LG Köln, Urteil vom 17.11.2020 - 33 O 123/18
Fundstelle
openJur 2021, 4929
  • Rkr:
Tenor

I.

Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache insoweit erledigt ist, als dass der Kläger beantragt hat, den Beklagten zu verurteilen, es unter Androhung der üblichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im Bereich der Rechtsberatung mit "entfernt" sowie "Wir beraten Sie kompetent bei allen Themen rund um ... Urheberrecht ... Rechtsanwalt T hat die Fachanwaltskurse im Urheber- und Medienrecht ... erfolgreich absolviert." zu werben.

II.

Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgelds bis zu 250.000,00 € - ersatzweise Ordnungshaft - oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im Bereich der Rechtsberatung wie nachstehend zu werben:

a)

"Spezialist für ... , Markenrecht und Wettbewerbsrecht"

oder

b)

"Wir beraten Sie kompetent bei allen Themen rund um den gewerblichen Rechtsschutz, Markenrecht, ..., Wettbewerbsrecht und E-Commerce. ..."

und zwar jeweils wie nachstehend eingeblendet:

Bilddatei wurde entfernt

III.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 887,03 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.02.2018 zu zahlen.

IV.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

V.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 20 % und der Beklagte zu 80 %.

Tatbestand

Die Parteien sind beide als Rechtsanwälte u.a. auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes tätig. Die Kanzlei des Klägers hat ihren Sitz in M, die des Beklagten in L.

Auf seiner Internetseite www.entfernt.com warb der Beklagte in der Vergangenheit mit den nachfolgend wiedergegebenen Aussagen. Unter dem 20.01.2018 mahnte der Kläger den Beklagten ab und forderte ihn zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bis zum 29.01.2018 und zur Zahlung der Abmahnkosten bis zum 02.02.2018 auf (Bl. 2 f. d.A.). Unter dem 25.01.2018 wies der Beklagte die Abmahnung als offensichtlich unbegründet zurück. Unter dem 29.01.2018 gab er dann eine Teilunterlassungserklärung hinsichtlich der eigenen Bezeichnung als Spezialist für Wettbewerbsrecht und/oder Markenrecht, ohne dass diese Selbsteinschätzung zutreffend wäre, ab. Diese nahm der Kläger unter dem 30.01.2018 ohne Rechtsverzicht im Übrigen an.

Mit Schriftsatz vom 07.02.2018 hinterlegte der Kläger eine Schutzschrift wegen etwaiger Impressumsverstöße, die am 08.02.2018 im Schutzschriftenregister eingestellt wurde. Er zahlte am 11.12.2017 auf die Rechnung vom Amtsgericht Frankfurt vom 06.12.2017 für die Einstellung einer Schutzschrift Gerichtsgebühren i.H.v. 83,00 €.

Mit Beschlussverfügung der Kammer vom 21.03.2018 ist dem Beklagten in der konkreten Verletzungsform unter Androhung der üblichen Ordnungsmittel untersagt worden, im Bereich der Rechtsberatung mit

a)

"Spezialist für Urheberrecht, Markenrecht und Wettbewerbsrecht"

oder

b)

"Wir beraten Sie kompetent bei allen Themen rund um den gewerblichen Rechtsschutz, Markenrecht, Urheberrecht, Wettbewerbsrecht und E-Commerce. Rechtsanwalt T hat die Fachanwaltskurse im Urheber- und Medienrecht sowie Informationstechnologierecht erfolgreich absolviert."

zu werben.

Der Beklagte legte gegen die einstweilige Verfügung vom 21.03.2018 Widerspruch ein und erklärte, er kündige den Unterlassungsvertrag bezüglich der Verwendung der Bezeichnung "Spezialist in Wettbewerbssachen".

Das Landgericht verurteilte den Beklagten mit dem am 24.07.2018 verkündeten Urteil antragsgemäß zur Unterlassung. Der Beklagte nahm die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Köln zurück, nachdem das Oberlandesgericht Köln ihn mit Beschluss vom 02.10.2018 darauf hingewiesen hatte, dass seine Berufung keine Aussicht auf Erfolg haben würde. Das Oberlandesgericht Köln führte aus, dass eine Irreführung gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG mit der Werbung, er habe die Fachanwaltskurse bestanden, vorläge, weil nach einer Prüfung im Einzelfall der angesprochene Verkehrskreis davon ausgehe, dass er die Voraussetzungen für das Führen der entsprechenden Fachanwaltsbezeichnung erfüllt, obwohl er diese nicht führen dürfe.

Mit Beschluss des Landgerichts vom 13.02.2019 verhängte das Landgericht Köln gegen den Beklagten wegen der Zuwiderhandlung gegen die einstweilige Verfügung vom 21.02.2018 ein Ordnungsgeld i.H.v. 3.000 €. Das Oberlandesgericht Köln wies mit Beschluss vom 09.04.2019 die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Ordnungsgeldbeschluss zurück.

Die Rechtsanwaltskammer Köln gestattete dem Beklagten am 03.03.2020 das Führen der Bezeichnung: "Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht" (Bl. 203 d.A.).

Der Beklagte legte mit Schriftsatz vom 06.08.2020 ein Zertifikat zur erfolgreichen Teilnahme am Fachanwaltslehrgang "Informationstechnologierecht" im Zeitraum vom 11.10.2013 bis 05.07.2014 (Bl. 275 d.A.) sowie die Fallliste im Hinblick auf den Antrag zu 2a) vor.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Werbung mit dem Fachanwaltstitel unzulässig sei, weil der Beklagte diesen Titel wieder verlieren könne (Nichtbesuch der Fortbildungen etc.). Daher liege auch die Wiederholungsgefahr nach wie vor vor.

Nachdem der Kläger die Hauptsache teilweise für erledigt erklärt hat,

beantragt er zuletzt,

1) den Beklagten zu verurteilen, an ihn 887,03 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.02.2018 zu zahlen.

2) dem Beklagten aufzugeben, es zu unterlassen, im Bereich der Rechtsberatung unter Androhung der üblichen Ordnungsmittel in der konkreten Verletzungsform zu werben mit:

a) "Spezialist für ..., Markenrecht und Wettbewerbsrecht"

oder

b) "Wir beraten Sie kompetent bei allen Themen rund um den gewerblichen Rechtsschutz, Markenrecht, ..., Wettbewerbsrecht und E-Commerce. ..."

3) den Beklagten zu verurteilen, an ihn 83,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Hilfsweise, für den Fall, dass eine Teilerledigung nicht vorliegt, beantragt der Kläger,

2) dem Beklagten aufzugeben, es zu unterlassen, im Bereich der Rechtsberatung unter Androhung der üblichen Ordnungsmittel in der konkreten Verletzungsform zu werben mit:

a) "Spezialist für Urheberrecht, Markenrecht und Wettbewerbsrecht"

oder

b) "Wir beraten Sie kompetent bei allen Themen rund um den gewerblichen Rechtsschutz, Markenrecht, Urheberrecht, Wettbewerbsrecht und E-Commerce. Rechtsanwalt T hat die Fachanwaltskurse im Urheber- und Medienrecht sowie Informationstechnologierecht erfolgreich absolviert."

wenn die so beworbenen Voraussetzungen nicht vorliegen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, der Kläger handele rechtsmissbräuchlich. Er habe mit diversen anderen Kollegen gesprochen. Der Verstoß habe schon bei Abmahnung nicht vorgelegen.

Er ist der Ansicht, die Klageerweiterungen seien unzulässig.

Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen sowie auf die beigezogene Akte 33 O 11/18 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zum überwiegenden Teil zulässig und begründet.

I. Die Klage ist zulässig.

1. Gem. § 263 ZPO ist die Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 03.07.2018 sachdienlich. Nachdem der Beklagte eine Abschlusserklärung im Hinblick auf die einstweilige Verfügung nicht abgegeben und insoweit im Rahmen des Widerspruchs und des anschließenden Berufungsverfahrens unterlegen war, ist es sachdienlich, dass der Kläger seine Ansprüche im Hauptsacheverfahren verfolgt.

Auch die Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 22.07.2019 ist sachdienlich, da mit der Erweiterung weitere bestehende Streitpunkte zwischen den Parteien erledigt werden und ein weiterer Prozess vermieden wird, auch wenn die zweite Klageerweiterung eine weitere zugrundeliegende Wettbewerbsstreitigkeit zwischen den Parteien betrifft (vgl. Zöller-Greger, ZPO, § 263 Rdn. 13).

2. Die klarstellende Variante im Schriftsatz vom 09.06.2020 ist zulässig, aber überobligatorisch. Unzulässig ist die Werbung nur dann, wenn die Voraussetzungen nicht vorliegen.

II. Die Ansprüche des Klägers sind auch überwiegend begründet.

1. Unterlassungsanträge

a) Dass und warum der Unterlassungsanspruch in dem noch streitigen Umfang besteht, hat die Kammer bereits im Verfügungsverfahren (Az. 33 O 11/18) eingehend geprüft und bejaht. Auch nach nochmaliger Prüfung der Sach- und Rechtslage hält die Kammer an dieser rechtlichen Bewertung fest. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen im Urteil des Verfügungsverfahrens vom 25.07.2018 verwiesen.

Die weiteren Einwände des Beklagten führen zu keinem abweichenden Ergebnis.

Die für das Rechtsgebiet Wettbewerbsrecht vorgetragenen Zahlen reichten der Kammer nicht aus, um die entsprechenden Fachkenntnisse für dieses Rechtsgebiet nachzuweisen. Auch reicht es nicht aus, soweit der Beklagte darauf hinweist, dass das Wettbewerbsrecht Teilgebiet des Fachanwalts für Urheber- und Medienrecht (§ 14 j Nr. 5 FAO) sei und er mit Verleihung des Fachanwaltstitels und den damit dokumentierten Fachkenntnissen den Anforderungen genüge. Dem ist entgegenzuhalten, dass dort die "urheberrechtlichen Bezüge des gewerblichen Rechtschutzes" gefordert werden und der entsprechende Vortrag des Beklagten dadurch im Hinblick auf die erforderlichen Fachkenntnisse nicht entsprechend substantiierter geworden ist.

Für den Bereich des Markenrechts hat der Beklagte nicht gesondert vorgetragen. Soweit der Beklagte auch insoweit darauf hinweist, dass das Markenrecht Teil der Ausbildung des Beklagten an der Fachhochschule Köln gewesen sei, entbehrt der entsprechende Vortrag jeder weiteren Substanz. Der Beklagte hat damit weder in theoretischer noch in praktischer Weise seine Spezialkenntnisse dargelegt.

b)

Die vormals beanstandete Werbung, der Beklagte habe die Fachanwaltskurse im Informationstechnologierecht erfolgreich absolviert, wurde vom Klägervertreter in seinem letzten Antrag nicht mehr geltend gemacht.

c) Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf die Feststellung zu, dass die Hauptsache teilweise erledigt ist, soweit es um die Unterlassung der Werbung in dem tenorierten Sinne im Hinblick auf die Verwendung des Titels "Urheber- und Medienrecht" geht.

Der ursprünglich zulässige und begründete Unterlassungsantrag hat sich in der Hauptsache nach Eintritt der Rechtshängigkeit erledigt.

Dem Kläger stand in der konkreten Verletzungsform gegen den Beklagten ein Anspruch auf Unterlassung aus den §§ 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, 8 UWG zu, im Bereich der Rechtsberatung mit "Spezialist für Urheberrecht" sowie "Wir beraten Sie kompetent bei allen Themen rund um ... Urheberrecht... Rechtsanwalt T hat die Fachanwaltskurse im Urheber- und Medienrecht ... erfolgreich absolviert." zu werben.

Die Unterlassungsklage und damit die Hauptsache hat sich nach Rechtshängigkeit insoweit erledigt, weil die Rechtsanwaltskammer Köln dem Beklagten mit Urkunde vom 03.03.2020 gestattet hat, sich als "Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht" zu bezeichnen. Die Wiederholungsgefahr ist damit entfallen (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 04. Dezember 2014 - 6 U 30/14 -, Rn. 10 - 15, juris).

Eine Wiederholungsgefahr ist insoweit entfallen, als dass der Beklagte diese Bezeichnung jetzt zu führen berechtigt ist. Daher hat die Klage sich in der Hauptsache in dieser Hinsicht erledigt.

Zum Zeitpunkt der Klageerhebung war der Antrag insoweit berechtigt und ist nachträglich durch die Verleihung des Fachanwaltstitels "Urheber- und Medienrecht" weggefallen.

d) Die Kammer konnte unbeschadet der Streitgegenstandslehre der Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 13.09.2012 - I ZR 230/11, Biomineralwasser, zit. nach juris) einzelne Bezeichnungen des Beklagten als Spezialist differenziert bewerten und unterschiedlichen Wertungen unterziehen. Die Werbung des Beklagten mit verschiedenen Bezeichnungen als Spezialist veranlasst die Kammer, für jede einzelne Bezeichnung zu prüfen, ob die Kenntnisse des Beklagten vorliegen; anders als in der genannten Entscheidung, in der der vorgetragene Lebenssachverhalt die Voraussetzung mehrerer Verbotsnormen erfüllt hat.

e) Der Kläger hat keine neuen bestrittenen Tatsachen in dem Schriftsatz vom 26.10.2020 vorgetragen, die den Rechtsstreit verzögern könnten, § 296 ZPO.

2. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erstattung der Abmahngebühren i.H.v. 887,03 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.02.2018 aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG zu. Der Beklagte hat im Zeitpunkt der Abmahnung unlauter gehandelt.

a) Die Abmahnung vom 20.01.2018 war nach den obigen Ausführungen berechtigt. Der Kläger macht eine 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Streitwert bis 10.000 € geltend.

b) Der Kläger durfte auch einen Rechtsanwalt beauftragen. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist es erforderlich, sich bei der Abwehr eines Wettbewerbsverstoßes eines Rechtsanwalts zu bedienen. Auch der Kläger selbst als Fachanwalt für Wettbewerbsrecht darf sich eines Rechtsanwalts bedienen. Der Beklagte hat keinen Anspruch darauf, dass sich der Kläger kostenfrei selbst vertritt. Das vom Beklagten zitierte Urteil BGH, Urt. vom 12.12.2006, VI ZR 175/05, zit. nach juris betrifft eine andere Konstellation. Es geht um den materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch, die Kostenerstattung bei unberechtigter Inanspruchnahme wegen einer Geldforderung und nicht um die Kapabilität eines Rechtsanwalts zur kostenfreien Selbstverteidigung.

c) Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 BGB. Der Betrag ist mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Der Beklagte befindet sich seit dem 03.02.2018 in Verzug.

III.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung der Gebühren wegen der Hinterlegung einer Schutzschrift in Höhe von 83,00 €, weil ihm keine Anspruchsgrundlage zur Seite steht. Ganz abgesehen davon, dass es in tatsächlicher Hinsicht Ungereimtheiten wegen der vorgelegten Kostenrechnung gibt. Die vorgelegte Kostenrechnung wegen der Einstellung einer Schutzschrift datiert vom 06.12.2017 (Bl. 167 d.A.), wohingegen die Schutzschrift selbst vom 07.02.2018 datiert, nachdem die zugrunde liegende Abmahnung des Beklagten vom 01.02.2018 stammt (Bl. 176 d.A.). Auch die angegebenen Aktenzeichen (des Klägers und der Schutzschrift) differieren.

1.

Voraussetzung für einen Anspruch aus § 91 ZPO ist, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt wird, aber ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen oder zurückgenommen oder an das zuständige Gericht abgegeben wird (vgl. Köhler in Bornkamm/Köhler/Feddersen, UWG, § 12 Rdn. 3.41 m.w.N.).

Wenn der befürchtete Antrag gar nicht gestellt wird, kann dem Einreicher allenfalls ein materiellrechtlicher Erstattungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Verteidigung gegen eine unberechtigte Abmahnung zustehen (vgl. Köhler in: Bornkamm/Köhler/Feddersen, UWG, § 12 Rdn. 3.41; § 4 Rdn. 4.166 ff.). Ein Anspruch aus § 91 ZPO steht dem Kläger jedenfalls nicht zu.

2.

Der Kläger hat keinen Anspruch aus § 9 UWG auf Zahlung von Schadensersatz.

Grundsätzlich kann der in unlauterer Weise von einem Mitbewerber Abgemahnte nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 4 Nr. 4 UWG und gegebenenfalls nach § 4 Nr. 1, 2 UWG Unterlassung und Beseitigung und, da Vorsatz erforderlich ist, Schadensersatz nach § 9 S. 1 UWG verlangen (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4 Rn. 4.168), wenn ein entsprechender Eingriff durch eine gezielte und damit unlautere Behinderung vorläge.

Selbst wenn eine Abmahnung objektiv unbegründet ist, sei es, weil gar kein Wettbewerbsverstoß vorlag, sei es, weil der Anspruch verjährt, verwirkt oder durch Unterwerfung untergegangen ist, ist sie aber nicht schon aus diesem Grunde wegen gezielter Behinderung nach § 4 Nr. 4 UWG unlauter. Der Gegner muss die Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter hinnehmen, weil er sich gegen die ungerechtfertigte Inanspruchnahme in dem Rechtspflegeverfahren selbst hinreichend wehren kann. Man kann insoweit von einem verfahrensrechtlichen Privileg sprechen (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, § 4 Rn. 4.166).

Der Beklagte hat den Kläger mit Schreiben vom 01.02.2018 abgemahnt (Bl. 176 ff.) wegen eines sog. Impressumsverstoßes. Er habe nicht alle drei Sozien im Impressum aufgeführt, sondern allein den Kläger. Dies verstoße gegen § 5 UWG.

Diese Abmahnung stellt sich mangels Vorliegen besonderer Umstände allerdings nicht als gezielte und damit unlautere Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG dar. Als gezielte Behinderung kann eine unberechtigte Abmahnung nur dann angenommen werden, wenn der Abmahnende von der fehlenden Berechtigung der Abmahnung Kenntnis hat oder sich dieser Kenntnis bewusst verschließt (Köhler, UWG, § 4 Rn. 4.167).

Diese besonderen Umstände hat der Kläger weder vorgetragen noch sind sie ersichtlich.

Der Abgemahnte kann sich in der Sache zwar durch eine negative Feststellungsklage schützen, da das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben ist (BGH, Urt. vom 12.07.1995 - I ZR 85/93, Funny Paper, zit. nach juris; BGH, Urt. vom 05.10.2000 - I ZR 224/98, Verbandsklage gegen Vielfachabmahner, zit. nach juris). Ein materieller Kostenerstattungsanspruch dürfte ihm dadurch jedoch nicht zustehen. Dies würde auch den eben dargestellten Grundsätzen des verfahrensrechtlichen Privilegs widersprechen.

Der Beklagte hat keinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt, sondern der Kläger hat eine negative Feststellungsklage beim Landgericht Bochum erhoben, die mit einem Versäumnisurteil vom 08.05.2018 (F 17, Bl. 67 d.A.) sowie mit einer Verzichtserklärung des Beklagten vom 19.10.2018 (Bl. 188 d.A.) endete. Der Kläger hat in dem Verfahren vor dem Landgericht Bochum (12 O 30/80) allerdings keine Schadensersatzfeststellung beantragt. Die Kosten der Einreichung einer Schutzschrift sind auch nicht Gerichtskosten des Feststellungsverfahrens- und hätten beim Landgericht Bochum geltend gemacht werden müssen.

3. Dem Kläger könnte gegen den Beklagten allenfalls ein Anspruch aus § 678 BGB auf Zahlung der Kosten für die Einreichung der Schutzschrift zustehen. Teilweise wird in der unbegründeten Abmahnung nämlich eine Geschäftsführung ohne Auftrag gegen den Willen des Geschäftsherrn gesehen, die bei Erkennbarkeit des entgegenstehenden Willens nach § 678 BGB einen Schadensersatzanspruch auslöst (Bornkamm in Bornkamm/Köhler/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 1.89).

Fraglich ist also, ob der Geschäftsführer, also der Abgemahnte, bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen können und müssen, dass die Übernahme der Geschäftsführung dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Abgemahnten in Widerspruch steht. Für ein solches Übernahmeverschulden reicht es allerdings nicht aus, dass die Rechtslage im Zeitpunkt der Abmahnung ungeklärt ist. Erforderlich ist vielmehr eine umfassende Interessenabwägung. Dem Interesse des Abmahnenden, seine Ansprüche geltend machen, wird aber schon dann der Vorrang eingeräumt, wenn vernünftige Überlegungen es gerechtfertigt haben, die Zweifelsfragen zur Sprache zu bringen (Teplitzky, 12. Aufl, 2019, Kap. 41 Rn. 80 a).

Danach konnte der Beklagte den Kläger abmahnen, ohne zu befürchten, mit Kosten belastet zu werden. Bei dem der Abmahnung zugrunde liegenden Sachverhalt handelt sich nicht um eine völlig abwegige Konstellation, sondern durchaus um eine Zweifelsfrage der Korrektheit des Impressums des Klägers. Nichts anderes kann gelten für die Kosten einer Schutzschrift, die im Schutzschriftregister hinterlegt wird.

IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 92 Abs. 1, 709 ZPO. Die unter II 1 b) angenommene Teilklagerücknahme sowie der abgewiesene Teil der Klage führt zu einer Kostentragungspflicht des Klägers von 20 %.

V.

Der Streitwert beträgt 20.083,00 €. Im einstweiligen Verfügungsverfahren war der Streitwert auf 16.000,00 € unter Berücksichtigung von § 51 Abs. 4 GKG festgesetzt worden. Vorläufig war der Streitwert vor der letzten Klageerweiterung auf 20.000,00 € sowie auf die Kosten des klageerweiternden Antrags zu Ziff.4 festgesetzt worden (Bl. 154 d.A.).