LAG Hamm, Beschluss vom 18.01.2021 - 8 Ta 584/20
Fundstelle
openJur 2021, 5150
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 5 Ca 1322/19

Die Unterlassungsklage einer Führungskraft gegen streitgenossenschaftlich in Anspruch genommene, in der Hierarchie unterstellte Beschäftigte, welche auf die Unterlassung von Angaben zu den tatsächlichen Grundlagen einer Wertung zu Defiziten in der Führungskompetenz gerichtet ist, kann im Schwerpunkt vermögensrechtlicher Natur und wertmäßig deshalb in Orientierung an die Wertung des § 42 Abs. 2 S. 1 GKG zu erfassen sein. Dies kommt in Betracht, wenn die Abwendung von Nachteilen im Arbeitsverhältnis im Mittelpunkt des von der Führungskraft verfolgten Klagebegehrens steht.

Tenor

Auf die Beschwerde der Beklagtenvertreter vom 27. Oktober 2020 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 27. Juli 2020 - 5 Ca 1322/19 - abgeändert. Der Gebührenstreitwert wird nach § 32 Abs. 2 S. 1 RVG in Verbindung mit § 68 Abs. 2 GKG auf 25.000,00 € festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Festsetzung des Gebührenstreitwerts für ein Ehrschutz- und Schadensersatzverfahren mit zwei gemeinsam in Anspruch genommenen Beklagten, die korrespondierend Widerklage wegen Auskunft erhoben hatten.

I.

Der Kläger ist seit dem Jahr 2017 als Ressortleiter IV (nicht verbeamteter Verwaltungsdezernent) bei der Stadt J angestellt. Die jeweils seit Juni 2018 ebenfalls dort beschäftigten Beklagten leiteten während des hier fraglichen Zeitraums im Ressort des Klägers die Bereiche 42 (Beklagte zu 2.), mit den Abteilungen Flüchtlings- und Notunterbringung, Beschäftigungsförderung und Teilhabe, und 43 (Beklagte zu 1.) u. a. mit den Abteilungen Aufenthaltsrecht, Einbürgerungen und Sozialversicherung. In einem am 5. Dezember 2018 mit dem Kläger geführten Gespräch forderten die Beklagten diesen zu einer verbesserten Zusammenarbeit in der Hierarchie, insbesondere zu einem engeren, zeitnäheren und direkteren Informationsaustausch und erhöhter Ansprechbarkeit bei dringendem Klärungsbedarf auf.

Wegen aus der Sicht der Beklagten insoweit fortbestehender Defizite im Führungsverhalten des Klägers wandten sich diese wenige Wochen danach mit der Bitte um ein vertrauliches Gespräch an den Bürgermeister der Stadt in dessen Funktion eines gemeinsamen Dienstvorgesetzten. Dieses Gespräch ist, ohne Beteiligung des Klägers, am 4. Februar 2019 geführt worden. Im Nachgang fassten die Beklagten, der dortigen Aufforderung des Bürgermeisters folgend, ihre Wahrnehmung zur Zusammenarbeit mit dem Kläger bzw. insoweit ausgemachter Kritikpunkte in einem unter dem 4. Februar 2019 für den internen Dienstgebrauch erstellten Schriftstück zusammen (Bl. 462 bis 464 d.A), auf welches wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. In der Folgezeit war der Inhalt dieses Schriftstücks wiederholt Gegenstand der Beratung in politischen Gremien der Stadt. Auch die örtliche Presse wurde aufmerksam. Der Kläger selbst erlangte spätestens im März 2019 Zugriff auf das Papier und Kenntnis von dessen Inhalten, wobei er sich zu den Umständen der Kenntniserlangung - trotz Aufforderung der Beklagten - bis zum Abschluss der ersten Instanz nicht erklärt hat.

Nach zurückgewiesener Aufforderung zur Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung bzgl. aus dem Gesamtkontext des Schreibens isolierter einzelner Begründungstatsachen, die der anwaltlich vertretene Kläger gegenüber den Beklagten unter Bezugnahme auf das genannte Schreiben zunächst außergerichtlich geltend gemacht hatte, nahm dieser mit am 8. April 2019 beim Landgericht Hagen anhängig gemachter Klage die Beklagten gemeinschaftlich entsprechend auf dem Rechtsweg in Anspruch. Insoweit ließ er zunächst folgende Anträge ankündigen:

1. die Beklagten zu verurteilen, nachfolgende Äußerungen oder sinngemäß inhaltsgleiche Äußerungen gegenüber dem Bürgermeister der Stadt J, deren Ratsmitgliedern, städtischen Angestellten, Medien oder sonstigen Dritten in welcher Form auch immer zukünftig zu unterlassen:

a. Zwischen dem Kläger und den Abteilungsleitungen 42 und 43 existiert seit Juni 2018 keinerlei Kommunikation mehr;

b. in den ersten Wochen/Monaten nach Dienstbeginn hatten wir bis auf die 14-tägigen Rücksprachen keine direkten Kontakte zu dem Kläger;

c. auch in dringenden Angelegenheiten bestand in aller Regel keine Möglichkeit, einen Termin zur Rücksprache beim Kläger zu bekommen;

d. Entscheidungen werden ausschließlich auf Ressortleiterebene getroffen. Unsere Fachlichkeit und persönliche Einschätzung werden vom Kläger in keiner Weise abgefragt;

e. die Beklagte zu 2. hat vom Kläger die Anweisung erhalten, hinsichtlich der Belegungskapazität im I-Haus falsche Angaben zu machen;

f. bis heute haben wir kein einziges Mal mit dem Kläger über Themen im Sozialausschuss gesprochen.

2. Den Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die bestehenden Verpflichtungen unter Ziffer 1. aufzugeben, eine Vertragsstrafe in Höhe von insgesamt 10.000.- Euro (zehntausend) unter Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs zu zahlen, ersatzweise Ordnungshaft aufzuerlegen.

3. Den Beklagten die vorgerichtlichen Anwaltskosten in i.H.v. jeweils 1.171,67 € aufzuerlegen.

4. Festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihm jeglichen Schaden zu ersetzen, der durch die in Ziffer 1. bezeichnete Handlung in der Vergangenheit entstanden ist und/oder zukünftig entstehen wird.

Zur Begründung verwies der Kläger darauf, dass es sich bei den mit dem Antrag zu 1. angesprochenen Äußerungen um sachlichinhaltlich falsche Behauptungen der Beklagten zu den tatsächlichen Umständen der Zusammenarbeit handle. Hinsichtlich unwahrer Tatsachenbehauptungen greife jedoch die von der Beklagtenseite reklamierte grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG nicht ein. Durch die sachlich falschen Angaben werde sein Persönlichkeitsrecht verletzt. Das fragliche Schriftstück kursiere in der Verwaltungsspitze und sei - was unstreitig blieb - politischen Mandatsträger zugänglich gemacht worden. Die sachlich falsche Darstellung und deren Folgen habe bei ihm persönlich psychosomatische Belastungsreaktionen ausgelöst und zu mehrwöchiger Arbeitsunfähigkeit geführt. Durch den Bürgermeister seien wegen der Angaben der Beklagten - was als solches unstreitig blieb - weitreichende behördenorganisatorische Maßnahmen mit der Folge ergriffen worden, dass ihm seither (Stand April 2019) nur noch im Bereich Kultur Leitungsfunktionen übertragen blieben, diese im Übrigen aber entzogen worden seien. Aus dem damit verbundenen Reputationsverlust drohten berufliche Nachteile und letztlich auch Einkommenseinbußen. Den Streitwert gab der Kläger mit vorläufig 40.000,00 € (je 20.000,00 € je Beklagter) an.

Mit Beschluss vom 11. Juni 2019 hat das Landgericht Hagen den ordentlichen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtstreit an das Arbeitsgericht Iserlohn verwiesen. Mit Beschluss vom 17. Oktober 2019 wies das Arbeitsgericht den Kläger darauf hin, dass etwaige Schadensersatzansprüche inzwischen ggf. bezifferbar sein dürften und ein Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Anwaltskosten nach § 12a Abs. 1 ArbGG ausgeschlossen sei. Mit bestimmendem Schriftsatz vom 20. Dezember 2019 nahm der Kläger daraufhin den Leistungsantrag zu 3. zurück und kündigte, ausdrücklich in Abänderung des bisherigen Feststellungsantrags zu 4., einen auf Zahlung eines der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellten Schmerzensgeldes gerichteten Zahlungsantrag an (Mindestbetrag 5.000,00 €).

Mit Widerklage vom 7. April 2020 ließen die durch die Beschwerdeführer anwaltlich vertretenen Beklagten einen Auskunftsantrag dahin anhängig machen, von wem und bei welcher Gelegenheit der Kläger die schriftliche Zusammenfassung der gegenüber dem Bürgermeister vorgebrachten Kritikpunkte erhalten habe. Im Kammertermin vom 20. April 2020 stellte der Kläger auf Nachfrage des Gerichts klar, dass sich der angekündigte Klageantrag zu 2. (zur "Vertragsstrafe") als Antrag i.S.d. § 890 Abs. 2 ZPO zu Vorbereitung der ggf. beabsichtigten Zwangsvollstreckung verstehe, worauf dieser Antrag - ohne Widerspruch der Beklagten - mit eben diesem Inhalt neben dem Unterlassungsantrag, dem Zahlungsantrag und dem Widerklageantrag zu Protokoll genommen und durch klage- und widerklageabweisendes Urteil vom 26. Mai 2020 beschieden worden ist.

Gegen diese Entscheidung hat allein der Kläger am 22. Juni 2020 Berufung eingelegt, die mit Urteil vom 25. November 2020 - soweit nicht punktuell mit der Beklagten zu 2. ein Teilvergleich zustande kam - inzwischen kostenpflichtig zurückgewiesen worden ist (4 Sa 752/20). Das Berufungsurteil ist noch nicht rechtskräftig.

Zuvor, mit Beschluss vom 27. Juli 2020, setzte das Arbeitsgericht auf Antrag der Beschwerdeführer - aber entgegen deren Anregungen zur Höhe - den Gebührenstreitwert auf insgesamt 7.250,00 € fest, was mit dem im Urteil angegebenen Rechtsmittelstreitwert korrespondiert. Wegen der dazu gegebenen Begründung wird auf das vorausgehende Anhörungsschreiben des Arbeitsgerichts vom 30. Juni 2020 (Bl. 384/385 d. A.) Bezug genommen.

Gegen diese Festsetzung wenden sich die Beschwerdeführer mit ihrem unter dem 27. Oktober 2020 aus eigenem Recht aufgerufenem Behelf. Der Gebührenstreitwert sei vorliegend, wie in der Klageschrift angegeben, entsprechend dem klägerischen Interesse nicht unterhalb 40.000,00 € festzusetzen.

Zur Begründung machen sie geltend, dass hinsichtlich der mit dem Antrag zu 1. angesprochenen Tatsachenbehauptungen nach § 42 Abs. 2 GKG jeweils ein Wert von 5.000,00 €, jedoch keinesfalls ein Gesamtwert unterhalb 15.000,00 bis 20.000,00 € festzusetzen sei. Die Unterlassung dieser Äußerungen sei angesichts der Schwere der Vorwürfe, deren zwischenzeitlicher Verbreitung, der darauf bezogenen Presseberichterstattung und der daraus folgenden Maßnahmen der Stadt für die Tätigkeit des Klägers und den Zuschnitt des Ressorts von herausgehobener Bedeutung. Dieser verfolge den Unterlassungsanspruch gerade wegen der damit verbundenen bzw. zu befürchtenden beruflichen Nachteile in Ansehen, Stellung und Reputation, der Sorge vor wirtschaftlichen Nachteilen mit Bezug auf das Arbeitsverhältnis zur Stadt und der Folgen für den persönlichen, fachlichen und sozialen Geltungsanspruch gegenüber der Öffentlichkeit.

Der Antrag zu 2. habe zumindest nach ursprünglicher Fassung und Klageziel - ggf. rechtsirrig - die Androhung und Zahlung einer Vertragsstrafe zu seinen Gunsten zum Gegenstand gehabt und sei deshalb mit der insoweit bezifferten Höhe (10.000,00 €) in den Gesamtwert einzustellen. Der ursprünglich angekündigte Feststellungsantrag habe über das Schmerzensgeld hinausgehende Ansprüche, etwa den Ersatz von Heilbehandlungskosten und Verdienstausfall, mit umfasst. Insoweit sei ein Wert in Höhe von mindestens 15.000,00 bis 20.000,00 € anzusetzen. Der Widerklageantrag sei - wie vom Arbeitsgericht angenommen - ggf. zutreffend mit dem hälftigen Ansatz zum Unterlassungsantrag zu erfassen, dann allerdings mit der Hälfte eines insoweit sachangemessenen Werts, der Bedeutung wegen jedenfalls nicht unterhalb 5.000,00 €. Ein Gesamtwert unterhalb von 40.000,00 € werde danach weder dem Klageinteresse gerecht, noch sei dieser unter Berücksichtigung allgemein akzeptierter Bemessungs- und Bezugsgrößen vertretbar.

Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten des Beschwerdeverfahrens wird auf den Inhalt der Prozessakte verwiesen.

II.

Die nach § 32 Abs. 2 S. 1 RVG iVm. §§ 68 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG an sich statthafte und im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten hat in der Sache zum Teil Erfolg.

1. Der vorliegend nach §§ 39 Abs. 1, 42 Abs. 2 S. 1, 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 S. 1, 48 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 2 GKG iVm. §§ 3 ff ZPO aus der Addition mehrerer Einzelwerte festzusetzende (Gesamt-)Gebührenstreitwert beläuft sich auf insgesamt 25.00,00 €. Soweit mit der Beschwerde ein der Höhe nach darüberhinausgehender Wertansatz verfolgt wird, ist diese unbegründet.

a. Mit dem Unterlassungsantrag zu 1. hat der Kläger vorliegend einen einheitlichen vermögensrechtlichen Anspruch iSd. § 48 Abs. 1 GKG verfolgt.

aa. Bei den inkriminierten Äußerungen der Beklagten im Vermerk vom 4. Februar 2019 handelt es sich zwar - isoliert gesehen bzw. aus dem Kontext gerissen - um Tatsachenbehauptungen. Bei näherer Betrachtung stellen sie sich jedoch als tatsächliche Anknüpfungspunkte bzw. Grundlage für die von den Beklagten gegenüber dem Bürgermeister vertretene Auffassung dar, dass der Kläger die ihm obliegenden Führungsaufgaben vielfach nicht sach- und situationsgerecht wahrgenommen habe und der ihm gegenüber seinem Ressort obliegenden Führungsverantwortung deshalb nur unzureichend nachgekommen sei.

Es handelt sich bei dem Vermerk und, soweit inhaltsgleich, den entsprechenden Angaben im vorausgehenden Gespräch mit dem Bürgermeister, damit um ein ganz wesentlich von Elementen des persönlichen Meines und Dafürhaltens geprägtes gemeinsames Werturteil der Beklagten. Es stützt sich auf die gemeinsame Wahrnehmung - wenngleich streitiger - Tatschen und ist allein im dienstlichen Kontext und allein gegenüber dem insoweit zuständigen übergeordneten Vorgesetzen in der insoweit eröffneten und geforderten Weise erkennbar zum dienstlichen Gebrauch abgegeben worden. Das Unterlassungsbegehren des Klägers betrifft daher nur vordergründig die mit den Unteranträgen zu 1.a bis 1.f angesprochenen einzelnen tatsächlichen Behauptungen. Es handelt sich vielmehr um ein einheitliches, auf die von den Beklagten wertend angenommenen Führungsdefizite zielendes Abwehrbegehren. Das Werturteil soll über die Beseitigung der wesentlichen Anknüpfungstatsachen seine Grundlage verlieren und darüber im Ganzen zu Fall gebracht werden.

Eine nach den Einzelansprüchen bemessene, dann aufaddierte Wertbestimmung wird diesem Umstand nicht gerecht. Es handelt sich vielmehr um ein einheitliches und deshalb auch im Wert ganzheitlich zu erfassendes Unterlassungsbegehren.

ab. Wenngleich Unterlassungsansprüche, die aus Gründen des Ehrschutzes gerichtlich geltend gemacht werden, regelmäßig nichtvermögensrechtlicher Natur sind, weil sie dem Schutz des Persönlichkeitsrechts, der sozialen Geltung und Selbstbestimmung dienen sollen, gilt dies nicht ausnahmslos (TZA/Ziemann, Streitwert und Kosten im Arbeitsrecht, Teil 1 A. Rn 465/467 m. w. N.). Ein solcher Unterlassungsanspruch ist vielmehr dann und soweit vermögensrechtlicher Art, wie sich aus dem Klagevorbringen und den begleitenden Umständen ergibt, dass es der klagenden Partei dabei in wesentlicher Hinsicht (auch) um die Wahrung ihrer wirtschaftlichen Belange geht (TZA/Ziemann aaO). Sind in vermögensrechtlicher Hinsicht etwa Nachteile im Arbeitsverhältnis oder die Besorgnis um den Bestand des Arbeitsverhältnisses relevant, kann die Wertbestimmung insoweit unter Anlehnung und in Orientierung an die Höchstgrenze nach § 42 Abs. 2 S. 1 GKG erfolgen (LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10. September 2007 - 1 Ta 209/07 - juris). Lösen die streitbefangenen Äußerungen keine Kündigung aus, sondern bedingen sie allein eine Gefährdung des Arbeitsplatzes bzw. sonstige auf das Arbeitsverhältnis bezogene Maßnahmen des Arbeitgebers, kann das wirtschaftliche Interesse an der entsprechenden Abwehr von Nachteilen, etwa wie der Anspruch auf Beseitigung einer Abmahnung, nach dem einfachen Monatseinkommen bemessen werden (LAG Rheinland-Pfalz aaO). Hat das Klagebegehren eine vermögensrechtliche und eine nichtvermögensrechtliche Komponente, ist nach § 48 Abs. 3 GKG allein der insoweit im Wert höhere Anspruch maßgebend.

ac. Das Abwehr- bzw. Unterlassungsinteresse des Klägers gegenüber den Äußerungen der Beklagten, die allein dessen Arbeits- bzw. Führungsverhalten betreffen, hat hier einen unmittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis und dient primär der Abwehr ihm insoweit daraus drohender bzw. schon entstandener Nachteile. Sein Ressort ist, gestützt auf die Angaben der Beklagten neu zugeschnitten, die Zuständigkeiten des Klägers sind dabei beschnitten worden. Eine Kündigung steht stand und steht hingegen nicht zur Diskussion. Die entsprechende Zielrichtung des Klageantrags lässt sich aus der Klagebegründung entnehmen, welche die Äußerungen als Grund für die Neuordnung des klägerischen Ressorts, den Entzug von Leitungsaufgaben und als Ursache für ggf. drohende wirtschaftliche Einbußen im Arbeitsverhältnis benennt. Demnach handelt es sich vorliegend primär um eine vermögensrechtliche Streitigkeit aus bzw. mit Bezug zum Arbeitsverhältnis, deren Wert sich, da dem Kläger im vorliegenden Kontext keine Kündigung droht, unter Berücksichtigung der Wertung aus § 42 Abs. 2 S. 1 GKG nach dem einfachen Monatseinkommen aus dem Arbeitsverhältnis bemessen lässt.

Die Stelle des Ressortleiters ist bei der Stadt Jß der Besoldungsgruppe A 16 zugeordnet, was bei einem Angestellten regelmäßig zu einer Eingruppierung in der Entgeltgruppe E 15Ü TVöD-VKA führt. Das aktuelle Tabellenentgelt in der Endstufe insoweit beträgt gerundet 8.000,00 €. Soweit das vorliegend einheitlich zu betrachtende Unterlassungsbegehren unter dem Gesichtspunkt des Ehrschutzes ggf. auch eine nichtvermögensrechtliche Komponente hat, wäre insoweit ein Wert von 5.000,00 € anzusetzen. Dieser Betrag kann in Anlehnung an § 23 Abs. 3 S. 2 RVG bei entsprechenden Streitigkeiten als Ausgangswert betrachtet und nach § 48 Abs. 1 GKG iVm. § 3 ZPO auch für die Bemessung des Gebührenstreitwerts herangezogen werden (Zöller/Herget, 32. Auflage 2018, § 3 ZPO, Rn 16 Ehre).

Zu einer Erhöhung dieses Ausgangswertes besteht nach den Umständen des Falles kein Anlass, weil die Annahme genereller Führungsdefizite regelmäßig wie auch vorliegend, außerhalb von einzelnen Evidenzsituationen, nur an einer Mehrzahl von Einzelverhalten festgemacht werden kann. Der danach geringere Wert geht in dem für die vermögensrechtliche Streitigkeit anzusetzenden Betrag in Höhe von 8.000,00 € auf.

ad. Der Kläger hat die Beklagten vorliegend als Streitgenossen iSd. §§ 59 ZPO gemeinsam in Anspruch genommen. Hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs sind sie jedoch gleichwohl nicht als Gesamtschuldner zu betrachten. Denn im Kontext ehrverletzender Äußerungen kann der Anspruchsteller von jeder (vermeintlichen) Verletzerin eigenständig Unterlassung verlangen, auch wenn die materiellen Ansprüche inhaltsgleich sind und auf denselben Verletzungshandlungen beruhen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20. April 2009 - 14 W 53/08 - VersR 2009, S. 948/949 m. w. N.). Deshalb sind für die einzelnen Unterlassungsansprüche gegen jeden im Prozess in Anspruch genommenen Schuldner nach §§ 39 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG iVm. §§ 3, 5 ZPO Einzelwerte zu bestimmen. Diese sind für die Berechnung der Gerichtsgebühren und die außergerichtlichen Kosten der Klägerseite zu addieren, für die Berechnung der außergerichtlichen Kosten der Streitgenossen jedoch nur entsprechend ihrer Beteiligung anzusetzen (OLG Karlsruhe aaO). Für den vorliegend nach § 32 Abs. 2 S. 1 RVG iVm. § 63 Abs. 2 GKG festzusetzenden Gerichtsgebührenstreitwert folgt für den Antrag zu 1. daraus ein Ansatz in Höhe von insgesamt 16.000,00 € (entsprechend je 8.000,00 € für die außergerichtlichen Kosten der einzelnen Beklagten).

a. Der Antrag zu 2. löst als mit der Hauptsacheklage verbundener Antrag nach § 890 Abs. 2 ZPO keine Gebührentatbestände aus, er ist auch nicht über einen gesonderten Wertansatz zu erfassen. Soweit die Beschwerdeführer damit argumentierten, dass dieser Antrag ursprünglich auf Zahlung einer "Vertragsstrafe" an den Kläger gerichtet war und deshalb - jedenfalls zunächst - nicht als Antrag nach § 890 Abs. 2 ZPO sondern als Leistungsantrag aufzufassen gewesen sei, kann dies nach den Umständen des Einzelfalles nicht tragfähig begründet werden.

Der zunächst nicht nach dem Gesetzeswortlaut formulierte Antrag bedurfte, wovon das Arbeitsgericht zu Recht ausgegangen ist, der verständigen Auslegung und der Umformulierung in einen sachdienlichen Antrag, ohne dabei am Wortlaut "Vertragsstrafe" zu kleben. Denn das wahre Klagebegehren bzw. der damit eingeführte Streitgegenstand ergibt sich nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht allein aus dem dazu formulierten Antrag, sondern unter ergänzender Berücksichtigung des zur Begründung gegebenen Sachvortrags. Bereits der Antrag selbst lässt mit seinem Rekurs auf die ersatzweise anzuordnende "Ordnungshaft" erkennen, dass zum Streitgegenstand nicht die Zahlung einer Vertragsstrafe an den Kläger gemacht werden sollte. Denn die Ordnungshaft dient nicht als Sanktion für den in einer bürgerlichen Rechtsstreitigkeit zahlungsunfähigen oder zahlungsunwilligen Schuldner. Sie ist vielmehr allein das gesetzlich für die Durchsetzung von Unterlassungspflichten nach § 890 Abs. 1 ZPO bei der Uneinbringlichkeit des Ordnungsgeldes ersatzweise vorgesehene Zwangsmittel.

Dass mit dem Antrag trotz der missverständlichen und nicht am § 890 Abs. 2 ZPO orientierten Formulierung "Vertragsstrafe" eben dieses Vollstreckungsinteresse angesprochen war, lässt auch die Klagebegründung erkennen. Denn diese verhielt sich gerade nicht zu einem Anspruch des Klägers auf vertraglicher Grundlage und bezog sich auch nicht auf eine ihm selbst zufließende Leistung, wozu es bereits im Ansatz an jedweder Klage- oder Anspruchsbegründung gefehlt hat.

b. Den Wert des Antrags zum Schmerzensgeldanspruch des Klägers hat das Arbeitsgericht zutreffend - in Ansehung des genannten Mindestbetrages - mit einfach 5.000,00 € angenommen. Denn anders als bei dem Unterlassungsantrag hat der Kläger insoweit die Beklagten gesamtschuldnerisch in Anspruch genommen. Bei der Inanspruchnahme von Streitgenossen findet bei der Bestimmung des Gebührenstreitwerts eine Wertaddition nicht statt, wenn die verfolgten Ansprüche wirtschaftlich identisch sind, wovon bei der gesamtschuldnerischen Haftung von Streitgenossen aus einem identischen Lebenssachverhalt auszugehen ist (BGH, Beschluss vom 9. März 2010 - IX ZR 164/09 - juris). Der Grund dafür ist, dass die klagende Partei die geforderte Leistung nach materiellem Recht insgesamt nur einmal verlangen kann (BGH aaO).

Nicht gehört werden können die Beschwerdeführer insoweit mit dem Argument, dass der vorliegende Leistungsantrag im Wege zulässiger Klageänderung nach § 263 ZPO aus dem ursprünglichen Feststellungsantrag hervorgegangen sei, welcher ein deutlich weitergehendes, nicht auf das Schmerzensgeld beschränktes Interesse zum Gegenstand gehabt habe. Denn für diese Annahme und die konkrete Bemessung eines ggf. weitergehenden Interesses finden sich in der zum ursprünglichen Antrag gegebenen Begründung keine trag- bzw. aussagekräftigen Anhaltspunkte.

c. Der auf Hinweis des Arbeitsgerichts zurückgenommene Antrag auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten führt vorliegend gem. § 43 Abs. 1 GKG zu keiner Werterhöhung, denn diese Kosten sind durch das Mandat zu einer außergerichtlichen Unterlassungsaufforderung bedingt, welche nunmehr im Prozess einen dem Gegenstand nach identischen Teil des Klagebegehrens in der Hauptsache bildet.

d. Der zwar streitgenossenschaftlich, aber im Ergebnis nur einmal und gemeinschaftlich verfolgte Widerklageantrag betrifft einen wirtschaftlich betrachtet nicht identischen, aus einem zeitlich nachfolgenden, gesonderten Lebenssachverhalt resultierenden Anspruch nichtvermögensrechtlicher Art. Soweit das Arbeitsgericht unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände, jedoch mit Blick auf den sachlichen Zusammenhang zum Unterlassungsantrag und der insoweit aber nur untergeordneten Bedeutung, dazu einen eigenen Wert in Höhe des hälftigen Ansatzes zum Unterlassungsbegehren angenommen hat, wird dies von der Beschwerde nicht im Begründungsansatz, sondern nur bzgl. der Höhe des angenommenen Wertes angegriffen.

Einer gem. § 48 Abs. 2 GKG am hälftigen Wert des Unterlassungsantrags orientierten Festsetzung vermag sich auch die Beschwerdekammer anzuschließen. Im Hinblick auf die Erwägungen zu 1.a des Beschlusses ist danach insoweit ein Ansatz in Höhe von 4.000,00 € veranlasst, womit sich für die Bemessung der Gerichtsgebühren erster Instanz und der außergerichtlichen Kosten des Klägers der eingangs bestimmte Gesamtwert von 25.000,00 €, für die außergerichtlichen Kosten der beiden Beklagten ein Wert in Höhe von jeweils 17.000,00 € ergibt.

a. Die Gebührenfreiheit des Beschwerdeverfahrens und der Ausschluss der Kostenerstattung ergeben sich unmittelbar aus § 32 Abs. 2 S. 1 RVG iVm. § 68 Abs. 3 GKG.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist nach § 32 Abs. 2 S. 1 RVG iVm. §§ 68 Abs. 1, 66 Abs. 3 S. 3 GKG kein Rechtsmittel statthaft.