerin trotz Verboten, Beschränkungen und Behinderungen wiederum demonstriere und sich von ihren Auftritten in der Öffentlichkeit nicht abhalten lasse. Die Deutung als Fortführung der NSDAP sei der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt. Bei dem Verbot des Skandierens der Parole hat die Beklagte nicht auf den Inhalt der Äußerung abgestellt, sondern seine Wirkung im Zusammenhang mit der vom Kläger angemeldeten Versammlung beurteilt. Unter Berücksichtigung des Versammlungsthemas und der Ziele der Partei "Der III. Weg" kann ein lautes Skandieren der Parole "Wir sind wieder da!" dazu führen, als Gesamteindruck den Schrecken an das vergangene totalitäre und unmenschlichen Regime zu verstärken und andere Bürger im Hinblick auf eine Wiederholung der Geschichte einzuschüchtern. Dies gilt unabhängig davon, ob dem Einzelnen die Herkunft der Parole geläufig ist (VG München, U.v. 4.5.2016 - M 7 K 15.1110 - juris Rn. 42). Soweit die Rechtsprechung in Einzelfällen die Parole "Wir sind wieder da!" für zulässig gehalten hat, folgt dem die Kammer nicht (vgl. SächsOVG, B.v. 28.7.2009 - 3 B 60/06 - juris Rn. 28).

Rechtsfehler bei der Ausübung des Ermessens sind nicht ersichtlich. Die Verwaltungsgerichte haben gemäß § 114 VwGO nur nachzuprüfen, ob die Behörde von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat und ob sie die Grenzen des Ermessens (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz insbesondere Wahrung des Prinzips des geringstmöglichen Eingriffs) nicht überschritten hat (Wächter/Heinhold/Merk, BayVersG, 1. Aufl. 2011, § 15 Rn. 20). Die Behörde hat im Bescheid vom 8. April 2016 zum Ausdruck gebracht, dass sie gesehen hat, dass es sich um eine Ermessensentscheidung handelt und hat einzelne Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen (vgl. Bescheid vom 8.4.2016, S. 7, Bl. 46 der Behördenakten; S. 16, Bl. 53 der Behördenakten). Gerichtlich überprüfbare Abwägungsfehler liegen nicht vor. Die Maßnahme ist auch im engeren Sinne verhältnismäßig.

Die Auflage in Ziff. 1.8 des Bescheides vom 8. April 2016, soweit sie sichtbare Embleme oder Tätowierungen verbietet, die in Verbindung mit dem Nationalsozialismus stehen, "Hass" bedeuten oder in den Augen der Öffentlichkeit einen solchen Eindruck hervorrufen können, ist rechtwidrig.

Hier können zwar Embleme darunter fallen, die bereits den Straftatbestand des § 86 StGB, § 86a StGB unterfallen (z.B. Verwendung des Totenkopfs in der Form des Emblems der Waffen-SS) (vgl. insgesamt SächsOVG, B.v. 28.7.2009 - 3 B 60/06 - juris Rn. 23). Diese sind bereits, auch ohne Anordnung in einer versammlungsrechtlichen Auflage, verboten. Soweit der Inhalt der Auflage darüber hinausgeht, hält die Kammer sowohl die Formulierung "in Verbindung mit dem Nationalsozialismus steht" als auch "Hass" bedeutet oder in den Augen der Öffentlichkeit einen solchen Eindruck hervorrufen kann" für zu unbestimmt und deshalb schon für rechtswidrig. Ein Verwaltungsakt ist gemäß Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG dann hinreichend bestimmt, wenn aus der getroffenen Regelung und den sonstigen, dem Betroffenen bekannten oder für ihn ohne weiteres erkennbaren Umständen die Regelung so vollständig, klar und unzweideutig ist, dass er sein Verhalten danach richten kann und dass auch die für den Vollzug zuständige Behörde den Inhalt der Verfügung ihrer Entscheidung über weitere Maßnahmen zugrunde legen kann (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 37 Rn. 5). Bei den genannten Formulierungen ist für die Betroffenen unklar und nicht erkennbar, welche Inhalte unter die Auflage fallen (vgl. auch VG Hannover, B.v. 29.7.2013 - 10 B 5752/13 - juris Rn. 59; VG Bayreuth, U.v. 16.8.2011 - B 1 K 09.124 - juris Rn. 59 ff.). Im Übrigen fehlt es vorliegend an der Voraussetzung des Art. 15 Abs. 1 BayVersG insofern, als konkrete Anhaltspunkte für eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung diesbezüglich nicht gegeben sind. Feststellungen zu konkreten Umständen, die die Annahme nahelegten, dass Versammlungsteilnehmer die Absicht hatten, die Kennzeichen verbotener Vereinigungen oder ihnen zum Verwechseln ähnelnde Embleme zu tragen, wurden nicht getroffen. Das Sächsische OVG (SächsOVG, B.v. 28.7.2009 - 3 B 60/06 - juris Rn. 23) führt aus, wenn die Verwendung anderer Totenkopf- und Hasszeichen untersagt werden solle, sei unterhalb der Schwelle eines Verstoßes gegen die öffentliche Sicherheit eine Gefahr für die öffentliche Ordnung zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, insbesondere dann, wenn die Versammlungsteilnehmer beabsichtigt hätten, durch das massenhaft sichtbare Tragen dieser Zeichen aggressiv und provokativ aufzutreten, die Bürger einzuschüchtern oder Gewaltbereitschaft zu erzeugen, wäre eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Ordnung anzunehmen. Würden Teilnehmer einer größeren Versammlung derartige Zeichen dagegen nur vereinzelt tragen oder als Ausdruck diffusen Hasses, ohne damit ein Klima der Gewaltdemonstration signalisieren zu wollen, so dürfte eine die öffentliche Ordnung gefährdende einschüchternde Wirkung auf Unbeteiligte eher nicht zu gewärtigen sein. Im vorliegenden Fall waren konkrete Umstände, die erkennen ließen, dass die Teilnehmer der Versammlung durch Tragen derartiger Zeichen ein Klima der Gewaltdemonstration signalisieren wollten, jedoch im Zeitpunkt der Erteilung der Auflage weder festgestellt noch erkennbar.

Die Auflage in Ziff. 1.8 des angegriffenen Bescheides, soweit er das Tragen von Bekleidungsstücken mit Aufschriften, aus denen sich durch teilweises Überdecken der Buchstaben bzw. Zahlenfolgen bestimmte Buchstaben- oder Zahlenfolgen ergeben können, verbietet, ist rechtswidrig.

Ein gesetzliches Verbot zum Zeigen der genannten Buchstaben- und Zahlenkombinationen besteht nicht, sie erfüllen namentlich weder einen Straftatbestand nach § 86a Abs. 1 Nr. 1 oder 2 Satz 2 StGB noch ist ihr Tragen geeignet, die öffentliche Ordnung zu verletzen. Soweit die Zahlenkombinationen "14", "18", "28" und "88" genannt sind, erscheint eine Auflage zum Schutz der öffentlichen Ordnung schon deswegen nicht erforderlich, weil eine breitere Öffentlichkeit diese Zahlen weder dem Nationalsozialismus überhaupt zuordnen kann noch ihre Bedeutung kennt (vgl. SächsOVG, U.v. 13.7.2009 - 3 B 137/06 - juris Rn. 38; SächsOVG, U.v. 28.7.2009 - 3 B 60/06 - juris Rn. 24; VG Bayreuth, B.v. 16.8.2011 - B 1 K 09.124 - juris Rn. 61; VG Würzburg, U.v. 19.12.2013 - W 5 K 13.265 - juris Rn. 67).

Auch das Verbot von Kleidung mit Aufschriften, aus denen sich durch teilweises Überdecken die Buchstabenkombinationen "NS", "NSD", "NSDAP", "SS" und "SA" herstellen lassen, kann nicht auf Art. 15 BayVersG gestützt werden. Das sichtbare Tragen von nationalsozialistischen Kennzeichen in einer Versammlung erfüllt zwar den Straftatbestand des § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB. Die Auflage richtet sich jedoch nicht konkret gegen das Tragen dieser verbotenen Aufschriften. Sie ist vielmehr so weit gefasst, dass damit praktisch das Tragen jeder Bekleidung mit Aufschriften untersagt wird, weil sich aus einer Vielzahl von beliebigen Beschriftungen diese Buchstaben- oder Zahlenkombinationen herstellen lassen. Sie untersagt damit ein ohne weiteres Zutun (Verdecken, Abkleben etc.) erlaubtes Verhalten (vgl. SächsOVG, U.v. 28.7.2009 - 3 B 60/06 - juris Rn. 25; VG Würzburg, U.v. 19.12.2013 - W 5 K 13.265 - juris Rn. 68). Dass Anhaltspunkte vorliegen, nach denen in der streitgegenständlichen Versammlung eine erhebliche Anzahl von Teilnehmern Bekleidungsstücke in der beschriebenen Art tragen wollten, ist im Bescheid ebenso wenig dargelegt wie begründet ist, weshalb dadurch eine einschüchternde Wirkung erzielt werden kann. Dabei ist bereits fraglich, ob die aufgeführten Buchstabenkombinationen überhaupt dazu geeignet sind. Dies mag dann der Fall sein, wenn die Versammlungsteilnehmer einer rechtsradikalen Versammlung durch das massenhafte Tragen derartiger Aufschriften den Eindruck erwecken wollen, dass sie in der Nachfolge ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen stehen (vgl. VG Würzburg, U.v. 19.12.2013 - W 5 K 13.265 - juris Rn. 68). So liegt der vorliegende Fall jedoch nicht. Auch lässt sich dem Bescheid keine spezielle Begründung für die verhängte Auflage entnehmen, die die Anordnung der Auflage trägt.

3. Die Kostenentscheidung, soweit das Verfahren nicht eingestellt wurde, beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO.