OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.01.2021 - 2 A 10729/20
Fundstelle
openJur 2021, 5183
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2020 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger steht als Polizeihauptkommissar (Besoldungsgruppe A 11) im Dienst des beklagten Landes. Er begehrt die Neufestsetzung seiner (vorläufigen) individuellen Altersgrenze unter Anrechnung von bestimmten, in der Vergangenheit erbrachten Dienstzeiten als sogenannte Wechselschichtdienstzeiten im Sinne von § 111 Abs. 1 Satz 1 des Landesbeamtengesetzes - LBG -.

Nach seiner Verwendung bei der Direktion der Bereitschaftspolizei Rheinland-Pfalz war der Kläger ab dem 1. Mai 2001 bei dem Polizeipräsidium A. tätig, wo er unter anderem bei der Fahndungseinheit der Kriminalinspektion B. eingesetzt war. Am 1. Oktober 2013 wurde er zum Polizeipräsidium C. versetzt und dort der Polizeiinspektion D. als Sachbearbeiter im Wechselschichtdienst zugewiesen.

Mit Bescheid vom 14. August 2018 setzte das Polizeipräsidium C. die individuelle Altersgrenze des Klägers auf das vollendete 62. Lebensjahr fest. Hierbei sei der vom Kläger bislang geleistete Wechselschichtdienst in einem Umfang von 13 Jahren, 4 Monaten und 11 Tagen berücksichtigt worden.

Gegen den Bescheid erhob der Kläger unter dem 29. August 2018 Widerspruch, den er damit begründete, seine vom 19. März bis 26. Mai 2007 sowie vom 1. Juli 2008 bis 30. September 2013 verbrachte Dienstzeit bei der Fahndungseinheit der Kriminalinspektion B. sei zu Unrecht nicht als Wechselschichtdienstzeit anerkannt worden. Er habe für diesen Zeitraum eine Wechselschichtzulage erhalten. Dies spreche dafür, dass der Dienstherr seinerzeit selbst von einer Verwendung im Wechselschichtdienst ausgegangen sei. Auch komme es nach der gängigen Rechtsprechung nicht darauf an, ob ein Wechselschichtdienst tatsächlich verrichtet und welche Bezeichnung dafür verwendet worden sei. Der Gesetzgeber habe mit der Formulierung "in Funktionen des Wechselschichtdienstes" ersichtlich allein auf die Belastungen abgestellt, die mit einer Diensttätigkeit zu wechselnden Zeiten im Schichtdienst verbunden seien. Hätte der Gesetzgeber ausschließlich auf den Begriff des Wechselschichtdienstes abstellen wollen, erscheine die Verwendung des Wortes "Funktion" überflüssig. Entscheidend sei deshalb nicht, ob eine Dienstverrichtung tatsächlich "rund um die Uhr" gegeben sei. Vielmehr komme es darauf an, ob dem Beamten eine ständige Umstellung des Dienst- und Lebensrhythmus abverlangt werde, der sich größtenteils auch antizyklisch zum natürlichen menschlichen Biorhythmus sowie zum Sozialleben im privaten Umfeld verhalte. Der Gesetzgeber sehe deshalb eine verkürzte Lebensarbeitszeit auch für solche Beamte vor, deren Dienstverrichtung regelmäßig solche erheblichen Auswirkungen auf die Gesundheit habe, die einer Tätigkeit im Wechselschichtdienst entsprächen. Außerdem sei eine Selbstbindung der Verwaltung eingetreten, da die Zeiten bei der Fahndungseinheit der Kriminalinspektion B. bei sämtlichen Kollegen als Wechselschichtdienstzeiten anerkannt worden seien. Weiterhin sehe § 111 LBG eine Härtefallregelung vor, deren Voraussetzungen nicht geprüft worden seien.

Mit am 1. Juli 2019 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2019 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Ein Wechselschichtdienst im Sinne von § 111 LBG liege nur vor, wenn er in der in § 13 Abs. 1 der Landeserschwerniszulagenverordnung - LEZulVO - definierten Form abgeleistet werde. Die Ableistung von bloßem Schichtdienst im Sinne von § 13 Abs. 2 LEZulVO genüge hierfür nicht. In Rheinland-Pfalz leisteten Fahndungseinheiten der Polizei landesweit keinen Wechselschichtdienst. Für den dort tätigen Personenkreis bestehe daher auch kein Anspruch auf Zahlung einer Zulage nach § 13 Abs. 1 LEZulVO. Ob eine andere Polizeibehörde für die Zeiten innerhalb einer Fahndungseinheit (rechtswidrig) die volle Wechselschichtzulage gezahlt habe, könne dabei außer Acht bleiben. Durch die Praxis einer einzelnen Polizeibehörde entfalte sich keine Selbstbindung der Verwaltung hinsichtlich der übrigen Polizeidienststellen. Die Härtefallregelung des § 111 Abs. 1 Satz 4 LBG könne vorliegend ebenfalls nicht zum Zuge kommen. Diese beziehe sich lediglich auf die Mindeststufe des § 111 Abs. 1 Satz 1 LBG, welche nach dessen Nummer 6 bei 20 Jahren liege. Über die Härtefallregelung könnten hingegen keine Tätigkeiten anerkannt werden, die nicht unter die in § 111 Abs. 1 Satz 1 LBG (abschließend) genannten Bereiche fielen.

Der Kläger hat am 31. Juli 2019 Klage erhoben und zu deren Begründung sein bisheriges Vorbringen vertieft.

Er hat beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 14. August 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juni 2019 zu verpflichten, seine individuelle Altersgrenze nach § 111 LBG unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts festzusetzen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er in Ergänzung seines bisherigen Vorbringens ausgeführt, im Rahmen von § 111 Abs. 1 LBG solle grundsätzlich der sich aus dem Ableisten von Wechselschichtdienst ergebenden tatsächlichen Belastung Rechnung getragen werden. Daher könnten polizeiliche Tätigkeiten, die im versetzten Tagesdienst erbracht würden oder die mit lediglich unregelmäßigen Arbeitszeiten verbunden seien, nicht als Wechselschichtdienst angerechnet werden. In den rheinland-pfälzischen Fahndungseinheiten werde landesweit kein Dienst nach einem feststehenden Schichtplan im Wechselschichtdienst "rund um die Uhr" geleistet. Zwar sei es zutreffend, dass auch Beamtinnen und Beamte mit unregelmäßigen Dienstzeiten gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt seien und deren soziale Teilhabe eingeschränkt sei. Der Gesetzgeber habe jedoch im Rahmen der Fürsorge diesen Aspekt bewertet und lediglich den Personenkreis der Wechselschichtdienstleistenden bei der Absenkung der Altersgrenze berücksichtigt. Die dem Polizeiberuf immanente Belastung sei ansonsten bereits durch die besondere Altersgrenze des 62. Lebensjahres ohne anrechenbare Zeiten abgegolten. Soweit dem Kläger seinerzeit als Beamter bei der Fahndungseinheit der Kriminalinspektion B. ohne die tatsächliche Ausübung eines Wechselschichtdienstes eine Wechselschichtzulage gezahlt worden sei, sei dies in rechtswidriger Weise erfolgt.

Mit Urteil vom 12. Mai 2020 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die bei der Fahndungseinheit der Kriminalinspektion B. verbrachte Dienstzeit des Klägers stelle keinen Wechselschichtdienst im Sinne von § 111 Abs. 1 Satz 1 LBG dar, da kein regelmäßiger Wechsel der täglichen Arbeitszeit stattgefunden habe, sondern die Dienste bedarfsorientiert und nach Einsatzlage geplant und besetzt worden seien. Die Bestimmung des § 111 Abs. 1 Satz 1 LBG könne vorliegend auch nicht deswegen entsprechend bzw. als "Auffangklausel" herangezogen werden, weil sie an eine Tätigkeit "in Funktionen des Wechselschichtdienstes" anknüpfe. Mit dieser Formulierung würden vielmehr auch solche Zeiten erfasst, in denen der (tatsächlich geleistete) Wechselschichtdienst etwa zur Inanspruchnahme von Erholungsurlaub unterbrochen werde. Darüber hinaus könne der Kläger auch nichts aus dem Umstand herleiten, dass ihm für den entsprechenden Zeitraum eine Zulage nach § 13 Abs. 1 LEZulVO ausbezahlt worden sei. Die (rechtswidrige) Gewährung einer Erschwerniszulage entfalte keine Bindungswirkung hinsichtlich der Regelung des § 111 LBG. Dies ergebe sich zum einen aus dem Zweck des § 111 Abs. 1 LBG, nur den tatsächlich entstandenen Belastungen durch Ableistung des Wechselschichtdienstes Rechnung zu tragen. Zum anderen finde sich weder in § 111 LBG noch in dessen Vorgängerregelung ein Anknüpfungspunkt, der es erlaubte, allein von der Gewährung einer Wechselschichtzulage nach § 13 LEZulVO auf die tatsächliche Verrichtung von Wechselschichtdienst zu schließen. Auch der weitere Vortrag des Klägers führe nicht zum Erfolg der Klage. Soweit sich der Kläger darauf berufe, ihm sei eine Verwendung im Wechselschichtdienst "zugesichert" worden, fehle es dieser jedenfalls an der Schriftform. Die Härtefallregelung des § 111 Abs. 1 Satz 4 LBG sei (derzeit) schon von ihrem Wortlaut her nicht einschlägig. Was schließlich den Vortrag anbelange, bei anderen Beamtinnen und Beamten sei die Tätigkeit bei der Fahndungseinheit der Kriminalinspektion B. als Wechselschichtdienstzeit anerkannt worden, könne er hieraus nichts für sich herleiten. Eine Selbstbindung der Verwaltung könne sich nur innerhalb einer rechtmäßigen Verwaltungspraxis entwickeln.

Gegen das Urteil hat der Kläger die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Er macht mit dieser - seinen bisherigen Vortrag wiederholend und ergänzend - insbesondere geltend, das Verwaltungsgericht lege den vom Gesetzgeber verwendeten Begriff "in Funktionen des Wechselschichtdienstes" zu eng aus. Aus der Begründung des Gesetzentwurfs zur Vorgängerregelung ergebe sich, dass es auf den Rechtsgrund der Zahlung der Wechselschichtzulage nicht ankomme. Daher genüge die bloße Zahlung der Zulage auch für die Annahme der Voraussetzungen des § 111 LBG. Darüber hinaus sei der Beklagte selbst davon ausgegangen, die Voraussetzungen für die Zahlung der Wechselschichtzulage lägen vor. Er habe dies auch so kommuniziert und damit einen Vertrauenstatbestand geschaffen, der hilfsweise als Rechtsgrund für die Zahlung heranzuziehen sei. Es liege auch eine Selbstbindung der Verwaltung vor, da die Anerkennung der Tätigkeit anderer Beamtinnen und Beamter bei der Kriminalinspektion B. als Wechselschichtdienstzeit rechtmäßig erfolgt sei. Schließlich verkenne das Verwaltungsgericht, dass er - der Kläger - tatsächlich erhöhten Belastungen ausgesetzt gewesen sei. Nach dem Willen des Gesetzgebers seien besondere Belastungen aber stets im Rahmen des § 111 LBG zu berücksichtigen.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 12. Mai 2020 - 5 K 827/19.KO - den Berufungsbeklagten unter Abänderung des Bescheids vom 14. August 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juni 2019 zu verpflichten, seine individuelle Altersgrenze nach § 111 LBG unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Der Kläger habe bei der Kriminalinspektion B. keinen Wechselschichtdienst geleistet. Die Regelung des § 111 LBG beinhalte einen abschließenden Katalog, der keinen Interpretationsspielraum zulasse. Der in den in Rede stehenden Fahndungseinheiten der Polizei geleistete Dienst stelle sich nicht als Wechselschichtdienst dar, da er unregelmäßig erfolge und nicht alle Schichten abdecke. Zudem bestehe keine Dienstplanung für ein ganzes Kalenderjahr. Die mit dem Einsatz einhergehenden Belastungen würden insbesondere durch die Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten abgedeckt. Entgegen der Auffassung des Klägers habe der Gesetzgeber mit der Formulierung "in Funktionen des Wechselschichtdienstes" auch keine Regelungslücke hinterlassen. Hierdurch sei vielmehr eine Beweiserleichterung geschaffen worden, um bestimmte, früher dem Polizeidienst zugehörige Funktionen dem (heutigen) Wechselschichtdienst zuordnen zu können. Die Dienstverrichtung des Klägers stelle aber gerade keinen solchen "Altfall" dar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Beteiligten, auf die Verwaltungs- und Widerspruchsakte (1 Band) sowie die Personalakten des Klägers (6 Bände) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage zu Recht abgewiesen. Sie ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet.

I. Der Bescheid vom 14. August 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juni 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung seiner in der Fahndungseinheit der Kriminalinspektion B. vom 19. März bis 26. Mai 2007 sowie vom 1. Juli 2008 bis 30. September 2013 abgeleisteten Dienstzeiten als Wechselschichtdienst, da die Voraussetzungen des § 111 Abs. 1 Satz 1 des Landesbeamtengesetzes - LBG - nicht vorliegen.

In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass ein die Vorziehung der Altersgrenze rechtfertigender Wechselschichtdienst nur bei solchen Polizeibeamtinnen und -beamten vorliegt, für die nach einem Dienstplan ein regelmäßiger Wechsel der täglichen Arbeitszeit im Volldienst vorgesehen ist, die also abwechselnd in der Früh-⁠, Spät- und Nachtschicht eingesetzt werden (vgl. OVG RP, Urteil vom 10. Juni 2005 - 2 A 10187/05.OVG -, juris Rn. 22; Urteil vom 5. Februar 2007 - 2 A 11206/06.OVG -, juris Rn. 23, jeweils zu § 208 LBG a.F.). Maßgeblich ist zudem, dass der Beamte ständig nach einem Schichtplan (Dienstplan) eingesetzt ist, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten "rund um die Uhr" (wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird) vorsieht. Das dem Begriff des Wechselschichtdienstes immanente Kriterium des regelmäßigen (und damit nicht bedarfsorientierten) Wechsels der Dienstzeiten in Wechselschichten ist soweit ersichtlich in der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 21. März 1996 - 2 C 24.95 -, juris Rn. 27 f.; vom 25. Januar 2007 - 2 C 28.05 -, NVwZ 2007, 1192 und juris Rn. 39; vom 27. Oktober 2011 - 2 C 73.10 -, juris Rn. 10; Beschluss vom 12. Dezember 2011 - 2 B 9.11 -, juris Rn. 3; OVG LSA, Beschluss vom 22. Juli 2014 - 1 M 63/14 -, juris Rn. 10; VGH BW, Urteil vom 21. Januar 2015 - 4 S 1644/14 -, juris Rn. 17 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Juni 2015 - 6 B 40.15 -, juris Rn. 15 ff.; OVG NRW, Beschlüsse vom 29. Januar 2014 - 6 A 2207/12 -, juris Rn. 6, 12; und vom 2. März 2020 - 6 A 3132/18 -, juris Rn. 13).

Wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, handelt es sich vor diesem Hintergrund bei dem vom Kläger in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen bei der Fahndungseinheit der Kriminalinspektion B. geleisteten Dienst nicht um einen Wechselschichtdienst im Sinne von § 111 Abs. 1 Satz 1 LBG. Die Vorinstanz hat hierzu bereits ausgeführt, der Kläger habe nach seinem eigenen Vortrag zwar Dienst in Früh-, Spät- und Nachtschichten verrichtet. Gleichwohl habe ein regelmäßiger Wechsel der Arbeitszeit nicht stattgefunden. Vielmehr seien die Dienste bedarfsorientiert und nach Einsatzlage geplant und besetzt worden. Darüber hinaus sei nach Angaben des Klägers in den Arbeitsschichten auch nicht vollschichtig, mithin ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags, gearbeitet worden. Der Senat teilt die daraus resultierende Bewertung einer Unanwendbarkeit von § 111 Abs. 1 LBG und nimmt zu Vermeidung weiterer Wiederholungen gemäß § 130b Satz 2 VwGO ausdrücklich Bezug auf die zutreffenden und präzisen erstinstanzlichen Ausführungen (Urteilsabdruck S. 5 ff.). Mit Blick auf das Berufungsvorbringen des Klägers sieht sich der Senat lediglich zu folgenden Ergänzungen veranlasst:

1. Die tatsächlich erfolgte Zahlung der Wechselschichtzulage an den Kläger führt auch vor dem Hintergrund der Gesetzesbegründung zu § 208 LBG a.F. als der Vorgängerreglung zu § 111 LBG nicht zu einem Anspruch auf Anerkennung der Dienstzeiten bei der Fahndungseinheit der Kriminalinspektion B. als Wechselschichtdienstzeiten. Für das vom Kläger zugrunde gelegte weite Verständnis des Tatbestandsmerkmals "in Funktionen des Wechselschichtdienstes" (vgl. § 111 Abs. 1 Satz 1 LBG) ist vorliegend kein Raum. Zutreffend ist zwar, dass in der Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der SPD und FDP vom 9. Januar 2003 (LT-Drucks. 14/1800) auf Seite 11 zu den Voraussetzungen für eine Beibehaltung der bisherigen Altersgrenze (Vollendung des 60. Lebensjahres) ausgeführt ist, hiervon sei aus verwaltungsökonomischen Gründen insbesondere dann auszugehen, wenn mindestens 25 Jahre die Wechselschichtzulage bezogen worden sei, wobei es auf den Rechtsgrund der Zahlung nicht ankomme. Diese Ausführungen bezogen sich aber ersichtlich auf § 208 LBG in der im Gesetzentwurf vom 9. Januar 2003 enthaltenen Fassung. Diese Entwurfsfassung lautete wie folgt (vgl. LT-Drucks 14/1800, S. 3):

"Für Polizeibeamte bildet das vollendete 60. Lebensjahr die Altersgrenze, wenn sie mindestens 25 Jahre in Funktionen des Wechselschichtdienstes eingesetzt waren; diese Voraussetzung erfüllt insbesondere, wer mindestens 25 Jahre eine Zulage für Wechselschichtdienst erhalten hat."

Die Entwurfsfassung vom 9. Januar 2003 hat im weiteren Gesetzgebungsverfahren indes keinen Niederschlag gefunden. § 208 Abs. 1 Satz 1 LBG in der ab dem Jahr 2004 geltenden Fassung vom 10. April 2003 (GVBl. S. 55) lautete vielmehr:

"Für Polizeibeamte bildet das vollendete 60. Lebensjahr die Altersgrenze, wenn sie mindestens 25 Jahre in Funktionen des Wechselschichtdienstes, im Mobilen Einsatzkommando, im Spezialeinsatzkommando oder in der Polizeihubschrauberstaffel eingesetzt waren."

Der Regelungsbestandteil über eine "vermutete" Wechselschichtdiensttätigkeit bei Bezug der Wechselschichtzulage ist nicht mehr enthalten, weshalb die hierauf bezogene Begründung zur (ergänzenden) Auslegung der Bestimmung nicht mehr herangezogen werden kann. Die vom Kläger angesprochene Passage begründet mit anderen Worten nicht "das Gesetz", sondern einen Entwurf desselben. Die im Wesentlichen erneut auf die Gesetzesbegründung vom 9. Januar 2003 abstellende Berufungsbegründung verkennt damit, dass die Auslegung einer Gesetzesbestimmung nicht durch solche Motive gebunden werden kann, die im Gesetzgebungsverfahren dargelegt wurden, im Gesetzeswortlaut aber keinen Ausdruck gefunden haben (vgl. auch BGH, Urteil vom 14. April 1983 - VII ZR 199/82 -, juris Rn. 15; Beschlüsse vom 21. Februar 1995 - KVR 4/94 -, juris Rn. 46; vom 8. Februar 2011 - X ZB 4/10 -, juris Rn. 20; vom 19. April 2012 - I ZB 80/11 -⁠, juris Rn. 30; vom 19. April 2012 - I ZB 77/11 -, juris Rn. 29; HessVGH, Urteil vom 23. März 2017 - 6 A 414/15 -, juris Rn. 43). Nur dann, wenn der Wille des Gesetzgebers bzw. der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten auch im Text Niederschlag gefunden hat, kann dieser bei der Interpretation berücksichtigt werden (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 17. Mai 1960 - 2 BvL 11/59 u.a. -, BVerfGE 11, 126 [130] und juris Rn. 18; Urteil vom 19. Dezember 1961 - 2 BvL 6/59 -, BVerfGE 13, 261 [268] und juris Rn. 42; Urteil vom 16. Februar 1983 - 2 BvE 1/83 u.a. -, BVerfGE 62, 1 [45] und juris Rn. 124; BFH, Urteil vom 25. Juli 2012 - I R 101/10 -, juris Rn. 22). So liegt es hier aber gerade nicht.

2. Vor diesem Hintergrund kommt der tatsächlich erfolgten Zahlung einer Zulage nach § 13 Abs. 1 der Landeserschwerniszulagenverordnung - LEZulVO - (Wechselschichtzulage) keine Bedeutung bei der Prüfung der Voraussetzungen der besonderen Altersgrenze von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten nach § 111 Abs. 1 LBG zu. Weder dem Wortlaut des Gesetzes noch der (hierauf bezogenen) Entstehungsgeschichte lassen sich entnehmen, dass dieser rein faktische Umstand eine "Bindungswirkung" für die Berechnung der Altersgrenze des § 111 Abs. 1 LBG entfaltet. Fehlt es an diesem Konnex zwischen Zulagengewährung und Berechnung der Altersgrenze, kommt es auf die vom Kläger im Berufungsverfahren aufgestellten Behauptungen nicht an. Namentlich bedurfte es nicht der Klärung, aus welcher Motivlage heraus der Dienstherr seinerzeit die Wechselschichtzulage gewährt hat und ob ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde, der hilfsweise als Rechtsgrund für die erfolgten Zahlungen heranzuziehen ist. Selbst wenn man letzteren Gesichtspunkt im Sinne des Klägers unterstellen wollte, ergäben sich hieraus keine Auswirkungen auf § 111 Abs. 1 LBG, da - wie ausgeführt - die ursprünglich im Gesetzentwurf zu § 208 LBG a.F. vorgesehene "Indizwirkung" einer Zahlung der Wechselschichtzulage im allein maßgeblichen Gesetzeswortlaut keinen Niederschlag gefunden hat.

3. Mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen gehen die weiteren Ausführungen des Klägers zu einer Selbstbindung der Verwaltung bereits von einer falschen Annahme aus. Weder aus § 111 Abs. 1 LBG noch aus der Zahlung einer Zulage nach § 13 LEZulVO lässt sich ein Anspruch auf Anerkennung von bei der Fahndungseinheit der Kriminalinspektion B. verbrachter Dienstzeit als Wechselschichtdienst herleiten. Daher trifft schon die Prämisse des Klägers nicht zu, eine Anerkennung von Wechselschichtdienstzeiten bei anderen bei der Fahndungseinheit der Kriminalinspektion B. eingesetzten Beamtinnen und Beamten sei rechtmäßig erfolgt. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall. Der Kläger beanspruchte unter Rückgriff auf Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG - eine Gleichbehandlung oder Gleichheit im Unrecht, die sich der genannten Verfassungsbestimmung indes gerade nicht entnehmen lässt (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 1969 - 8 C 104.69 -, BVerwGE 34, 278 [282 f.]; vom 8. Juli 1970 - 8 C 64.70 -, BeckRS 1970, 31286341; vom 13. Dezember 2006 - 6 C 17.06 -, juris Rn. 25; und vom 25. Januar 2007 - 2 C 28.05 -, juris Rn. 44; OVG RP, Urteile vom 15. Juli 1992 - 2 A 10612/92.OVG -, juris Rn. 26; vom 9. Mai 2003 - 10 A 11811/02.OVG -, juris Rn. 26; und vom 22. November 2011 - 8 A 10443/11.OVG -, juris Rn. 125; Wollenschläger, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rn. 218 m.w.N. in Fn. 583).

4. Was schließlich den Einwand des Klägers anbelangt, er sei während seiner Dienstverrichtung bei der Fahndungseinheit der Kriminalinspektion B. in tatsächlicher Hinsicht erhöhten Belastungen - etwa durch seinerzeit geleistete Nachtdienste - ausgesetzt gewesen, vermag er hieraus nichts für sich herzuleiten. Auch hierzu hat das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt, dass andere als die in § 111 Abs. 1 Satz 1 LBG genannten Funktionen selbst dann nicht berücksichtigungsfähig sind, wenn sie im Einzelfall ebenfalls mit einer (besonderen) Belastung des Beamten einhergehen. Vielmehr ist es grundsätzlich und so auch hier vom Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers umfasst, eine typisierende Beurteilung vorzunehmen und nur solche Tätigkeiten und Funktionen als maßgeblich für besondere Altersgrenzen anzusehen, mit denen regelmäßig (typischerweise) besondere Belastungen verbunden sind. Hierin liegt ein plausibler und sachlich vertretbarer Grund, der eine generalisierende Regelung des Gesetzgebers rechtfertigt (vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Mai 2008 - 2 BvR 1081/07 -, juris Rn. 15 mit Verweis auf BVerfG, Beschlüsse vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 -, BVerfGE 76, 256 [295]; vom 4. April 2001 - 2 BvL 7/98 -, BVerfGE 103, 310 [320]; und vom 6. Mai 2004 - 2 BvL 16/02 -, BVerfGE 110, 353 [364 f.]).

Die Nichtberücksichtigung der vom Kläger geltend gemachten Dienstzeiten durch den Beklagten ist danach nicht zu beanstanden und die Berufung mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

II. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 der Zivilprozessordnung.

III. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bzw. § 127 Beamtenrechtsrahmengesetz bezeichneten Art nicht vorliegen.

B e s c h l u s s

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß §§ 47, 52 Abs. 6 Satz 4, 63 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes - GKG - auf 26.817,42 € festgesetzt.

Zitate28
Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte