AG Düsseldorf, Beschluss vom 17.03.2020 - 258 F 10/20
Fundstelle
openJur 2021, 6144
  • Rkr:
Tenor

In der Familiensache

betreffend die minderjährigen Kinder B1, geboren am 29.12.2015 und B2, geboren am 23.03.2019,

Kinder,

Verfahrensbeistand:

Herr Rechtsanwalt Dr. Dr. C, G-Str., ...# Düsseldorf

an der weiter beteiligt sind:

1. Herr B3, U-Str., ... Aesch, Schweiz,

Antragsteller und Kindesvater,

Verfahrensbevollmächtigte: Bundesamt für Justiz - Zentrale Behörde (Auslandsunterhalt) Bundesamt für Justiz, Adenauerallee 99-103, 53113 Bonn

Unterbevollmächtigte: Frau Rechtsanwältin X, C-Straße, ...# Düsseldorf

2. Frau B4, I-Straße, ...# Düsseldorf,

Antragsgegnerin und Kindesmutter,

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwaltskanzlei L, P-Straße, ...# Düsseldorf

hat das Amtsgericht Düsseldorfam 17.03.2020durch den Richter am Amtsgericht I

beschlossen:

1.

Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, die Kinder B1, geboren am 29.12.2015, und B2, geboren am 23.03.2019 aufhältig bei der Antragsgegnerin, I-Straße, ...# Düsseldorf, binnen 14 Tagen ab Rechtskraft dieses Beschlusses in die Schweiz zurückzuführen.

2.

Für den Fall, dass die Antragsgegnerin der Verpflichtung zu Ziffer 1. nicht innerhalb der ihr gesetzten Frist nachkommt, ist sie und jede Person, bei der sich die Kinder aufhalten, verpflichtet, die Kinder B1, geboren am 29.12.2015, und B2, geboren am 23.03.2019, an den Antragsteller oder eine von ihm bestimmte Person zum Zwecke der Rückführung der Kinder in die Schweiz herauszugeben.

3.

Die Vollstreckung dieses Beschlusses findet von Amts wegen statt, § 44 Abs. 3 IntFamRVG.

4.

Die Antragsgegnerin wird darauf hingewiesen, dass für den Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 25.000,00 EUR, sowie für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann oder die Anordnung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg verspricht, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angeordnet werden kann.

Zudem kann die Vollstreckung durch einen Gerichtsvollzieher unter Anwendung unmittelbaren Zwangs angeordnet werden.

5.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

6.

Der Verfahrenswert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller und Kindesvater begehrt die Rückführung der gemeinsamen Kinder nach dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (im Folgenden: HKÜ) in die Schweiz.

Die miteinander verheirateten Kindeseltern lebten bis zum 15.06.2019 zusammen mit den Kindern in häuslicher Gemeinschaft in der Schweiz.

Nach einer verbalen Auseinandersetzung zwischen den Kindeseltern erklärte die Antragsgegnerin dem Antragsteller, dass sie ihn verlasse und mit den Kindern zu ihren Eltern nach Deutschland gehe, woraufhin der Antragsteller sinngemäß erwiderte, sie solle verreisen und fahren und bleiben, wohin und wo sie wolle.

Die Großmutter der Kinder väterlicherseits brachte die Antragstellerin und die Kinder am 15.06.2019 zu den Großeltern mütterlicherseits nach Düsseldorf, wo sich die Antragsgegnerin mit den Kindern seither aufhält.

In der Folgezeit tauschten die Beteiligten Nachrichten über WhatsApp aus, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 51 bis 76 der Gerichtsakte).

Zudem besuchte der Antragsteller die Kinder wiederholt in Deutschland und bot der Antragsgegnerin an, für die Kinder Sachen aus der Schweiz nach Deutschland zu bringen. Anlässlich seiner Besuche bat der Antragsteller die Antragsgegnerin wiederholt, mit den Kindern zu ihm zurückzukommen.

Mit Antragsschrift vom 29.11.2019 hat die Antragsgegnerin beim Amtsgericht Düsseldorf ein sorgerechtliches Hauptsacheverfahren (Aktenzeichen 258 F 17/20, vormals 278 F 139/19) mit dem Ziel, ihr unter teilweiser Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder allein zu übertragen, eingeleitet. Das Verfahren wird derzeit wegen Art. 16 HKÜ nicht betrieben.

Auf Antrag der Antragsgegnerin vom 21.02.2020 hat das Zivilkreisgericht Basel-Landschaft West mit Verfügung vom 24.02.2020 ohne vorherige Zustellung der Antragsschrift an den Antragsteller und ohne dessen Anhörung der Antragsgegnerin vorsorglich und vorläufig bis zur noch anzusetzenden Eheaudienz die Obhut und das Aufenthaltsbestimmungsrecht über die beiden Kinder zugewiesen und verfügt, dass über die Bestätigung, Modifikation oder Aufhebung dieser vorsorglichen Maßnahme an der noch anzusetzenden Eheaudienz entschieden werden solle, anlässlich welcher dem Antragsteller das rechtliche Gehör erteilt werden solle.

Der Antragsteller macht geltend, er sei zu keinem Zeitpunkt mit dem dauerhaften Verbleib der Kinder in Deutschland einverstanden gewesen.

Anlässlich der verbalen Auseinandersetzung am 15.06.2019 habe er die Wohnung verlassen und sei zur Arbeit gegangen. Er habe gewusst, dass die Antragsgegnerin mit den Kindern nach Deutschland habe fahren wollen; er habe dies noch durch Anrufe bei der Antragsgegnerin und seiner Mutter zu verhindern versucht. Mit seiner Äußerung habe er zum Ausdruck bringen wollen, dass eine vorübergehende räumliche Distanz zur Klärung der Situation beitragen könnte. Keinesfalls habe er erklären wollen, die Antragsgegnerin könne mit den Kindern dauerhaft in Deutschland bleiben. Hierzu führte der Antragsteller in seiner persönlichen Anhörung im Erörterungstermin aus, die Beteiligten hätten sich schließlich in der Schweiz ein gemeinsames Leben aufgebaut, so dass es ihm fern gelegen habe, bei der verbalen Auseinandersetzung mit einer Äußerung alles zunichte zu machen und die Antragsgegnerin mit den Kindern dauerhaft aufzugeben und in Deutschland zu wissen.

Der Antragsteller beantragt,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Kinder B1, geboren am 29.12.2015, und B2, geboren am 23.03.2019, derzeitige Anschrift I-Straße, ...# Düsseldorf, innerhalb einer angemessenen Frist in die Schweiz zurückzuführen,

sofern die Antragsgegnerin dieser Verpflichtung nicht nachkommt, die Herausgabe der Kinder B1, geboren am 29.12.2015, und B2, geboren am 23.03.2019, an den Antragsteller zum Zwecke der sofortigen Rückkehr in die Schweiz anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, der Antragsteller sei damit einverstanden gewesen, dass sie mit den Kindern nach Deutschland gehe und dauerhaft dort bleibe. Dies ergebe sich aus seinen Äußerungen anlässlich der Auseinandersetzung am 15.06.2019, den in der Folgezeit ausgetauschten WhatsApp-Nachrichten sowie den Besuchen des Antragstellers bei den Kindern in Deutschland und seinen Angeboten, den Kindern und ihr Sachen aus der Schweiz zu bringen.

II.

1.

Der Rückführungsantrag des Antragstellers hat Erfolg.

Die Voraussetzungen der Rückführung nach Art. 12 HKÜ liegen vor.

Nach Art. 12 Abs. 1 HKÜ ordnet das Gericht die sofortige Rückgabe eines Kindes in den Staat seines gewöhnlichen Aufenthaltes an, wenn es widerrechtlich in einen Vertragsstaat verbracht oder dort zurückgehalten wird und der Antrag auf Rückgabe innerhalb eines Jahres nach dem Verbringen oder Zurückhalten gestellt wird.

a)

Die Bundesrepublik Deutschland und die Schweiz sind Mitgliedstaaten des HKÜ.

In Deutschland gilt das HKÜ als Bundesrecht.

b)

Die Antragsgegnerin hat die Kinder am 15.06.2019 widerrechtlich im Sinne von Art. 3 Abs. 1 HKÜ nach Deutschland verbracht und hält sie seither hier zurück.

Nach Art. 3 Abs. 1 HKÜ gilt das Verbringen oder Zurückhalten eines Kindes als widerrechtlich, wenn dadurch das Sorgerecht verletzt wird, das einer Person allein oder gemeinsam nach dem Recht des Staates zusteht, in dem das Kind unmittelbar vor dem Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und dieses Recht im Zeitpunkt des Verbringens oder Zurückhaltens allein oder gemeinsam tatsächlich ausgeübt wurde oder ausgeübt worden wäre, falls das Verbringen oder Zurückhalten nicht stattgefunden hätte.

aa)

Den Beteiligten steht nach Art. 296 ZGB (Schweiz) die elterliche Sorge für die Kinder insbesondere nach Art. 301a ZGB (Schweiz) zur Bestimmung des Aufenthaltsortes gemeinsam zu.

bb)

Das Sorgerecht wurde zum Zeitpunkt des Verbringens der Kinder gemeinsam ausgeübt im Sinne von Art. 3 Abs. 1 b) HKÜ.

Die Beteiligten lebten mit den Kindern bis zum 15.06.2019 in der Schweiz in häuslicher Gemeinschaft.

cc)

Der gewöhnliche Aufenthalt der Kinder war am 15.06.2019 in der Schweiz.

dd)

Das Mitsorgerecht des Antragstellers wurde durch das Verbringen der Kinder nach Deutschland verletzt, wodurch die Widerrechtlichkeit impliziert wird. Beurteilungsmaßstab ist allein die objektive sorgerechtliche Lage, zu deren Wiederherstellung sich die Vertragsstaaten des HKÜ verpflichtet haben.

Der Kindesvater war zu keinem Zeitpunkt mit einem dauerhaften Verbleib der Kinder in Deutschland einverstanden, wie unten (lit. d) aa)) auszuführen sein wird.

c)

Die Jahresfrist nach Art. 12 Abs. 1 HKÜ ist eingehalten.

d)

Der Rückführung stehen keine Aspekte aus Art. 13 HKÜ entgegen.

aa)

Der Antragsteller hat dem Verbringen oder Zurückbehalten der Kinder nach und in Deutschland weder zugestimmt noch dieses nachträglich genehmigt im Sinne von Art. 13 Abs. 1 a) HKÜ.

Die Zustimmung oder nachträgliche Genehmigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Für sie sieht das HKÜ keine Formerfordernisse vor, so dass hierfür die allgemeinen Regeln gelten. Es entspricht gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung, dass sowohl die Zustimmung als auch die nachträgliche Genehmigung konkludent erklärt werden können (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14.08.2006, 2 UF 139/06 in FamRZ 2006, 1699; OLG Nürnberg, Beschluss vom 01.09.2008, 7 UF 835/08 in FamRZ 2009, 240; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 12.11.2009, 6 UF 118/09 in FamRZ 2010, 913; OLG Hamm, Beschluss vom 04.06.2013, 11 UF 95/13 in www.juris.de). So auch der Oberste Gerichtshof Wien in seiner Entscheidung vom 01.04.2008 (5 Ob 17/08y in www.juris.de), wonach eine nachträgliche Genehmigung sich auch aus den Umständen ergeben kann und die Widerrechtlichkeit der Entführung des Kindes beseitigen soll.

Bei der Beurteilung, ob der Antragsteller durch sein Verhalten dem (dauerhaften) Verbringen oder Verbleib des Kindes im ersuchten Staat zugestimmt oder es nachträglich konkludent genehmigt hat, kommt es darauf an, wie die Antragsgegnerin das Verhalten des Antragstellers bei objektiver Betrachtung auffassen musste und durfte. Für die Auslegung des Verhaltens des Antragstellers im Rahmen des Art. 13 Abs. 1 a) HKÜ ist also der objektivierte "Empfängerhorizont" entscheidend. Diese Auslegung aus objektiviertem Empfängerhorizont entspricht allgemeinen - auch internationalen und damit zur autonomen Auslegung des HKÜ heranzuziehenden - Grundsätzen (zum Ganzen OLG Karlsruhe a.a.O. m.w.N.).

Eine Zustimmung oder nachträgliche Genehmigung hat der Antragsteller nicht ausdrücklich erklärt.

Dabei ist zu beachten, dass die Erklärung nur vom zurückgelassenen Elternteil gegenüber dem anderen Elternteil erklärt werden kann.

Äußerungen des zurückgelassenen Elternteils gegenüber den Kindern bleiben außer Betracht. Zum Schutz der Kinder vor Verunsicherung in der möglicherweise eskalierenden Trennungssituation und zur Beachtung der sogenannten Wohlverhaltensklausel nach § 1684 Abs. 2 BGB kann es unter Umständen geboten sein, dass der zurückgelassene Elternteil gegenüber den Kindern den Verbleib der Kinder bei dem anderen Elternteil im ersuchten Staat ausdrücklich bestätigt, ohne auf seinen entgegenstehenden Willen oder die aus seiner Sicht bestehende Vorläufigkeit hinzuweisen. Erklärungen des zurückgelassenen Elternteils gegenüber den Kindern bleiben bei der Beurteilung einer Zustimmung oder nachträglichen Genehmigung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 a) HKÜ außer Betracht.

Gleiches gilt für Erklärungen gegenüber Dritten (Verwandte, Angehörige, Freunde etc.), da keiner verpflichtet ist, seinen Willen und seine Wünsche und Vorstellungen zur Gestaltung seiner familiären Verhältnisse gegenüber Dritten offenzulegen.

Die Äußerungen des Antragstellers, die in zeitlicher Nähe zur Auseinandersetzung der Beteiligten am 15.06.2019 gefallen sind, sind nicht geeignet, eine Zustimmungserklärung des Antragstellers im Sinne von Art. 13 Abs. 1 a) HKÜ zu begründen. Auseinandersetzungen zwischen Kindeseltern und Eheleuten sind regelmäßig von einer emotionalen Gemengelage aus Wut, Enttäuschung, (verbaler) Aggression, Trauer und Verlustängsten geprägt. Den Äußerungen, die in zeitlicher Nähe einer solchen angespannten Situation gemacht werden, liegt in der Regel kein wohlüberlegter, ernsthafter und auf Dauer gebildeter Wille zu Grunde. Dabei kann dem Erklärenden nicht vorgehalten werden, sein "geheimer Vorbehalt" nach dem Rechtsgedanken des § 116 BGB, das wörtlich Erklärte gar nicht gewollt zu haben, sei unbeachtlich. Denn bereits aus dem objektivierten Empfängerhorizont ergibt sich, dass der Erklärende nicht am wörtlich Erklärten festgehalten werden kann, sondern dem Wortlaut keine rechtliche Bedeutung zukommt. Ein objektviert betrachtender Außenstehender würde den Äußerungen, die in zeitlicher Nähe zu den beschriebenen Streitsituationen erklärt werden, keine rechtserhebliche Ernsthaftigkeit beimessen, sondern verlangen abzuwarten, bis sich die sprichwörtlichen Wogen geglättet hätten. Hierauf darf jeder im Rahmen eines allgemein verträglichen Sozialverhaltens vertrauen, denn jeder muss mit spontanen und emotionsüberlagerten Äußerungen situationsbedingt rechnen, so dass es zumutbar und erforderlich ist, die Entaktualisierung der Streitsituation abzuwarten, um auf Erklärungen zu drängen, die für jeden erkennbar von einem dauerhaften und ernsthaften Willen getragen sind.

Der Antragsgegner hat weder durch seine Besuche der Kinder in Deutschland, noch durch seine Angebote, Sachen aus der Schweiz zu bringen, noch durch die ausgetauschten WhatsApp-Nachrichten weder im Einzelnen noch in der Gesamtschau konkludent zum Ausdruck gebracht, das dauerhafte Verbringen und den Verbleib der Kinder in Deutschland nachträglich zu genehmigen.

Bei der Entscheidung über sein Verhalten nach der erfolgten Entführung der Kinder hat der zurückgelassene Elternteil oftmals nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Er sieht sich in der Regel entweder dem Vorwurf ausgesetzt, wenn er keinen Kontakt zu den Kinder aufrechterhält, ihm seien die Kinder gleichgültig und sein Rückführungsverfahren sei mutwillig und nur eine Instrumentalisierung der Kinder, oder der Gefahr ausgesetzt, wenn er weiterhin Kontakt zu den Kindern pflegt, er habe den Verbleib der Kinder im ersuchten Staat nachträglich genehmigt. Daher sind an den konkludenten Erklärungsinhalt des Verhaltens des zurückgelassenen Elternteils nach der erfolgten Kindesentführung strenge Maßstäbe anzulegen. Liegt keine ausdrückliche Erklärung des zurückgelassenen Elternteils vor, muss sein gesamtes Verhalten aus Sicht eines objektiviert betrachtenden Außenstehenden den sicheren Schluss zulassen, dass er mit dem dauerhaften Verbleib der Kinder im ersuchten Staat einverstanden ist und nicht mehr mit einer Rückkehr der Kinder in den Herkunftsstaat rechnet.

Unregelmäßige oder regelmäßige Umgangsbesuche oder selbst der Abschluss einer vorläufigen Umgangsregelung enthalten keinen konkludenten Erklärungsinhalt einer nachträglichen Genehmigung des Verbleibs der Kinder im ersuchten Staat. Dies gilt insbesondere dann, wenn der zurückgelassene Elternteil gegenüber dem anderen Elternteil parallel zum Ausdruck bringt, auf eine Rückkehr der Kinder zu hoffen, wie hier durch die zeitgleichen WhatsApp-Nachrichten geschehen.

Gleiches gilt für das Angebot oder die Umsetzung, Sachen der Kinder und/oder des anderen Elternteils aus dem Herkunftsstaat in den ersuchten Staat zu bringen, wenn dadurch nicht das Ausmaß einer Auflösung der häuslichen Verhältnisse im Herkunftsstaat angenommen wird.

Die von der Antragsgegnerin vorgelegten und zwischen den Beteiligten ausgetauschten WhatsApp-Nachrichten lassen weder für sich genommen noch in ihrer Gesamtschau den sicheren Schluss zu, der Antragsteller habe den Verbleib der Kinder in Deutschland nachträglich genehmigt.

Soweit die Frage der Abmeldung der Kinder aus der Krankenversicherung thematisiert wurde, konnte der Antragsteller (von der Antragsgegnerin unwidersprochen) glaubhaft erklären, er habe die Krankenversicherung unabhängig vom Weggang der Antragsgegnerin mit den Kindern gewechselt, so dass auch noch eine Kündigung für die Kinder erforderlich sei, die er wegen der bestehenden gemeinsamen Sorge nicht alleine erklären könnte. Hieraus lassen sich keine Rückschlüsse ziehen, von welchem Verbleib der Kinder der Antragsteller ausgegangen ist.

Soweit zwischen den Beteiligten die Erteilung eines schweizerischen Passes für das jüngere Kind besprochen wurde, konnte der Antragsteller glaubhaft erklären, er habe sich darum kümmern wollen, dass das Kind sich nicht ohne einen Pass in Deutschland aufhalte. Diese Darstellung hat die Antragsgegnerin bestätigt; sie habe keine Einwände gehabt, für das Kind einen schweizerischen Pass erstellen zu lassen, wenn dem Antragsteller daran gelegen wäre. Auch wenn der Antragsteller sodann der Antragsgegnerin schreibt: "Danach kannst du dort bleiben." (Bl. 63 der Gerichtsakte), ist seine Erklärung, er meinte, das Kind sei dann für den weiteren vorläufigen Aufenthalt in Deutschland abgesichert, weder zu widerlegen noch unplausibel. Zum einen würden die Kindeseltern damit die Passpflicht nach § 3 AufenthG erfüllen, zum anderen wäre eine Rückkehr in die Schweiz mit schweizerischem Pass unproblematischer. Für den Verbleib in Deutschland würden deutsche Ausweispapiere ausreichen und vorteilhafter sein, zumal das Kind über die Kindesmutter auch die deutsche Staatsangehörigkeit hat.

Bei der Gesamtschau der vorgelegten ausgetauschten WhatsApp-Nachrichten ist festzustellen, dass der ganz überwiegende Teil der Nachrichten des Antragstellers davon geprägt ist, dass er die Trennung von den Kindern und der Antragsgegnerin nicht verwinden kann und er die Wiederherstellung der gemeinsamen Lebensgemeinschaft ersehnt. Er spricht von dem Wunsch, gemeinsam Zukunftspläne für ein gemeinsames Leben in der Schweiz bis hin zu einem gemeinsamen (!) Auswandern nach Deutschland zu schmieden. Hieraus kann nicht der Schluss gezogen werden, der Antragsteller sei davon ausgegangen, die Kinder würden, unabhängig davon, wo er sei, dauerhaft in Deutschland bleiben.

Dabei muss auch erwähnt werden, dass auch die Antragsgegnerin Signale gesetzt hat, die geeignet sind, aus Sicht des Antragstellers berechtigte Versöhnungshoffnungen zu nähren. So stellt sie in Aussicht, bei der Suche eines Arbeitsplatzes bei Mercedes (wohl in Deutschland) behilflich sein zu können (Bl. 65 der Gerichtsakte) und tauscht sich mit dem Antragsteller über die Möglichkeiten eines Immobilienkaufs in Düsseldorf und Umland aus (Bl. 57 und 59 der Gerichtsakte). Selbst ihre Nachricht, sie werde keinen Schritt zurückgehen, solange sie nicht zu 1000000% davon überzeugt sei, dass der Antragsteller von seinen Problemen weggekommen sei (Bl. 63 der Gerichtsakte) mag aus Sicht der Antragsgegnerin als Bekräftigung ihrer Trennung gemeint gewesen sein, lässt sich aus Sicht des Antragtellers jedoch auch als Hoffnungsfunken auf eine Versöhnung, die er in der Hand habe, verstehen.

Solche, ambivalenten Interpretationsmöglichkeiten der ausgetauschten Nachrichten müssen daher beiden Beteiligten zugestanden werden.

Insgesamt kann das Gericht weder eine ausdrückliche, noch eine konkludente Erklärung des Antragstellers, mit dem dauerhaften Verbleib der Kinder in Deutschland einverstanden zu sein, feststellen.

bb)

Die Rückführung der Kinder ist weder mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für die Kinder verbunden, noch bringt sie die Kinder auf andere Weise in eine unzumutbare Lage, Art. 13 Abs. 1 b) HKÜ.

Diese Gründe müssen in der Regel aus dem Vertragsstaat herrühren, in den zurückgeführt werden soll (keine Rückführung bei Bürgerkrieg, Hungersnot, Epidemie etc.). Die üblichen sorgerechtliche Aspekte bleiben im Rückführungsverfahren nach dem HKÜ außer Betracht. Belastungen, die zwangsläufig mit jeder Rückführung verbunden sind, sind nicht zu berücksichtigen sind, da ansonsten die durch die Entführung geschaffenen Tatsachen von vornherein ein Übergewicht gewinnen würden, was dem Zweck des HKÜ widerspräche, die Eltern von einem widerrechtlichen Verbringen in das Ausland abzuhalten und eine Sorgerechtsentscheidung im Ausgangsstaat herbeizuführen (BVerfG in NJW 1996, 1402). Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass "Rückgabe" im Sinne des HKÜ (im englischen Originaltext "the return of the child") nicht bedeutet, dass die Rückgabe des Kindes in den Haushalt des anderen Elternteil zu erfolgen hat. Vielmehr reicht es aus, wenn der entführende Elternteil mit dem Kind in den Ausgangsstaat zurückkehrt, damit dort eine endgültige Regelung getroffen werden kann (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.02.2011 in IPRspr 2011, Nr. 112, 241-244). Damit kommt es nicht entscheidend auf die Beziehung der Kindeseltern zueinander, das Verhältnis des Kindesvaters zu dem Kind oder seinen häuslichen Verhältnissen an. Diese Aspekte sind einem sorgerechtlichen Verfahren vorbehalten.

Die aktuelle Corona-Virus-Pandemie führt zu keiner anderen Beurteilung. Sie wäre grundsätzlich geeignet, eine unzumutbare Lage im Sinne von Art. 13 Abs. 1 b) HKÜ zu begründen. Zu berücksichtigen ist indes, dass die Pandemielage in der Schweiz wie in der Bundesrepublik Deutschland gleichermaßen besteht. Durch die Rückführung werden die Kinder nicht in die unzumutbare Lage "gebracht", wie es Art. 13 Abs.1 b) HKÜ fordert. Der Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland oder in der Schweiz führt zu keinem anderen Infektionsrisiko. Die Reise selbst ist mit keinem erhöhten Infektionsrisiko verbunden, wenn sie mit dem PKW vorgenommen wird, was zumutbar ist. Die Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland und die Einreise in die Schweiz sind möglich. Auf telefonische Rücksprache hat das Bundespolizeipräsidium in Potsdam dem Gericht mitgeteilt, dass die gerichtlich angeordnete Rückführung einen "triftigen Grund zur Aus- und Einreise" im Sinne der aktuellen Aus- und Einreisebestimmungen darstellt.

Dies korrespondiert auch mit dem europa- und weltweiten Bestreben, Staatsbürger an den Ort ihres gewöhnlichen Aufenthaltes zurückzuholen.

Soweit die Antragsgegnerin geltend macht, sie sei nicht bereit, in die Schweiz zurückzukehren und es sei unzumutbar, die Kinder allein zurückzuführen, zumal der Antragsteller die Kinder nicht beherbergen könne, ist deutlich zu unterscheiden zwischen der Entscheidung des Gerichtes, dass die Kinder zurückzuführen sind, und der davon unabhängigen Entscheidung der Antragsgegnerin, die Kinder dabei nicht zu begleiten. Hiermit findet die Antragsgegnerin bei Gericht kein Gehör.

cc)

Das Gericht nimmt die Verfügung des Zivilgerichts Basel-Landschaft West vom 24.02.2020 nicht zum Anlass, nach Art. 13 Abs. 1 lit. b) HKÜ von einer Rückführung der Kinder in die Schweiz abzusehen.

Die Verfügung des Zivilgerichts Basel-Landschaft West vom 24.02.2020 ist nach § 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG in der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkennbar.

Für die Frage der Sorgerechtsverletzung ist nach Art. 3 HKÜ allein auf den Zeitpunkt des Verbringens oder (erstmaligen) Zurückhaltens des Kindes abzustellen. Für den entführenden Elternteil besteht keine Möglichkeit, die Entführungshandlung oder den dadurch entstandenen Zustand nachträglich durch eine sorgerechtliche Entscheidung im Herkunftsstaat zu heilen. Andernfalls könnte der präventive Zweck des HKÜ, Kindesentführungen zu vermeiden, kaum erreicht werden.

Außerdem ist zu beachten, dass sich der entführende Elternteil in der Regel verfahrensrechtlich widersprüchlich verhält, wenn er im Rückführungsverfahren beantragt, den Antrag abzuweisen mit der Begründung, der Ortwechsel in den ersuchten Staat mit dem Kind sei ohne Sorgerechtsverletzung erfolgt, und er im Herkunftsstaat gleichwohl ein sorgerechtliches Verfahren einleitet. Mit dem Abweisungsantrag im Rückführungsverfahren mit der Begründung, der Ortswechsel in den ersuchten Staat mit dem Kind sei ohne Sorgerechtsverletzung erfolgt, macht der entführende Elternteil geltend, das Kind habe im ersuchten Staat einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Die Einleitung eines sorgerechtlichen Verfahrens im Herkunftsland beinhaltet in der Regel die Behauptung, das Kind hätte dort (noch) seinen gewöhnlichen Aufenthalt, um die Zuständigkeit des Gerichts im Herkunftsland zu begründen. Die Tatsachen, die die Zulässigkeit eines Verfahrens begründen sollen, können jedoch weder hilfsweise noch vorsorglich behauptet werden; sie sind bedingungsfeindlich.

Ergeht gleichwohl eine sorgerechtliche Entscheidung, gilt Folgendes:

Nach Art. 17 HKÜ stellt der Umstand, dass eine Entscheidung über das Sorgerecht in der Bundesrepublik Deutschland anerkennbar ist, für sich genommen keinen Grund dar, die Rückgabe eines Kindes nach Maßgabe des HKÜ abzulehnen, jedoch können die deutschen Gerichte bei der Anwendung des HKÜ die Entscheidungsgründe berücksichtigen. Dabei sind sorgerechtliche Entscheidungen, die im Herkunftsstaat nach dem Verbringen oder Zurückhalten des Kindes ergangen sind von Art. 17 HKÜ umfasst, damit das Gericht des ersuchten Staates prüft, ob die Entscheidung wirksam oder auf der Grundlage von Zuständigkeitsmissbrauch ergangen ist oder die Verteidigungsrechte aller betroffenen Parteien beachtet wurden (Erläuternder Bericht von Frau Elisa Perez-Vera zum HKÜ, Deutscher Bundestag, BT-Drucksache 11/5314). Lassen sich insoweit keine Bedenken feststellen, ist es in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass eine Entscheidung des Gerichts des Herkunftsstaates, die nach dem Verbringen oder Zurückhalten des Kindes ergangen ist und die den Aufenthalt des Kindes bei dem entführenden Elternteil im ersuchten Staat festlegt, der Rückgabeanordnung nach Art. 12 HKÜ entgegenstehen kann, da eine solche das Kind in eine unzumutbare Lage im Sinne von Art. 13 Abs. 1 lit. b) HKÜ bringen würde (OLG Stuttgart, Beschluss vom 18.03.2015, 17 UF 14/15; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.12.2014, 2 UF 266/14; OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.02.2003, 17 UF 277/02, jeweils bei juris), wenn die Entscheidung in ersuchten Staat anerkennbar ist.

Die Verfügung des Zivilgerichts Basel-Landschaft West vom 24.02.2020 ist ergangen, ohne dass dem Antragsteller zuvor das verfahrenseinleitende Dokument zugestellt wurde und er gerichtlich gehört wurde. Die Verfügung des Zivilgerichts Basel-Landschaft West vom 24.02.2020 ist damit nach § 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG in der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkennbar. Dabei ist zu beachten, dass der Begriff "Hauptsache" in § 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG nicht die Abgrenzung zur "einstweiligen Anordnung" meint, sondern den "Sachantrag" in Abgrenzung zum Beispiel zum "Verfahrenskostenhilfeantrag" oder "Kostenantrag" (siehe dazu: Prütting/Helms, FamFG, § 109, Rn. 36) betrifft. § 109 Abs. 1 Nr.2 FamFG sichert als Spezialausprägung des verfahrensrechtlichen ordre public den Grundsatz des rechtlichen Gehörs im internationalen Rechtsverkehr (Prütting/Helms, FamFG, § 109, Rn. 31).

Ein Antrag der Antragsgegnerin, die Verfügung des Zivilgerichts Basel-Landschaft West vom 24.02.2020 auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzuerkennen, hätte keine Aussicht auf Erfolg; der entsprechende negative Feststellungsantrag des Antragsstellers hätte Aussicht auf Erfolg.

Selbst wenn die Antragsgegnerin die Kinder erst nach dem 24.02.2020 auf der Grundlage der Verfügung des Zivilgerichts Basel-Landschaft West vom 24.02.2020 nach Deutschland gebracht hätte, hätte der Rückführungsantrag des Antragstellers wegen der Nichtanerkennbarkeit der Verfügung des Zivilgerichts Basel-Landschaft West vom 24.02.2020 nach § 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG, die im Rückführungsverfahren im Rahmen von Art. 3 und 17 HKÜ inzidenter zu prüfen wäre, Erfolg.

2.

Die Androhung von Ordnungsmitteln beruht auf § 44 IntFamRVG, § 89 Abs. 2 FamFG.

3.

Die Kostenentscheidung ergeht nach §§ 20 Abs. 2 IntFamRVG, 81 FamFG.

4.

Der Verfahrenswert wurde nach § 42 Abs. 3 FamGKG fesgesetzt.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben, § 40 Abs. 2 IntFamRVG. Die Beschwerde ist bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40337 Düsseldorf schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Soweit sich die Beschwerde nur gegen die Kostenentscheidung richtet, ist diese nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder wenn das Gericht des ersten Rechtszugs die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde muss spätestens innerhalb von zwei Wochen nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Düsseldorf eingegangen sein und ist zu begründen. Dies gilt auch dann, wenn die Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichtes abgegeben wurde. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und zu begründen.