OLG Köln, Urteil vom 23.12.2020 - 6 U 18/20
Fundstelle
openJur 2021, 5871
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 15.01.2020 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 84 O 224/17 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 1 zu 2/3 und die Beklagte zu 2 zu 1/3.

3. Dieses Urteil und das genannte Urteil des Landgerichts Köln sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten können die Vollstreckung der Unterlassungsansprüche durch Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000 € abwenden.

Im Übrigen können die Beklagten die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Unterlassung aus einem Wettbewerbsverstoß in Anspruch, weil - so der Vortrag des Klägers -, das Produkt "Femannose" kein Medizinprodukt im Sinne des MPG und daher nicht verkehrsfähig sei.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung gewerblicher Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf gehört, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Der Kläger verfügt über eine Vielzahl an Mitgliedern, die Arzneimittel und Medizinprodukte vertreiben. Auf die Ausführungen in der Klageschrift wird Bezug genommen. Der Kläger ist nach seinen personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattungen in der Lage, seine satzungsmäßigen Aufgaben tatsächlich wahrzunehmen.

Die Beklagte zu 1 hat das Produkt "Femannose®" als Medizinprodukt "Zur Behandlung und Prävention von Zystitis (Blasenentzündung) sowie anderen Harnwegsinfekten" vertrieben. Dieses wurde in Europa von der T. S.r.l., U., Italien als verantwortliche Herstellerin erstmalig in den Verkehr gebracht. In dem Produkt sind als wesentliche Wirkstoffe D-Mannose und Cranberry-Extrakt enthalten. Auf Anlagen K 3, B1 und die Gebrauchsinformation Anlage K 4, B 3 wird Bezug genommen.

Die Beklagte zu 2 hostet die Internetseite www.g..de. Auf dieser Seite wurde bis Mitte Oktober 2017 das Produkt "Femannose®" beworben, wie in Anlage K 5 wiedergegeben.

Die Beklagte zu 1 bringt das streitgegenständliche Produkt etwa seit Oktober 2017 in geänderter Zusammensetzung in den Verkehr. Der Inhaltsstoff Cranberry wurde aus der Zusammensetzung entfernt und die Bezeichnung des Produktes auf "Femannose® N" umgestellt. Auf der Verpackung heißt es nun "Zur Prävention und unterstützenden Behandlung von Zystitis (Blasenentzündung) sowie anderen Harnwegsinfekten". Auf Anlage K 21, B 21, die Gebrauchsanleitung K 22, B 22 und die Werbung Anlage K 20 wird Bezug genommen.

Der Kläger hat die Beklagten hinsichtlich des Produktes "Femannose®" mit Schreiben vom 26.06.2017 erfolglos abgemahnt (Anlagen K 6 - K 8). Hinsichtlich des Produktes "Femannose® N" hat der Kläger die Beklagte zu 1 mit Schreiben vom 17.11.2017 erfolglos abgemahnt (Anlagen K 23 - K 24).

Der Kläger ist der Auffassung gewesen, die Produkte "Femannose®" und "Femannose® N" seien als Medizinprodukte nicht verkehrsfähig. Vielmehr handele es sich um Arzneimittel, die - unstreitig - nicht als solche zugelassen seien. Die angegriffenen Produkte erreichten ihre bestimmungsgemäße Hauptwirkung nicht aufgrund einer physikalischen Wirkung im Sinne von § 3 Nr. 1 MPG, vielmehr sei die Wirkung pharmakologisch im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 a AMG.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

I. die Beklagte zu 1 zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der persönlich haftenden Gesellschafterin, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr das Produkt "Femannose" (Anlage K 3) als Medizinprodukt in den Verkehr zu bringen und/oder in den Verkehr bringen zu lassen;

II. die Beklagte zu 2 zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der persönlich haftenden Gesellschafterin, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr das Produkt "Femannose" (Anlage K 3) zu bewerben, sofern dies geschieht, wie aus der Internetwerbung gemäß Anlage K 5 ersichtlich;

III. die Beklagten zu 1 und 2 zu verurteilen, an den Kläger je 178,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.10.2017 zu zahlen;

IV. die Beklagte zu 1 zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der persönlich haftenden Gesellschafterin, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr das Produkt "Femannose N" (Anlage K 21 ) als Medizinprodukt in den Verkehr zu bringen und/oder in den Verkehr bringen zu lassen und/oder zu bewerben wie aus Anlage K 20 ersichtlich.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, die Beklagte zu 2 sei nicht passivlegitimiert. Diese hoste die Internetseite www.g..de lediglich. Verantwortlich für die Inhalte der Seite sei die Beklagte zu 1 und dort Herr C..

Die Beklagten haben das Vorgehen des Klägers für unzulässig gehalten. Es scheine ein massives wirtschaftliches Interesse der Firma V. GmbH & Co. KG zu geben, die Beklagten an dem Vertrieb und der Bewerbung der Produkte "Femannose®" und "Femannose® N" zu hindern. Es dränge sich der Eindruck auf, dass die Firma V. GmbH & Co. KG sich als Beschwerdeführer an klagebefugte Verbände wende, um weitere Angriffe geltend zu machen, die ihr aufgrund einer Vergleichsvereinbarung verwehrt wären.

Die Beklagten haben weiter die Auffassung vertreten, die streitgegenständlichen Produkte seien zu Recht als Medizinprodukte kategorisiert. Sie haben behauptet, der Wirkmechanismus von D-Mannose sei rein physikalisch und nicht pharmakologisch. Hierzu führen sie umfassend aus.

Das Landgericht hat der Klage nach Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens in vollem Umfang stattgegeben.

Die Aktivlegitimation des Klägers im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG sei unstreitig. Das Vorgehen des Klägers sei nicht unzulässig, insbesondere nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG. Es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger sich instrumentalisieren lasse.

Die Beklagte zu 2 sei passivlegitimiert, weil diese ausweislich des Impressums für die Internetseite www.g..de verantwortlich zeichne. Dort sei das Produkt "Femannose®" beworben worden, wie aus Anlage K 5 ersichtlich. Ausweislich der Anlage K 5 werde das als Medizinprodukt angebotene Produkt "Femannose®" auch prominent auf der ersten Seite abgebildet.

Die Unterlassungsansprüche des Klägers folgten aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, §§ 3, 3a, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG in Verbindung mit § 3 MPG, §§ 3, 3a HWG, § 21 AMG.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass die angegriffenen Produkte als Arzneimittel einzustufen seien. Sie seien daher als Medizinprodukte nicht verkehrsfähig.

Die Interaktion zwischen D-Mannose und FimH an der Oberfläche der Bakterienzellen sei nach den Ausführungen des Sachverständigen keine rein mechanische/physikalische, sondern als pharmakologisch einzuordnen, weil insbesondere (weitere) biochemische Stoffwechselprozesse in der Bakterienzelle ausblieben. Dies sei ausreichend. Vor diesem Hintergrund bestünde auch der Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten, der der Höhe nach unstreitig sei.

Gegen dieses Urteil, auf das gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung. Das Landgericht habe den Begriff der pharmakologischen Wirkung unzutreffend ausgelegt und angewandt. Das Landgericht habe auch die Gesamtbetrachtung, die nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlich sei, nicht angestellt.

In tatsächlicher Hinsicht sei zu beachten, dass ein Antibiotikum die erste Wahl bei der Behandlung von bakteriellen Blasenentzündungen sei. Der Wirkstoff D-Mannose könne bei einer bestehenden Infektion die freien E-coli Bakterien maskieren und an dem ersten Schritt der Bindung an die Blasenwand als Wirtszelle hindern. So werde die akute relevante Verkeimung reduziert und so einer (sich weiter ausbreitenden) Blaseninfektion vorgebeugt. Die Behandlung mit einem Antibiotikum und D-Mannose könne synergetisch eingesetzt werden, weil sich die Wirkweisen unterschieden.

Maßgeblich sei, dass die D-Mannose sich an die sogenannten Fimbrien (feine Härchen des Bakteriums) physikalisch anhefteten, um so ein Anheften an die Blasenwand zu verhindern. Diese Verbindung sei revisibel. Die Bakterien würden nicht verändert.

Das Landgericht habe den rechtlichen Rahmen verkannt, den die Beklagten näher darlegen. Insbesondere müsse der Kläger nachweisen, dass eine pharmakologische Wirkung erzielt werde, um die physiologischen Funktionen des Körpers wieder herzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen. Eine konkrete Definition ergebe sich aus der Rechtsprechung bislang nicht. Jedenfalls könnten die Grundsätze berücksichtigt werden, die sich aus der sogenannten MEDDEV 2.1/3 ergäben. Es müsse allerdings eine Gesamtbetrachtung vorgenommen werden, bei der auch der Schutz der menschlichen Gesundheit zu berücksichtigen sei.

Das Landgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass D-Mannose eine pharmakologische Wirkung habe. Dies ergebe sich aus dem gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten nicht. Tatsächlich habe das Gutachten auch zahlreiche juristische Wertungen vorgenommen. Die D-Mannose habe tatsächlich keine pharmakologische Wirkung, weil es sich allein an das Bakterium andocke und sodann wieder ausgeschieden werde. Dies legen die Beklagten weiter dar. Insbesondere erkenne der Sachverständige, dass sich D-Mannose lediglich an das Bakterium anhefte und nehme dennoch eine pharmakologische Wirkung an.

Es müsse nach der MEDDEV-Definition eine Wechselwirkung zwischen den Molekülen der in Frage stehenden Substanz und einem zellularen Bestandteil bestehen. Eine solche begründe das Gutachten indes nicht. Es werde nicht deutlich, welche Interaktion bei den Bakterien ausgelöst werde. D-Mannose hefte sich lediglich revisibel an das Bakterium an.

Soweit die Blockade einer Antwort des Rezeptors auf einen anderen Agens für die Annahme einer pharmakologischen Wirkung erforderlich sei, könne eine solche nicht angenommen werden. Das Produkt wirke letztlich nicht auf die Zielzelle im Organismus des Menschen. Dies habe das Gutachten zwar erkannt, aber die falschen Schlüsse daraus gezogen, was die Beklagten weiter darlegen.

Das Landgericht habe auch nicht berücksichtigt, dass die Einnahme von D-Mannose in der angegebenen Form keine relevanten Verwendungsrisiken aufweise. Lediglich 1% der Patienten gebe die Verträglichkeit als "mäßig" und ein weiteres Prozent als "sehr schlecht" an. Verträglichkeitsprobleme lägen damit bei 2% der Patienten vor.

Soweit eine andere Auslegung des Begriffs der pharmakologischen Wirkung erfolgen sollte, müsse der Rechtsstreit ausgesetzt und dem EuGH vorgelegt werden. Insoweit regen die Beklagten jedenfalls die Zulassung der Revision an.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Landgerichts Köln vom 15.01.2020 abzuändern und die Klage abzuweisen;

den Beklagten im Unterliegensfall die Befugnis einzuräumen, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil gegen Sicherheitsleistung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Klägers abzuwenden.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags. Die Beklagten stellten bereits den Sachverhalt unzutreffend dar. So sei ein Antibiotikum nicht zwangsläufig die erste Wahl bei der Behandlung einer Blasenentzündung. Die Behauptung, dass sich D-Mannose lediglich physikalisch an ein Bakterium anhefte, sei streitig. Es sei auch nicht unstreitig, dass die Verbindung zwischen D-Mannose und den Bakterien revisibel sei, wobei es auf diese Frage letztlich nicht ankomme.

Rechtlich sei nicht zutreffend, dass dem Gesundheitsrisiko eine erhebliche Bedeutung bei der Frage zukomme, ob das Produkt als Arzneimittel einzustufen sei.

Soweit die Nebenwirkungen zu berücksichtigen seien, träten jedenfalls bei 8 von 100 Patienten Komplikationen auf. Tatsächlich habe nur bei 88% der Patienten eine gute oder noch bessere Verträglichkeit festgestellt werden können.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg, weil es sich bei den von den Beklagten vertriebenen oder beworbenen Produkten um Arzneimittel handelt, die als Medizinprodukte nicht verkehrsfähig sind.

1. Der Anspruch auf Unterlassung ergibt sich aus § 8 Abs. 1, 3 Nr. 2, §§ 3, 3a, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG in Verbindung mit § 3 MPG, §§ 3, 3a HWG, § 21 AMG.

a) Das Landgericht hat mit Recht und mit zutreffender Begründung angenommen, dass der Kläger aktivlegitimiert im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist, die dem Rechtsstreit zugrundeliegenden Ansprüche gegen die Beklagten geltend zu machen. Dies greift die Berufung auch nicht an.

b) Dem Vortrag der Beklagten, es liege Rechtsmissbrauch im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG vor, ist das Landgericht mit zutreffender Begründung nicht beigetreten. Gegenteiliges wird von der Berufung nicht mehr ausgeführt.

c) Die Beklagten sind jeweils passivlegitimiert, was das Landgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat. Auf die Ausführungen der angefochtenen Entscheidung, die insoweit von der Berufung nicht angegriffen worden sind, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

d) Die Beklagten haben gegen §§ 3, 3a HWG, § 21 AMG verstoßen.

aa) Bei den vorgenannten Vorschriften handelt es sich um Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 3a UWG.

bb) Nach § 3a HWG ist eine Werbung für Arzneimittel unzulässig, die der Pflicht zur Zulassung unterliegen und die nicht nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften zugelassen sind oder als zugelassen gelten. Nach § 21 Abs. 1 S. 1 AMG gilt die Zulassungspflicht für Fertigarzneimittel, die Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG sind. Diese Arzneimittel dürfen ohne Zulassung nicht in den Verkehr gebracht werden.

cc) Bei den Produkten der Beklagten, die dem Rechtsstreit zugrunde liegen, handelt es sich um Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG und nicht um Medizinprodukte im Sinne des § 3 MPG.

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG sind Arzneimittel unter anderem Stoffe, die im menschlichen Körper angewendet werden können, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen (sog. Funktionsarzneimittel). Die Vorschrift dient der Umsetzung des Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG in das deutsche Recht und ist daher unionsrechtskonform auszulegen (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.2015 - I ZR 141/13, GRUR 2015, 811 Rn. 9 - Mundspüllösung II).

Nach Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG sind Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Zu den Medizinprodukten zählen nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 93/42/EWG dagegen Stoffe, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen zum Zwecke der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten zu dienen bestimmt sind und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologische oder immunologische Mittel noch metabolisch erreicht wird, deren Wirkungsweise aber durch solche Mittel unterstützt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 01.02.2018 - I ZR 82/17, GRUR 2018, 827 - Gefäßgerüst). Nach Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG gilt die Richtlinie 2001/83/EG in Zweifelsfällen, in denen ein Erzeugnis unter Berücksichtigung aller seiner Eigenschaften sowohl unter die Definition von "Arzneimittel" als auch unter die Definition eines Erzeugnisses fallen kann, das durch andere unionsrechtliche Vorschriften geregelt ist. Diese unionsrechtlichen Bestimmungen werden durch § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und b, § 2 Abs. 3a AMG und § 3 Nr. 1 Buchst. a MPG umgesetzt (vgl. BGH, Urteil vom 18.10.2012 - I ZR 38/12, juris Rn. 6 - Funktionsarzneimittel, mwN).

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der Begriff des Arzneimittels weit auszulegen. Das gilt auch für Funktionsarzneimittel (vgl. BGH, Urteil vom 18.10.2012 - I ZR 38/12, juris Rn. 7 - Funktionsarzneimittel, mwN). Bei der Entscheidung über die Frage, ob ein Erzeugnis unter die Definition des Funktionsarzneimittels fällt, sind alle Merkmale des Erzeugnisses zu berücksichtigen, insbesondere seine Zusammensetzung, seine pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften, wie sie sich beim jeweiligen Stand der Wissenschaft feststellen lassen, die Modalitäten seines Gebrauchs, der Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern und die Risiken, die seine Verwendung mit sich bringen kann. Als Funktionsarzneimittel darf ein Produkt nur dann eingestuft werden, wenn es bei bestimmungsgemäßem Gebrauch physiologische Funktionen des Menschen in signifikanter Weise wiederherstellen, korrigieren oder beeinflussen kann. Die Vorrangregelung für das Arzneimittelrecht kommt nur dann zur Anwendung, wenn die Arzneimitteleigenschaft des Produkts festgestellt ist. Andernfalls würden die strengeren Vorschriften des Arzneimittelregimes auf Sachverhalte erstreckt und der freie Warenverkehr damit behindert, ohne dass hierfür eine ausreichende Rechtfertigung aus Gründen des Gesundheitsschutzes vorläge. Die Prüfung, ob das in Rede stehende konkrete Produkt unter die Definition des Funktionsarzneimittels fällt, ist Aufgabe der Gerichte der Mitgliedstaaten (vgl. BGH, Urteil vom 18.10.2012 - I ZR 38/12, juris Rn. 7 - Funktionsarzneimittel, mwN).

Von diesen Maßstäben ist auch bei der Beurteilung auszugehen, ob ein Erzeugnis Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG ist (vgl. BGH, Urteil vom 18.10.2012 - I ZR 38/12, juris Rn. 7 - Funktionsarzneimittel, mwN).

Das Vorliegen eines Funktionsarzneimittels muss von demjenigen dargelegt und im Falle eines Bestreitens bewiesen werden, der sich darauf beruft (vgl. BGH, Urteil vom 26.05.2015 - I ZR 205/13, GRUR 2016, 302 Rn. 13 - Mundspüllösung III; KG, Urteil vom 11.02.2020 - 5 U 58/16, MD 2020, 498 - Melatonin 5 mg Kapseln II). Bei verbleibenden Zweifeln, ob das Produkt aufgrund seiner Zusammensetzung bei bestimmungsgemäßen Gebrauch physiologische Funktionen des Menschen in signifikanter Weise wiederherstellen, korrigieren oder beeinflussen kann, kann es nicht aufgrund der Regelung des Art. 2 Abs. 2 der RL 2001/83/EG als Funktionsarzneimittel angesehen werden. Dies gilt auch dann, wenn eine Eigenschaft als Funktionsarzneimittel nicht wissenschaftlich ausgeschlossen werden kann (vgl. KG, MD 2020, 498 Rn. 44 - Melatonin 5 mg Kapseln II, mwN).

dd) Die von dem Kläger angegriffenen Produkte haben eine pharmakologische Wirkung und wirken nicht lediglich physikalisch, wobei auf die Hauptwirkung abzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 01.02.2018 - I ZR 82/17, GRUR 2018, 627 Rn. 16 ff. - Gefäßgerüst).

Für die Auslegung des Begriffs der pharmakologischen Wirkung können die Definitionen der MEDDEV 2.1/3 berücksichtigt werden, auch wenn diese rechtlich nicht bindend sind (vgl. EuGH, Urteil vom 06.09.2012 - C-308/11, GRUR 2012, 1167 - Chemische Fabrik Kreussler).

Eine pharmakologische Wirkung setzt nach der Leitlinie eine Wechselwirkung zwischen den Molekülen der infrage stehenden Substanz und einem zellulären Bestandteil, gewöhnlich als Rezeptor bezeichnet, voraus, die entweder in einer direkten Reaktion resultiert oder die Reaktion eines anderen Agens blockiert. Mit "zellulärem Bestandteil" ist nicht notwendig ein zellulärer Bestandteil des Menschen gemeint. Vielmehr kann die Wechselwirkung mit anderen im Organismus des Anwenders vorhandenen zellulären Bestandteilen wie Bakterien, Viren oder Parasiten genügen. Diese Auslegung steht im Einklang mit der Richtlinie (vgl. EuGH, GRUR 2012, 1167 Rn. 28 ff - Chemische Fabrik Kreussler; KG, MD 2020, 498 - Melatonin 5 mg Kapseln II).

Nach den vorstehenden Erwägungen ist im Streitfall davon auszugehen, dass der Hauptwirkstoff, bei dem es sich unstreitig um D-Mannose handelt, pharmakologisch wirkt. Dies ergibt sich unter Berücksichtigung der zutreffenden und überzeugenden Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen, wie es bereits das Landgericht angenommen hat. Nicht erheblich ist insoweit, dass die Beweisfrage des Landgerichts auch die Beantwortung von Rechtsfragen beinhaltete, die nicht durch den Sachverständigen zu beurteilen sind. Der Sachverständige hat jedenfalls dem Senat die notwendige tatsächliche Sachkenntnis dazu vermittelt, um die Frage nach einer pharmakologischen Wirkung abschließend beurteilen zu können.

Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat ausgeführt, dass es sich bei D-Mannose um einen Einfachzucker handele, der für den menschlichen Stoffwechsel eine hohe Bedeutung habe, und zwar insbesondere bei der Glykolsylierung von Molekülen, die die Zelle zu vielfältigen biologischen Zwecken produziert. Es gehe dabei um die Erhöhung der Stabilität der Zelle, die Abgabe von Proteinen und die Interaktion von Zellen untereinander. Dazu würden glykosylierte Proteine und Lipide in die Zellmembran transportiert und damit von außen sicht- und andockbar. Das wiederum nutzten Bakterien, um an menschliche Schleimhäute oder andere Oberflächen anzudocken und anschließend in den menschlichen Organismus einzudringen. Die Bakterien verfügten zu diesem Zweck ebenfalls über Proteine, welche die menschlichen Zielstrukturen erkennen würden, dabei handele es sich um die sogenannte Adhäsine. Bei den Escherichia coli - Bakterien sitze das Adhäsin FimH am Ende der sogenannten Fimbrien. Mit einer Art Schlüssel-Schloss-Mechanismus hefteten sich die Fimbrien mittels des FimH an die Blasenwand an und verhinderten, dass die Bakterien durch den Urinfluss ausgespült würden. Das FimH bestehe aus 279 verschiedenen Aminosäuren.

Die Funktion des FimH beschränke sich aber nicht auf das reine Anheften auf der Oberfläche des Urothels, sondern leitete auch den biochemischen Prozess in Gang, um die Invasion der Bakterien in die menschlichen Zellen zu vermitteln: Es komme zur Transkription verschiedener Gene und zu verschiedenen biochemischen Vorgängen in der Wirtszelle, die letztlich zu einer Art Auftrennung der Zellmembran und zu einem Einschließen des Bakteriums in der menschlichen Zelle führe. Die genauen molekularen Vorgänge seien noch nicht erforscht.

Die Hauptwirkung von D-Mannose liege darin, dass sich der Stoff im Urin an das FimH binde und so die Bindung zwischen dem FimH und den mannosehaltigen Strukturen an der Harnblasenwand blockiere. Insoweit werde in die physiologischen Abläufe des Bakteriums und in die pathophysiologischen Abläufe der Harnwegsinfektion eingegriffen, indem die weitere Interaktion zwischen dem bakteriellen FimH und körpereigenen Zellen blockiert werde. Dadurch blieben weitere Stoffwechselvorgänge im Bakterium und in der Wirtszelle aus. FimH sei ausreichend, um die Invasion der Bakterien zu vermitteln, wobei die Invasion nicht einfach nur das Ergebnis einer unspezifischen Aufnahme von in der Nähe befindlichen Partikeln durch die Zellen des Wirtsorganismus sei. Seitens des Bakteriums sei als Antwort auf die Bindung von FimH an Mannosehaltige Strukturen eine Änderung der Transkription verschiedener Gene zu beobachten, wobei sich die D-Mannosehaltigen Strukturen nicht auf der Oberfläche lebender Zellen befinden müssten.

Dies lasse sich entsprechend der MEDDEV-Definitionen am ehesten dahin interpretieren, dass die D-Mannose auf FimH-Adhäsine als Blockade der Antwort auf ein anderes Agens wirke. Der Wirkmechanismus sei letztlich einem pharmakologischen Wirkmechanismus ähnlich; insofern bestehe eine Wechselwirkung zwischen den Mannosemolekülen und einem zellulären Bestandteil. Der Wirkstoff blockiere die Bindung zwischen dem FimH auf dem Bakterium und den mannolysierten Strukturen auf der Harnblasenwand. Dadurch bleibe die biochemische Reaktion zwischen dem Bakterium und der Wirtszelle aus.

Zusammenfassend zeige D-Mannose einen Wirkmechanismus, der einem klassischen pharmakologischen Wirkmechanismus ähnlich sei. Da D-Mannose eine Blockierung physiologischer Vorgänge der Bakterien, die mit einer Bindung an die Zellen den Menschen einhergingen, durch die spezifische Bindung an Zellstrukturen dieser Bakterien verursache, könne dies im weiteren Sinn als Blockade der Antwort auf ein anderes Agens interpretiert werden, was nach der Rechtsprechung des EuGH als ausreichend anzusehen ist, um von einer pharmakologischen Wirkung auszugehen.

Vor diesem Hintergrund könne davon ausgegangen werden, dass eine Wechselwirkung zwischen den D-Mannose-Molekülen der betreffenden Substanz und einem zellulären Bestandteil bestehe. Die Bakterienzelle reagiere offensichtlich mit biochemischen Prozessen auf die Bindung zwischen FimH und D-Mannosehaltigen Oberflächenstrukturen. Durch die Bindung zwischen D-Mannose und FimH werde zumindest ein Teil der entsprechenden Prozesse für die Gewebeinvasion initiiert, die jedoch frustran seien und nicht identisch sein könnten mit der Antwort auf die Bindung an D-Mannosehaltigen Oberflächenstrukturen menschlicher Zellen. Die Antwort im Falle der Bindung an freie D-Mannose vermittele somit nicht die beabsichtigte Hauptwirkung von D-Mannose.

Insgesamt sei die bestimmungsgemäße Wirkung von D-Mannose am ehesten als pharmakologisch einzuordnen, weil die spezifische Bindung von D-Mannose an FimH auf der Bakterienoberfläche die Bindung an die Zellmembran blockiere und dadurch die biochemische Reaktion des Bakteriums und der Wirtszelle ausbleibe.

Die Hauptwirkung sei jedenfalls nicht physikalisch. Für die D-Mannose bestehe der erste Schritt in einer spezifischen Bindung an eine Rezeptor-Struktur, die damit blockiert werde. Die Wirkung beschränke sich auf Bakterien, die FimH an der Oberfläche trügen. Bereits die spezifische molekulare Interaktion gebe einen Hinweis darauf, dass die Interaktion nicht physikalisch sei. Auch finde diese Interaktion nicht an jedem Punkt der Blasenwand statt, sondern es bestehe eine diskrete Lokalisierung, sprich nur dort, wo mannolysierte Proteine auf Zellmembranen nach außen sichtbar werden. Die Signalkaskade, die blockiert werde, sei eben jene, die eine Invasion der Bakterien ins Gewebe vermittelten.

Diesen überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen tritt der Senat bei. Der gerichtlich bestellte Sachverständige, der über die notwendige fachliche Qualifikation verfügt, um die Hauptwirkungen der D-Mannose als Wirkstoff in den angegriffenen Produkten darzustellen, hat in sich schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, aus welchen Gründen er nicht davon ausgeht, dass alleine eine physikalische Blockade erfolgt, ohne dass dies weitere Auswirkungen auf die Bakterien hat. Vielmehr geht er davon aus, dass es zu einer Blockade der weiteren Prozesse der Bakterien kommt, die er als pharmakologisch einordnet. Soweit auch juristische Fragestellungen Gegenstand des Gutachtens waren, hat der Sachverständige zwischen den juristischen Bewertungen und tatsächlichen Fragen unterschieden. Letztlich gehen auch die Beklagten davon aus, dass die Darstellung der tatsächlichen Abläufe durch das Zuführen von D-Mannose im Wesentlichen unstreitig zutreffend ist.

Wie dargelegt ist es in diesem Zusammenhang nach den juristischen Definitionen auf der Basis der Rechtsprechung des BGH und des EuGH ausreichend, wenn die pharmakologische Wirkung allein im Zusammenhang mit dem Bakterium auftritt. Dass eine Reaktion der Zellwand im menschlichen Körper ausbleibt, ist somit nicht erheblich.

Entgegen dem Vortrag der Beklagten kann vor diesem Hintergrund nicht davon ausgegangen werden, dass durch den Wirkstoff D-Mannose lediglich eine Maskierung der E-coli Bakterien erfolgt, um den ersten Schritt des Andockens der Bakterien an die Blasenwand zu verhindern. Vielmehr geht die Reaktion des Bakteriums darüber hinaus, weil chemische Reaktionen des Bakteriums im Zusammenhang mit dem Andocken an die Wirtszelle verhindert werden und so eine Invasion in die jeweilige Wirtszelle verhindern. Auch soweit die Beklagten kritisieren, der Sachverständige habe zu einem Kunstgriff gegriffen und sozusagen Rezeptoren und Liganden vertauscht, überzeugt dies nicht. Was Rezeptor und was Ligand ist, ist letztlich eine Frage der Blickrichtung auf die jeweilige physiologische Wirkung. Insoweit verweist der Sachverständige auch durchaus überzeugend auf Arzneimittel zur Behandlung von HIV. Auch dort gibt es Medikamente wie Temsavir, die an das Glykoprotein des HI-Virus andocken und so die Bindung des HI-Virus an die Oberflächenstrukturen menschlicher Zellen blockieren.

Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht erheblich, ob die Verbindung der D-Mannose zu dem Bakterium revisibel ist.

ee) Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen stellen die beworbenen Produkte auch die physiologische Funktion des Menschen in signifikanter Weise wieder her, korrigieren oder beeinflussen diese. Denn durch das Blockieren des FimH auf der Bakterienoberfläche wird die Bindung der Bakterien an die Zellmembran unterbunden, was die biochemische Reaktion des Bakteriums und der Wirtszelle ausfallen lässt, so dass die physiologische Funktion des menschlichen Körpers beeinflusst wird, indem der Beginn oder das Fortschreiten der Entzündung der Harnwege gehemmt wird.

Nichts anderes ergibt sich daraus, dass - so der gerichtlich bestellte Sachverständige - der klinische Stellenwert der Therapie und Prävention mangels ausreichender Datenlage unklar bleibt. Denn der Sachverständige hat auch überzeugend ausgeführt, es sei zweifelfrei nachgewiesen, dass sich D-Mannose an FimH binde und somit in die physiologischen Abläufe des Bakteriums und die pathophysiologischen Abläufe der Harnwegsinfektion eingreife.

ff) Die weiteren Merkmale des Erzeugnisses, insbesondere seine Zusammensetzung, die Modalitäten seines Gebrauchs, der Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern und die Risiken, die seine Verwendung mit sich bringen kann, führen im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung zu dem Ergebnis, dass die Produkte der Beklagten als Funktionsarzneimittel einzuordnen sind.

Die Zusammensetzung liefert hierfür zwar keine weiteren Hinweise. Sie spricht allerdings auch nicht gegen die Einordnung als Arzneimittel.

Die Modalitäten des Gebrauchs sprechen dafür, dass es sich bei dem Produkt um ein Funktionsarzneimittel handelt. Die Produkte werden unter Beifügung eines Beipackzettels verbreitet, was bei Arzneimitteln üblich ist. Es wird dort auf die Dosierung und Anwendung hingewiesen. Die Darreichungsform erfolgt im Rahmen eines Portionsbeutels, wie er jedenfalls auch bei Medikamenten üblich ist. Das Produkt soll zur unterstützenden Behandlung einer Krankheit angewandt werden. Es wird auf Nebenwirkungen hingewiesen, die in einer Unverträglichkeit, Übelkeit, Blähungen und weichem Stuhl bestehen können, was auch im Rahmen der Gesamtabwägung im Rahmen der Risiken, die die Verwendung mit sich bringt, zu berücksichtigen ist, wobei allerdings lediglich 2% der Patienten über Verträglichkeitsprobleme klagen.

Der Umfang der Verbreitung des Produkts ist erheblich, wie die Beklagten selbst ausführen und angeben, mit dem Produkt jährlich einen mehrstelligen Millionenbetrag umzusetzen.

Auch wenn zahlreiche Kriterien maßgeblich ebenfalls auf Medizinprodukte zutreffen, so dass - wie dargelegt - die Abgrenzung zwischen Funktionsarzneimitteln und Medizinprodukten in erster Linie aufgrund der Feststellung von pharmakologischen Eigenschaften zu erfolgen hat, ergibt die Gesamtabwägung unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen, dass die dem Streit zugrundeliegenden Produkte Arzneimittel sind.

2. Der Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten ergibt sich unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG, die der Höhe nach unstreitig sind.

3. Die Kosten der Berufung sind gemäß § 97 ZPO von den Beklagten zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 712 ZPO.

Gemäß § 712 Abs. 1 ZPO hat das Gericht dem Schuldner auf Antrag zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläubigers abzuwenden, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Beklagten haben dargelegt, dass die Vollstreckung der Unterlassung zu erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen führen würde. Auch haben sie weiter dargelegt, dass der Verlust von Marktanteilen nicht zu kompensieren wäre. Schließlich ist kein überwiegendes Interesse des Klägers an der Vollstreckung vor Rechtskraft dargelegt oder ersichtlich.

4. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist die Revision zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Vielmehr beruht die Entscheidung auf der dargestellten gesicherten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des EuGH und den Feststellungen im Einzelfall. Die rechtlichen Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Abgrenzung eines Arzneimittels und eines Medizinproduktes stellen, sind vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen hinreichend geklärt. Wie dargelegt ist insbesondere die Frage durch den EuGH entschieden, ob eine pharmakologische Wirkung auch angenommen werden kann, wenn eine Antwort einer menschlichen Zielzelle ausbleibt.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 150.000 € festgesetzt.