LG Bonn, Urteil vom 21.08.2019 - 1 O 516/18
Fundstelle
openJur 2021, 5826
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Ansprüche im Rahmen des von ihm so benannten "Abgasskandals" geltend.

Der Kläger erwarb von Herrn X einen gebrauchten R 2.0 $$$ mit Rechnungsdatum vom 18.03.2013 (Anlage K1). Die Parteien nutzten einen "N Kaufvertrag für den Verkauf eines gebrauchten Kraftfahrzeuges von einem Unternehmer an Privat". Herr X wird in diesem als Unternehmer bezeichnet. Es handelte sich jedoch um einen Privatkauf. Der Wagen wies eine Laufleistung von 13.894 km auf, der Kaufpreis betrug 22.000,00 Euro. Der Kläger zahlte 3.500,00 Euro an, den Restbetrag von 18.500,00 Euro wies er am 18.05.2013 an.

Das streitgegenständliche Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor des Typs EA189 ausgestattet und mit der Abgasnorm EURO 5 zertifiziert. Die verbaute Software der Motorsteuergeräte verfügt über eine Umschaltlogik, die erkennt, wenn das Fahrzeug den sogenannten Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfährt.

Bei dem NEFZ handelt es sich um einen gesetzlich vorgegebenen Testlauf, der aus fünf synthetischen Fahrkurven besteht. Im NEFZ werden bei Testfahrzeugen unter Laborbedingungen die für die Erlangung einer Typengenehmigung maßgeblichen Abgaswerte gemessen. Denn Hersteller von Fahrzeugen müssen nach der VO (EG) Nr.715/2007 (Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge nachweisen, dass die von ihnen produzierten (Neu-) Fahrzeuge über eine Typengenehmigung verfügen. Zur Erlangung dieser Typengenehmigung müssen die Fahrzeuge bestimmte, unter diesen Laborbedingungen gemessene, Emissionsgrenzwerte einhalten.

Erkennt die im streitgegenständlichen Fahrzeug ursprünglich installierte Software diese Testbedingungen des NEFZ, so wird die Abgasrückführung des Fahrzeuges so gesteuert, dass möglichst wenig Stickoxide (NOx) ausgestoßen werden ("NOxoptimierter Modus 1"). Im normalen Fahrbetrieb und Straßenverkehr ist hingegen der "Abgasrückführungs-Modus 0" aktiv, weshalb die NOx-Emissionen dann höher sind. Die Beklagte informierte weder den Kläger noch die zuständigen Genehmigungsbehörden über das Vorhandensein einer solchen Motorsteuerung.

Das Kraftfahrt-Bundesamt ordnete zunächst den Rückruf aller mit dem Motortyp EA189 EU5 und der beschrieben Umschaltlogik versehenen Fahrzeuge an und genehmigte später ein von der Beklagten für diesen Motortyp entwickeltes Softwareupdate.

Das vom Kraftfahrbundesamt für diesen Fahrzeugtyp genehmigte Update ließ der Kläger am 23.11.2016 durchführen.

Am 15.07.2019 betrug der Kilometerstand des Fahrzeuges 86.074 km, bis zum 31.07.2019 wurde das Fahrzeug von dem Kläger danach nicht mehr genutzt.

Der Kläger behauptet, er habe sich zur Bestellung des streitgegenständlichen Fahrzeugs entschlossen, weil er ein umweltfreundliches, wertstabiles Fahrzeug mit geringem Kraftstoffverbrauch habe erwerben wollen. Es sei ihm gerade darauf angekommen, dass die in öffentlichen Anpreisungen benannten Motoreigenschaften des streitbefangenen Fahrzeugs auch tatsächlich vorliegen würden. Bei Fahrzeugen der vorliegenden Art sei von einer Gesamtlaufleistung von 300.000 km auszugehen. Bei Klageerhebung habe der Kilometerstand 79.500 km betragen.

Der Kläger beantragt, nachdem er die Klage vorterminlich um den Antrag zu 3. erweitert hat,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 16.955,25 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des R 2.0 $$$ mit der FIN $$$$$$#$$$$... nebst Schlüssen und Fahrzeugpapieren sowie ebenfalls Zug um Zug gegen Zahlung eines weiteren Nutzungsersatzes von 0,08 Euro für jeden über den Kilometerstand von 79.500 hinaus bis zur Übergabe des vorgenannten Fahrzeuges an die Beklagte gefahrenen Kilometer.

2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des R 2.0 $$$ mit der FIN $$$$$$#$$$$... in Annahmeverzug befindet;

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Zinsen in Höhe von 4% p.a. aus 3.500,00 € seit dem 18.03.2013 und Zinsen in Höhe von 4% p.a. aus 18.500 Euro seit dem 03.05.2013 jeweils bis zur Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, ihr Vorstand habe keine Kenntnis vom Einsatz der streitgegenständlichen Motorsteuerungs-Software gehabt.

Sie ist der Ansicht, bei der streitgegenständlichen Motorsteuerungssoftware handele es sich nicht um eine verbotene Abschalteinrichtung, da diese Software nicht auf das Emissionskontrollsystem einwirke und die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems zudem nicht im Laufe des realen Fahrzeugbetriebes reduziere. Ohnehin komme es für die Typgenehmigung allein auf die Emissionen auf dem Prüfstand an. Zudem sei die Annahme eines Schadens auch durch die Durchführung des Software-Updates ausgeschlossen. Durch die Abstimmung und Überprüfung der technischen Maßnahmen mit dem Kraftfahrt-Bundesamt sei sichergestellt, dass sich die technischen Maßnahmen nicht negativ auf den Kraftstoffverbrauch, die Leistung, die Lebensdauer und die CO2-Emissionen des Fahrzeugs auswirken würden. Gehe man von einem Ersatzanspruch des Klägers aus, sei vom Kaufpreis eine Nutzungsentschädigung abzuziehen. Bei deren Berechnung sei maximal von einer Gesamtlaufleistung von 200.000 bis 250.000 km auszugehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und die diesen beigefügten Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31.07.2019 (Bl. ...# f. d. A.) Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch Zugum-Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeuges steht dem Kläger gegen die Beklagte weder aus § 826 BGB noch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 Abs. 1 StGB oder aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 16 Abs. 1 UWG zu.

Dadurch, dass die Beklagte das mit der streitgegenständlichen Motorsteuerungssoftware und dem von ihr entwickelten Diesel-Motor der Baureihe EA189 versehene streitgegenständliche Fahrzeug in den Verkehr brachte, hat sie nicht mit entsprechendem Schädigungsvorsatz gegen die guten Sitten im Sinne des § 826 BGB verstoßen.

1.

Ein Verhalten ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. In diese rechtliche Beurteilung ist einzubeziehen, ob es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist (st. Rspr., so etwa BGH, Urt. v. 20.11.2012, Az. VI ZR 268/11 = NJW-RR 2013, 550, juris-Rn. 25 m.w.N.; vgl. auch BGH, Urt. v. 28.06.2016, Az.VI ZR 536/15 = NJW 2017, 250, juris-Rn. 16 m.w.N.).

Zwar war der Gesamtcharakter des Verhaltens der Beklagten mit den guten Sitten nicht vereinbar.

a) Die Beklagte hat durch ihr Verhalten dazu beigetragen, die Vorschriften zur Abgasmessung und Einstufung in Schadstoffklassen im Rahmen der Erlangung einer EG-Typgenehmigung weitgehend zu umgehen. Sie hat durch ihr Verhalten bewirkt, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mit einem von ihr hergestellten Motor ausgestattet wurde, auf dem die mit der beschriebenen Umschaltlogik versehene Software installiert war. Dies führte dazu, dass die tatsächlichen NOx-Emissionen des Fahrzeugs im täglichen Betrieb nicht mit den auf dem Prüfstand ermittelten NOx-Emissionen korrelierten. Vielmehr entkoppelte die eingesetzte Motorsteuerungssoftware das tatsächliche Emissions-Verhalten von dem Emissions-Verhalten im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ), das Grundlage der Erlangung der EG-Typengenehmigung war.

b) Dem kann die Beklagte auch nicht mit Erfolg entgegen halten, dass aufgrund der vom NEFZ abweichenden Realität des alltäglichen Straßenverkehrs ohnehin in der Fahrpraxis mit abweichenden Emissionen als auf dem Prüfstand zu rechnen sei. Dies trifft zwar zweifellos zu. Sinn und Zweck des NEFZ und der Schadstoffklassen im Allgemeinen ist es jedoch - wie der Beklagten bekannt sein musste - unter vergleichbaren Bedingungen das Emissionsverhalten von Kraftfahrzeugen zu messen und zu begrenzen, um so deren Emissionsverhalten in der Praxis zu beschränken. Anders als von der Beklagten angenommen ist das praktische Emissionsverhalten daher nicht rechtlich irrelevant. Dessen Begrenzung ist gerade das Ziel sämtlicher Emissionsregulierungen.

Den Zusammenhang zwischen dem Emissionsverhalten auf dem Prüfstand im NEFZ und dem Emissionsverhalten im Fahralltag hat die Beklagte durch den Einsatz der Umschaltlogik aufgehoben, denn sie hat dafür gesorgt, dass die für die Reduzierung der NOx-Emissionen notwendige erhöhte Abgasrückführung in der Praxis nicht erfolgt. Damit hat sie die Schadstoffprüfung und die Einstufung der mit ihren Motoren ausgestatteten Kraftfahrzeuge in Schadstoffklassen ad absurdum geführt. Dies und die damit verbundene Umweltbeeinträchtigung sprechen schon für sich genommen, für die Annahme von Sittenwidrigkeit des Verhaltens der Beklagten.

c) Hinzu kommt, dass die Beklagte durch ihr Verhalten die Käufer derart ausgestatteter Fahrzeuge der Gefahr ausgesetzt hat, die Möglichkeit der Nutzung ihres Fahrzeugs dauerhaft oder vorübergehend zu verlieren. Durch den Einsatz der Umschaltlogik bestand von Anfang an die Gefahr, dass die zuständigen Behörden in der faktischen Umgehung der Abgasprüfung einen Verstoßes gegen VO (EG) Nr. 715/2007 sehen würden, mit einhergehender fehlenden Genehmigungsfähigkeit des Fahrzeugs. Damit hat die Beklagte die Käufer der von ihr derart ausgestatteten Fahrzeuge der Gefahr ausgesetzt, dass das Kraftfahrtbundesamt nach Bekanntwerden des Einsatzes der Umschaltlogik die Typgenehmigung nach § 25 Abs. 3 EG-FGV aufheben würde. Dies hätte zur Folge gehabt, dass allen mit dem streitgegenständlichen Motortyp ausgestatteten Fahrzeugen die Zulassung entzogen worden wäre.

Dass es hierzu letztlich nicht gekommen ist, vermag die Beklagte nicht zu entlasten. Die Entscheidung des Kraftfahrtbundesamtes, von der Möglichkeit des § 25 Abs. 3 EG-FGV keinen Gebrauch zu machen und stattdessen nach § 25 Abs. 2 EG-FGV den von der Beklagten vorgelegten Zeit- und Maßnahmeplan im Wege einer nachträglichen Nebenbestimmung für verbindlich zu erklären, beruht offenkundig auch auf politischen Erwägungen und der großen Zahl der Betroffenen. Ein Fahrverbot für Millionen von Autos im Privatbesitz und die damit einhergehende wirtschaftliche Entwertung dieser Fahrzeuge wollte das Kraftfahrbundesamt offenbar nicht anordnen. Hinzu kam die wirtschaftliche Bedeutung der Beklagten und ihrer Tochterunternehmen als Arbeitgeberin und Steuerzahlerin. Allein die Größe und wirtschaftliche Bedeutung der Beklagten und die damit einhergehende weite Verbreitung der eingesetzten Umschaltlogik vermögen das sittliche Unwerturteil über das Verhalten der Beklagten jedoch nicht abzumildern. Zudem konnte die Beklagte zu dem Zeitpunkt, als sie den Motor für das streitgegenständliche Fahrzeug in den Verkehr brachte, auch nicht wissen, dass sich das Kraftfahrtbundesamt mit einer Nebenbestimmung und der Anordnung von Software-Updates nach Aufdeckung der Umschaltlogik zufrieden geben werde.

d) Zu berücksichtigen ist ferner im Rahmen der Beurteilung des Verhaltens der Beklagten, dass das Eigentum an einem Pkw für den Normalbürger im Regelfall eine bedeutende Vermögensposition darstellt. Nach dem möglicherweise vorhandenen Eigenheim macht das eigene Fahrzeug häufig den größten Einzelposten im Gesamtvermögen einer Person oder Familie aus. Auch vor diesem Hintergrund muss es als besonders verwerflich angesehen werden, dass die Beklagte die Käufer und Eigentümer von Fahrzeugen, die mit Motoren der Baureihe EA189 und der dazugehörigen Umschaltlogik ausgestattet wurden, der Gefahr einer drastischen Entwertung dieser Vermögensposition ausgesetzt hat.

e) Schließlich ist im Rahmen der sittlichen Beurteilung des Verhaltens der Beklagten zu berücksichtigen, dass die Beklagte durch den Einsatz der Umschaltlogik kein anerkennenswertes Ziel verfolgte. Auch die Beklagte trägt keinen nachvollziehbaren Grund für den Einsatz der streitgegenständlichen Motorsteuerungssoftware vor, welcher geeignet wäre, die Umgehung der zur Emissionsbegrenzung und die damit einhergehende Gefährdung des Vermögens der Käufer von entsprechend ausgestatteten Fahrzeugen in milderem Licht erscheinen zu lassen. Vor diesem Hintergrund bleibt nur die Annahme, die Beklagte habe sich entsprechend verhalten, um die geltenden Abgasvorschriften nicht auf einwandfreiem, teurerem Weg einhalten zu müssen, was ggf. den wirtschaftlichen Erfolg der Beklagten eingeschränkt hätte. Dies allein vermag die Beklagte jedoch nicht zu entlasten.

2.

Dem Kläger wurde durch das sittenwidrige Verhalten der Beklagten auch ein kausaler Schaden zugefügt.

a)

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist ein Schaden nicht nur dann gegeben, wenn sich bei dem vorzunehmenden Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, ein rechnerisches Minus ergibt. Vielmehr ist auch dann, wenn die Differenzhypothese vordergründig nicht zu einem rechnerischen Schaden führt, die Bejahung eines Vermögensschadens auf einer anderen Beurteilungsgrundlage nicht von vornherein ausgeschlossen. Die Differenzhypothese muss stets einer normativen Kontrolle unterzogen werden, weil sie eine wertneutrale Rechenoperation darstellt. Dabei ist einerseits das konkrete haftungsbegründende Ereignis als Haftungsgrundlage zu berücksichtigen. Andererseits ist die darauf beruhende Vermögensminderung unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände sowie der Verkehrsauffassung in die Betrachtung einzubeziehen. Erforderlich ist also eine wertende Überprüfung des anhand der Differenzhypothese gewonnenen Ergebnisses gemessen am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes. Da der Schadensersatz dazu dient, den konkreten Nachteil des Geschädigten auszugleichen, ist der Schadensbegriff im Ansatz subjektbezogen. Deshalb kann jemand auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung dadurch einen Vermögensschaden erleiden, dass er durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrags gebracht worden ist, den er sonst nicht geschlossen hätte, und dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist. Im Fall einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung dient der Schadensersatzanspruch nicht nur dem Ausgleich jeder nachteiligen Einwirkung durch das sittenwidrige Verhalten auf die objektive Vermögenslage des Geschädigten. Vielmehr muss sich der Geschädigte auch von einer auf dem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer "ungewollten" Verpflichtung wieder befreien können. Schon eine solche stellt unter den dargelegten Voraussetzungen einen gemäß § 826 BGB zu ersetzenden Schaden dar (vgl. BGH, Urt. v. 28.10.2014, Az. VI ZR 15/14 = NJW-RR 2015, 275, juris-Rn. 17 - 19 m.w.N.).

Daraus folgt, dass durch § 826 BGB nicht nur das Vermögen als ökonomischer Wert, sondern zugleich auch die auf das Vermögen bezogene Dispositionsfreiheit des jeweiligen Rechtssubjekts, normativ geschützt wird (MüKoBGB/Wagner, 7. Aufl. 2017, BGB § 826 Rn. 42).

Ein dem Kläger zu ersetzender Schaden liegt danach bereits wegen des Abschlusses des das streitgegenständliche Fahrzeug betreffenden Kaufvertrages vor. Denn dem Kläger wurde die Möglichkeit genommen, über sein Vermögen unter Einbeziehung aller entscheidungsrelevanten Umstände frei zu entscheiden. In Konsequenz kam es zu einer so nicht gewollten vertraglichen Verpflichtung, deren Rückgängigmachung sie mit dem streitgegenständlichen Verfahren begehrt und die als Schaden vom Schutzzweck des § 826 BGB umfasst ist.

b)

Das sittenwidrige Verhalten der Beklagten war für den Eintritt dieses Schadens auch kausal. Es spricht bereits eine tatsächliche Vermutung dafür, dass ein privater Käufer kein Kraftfahrzeug erwerben möchte, dessen dauerhafter Betrieb rechtlichen Bedenken unterliegt. Insofern überzeugt der Vortrag des Klägers, dass er den streitgegenständlichen PKW bei Kenntnis des "Abgasskandals" nicht gekauft hätte. Diesem ist die Beklagte nicht substantiiert entgegen getreten. Denn es liegt auf der Hand und entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein verständiger End- oder Zwischenabnehmer einen Kaufvertrag über ein mit einer Umschaltlogik versehenes und potentiell mit rechtlichen und technischen Folgeproblemen behaftetes Fahrzeug bei nur ansatzweiser Kenntnis des Sachverhalts jedenfalls nicht ohne erheblichen Kaufpreisabschlag abgeschlossen hätte. Das folgt bereits daraus, dass ein Fahrzeugkauf für den Endabnehmer üblicherweise eine verhältnismäßig teure, nicht alltägliche Anschaffung darstellt, bei der der Abwägungs- und Entscheidungsprozess besonders sorgfältig durchgeführt und als besonders wichtig wahrgenommen wird. Dabei rechnet der Durchschnittskäufer eines mit der Abgasnorm EU5 zertifizierten Fahrzeuges regelmäßig damit, dass die nach den Voraussetzungen dieser Norm zu erfüllenden Grenzwerte auch im normalen Fahrbetrieb eingehalten werden und geht insbesondere nicht davon aus, dass die für den Betrieb notwendigen Zulassungen, Erlaubnisse und Genehmigungen durch den Einsatz einer für das Kraftfahrt-Bundesamt so nicht akzeptablen Software erwirkt wurden (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 16.07.2018, Az. 5 U 82/17, juris-Rn. 11ff., 8f.; OLG Köln, Beschl. v. 20.12.2017, Az. 18 U 112/17 = NZV 2018, 72, juris-Rn. 38f.; LG Bonn, Urt. v. 25.05.2018, Az. 1 O 148/17, juris-Rn. 55 m.w.N., OLG Köln, Urteil vom 03.01.2019 - 18 U 70/18).).

c)

Der dem Kläger entstandene Schaden wird auch vom Schutzzweckzusammenhang des § 826 BGB erfasst. Der Kläger ist von dem sittenwidrigen Verhalten der Beklagten nicht nur reflexartig betroffen. Sein Schaden ist vielmehr eine typische Folge davon, dass die Beklagte den streitgegenständlichen Motor mit der fraglichen Umschaltlogik in den Verkehr gebracht hat.

Die von der Beklagten verletzte Verhaltensnorm, keine hochwertigen Wirtschaftsgüter in den Verkehr zu bringen, die den rechtlichen Rahmenbedingungen nicht entsprechen bzw. die für die Nutzung notwendige rechtliche Zulassung nur durch Umgehung von Prüf- und Zulassungsverfahren erhalten haben und die nachfolgenden Eigentümer damit der Gefahr behördlicher Maßnahmen bis hin zu einer Nutzungsuntersagung aussetzt, umfasst auch den Schutz derjenigen, die das fragliche Wirtschaftsgut erst auf dem Gebrauchtmarkt erwerben. Für hochwertige Wirtschaftsgüter wie den hier streitgegenständlichen Personenkraftwagen ist es typisch, dass diese im Rahmen ihrer Gesamtlebensdauer nicht nur von einem Eigentümer genutzt werden. Üblich ist es vielmehr, dass Personenkraftwagen nach einigen Jahren weiter verkauft werden, regelmäßig auch mehrfach. Damit ist es eine typische Folge der verletzten Verhaltensnorm, dass auch der Zweit-, Dritt- oder Viertkäufer einen Vertrag abschließen, den sie in Kenntnis der Problematik nicht oder nicht zu den vereinbarten Konditionen geschlossen hätten. Diese Gefahr trifft nicht nur den Ersterwerber sondern auch die nachfolgenden Gebrauchtkäufer.

d)

Der Schaden des Klägers ist auch nicht durch die Durchführung des Software-Updates und die Nebenbestimmung des KBA zur EG-Typgenehmigung entfallen. Wie dargelegt liegt der (normative) Schaden des Klägers darin, dass sie aufgrund des sittenwidrigen Verhaltens der Beklagten einen Vertrag geschlossen hat, den er in Kenntnis der Umstände nicht oder nicht zu den vereinbarten Konditionen geschlossen hätte. Dieser Schaden wird durch die Entscheidung des KBA und das Software-Update nicht beseitigt, denn der von dem Kläger geschlossene Kauvertrag bleibt von diesen Umständen unberührt. Insbesondere kann nicht angenommen werden, dass der Kläger diesen Vertrag in gleicher Weise geschlossen hätte, hätte er von der Abgasproblematik und der Möglichkeit eines Software-Updates bei Vertragsschluss gewusst (vgl. OLG Köln, Urteil vom 03.01.2019 - 18 U 70/18).

3.

Jedoch hat der Kläger im hier streitgegenständlichen Fall des Kaufs unter Privaten nicht hinreichend dargelegt, dass der Einsatz der Umschaltlogik mit rechtswidrigem Schädigungsvorsatz erfolgte, den sich die Beklagte gemäß § 31 BGB zurechnen lassen müsste.

Dabei geht das Gericht von einem Privatverkauf aus, auch wenn sich der Kaufvertrag des Klägers mit Herrn X auf einem Formular befindet, das für den Verkauf eines Unternehmers an privat vorgesehen ist. Denn der Kläger hat dies unbestritten vorgetragen und auf Nachfrage auch bestätigt.

Für den Vorsatz im Rahmen des § 826 BGB genügt Eventualvorsatz. Dabei braucht der Täter nicht im Einzelnen zu wissen, welche oder wie viele Personen durch sein Verhalten geschädigt werden. Er muss die Richtung, in der sich sein Verhalten zum Schaden irgendwelcher anderer auswirken könnte, und die Art des möglicherweise eintretenden Schadens, vorausgesehen und mindestens billigend in Kauf genommen haben (st. Rspr., so etwa BGH, Urt. v. 19.07.2004, Az. II ZR 402/02 = BGHZ 160, 149, juris-Rn. 47). Auch nach zum Teil vertretener einschränkender Ansicht reicht es aus, wenn der Täter jedenfalls einen bestimmten Personenkreis als Geschädigte vor Augen hatte (vgl. OLG Braunschweig, Urt. v. 13.04.2006, Az. 8 U 29/05 = NJW 2007, 609, juris-Rn. 21f.; OLG Nürnberg, Beschl. v. 18.04.2005, Az. 8 U 3720/04 = DAR 2005, 630; OLG Hamm, Urt. v. 17.12.1996 = NJW 1997, 2121, juris-Rn. 18; OLG München, Beschl. v. 20.03.1980, Az. 27 W 22/80 = NJW 1980, 1581, 1582; BeckOK BGB/Förster, 47. Ed. 1.8.2018, BGB § 826 Rn. 35 m.w.N.; vgl. auch MüKoBGB/Wagner, 7. Aufl. 2017, BGB § 826 Rn. 45ff. m.w.N., der eine ähnliche Eingrenzung über den Schutzzweckzusammenhang vornehmen will).

Zwar war mit dem Einsatz der Umschaltlogik klar, dass potentielle Käufer tatsächlichen und rechtlichen Risiken ausgesetzt werden würden, die diese im Regelfall vom Abschluss eines Kaufvertrages abhalten würden. Die damit einhergehende Einschränkung der Dispositionsfreiheit war ersichtlich und für alle, die Kenntnis von der eingesetzten Software hatten, klar vorauszusehen (kognitives Element). Dass die mit der Umschaltlogik versehenen Fahrzeuge und Motoren trotzdem ohne jegliche Aufklärung in den Verkehr gebracht wurden, bedingt die billigende Inkaufnahme des bereits dargestellten Schadens durch Eingehung eines so nicht gewollten Vertrages (voluntatives Element). Insoweit kann der Beklagten auch nicht ein etwaiges Hoffen auf Nichtentdeckung der Umschaltlogik zu Gute gehalten werden. Denn die sich später realisierten Risiken waren bereits mit dem Inverkehrbringen der Fahrzeuge in vollem Umfang gegeben und hätten bei ihrer Offenlegung den von der Beklagten gewollten Vertragsschlüssen bereits zum damaligen Zeitpunkt entgegengestanden.

Auch bei einer, hier vorliegenden, sogenannten Kettenveräußerung kann unter bestimmten Voraussetzungen eine sittenwidrige Schädigung des Letztverkäufers durch den Erstverkäufer anzunehmen sein (OLG Köln, Beschluss vom 15.02.2019 - 16 U 156/18 m.w.N.). Jedenfalls dann, wenn der Erstverkäufer eine Weiterveräußerung des verkauften Fahrzeugs durch den Ersterwerber ernsthaft in Betracht gezogen und einschließlich der damit verbundenen Vermögensnachteile beim Zweit- oder Dritterwerber billigend in Kauf genommen hat, sind auch ohne unmittelbaren Kontakt zwischen Erstverkäufer und Letzterwerber die Voraussetzungen einer sittenwidrigen Schädigung anzunehmen (OLG Köln, a.a.O.). Maßgeblich ist allerdings, ob nach den Umständen des Einzelfalls mit einem Weiterverkauf des Fahrzeugs von Privat konkret zu rechnen war. Anders als bei einem Weiterverkauf durch einen gewerblichen Zwischenhändler ist dies nach Ansicht der Kammer ohne besondere Anhaltspunkte nicht der Fall, so dass bedingter Vorsatz im Sinne des § 826 BGB nicht vorliegt. Eine andere Sichtweise würde zu einer unbeschränkten Haftung des Erstverkäufers in einer unabsehbaren Käuferkette führen und damit zu einer Ausdehnung der Haftung, die mit den Grundgedanken des § 826 BGB nicht vereinbar ist (OLG Braunschweig, Urteil vom 13.04.2006 - 8 U 29/05 m.w.N.). An den Tätervorsatz sind strenge Anforderungen zu stellen. Der Verkäufer muss daher die Weiterveräußerung ernsthaft als Nutzungsmöglichkeit des Erstkäufers in Betracht gezogen haben (OLG Braunschweig, a.a.O.).

Vor diesem Hintergrund reicht es nach Ansicht der Kammer nicht aus, dass der Vorsatz der Beklagten, die unzulässige Abschalteinrichtung serienmäßig einzusetzen, im Zeitpunkt der Entscheidung vorlag mit der zwingenden Folge der konkludenten Täuschung und Schädigung sämtlicher Erwerber einschließlich der Folgeerwerber derartige manipulierter Fahrzeuge (so OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.03.2019 - 13 U 142/18). Vielmehr ist nach den aufgeführten Kriterien im vorliegenden Fall des Privatverkaufs nicht von einem Schädigungsvorsatz auszugehen. Denn nach dem Sach- und Streitstand steht nicht fest, dass der Vorstand der Beklagten, jedenfalls aber die Mitarbeiter des oberen Managements der Beklagten nicht nur über umfassende Kenntnis von dem Einsatz der Software zur Motorsteuerung verfügten, sondern die Herstellung und die Inverkehrgabe der entsprechend ausgerüsteten Motoren in der Vorstellung veranlasst haben, dass diese unverändert und ohne entsprechenden Hinweis auch im Wege des Privatverkaufs weiter veräußert werden würden. Auf Darlegungsebene fehlt es hierzu an nachvollziehbarem Vortrag des Klägers. Insbesondere trägt der Kläger nicht vor, die Beklagte hätte die Weiterveräußerung durch eine Privatperson ernsthaft als Nutzungsmöglichkeit des Erstkäufers des Fahrzeugs in Betracht gezogen. Dies hat zur Folge, dass zugunsten des für die anspruchsbegründenden Umstände darlegungspflichtigen Klägers im vorliegenden Fall nicht von einer Erleichterung der Darlegungslast im Rahmen einer sekundären Darlegungslast der Beklagten auszugehen ist.

II.

Aus den genannten Gründen besteht auch kein Anspruch auf die geltend gemachte Feststellung.

Der Zinsanspruch ist mangels gegebenem Hauptanspruch ebenfalls nicht begründet.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.

Der Streitwert wird auf bis 19.000,00 € festgesetzt.

Dies entspricht dem eingeklagten Betrag gem. Ziff. 1; auch bei Abzug eines weiteren Nutzungsersatzes von 525,92 €, wie er sich aus der im Klageantrag zugrunde gelegten Formel bei 86.074 km Gesamtfahrleistung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung ergibt, ändert sich die Streitwertgrenze nicht. Die Anträge zu 2. und 3. betreffen Nebenforderungen.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Bonn statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Bonn, Wilhelmstr. 21, 53111 Bonn, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:

Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.