LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 20.10.2020 - 2 Sa 61/20
Fundstelle
openJur 2021, 5361
  • Rkr:

1. Die Festlegung unterschiedlich hoher Zuschläge für Nacharbeit, die außerhalb von Schichten erbracht wird (50 %), und Schichtarbeit, die während der Nachtzeit geleistet wird (25 %), im Manteltarifvertrag der obst- und gemüseverarbeitenden Industrie in Mecklenburg Vorpommern vom 02.06.2009 verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

2. Es besteht ein sachlicher Grund für diese Differenzierung, so dass die Tarifvertragsparteien den ihnen bei ihrer Normsetzung zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten haben.

3. Für die Eingruppierung nach dem Entgeltrahmentarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der obst- und gemüseverarbeitenden Industrie in Mecklenburg-Vorpommern ist nicht die Berufsbezeichnung, sondern sind die Art der verrichteten Tätigkeit und die an den Arbeitnehmer gestellten Anforderungen maßgebend.

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund - Kammern Neubrandenburg- vom 22.01.2020 zum Aktenzeichen 11 Ca 251/19 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird wegen des Streits über die Höhe der Nachtschichtzuschläge zugelassen; im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um tarifliche Zuschläge für nachts im Zeitraum von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr geleistete Arbeit nach dem Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der obst- und gemüseverarbeitenden Industrie in Mecklenburg-Vorpommern vom 2.6.2009 (im Folgenden: MTV) sowie Eingruppierung.

Die im April 1965 geborene Klägerin ist gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag (Bl. 5 ff. d. A.) bei der Beklagten ab dem 23.9.1996 als Produktionsmitarbeiterin im Betrieb in B-Stadt, in welchem Kartoffelprodukte und Snackpots hergestellt werden, beschäftigt. Der Arbeitsvertrag lautet unter anderem:

„3. Arbeitsentgelt

Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit unter gleichzeitiger Einstufung in die Bewertungsgruppe 3 des für die P. GmbH jeweils geltenden Tarifvertrages von brutto

        DM

2231,00

_insgesamtdavon DM



_Tarifentgeltzuzügl.DM



_freiwillige Zulage

In Worten Zweitausendzweihunderteinunddreißig Deutsche Mark.

...

13. Sonstiges

Im Übrigen sind

- die im Betrieb geltenden Tarifverträge- die Betriebsvereinbarungen und Betriebsordnungen der P. GmbH B-Stadt- und das Merkblatt der Arbeitsordnung

Bestandteil dieses Anstellungsvertrages.“

Die Klägerin hat die Ausbildung als Facharbeiterin für die Be- und Verarbeitung pflanzlicher Produkte am 28.6.1985 erfolgreich abgeschlossen. Gemäß Bescheinigung der IHK N. vom 30.4.2019 steht dieser Facharbeiterabschluss gemäß Art. 37 Abs. 3 Einigungsvertrag dem Prüfungszeugnis für die Abschlussprüfung im anerkannten Ausbildungsberuf Fachkraft für Lebensmitteltechnik gleich. Die Klägerin erhielt unter dem 28.1.2012 eine Bescheinigung über die Teilnahme an einem Strahlenschutzkurs zum Erwerb der Fachkunde R3 (Bl. 201 d. A.). Sie verfügt zudem über eine Teilnahmebescheinigung an der eintägigen Schulung zur elektrotechnisch unterwiesenen Person zum Betätigen von Stellgliedern gemäß § 4 Abs. 6 der DGUV Vorschrift 3.

Die Klägerin wird in der Regel im Schichtbetrieb eingesetzt. Die dabei geleistete Nachtarbeit erhält sie mit einem Zuschlag von 25 % des Bruttostundenlohnes vergütet. Für die Monate ab Dezember 2018 bis Mai 2019 hat die Klägerin mit Schreiben vom 27.3.2019, 18.5.2019, 11.6.2019 und 4.7.2019 unter Berufung auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum Aktenzeichen 10 AZR 34/17 vom 21.3.2018 eine Nachtschichtzulage in Höhe von 50 % geltend gemacht und die Nachzahlung weiterer 25 % gefordert; für Dezember 2018 in Höhe von 121,36 €, für Januar 2019 in Höhe von 212,38 €, für Februar 2019 ebenfalls in Höhe von 212,38 €, für März 2019 in Höhe von 92,71 €, für April 2019 in Höhe von 61,80 €, für Mai 2019 in Höhe von 216,30 € brutto.

Der MTV lautet auszugsweise:

„...

§ 3 Arbeitszeit

...(3) Zusätzliche Regelungen zur Arbeitszeit

a) ...b) In Betrieben, in denen im Zwei- bzw. Drei-Schicht-System gearbeitet wird, muss den Arbeitnehmern, die aus betrieblichen Gründen wegen des Fortgangs der Arbeit die festgesetzten Pausenzeiten nicht wahrnehmen können, eine bezahlte Essenspause von 30 Minuten innerhalb der Arbeitszeit gewährt werden.

§ 4 Schichtfreizeit

Arbeitnehmer, die ständig im Drei-Schicht-Wechsel arbeiten, erhalten für je 25 geleistete Nachtschichten in diesem System eine Freischicht.

Arbeitnehmer, die im Zwei-Schicht-Wechsel arbeiten, erhalten nach diesem System für je 60 geleistete Spätschichten eine Freischicht.

Wechselschichtarbeit liegt vor, wenn ein regelmäßiger Wechsel des Schichtbeginns und damit der zeitlichen Lage der Schicht erfolgt und die Spätschicht mindestens bis 22 Uhr dauert.

§ 5 Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit

(1) Begriffsbestimmung

Zuschlagspflichtige Mehrarbeit ist die über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit (§ 3 Abs. 1 MTV) hinausgehende Arbeitszeit....

Nachtarbeit ist die in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr geleistete Arbeit.

...(2) Zuschläge

Für Mehr-, Nacht-, Schichtarbeit sowie Sonn- und Feiertagsarbeit sind folgende Zuschläge zu zahlen:

- Mehrarbeit (§ 5 Abs. 1 MTV)25 %- Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit50 %- Schichtarbeit während der Nachtzeit (22 Uhr - 6 Uhr) 25 %- Sonntagsarbeit50 %- Arbeit an gesetzlichen Feiertagen160 %

(3) Berechnung der Zuschläge

...Beim Zusammentreffen mehrerer Zuschläge ist nur der jeweils höhere zu zahlen. Hiervon ausgenommen ist der Zuschlag für Nachtarbeit außerhalb eines Zwei- bzw. Drei-Schicht-Wechsels, dieser tritt jeweils zu den anderen Zuschlägen hinzu....

§ 12 Ausschlussfrist

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind innerhalb einer Frist von drei Monaten seit ihrer Entstehung schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen. Nach Ablauf der Frist ist die Geltendmachung von Ansprüchen ausgeschlossen.

Die Ausschlussfrist für Ansprüche aus diesem Tarifvertrag läuft nur, wenn der Arbeitgeber den Tarifvertrag an geeigneter Stelle im Betrieb bekannt gemacht hat (§ 8 TVG).“

Mit Schreiben vom 18.5.2019 und 4.6.2019 hat die Klägerin Entgeltansprüche nach Bewertungsgruppe 6 des Entgeltrahmentarifvertrages für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der obst- und gemüseverarbeitenden Industrie in Mecklenburg-Vorpommern (im Folgenden: ERTV) ab Januar 2019 bis einschließlich Mai 2019 geltend gemacht.

Der ERTV lautet auszugsweise:

㤠2Allgemeiner Grundsatz

1. Die Ein- und Umgruppierung der Arbeitnehmer erfolgt unter Berücksichtigung der nachstehend aufgeführten Grundsätze.

2. Dieser Tarifvertrag enthält die Merkmale für die Bewertungsgruppen sowie Beispiele für typische Tätigkeiten der jeweiligen Bewertungsgruppe. Die aufgeführten Beispiele sind Richtbeispiele und dienen der Erläuterung. Sie sind kein abschließender Katalog.

Maßgebend für die Ein- und Umgruppierung sind die Bewertungsgruppenmerkmale. Die Tätigkeitsbeispiele begründen nur in Verbindung mit den Bewertungsgruppenmerkmalen einen Anspruch auf entsprechende Einstufung.

§ 3Grundsätze der Ein- und Umgruppierung

Die Eingruppierung in eine Bewertungsgruppe richtet sich nach der vom Arbeitnehmer während des ganzen Jahres überwiegend ausgeübten Tätigkeit.

Bei der Eingruppierung in die Bewertungsgruppe ist nicht die Berufsbezeichnung, sondern die Art der verrichteten Tätigkeit und die Anforderungen an den Arbeitnehmer maßgebend. In den Merkmalen der Bewertungsgruppen sind Können, Verantwortung und Belastung berücksichtigt, auch soweit nicht ausdrücklich erwähnt.

Die Eingruppierung bzw. Umgruppierung erfolgt durch den Arbeitgeber unter Mitbestimmung des Betriebsrates nach den Bestimmungen des Betriebsverfas-sungsgesetzes (§§ 99 ff BetrVG)....

§ 4Berufsausbildung

Soweit für die Eingruppierung in die Bewertungsgruppen u. a. die Berufsausbildung von Bedeutung ist, gilt folgendes:

Eine abgeschlossene einschlägige Berufsausbildung im Sinne der Bewertungsgruppen 6 bis 13 liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer nachweislich einen von den Kultusministerien, den Berufsgruppen oder -verbänden, den Industrie- und Handelskammern oder Handwerkskammern vorgesehenen Berufsbildungsweg im schulischen oder praktischen Bereich mit einer erfolgreich abgelegten Abschlussprüfung beendet hat.

... Darüber hinaus können auch nachweislich mit Erfolg besuchte betriebliche und außerbetriebliche Kurse, die der Umschulung oder Fortbildung dienen, als Berufsausbildung betrachtet werden, soweit diese von Institutionen durchgeführt werden, die von Seiten der Wirtschaft oder der öffentlichen Hand anerkannt sind.

Soweit die Merkmale einer Bewertungsgruppe einen bestimmten beruflichen Ausbildungsgang ansprechen, ein Arbeitnehmer diesen aber nicht durchlaufen hat, ist er doch in diese Bewertungsgruppe einzugruppieren, wenn seine übertragenen und aufgeführten Tätigkeiten die Anforderungen dieser Bewertungsgruppe erfüllen.

Andererseits begründet ein bestimmter Ausbildungsgang für sich allein keinen Anspruch auf Eingruppierung in eine bestimmte Bewertungsgruppe.

§ 5Bewertungsgruppen mit Gruppenmerkmalen

Prozentraster

Bewertungsgruppe                     1 75 %

Ausführen von einfachen mechanischen oder schematischen Tätigkeiten, die eine Einweisung erfordern.

Bewertungsgruppe                    2 80 %

Ausführen von mechanischen oder schematischen Tätigkeiten, die eine Einweisung und Übung erfordern.

Bewertungsgruppe                    3 85 %

Ausführen von Tätigkeiten, für die Kenntnisse und Fertigkeiten durch Einarbeitung erworben werden.

Bewertungsgruppe                    4 90 %

Ausführen von Tätigkeiten, die über die Anforderungen der Bewertungsgruppe 3 hinausgehen und ein Anlernen, Übung und Erfahrung voraussetzen.

Bewertungsgruppe                    5 95 %

Ausführen von Tätigkeiten, die fachliche Kenntnisse und Erfahrungen voraussetzen, die in einem besonderen Ausbildungsgang erworben werden. Anderweitig erworbene Kenntnisse und Erfahrungen werden gleichgestellt, wenn gleiche fachliche Befähigung vorhanden ist. Diese Tätigkeiten erstellen in Teilbereichen fachliche Aufgaben der Bewertungsgruppe 6 dar.

Bewertungsgruppe 6                  100 %

Ausführen von Tätigkeiten, für die Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind, die in der Regel in einer abgeschlossenen einschlägigen Berufsausbildung erworben werden. Anderweitig erworbene Kenntnisse und Erfahrungen werden gleichgestellt, wenn aufgrund entsprechender betrieblicher Praxis eine gleichwertige fachliche Befähigung wie nach einer abgeschlossenen einschlägigen Berufsausbildung vorhanden ist....“

In der Protokollnotiz zum Tarifvertrag über die Grundlagen der Arbeitsentgeltregelung (ERTV) für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der obst-und gemüseverarbeitenden Industrie sowie Essig- und Senfindustrie in Mecklenburg-Vorpommern (Bl. 157 ff. d. A.) sind zur Erleichterung der Arbeit der Betriebsparteien für die jeweiligen Bewertungsgruppen Tätigkeitsbeispiele genannt. Diese lauten auszugsweise:

„Bewertungsgruppe 5

- Kraftfahrer- Pförtner mit einem über die Anforderungen der Bewertungsgruppe 4 hinausgehenden zusätzlichen Aufgabengebiet- Fahren von Gabelstaplern mit weitergehenden Anforderungen als in der Bewertungs- gruppe 4 (z. B. Schubmaststapler)- Führen von Schlauchbeutel- und Tiefziehmaschine- Über die Anforderungen von Bewertungsgruppe 4 hinausgehendes Überwachen von Blanchiervorgängen- Bedienen von besonders komplizierten Maschinen im Produktionsbereich, das eine Anlernzeit von mehr als 6 Monaten erfordert- Linien- und Qualitätskontrolle- Kommissionieren in Kühlhäusern- Abstechen von Weinen- Labortätigkeiten- Stenotypistin- Einfache Tätigkeiten in Expedition, Lager, Ein- und Verkauf, Buchhaltung

Bewertungsgruppe 6

- Facharbeiter, Handwerker, Fachkraft für Lebensmitteltechnik, die als solche eingesetzt werden- Kraftfahrer mit Fahrerlaubnis der Klasse 2, die regelmäßig im Fernverkehr auf Fahr-zeugen mit Hängern oder Aufliegern mit 2 oder mehr Achsen eingesetzt werden- Geprüfte Heizer- Führen von Produktionsanlagen mit höheren Anforderungen als in Bewertungsgruppe 5- Verkaufsfahrer- Operator- Laboranten- Tätigkeiten in Expedition, Lager, Magazin, Ein- und Verkauf, Buchhaltung- Bearbeiten von Schriftwechseln an Datensichtgeräten unter Einsatz eines Textver-arbeitungsprogramms- Nachwuchsreisende- Anfertigen von technischen Zeichnungen- Krankenschwestern „

Mit der Beklagten am 19.7.2019 zugestellter Klage macht die Klägerin Differenzzuschläge in Höhe von 25 % wegen Nachtarbeit für den Zeitraum Dezember 2018 bis Mai 2019 geltend mit der Begründung, nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21.3.2018 zum Aktenzeichen 10 und AZR 34/17 sei eine unterschiedlich hohe Vergütung von Nachtarbeit gleichheitswidrig, weil Nachtarbeit innerhalb von Schichtarbeit und außerhalb von Schichtarbeit grundsätzlich gesundheitsschädlich sei und eine Differenzierung keine Rechtfertigung finde. Die im MTV vorgesehene Differenzierung zur Zahlung von Zuschlägen für Nachtarbeit bei Schichteinsätzen in Höhe von 25 % und außerhalb von Schichten in Höhe von 50 % sei unzulässig und beeinträchtige sie in ihrem Anspruch auf Gleichbehandlung. Der Einsatz von Arbeitnehmern in Schichten führe zu enormen Belastungen. Es sei unverständlich, aus welchem Grund die Nachtzuschläge für diese Arbeitnehmer geringer ausfallen als für Arbeitnehmer, die nur ausnahmsweise für Nachtarbeit zum Einsatz gelangen. Soweit Nachtschichtfreizeiten für Schichtarbeitnehmer vorgesehen seien, dienten diese der Reproduktion der Arbeitskraft und könnten nicht als eine Zuschlagserhöhung von 4 %, also von 25 % auf 29 % gewertet werden.

Die Klägerin hat zudem auf das Urteil des Arbeitsgerichtes Eberswalde vom 12. September 2019 zum Aktenzeichen 1 Ca 369/19 verwiesen und die Auffassung vertreten, die Beklagte könne sich zur Ablehnung der Ansprüche nicht auf ein Gutachten zweier ehemaliger Richter des Bundesarbeitsgerichts stützen. Maßgebend sei vielmehr die aktuelle Rechtsprechung und die Bewertung des konkreten Sachverhalts.

Die Klägerin hat vorgetragen, ihre Tätigkeit sei rückwirkend ab Januar 2019 tariflich in die Bewertungsgruppe 6 des ERTV einzugruppieren. Da sie über den Berufsabschluss Fachkraft für Lebensmitteltechnik verfüge, habe spätestens ab dem Monat Mai 2019 Anspruch auf die tarifliche Eingruppierung in die B6 des ERTV bestanden. Ihre Tätigkeiten rechtfertigten zweifelsohne die Eingruppierung in die B6. Die fachlichen Voraussetzungen lägen vor. Ihr Einsatzbereich sei mit dem der Arbeitnehmer H., W. und B., die Vergütung nach B6 erhielten, vergleichbar. In die B5 seien lediglich Arbeitnehmer ohne eine erforderliche fachliche Qualifikation bzw. Berufsabschluss einzugruppieren.

Die Klägerin hat dargestellt, sie sei in der Lage, an mindestens 2, wenn nicht sogar noch mehr Produktionsanlagen oder komplexen Anlagen der Beklagten eigenverantwortlich eingesetzt zu werden. Sie führe an den Anlagen nicht nur notwendige Wartungen, sondern - soweit erforderlich - auch Kleinstreparaturen, auch bezogen auf die Steueranlagen, aus. Dies erfolge insbesondere dann, wenn zu bestimmten Schichtzeiten keine Fachkräfte aus dem Bereich Technik zur Verfügung stehen. Mit der Teilnahmebescheinigung vom 28. Juni 2018 liege auch die Legitimation für die Fehlersuche an Anlagen vor. Der Anlagenfahrer 3 würde keine höherwertigen Reparaturen durchführen als der Anlagenfahrer 2. Eine höhere Qualifikation sei für die von einem Anlagenfahrer 3 erledigten Reparaturen im Vergleich zu denen von Anlagenfahrer 2 erbrachten Reparaturen nicht erforderlich. Die von ihr durchgeführten Reparaturen seien mit denjenigen eines Anlagenfahrer 3 vergleichbar.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Dezember 2018 eine noch offene Nachtschichtzulage in Höhe von Euro 121,36 (brutto) nebst 5 % Zinsen hierauf seit dem 01.01. 2019 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Januar 2019 eine noch offene Nachtschichtzulage in Höhe von Euro 212,38 (brutto) nebst 5 % Zinsen hierauf seit dem 01.02.2019 zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Februar 2019 eine noch offene Nachtschichtzulage in Höhe von 212,38 (brutto) nebst 5 % Zinsen hierauf seit dem 01.03.2019 zu zahlen;

4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat März 2019 eine noch offene Nachtschichtzulage in Höhe von Euro 92,71 (brutto) nebst 5 % Zinsen hierauf seit dem 01.04.2019 zu zahlen;

5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat April 2019 eine noch offene Nachtschichtzulage in Höhe von Euro 61,80 (brutto) nebst 5 % Zinsen hierauf seit dem 01.05.2019 zu zahlen;

6. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Mai 2019 eine noch offene Nachtschichtzulage in Höhe von Euro 216,30 (brutto) nebst 5 % Zinsen hierauf seit dem 01.06.2019 zu zahlen;

7. die Beklagte zu verurteilen, für die Klägerin rückwirkend ab dem Monat Januar 2019 die tarifliche Eingruppierung in die Bewertungsgruppe 6 des Entgelttarifvertrages für die obst- und gemüseverarbeitende Industrie in Mecklenburg-Vorpommern vom 14. März 2019 vorzunehmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die klägerseitig verfolgten Ansprüche geleugnet und vertreten, der Klägerin stünde weder eine höhere Zuschlagszahlung noch eine Eingruppierung in die B6 zu.

Die Beklagte hat den erhobenen Zahlungsanspruch auf Zuschläge unter Hinweis auf das Gutachten E./C. (Bl. 38 ff. d. A.) geleugnet und argumentiert, eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung liege nicht vor. Es fehle bereits an der erforderlichen Gruppenbildung. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass in ihrem Betrieb im exemplarischen Zeitraum Januar bis einschließlich Juli 2019 insgesamt nur 15,75 Stunden mit unregelmäßiger Nachtarbeit und einem Zuschlag von 50 % geleistet worden seien. Dem stünden mehr als 28628 Stunden gegenüber, in denen die Mitarbeiter Nachtschichtarbeit mit einem Zuschlag von 25 % geleistet hätten. Die ausgezahlten höheren Nachtarbeitszuschläge bewegten sich damit im Promillebereich (0,05 %). Nachtarbeit außerhalb des Schichtbetriebes sei die absolute Ausnahme. Aus diesem Grunde könne schon nicht von einer für die Feststellung einer Ungleichbehandlung notwendigen Gruppenbildung gesprochen werden. Ein Vergleich mit anderen Werken im Geltungsbereich des MTV zeichne das gleiche Bild. Die vom Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 21.03.2018 zur Bewertung der dort maßgeblichen tariflichen Regelungen angeführten Gründe, könnten vorliegend die klägerische Forderung nicht stützen, weil die Tarifvertragsparteien des hier maßgeblichen MTV den ihnen zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten hätten. Die maßgeblichen tariflichen Regelungen seien nicht vergleichbar. Zu berücksichtigen sei insbesondere die in § 4 MTV für je 25 geleistete Nachtschichten vorgesehene Schichtfreizeit von einem Tag, einem rechnerischen Freizeitzuschlag von 4 %. Wobei allerdings eine Freizeitgewährung gesundheitliche Belastungen eher ausgleiche als eine Vergütung. Hinzu komme die bezahlte Pause nach § 3 Ziffer (3) b) MTV. Tatsächlich erhielten Beschäftigte, die Schichtarbeit leisten, neben dem Zuschlag von 25 % einen Zuschlag von 4 % für bezahlte Freischichten und 6,41 % für bezahlte Pausen, insgesamt also einen Zuschlag für die Nachtschicht in Höhe von 35,41 %. Auch steuerliche Auswirkungen müssten bei einer Bewertung Berücksichtigung finden.

Ein höherer Zuschlag für Nachtarbeit „außerhalb von Schichtarbeit“ solle nicht nur die Erschwernis für die Arbeit in der Nacht ausgleichen, sondern darüber hinaus die Einbuße der Dispositionsmöglichkeit über die Freizeit entlohnen und Arbeitgeber von Eingriffen in den geschützten Freizeitbereich der Arbeitnehmer abhalten. Es sei nicht Aufgabe der Arbeitsgerichte zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien damit die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hätten. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liege nicht vor. Die Tarifvertragsparteien hätten in Ausgestaltung ihrer Tarifautonomie eine sachgerechte Gruppenbildung vorgenommen und in nicht zu beanstandender Weise Differenzierungskriterien aufgestellt, um die verschiedenen Arten der Nachtarbeit angemessen zu behandeln. Die dabei aufgestellten Differenzierungskriterien seien vor dem Hintergrund ihrer Zwecksetzung nicht zu beanstanden. Für beide Gruppen hätten die Tarifvertragsparteien den Zweck verfolgt, die mit der Nachtarbeit verbundenen Erschwernisse, insbesondere höhere gesundheitliche Belastungen, auszugleichen. Unregelmäßige Nachtarbeit habe zudem verteuert werden sollen, um dadurch eine Reduzierung zu bewirken, weil es sich nahezu ausnahmslos um Mehrarbeit handele. Auch sei danach unterschieden worden, ob eine regelmäßige Belastung des Arbeitnehmers auftrete, die er bei Eingehung und Durchführung des Arbeitsverhältnisses voraussehen könne, oder ob es sich um ein unregelmäßiges Arbeiten in der Nacht handelt.

Aber selbst bei unterstellter Gleichheitswidrigkeit sei keine „Anpassung nach oben“ möglich. Eine tarifliche Regelungslücke könnte nur dann durch die Gerichte geschlossen werden, wenn für diese feststünde, was die Tarifvertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Lückenhaftigkeit des Tarifvertrages bekannt und bewusst gewesen wäre. Die Annahme, die Tarifvertragsparteien hätten einen höheren Zuschlag in Höhe von 50 % zahlen wollen, sei fernliegend und argumentativ nicht begründbar.

Die Beklagte hat einen Anspruch der Klägerin auf Höhergruppierung bestritten. Unter Hinweis auf den klägerischen Arbeitsvertrag hat die Beklagte eingewandt, dass die Klägerin nicht als Fachkraft für Lebensmitteltechnik eingesetzt werde, sondern als Mitarbeiterin in der Produktion. Da es nicht auf die Qualifikation, sondern auf den tatsächlichen Einsatz ankomme, könne ihre abgeschlossene Qualifikation als Fachkraft für Lebensmitteltechnik vorliegend keine Höhergruppierung rechtfertigen. Das von der aus Mitgliedern der Geschäftsleitung und des Betriebsrates gebildeten Arbeitsgruppe durchgeführte Eingruppierungsverfahren habe dem Zweck gedient, alle im Betrieb vorhandenen Funktionen einer transparenten und vereinheitlichten Bewertung zuzuordnen. Das Ergebnis des originären Eingruppierungsverfahrens sei in der Betriebsvereinbarung vom 29.1.2019 zur Eingruppierung festgehalten und mit Wirkung zum 1.3.2019 umgesetzt. Ein Revisionsverfahren habe rückwirkend zum 1.3.2019 zu Änderungen geführt. In diesem Revisionsverfahren seien von der gebildeten Arbeitsgruppe sämtliche Funktionen im Betrieb in Stellenbeschreibungen zusammengefasst und sodann einer Bewertungsgruppe gemäß dem ERTV zugeordnet worden. Danach werde im Bereich der Produktion unter anderem zwischen der Funktion des Anlagenfahrer 1, Anlagenfahrer 2, Anlagenfahrer 3 und Anlagenfahrer 4 unterschieden, wobei jede Stufe ein erweitertes Aufgabenspektrum sowie eine höhere Komplexität und/oder Flexibilität mit sich bringe. Die Funktion Anlagenfahrer 1 würde mit der BW4, der Anlagenfahrer 2 mit der BW5, der Anlagenfahrer 3 mit der BW6 und der Anlagenfahrer 4 mit der BW7 bewertet. Über dem Anlagenfahrer eingeordnet sei der Teamleiter mit BW8.

Die Funktion des Anlagenfahrer 2 sei im Wesentlichen durch folgende Aufgaben gekennzeichnet:

- selbstständige termingerechte Abarbeitung des Produktionsplans nach Spezifikation und Dokumentation der geforderten Produktionsdaten (Produktionsprotokolle, Abfall- mengen, Buchungen in BDE-Systeme, Ausfallzeiten etc.)- Überwachung des Produktionsprozesses / Anlagenlauf im Verantwortungsbereich (Bedienen, Überwachen, Reinigen, Warten, Umrüsten, Störungsbeseitigung etc.)- Umrüstung der Anlage (Format Wechsel / Einstellungen)- Wartung (Autonome Instandhaltung) der Produktionsanlagen laut Wartungsplan- Beprobung im Rahmen Werker Selbstkontrolle- Kontrolle der eingesetzten Packmaterialien und deren Bereitstellung- Verantwortung, Sauberkeit und Sicherheit im Bereich- Bedienen von Flurförderanlagen (bis max. 6 km/h)

In Unterscheidung zum Anlagenfahrer 2 übe der Anlagenfahrer 3 höherwertige und komplexere Tätigkeiten aus, wie z.B.

- Selbstständige und eigenverantwortliche Durchführung von Wartungen und mechanische Reparaturen, die über die autonome Instandhaltung laut Wartungsplan hinausgehen- Ausübung von Tätigkeiten, die in die mechanische Instandsetzung gehen, wie z. B. Montage/Demontage von Maschinen und Unterstützung der Instandhaltungsabteilung Abfüllerei im begrenzten Verantwortungsbereich der Produktionsanlage

Die Klägerin werde als Anlagenfahrer 2 eingesetzt, was einer Bewertung gemäß BW5 des ERTV entspreche. Nach der Stellenbeschreibung erfordere die von ihr ausgeübte Tätigkeit keine abgeschlossene Berufsausbildung. Einen Automatismus dahingehend, dass die Klägerin allein aufgrund ihrer Qualifikation als Fachkraft für Lebensmitteltechnik eine Bewertung nach BW6 erhalte, gebe es nicht und sei nach dem ERTV auch nicht vorgesehen. Im Gegensatz zum Anlagenfahrer 2 sei der Anlagenfahrer 3 in einem weit größeren Umfang zu selbstständigen und eigenverantwortlichen Instandsetzungsmaßnahmen verpflichtet und in der Lage. Im Wartungsbereich kennzeichne die Funktion des Anlagenfahrer 2 im Wesentlichen, dass der Mitarbeiter autonome Instandhaltungsarbeiten durchführen könne. Auf Basis vom Technikbereich erstellter Wartungspläne führten die Mitarbeiter einfache Instandhaltungs- oder Reparaturarbeiten durch. Hierzu gehörten zum Beispiel das Reinigen oder Abschmieren einer Anlage oder der Wechsel eines Bandes oder Sensors. All diese Aufgaben basierten auf einem von der Technik vorgegebenen Wartungsplan, durch den eine frühzeitige Störungserkennung gewährleistet werden solle. Dieser Wartungsplan werde von den Mitarbeitern, die als Anlagenfahrer 2 beschäftigt werden, abgearbeitet. Entdeckte Fehler oder Mängel würden an die Technik weitergegeben und von dort aus werde ein Reparaturplan entwickelt.

Die Aufgaben des Anlagenfahrer 3 gingen über die autonome Instandhaltung hinaus. Der Anlagenfahrer 3 sei nicht nur zur Instandhaltung, sondern zur eigenverantwortlichen Instandsetzung in der Lage. Das beinhaltete, dass er seine Anlage selbstständig inspiziere und Fehleranalyse betreibe. Er arbeitete nicht nur einen vorgegebenen Wartungsplan ab, sondern sei in der Lage, in eigener Verantwortung Reparaturarbeiten durchzuführen. Nach entsprechender Fehleranalyse gehe er auf die Technikabteilung zu und löse Bestellungen für notwendige Ersatzteile aus, entwickle selbstständig einen Wartungs- und gegebenenfalls Reparaturplan und entlaste die Technikabteilung damit in einem erheblichen Umfang, sodass diese sich auf komplexere Reparaturen konzentrieren könne.

Die Klägerin führe keine über die autonome Instandhaltung hinausgehenden selbstständigen und eigenverantwortlichen Reparaturmaßnahmen durch. Sie scheine dem Fehlverständnis zu unterliegen, dass es für die maßgebliche Eingruppierung nach dem ERTV allein auf die vorhandene Qualifikation und/oder die Berufsbezeichnung ankomme.

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 22.01.2020 abgewiesen und zur Begründung angeführt, ein Anspruch auf weitere Zuschlagszahlung stehe der Klägerin nicht zu. Zwar müssten sich Tarifnormen zumindest aufgrund mittelbarer Grundrechtsbindung am Gleichheitssatz des Artikel 3 Grundgesetz messen lassen, allerdings hätten die Tarifvertragsparteien eine weitgehende Einschätzungsprärogative in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen. Sie seien bei der Lösung tarifpolitischer Konflikte nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Vereinbarung zu treffen. Es genüge, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund bestehe. Ein solcher sei vorliegend für die Ungleichbehandlung von unregelmäßiger Nachtarbeit und Nachtschichtarbeit gegeben. Der höhere Zuschlag für Nachtarbeit außerhalb von Schichten sei damit ausreichend begründet, dass die unregelmäßige Nachtarbeit für Arbeitnehmer sehr viel schlechter planbar sei und folglich in das Privatleben im Einzelfall erheblich stärker eingreife. Regelmäßige Nachtarbeit werde subjektiv als weniger beeinträchtigend empfunden als unregelmäßige Nachtarbeit. Auch wenn es für die objektive Gesundheitsbelastung nicht darauf ankomme, ob die Nachtarbeit regelmäßig oder unregelmäßig erfolge, sei jedoch schon das subjektive Empfinden von Arbeitnehmern bezüglich der jeweiligen Belastungen als ein sachlicher Grund anzusehen, aus dem eine ungleiche Behandlung durch die normgebenden Tarifvertragsparteien gerechtfertigt sei.

Ein Anspruch auf Höhergruppierung sei nicht begründet. Das klägerische Vorbringen sei pauschal. Die Klägerin sei jedoch darlegungs- und beweisbelastet für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen einer Höhergruppierung. Sie habe sich nicht hinreichend zu konkreten Tätigkeiten der Bewertungsgruppe 5 bzw. des Anlagenfahrers 2 und den konkreten Tätigkeiten der Bewertungsgruppe 6 bzw. des Anlagenfahrers 3 geäußert, inwieweit sie letztere Tätigkeit ausübe und warum sich diese bei vergleichender Betrachtung qualitativ von Tätigkeiten der Bewertungsgruppe 5 unterscheide. Es fehlten Angaben dazu, inwieweit es sich bei den dementsprechend herausgehobenen Tätigkeiten um solche handele, welche die Klägerin während des ganzen Jahres überwiegend ausübe.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 05.02.2020 zugestellte Urteil am 19.02.2020 Berufung eingelegt und diese am 06.04.2020 begründet.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, eine Differenzierung von Nachtzuschlägen dürfe nicht vorgenommen werden. Eine solche Differenzierung sei nicht zulässig und beeinträchtige sie in ihrem Anspruch auf Gleichbehandlung. Die Grundrechtsgewährung sei nicht lediglich auf die bloße Abwehr staatlicher Eingriffe beschränkt, sondern verpflichte den Staat, die Rechtsordnung in einer solchen Weise zu gestalten, dass die einzelnen grundrechtlichen Gewährleistungen wirksam werden können. Bei der Beklagten seien die Gruppe der Arbeitnehmer, die Nachtarbeit in Schicht- und Wechselschichtarbeit leisten, mit der Gruppe der Arbeitnehmer zu vergleichen, die sonstige Nachtschichten zu erbringen haben. Für die Bewertung der Nachtarbeit könne auf die Wertung im Erwägungsgrund 7 und 8ff. der Richtlinie 2003/88/EG des europäischen Parlamentes und des Rates vom 04.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung und § 6 Abs. 5 ArbZG zurückgegriffen werden. Das erstinstanzliche Gericht habe in seiner Entscheidung die Frage der Gesundheitsbelastung nicht hinreichend berücksichtigt. Der Maßstab einer eventuellen Differenzierung könne nur anhand der objektiven Gegebenheiten im Unternehmen der Beklagten getroffen werden. Es sei zu berücksichtigen, dass bei der Beklagten ohne Schichtarbeit kein Produktionsablauf möglich sei. Gerade die Arbeitnehmer in Schichtarbeit würden jedoch hinsichtlich der Nachtarbeitszuschläge schlechter gestellt als ein Monteur, der gegebenenfalls in Abständen von ca. 2-3 Monaten wegen eines technischen Defektes eine Nachtschicht zu absolvieren habe.

Bezüglich der Eingruppierung sei ihre abgeschlossene einschlägige Berufsausbildung nicht berücksichtigt worden. Ihr tatsächliches Tätigkeitsfeld liege über den im Stellenbereich ausgewiesenen Hauptaufgaben. Mit der absolvierten Weiterbildung zur „elektronisch unterwiesenen Personen zum Betätigen von Stellgliedern“ verfüge sie über umfassende Kenntnisse, um beim Ausfall von Anlagen eine Prüfung der Schalt- und Steuerkästen vorzunehmen. Sie sei flexibel an den unterschiedlichsten Produktionsanlagen der Beklagten einsetzbar. Dieser Einwand habe erstinstanzlich in keiner Weise gezählt. Die Beklagte stelle vielmehr darauf ab, dass nur der gegenwärtige Einsatz an der entsprechenden Anlage maßgebend für die Eingruppierung sein könne. Soweit Vertretungen erforderlich seien, könne sie an mindestens 2, wenn nicht sogar noch mehr Produktionsanlagen oder komplexen Anlagen in der Firma eigenverantwortlich eingesetzt werden. Sie führe - soweit erforderlich - auch kleinste Reparaturen, insbesondere auch bezogen auf die Steueranlagen, aus. Die im Stellenplan für den Anlagenfahrer 3 ausgewiesenen Tätigkeiten seien im Wesentlichen identisch mit denen der Anlagenfahrer 2. Lediglich die Position „Wartung“ (autonome Instandhaltung der Produktionsanlagen laut Wartungsplan) sowie eigenverantwortliche Durchführung von Wartung und Kleinstreparaturen und der Einsatz an mindestens 2 Produktionsanlagen oder einer komplexen Anlage in Eigenverantwortung unterscheide diese Stellenpläne. Die sogenannte „autonome Instandhaltung“ obliege ausschließlich den dafür vorgesetzten Fachkräften und Mechanikern. Sie sei in der Lage, an mindestens 2, wenn nicht sogar noch mehr Produktionsanlagen oder komplexen Anlagen bei der Beklagten eigenverantwortlich eingesetzt zu werden. Maßgebend könne und dürfe für die Einstufung in die Bewertungsgruppe nicht ein pauschaler Stellenplan sein.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteiles des Arbeitsgerichtes Stralsund, Kammern Neubrandenburg, vom 22.01.2020 unter der Geschäftsnr. 11 Ca 251/19 die Beklagte zu verurteilen,

1. an die Klägerin für den Monat Dezember 2018 eine noch offene Nachtschichtzulage in Höhe von € 121,36 (brutto) nebst 5 % Zinsen hierauf seit dem 01.01.2019 zu zahlen;

2. an die Klägerin für den Monat Januar 2019 eine noch offene Nachtschichtzulage in Höhe von € 212,38 (brutto) nebst 5 % Zinsen hierauf seit dem 01.02.2019 zu zahlen;

3. an die Klägerin für den Monat Februar 2019 eine noch offene Nachtschichtzulage in Höhe von € 212,38 (brutto) nebst 5 % Zinsen hierauf seit dem 01.03.2019 zu zahlen;

4. an die Klägerin für den Monat März 2019 eine noch offene Nachtschichtzulage in Höhe von € 92,71 (brutto) nebst 5 % Zinsen hierauf seit dem 01.04.2019 zu zahlen;

5. an die Klägerin für den Monat April 2019 eine noch offene Nachtschichtzulage in Höhe von € 61,80 (brutto) nebst 5 % Zinsen hierauf seit dem 01.05.2019 zu zahlen;

6. an die Klägerin für den Monat Mai 2019 eine noch offene Nachtschichtzulage in Höhe von € 216,30 (brutto) nebst 5 % Zinsen hierauf seit dem 01.06.2019 zu zahlen;

7. für die Klägerin rückwirkend ab dem Monat Januar 2019 die tarifliche Eingruppierung in die Bewertungsgruppe 6 des Entgelttarifvertrages für die obst- und gemüseverarbeitende Industrie in Mecklenburg-Vorpommern vom 14.03.2019 vorzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angegriffene erstinstanzliche Urteil und vertritt weiterhin die Auffassung, die Tarifvertragsparteien des hier einschlägigen Tarifvertrages hätten die Ihnen im Rahmen der Tarifautonomie gemäß Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz zuzubilligende Einschätzungsprärogative sachgerecht ausgeübt. Die beiden Gruppen derjenigen Arbeitnehmer, die im Wechselschichtsystem nachts arbeiten, und derjenigen Arbeitnehmer, die außerhalb des Schichtsystems nachts arbeiten müssten, seien nicht vergleichbar. Der Leistung von Nachtarbeit innerhalb von Schichtarbeit liege die Erkenntnis zugrunde, dass in der modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft auf Nachtarbeit nicht vollständig verzichtet werden könne. Demgegenüber bilde die Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit die Ausnahme. Ihre Möglichkeiten, derartige Nachtarbeit anzuordnen, seien wegen der Erforderlichkeit der Zustimmung des Betriebsrates für jeden einzelnen Fall und jeden einzelnen Arbeitnehmer sehr beschränkt. Die Arbeit zur Nachtzeit stelle den kleinsten gemeinsamen Nenner für die Gruppenbildung dar. Der maßgebliche Unterschied sei jedoch, dass Arbeitnehmer in Wechselschichten nachts innerhalb ihrer vertraglich vereinbarten regulären Arbeitszeit tätig seien, während Arbeitnehmer, die unregelmäßig Nachtarbeit verrichten, außerhalb ihrer vertraglich vereinbarten regulären Arbeitszeit tätig werden. Die Klägerin berücksichtige nicht hinreichend, dass Zuschläge für geleistete Nachtarbeit nicht nur zum Ausgleich gesundheitlicher Einschränkungen, sondern auch für die Dispositionsfreiheit über die Freizeit, die auch Teilhabe am sozialen Leben beinhaltete, und zur Verteuerung der unregelmäßigen Nachtarbeit gewährt würden. Die Gewährung eines höheren Zuschlags für die außerhalb von Schichten abgerufene unregelmäßige Nachtarbeit solle für die Arbeitgeberseite diese Art der Nachtarbeit stark verteuern und somit so unattraktiv wie möglich machen. Es handele sich damit um ein Steuerungsinstrument, mit welchem die Tarifvertragsparteien die Nachtarbeit außerhalb von Schichten weitestgehend zu vermeiden gesucht hätten. Demgegenüber hätten die Tarifvertragsparteien die Schichtarbeit einschließlich Nachtschichten als eine generell zulässige und existierende Arbeitsform im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative akzeptiert. Sie werde damit nicht als Ausnahme, sondern als regelhaft anerkannt.

Sollte die unterschiedlich hohe Zuschlagsregelung gegen Artikel 3 Abs. 2 Grundgesetz verstoßen, könnte eine Teilnichtigkeit der Zuschlagsregelung des MTV allein dazu führen, dass sie - die Beklagte - nach den Regelungen des Arbeitszeitgesetzes einen angemessenen Ausgleich leisten müsste. Die Regelung des § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz gewähre jedoch ein Wahlrecht zwischen der Zahlung eines angemessenen Zuschlags und der Gewährung zusätzlich bezahlter Freizeit. Die nur auf Zahlung eines höheren Zuschlags gerichteten klägerischen Anträge ignorierten dieses Wahlrecht und seien damit nicht statthaft.

Hinsichtlich des Eingruppierungsbegehrens verkenne die Klägerin die Anforderungen an bzw. die Gründe für die Eingruppierung in die BW 5. Grundlage für die richtige Eingruppierung seien nicht die theoretischen Kenntnisse oder Ausbildungsabschlüsse, sondern nur die zugewiesenen und tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten. Dies ergebe sich bereits aus § 3 des ERTV. Weder in 1. Instanz, noch in 2. Instanz habe die Klägerin einschlägige Tatsachen vorgetragen, die eine Eingruppierung in die begehrte BW 6 rechtfertigten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften, das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.

Gründe

A.

Die Berufung ist zulässig.

Die gemäß §§ 8 Abs. 2 , 64 Abs. 2b ArbGG statthafte Berufung ist frist- und formgerecht gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.

B.

Die Berufung ist nicht begründet.

Der Klägerin steht für den streitgegenständlichen Zeitraum kein Anspruch auf Zahlung weiterer Nachtzuschläge und auch kein Anspruch auf die begehrte Eingruppierung zu.

I.

Für einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung weiterer Nachtzuschläge fehlt es an der erforderlichen Anspruchsgrundlage. Die Klägerin kann einen derartigen Anspruch insbesondere nicht aus § 5 (2) des MTV ableiten.

1.

Der MTV findet nicht kraft beiderseitiger Tarifbindung (§ 3 Abs. 1 TVG) Anwendung, denn die Klägerin ist nicht Mitglied einer Gewerkschaft und somit nicht Mitglied einer der Tarifvertrag schließenden Parteien.

Da im Arbeitsvertrag eine Vergütungsregelung enthalten ist, und der Tarifvertrag kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme lediglich ergänzend Anwendung finden soll, könnte davon ausgegangen werden, dass die Vergütungsregelung im Arbeitsvertrag abschließend ist, tarifliche Vergütungsregelungen nicht zur Anwendung gelangen und damit eine Zuschlagszahlung an die Klägerin bereits mangels Anspruchsgrundlage nicht in Betracht kommen kann.

Aber auch, wenn man davon ausgeht, dass § 5 (2) des MTV auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin Anwendung findet, gewährt diese Regelung der Klägerin keinen Anspruch auf Zuschlagszahlung in Höhe von 50 %. Die Klägerin hat nämlich keine Nachtarbeit außerhalb von Schichten geleistet, sondern Schichtarbeit während der Nachtzeit erbracht, für welche ein Zuschlag in Höhe von 25 % vorgesehen ist, den die Klägerin auch erhalten hat.

2.

Es besteht auch kein Anspruch für die Klägerin gemäß § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Nach dieser Norm hat ein Arbeitgeber einem Nachtarbeitnehmer zwar für die während der Nachtzeit von 23:00 Uhr bis 6:00 Uhr (§ 2 Absatz 3 ArbZG) geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Dies gilt jedoch nur, soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen. Wenn vorliegend die Zuschlagsregelungen des MTV auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar sein sollten, ist gemäß § 5 (2) MTV für die von der Klägerin geleistete Schichtarbeit während der Nachtzeit ein Zuschlag in Höhe von 25 % des Bruttoentgelts vorgesehen. Soweit der MTV auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keinerlei Anwendung finden sollte, könnte sich zwar ein Anspruch auf Nachtzuschlag für die Klägerin aus § 6 Abs. 5 ArbZG ergeben, ein Zuschlag in von 25 % des Bruttoentgelts stellt allerdings einen angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit im Sinne des § 6 Absatz 5 ArbZG dar (BAG, Urteil vom 13.12.2018 - 6 AZR 549/17 - Rn. 28, juris; BAG, Urteil vom 25.04.2008 - 5 AZR 25/17 - Rn. 43, juris; BAG, Urteil vom 09.12.2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 21, juris). § 6 Abs. 5 ArbZG vermag folglich keine Anspruchsgrundlage für das klägerische Zahlungsbegehren eines Zuschlags in Höhe von 50 % zu bilden.

3.

Die Klägerin kann sich zur Begründung ihrer Zahlungsforderungen nicht auf den Gleichbehandlungsgrundsatz/Gleichheitssatz berufen.

Zu berücksichtigen ist, dass sich die Klägerin, soweit eine Anwendbarkeit tariflicher Regelungen aufgrund der arbeitsvertraglichen Inbezugnahme gegeben ist, dem Willen der Tarifvertragsparteien bedingungslos unterworfen hat. Innerhalb des Individualvertrages kommt eine Grundrechtsbindung nur insoweit zum Tragen, als arbeitsvertragliche Regelungen gesetzeswidrig und damit nichtig sind.

Soweit die tarifvertraglichen Zuschlagsregelungen auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finden, ergibt sich hieraus dennoch kein Anspruch, denn die tariflichen Zuschlagsregelungen verstoßen nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Die Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung zwar nicht unmittelbar, aber mittelbar grundrechtsgebunden (BAG, Urteil vom 19.12.2019 - 6 AZR 563/18 - Rn. 19, juris). Sie unterliegen auch im Rahmen der ihnen gemäß Art. 9 Abs. 3 GG eingeräumten Tarifautonomie mittelbar der Grundrechtsbindung. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte nämlich, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, welche nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG in Einklang stehen. Dabei haben sie jedoch die besondere Sachnähe der Tarifvertragsparteien zu beachten sowie den Umstand, dass sich die Arbeitnehmer durch den Beitritt zu ihrer Koalition bewusst und freiwillig der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien auch für die Zukunft unterworfen haben. Den Tarifvertragsparteien steht bei ihrer Normsetzung ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BAG, Urteil vom 21.12.2017 - 6 AZR 790/16 - Rn. 23; BAG, Urteil vom 26.04.2017 - 10 AZR 856/15 - Rn. 28, juris). Ihnen kommt eine Einschätzungsprärogative zu, soweit die tatsächlichen Gegebenheiten, die betroffenen Interessen und Regelungsfolgen zu beurteilen sind. Sie sind nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen (BAG, Urteil vom 19.12.2019 - 6 AZR 563/18 - Rn. 26; BAG, Urteil vom 26.04.2017 - 10 AZR 856/15 - Rn. 28, juris). Dies bedingt im Ergebnis eine deutlich zurückgenommene Prüfungsdichte durch die Gerichte (BAG, Urteil vom 19.12.2019 - 6 AZR 563/18 - Rn. 26, juris).

Aus Art. 3 Abs. 1 GG folgt das Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfG, Urteil vom 13.12.2016 - 1 BvR 713/13 - Rn. 18; BAG, Urteil vom 25.01.2018 - 6 AZR 791/16 - Rn. 26, juris).

Dabei ist grundsätzlich dem Normgeber überlassen, die Merkmale zu bestimmen, nach denen Sachverhalte als hinreichend gleich anzusehen sind, um sie gleich zu regeln. Bei der Überprüfung von Tarifverträgen nach dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht auf die Einzelfallgerechtigkeit abzustellen, sondern auf die generellen Auswirkungen der Regelung (BAG, Urteil vom 19.07.2011 - 3 AZR 398/09 - Rn. 25; BAG, Urteil vom 11.12.2013 - 10 AZR 736/12 - Rn. 15, juris).

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet es, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Art. 3 Abs. 1 GG untersagt auch einen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss, mit dem ein Personenkreis begünstigt und ein anderer Personenkreis von der Begünstigung ausgenommen wird. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet jedoch nicht jede Differenzierung. Eine solche bedarf allerdings stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus Art. 3 Abs. 1 GG je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall das Willkürverbot oder das Gebot unverhältnismäßiger Gleichbehandlung verletzt ist, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur bezogen auf die jeweils betroffenen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen. Bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung ist der Gleichheitssatz in der Regel verletzt, wenn eine Gruppe von Regelungsadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe unterschiedlich behandelt wird, obgleich zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Gleiches gilt auch, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt. Je weniger die Merkmale, an die eine Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind, desto strenger sind die Anforderungen. Bei einer reinen sachbezogenen Ungleichbehandlung sind die Anforderungen an eine Rechtfertigung hingegen geringer (BAG, Urteil vom 19.01.2016 - 9 AZR 564/14 - Rn. 22 ff., juris).

Vorliegend haben die Tarifvertragsparteien unter § 5 (2) MTV unterschiedliche Zuschläge festgelegt für diejenigen Arbeitnehmer, die Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit leisten und diejenigen Arbeitnehmer, die Schichtarbeit während der Nachtzeit erbringen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten können die tariflich vorgesehenen Pausenzeiten bei der Bemessung der Gegenleistung für die Nachtarbeit in Schichten keine Berücksichtigung finden, denn sie knüpfen nicht an die Nachtarbeit an. Als Ausgleich für Nachtarbeit während Schichten ist jedoch die gemäß § 4 MTV vorgesehene Schichtfreizeit für je 25 geleistete Nachtschichten zu berücksichtigen. Ihre Gewährung knüpft an die Leistung von Schichtarbeit während der Nachtzeit an. Es besteht ein Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Rein rechnerisch ergibt sich damit für die Schichtarbeit während der Nachtzeit nicht nur ein Zuschlag in Höhe von 25 %, sondern in Höhe von 29 % (25 % + 4 %). Diesem Zuschlag von 29 % ist der Zuschlag, der für Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit in Höhe von 50 % vorgesehen ist, gegenüberzustellen. Die Differenz von 21 % erscheint unter Berücksichtigung der Sachgründe des Anreizes, der Vermeidbarkeit, der Planbarkeit sowie der Prävention verhältnismäßig. Die Tarifvertragsparteien haben damit den ihnen zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

Die Gruppe der Arbeitnehmer, die wie die Klägerin Nachtarbeit im Rahmen von Schichtarbeit leistet, ist mit der Gruppe der Arbeitnehmer, die Nachtarbeit außerhalb von Schichten leistet, insoweit vergleichbar, dass beide Gruppen innerhalb des tariflich definierten Zeitraums Nachtarbeit erbringen und sich damit von Arbeitnehmern, die zu anderen Zeiten arbeiten, unterscheiden. Es kann dahinstehen, ob es sich bei der Gruppe der Beschäftigten, welche Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit leisten, sowie der Gruppe von Beschäftigten, die Schichtarbeit während der Nachtzeit leisten, um wesentlich Gleiches handelt, denn letztlich rechtfertigen die Unterschiede zwischen beiden Gruppen die durch die Tarifvertragsparteien vorgenommene Regelung unterschiedlicher Zuschlagshöhen.

Die vorliegende Ungleichbehandlung knüpft nämlich nicht an wesentlich gleiche Sachverhalte an, sondern trägt den bei Nachtarbeit innerhalb von Schichten und außerhalb von Schichten bestehenden Besonderheiten Rechnung. Soweit die Tarifvertragsparteien zwischen Nachtarbeit innerhalb und außerhalb von Schichten differenzieren, besteht hierfür ein sachlicher Grund, sodass die Tarifvertragsparteien den ihnen zustehenden Spielraum nicht überschritten haben. Insbesondere haben sie die gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit nicht verkannt.

Für die Frage, welche Gründe eine unterschiedliche Regelung rechtfertigen können, kommt es auf den Zweck der Regelung an. Dieser ergibt sich insbesondere aus den in der tariflichen Regelung selbst normierten Voraussetzungen, die die Tarifvertragsparteien im Rahmen ihres Gestaltungsspielraums festgelegt haben (BAG, Urteil vom 03.07.2019 - 10 AZR 300/18 - Rn. 22, juris).

Nachtarbeit ist nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen grundsätzlich für jeden Menschen schädlich und hat negative gesundheitliche Auswirkungen. Die Belastung und Beanspruchung der Beschäftigten steigt nach bisherigem Kenntnisstand in der Arbeitsmedizin durch die Anzahl der Nächte pro Monat und die Anzahl der Nächte hintereinander, in denen Nachtarbeit geleistet wird. Die Anzahl der aufeinanderfolgenden Nachtschichten sollte daher möglichst gering sein, auch wenn viele Schichtarbeitnehmer, die in einem Rhythmus von 5 oder mehr hintereinanderliegenden Nachtschichten arbeiten, subjektiv den - objektiv unzutreffenden - Eindruck haben, dass sich ihr Körper der Nachtschicht besser anpasst. Insgesamt ist anerkannt, dass Nachtarbeit umso schädlicher ist, in je größerem Umfang sie geleistet wird. Die „Verteuerung“ der Nachtarbeit durch Zuschlagsregelungen wirkt sich zwar nicht unmittelbar, aber zumindest mittelbar auf die Gesundheit der Nachtarbeit leistenden Arbeitnehmer aus. Zugleich entschädigt der Zuschlag in gewissem Umfang für die erschwerte Teilhabe am sozialen Leben (BAG, Urteil vom 21.03.2018 -10 AZR 34/17 - Rn. 49; BAG, Urteil vom 11.12.2013 - 10 AZR 736/12 - Rn. 19, juris). Der Zweck der Zuschläge für Nachtarbeit besteht dementsprechend zum einen darin, die mit dieser Nachtarbeit verbundenen besonderen Erschwernisse, wie gesundheitliche Beeinträchtigungen und die erschwerte Teilhabe am sozialen Leben, angemessen zu kompensieren, und zum anderen darin, den Gesundheitsschutz mittelbar durchzusetzen, indem sich die Arbeit in der Nachtzeit verteuert und dem Arbeitgeber damit ein Anreiz geboten wird, so weit wie möglich auf Nachtarbeit zu verzichten (vgl. BAG, Urteil vom 09.12.2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 18; BAG, Urteil vom 25.04.2018 - 5 AZR 25/17 - Rn. 41; BAG, Urteil vom einen 20.03.2018 - 10 AZR 34/17 - RN. 49, juris).

Vorgenannter Leistungszweck rechtfertigt die von den Tarifvertragsparteien im streitbefangenen MTV vorgenommene Differenzierung in der Zuschlagshöhe für Nachtarbeit, die innerhalb und außerhalb der Schichtarbeit erbracht wird. Es unterliegt der Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien zu entscheiden, welche Erschwernisse in welcher Weise und welchem Umfang ausgeglichen werden sollen (BAG, Urteil vom 07.12.2015 - 6 AZR 768/14 - Rn. 16, juris). Den Tarifvertragsparteien steht auch die Entscheidung frei, welcher Leistungszweck mit welcher Intensität bezüglich etwaiger Auswirkungen verfolgt werden soll.

Es mag sein, dass sich die Tarifvertragsparteien des MTV mit ihren Zuschlagsregelungen für Nachtarbeit an denen vorhergehender Tarifverträge orientiert haben und aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse über die schädlichen gesundheitlichen Auswirkungen der Nachtarbeit, insbesondere die Faktoren Dauer der Nachtarbeit, Anzahl der Nächte, Umfang der Nachtarbeit, Freizeitausgleich, für sie eher in den Hintergrund getreten sind, es ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich um auch von der Arbeitnehmerseite gebilligte Tarifregelungen handelt, ein Tarifvertrag das Einverständnis der Tarifvertragsparteien zu einem im Sinne wechselseitigen Gebens und Nehmens ausgehandelten Gesamtpaket bildet.

Vorliegend wollen die Tarifvertragsparteien mit dem Zuschlag von 50 % neben der Entschädigung für mit der Nachtarbeit verbundene besondere Belastungen einen besonderen Anreiz bzw. eine besondere Belohnung für Arbeitnehmer bieten, die außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit u. U. nur für kürzere Zeiträume als eine Schichtdauer zur Nachtarbeit herangezogen werden, sowie die schwierigere Planbarkeit ausgleichen und haben zudem dem Aspekt der Verteuerung zur Vermeidung derartiger Nachtarbeit einen sehr hohen Stellenwert beigemessen. Letzteres kommt insbesondere dadurch zum Ausdruck, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien gemäß § 5 (3) MTV beim Zusammentreffen mehrerer Zuschläge zwar grundsätzlich nur der jeweils höhere zu zahlen ist, hiervon jedoch der Zuschlag für Nachtarbeit außerhalb eines 2- bzw. 3-Schicht-Wechsels ausgenommen wird und zu den anderen Zuschlägen hinzutritt. Darin zeigt sich, dass die Tarifvertragsparteien der Verteuerung im Interesse der Gesundheit der Arbeitnehmer ein sehr hohes Gewicht, dem Präventionsgedanken besondere Bedeutung beigemessen haben. Es ist Ihnen daran gelegen, durch eine hohe Verteuerung der Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit diese zu verhindern und sie erst recht möglichst auszuschließen, wenn sie mit weiteren Zuschlagstatbeständen zusammenfällt.

Dieses Anliegen rechtfertigt eine unterschiedliche Zuschlagshöhe insbesondere unter dem Aspekt der Vermeidbarkeit der Nachtarbeit. Schichtarbeit ermöglicht eine Produktion rund um die Uhr, um eine umfassende Auslastung der technischen Anlagen zu erreichen und der Rentabilität des Unternehmens zu dienen. Indem die Tarifvertragsparteien Schichtarbeit vorsehen, bringen sie zum Ausdruck, dem Gedanken der Wirtschaftlichkeit nachkommen zu wollen. Demgegenüber dient die Nachtarbeit außerhalb von Schichten nicht der möglichst effektiven Auslastung der Anlagen und damit verbundenen wirtschaftlichen Zwecken. Es bildet einen sachlichen Grund, Letztere durch eine besondere Verteuerung, indem eine hohe Zuschlagszahlung anfällt, möglichst zu verhindern. Der Aspekt der besonderen Verteuerung rechtfertigt deshalb eine unterschiedliche Zuschlagshöhe (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.06.2020 - 9 Sa 2033/19 - Rn. 86, juris). Es entspricht dem Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien und ihrer Einschätzungsprärogative, wenn sie in Verfolgung des Präventionszweckes den Nachtarbeitszuschlag für gelegentlich in der Nacht anfallende Arbeitsleistungen deutlich anheben, um die Arbeitgeber von der Anordnung einer derartigen Nachtarbeit abzuhalten, den Zuschlag jedoch dort geringer halten, wo die Nachtarbeit wegen einer besseren Auslastung der Maschinen regelmäßig erforderlich erscheint und sie innerhalb des Arbeitszeitmodells der Schichtarbeit als notwendig erachtet wird.

Zudem dient der Zuschlag als Ausgleich für die Einbußen der Dispositionsmöglichkeit über die Freizeit. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Beschäftigte im Schichtsystem ihre Schichten aufgrund der Schichtpläne zumeist weit im Voraus kennen und sich in ihrer Freizeitgestaltung darauf einstellen können. Demgegenüber trifft die Nachtarbeit außerhalb von Schichten Beschäftigte zumeist kurzfristig, sodass diese Beschäftigten sich in der Freizeitgestaltung nicht langfristig darauf einstellen können. Bezüglich der Planbarkeit ist davon auszugehen, dass im Geltungsbereich des hier maßgeblichen MTV Schichtpläne langfristig aufgestellt werden und Arbeitnehmer, die in Schichten tätig sind, die Nachtarbeit besser in ihre Lebensgestaltung einplanen können, als Arbeitnehmer außerhalb von Schichten. Jedenfalls durften die Tarifvertragsparteien im Rahmen der ihnen zustehenden typisierenden Betrachtungsweise (BAG, Urteil vom 14.12.2015 - 6 AZR 768/14 - RN. 16, juris) annehmen, dass in Schichten tätige Arbeitnehmer sich in ihrer Lebensgestaltung grundsätzlich besser auf die Arbeit zur Nachtzeit einstellen können als Arbeitnehmer außerhalb von Schichten. Diese Unterschiede in der Dispositionsmöglichkeit über die Freizeit rechtfertigen es ebenfalls, Zuschläge in unterschiedlicher Höhe vorzusehen.

Zu berücksichtigen ist zudem, dass nach den konkreten Verhältnissen im Betrieb der Beklagten die Nachtarbeit außerhalb von Schichten in erster Linie im Zusammenhang mit Bereitschaftsdiensten erbracht wird. Um diese für Arbeitnehmer attraktiv zu gestalten, ist eine entsprechende Entlohnung erforderlich. Zuschläge in Höhe von 50 % erhalten die Arbeitnehmer, die nicht in Schichten arbeiten, sondern deren regelmäßige Arbeitszeit am Tage geleistet werden soll und die ausnahmsweise zu Arbeitsleistungen während der tariflich definierten Nachtzeit herangezogen werden. Die Verteuerung soll den Arbeitgeber davon abhalten, diese Arbeitsleistung außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit abzufordern, gleichzeitig aber auch die Bereitschaft fördern, derartige Arbeit zu erbringen, wo sie ausnahmsweise erforderlich ist.

Bezüglich der gesundheitlichen Erschwernisse haben die Tarifvertragsparteien diesen für Beschäftigte in Schichten dadurch besonders Rechnung getragen, dass sie für 25 geleistete Nachtschichten eine Freischicht vorsehen. Damit haben sie berücksichtigt, dass dem Schutz der Gesundheit vor allem ein dementsprechender Freizeitausgleich dient.

Die Tarifvertragsparteien haben somit die Unterschiede in der Zuschlagshöhe anhand der Differenzierungsgründe sachlich ausgerichtet.

II.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Eingruppierung in die Bewertungsgruppe 6 des ERTV.

1.

Die Klägerin kann sich nicht kraft Tarifbindung auf eine Anwendbarkeit der Regelungen des ERTV berufen, denn sie unterliegt einer derartigen Tarifbindung nicht. Sie ist nicht Mitglied einer Gewerkschaft.

Die Parteien haben im Arbeitsvertrag eine Vergütungsregelung dahingehend getroffen, dass sie die Eingruppierung in die Bewertungsgruppe 3 des ERTV festgelegt haben. Tarifliche Regelungen sollen lediglich ergänzend zur Anwendung gelangen. Bei einer derartigen arbeitsvertraglichen Formulierung ist es zweifelhaft, ob tarifliche Vorschriften zur Eingruppierung anwendbar sind oder es sich nicht vielmehr bei der arbeitsvertraglichen Regelung um eine konstitutive Festlegung der Eingruppierung handelt. Sollte die arbeitsvertragliche Regelung konstitutiv sein, würde dies bedeuten, dass allein sie ausschlaggebend ist und der Klägerin aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarung nur insoweit eine bestimmte Bewertungsgruppe zuerkannt werden kann, als die Parteien diese zumindest konkludent vereinbart haben. Eine Vereinbarung der Parteien zur Zahlung von Vergütung nach Bewertungsgruppe 6 liegt jedoch nicht vor.

Sollten die Parteien mit der arbeitsvertraglichen Vergütungsregelung lediglich deklaratorisch auf die Bewertungsgruppe verwiesen haben, könnte zwar geprüft werden, ob der Klägerin nach den tariflichen Eingruppierungsvorschriften eine Eingruppierung nach der Bewertungsgruppe 6 zusteht, diese Prüfung fällt jedoch negativ aus, weil die Klägerin die Voraussetzungen einer Eingruppierung in die Bewertungsgruppe 6 weder erstinstanzlich noch in der 2. Instanz vorgetragen hat. Entgegen der klägerischen Auffassung hat die 1. Instanz das klägerische Vorbringen, welches im Zeitpunkt der Entscheidungsfindung vorlag, hinreichend gewürdigt. Es war jedoch nicht geeignet, den begehrten Eingruppierungsanspruch zu begründen. Auch der in der 2. Instanz seitens der Klägerin vorgetragene Sachverhalt ergibt nicht, dass ihre Tätigkeit in die Bewertungsgruppe 6 des ERTV einzuordnen ist.

Maßgebend für die Eingruppierung sind gemäß § 2 Nr. 2 ERTV die Bewertungsgruppenmerkmale. Die Tätigkeitsbeispiele dienen lediglich der Erläuterung. Sie begründen nur in Verbindung mit den Bewertungsgruppenmerkmalen einen Anspruch auf die entsprechende Einstufung. Dabei richtet sich die Eingruppierung nach der von dem Arbeitnehmer während des ganzen Jahres überwiegend ausgeübten Tätigkeit (§ 3 Abs. 1 ERTV). Der Arbeitnehmer muss im Jahresdurchschnitt zu mehr als 50 % seiner Arbeitszeit Tätigkeiten ausüben, die unter die jeweiligen Tarifmerkmale fallen.

Der Arbeitnehmer, der die Feststellung einer bestimmten Eingruppierung geltend macht, trägt die volle Darlegungs- und ggf. Beweislast für die seinen Anspruch begründenden Tatsachen. Dazu gehört ein Sachvortrag, der es dem Gericht ermöglicht, die Erfüllung der Anforderungen der angestrebten Tätigkeitsmerkmale oder die Zuordnung der Einzeltätigkeiten zu der in einem Richtbeispiel genannten Tätigkeit zu überprüfen. Für die Darlegung der anspruchsbegründenden Anforderungen, die im Eingruppierungsrechtsstreit regelmäßig dem Kläger obliegt, ist es, wenn ein wertender Vergleich zwischen einer Grundtätigkeit und der herausgehobenen Tätigkeit erforderlich ist, nicht ausreichend, wenn der Arbeitnehmer seine eigenen Tätigkeit im Einzelnen beschreibt, sondern er muss darüber hinaus Tatsachen darlegen, die den erforderlichen Vergleich mit den nicht herausgehobenen Tätigkeiten ermöglichen (BAG, Urteil v. 11.02.2004 – 4 AZR 684/02 – Rn. 42, juris).

Bei den Tätigkeitsmerkmalen handelt es sich um sog. Richt- oder Regelbeispiele. Die Anforderungen einer Entgeltgruppe sind regelmäßig dann als erfüllt anzusehen, wenn der Arbeitnehmer eine dem in der Vergütungsgruppe genannten Beispiel entsprechende Tätigkeit ausübt. Wird die vom Arbeitnehmer verrichtete Tätigkeit jedoch nicht oder nicht vollständig von einem Beispiel erfasst, ist auf die allgemeinen Merkmale der Vergütungsgruppe zurückzugreifen (BAG, Urteil vom 19.11.2014 – 4 AZR 996/12 – Rn. 29, juris).

Aus dem klägerischen Vorbringen ergibt sich nicht, dass die Klägerin eines der Tätigkeitsbeispiele der Bewertungsgruppe 6 erfüllt, wie sie in der Protokollnotiz zum Tarifvertrag über die Grundlagen der Arbeitsentgeltregelung (ERTV) genannt sind. Sie erfüllt nicht das Beispiel Fachkraft für Lebensmitteltechnik, die als solche eingesetzt wird. Unerheblich ist dabei, dass sie berechtigt ist, die Berufsbezeichnung Fachkraft für Lebensmitteltechnik zu führen und auch dementsprechend eingesetzt werden könnte, entscheidend ist, ob sie tatsächlich während der im Jahr überwiegend ausgeübten Tätigkeit als Fachkraft für Lebensmitteltechnik eingesetzt ist. Die Anforderung des tatsächlichen Einsatzes als Fachkraft für Lebensmitteltechnik ergibt sich sowohl aus der Nennung im Regelbeispiel als auch gemäß § 3 Abs. 2 ERTV, wonach bei der Eingruppierung in die Bewertungsgruppe nicht die Berufsbezeichnung, sondern die Art der verrichteten Tätigkeit und die Anforderungen an den Arbeitnehmer maßgebend sind. Im letzten Satz zu § 4 ERTV ist dementsprechend festgehalten, dass ein bestimmter Ausbildungsgang für sich allein keinen Anspruch auf Eingruppierung in eine bestimmte Bewertungsgruppe begründet. Ihr Arbeitsvertrag sieht einen Einsatz als Fachkraft für Lebensmitteltechnik nicht vor. Die Klägerin hat keinerlei Tatsachen vorgetragen, aus denen der Schluss gezogen werden könnte, dass sie überwiegend als Fachkraft für Lebensmitteltechnik eingesetzt ist. Eine genauere Beschreibung der von ihr überwiegend ausgeübten Tätigkeiten unterbleibt. Die Klägerin stellt zwar dar, dass sie an diversen Anlagen eingesetzt werden könnte, darauf kommt es jedoch nicht an. Entscheidend ist allein ihr tatsächlicher Einsatz. Worin der im Einzelnen besteht, ist nicht nachvollziehbar. Es bleibt letztlich offen, welche konkrete Anlage sie bedient und welche Anforderungen die von ihr tatsächlich ausgeübte Tätigkeit stellt. Es kann damit kein Einsatz als Fachkraft für Lebensmitteltechnik festgestellt werden.

Die Klägerin hat zudem nicht dargetan, dass das Tätigkeitsbeispiel „Führen von Produktionsanlagen mit höheren Anforderungen als in Bewertungsgruppe 5“ gegeben ist. Dazu hätte die Klägerin zunächst diejenigen Tatsachen vortragen müssen, aus denen sich die Erfüllung eines Tätigkeitsbeispiels der Bewertungsgruppe 5 ergibt, und deren Anforderungen aufzeigen müssen, sodann diejenigen Tatsachen, aus denen der Schluss gerechtfertigt ist, dass diese Anforderungen höher sind, als die in Bewertungsgruppe 5 gestellten. Die Klägerin hat jedoch weder Tatsachen dargetan, aus denen auf ein bestimmtes Richtbeispiel der Bewertungsgruppe 5 geschlossen werden könnte, noch Tatsachen, welche einen wertenden Vergleich dahingehend zulassen, ob gegenüber denen der Bewertungsgruppe 5 höhere Anforderungen gestellt werden. Soweit die Klägerin behauptet, sie sei in der Lage, an mindestens 2, wenn nicht sogar noch mehr Produktionsanlagen oder komplexen Anlagen eigenverantwortlich eingesetzt zu werden, kommt es darauf nicht an. Entscheidend ist gemäß § 3 ERTV die überwiegend tatsächlich ausgeübte Tätigkeit. Ihr Vorbringen, sie führe an den Anlagen nicht nur Wartungen, sondern auch Kleinstreparaturen aus, stellt eine pauschale Behauptung dar. Es lässt sich nicht nachvollziehen, welche konkreten Arbeiten durch sie wann in welchem Umfang durchgeführt worden sein sollen. Damit ist auch eine Bewertung verwehrt, ob es sich tatsächlich um Reparaturarbeiten handelt und welche Anforderungen ggf. mit ihrer Durchführung verbunden sind. Es mag sein, dass mit der Teilnahmebescheinigung vom 28. Juni 2018 die Legitimation für die Fehlersuche an Anlagen gegeben ist, dass die Klägerin allerdings tatsächlich dementsprechende Leistungen im notwendigen Umfang erbringt, erschließt sich nicht. Ebenfalls pauschal ist die klägerische Behauptung, die von ihr durchgeführten Reparaturen seien mit den Reparaturen vergleichbar, welche von den Anlagenfahrern 3 erbracht würden. Die Klägerin versäumt es, im Einzelnen dazutun, welche konkreten Reparaturen sie vornimmt, welche Reparaturen Anlagenfahrer 3 erledigen, aus welchen Umständen sich ergibt, dass die Reparaturen vergleichbar sind.

Schließlich lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin die Gruppenmerkmale der Bewertungsgruppe 6 gemäß § 5 ERTV erfüllt, dass sie Tätigkeiten ausführt, für die Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind, die in der Regel in einer abgeschlossenen einschlägigen Berufsausbildung erworben werden. Hierzu reicht es nicht aus, dass die Klägerin mit ihrem Facharbeiterabschluss über die Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf Fachkraft für Lebensmitteltechnik verfügt. Notwendig ist vielmehr, dass die mit dieser Ausbildung erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten angewandt werden müssen, um die übertragenen Tätigkeiten ausführen zu können. Dazu verhält sich das klägerische Vorbringen nicht. Es ist nicht erkennbar, welche Kenntnisse und Fertigkeiten im Einzelnen für die Ausübung der klägerischen Tätigkeiten aufgewandt werden müssen. Es ist deshalb dem Gericht erst recht nicht möglich, zu beurteilen, ob es sich um Kenntnisse und Fertigkeiten handelt, die in einer abgeschlossenen Berufsausbildung erworben werden (vgl. BAG, Urteil vom 19.11.2014 – 4 AZR 996/12 - Rn. 26, juris).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ein Grund für die Zulassung der Revision kann gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG lediglich für die Frage der Höhe der Zuschlagszahlung für Nachtarbeit bejaht werden. Für diesen Streitgegenstand war die Revision zuzulassen. Im Übrigen liegen Gründe für eine Zulassung der Revision nicht vor.

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