OLG Schleswig, Beschluss vom 28.01.2021 - 54 Verg 6/20
Fundstelle
openJur 2021, 5746
  • Rkr:

Bei der Schätzung des Auftragswerts eines Bauauftrages im Vergaberecht sind Nebenkosten jedenfalls teilweise nicht zu berücksichtigten. Das gilt für Kosten für Bauherrenaufgaben und - bei getrennter Vergabe der Bauplanung - Kosten für Planungsleistungen wie Vorbereitung und Mitwirkung bei der Vergabe, Bauüberwachung und Objektbetreuung.

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der Vergabekammer Schleswig-Holstein vom 16.10.2020 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich des Verfahrens nach § 173 Abs. 1 S. 3 GWB trägt die Antragstellerin. Die Antragstellerin trägt außerdem die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in dem Verfahren nach § 173 Abs. 1 S. 3 GWB notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in dem Beschwerdeverfahren notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen. Weitere außergerichtliche Kosten der Beigeladenen trägt sie selbst.

Der Streitwert wird auf € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin betreibt ein Messegelände. Sie beabsichtigt den Neubau und die Erweiterung eines Kongresszentrums. Dazu schrieb sie im Amtsblatt der Europäischen Union u. a. den Auftrag "Mobile Trennwandanlagen" aus. Die Antragstellerin und weitere Bieter reichten Angebote ein. Ihr Angebot belegte den zweiten Platz, das der Beigeladenen den ersten Platz. Unter dem ... informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin, dass sie die Beigeladene zu beauftragen beabsichtige.

Mit Schreiben vom ... vertrat die Antragstellerin die Auffassung, das Angebot der Beigeladenen sei auszuschließen, weil ihr Produkt die geforderte Lotrechte in der geparkten Position nicht sicherstelle und nicht die geforderten innenliegenden Teleskop-Ausfahrteile aufweise. Zudem könne die Beigeladene das geforderte Schallschutzzeugnis nicht vorlegen. Die Antragsgegnerin trat darauf erneut in die Prüfung ein. Mit Schreiben vom ... teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass das Produkt der Beigeladenen die Anforderung der Lotrechte erfülle, es über ein ebenengleiches Ausfahrteil verfüge und die Beigeladene das Schallschutzzeugnis nachgereicht habe. Mit Schreiben vom ... vertrat die Antragstellerin die Auffassung, das Angebot der Beigeladenen sei auszuschließen, weil sie die Vergabeunterlagen geändert und das nachgeforderte Schallschutzzeugnis nicht innerhalb der Frist vollständig eingereicht habe. Am ... reichte die Antragstellerin ihren Nachprüfungsantrag ein.

Die Antragstellerin hat im Wesentlichen vorgetragen, der Antrag sei zulässig. Der Schwellenwert sei erreicht. Das Vorhaben sei Teil eines im Jahr ... begonnen Vorhabens zur Modernisierung und Erweiterung des Messegeländes mit einem geschätzten Bauvolumen von ... Mio. €. Es seien weitgehend dieselben Planer tätig gewesen. Neue EU-weite Ausschreibungen habe es für die meisten Planungsleistungen nicht gegeben. Die Planungsleistungen für das Vorhaben seien bereit im Jahr ... ausgeschrieben worden. Die Kostenschätzung für den Neubau und die Erweiterung des Kongresszentrums sei nicht realistisch. Der Förderantrag aus dem Jahr ... habe für eine kleinere als die aktuell geplante Fläche Gesamtkosten von ... Mio. € vorgesehen. Es fehle der aufgrund von Kostensteigerungen notwendige Sicherheitsaufschlag von mindestens 10 %. Das habe auch die Gebäudemanagement Schleswig-Holstein AöR (GM.SH) bei ihrer Prüfung bemängelt. Die GM.SH habe zudem ermittelt, dass die Quadratmeterkosten nach der Kostenschätzung unterhalb des Baukostenindex lägen. Angesichts des einem Architekten zugebilligten Toleranzrahmens müsse der Aufschlag sogar 20 - 25 % betragen. Es fehlten die Kosten für die Erstausstattung. Es sei geplant gewesen, die Ausschreibung im Jahr ... durchzuführen. Das habe sich in das Jahr ... verschoben. Eine Fortschreibung der Kostenschätzung gebe es aber nicht. Die Vergabedokumentation für diese Ausschreibung enthalte keine aktuelle vergaberechtliche Kostenschätzung.

Die Antragsgegnerin habe nach § 3 Abs. 9 VgV ein Kontingent von 20 % der Loswerte gebildet, für das keine EU-weite Ausschreibung habe erfolgen sollen. Das ergebe nur Sinn, wenn der Schwellenwert überschritten sei und die übrigen Lose EU-weit auszuschreiben seien.Die Antragsgegnerin habe nach dem verwendeten Formblatt auch Instandhaltungsleistungen vergeben wollen. Deren Wert sei zu dem Wert der Bauaufträge hinzuzurechnen. Ebenso sei der Wert der Anordnungs- und Änderungsrechte nach der VOB/B hinzuzurechnen, bei denen es sich um Optionen handele.

Die Kosten für Planung und Bauherrenaufgaben seien zur Ermittlung der Gesamtkosten heranzuziehen, weil auch sie für das Bauvorhaben notwendig seien. Auch die Planungsleistungen würden den Auftragnehmern zur Verfügung gestellt. So sei bei der Neufassung der Vergaberichtlinie bei der Definition des öffentlichen Bauauftrages die Formulierung "gleichzeitig die Planung und die Ausführung von Bauvorhaben" durch die Formulierung "sowohl die Planung als auch die Ausführung" ersetzt worden.

Der Auftrag werde mit EU-Mitteln gefördert und habe grenzüberschreitende Bedeutung. Bei einem solchen Auftrag müsse ein effektiver Rechtsschutz gewährleistet sein, was am ehesten durch die Möglichkeit des Nachprüfungsverfahrens erfolgen könne.

Das Angebot der Beigeladenen sei wegen der Änderung der Vergabeunterlagen auszuschließen. Das System der Beigeladenen erfülle die Anforderung der Lotrechten nicht, habe keinen innenliegenden Teleskop-Ausverteiler und sei wegen einer zu geringen Höhe generell ungeeignet. Zudem sei das Angebot auszuschließen, weil die Beigeladene innerhalb der gesetzten Frist nur das Ergebnisblatt des Schallschutzzeugnisses und nicht die dazugehörenden Anlagen eingereicht habe.

Die Antragstellerin hat beantragt,

geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern;

hilfsweise andere geeignete Maßnahmen anzuordnen, um die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens herzustellen;

der Antragsgegnerin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Antragstellerin aufzuerlegen;

die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten durch sie für notwendig zu erklären.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Nachprüfungsantrag zu verwerfen, hilfsweise abzuweisen;

der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;

die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch sie für notwendig zu erklären.

Die Antragsgegnerin hat im Wesentlichen vorgetragen, der Nachprüfungsantrag sei unzulässig. Der Schwellenwert sei nicht erreicht. Eine Kostenermittlung, in der allerdings das streitgegenständliche Los nicht bepreist sei, ergebe eine Summe der bepreisten Lose von ... € netto. Aber auch die Kostenberechnung vom ... schließe mit einer Summe der Bauleistungen von ... € netto ab. Diesen Betrag ergebe auch die Übersicht über die Vergabestrategie. Die Kostenberechnung sei im Rahmen des Förderantrags von der GM.SH geprüft und für zutreffend erachtet worden. Bei der Forderung nach einem Sicherheitsaufschlag gehe es um die Frage, ob der Auftraggeber die Ausschreibung sanktionslos aufheben könne, wenn das Ausschreibungsergebnis nicht wirtschaftlich sei. Die submittierte Gesamtsumme der Aufträge nach den einzelnen Ausschreibungen liege unterhalb der Schätzung. Die Erstausstattung werde aus ihrem Bestand erfolgen.

Die Vergabe von Instandhaltungsmaßnahmen sei nicht beabsichtigt. Die entsprechende Stelle des Formulars sei nicht ausgefüllt worden. Die Anordnungsrechte nach der VOB/B seien keine Optionen. Maßstäbe für deren Bewertung fehlten.

Die EU-weite Ausschreibung der Baumaßnahmen sei trotz des Nichterreichens des Schwellenwertes erfolgt, um etwaige Schwierigkeiten bei der Abrechnung der Zuwendungen zu vermeiden.

Die ebenfalls in der Kostenberechnung (Anlage Ag 1) aufgeführten Baunebenkosten, die zu einer Gesamtsumme von ... € netto führten, seien nicht zu berücksichtigen. Kosten für Planungsleistungen seien nur zu berücksichtigen, wenn die Planung dem Auftragnehmer zur Verfügung gestellt werde. Das sei für Leistungen nach der HOAI nicht der Fall, was etwa für die Vorbereitung und die Mitwirkung an der Vergabe und die Bauüberwachung offensichtlich sei. Abzuziehen seien jedenfalls die Kosten für die Bauherrenaufgaben i. H. v. ... € netto.

Die sprachliche Neufassung der Definition eines öffentlichen Bauauftrages mache inhaltlich keinen Unterschied, wie sich aus den Fassungen in Französisch und Englisch ergebe. Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs sei nicht beabsichtigt gewesen.

Bei der Modernisierung und Erweiterung des Messegeländes habe es sich zeitlich, räumlich und funktional um ein anderes Vorhaben gehandelt. Die jetzt betroffenen Bereiche seien davon nicht erfasst gewesen, was sich aus der Machbarkeitsstudie von ... und der Projektbeschreibung von ... ergebe. Die Maßnahmen seien längst abgeschlossen. Die Überlegung, das Tagungs- und Kongressgeschäft auszubauen, sei erst später entstanden. Die Projektsteuerung für das Vorhaben Neubau und Erweiterung des Kongresszentrums sei neu vergeben worden.

Das Angebot der Beigeladenen sei nicht auszuschließen. Eine Änderung der Vergabeunterlagen liege nicht vor. Das System der Beigeladenen erfülle die Anforderung der Lotrechten. Das ebenengleiche Teleskopelement sei mit dem innenliegenden Element technisch gleichwertig. Die Höhe sei ausreichend. Ein Ausschluss wegen der nicht vollständigen Einreichung des Schallschutzzeugnisses komme nicht infrage, weil das Zeugnis nicht mit dem Angebot vorzulegen gewesen sei. Die Einreichung des Schallschutzzeugnisses sei erst in einem Aufklärungsgespräch gefordert worden, ohne dass dabei von den Anlagen die Rede gewesen sei.

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag verworfen. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, der Rechtsweg sei mangels Erreichen des Schwellenwerts nicht eröffnet. Für binnenmarktrelevante Aufträge unterhalb des Schwellenwertes sei zwar ein transparentes, auf Gleichbehandlung bedachtes Vergabeverfahren durchzuführen, der Anwendungsbereich der Rechtsmittelrichtlinie werde aber nicht ausgeweitet.

Es sei allein auf das Vorhaben Neubau und Erweiterung des Kongresszentrums abzustellen. Das Vorhaben Modernisierung und Erweiterung des Messegeländes sei bereits im Jahr ... abgeschlossen gewesen, für das streitgegenständliche Vorhaben aber erst im Jahr ... eine Potenzialanalyse beauftragt worden. Die Projektsteuerung sei neu vergeben worden.Bei der Schätzung des Auftragswerts seien nach § 3 Abs. 6 VgV nur die Werte der Liefer- und Dienstleistungen zu berücksichtigen, die für die Ausführung der Bauleistung erforderlich seien und vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt würden. Die Kostenschätzung sei anhand der von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen nachvollziehbar, auch wenn ein Vermerk dazu fehle. Dass die Annahmen realistisch seien, ergebe sich aus dem Prüfvermerk der GM.SH und den Submissionsergebnissen, deren Gesamtsumme unterhalb der Schätzung liege. Soweit einzelne Ergebnisse oberhalb der Schätzung lägen, lägen Abweichungen nach oben und nach unten in der Natur einer Prognose. Sicherheitsaufschläge seien nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 VgV nicht einzukalkulieren. Dass der Auftragswert von ... Mio. € im Förderantrag für eine geringere Fläche angegeben worden sei, habe die Antragsgegnerin überzeugend damit begründet, dass es sich nur um ungefähre Werte gehandelt habe. Aufgrund des geänderten Umfangs des Vorhabens sei ein neuer Antrag gestellt und die Kostenberechnung vom ... erstellt worden. Richtig sei, dass der Schätzwert nicht aktualisiert worden sei. Dieser Dokumentationsmangel habe sich aber nicht ausgewirkt, wie die Submissionsergebnisse zeigten. Richtig sei, dass etwaige Baupreissteigerungen nicht berücksichtigt seien. Baupreise könnten allerdings auch sinken. Die Ausstattung und Möblierung erfolge aus dem Bestand, sodass dafür keine Kosten anzusetzen seien. Ein Wert von Optionen müsse nicht einbezogen werden. Deren Nutzung müsse zumindest voraussehbar sein. Die abstrakte Möglichkeit, von Anordnungs- oder Änderungsoptionen Gebrauch zu machen, reiche dafür nicht. Die Absicht der Antragsgegnerin, Instandhaltungsleistungen zu vergeben, lasse sich nicht feststellen. Das verwendete Formular enthalte insoweit nur einen vorgegebenen Text, zu dem eine Ausfüllung fehle.

Die Baunebenkosten seien nicht, jedenfalls nicht vollständig einzubeziehen. Bauherrenleistungen seien für die Bauleistungen nicht erforderlich. Diese könnten auch ohne Bauherrenleistungen durchgeführt werden. Auch die Projektsteuerung sei nicht erforderlich für die Bauleistungen. Sie würde auch niemandem zur Verfügung gestellt. Ziehe man die veranschlagten Kosten für Bauherrenleistungen ab, werde der Schwellenwert für das Jahr ... unterschritten. Planungskosten seien grundsätzlich nicht in die Auftragswertschätzung einzubeziehen. Nach der Verordnungsbegründung gehe es allein um solche Dienstleistungen, die für die Errichtung eines Bauwerks unmittelbar erforderlich seien. Einer Vorlage beim EuGH bedürfe es so nicht. Planungsleistungen stünden zwar i. d. R. in funktionalem Zusammenhang mit der Bauleistung, sie seien aber vielfach für sie nicht erforderlich, etwa was die Dokumentation und die Vorbereitung und Mitwirkung an der Vergabe angehe. Diese Leistungen würden auch nicht zur Verfügung gestellt, der Auftraggeber beschaffe sie für sich selbst.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, das Vorhaben habe spätestens im Jahr ... begonnen, als die Antragsgegnerin die Projektsteuerungsleistungen vergeben und die Architektenleistungen ausgeschrieben habe. Maßgeblich sei damit der damalige Schwellenwert von 5.225.000,00 € netto. Das Planungsteam sei weitgehend identisch mit dem für die Erweiterung und Modernisierung des Messegeländes. Die Beschaffung der Planungsleistungen sei nicht dokumentiert.

Es fehle eine realistische Aufwandsschätzung für das gesamte Bauvorhaben. Eine vergaberechtliche Kostenschätzung sei nicht vorgelegt worden. Die Antragsgegnerin habe verschiedene Fachlose ausgeschrieben, andere nach § 3 Abs. 9 VgV national vergeben. Obwohl die Antragsgegnerin ein repräsentatives Foyer plane, habe sie nach der Feststellung der GM.SH unterdurchschnittliche Baukosten kalkuliert. Seitdem habe es weitere Preissteigerungen gegeben. Die Baumaßnahme solle im laufenden Betrieb stattfinden. Kosten für die zu erwartenden Unterbrechungen und Behinderungen seien einzukalkulieren gewesen. Dennoch habe die Antragsgegnerin unterdurchschnittliche Kosten angesetzt. Die Antragsgegnerin trage die Kosten für Strom und Wasser. Kosten seien dafür nicht kalkuliert worden. Die Auftragsbedingungen ließen an verschiedenen Stellen Mehrkosten für nicht vorhergesehene Leistungen zu, was nicht kalkuliert worden sei. Die vergaberechtliche Kostenschätzung werde nicht durch den vorgelegten Entwurf einer Kostenberechnung vom ... ersetzt. Dies sei bereits nicht der maßgebliche Zeitpunkt. Maßgeblich sei der Zeitpunkt der Beschaffung der Projektsteuerungsleistung, die in engem wirtschaftlichen und technischen Zusammenhang zu dem Bauvorhaben stehe, als erste Vergabe gewesen. Spätere Entwicklungen wie der Prüfvermerk der GM.SH oder die Submissionsergebnisse dürften nicht berücksichtigt werden. Vielmehr müsse der Auftragswert bei der Nachprüfung anhand der zurzeit der ersten Vergabe bekannten Daten geschätzt werden. Die Annahme, ein Sicherheitszuschlag bei der Kostenermittlung sei nicht erforderlich, stehe im Widerspruch zu Entscheidungen anderer Vergabekammern. Ein Sicherheitszuschlag stehe im Einklang mit dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 VgV, da der Gesamtwert der Leistung so ermittelt werde. Die Auffassung, dass Baupreise auch sinken könnten, sei nicht nachvollziehbar. Bei Kostensteigerungen in der Vergangenheit seien diese auch bei der Auftragswertschätzung zu berücksichtigen.

Die Vergabekammer habe nicht zu dem Ergebnis kommen dürfen, dass der Neubau und die Erweiterung des Kongresszentrums und die Modernisierung und Erweiterung des Messegeländes getrennte Bauvorhaben seien. Es bestehe ein funktionaler Zusammenhang.

Die Planungsleistungen seien nicht herauszurechnen. Das sei mit dem Unionsrecht nicht vereinbar. Danach sei vielmehr der Wert aller für das Vorhaben zu beschaffenden Bauleistungen, Lieferungen und Dienstleistungen zusammenzurechnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Entscheidung der Vergabekammer Schleswig-Holstein aufzuheben;

die Vergabekammer Schleswig-Holstein zu verpflichten, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Sache erneut zu entscheiden;

hilfsweise in der Sache selbst zu entscheiden und geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern;

hilfsweise andere geeignete Maßnahmen anzuordnen, um die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens herzustellen;

festzustellen, dass sie durch den Antragsgegner in ihren Rechten verletzt ist;dem Antragsgegner die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Antragstellerin aufzuerlegen;

die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin für notwendig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen;

die Kosten des Beschwerdeverfahrens - einschließlich ihrer notwendigen Auslagen - der Antragstellerin aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin trägt im Wesentlichen vor, das Vorhaben habe erst mit der Ausschreibung der Bauleistungen, zuerst der Rohbauarbeiten am ..., begonnen. Sie habe das offene Verfahren gewählt, um etwaige Schwierigkeiten bei der Abrechnung der öffentlichen Förderung zu vermeiden. Da sie dieses Verfahren gewählt habe, sei es konsequent gewesen, einige Leistungen nach § 3 Abs. 9 VgV im beschränkten Verfahren zu vergeben.

Dass einige Bereiche repräsentativ hätten gestaltet werden sollen, bedeute nicht, dass insgesamt mit überdurchschnittlichen Kosten habe kalkuliert werden müssen. Dasselbe gelte für die Regelungen in den zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen.

Richtig sei, dass zwar die Kosten für die Baustromversorgungsanlage und die Bauwasserversorgungsanlage in der Kostenschätzung enthalten seien, nicht aber die Verbrauchskosten selbst. Diese würden üblicherweise nicht berücksichtigt, weil sie häufig den allgemeinen Betriebskosten des Bauherrn zugeschlagen würden. Zu rechnen sei typischerweise mit Kosten in Höhe von pauschal 0,2 % der Auftragssumme der Baugewerke, hier also ca. ... € netto. Das liege im Bereich der normalen Schwankungsbreite einer Schätzung.

Wie bereits vor der Vergabekammer ausgeführt, sei der Nachprüfungsantrag unzulässig. Das Vorhaben sei nicht Teil eines Gesamtprojekts Modernisierung und Erweiterung der Messehallen. Diese Maßnahmen seien abgeschlossen und hätten niemals den Bau eines Kongresszentrums umfasst. Die Auftragswertschätzung habe nicht bereits erfolgen müssen. Seinerzeit sei das Projekt wegen der Höhe der Kosten im Verhältnis zu den avisierten Fördermitteln gestoppt und erst wieder aufgegriffen worden. Daraufhin sei die Kostenberechnung vom ... erstellt worden, die bei der Prüfung im Rahmen des Förderantrages als angemessen und auskömmlich beurteilt worden sei. Ein Sicherheitszuschlag sei nicht hinzuzurechnen. Eine solche Anforderung lasse sich dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 VgV nicht entnehmen. Die Kostenberechnung habe auf aktuellen Baukosten beruht, sodass Kostensteigerungen nicht zu berücksichtigen gewesen seien. Die Vergabe aller Gewerke sei dann frühzeitig erfolgt.

Der Wert der Planungsleistungen sei dem Auftragswert nicht hinzuzurechnen. Für die Zusammenrechnung der Werte verschiedener Aufträge bedürfe es einer Grundlage, die in Art. 5 Abs. 7 bis Abs. 9 der Richtlinie 2014/24/EU enthalten sei. Die Schwellenwerte seien für jede Auftragsart verschieden, sodass sie gesondert zu betrachten seien. Nach Art. 5 Abs. 7 der Richtlinie und § 3 Abs. 6 VgV seien die Werte anderer Aufträge nur hinzuzurechnen, wenn sie für die Bauleistung erforderlich seien und dem Auftragnehmer zur Verfügung gestellt würden. Das sei für Planungsleistungen nicht der Fall, die nicht für die Ausführung erforderlich seien, sondern die Planungs- und Überwachungsziele vorgäben und dem Auftragnehmer der Ausführungsleistung jedenfalls zum größten Teil nicht zur Verfügung gestellt würden, sondern ihren Zweck z. T. bereits vor der Ausführung erfüllten. Im Übrigen könne das offen bleiben, weil jedenfalls der Wert der Bauherrenaufgaben, wie Projektsteuerung, Sicherheits- und Gesundheitsschutzorganisation, sowie Rechtsberatungskosten nicht einzurechnen seien, sodass der Schwellenwert sicher nicht erreicht sei.

Der Zeitpunkt für die Ermittlung des Schwellenwertes sei nicht vorzuverlegen, selbst wenn der Wert der im Jahr ... vergebenen Planungsleistungen einzurechnen wäre. Nach § 106 GWB sei der einzelne zu vergebende Vertrag zu betrachten, für den jeweils der Schwellenwert überschritten worden sein müsse. Die Regelungen über die Zusammenrechnung von Auftragswerten seien sonst nicht verständlich. Da es keine Übergangsregelungen gebe, würden sonst auch widersprüchliche Ergebnisse erzielt, wenn sich im Verlauf eines Gesamtprojekts der Schwellenwert ändere. Maßgeblich sei für jeden einzelnen Auftrag der Zeitpunkt der jeweiligen Auftragsbekanntmachung. Schließlich seien Dienstleistungen und Lieferungen auch dann nicht als Bauaufträge anzusehen, wenn ihr Wert dem Wert des Bauauftrages nach § 3 Abs. 6 VgV hinzugerechnet werde.

Der Nachprüfungsantrag sei jedenfalls unbegründet. Die Vorgabe eines Teleskopausfahrteils sei als technische Spezifikation anzusehen. Darunter fielen auch individuelle Vorgaben. Das ergebe sich aus § 42 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24/EU, der die Leistungsbeschreibung nicht auf abstrakte Formulierungen, insbesondere Normen, beschränke.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie schließt sich hinsichtlich der Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags der Antragsgegnerin an. Hinsichtlich der Begründetheit trägt sie im Wesentlichen vor, ihr Angebot sei nicht auszuschließen, weil es nicht von den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses abweiche. Sie habe ein innenliegendes Teleskop-Element angeboten. Sie habe auch ein Schallschutzzeugnis eingereicht.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Die Vergabekammer hat ihren Nachprüfungsantrag zu Recht als unzulässig verworfen. Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig, weil der Auftragswert den Schwellenwert nicht erreicht, sodass nach § 106 Abs. 1 GWB der 4. Teil des GWB und damit das Nachprüfungsverfahren nicht anwendbar ist.

1. Der relevante Wert ist der ab dem 01.01.2020 geltende Schwellenwert für öffentliche Bauaufträge nach Art. 4 lit. a) RL 2014/24/EU von 5.350.000,00 €. Der im Jahr ... geltende Schwellenwert ist nicht heranzuziehen.

Nach § 3 Abs. 3 VgV ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswerts der Tag, an dem die Auftragsbekanntmachung abgesandt oder das Vergabeverfahren sonst eingeleitet wird. Das war der .... Zur Beurteilung, ob der ermittelte Auftragswert den Schwellenwert übersteigt, kann nur der zurzeit der Ermittlung des Auftragswerts geltende Schwellenwert herangezogen werden.

Unerheblich ist, dass die Antragsgegnerin die Leistungen der Projektsteuerung sowie Planungsleistungen bereits im Jahr ... vergeben hat. Denn selbst wenn der Wert dieser Leistungen nach § 3 Abs. 6 VgV dem Wert der Bauleistung hinzuzurechnen sein sollte, wurde mit deren Vergabe noch nicht die Vergabe erst später geplanter Bauleistungen eingeleitet.

Nach § 3 Abs. 3 VgV, ebenso nach §§ 103 Abs. 1, 106 Abs. 1 GWB, kommt es vielmehr auf den Wert des einzelnen Auftrags an. Ob dem der Wert anderer Aufträge hinzuzurechnen ist, richtet sich nach den Vorschriften des § 3 Abs. 6 u. 7 VgV. Durch die Hinzurechnung werden die einzelnen Aufträge aber nicht zu einem Gesamtauftrag zusammengefasst, der dazu führt, dass der Zeitpunkt der Kostenschätzung vorzuverlegen ist.

Der Wert des Bauvorhabens ist nur bei einer Losvergabe nach § 3 Abs. 7 VgV relevant. Bei der Vergabe von Bauleistungen einerseits und Planungsleistungen andererseits handelt es sich aber nicht um die Vergabe von Losen, weil dazu die vergebenen Leistungen gleichartig sein müssten (Fülling in: MK-VergabeR I, 2. Aufl., § 3 VgV, Rn. 23; Kau in: Beck'scher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl., § 3 VgV, Rn. 56).

2. Der Wert des Auftrags liegt unterhalb des Schwellenwerts. Der Auftragswert ist nach den Vorschriften des § 3 VgV zu ermitteln. Nach § 3 Abs. 1 VgV ist bei der Schätzung des Auftragswerts von dem voraussichtlichen Gesamtwert der vorgesehenen Leistung ohne Umsatzsteuer auszugehen. Bleiben Zweifel am Erreichen des Schwellenwerts, so geht das zu Lasten des Bieters, der das Nachprüfungsverfahren durchführen will (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.12.2014, Verg 24/14, Rn. 20 bei juris).

a) Der Wert des Vorhabens Modernisierung und Erweiterung des Messegeländes mit einem Auftragsvolumen von geplant ... Mio. € ist nicht in den Wert des Vorhabens Neubau und Erweiterung des Kongresszentrums einzubeziehen.

Was zu dem Auftrag, dessen Wert zu schätzen ist, gehört, ist anhand einer funktionalen Betrachtungsweise zu ermitteln. Bevor eine Aufteilung in verschieden Aufträge erfolgen darf, sind organisatorische, inhaltliche, wirtschaftliche und technische Zusammenhänge zu berücksichtigen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.06.2018, 15 Verg 7/17, Rn. 24 bei juris; OLG Köln, Beschluss vom 24.10.2016, 11 W 54/16, Rn. 10 ff. bei juris; KG, Beschluss vom 17.10.2013, Verg 9/13, Rn. 29 bei juris; Kau in: Beck'scher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl., § 3 VgV, Rn. 23; Fülling in: MK-VergabeR I, 2. Aufl., § 3 VgV, Rn. 5; Lausen in: jurisPK-Vergaberecht, 5. Aufl., § 3 VgV, Rn. 10 f.; Radu in: Müller-Wrede, VgV/UVgO, § 3 VgV, Rn. 16). Von Bedeutung sind auch räumliche und zeitliche Zusammenhänge (Marx in: KKMPP, VgV, § 3, Rn. 11). Ein einheitlicher Auftrag ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der eine Teil ohne den anderen keine sinnvolle Funktion zu erfüllen vermag (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.06.2019, Verg 52/18, Rn. 34 bei juris; Vergabekammer Schleswig-Holstein, Beschluss vom 30.08.2006, VK-SH 20/06, Rn. 98 bei juris; Fülling, a. a. O.).

Nach diesen Grundsätzen handelt es sich um verschiedene Aufträge. Zwar bestehen zweifellos organisatorische, räumliche und inhaltliche Zusammenhänge. Messehallen und Kongresszentrum sollen auf demselben Gelände von der Antragsgegnerin betrieben werden. Bereits das Vorhaben zur Modernisierung und Erweiterung der Messehallen sah vor, dass eine der betroffenen Hallen auch als Versammlungsort nutzbar sein sollte. Nach der Erklärung der Antragsgegnerin werden messebegleitend häufiger Kongresse abgehalten, sodass die Schaffung des Kongresszentrums der Stärkung des Messebetriebes dient.

Andererseits besteht kein so enger Zusammenhang, dass der eine Komplex nicht ohne den anderen genutzt werden könnte. Es können Messen ohne Nutzung des Kongresszentrums und Kongresse ohne Nutzung der Messehallen abgehalten werden. Die damit mögliche getrennte funktionale Nutzung führt zu der Annahme verschiedener Vorhaben (so für Straßenbau Fülling, a. a. O.).

Eine Aufteilung von Aufträgen ist zudem mit sachlicher Begründung möglich (Marx, a. a. O.). Dem öffentlichen Auftraggeber steht ein weiter Ermessensspielraum bei der Frage zu, wie er seine Vorhaben umsetzt. Der Spielraum wird erst überschritten, wenn die Aufteilung sachwidrig ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.07.2003, Verg 5/03, Rn. 7 bei juris).

Danach ist ausschlaggebend, ob in der Aufteilung in verschiedene Aufträge eine Umgehung nach § 3 Abs. 2 VgV zu sehen ist. Für eine solche Umgehung kann sprechen, wenn der Bedarf gleichzeitig bekannt wird (so in den grundlegenden Entscheidungen EuGH NZBau 2001, 275 - Sydev - und EuGH NZBau 2012, 311 - Autalhalle; ebenso in den Fällen OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.06.2018, 15 Verg 7/17, juris und OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.06.2019, Verg 52/18, juris). Kein Anhaltspunkt für eine Umgehung ist dagegen erkennbar, wenn verschiedene Maßnahmen zeitlich getrennt geplant werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31.03.2004, Verg 74/03, Rn. 18 ff. bei juris; Radu in: Müller-Wrede, VgV/UVgO, § 3 VgV, Rn. 25). So liegt es hier, weil der Bedarf für die Ausweitung des Konferenzbetriebes sich erst später zeigte.

Wie sich aus den von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen (Anlagen Ag 6, Ag7) ergibt, sah die Modernisierung und Erweiterung der Messehallen nach dem Konzept ... noch kein Kongresszentrum vor. In einer Halle sollte die Entrauchung/Zuluft erneuert werden, um sie als Versammlungsstätte nutzen zu können. Damit ist noch nicht zwangsläufig ein Kongressbetrieb gemeint, für den etwa eine spezielle technische Ausstattung der Räume erforderlich ist. Nach der Erklärung der Antragsgegnerin zeigte sich erst nach Abschluss der ursprünglichen Maßnahmen, dass die Halle als Versammlungsstätte gut angenommen wurde, sodass die Idee entstand, ein Kongresszentrum zu schaffen. Erst im Jahr ..., nachdem das Vorhaben Modernisierung und Erweiterung des Messegeländes abgeschlossen war, wurde dafür eine Potenzialanalyse in Auftrag gegeben. Damit liegen ausreichende sachliche Gründe vor, um den Neubau und die Erweiterung des Kongresszentrums als eigenständige Aufträge zu behandeln.

Dass das Planungsteam weitgehend identisch war, zwingt demgegenüber nicht zu der Annahme, dass es sich um denselben Auftrag handelte. Denn die Objektplanung ist im Jahr ... neu vergeben worden. Dasselbe dürfte für die übrigen Planungsaufgaben geltend. Es ist danach unerheblich, dass dieselben Ingenieurbüros beauftragt wurden. Wenn es bei der Vergabe der Planungsaufgaben und der Projektplanung zu Verstößen gegen das Vergaberecht gekommen sein sollte, ist das für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung.

b) Die Antragsgegnerin hat die Kostenschätzung zwar nicht ordnungsgemäß dokumentiert. Der Mangel der Dokumentation ist aber geheilt.

Die Auftragswertschätzung muss nach § 8 VgV dokumentiert werden, und zwar um so genauer, je mehr der Auftragswert sich dem Schwellenwert nähert (OLG Celle, Beschluss vom 29.06.2017, 13 Verg 1/17, Rn. 45 bei juris; Kau in: Beck'scher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl., § 3 VgV, Rn. 20; Fülling in: MK-VergabeR, 2. Aufl., § 3 VgV, Rn. 17). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Kostenschätzung ist nach § 3 Abs. 3 VgV der Tag, an dem die Auftragsbekanntmachung abgesandt oder das Vergabeverfahren sonst eingeleitet wird.

Relevant ist, wie oben dargelegt, der Beginn der Ausschreibung der Ausführungsleistungen im Jahr .... Eine vollständige Kostenschätzung für diesen Zeitpunkt fehlt. Die in der Akte vorhandene Kostenschätzung enthielt keinen Wert für die streitgegenständlichen mobilen Trennwände. Die Kostenberechnung aus ... diente nicht der Vergabe, sondern der Beantragung von Fördergeldern und damit der Finanzierung des Vorhabens.

Eine unterlassene Dokumentation kann aber - sogar noch im Beschwerdeverfahren - durch die Übergabe von Unterlagen geheilt werden, aus denen sich die Kosten des Vorhabens ergeben (OLG Celle, a. a. O., Rn. 47). Ein vollständiger Ausschluss mit Vorbringen, das nicht dokumentiert ist, aber die Vergabeentscheidung rechtfertigen soll, würde dem Gebot der Beschleunigung des Vergabeverfahrens widersprechen und wäre eine bloße Förmelei (BGH, Beschluss vom 08.02.2011, X ZB 4/10, Rn. 73 bei juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.10.2015, Verg 28/14, Rn. 205 ff. bei juris; Zeise in: KKMPP, VgV, § 8, Rn. 21). Ältere Entscheidungen, nach denen zur Gewährleistung eines transparenten Verfahrens und zum Ausschluss von Manipulationen ein ergänzender Vortrag der Vergabestelle nicht möglich sein sollte (OLG Celle, Beschluss vom 11.02.2010, 13 Verg 16/09, Rn. 35 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.03.2004, Verg 1/04, Rn. 10 bei juris), sind überholt. Die Transparenz des Verfahrens kann gewährleistet und der Gefahr von Manipulationen begegnet werden, indem die nachgereichten Unterlagen einer kritischen Würdigung unterzogen werden.

Aus der von der Antragsgegnerin vorgelegten Kostenberechnung vom ... ergibt sich hinreichend sicher, von welchem Gesamtwert des Vorhabens sie bei Beginn des Vergabeverfahrens ausgegangen ist. Eine Manipulation ist ausgeschlossen. Es ist dabei unerheblich, dass die ausführliche Kostenschätzung, in der die prognostizierten Mengen und Preise aufgeführt werden, in der vorgelegten Version nicht unterschrieben worden ist. Denn die Kostenberechnung ist vor Beginn des Vergabeverfahrens erstellt worden. Die Antragsgegnerin hat sie sich zu eigen gemacht und sie in dem Antragsverfahren für Fördergelder genutzt. Sie ist auch in dem Antragsverfahren von der GM.SH geprüft worden.

Daraus, dass die Antragsgegnerin den Großteil der Lose europaweit ausgeschrieben und im Übrigen von der Regelung des § 3 Abs. 9 VgV Gebrauch gemacht hat, wonach Lose im Gesamtwert von 20 % des gesamten Auftragswerts im beschränkten Verfahren vergeben werden können, ergibt sich nicht, dass die Antragsgegnerin tatsächlich von einer Überschreitung des Schwellenwertes ausgegangen ist. Dass die Antragsgegnerin von der Regelung des § 3 Abs. 9 VgV Gebrauch gemacht hat, ergibt sich aus der Aufstellung Anlage Ag 2, aus der ersichtlich ist, welche Lose im offenen Verfahren und welche beschränkt ausgeschrieben werden sollten, und den von der Antragstellerin aufgeführten Bekanntmachungen über nationale Vergaben einzelner Lose. I. d. R. ergibt die Aufteilung nach § 3 Abs. 9 VgV nur Sinn, wenn der Schwellenwert überschritten ist und die Lose so europaweit auszuschreiben sind. Die Antragsgegnerin macht indes geltend, dass sie das offene Verfahren (für die meisten Lose) gewählt habe, um Schwierigkeiten bei einer Abrechnung der Förderung aus EU-Mitteln, bei der eine abweichende Auffassung über den Auftragswert vertreten werden könnte, zu vermeiden. Das ist plausibel.

c) Die Antragsgegnerin hat den Wert des Bauauftrages grundsätzlich ordnungsgemäß geschätzt. Soweit die Schätzung zu ergänzen ist, führt das nur zu einer relativ geringfügigen Erhöhung des Werts.

Die Schätzung des Auftragswerts setzt eine realistische, vollständige und objektive Prognose voraus, die sich an den Marktgegebenheiten orientiert (OLG Celle, Beschluss vom 29.06.2017, 13 Verg 1/17, Rn. 42 f. bei juris; Fülling in: MK-VergabeR I, 2. Aufl., § 3 VgV, Rn. 6; Kau in: Beck'scher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl., § 3 VgV, Rn. 14 ff.; Marx in: KKMPP, VgV, § 3, Rn. 4; Radu in: Müller-Wrede, VgV/UVgO, § 3 VgV, Rn. 126 ff.). Der Auftraggeber muss eine Methode wählen, die ein wirklichkeitsnahes Schätzergebnis ernsthaft erwarten lässt, und der Schätzung zutreffende Daten zugrunde legen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.03.2019, Verg 42/18, Rn. bei juris). Pflichtgemäß geschätzt ist ein Auftragswert, den ein umsichtiger und sachkundiger öffentlicher Auftraggeber nach sorgfältiger Prüfung des relevanten Marktsegments und im Einklang mit den Erfordernissen betriebswirtschaftlicher Finanzplanung bei der geplanten Beschaffung veranschlagen würde (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.05.2002, Verg 5/02, Rn. 8 bei juris; Fülling, a. a. O.). Bei Baumaßnahmen kann eine Baukostenberechnung berücksichtigt werden (Fülling, a. a. O., Rn. 7, Radu, a. a. O., Rn. 132).

Im Nachprüfungsverfahren kann die Kostenschätzung auf Nachvollziehbarkeit und Plausibilität geprüft werden. Dem Auftraggeber kommt ein Beurteilungsspielraum zu, dessen Einhaltung nur eingeschränkt überprüft werden kann (OLG Celle, a. a. O., Rn. 44; OLG München, Beschluss vom 31.01.2013, Verg 31/12, Rn. 44 bei juris; OLG Dresden, Beschluss vom 24.07.2012, Verg 2/12, Rn. 9 bei juris; Fülling, a. a. O.; Kau, a. a. O., Rn. 19; Radu, a. a. O., Rn. 130). Fehlt indes eine ordnungsgemäße oder plausible Auftragswertschätzung, ist bei der Nachprüfung eine eigene Schätzung durchzuführen (OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.01.2013, Verg W 9/12, Rn. 60 bei juris; OLG Celle, Beschluss vom 19.08.2009, 13 Verg 4/09, Rn. 27 bei juris; OLG Celle, Beschluss vom 12.07.2007, 13 Verg 6/07, Rn. 33 bei juris; Kau in: Beck'scher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl., § 3 VgV, Rn. 19).

Nach diesen Maßstäben ist es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin ihrer Beurteilung, ob der Schwellenwert erreicht ist, die Kostenberechnung vom ... zugrunde gelegt hat. Es handelte sich bei der Kostenberechnung durch einen Architekten um eine realistische, den Umfang der zu erstellenden Leistungen hinreichend detailliert erfassende, Marktwerte berücksichtigende Schätzung der voraussichtlichen Baukosten. Beurteilungsfehler wie sachfremde Erwägungen oder die Überschreitung der Beurteilungsgrenzen sind nicht erkennbar.

Es mag sein, dass die geschätzten Quadratmeterkosten unterhalb der Vergleichskosten nach dem Baukostenindex für 2019 lagen. Das zwingt aber nicht zu der Annahme, dass die Schätzung nicht realistisch ist. Im Baukostenindex werden durchschnittliche Kosten für Bauvorhaben in bestimmten Regionen angegeben. Dabei sind zwangsläufig die berücksichtigten Bauvorhaben mit dem beabsichtigten Bauvorhaben nicht vollständig vergleichbar. Es ist so nicht ausgeschlossen, aufgrund von Markterfahrungen für das konkret geplante Gebäude mit der konkret geplanten Ausstattung einen abweichenden Preis anzunehmen. Es ist davon auszugehen, dass die Architekten, die die Baukostenberechnung durchgeführt haben, über die erforderliche Markterfahrung verfügen.

Es ist nicht zu beanstanden, dass die Forderung nach einem "repräsentativen" Foyer und nach der Einkalkulierung von Unterbrechungs- und Behinderungskosten wegen des Baus im laufenden Betrieb nicht zu einer höheren Kostenschätzung geführt haben. Was als "repräsentativ" empfunden wird, ist eine Frage der Beurteilung. Relevant für die Kostenschätzung sind die konkret geforderten Ausstattungsmerkmale des Gebäudes. Die Höhe der Unterbrechungs- und Behinderungskosten hängt davon ab, wie häufig und wie lange Beeinträchtigungen durch den laufenden Betrieb erwartet werden. Schätzt man die Wahrscheinlichkeit kostenträchtiger Behinderungen als gering ein, muss das Einkalkulieren dieser Kosten nicht zu einer erheblichen Kostensteigerung führen.

Es ist nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin bei der Kostenschätzung keinen Sicherheitszuschlag ausgewiesen hat. Ein Puffer für Unvorhergesehenes ist nicht in die Schätzung einzubeziehen (VK Thüringen, Beschluss vom 08.08.2017, 250-4002-5960/2017, Rn. 156 f. bei juris). Zutreffend ist, dass zu erwartende Preissteigerungen bei der Schätzung zu berücksichtigen sind. Auch sind die Baupreise in den vergangenen Jahren konjunkturbedingt kontinuierlich gestiegen. Erwartet der Auftraggeber indes, dass die Verträge bald abgeschlossen und mit dem Bau begonnen werden kann, fällt die Möglichkeit zukünftiger Preissteigerungen nicht erheblich ins Gewicht. Denn Preise steigen nicht schlagartig zu bestimmten Daten, etwa zum Jahreswechsel, sondern als Folge bestimmter Entwicklungen. Dazu gehören etwa Tarifabschlüsse für die Löhne der Bauarbeiter, die aber nicht zu einem bestimmten Datum, sondern im Laufe eines Jahres erfolgen.

Ein Sicherheitszuschlag ist auch einzuberechnen, wenn die zu vergebende Bauleistung noch nicht vollständig feststeht, weil auch Planungsleistungen für das zu errichtende Gebäude vergeben werden (VK Münster, Beschluss vom 27.05.2019, VK 2-06/09, Rn. 76 f. bei juris). Das war hier nicht der Fall. Die Planungen waren abgeschlossen, sodass eine unveränderliche Grundlage für die Schätzung des Auftragswerts zur Verfügung stand.

Soweit in einem Verfahren über die Frage, ob die ausschreibende Stelle die Ausschreibung ohne Haftungsfolge aufheben darf, wenn die Angebote oberhalb der Schätzung liegen und die Maßnahme zu diesen Preisen nicht finanziert werden kann, beanstandet worden ist, die Kostenschätzung habe keinen Sicherheitszuschlag von 10 % enthalten (VK Niedersachsen, Beschluss vom 21.05.2019, VgK 18/2019, Rn. 55), ist das nicht verallgemeinerungsfähig. Wie dargelegt, kann eine Kostenschätzung auch ohne Sicherheitszuschlag realistisch sein, wenn sie aktuelle Preise berücksichtigt und bis zum Vertragsschluss keine Preissteigerungen zu erwarten sind.

Der von der Antragstellerin ebenfalls genannte Zuschlag von 20 % - 25 % betrifft nicht die Schätzung des Auftragswerts. Es handelt sich um den Toleranzrahmen bei der Frage der Haftung eines Architekten für die Überschreitung der von ihm geschätzten Kosten.

In die Schätzung war nicht nach § 3 Abs. 1 S. 2 VgV der Wert von Optionen einzubeziehen, weil keine Optionen vereinbart werden sollten. Eine Option i. S. d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 GWB ist eine Vertragsbestimmung, durch die einer Vertragspartei die Möglichkeit eingeräumt wird, durch eine einseitige Willenserklärung den Vertragsinhalt entsprechend dem präzise formulierten Inhalt der Option zu ändern (Jaeger in: MK-VergabeR I, 2. Aufl., § 132 GWB, Rn. 25). Die durch die VOB/B eröffnete abstrakte Möglichkeit von Anordnungs- oder Änderungsrechte des Auftraggebers sind keine Optionen, weil der Inhalt der Anordnung oder Änderung nicht feststeht. Dasselbe gilt für die Regelungen in den allgemeinen Vertragsbestimmungen, wonach bei unvorhergesehen unvollständigen Leistungsbeschreibungen oder unvorhergesehen notwendigen weiteren Leistungen ein höheres Entgelt gefordert werden kann. Diese Bestimmungen dienen nur dazu, eine fachgerechte Leistung zu erhalten und bei unvorhergesehenen Umständen dafür einen gerechten Interessenausgleich zu schaffen. In keinem Fall ist es vorhersehbar, welche zusätzliche oder geänderte Leistung notwendig wird und welcher zusätzliche Werklohn dafür zu zahlen ist. Eine Kostenschätzung ist so im Übrigen auch nicht möglich.

Dass die Kostenschätzung grundsätzlich realistisch war, zeigt die Prüfung durch die GM.SH. Die GM.SH hat die Kostenschätzung letztlich als zutreffend anerkannt, so dass sie der Förderung zugrunde gelegt werden konnte. Ferner ergibt sich aus dem Submissionsergebnis, dass die Kostenschätzung realistisch war. Die Gesamtsumme der preiswertesten Gebote liegt noch unterhalb der Summe der Kostenschätzung. Dass die Gebote für einzelne Lose auch über dem für das Los Geschätzten liegen, ändert daran nichts. Denn für das Erreichen des Schwellenwertes kommt es auf die Gesamtkosten für das Vorhaben an.

Solche späteren Erkenntnisse können für die Frage, ob die Kostenschätzung realistisch war, herangezogen werden. So kann etwa das Wettbewerbsergebnis herangezogen werden, um zu beurteilen, ob schuldhaft ein Auftragswert unterhalb des Schwellenwertes geschätzt worden ist (BGH, Urteil vom 27.11.2007, X ZR 18/07, Rn. 45 ff. bei juris).

Die Kostenschätzung ist aber nicht vollständig und damit nicht vollständig plausibel. Sie berücksichtigt keine Kosten für Baustrom und -wasser. Nach den Auftragsbedingungen soll Baustrom und -wasser von der Antragsgegnerin zur Verfügung gestellt werden (S. 6 des Leistungsverzeichnisses). Es handelt sich dabei um eine Lieferung, die nach § 3 Abs. 6 VgV in die Schätzung des Auftragswerts einzubeziehen ist. Solche Kosten sind in der Kostenberechnung vom ... nicht enthalten.

Nach den oben dargelegten Grundsätzen ist in einem solchen Fall die Kostenschätzung der Vergabestelle durch eine Schätzung der nachprüfenden Stelle zu ergänzen. Der Senat schätzt den Wert der Strom- und Wasserverbräuche allenfalls auf einen niedrigen fünfstelligen Betrag. Zwar kann er nicht prognostizieren, wie viel Strom und Wasser verbraucht werden oder welche Tarife die Antragsgegnerin dafür zu zahlen hat. Indes handelt es sich einerseits ersichtlich um untergeordnete Leistungen, weil nicht jede Maschine auf der Baustelle auf eine lokale Stromversorgung angewiesen ist und nicht jedes Gewerk lokal zur Verfügung gestelltes Wasser benötigt. Zum anderen würde bei höheren zu erwartenden Kosten deren Verteilung ein unvertretbares Risiko darstellen, und zwar gleich ob die Kosten per Umlage auf die Auftragnehmer verteilt werden oder sie vom Auftraggeber getragen werden sollen.

d) Für die Ermittlung des Auftragswerts sind nach § 3 Abs. 7 VgV die Kosten aller Bauleistungen zu berücksichtigen. Es sind aber jedenfalls Bauherrenkosten wie Kosten für die Projektplanung, sonstige Nebenkosten wie die Kosten für Rechtsberatung und Kosten für Planungsleistungen, die allein im Interesse des Bauherrn erbracht werden, nicht heranzuziehen, weil sie nicht für den Bauauftrag als solchen anfallen.

Nach § 3 Abs. 1 VgV sind für die Ermittlung des Auftragswerts die Kosten für die vorgesehenen Leistungen zu berücksichtigen. Es geht dabei nach dem Wortlaut um den konkreten zu vergebenden Auftrag. Damit sind nicht die Gesamtkosten für ein auftragsübergreifendes Vorhaben zu ermitteln. Wäre das anders, bedürfte es der weiteren Vorschriften für die Ermittlung des Auftragswerts in § 3 VgV nicht, nach denen Kosten des Gesamtvorhabens einzuberechnen sind. Nach § 3 Abs. 6 S. 1 VgV ist bei der Schätzung des Auftragswerts für Bauleistungen der Wert von Lieferungen und Leistungen einzubeziehen, die vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden und für die Ausführung der Bauleistung erforderlich sind. Nach § 3 Abs. 7 S. 1 VgV ist, wenn eine Losvergabe in Betracht kommt, der Wert aller Lose zusammenzurechnen. Insbesondere die Vorschrift des § 3 Abs. 6 VgV, nach der nur bestimmte Kosten zu berücksichtigen sind, verdeutlicht, dass es gerade nicht um die Gesamtkosten für verschiedenartige Leistungen geht, die im Rahmen eines Gesamtvorhabens beschafft werden.

Da Bau- und Planungsleistungen nach § 3 Abs. 6 S. 2 VgV getrennt vergeben werden können, müssen die Auftragswerte bei getrennter Vergabe nicht zusammengerechnet werden (Kau in: Beck'scher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl., § 3, Rn. 53 f.; Fülling in: MK-VergabeR I, 2. Aufl., § 3 VgV, Rn. 21; Marx in: KKMPP, VgV, § 3, Rn. 26; Schneider in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 7. Aufl., § 3 VgV, Rn. 58; Alexander in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 3. Aufl., § 3 VgV, Rn. 55 f.). Dieses Verständnis folgt auch aus der Definition von Bauaufträgen in § 103 Abs. 3 GWB. Danach sind Bauaufträge Verträge über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung von Bauleistungen. Gehören danach isolierte Planungsaufträge nicht zu den Bauaufträgen, bleibt ihr Wert bei der Ermittlung des Auftragswerts für die Bauleistung unberücksichtigt.

Soweit an dieser Auffassung aufgrund des funktionalen Auftragsbegriffs gezweifelt wird (Lausen in: jursPK-VergabeR, 5. Aufl., § 3 VgV, Rn. 93.2; Dieckmann in: Dieckmann/Scharf/Wagner-Cardenal, VgV, UVgO, 2. Aufl., § 3 VgV, Rn. 30), wird nicht hinreichend berücksichtigt, dass in § 3 Abs. 6 VgV eine Einschränkung der in den Auftragswert einzubeziehenden Planungskosten erfolgt. Danach sollen nur die Kosten für die Planungsleistungen berücksichtigt werden, die zur Verfügung gestellt werden. Diese Einschränkung wäre nicht verständlich, wenn ohnehin nach einem funktionalen Auftragsbegriff die Gesamtkosten eines Gesamtvorhabens eingerechnet würden. Zudem kann angesichts des Systems der verschiedenen Auftragsarten nach § 103 GWB und § 3 Abs. 6 u. 7 VgV nicht angenommen werden, dass verschiedenartige Bauaufträge, Dienstleistungsaufträge und Lieferaufträge nach einem funktionalen Begriff zu einer übergreifenden Einheit zusammenzufassen sind. Der differenzierten Regelung der Losvergabe für die einzelnen Auftragsarten bedürfte es nicht, wenn verschiedenartige Aufträge zu einem Gesamtvorhaben zusammenzufassen wären.

Es kommt so darauf an, inwieweit andere Leistungen i. S. d. § 3 Abs. 6 VgV für die Bauleistungen erforderlich sind und zur Verfügung gestellt werden. Da es um die Förderung der Bauleistungen geht, müssen die anderen Leistungen den Auftragnehmern zur Verfügung gestellt werden.

Jedenfalls Baunebenkosten sind danach nicht einzubeziehen (OLG München, Beschluss vom 31.10.2012, Verg 19/12, Rn. 33 bei juris; Dieckmann in: Dieckmann/Scharf/Wagner-Cardenal, VgV, UVgO, 2. Aufl., § 3 VgV, Rn. 30). Dazu gehören die Kosten für die Projektplanung als Teil der Bauherrenaufgaben und die sonstigen Nebenkosten wie Rechtsberatungskosten, weil es sich bei diesen Leistungen nicht um die Planung von Bauwerken handelt. Sie sind weder für die Bauleistungen erforderlich noch werden sie den Auftragnehmern zur Verfügung gestellt.

Die Kosten für die reinen Bauleistungen liegen nach der Kostenschätzung vom 30.10.2019 bei ... € netto. Die Gesamtkosten unter Einbeziehung der Baunebenkosten (KG 700) liegen bei ... € netto. Zieht man nur die Kosten für Bauherrenaufgaben und weitere Baunebenkosten (KG 710, 760, 790) ab, kommt man auf einen Betrag von ... €. Bereits dieser Betrag liegt unter dem Schwellenwert, auch wenn ein geringer fünfstelliger Betrag für Baustrom und -wasser hinzugerechnet wird.

Weiter sind aber auch die Kosten jedenfalls für einige Planungsleistungen abzuziehen. Die Planungsleistungen werden im Interesse des Bauherrn erstellt. Sie dienen der näheren Beschreibung des zu erstellenden Bauwerks und damit des Beschaffungsgegenstandes. Sie dienen außerdem dem Zweck, das Bauwerk fehlerlos entstehen zu lassen. Die Pläne werden natürlich auch den Bauunternehmen überlassen. Sie werden ihnen aber nicht zur Verfügung gestellt, um ihre Leistung zu ermöglichen, sondern ihnen vorgeschrieben, um den Inhalt der Leistung zu bestimmen. Planungsleistungen sind so auch nicht im Rahmen der Errichtung des Bauwerks erforderlich (Greb in: Ziekow/Völlink, VergabeR, 4. Aufl., § 3 VgV, Rn. 25), sondern Voraussetzung für die Errichtung des Bauwerks (Voppel in: Voppel/Osenbrück/Bubert, VgV, 4. Aufl., § 3, Rn. 38 f.).

Eine abweichende Entscheidung zur Einbeziehung von Planungskosten (VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.07.2014, 2 VK LSA 02/14, Rn. 122 bei juris zu § 2 Abs. 5 SektVO a. F.) zwingt nicht zu einer anderen Auffassung. Dann darin wird nicht begründet, inwieweit Planungsleistungen den Auftraggebern zur Verfügung gestellt werden.

Jedenfalls die Leistungen der Leistungsphasen 6 - 9 nach der HOAI (Vorbereitung der Vergabe, Mitwirkung an der Vergabe, Bauüberwachung und Objektbetreuung) sind nicht für die Ausführung der Bauleistungen erforderlich und werden den Auftragnehmern nicht zur Verfügung gestellt. Die dafür anfallenden Kosten sind für die Schätzung des Auftragswerts der Bauleistungen nicht heranzuziehen. Von den gesamten Planungskosten entfallen auf diese Leistungen 44 % für die Objektplanung und 48 % für die Fachplanung (§§ 34 Abs. 3, 55 Abs. 1 HOAI). Das führt zu Abzügen von ... € (KG 730) und ... € (KG 740). Es verbleiben so allenfalls ... € netto zzgl. eines relativ geringen Zuschlags für Wasser- und Stromkosten, was den Schwellenwert deutlich unterschreitet.

Gegen die Bewertung der Planungskosten nach der HOAI lässt sich nicht einwenden, dass diese Honorarordnung im Rest der EU unbekannt ist und von der Europäischen Kommission kritisch gesehen wird. Denn gleich nach welcher Methode die Planungskosten ermittelt werden, müssen diese aufgeteilt werden in Kosten für Leistungen, die für die Bauleistungen erforderlich sind und den Auftragnehmern zur Verfügung gestellt werden, und die Kosten für die Leistungen, für die dies nicht der Fall ist. Die von der Auftragnehmerin zu zahlenden Planungskosten ergeben sich unter Anwendung der HOAI. Die Aufteilung der Kosten kann so zwanglos nach derselben Methode erfolgen.

3. Eine Vorlage an den EuGH ist nicht erforderlich. Die oben dargestellte Auslegung der §§ 103 GWB, 3 VgV ist europarechtskonform. Sie steht eindeutig im Einklang mit den Regelungen in der Vergaberechtsrichtlinie. Die Regelungen in der Vergaberechtsrichtlinie sind im Wesentlichen wortgleich. Der Wortlaut ist so eindeutig, dass sich eine andere Auslegung nicht aufdrängt.

Nach Art. 5 Abs. 1 RL 2014/24/EU ist für den Auftragswert der geschätzte Gesamtbetrag zu ermitteln. Dabei kann es sich wie bei § 3 Abs. 1 VgV nicht um den Gesamtbetrag handeln, der für ein bestimmtes Vorhaben aufzuwenden ist, weil dann die Regelungen in Art. 5 Abs. 7 - 9 RL 2014/24/EU über die Einbeziehung weiterer Kosten überflüssig wären. Die Formulierung der Art. 5 Abs. 7 und 8 RL 2014/24/EU macht zudem deutlich, dass es um die dort erwähnten einzelnen Aufträge geht. Insbesondere wird in Art. 5 Abs. 8 RL 2014/24/EU der Begriff des Bauvorhabens dem des Auftrags gegenübergestellt, was deutlich macht, dass es grundsätzlich nicht um das Vorhaben geht.

Nach Art. 5 Abs. 7 RL 2014/24/EU wird für die Schätzung des Werts von Bauaufträgen auch der geschätzte Wert der vom Auftraggeber den Auftragnehmern zur Verfügung gestellten Lieferungen und Leistungen einbezogen, wenn sie für die Ausführung der Bauleistung erforderlich sind. Dies geht sogar klarstellend über die Formulierung des § 3 Abs. 6 VgV hinaus, indem deutlich gemacht wird, wem die Leistung zur Verfügung zu stellen ist.

Zwar fehlt an dieser Stelle der Zusatz, dass Planungs- und Bauleistungen getrennt vergeben werden können. Erwägungsgrund 8 der Richtlinie stellt aber klar, dass die Auftraggeber sowohl die getrennte als auch die gemeinsame Beauftragung von Bau- und Planungsleistungen vorsehen können.

In Art. 5 Abs. 8 RL 2014/24/EU fehlt zwar der Zusatz, dass eine Losvergabe nur für gleichartige Planungsleistungen zum Tragen komme. Jedoch macht die Differenzierung zwischen Bauvorhaben, Erbringung von Dienstleistungen und Vorhaben zur Beschaffung von Lieferungen in Art. 5 Abs. 9 RL 2014/24/EU deutlich, dass der Begriff des Vorhabens, das zur Losvergabe führen soll, nicht auftragsartübergreifend zu verstehen ist. Wenn ein Gesamtvorhaben gemeint gewesen wäre, in dessen Rahmen Bauleistungen, Dienstleistungen und Lieferungen zu beschaffen wären, wäre die Differenzierung nicht notwendig gewesen.

Streit herrscht nur über die Frage, ob verschiedene Planungsleistungen als gleichwertig anzusehen sind, sodass ihr Wert nach § 3 Abs. 7 S. 2 VgV zusammenzurechnen ist bzw. ob diese Abweichung gegenüber Art. 5 Abs. 8 RL 2014/24/EU europarechtskonform ist (EuGH NZBau 2012, 311 - Autalhalle; OLG München, Beschluss vom 13.03.2017, Verg 15/16, Rn. 60 ff. bei juris). Diese Frage ist hier nicht zu entscheiden, weil es um die Differenzierung von Bauleistungen einerseits und Planungsleistungen andererseits geht.

Nach Art. 2 Nr. 6 RL 2014/24/EU ist ein Bauauftrag ein Auftrag, der die Ausführung oder sowohl die Planung als auch die Ausführung von Bauleistungen vorsieht. Das weicht zwar im Wortlaut von der Formulierung in § 103 Abs. 3 GWB ab, wo die gleichzeitige Planung und Ausführung genannt sind. Vom Sinn und Zweck her sind die Regelungen aber gleich, denn auch in der Richtlinie wird auf den einzelnen Auftrag, nicht auf das Vorhaben abgestellt. Dieser einzelne Auftrag muss danach sowohl die Planung als auch die Ausführung umfassen. Jedenfalls kann es deshalb keine Bedeutung haben, dass der Wortlaut gegenüber Art. 1 Abs. 2 lit b RL 2004/18/EG geändert wurde, wonach es auf einen Auftrag gleichzeitig über Planung und Ausführung ankam, weil in Erwägungsgrund 4 RL 2014/24/EU klargestellt ist, dass der Anwendungsbereich der neuen Richtlinie gegenüber dem der alten Richtlinie nicht erweitert werden sollte.

4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens nach § 173 Abs. 1 S. 3 GWB sind nach §§ 175 Abs. 2, 78 GWB nach der Billigkeit zu verteilen. Es entspricht der Billigkeit, die Kosten der unterlegenen Antragstellerin aufzuerlegen. Das gilt auch für die zur Rechtsverteidigung notwendigen Kosten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen, hinsichtlich der Beigeladenen aber nur, soweit sie sich an dem Verfahren beteiligt hat. Sie hat sich an dem Beschwerdeverfahren durch Einreichung eines auf Zurückweisung der sofortigen Beschwerde gerichteten Schriftsatzes beteiligt, nicht aber an dem Verfahren nach § 173 Abs. 1 S. 3 GWB.

Der Streitwert ist nach § 50 Abs. 2 GKG auf 5 % des Bruttoauftragswerts festgesetzt worden.

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