OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.01.2021 - 13 B 55/21.NE
Fundstelle
openJur 2021, 5566
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antragsteller ist Schüler einer dritten Klasse einer Grundschule in M. .

Sein sinngemäßer Antrag,

den Vollzug von § 1 Abs. 11 Satz 1 der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 im Bereich der Betreuungsinfrastruktur (Coronabetreuungsverordnung - CoronaBetrVO) vom 7. Januar 2021 (GV. NRW. S. 22b) vorläufig auszusetzen,

hat keinen Erfolg. Er ist jedenfalls unbegründet. Die Voraussetzungen für den Erlass einer normbezogenen einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO liegen nicht vor. Nach dieser Bestimmung kann das Normenkontrollgericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zunächst die Erfolgsaussichten des in der Sache anhängigen Normenkontrollantrags, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussichten, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen nicht dringend geboten. Erweist sich dagegen der Antrag als zulässig und (voraussichtlich) begründet, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsachenentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, das Hauptsacheverfahren aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, das Normenkontrollverfahren aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2015 - 4 VR 5.14 -, juris, Rn. 12; OVG NRW, Beschluss vom 26. August 2019 - 4 B 1019/19.NE -, juris, Rn. 12; Nds. OVG, Beschluss vom 17. Februar 2020 - 2 MN 379/19 -, juris, Rn. 24, m. w. N.; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 395.

Nach dieser Maßgabe ist der Erlass einer normbezogenen einstweiligen Anordnung nicht dringend geboten, weil der in der Hauptsache noch zu erhebende Normenkontrollantrag nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung nicht offensichtlich begründet wäre (A.) und die deswegen anzustellende Folgenabwägung zu Lasten des Antragstellers ausfällt (B.).

A. Die angegriffene Regelung ist nicht offensichtlich rechtswidrig.

1. § 1 Abs. 1, 2 und 11 CoronaBetrVO ist auf § 32 Sätze 1 und 2 i. V. m. § 28 Abs. 1, § 28a Abs. 1, 3 bis 6 und § 33 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045) in der zuletzt durch Artikel 4a des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3136) geänderten Fassung gestützt. Nach § 32 Satz 1 IfSG werden die Landesregierungen ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 IfSG maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. Die Landesregierungen können gemäß § 32 Satz 2 IfSG die Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen nach Satz 1 der Vorschrift durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen. Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in § 28a Abs. 1 und in den §§ 29 bis 31 IfSG genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 IfSG kann die zuständige Behörde insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. Nach Satz 2 der Regelung kann die Behörde unter den Voraussetzungen von Satz 1 unter anderem die in § 33 IfSG genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen, zu denen auch Schulen gehören (vgl. § 33 Nr. 3 IfSG). Dies sieht auch § 28a Abs. 1 Nr. 16 IfSG als mögliche notwendige Schutzmaßnahme zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 vor.

Es bestehen keine offensichtlich durchgreifenden Bedenken dagegen, dass § 32 Sätze 1 und 2 i. V. m. § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 28a Abs. 1, 3 bis 6 IfSG eine hinreichende, dem Parlamentsvorbehalt genügende Ermächtigungsgrundlage - jedenfalls für die in den Vorschriften konkret benannten - Schutzmaßnahmen darstellt.

Vgl. insoweit eingehend zur Rechtslage seit Einfügung des § 28a IfSG durch Art. 1 Nr. 17 des Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18. November 2020 (BGBl. I S. 2397) OVG NRW, Beschluss vom 15. Dezember 2020 - 13 B 1731/20.NE -, juris, Rn. 23 ff.

Dies gilt auch für das Nutzungsverbot der Schulgebäude für schulische Nutzungen wie u. a. den Schulunterricht in der Zeit vom 11. bis 31. Januar 2021. Denn der Bundesgesetzgeber nennt in § 28 Abs. 1 Satz 2 und § 28a Abs. 1 Nr. 16 IfSG als mögliche Schutzmaßnahme Schulschließungen, was als milderes Mittel eine Umstellung auf Distanzunterricht beinhalten dürfte. Einer gesonderten Beteiligung des Landesparlaments bedarf es im Hinblick darauf nicht.

2. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen ist auch für den Erlass der in der Coronabetreuungsverordnung getroffenen Maßnahmen zuständig. Die der Landesregierung durch § 32 Satz 1 IfSG eingeräumte Verordnungskompetenz ist gemäß § 10 des Gesetzes zur Regelung besonderer Handlungsbefugnisse im Rahmen einer epidemischen Lage von nationaler oder landesweiter Tragweite und zur Festlegung der Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz (Infektionsschutz- und Befugnisgesetz - IfSBG-NRW) vom 14. April 2020 (GV. NRW. S. 218b) auf das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen übertragen. § 32 Satz 2 IfSG sieht ausdrücklich vor, dass die Landesregierungen die Ermächtigung nach Satz 1 durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen dürfen. Dies schließt gemäß Art. 80 Abs. 4 GG eine Regelung durch Landesgesetz ein.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. August 2020 - 13 B 847/20.NE -, juris, Rn. 90 ff., und vom 22. Juli 2020 - 13 B 886/20.NE -, juris, Rn. 23.

Dem steht - wie durch einige Antragsteller im vorliegenden Zusammenhang aber geltend gemacht - insbesondere nicht entgegen, dass das Ministerium außerhalb infektionsschutzrechtlicher Regelungen im Allgemeinen nicht zur näheren Ausgestaltung der Schulpflicht berufen ist. Weder § 32 Satz 2 IfSG noch höherrangiges Recht sehen eine dahin gehende Einschränkung der Gestaltungsfreiheit vor.

3. Die formellen Voraussetzungen für den Erlass einer Verordnung nach § 28a Abs. 5 IfSG sind voraussichtlich eingehalten. Danach sind Rechtsverordnungen, die nach § 32 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 und § 28a Abs. 1 IfSG erlassen werden, mit einer allgemeinen Begründung zu versehen und zeitlich zu befristen.

Die Begründungspflicht dient nach dem Willen des Gesetzgebers dazu, die wesentlichen Entscheidungsgründe für die getroffenen Maßnahmen transparent zu machen, und damit insbesondere der Verfahrensrationalität und der Legitimationssicherung. Sie soll als prozedurale Anforderung den Grundrechtsschutz durch Verfahren gewährleisten. Innerhalb der Begründung ist zu erläutern, in welcher Weise die Schutzmaßnahmen im Rahmen eines Gesamtkonzepts der Infektionsbekämpfung dienen, ohne dass insoweit eine empirische und umfassende Erläuterung geschuldet wäre. Sie ist möglichst zeitnah nach Erlass der Rechtsverordnung zu veröffentlichen. Mit der Befristungspflicht wiederum soll sichergestellt werden, dass die jeweilige Rechtsverordnung unter Berücksichtigung neuer Entwicklungen der Sars-CoV-2-Pandemie fortgeschrieben werden muss.

Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, in: BT-Drs. 19/24334, S. 81 f.

Diesen Anforderungen ist voraussichtlich Genüge getan. Die auf der Homepage des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales veröffentlichte Begründung zur Coronabetreuungsverordnung,

https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/210108_begruendung_coronabetrvo_0.pdf,

genügt bei vorläufiger Bewertung noch den vorstehenden Maßgaben. Insoweit führt auch der offensichtliche Tippfehler beim Erlassdatum der Zweiten Verordnung zur befristeten Änderung der Ausbildungs- und Prüfungsordnungen gemäß § 52 SchulG, die am 2. Oktober 2020 und nicht am 2. Januar 2020 erlassen wurde, nicht dazu, dass es der Coronabetreuungsverordnung an einer Begründung mangelt. § 28a Abs. 5 IfSG verlangt lediglich in formeller Hinsicht das Vorhandensein einer Begründung, aber nicht deren inhaltliche Richtigkeit. Die Verordnung ist zudem - wie nach den vorstehend wiedergegebenen Voraussetzungen erforderlich - befristet und tritt mit Ablauf des 31. Januar 2021 außer Kraft (§ 5 Abs. 2 CoronaBetrVO).

4. Die angegriffene Regelung dürfte auch von der Verordnungsermächtigung nach § 32 Sätze 1 und 2 i. V. m. § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 28a Abs. 1, 3 bis 6 IfSG gedeckt sein.

a. Dem steht zunächst der Wortlaut des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG nicht entgegen. Dieser Vorschrift ist nicht zu entnehmen, dass sich Maßnahmen zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten nur gegen Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider richten dürfen. Weil bei Menschenansammlungen Krankheitserreger besonders leicht übertragen werden können, stellt bereits § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG klar, dass Anordnungen auch gegenüber Veranstaltungen oder sonstigen Zusammenkünften von Menschen sowie gegenüber Gemeinschaftseinrichtungen ergehen können. Schließlich können nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG (sonstige) Dritte ("Nichtstörer") Adressat von Maßnahmen sein, beispielsweise um sie vor Ansteckung zu schützen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 - 3 C 16.11 -, juris, Rn. 26, unter Hinweis auf BT-Drs. 8/2468, S. 27; OVG NRW, Beschluss vom 30. April 2020 - 13 B 539/20.NE -, juris, Rn. 28 ff., und vom 6. April 2020 - 13 B 398/20.NE -, juris, Rn. 70 f., sowie OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 23. März 2020 - OVG 11 S 12/20 -, juris, Rn. 8.

Dies hat der Gesetzgeber nunmehr auch durch den Katalog der Maßnahmen in § 28a Abs. 1 IfSG bekräftigt, auf den § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG verweist und der die Regelbeispiele in § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 IfSG speziell für die SARS-CoV-2-Pandemie klarstellend erweitert. Nach § 28a Abs. 1 Nr. 16 IfSG gehören zu den zulässigen Maßnahmen namentlich die Schließung von Gemeinschaftseinrichtungen im Sinne von § 33 IfSG, ohne dass die diese besuchenden Personen selbst als Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider angesehen werden müssten. Die Möglichkeit zur Schließung dieser Einrichtungen ist vielmehr durch die Erwägung getragen, dass die Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 besonders leicht im Wege der Tröpfcheninfektion und über Aerosole von Mensch zu Mensch erfolgt und deshalb eine Minimierung der physischen Kontakte zwischen den Menschen geboten sein kann.

b. Der Deutsche Bundestag hat - wie in § 28a Abs. 1 IfSG vorausgesetzt - am 25. März 2020 aufgrund der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus in Deutschland eine epidemische Lage von nationaler Tragweite von unbestimmter Dauer festgestellt, deren Fortbestehen er am 18. November 2020 bestätigt hat.

Vgl. Plenarprotokoll 19/154, S. 19169C und Plenarprotokoll 19/191, S. 24109C.

c. Auch Art und Umfang der hier in Rede stehenden Beschränkungen sind nicht erkennbar ermessensfehlerhaft. Sie verletzen insbesondere nicht offensichtlich die sich aus dem durch §§ 1, 2 SchulG NRW i. V. m. Art. 8 Abs. 1 Satz 1 LV NRW und Art. 2 Abs. 1 GG jedem Kind gewährten Recht auf Erziehung und Bildung ergebenden Grenzen. Gleiches gilt in Bezug auf das elterliche Recht auf Erziehung und Bildung ihrer Kinder in der Schule gemäß Art. 8 Abs. 1 Satz 2 LV NRW und (Art. 4 Abs. 1 LV NRW i. V. m.) Art. 6 Abs. 2 GG. Beide (Grund-)Rechte begründen grundsätzlich nur einen Anspruch auf Teilhabe an den vorhandenen öffentlichen Bildungseinrichtungen und -angeboten bzw. auf Zugang zu diesen unter zumutbaren Bedingungen und stehen unter dem Vorbehalt des Möglichen, also dessen was der Einzelne vernünftiger Weise von der Gesellschaft verlangen kann. Zu einem Verschaffungsanspruch können diese Rechte nur erstarken, wenn es selbst an dem zur Erhaltung des Teilhaberechts auf Bildung notwendigen Minimum fehlt.

Vgl. bereits OVG NRW, Beschluss vom 12. Juni 2020 - 13 B 779/20.NE -, juris, Rn. 55 f., m. w. N.; siehe zudem Nds. OVG, Beschluss vom 18. Januar 2021 - 13 MN 8/21 -, juris, Rn. 37 f.; ferner dazu, dass sich Weitergehendes auch aus Völkerrecht nicht ergibt, Bay. VGH, Beschluss vom 3. Juli 2020 - 20 NE 20.1443 -, juris, Rn. 30.

Im vorliegenden Eilverfahren bedarf es letztendlich keiner abschließenden Klärung, ob die beanstandete Bestimmung aufgrund ihrer tatsächlichen Auswirkungen überhaupt einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in die Schutzbereiche dieser Teilhaberechte darstellt.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Juni 2020 - 13 B 779/20.NE -, juris, Rn. 57 f., m. w. N.

Ein hier zugunsten des Antragstellers unterstellter Eingriff wäre jedenfalls voraussichtlich gerechtfertigt. Das angegriffene Verbot der Nutzung der Schulgebäude für schulische Nutzungen wie Schulunterricht in der Zeit vom 11. bis 31. Januar 2021 verstößt voraussichtlich weder gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (aa) noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (bb).

aa. Ziel der Verordnung ist es, durch eine weitgehende Reduzierung der Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Hausstands während einer erneut eng umgrenzten Zeitspanne die Ausbreitung des Coronavirus weiterhin so einzudämmen, dass sich die bestehenden konkreten Gefahren für das Leben und die Gesundheit sowie die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems nicht realisieren.

Vgl. die amtliche Begründung zur Coronabetreuungsverordnung vom 7. Januar 2021, abrufbar unter: https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/210108_begruendung_coronabetrvo_0.pdf.

Sie dient damit in Übereinstimmung mit § 28a Abs. 3 Satz 1 IfSG einem legitimen Zweck.

Im Einzelnen hat der Verordnungsgeber zur Begründung der Verordnung ausgeführt, dass sich die Infektionszahlen im Zusammenhang mit dem Coronavirus zum Ende des Jahres 2020 besorgniserregend entwickelt und auch die bisher ergriffenen Maßnahmen nicht zu einer ausreichenden Eingrenzung des Infektionsgeschehens und vor allem einer Entlastung der medizinischen Versorgungsstrukturen geführt hätten. Bis zur 45. Kalenderwoche sei die Zahl der Infektionen mit dem Coronavirus sehr dynamisch angestiegen. In zahlreichen Gesundheitsämtern habe eine vollständige Kontaktnachverfolgung nicht mehr gewährleistet werden können, was wiederum zu einer beschleunigten Ausbreitung des Coronavirus beigetragen habe. Nach den Statistiken des Robert Koch-Instituts seien die Ansteckungsumstände im Bundesdurchschnitt in mehr als 75 Prozent der Fälle unklar gewesen. Es sei zudem zu einer hohen Auslastung der Krankenhäuser sowie der intensivmedizinischen Kapazitäten gekommen. Aus diesem Grund seien auf der Grundlage des einstimmigen Beschlusses der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Bundesländer mit der Bundeskanzlerin vom 28. Oktober 2020 Maßnahmen ergriffen worden, die zwischenzeitlich erste Wirkung gezeigt und die Entwicklung der Infektionszahlen nach einem ersten Höhepunkt zum 4. und 5. November 2020 (7-Tagesinzidenz jeweils 177,8) gebremst hätten; statt eines Rückgangs der Infektionszahlen unter die kritischen Inzidenzwerte von 100 oder gar 50 sei aber nur eine "Abflachung der Kurve" erreicht worden. Ab dem 6. Dezember 2020 sei es erneut zu einem exponentiellen Anstieg der Infektionszahlen gekommen, der seinen bisherigen Höhepunkt mit einer landesweiten Inzidenz von 200,07 am 23. Dezember 2020 erreicht habe. Viele Kommunen hätten zu diesem Zeitpunkt Inzidenzen von sehr deutlich über 200 oder gar 300 aufgewiesen. Ebenfalls alarmierend sei im Nachgang zu den Infektionszahlen auch die Zahl der Verstorbenen angestiegen: bis zu 150 Menschen seien täglich mit oder an einer Coronainfektion gestorben. Auch die Auslastung der Krankenhäuser mit Coronapatienten und die Zahl der verfügbaren intensivmedizinischen Behandlungsplätze hätten sich kritisch entwickelt. In einigen Krankenhäusern und Regionen habe bereits real eine Überlastung gedroht, wie sie bedauerlicherweise in anderen Bundesländern noch intensiver zu verzeichnen gewesen sei. Zwar sei die Anzahl insbesondere der intensivmedizinisch behandelten Fälle der von der Coronavirus-Krankheit-2019 Betroffenen weiter angestiegen, die exponentielle Anstiegskurve habe aber abgeflacht werden können. Nach übereinstimmender Einschätzung der medizinischwissenschaftlichen Fachgesellschaften, der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen und der Landesregierung sei die aktuelle Versorgungslage in den Krankenhäusern in NRW derzeit auf hohem Niveau angespannt. Ein weiterer Anstieg der Patientenzahlen in den Krankenhäusern sei unbedingt zu vermeiden, um eine Überlastung des Gesundheitswesens, insbesondere der Intensivmedizin in den Krankenhäusern zu umgehen. Die Infektionszahlen seien vielerorts und so auch in weiten Teilen Nordrhein-Westfalens weiter deutlich zu hoch, um eine Kontaktnachverfolgung zu gewährleisten. Da noch nicht das notwendige Niveau erreicht worden sei, um nachhaltig Gefahren für Leben und Gesundheit und die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems abzuwenden, seien vorerst weiterhin umfassende Schutzmaßnahmen zur flächendeckenden Reduzierung des Infektionsgeschehens notwendig.

Diese Annahmen des Verordnungsgebers sind aller Voraussicht nicht zu beanstanden. Der Verordnungsgeber darf davon ausgehen, dass die SARS-CoV-2-Pandemie in der gegenwärtigen Situation eine ernstzunehmende Gefahrensituation begründet, die staatliches Einschreiten aus den genannten Zwecken nicht nur rechtfertigt, sondern mit Blick auf die Schutzpflicht des Staates für Leib und Gesundheit der Bevölkerung auch gebietet.

Vgl. zu dieser Schutzpflicht BVerfG, Urteil vom 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82 u.a. -, juris, Rn. 69, m. w. N.

Als eine wesentliche Grundlage zur Einschätzung der Risikolage dient nach der Entscheidung des Gesetzgebers die sog. 7-Tage-Inzidenz nach Maßgabe der vom Robert Koch-Institut veröffentlichten Fallzahlen (vgl. § 28a Abs. 3 Satz 4 ff. IfSG). In diesem Zusammenhang ist es vollkommen unerheblich, dass die Zahl der Infektionen maßgeblich auf der Grundlage sog. PCR-Tests ermittelt wird, die nicht zwingend auch eine Aussage über die aktuelle Infektiosität des Getesteten im Zeitpunkt der Testung erlauben. Denn die Ergebnisse von PCR-Tests lassen unabhängig von dieser Frage auch so Rückschlüsse darauf zu, wie weit sich das SARS-CoV-2-Virus verbreitet hat und in welchem Umfang Neuinfektionen drohen.

Vgl. Bay. VerfGH, Entscheidung vom 30. Dezember 2020 - Vf. 96-VII-20 -, juris, Rn. 28.

Dem steht auch nicht entgegen, dass naturgemäß mittels PCR-Tests nicht alle erfolgten Infektionen ermittelt werden können, sondern es eine Dunkelziffer von nicht ermittelten infizierten Personen gibt.

Die Infiziertenzahlen konnten nach einem sehr starken Anstieg im Oktober durch den sog. Teil-Lockdown ab dem 1. November 2020 zunächst in ein Plateau überführt werden. Die Anzahl neuer Fälle blieb aber auf sehr hohem Niveau und ist seit Anfang Dezember wieder stärker angestiegen. Ebenfalls stark angestiegen ist die Zahl der auf den Intensivstationen behandelten Personen und der Todesfälle. Das Infektionsgeschehen ist zurzeit diffus, in vielen Fällen kann das Infektionsumfeld nicht ermittelt werden.

Vgl. Robert Koch-Institut, Risikobewertung zu COVID-19 vom 11. Dezember 2020, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html.

Die seit Anfang Dezember stark gestiegenen Infektionszahlen sind während der Feiertage zunächst zurückgegangen, um dann in der ersten Januarwoche wieder anzusteigen. Inzwischen sinken die Zahlen leicht, liegen aber weiterhin auf hohem Niveau. Aktuell sind sehr häufig ältere Personen von Infektionen betroffen. Da sie auch häufig schwere Erkrankungsverläufe erleiden, ist die Anzahl schwerer Fälle und Todesfälle weiterhin hoch.

Vgl. Robert Koch-Institut, Täglicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), Stand 21. Januar 2021, S. 2, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Jan_2021/2021-01-21-de.pdf?__blob=publicationFile.

Bereits am 9. Dezember 2020 warnte die Krankenhausgesellschaft NRW angesichts einer stark steigenden Auslastung mit schwer erkrankten COVID-19-Patienten vor einer Überlastung der Intensivstationen, wenn die Infektionszahlen nicht wieder deutlich sinken.

Vgl. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/119212/Krankenhausgesellschaft-NRW-warntvor-Engpassin-Kliniken (Stand 9. Dezember 2020).

Ende Dezember konnten nach ihren Angaben bereits einige Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen keine Patienten mehr aufnehmen. Immer wieder drohte in einzelnen Kreisen und Städten eine solche Ausnahmesituation.

Vgl. die entsprechende Pressemitteilung unter https://www.kgnw.de/aktuelles/informationen/2020_12_28_pm_kh_liquiditaet/, Stand 28. Dezember 2020.

Allein der Umstand, dass die Zahl der Intensivpatienten zuletzt wieder leicht rückläufig war, führt nicht dazu, dass die Gefahr einer Überlastung der Intensivstationen gebannt ist und der Verordnungsgeber keine Maßnahmen mehr ergreifen dürfte, um einer solchen vorzubeugen.

Zur Erreichung des durch den Verordnungsgeber in Übereinstimmung mit den Vorgaben des § 28a Abs. 3 IfSG verfolgten Ziels dürften die angefochtenen Maßnahmen bei summarischer Bewertung auch geeignet (aaa), erforderlich (bbb) und angemessen sein (ccc). Ebenso wie für die Eignung einer Maßnahme kommt dem Gesetz- bzw. im Rahmen der Ermächtigung dem Verordnungsgeber für ihre Erforderlichkeit ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zu.

Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. September 2010 - 1 BvR 1789/10 -, juris, Rn. 21; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 -, juris, Rn. 49.

Diesen hat der Verordnungsgeber nicht erkennbar überschritten.

aaa. Es ist angesichts des Hauptübertragungswegs, der respiratorischen Aufnahme virushaltiger Partikel, die beim Atmen, Husten, Sprechen, Singen oder Niesen entstehen, nicht zweifelhaft, dass Maßnahmen zur Reduzierung von zwischenmenschlichen Kontakten grundsätzlich geeignet sind, Infektionsrisiken zu reduzieren. Hierzu trägt auch ein Nutzungsverbot für Schulgebäude bei. Es bewirkt, dass Unterricht nur noch als Distanzunterricht stattfindet und die für den Präsenzunterricht typischen zwischenmenschlichen Kontakte vermieden werden. In Schulen kommt es zu Begegnungen größerer Gruppen von Schülern über lange Zeiträume in Innenräumen. Risikoerhöhend tritt hinzu, dass es im Normalbetrieb in Klassenzimmern aufgrund begrenzter räumlicher Kapazitäten üblicherweise zu physischen Nahkontakten zwischen den Schülern kommt und vor allem bei Wortbeiträgen vermehrt potentiell virushaltige Aerosole in die Umgebungsluft abgegeben werden können.

Vgl. bereits OVG NRW, Beschluss vom 12. Juni 2020 - 13 B 779/20.NE -, juris, Rn. 80.

Auch wenn es sich jeweils um feste Lerngruppen handelt, besteht das Risiko, andere Mitglieder dieser Gruppe anzustecken, die das Virus dann in ihr privates Umfeld weitertragen können. Dabei kann es dahinstehen, in welchem Umfang Kinder - und in der Folge auch der Schulbetrieb - einen Beitrag zur Verbreitung leisten. Die wissenschaftlichen Studien sind hierzu uneinheitlich und weichen in der Bewertung ab. Nicht endgültig geklärt ist insbesondere, ob jedenfalls jüngere Kinder im Alter von null bis elf Jahren ein geringeres Risiko haben, sich mit dem SARS-CoV-2-Virus zu infizieren und andere anzustecken als Erwachsene oder ältere Kinder. Hierauf deuten u. a. die Daten hin, die das European Centre for Disease and Prevention Control (ECDC) einer Studie zu Schulschließungen zugrunde gelegt hat. Die richtige Interpretation dieser Daten ist jedoch schwierig, weil ein geringerer Anteil von Angehörigen dieser Altersgruppe an den festgestellten Infektionen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung auch der allgemeinen Teststrategie sowie der Tatsache geschuldet sein kann, dass Kinder seltener schwerer erkranken und deswegen seltener getestet werden. Ferner könnte in Betracht kommen, dass die geringeren Anteile der jüngeren Kinder an den bestätigten Infektionen darauf zurückzuführen sind, dass die Daten aus Zeiten stammen, in denen die Schulen geschlossen waren und deswegen Kinder im Durchschnitt weniger soziale Interaktionen als Erwachsene hatten.

Vgl. ECDC, COVID-19 in children and the role of school settings in transmission - first update, S. 7, Stand 23. Dezember 2020, abrufbar unter https://www.ecdc.europa.eu/sites/default/files/documents/COVID-19-inchildrenandtheroleofschoolsettingsintransmissionfirstupdate_1.pdf; siehe auch S. 1 dazu, dass es - noch nicht näher validierte - Hinweise dafür gibt, dass Kinder für Ansteckungen mit der im Vereinigten Königreich verbreiteten und auch im Bundesgebiet bereits vereinzelt festgestellten Virusvariante B1.1.7 empfänglicher sein könnten.

Jedenfalls besteht kein Zweifel daran, dass sich auch jüngere Kinder mit dem Virus infizieren können.

Vgl. zu den altersspezifischen Fallzahlen und 7-Tage-Inzidenzen, Robert Koch-Institut, COVID-19-Fälle nach Altersgruppe und Meldewoche, Stand 19. Januar 2021, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Altersverteilung.html.

Für die Geeignetheit der Umstellung des Schulunterrichts auf Distanzunterricht zur Eindämmung der Pandemie ist nicht erforderlich, dass es sich bei Schulen bekanntermaßen um "Hotspots" oder "Treiber der Pandemie" handelt. Denn der Verordnungsgeber ist in seinen Maßnahmen nicht darauf beschränkt, nur Aktivitäten zu untersagen, die in der Vergangenheit bereits als typische Treiber der Pandemie identifiziert wurden. Im Hinblick auf das derzeitige diffuse Infektionsgeschehen ist nicht zu beanstanden, dass er bezweckt, die Pandemie durch eine allgemeine Reduzierung von Kontakten und ein weitgehendes "Herunterfahren" des öffentlichen Lebens einzudämmen. Dass auch Schulen am Infektionsgeschehen teilnehmen, ist indes nicht fraglich.

Vgl. z. B. zu den Infiziertenzahlen unter Schülern und Lehrern in der 50. Kalenderwoche des Jahres 2020 die nach Ländern sortierte Aufstellung der Kultusministerkonferenz: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/Statistik/Covid-19-50_AW.pdf.

Hiervon sind auch Grundschulen nicht ausgenommen. Infektionen - auch sog. Clusterbildungen - wurden bei der oben bezeichneten Studie des ECDC in ausgewählten europäischen Ländern in Schulen aller Schulformen festgestellt. In dieser Studie kommt das ECDC zu dem Ergebnis, dass Schulschließungen einen Beitrag zur Reduzierung von Neuinfektionen leisten. Wie hoch genau dieser im Verhältnis zu anderen parallel ergriffenen nichtpharmazeutischen Interventionen ist, sei jedoch schwer zu bemessen.

Vgl. ECDC, COVID-19 in children and the role of school settings in transmissionfirst update, S. 20, Stand 23. Dezember 2020, abrufbar unter https://www.ecdc.europa.eu/sites/default/files/documents/COVID-19-inchildrenandtheroleofschoolsettingsintransmissionfirstupdate_1.pdf.

Auch wenn die Effizienz von Schulschließungen (die in epidemiologischer Hinsicht einer Umstellung auf Distanzunterricht gleichkommen) in der Wissenschaft umstritten ist und vorliegende Studien selbst auf Unsicherheiten und Interpretationsspielräume verweisen, verletzt der Verordnungsgeber seinen Einschätzungsspielraum grundsätzlich nicht dadurch, dass er bei mehreren vertretbaren Auffassungen einer den Vorzug gibt, solange er dabei nicht feststehende, hiermit nicht vereinbare Tatsachen ignoriert.

Vgl. so schon den Senatsbeschluss vom 12. Juni 2020 - 13 B 779/20.NE -, juris, Rn. 68 f., m. w. N.

Letzteres ist hier weder überzeugend dargetan noch sonst ersichtlich.

bbb. Die Umstellung des Unterrichts auf Distanzunterricht dürfte auch zur Eindämmung der Pandemie erforderlich sein. Dem Verordnungsgeber ist wegen der Fragilität der Lage und wegen der fortbestehenden tatsächlichen Ungewissheiten eine Einschätzungsprärogative im Hinblick auf das gewählte Mittel einzuräumen, soweit und solange sich nicht andere Maßnahmen eindeutig als gleich geeignet und weniger belastend darstellen.

Vgl. schon Senatsbeschluss vom 12. Juni 2020 - 13 B 779/20.NE -, juris, Rn. 70 f., m. w. N.

Dies ist nicht der Fall. Ein gezielter Schutz von Risikogruppen, etwa durch besondere Sicherheitsmaßnahmen in Alten- und Pflegeheimen, kann Maßnahmen zur generellen Eindämmung des Infektionsgeschehens wohl allenfalls in sinnvoller Weise ergänzen, aber nicht vollständig ersetzen. Ein solcher Ansatz dürfte bereits daran scheitern, dass nach gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnissen eine Vielzahl von Risikogruppen bzw. Risikofaktoren bestehen und sich der betroffene Personenkreis nicht auf die Bewohner von Alten- und Pflegeheimen eingrenzen lässt. Eine generelle Festlegung zur Einstufung in eine Risikogruppe ist nicht möglich. Schwere Verläufe können außerdem auch bei Personen ohne bekannte Vorerkrankung und bei jüngeren Patienten auftreten.

Vgl. Robert Koch-Institut, Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19, Stand: 8. Januar 2021, Ziffer 15: Risikogruppen für schwere Verläufe, abrufbar unter:

https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html;jsessionid=4CB83F61B27B3A1C67533075C6B428B9.internet091?nn=13490888#doc13776792bodyText15.

Nichts anderes gilt für die Erwägung, die Anzahl von Intensivbetten zu erhöhen. Dieser Ansatz geht daran vorbei, dass eine Ausweitung der Intensivkapazitäten auch entsprechende personelle Ressourcen erfordert. Die dadurch gebildeten Kapazitätsgrenzen lassen sich jedenfalls kurzfristig nicht überwinden. Im Übrigen verhinderte eine Erhöhung der Intensivbettenzahl noch nicht zwangsläufig, dass Infizierte keine schweren Krankheitsverläufe mit eventuellen Spätschäden entwickeln oder versterben. Nach den Daten des Robert-Koch-Instituts versterben gegenwärtig rund 28 % aller intensivmedizinisch behandelten Patienten.

Vgl. Robert Koch-Institut, Täglicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), Stand 21. Januar 2021, S. 1, abrufbar unter:

https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Jan_2021/2021-01-21-de.pdf?__blob=publicationFile.

Eine Schließung von Schulen in Abhängigkeit von bestimmten Schulformen und Altersgruppen/Klassenstufen ist ebenfalls kein gleich geeignetes Mittel im Vergleich zum Distanzunterricht in allen Schulen aller Schulformen. Denn auch Grundschulen nehmen - wie oben ausgeführt - am Infektionsgeschehen teil. Auch dynamische Regelungen in Abhängigkeit von den örtlichen Gegebenheiten und dortigen Inzidenzen sind ebenfalls nicht gleich geeignet. Eine solche Vorgehensweise ließe unberücksichtigt, dass die epidemische Lage weiterhin durch eine dynamische Entwicklung und erhebliche Unsicherheiten geprägt ist, sodass die Einschätzung des Verordnungsgebers über das weiterhin bestehende Erfordernis einer landesweiten Regelung im Schulbereich nicht zu beanstanden sein dürfte,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Juni 2020 - 13 B 779/20.NE -, juris, Rn. 84,

zumal es in Nordrhein-Westfalen - mit Ausnahme von Münster - derzeit keine kreisfreien Städte oder Landkreise mit einer Inzidenz unter 50 gibt.

Vgl. Robert Koch-Institut, Täglicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), Stand 21. Januar 2021, S. 3, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Jan_2021/2021-01-21-de.pdf?__blob=publicationFile.

In einer solchen Lage ist von Gesetzes wegen ausdrücklich vorgesehen, dass landesweit abgestimmte umfassende Schutzmaßnahmen anzustreben sind (vgl. § 28a Abs. 3 Sätze 2, 5 und 10 IfSG).

Auch sind weder eine bloße Aufhebung der Präsenzpflicht, noch die Einführung eines Stufenmodells oder eine Mischform aus Distanz- und Präsenzunterricht genauso effektiv wie eine Umstellung des Schulunterrichts auf Distanzunterricht insgesamt. Ebenso wenig erreichen verschärfte Hygiene- und Sicherungskonzepte in den Schulen das gleiche Schutzniveau wie die (zeitweise) Umstellung des Unterrichts auf Distanzunterricht.

ccc. Ausgehend hiervon steht der beabsichtigte Verordnungszweck nicht außer Verhältnis zu der Schwere des - unterstellten - Eingriffs. Zwar kann nicht übersehen werden, dass die Umstellung auf Distanzunterricht - auch im Hinblick auf den bereits im Frühjahr des letzten Jahres über einen längeren Zeitraum nicht erteilten Präsenzunterricht - zum Teil gravierende soziale, psychische und auch ökonomische Folgen für Schüler und Eltern haben kann. Die geltend gemachten - auch völkerrechtlich geschützten - Rechte auf Teilhabe und angemessene Förderung gelten aber nicht uneingeschränkt. Im Hinblick auf die genannten negativen Folgen ist zu berücksichtigen, dass diese zumindest in Teilen durch digitale oder analoge Unterrichts- und Lernangebote abgefedert werden, auch wenn das "Lernen auf Distanz" gerade bei jüngeren Schülern kein vollwertiges Äquivalent zu einem Präsenzunterricht darstellt. Im Übrigen ist es - auch unter Berücksichtigung des besonderen Bildungsauftrags von Grundschulen - nicht zu beanstanden, wenn der Verordnungsgeber im Rahmen des ihm zustehenden Einschätzungs- und Prognosespielraums dem ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Gesundheitsschutz der Bevölkerung (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) im Hinblick auf die gravierenden und teils irreversiblen Folgen, die eine unkontrollierte Virusverbreitung für Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen hätte, den Vorrang einräumt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Verordnungsgeber zunächst mit dem sog. Teillockdown ab Anfang November 2020,

vgl. Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vom 30. Oktober 2020 (GV. NRW. S. 1044b),

anderen Maßnahmen den Vorzug gegeben und versucht hat, durch starke Einschränkungen in anderen Bereichen eine Eindämmung der Infektionstätigkeit zu erreichen, um den normalen Schulbetrieb aufrechterhalten zu können.

Vgl. auch die Begründung zur Nachfolgeverordnung vom 30. November 2020 (GV. NRW. S. 1060a), S. 2, abrufbar unter

https://www.land.nrw/sites/default/files/asset/document/201207_begrundung_coronaschvo_vom_30.11.2020.pdf.

Erst als sich gezeigt hat, dass sich die Infektionstätigkeit dadurch nicht in der erhofften Weise eindämmen ließ, hat er neben weiteren Verschärfungen auch die (zeitweise) Umstellung auf Distanzunterricht eingeführt. Die Maßnahmen werden durch die Möglichkeit einer Vor-Ort-Betreuung abgemildert, die sowohl von Schülerinnen und Schülern mit besonderem Betreuungsbedarf in Anspruch genommen werden kann, als auch bei Vorliegen bestimmter sozialer Kriterien wie einer Kindeswohlgefährdung eingreift, vgl. § 1 Abs. 9 i. V. m. § 3 Abs. 1 sowie § 1 Abs. 10 CoronaBetrVO. Auch wird die Anzahl der Eltern zustehenden Kinderkrankentage verdoppelt, um eine Betreuung der Schüler durch ihre Eltern in Zeiten des Distanzunterrichts zu ermöglichen.

Vgl. https://www.bundesrat.de/DE/plenum/bundesratkompakt/21/999sosi/01.html.

Der Verhältnismäßigkeit der Umstellung auf Distanzunterricht in allen Schulformen in Nordrhein-Westfalen steht auch nicht entgegen, dass das Land Niedersachsen für jüngere Schüler zwischenzeitlich eine andere Lösung gefunden hat.

Vgl. https://www.mk.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/verlangerungdermassnahmeninkitaundschulebis-14-02-2021-dreiviertelallerschulerinnenundschulerimdistanzlernengeteiltelerngruppeningrundschulenundabschlussklassenbeiaufhebungderprasenzpflichthalbekitagruppenfurnotbetreuung-196349.html

Gleiches gilt für den Inhalt des Bund-Länder-Beschlusses vom 5. Januar 2021,

abrufbar unter

https://www.bundesregierung.de/resource/blob/975226/1834306/75346aa9bba1050fec8025b18a4bb1a3/2021-01-05-beschlussmpkdata.pdf?download=1.

Ungeachtet des Umstands, dass der Beurteilungs- und Prognosespielraum des Landes Nordrhein-Westfalen nicht in einer Weise beschränkt ist, dass über den Inhalt der Bund-Länder-Beschlüsse hinausgehende Maßnahmen nicht ergriffen werden dürfen,

vgl. bereits OVG NRW, Beschluss vom 23. Dezember 2020 - 13 B 1983/20.NE -, juris, Rn. 65,

hält sich die Umstellung auf Distanzunterricht in dem durch den o. g. Beschluss gesteckten Rahmen. Danach werden die von den Ländern ergriffenen Maßnahmen im Bereich der Schulen entsprechend dem Beschluss vom 13. Dezember 2020 bis Ende Januar 2021 verlängert werden. Der Beschluss vom 13. Dezember 2020,

abrufbar unter https://www.bundesregierung.de/resource/blob/997532/1827366/69441fb68435a7199b3d3a89bff2c0e6/2020-12-13-beschlussmpkdata.pdf,

sieht als in den Schulen zu ergreifende Maßnahmen Schulschließungen oder eine Aussetzung der Präsenzpflicht vor. Im Rahmen dieser Vorgaben liegt auch die Umstellung auf Distanzunterricht. Allein der Umstand, dass das Land Nordrhein-Westfalen sich im Dezember zunächst für eine Aussetzung der Präsenzpflicht entschieden hat, hindert es nicht, nunmehr Distanzunterricht vorzusehen. Insoweit ist mit dem Begriff der Verlängerung der Maßnahmen im Bund-Länder-Beschluss vom 5. Januar 2021 ersichtlich gemeint, dass in Schulen die im Beschluss vom 13. Dezember 2020 genannten Einschränkungen - gleich welcher Art - gelten sollen.

bb. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dürfte ebenfalls nicht vorliegen. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 2012 - 1 BvL 14/07 -, juris, Rn. 40.

Er verwehrt dem Normgeber nicht jegliche Differenzierungen. Diese bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris, Rn. 64.

Sachgründe können sich im vorliegenden Regelungszusammenhang aus dem infektionsrechtlichen Gefahrengrad der Tätigkeit, aber voraussichtlich auch aus ihrer Relevanz für das öffentliche Leben ergeben.

Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 14. Mai 2020 - 13 MN 156/20 -, juris, Rn. 36.

In Anwendung dieses Maßstabs drängt sich ein Gleichheitsverstoß des Verordnungsgebers nicht auf. Dieser ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass gemäß § 1 Abs. 11 Satz 6 CoronaBetrVO die oberen Schulaufsichtsbehörden im Einzelfall Ausnahmen vom Verbot der schulischen Nutzung von Schulgebäuden insbesondere für Abschlussklassen oder für die Erbringung von Leistungsnachweisen zulassen können. Insoweit sind Abschlussklassen mit vierten Jahrgängen einer Grundschule nicht vergleichbar, weil Grundschüler ihre Schullaufbahn nach Beendigung der Grundschule fortsetzen. Die Zeugnisse haben deswegen für ihre weitere Laufbahn nicht die Bedeutung wie Zeugnisse der Schüler von Abschlussklassen. Auch besteht die Möglichkeit, dass versäumter Unterrichtsstoff noch im Verlauf der weiteren Schullaufbahn nachgeholt wird.

Auch dass der Verordnungsgeber sich nicht für einen kompletten Lockdown entschieden hat, sondern eine wirtschaftliche Betätigung (in vielen Bereichen) weiter möglich ist, stellt voraussichtlich keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dar. Der Verordnungsgeber darf im Rahmen des von ihm verfolgten Regelungskonzepts auch die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der in Betracht kommenden Maßnahmen in seine Entscheidung einfließen lassen (vgl. § 28a Abs. 6 Satz 2 IfSG).

Vgl. hierzu auch bereits OVG NRW, Beschluss vom 30. Dezember 2020 - 13 B 1787/20.NE -, juris, Rn. 124.

B. Soweit die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nach den vorstehenden Erwägungen noch nicht in Gänze beurteilt werden können und eine ergänzende Folgenabwägung vorzunehmen ist, geht diese zu Lasten des Antragstellers aus. Die ihm durch den Distanzunterricht entstehenden schwerwiegenden Nachteile müssen hinter den Schutz von Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen zurücktreten. Angesichts der nach wie vor hohen Zahl der Neuinfektionen und der vor diesem Hintergrund ohne eine umfassende Eindämmung des aktuellen Infektionsgeschehens weiterhin drohenden Überlastung der (intensiv)medizinischen Behandlungskapazitäten fallen die zu erwartenden Folgen einer Außervollzugsetzung der angegriffenen Norm im Ergebnis schwerer ins Gewicht als die Folgen ihres einstweilig weiteren Vollzugs.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Der Antrag zielt inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, sodass eine Reduzierung des Auffangstreitwerts für das Eilverfahren nicht veranlasst ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).