LG Magdeburg, Urteil vom 18.08.2020 - 21 Ks 4/20
Fundstelle
openJur 2021, 4738
  • Rkr:
Tenor

Der Angeklagte ist der Körperverletzung mit Todesfolge schuldig.

Er wird zu vier Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wird angeordnet.

Drei Monate der Freiheitsstrafe sind vor der Maßregel zu vollziehen.

Er hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Angewendete Vorschriften: §§ 227, 21, 64 StGB.

Gründe

I.

Der zum Tatzeitpunkt 29-jährige Angeklagte wuchs zunächst als Einzelkind im elterlichen Haushalt in M auf. Seine Mutter arbeitete bei der Wohnungsbaugesellschaft der Stadt M, sein Vater ist im technischen Bereich tätig. Als der Angeklagte zehn Jahre alt war, trennten sich seine Eltern. Er blieb daraufhin bei seiner Mutter. Sein Vater lernte alsbald eine neue Frau kennen, mit welcher er auch ein weiteres Kind, ein Mädchen, bekam. Zu dieser etwa 12 Jahre jüngeren Halbschwester hat der Angeklagte heute keinen Kontakt.

Der Angeklagte wurde im Alter von sieben Jahren in die Grundschule D in M eingeschult und absolvierte die Grundschule in der Regelzeit. In seiner Freizeit spielte der Angeklagte Handball. Nach der vierten Klasse wechselte er auf die Sportsekundarschule in M. Ab der sechsten oder siebten Klasse traten bei dem Angeklagten die ersten schulischen Probleme auf. Ihm wurde der Leistungsdruck, der auch von seinen Eltern ausgeübt wurde, zu hoch. Insbesondere seine Mutter wollte, dass aus ihm nicht nur ein guter Schüler, sondern auch ein erfolgreicher Sportler wird. Es fiel dem Angeklagten aber schwer, schulische und sportliche Leistungen gleichzeitig abzurufen. Um sich dem Druck zu widersetzen, begann der Angeklagte sowohl aus schulischer als auch sportlicher Sicht, die Leistung zu verweigern. Daraufhin verschlechterte sich das Verhältnis zu seiner Mutter. In der achten Klasse begann der Angeklagte, die Schule zu schwänzen. Die dadurch gewonnene "Freizeit" verbrachte er mit Freunden. Mit circa 16 Jahren lief er das erste Mal von Zuhause weg und blieb sehr häufig dem Unterricht fern. Ferner begann er, regelmäßig Alkohol und Cannabis zu konsumieren. Auch nahm er auf Feiern hin und wieder Amphetamine sowie Kokain zu sich. Zu dieser Zeit, im Jahr 2006, trat der Angeklagte auch erstmalig strafrechtlich in Erscheinung und fiel fortlaufend durch wiederholte Delinquenz auf. Aufgrund seiner häufigen Fehltage wurde er nach der neunten Klasse ohne Abschluss aus der Schule entlassen. Anschließend besuchte der Angeklagte ein Berufsvorbereitungsjahr, wobei er am Unterricht jedoch nur sehr unregelmäßig teilnahm.

Der Angeklagte begann im Alter von 18 Jahren eine vergütete Ausbildung zum Koch. Hier trank er regelmäßig bereits während der Mittagspausen Alkohol. Cannabis spielte zu diesem Zeitpunkt in seinem Konsumverhalten keine Rolle mehr. Im dritten Lehrjahr blieb er der Ausbildung fast vollständig fern. Dies und sein Alkoholkonsum während der Arbeitszeit waren die Gründe dafür, dass ihm im dritten Lehrjahr gekündigt wurde. Danach lebte der Angeklagte von Sozialleistungen und finanzierte seinen weiteren Lebensunterhalt durch Beschaffungskriminalität. Zu dieser Zeit brach der Angeklagte auch weitestgehend den Kontakt zu seiner Mutter ab. Er trank täglich fünf bis acht Flaschen Bier und konsumierte an den Wochenenden eine Flasche Schnaps, Whisky oder Wodka.

Im Alter von 21 Jahren wurde der Angeklagte festgenommen und verbüßte die Einheitsjugendstrafe von einem Jahr und acht Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Magdeburg vom 4. April 2012 (Az. 23 Ls 366 Js 29646/11 (344/11)) in der Jugendanstalt Raßnitz vollständig. Währenddessen holte der Angeklagte seinen Hauptschulabschluss nach. Ferner nahm er an einer Sucht- sowie Schuldnerberatung teil. Nach seiner Haftentlassung im Jahr 2013 wurde er unmittelbar erneut straffällig.

Ab dem Jahr 2014 lebte der Angeklagte bei seiner damaligen festen Freundin in Schönebeck, welche bereits eine 14-Jährige Tochter aus einer früheren Beziehung hatte. Zu Beginn des Zusammenlebens stabilisierte sich das Leben des Angeklagten etwas und er trank weniger Alkohol. Seit 2016 versuchte der Angeklagte aus Angst vor den strafrechtlichen Konsequenzen früherer Taten, sich im Verborgenen zu halten. Dies führte unter anderem auch dazu, dass es in der Beziehung immer mehr Probleme gab. Nach der einvernehmlichen Trennung im Jahr 2019 zog der Angeklagte zu einem Freund nach M. Während er in M lebte, lernte er seine neue Freundin C kennen, mit welcher er aber nicht zusammenwohnte. Seinen Lebensunterhalt bestritt der Angeklagte weiterhin durch Diebstahlstaten.

Seit circa zwei bis drei Jahren hat der Angeklagte keinen Kontakt mehr zu seinen Eltern.

In den Wochen vor der Tat trank der Angeklagte täglich circa fünf bis acht Flaschen Bier und eine halbe Flasche Wodka. Er fing damit direkt nach dem Aufstehen an, um aufkommenden Entzugserscheinungen entgegenzuwirken. Ferner konsumierte er die letzten zwei Jahre vor seiner Verhaftung täglich circa 0,3 Gramm Crystal Meth, wofür er täglich circa 15,00 bis 20,00 Euro ausgab. Um der aufputschenden Wirkung des Crystal Meth entgegenzuwirken, raucht er jeden Abend einen "Joint" mit circa 0,5 bis ein Gramm Marihuana, wobei der Preis für ein Gramm bei etwa 10,00 Euro lag. Die Aufgabe des Konsums kam für den Angeklagten bis zu seiner Verhaftung nicht in Frage.

Der Angeklagte hat mindestens 15.000,00 Euro Schulden, unter anderem durch Mietschulden und Schulden aus Mobilfunkverträgen.

Der Angeklagte ist bereits wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:

1. Am 19. Juni 2006 stellte die Staatsanwaltschaft Magdeburg ein Verfahren wegen Diebstahls geringwertiger Sachen nach § 45 Abs. 1 JGG ein.

2. Am 12. Juli 2006 stellte die Staatsanwaltschaft Magdeburg ein weiteres gegen den Angeklagten geführtes Verfahren wegen Sachbeschädigung gemäß § 45 Abs. 1 JGG ein.

3. Mit Urteil vom 1. März 2007 (Az.: 24 Ds 357 Js 39367/06 (94/06)), rechtskräftig seit dem 9. März 2007, verwarnte das Amtsgericht Magdeburg den Angeklagten wegen Diebstahls in acht Fällen und gefährlicher Körperverletzung. Ferner wurde ihm auferlegt, 60 Stunden gemeinnützige Arbeit zu erbringen. Dem Urteil lagen folgende Feststellungen zu Grunde:

"1. Am 31.08.2006 gegen 19.55 Uhr hielt sich der Angeklagte K mit dem Mitangeklagten T in der Deichmann-Filiale im O im F-Park auf. Dort nahmen sie auf Grund eines gemeinsamen Tatentschlusses eine Tasche der Marke Nike im Werte von 32,90 Euro ohne Bezahlung an sich, um diese Tasche für sich zu behalten bzw. an Dritte weiterzugeben.

2. Am 05.09.2006 gegen 12.05 Uhr entwendete der Angeklagte K mit dem gesondert verfolgten S P in der Filiale der Müller-Handels GmbH in M fünf Flaschen Parfüm im Gesamtwert von 295,85 Euro, um diese Waren für sich zu behalten.

3. Am 23.10.2006 gegen 11.25 Uhr entwendete der Angeklagte K in der Filiale der Dirk Rossmann GmbH in der G Str. 221 in M zwei Rasierapparate der Marke Gilette Fusion im Gesamtwert von 23,98 Euro aus der Warenauslage, um diese ohne Bezahlung für sich zu behalten.

4. Am 09.11.2006 gegen 13.45 Uhr entwendete der Angeklagte K in der REWE-Filiale in der F-Straße in M eine Packung Bouletten im Wert von 2,34 Euro, um diese für sich zu behalten.

5. Am 29.09.2006 gegen 17.00 Uhr hielten sich der Angeklagte M und der Angeklagte K in den Geschäftsräumen der Firma Wöhrl in M auf. Dort entwendeten beide auf Grund eines gemeinsamen Tatentschlusses eine Jeanshose in Größe 34 im Wert von 99,95 Euro, indem der Angeklagte K den dortigen Verkäufer ablenkte, während der Angeklagte Müller die Jeanshose in seinen mit Silberfolie präparierten Rucksack steckte, um die Ware ohne Bezahlung mitzunehmen und für sich bzw. für den Angeklagten K zu behalten.

6. Am 12.12.2006 gegen 18.00 Uhr steckte der Angeklagte M in den Geschäftsräumen der Firma DM-Drogerie in der L Straße 98 in M eine Packung "Taft Looks Titan" und eine Packung "Neutrogena Spot Gel" im Gesamtwert von 8,30 Euro unter seinen Pullover, um die Ware ohne Bezahlung mitzunehmen und für sich zu behalten.

7. Am 25.08.2006 gegen 14.50 Uhr hielten sich die Angeklagten K und Müller in der Douglas-Filiale im ACenter auf. Dort entwendeten Sie auf Grund eines gemeinschaftlich gefassten Tatplanes Parfüm der Marke Dolce & Gabbana-light blue im Wert von 71,50 Euro, um diese Ware für sich zu behalten.

8. Am 26.08.2006 gegen 18.10 Uhr hielten sich die Angeklagten K und M sowie der gesondert verfolgte S P in der Kaufhof-Filiale in H auf. Dort entwendeten alle drei auf Grund eines gemeinschaftlich gefassten Tatplanes drei Flaschen Parfüm (Gaultier, Armani White und Fahrenheit) im Gesamtwert von 212,00 Euro, um diese Ware für sich zu behalten.

9. Am 20.09.2006 gegen 18.05 Uhr entwendete der Angeklagte K im E-Neukauf in der C Straße 62 b in M eine Flasche Cab Lemon + Beer im Wert von 3,19 Euro, um diese Ware für sich zu behalten.

10. Am 23.10.2006 hielten sich die Angeklagten H und K bei Mc-Donalds in der E-Atlee in M auf. Dort schlugen und traten beide ohne rechtfertigenden Grund auf den Geschädigten M L ein, indem der Angeklagte H auf dem am Boden liegenden L kniete und mit Fäusten auf Gesicht und Brust des Geschädigten einschlug, während der Angeklagte K mit Füßen mehrfach gegen die Rippen des Geschädigten trat."

4. Mit Urteil vom 12. Juli 2007 (Az.: 24 Ds 357 Js 9586/07 (139/07)) sprach das Amtsgericht Magdeburg den Angeklagten wegen Diebstahls in drei Fällen und wegen räuberischen Diebstahls schuldig und verhängte gegen ihn Jugendarrest in Form des Dauerarrestes von zwei Wochen. Dem seit dem 20. Juli 2007 rechtskräftigen Urteil lagen folgenden Feststellungen zu Grunde:

"1. Am 09.10.2006 hielt sich der Angeklagte gegen 13:20 Uhr zusammen mit dem gesondert Verfolgten R M in den Geschäftsräumen der Firma Norma in der C Straße in M auf. In Ausführung einer gemeinsamen Abrede steckte der gesondert Verfolgte M dort drei Flaschen Schauma Spülung im Gesamtwert von 4,35 Euro in den vom Angeklagten mitgeführten Rucksack, um die Ware ohne Bezahlung mitzunehmen und zu behalten.

2 Am 06.11.2006 gegen 13:50 Uhr zog der Angeklagte in den Geschäftsräumen der Firma Sinn & Leffers in der E-Allee 11 in M eine Jacke der Marke "Jack und Jones" im Wert von 79,95 Euro unter seine Kleidung und verließ anschließend das Geschäft ohne Bezahlung der Jacke, um diese für sich zu behalten oder diese weiter zu verkaufen. Als der Angeklagte das Geschäft verlassen hatte, wurde er durch die Ladendetektivin, die Zeugin Gabriele G angesprochen und gebeten, mit in das Büro zu kommen. Daraufhin schlug der Angeklagte um sich, schubste die Zeugin weg und ergriff mit der Jacke die Flucht.

3. Am 04.01.2007 gegen 17:55 Uhr steckte der Angeklagte in der Kaufland Filiale in der Sstraße in M eine Schachtel Zigaretten der Marke Marlboro sowie eine Schachtel Zigaretten der Marke West im Gesamtwert von 7,80 Euro ein, um diese Ware für sich zu behalten.

4. Am 19.01.2007 gegen 15:10 Uhr hielt sich der Angeklagte zusammen mit den gesondert Verfolgten K und V in der LIDL-Filiale in der B Chaussee in M auf. Dort entwendete der Angeklagte aufgrund eines gemeinschaftlich gefassten Tatplans mit den gesondert Verfolgten K und V drei Flaschen Bacardi, eine Flasche Bacardi Oro sowie zwei Schachteln Zigaretten Goldfield im Gesamtwert von 50,66 Euro sowie eine weitere Flasche Alkohol, um diese Waren für sich zu behalten."

5. Das Amtsgericht Magdeburg sprach den Angeklagten mit Urteil vom 15. November 2007 (Az.: 24 Ds 357 Js 26468/07 (226/07)), rechtskräftig seit dem 23. November 2007, des versuchten Diebstahls schuldig und erteilte ihm die Weisung, dem Gericht für die Dauer von drei Monaten jeweils monatlich unaufgefordert nachzuweisen, dass er regelmäßig ohne unentschuldigte Fehlzeiten an der BVB-Maßnahme teilnimmt.

6. Mit weiterem Urteil vom 27. März 2008 (Az.: 24 Ds 339 Js 40809/07 (12/08)), rechtskräftig seit dem 4. April 2008, sprach das Amtsgericht Magdeburg den Angeklagten des Diebstahls schuldig. Unter Einbeziehung der Entscheidung zu Ziffer 5. erteilte das Amtsgericht dem Angeklagten die Weisung, dem Gericht für die Dauer von drei Monaten jeweils monatlich unaufgefordert nachzuweisen, dass er regelmäßig ohne unentschuldigte Fehlzeiten an der BVB-Maßnahme teilnimmt.

7. Das Amtsgericht Magdeburg sprach den Angeklagten mit Urteil vom 6. Mai 2008 (Az.: 22 Ls 357 Js 15136/07 (385/07)), rechtskräftig seit dem selben Tage, des Diebstahls in sieben Fällen schuldig und verwarnte ihn unter Einbeziehung der Entscheidungen zu Ziffern 5. und 6.. Ferner erlegte es ihm auf, 40 Stunden gemeinnützige Arbeit zu erbringen.

8. Mit Urteil vom 15. April 2010 (Az.: 24 Ds 357 Js 44391/09 (483/09)), rechtskräftig seit dem selben Tage, verwarnte das Amtsgericht Magdeburg den Angeklagten wegen des Erschleichens von Leistungen in vier Fällen und erteilte ihm die Auflage, 40 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten.

9. Mit weiterem Urteil vom 8. Oktober 2010 (Az.: 24 Ls 357 Js 38261/09 (534/09)), rechtskräftig seit dem 18. Januar 2011, verhängte das Amtsgericht Magdeburg gegen den Angeklagten unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall tateinheitlich mit räuberischer Erpressung, die Jugendstrafe von einem Jahr, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. Dem Urteil lagen folgende Feststellungen zu Grunde:

"1. Am Abend des 27.04.2009 gegen 23:50 Uhr ging der Angeklagte K, der alkoholisiert und aggressiver Grundstimmung war, da er Ärger mit seiner damaligen Freundin hatte, in der Nähe des H in der L in Magdeburg den Zeugen P H um Zigaretten an. Er erhielt jedoch keine und ärgerte sich darüber. Aus Ärger versetzte er dem Zeugen H einen Faustschlag an den linken Unterkiefer.

2. Zirka 1 Stunde später, nämlich am 28.04.2009 gegen 00:55 Uhr ging der Angeklagte K nunmehr den Zeugen T F um eine Zigarette an. Auch hier konnte er keine erhalten, was den Angeklagten K wiederum in Ärger versetzte. Aus diesem Ärger heraus schlug er den Zeugen F mit der flachen Hand ins Gesicht.

3. In der Nacht zum 22.05.2009 fuhr der Angeklagte K mit der Straßenbahn in Richtung Krankenhaus O, wo ein Bekannter von ihm in der Notaufnahme befindlich sein sollte. Während der Straßenbahnfahrt kam es zu einem Streit mit dem Zeugen G K, da dieser den Angeklagten darauf hingewiesen hatte, nicht in der Bahn zu rauchen. Der Zeuge K verließ die Straßenbahn an derselben Haltestelle wie der Angeklagte K. Zu der Gruppe des Angeklagten K kam hier der Angeklagte H hinzu, der mit der Freundin des Angeklagten K bekannt war. Hinter der Gruppe her ging der Zeuge K. Hierdurch fühlten sich die Angeklagten belästigt, so dass sie begannen, den Zeugen K zu schlagen und zu treten. Infolge der Tätlichkeiten wurden bei dem Geschädigten ein Hämatom am linken Auge und am linken Oberschenkel, ein angebrochenes Brustbein, eine Schwellung am Kopf und Lockerungen verschiedener Zähne diagnostiziert. Beide Angeklagten waren erheblich alkoholisiert (für H 2,04 0/00, für Kobalt 1 0/00).

4. Sodann begaben sich die Angeklagten in die Notaufnahme des Krankenhauses O. Hier wollten sie zu dem Freund des Angeklagten K vordringen, was anwesende Polizeibeamte jedoch zu verhindern suchten, um Eskalationen zu vermeiden. Der Angeklagte H versuchte jedoch massiv an den Polizeibeamten vorbei zu kommen, die sich in die Tür gestellt hatten, um den Weg zu versperren. Unter anderem drückte er dem Polizeibeamten L gegen eine Tür und faste ihn an den Hals. Außerdem beschimpfte er die Polizeibeamten fortlaufend mit Ausdrücken wie "ihr Bullenschweine, ihr Dreckschweine, Hackfresse". Der Angeklagte H war derartig aufgebracht, dass die Polizeibeamten Verstärkung hinzu rufen mussten, um ihn zur Raison zu bringen. Der Angeklagte H verhielt sich weiterhin tätlich aggressiv gegen die Polizeibeamten und versuchte sich durch Schlagen und Treten loszureißen. Erst auf der Wache beruhigte er sich langsam.

5. Am 24.08.2009 gegen 07:45 Uhr benutzte der Angeklagte K eine Straßenbahn der Linie 10 der Magdeburger Verkehrsbetriebe auf der Fahrt von der Universität in Richtung AOK, ohne den entsprechenden Fahrpreis zu entrichten, obwohl ihm bewusst war, dass er solches hätte tun müssen.

6. In der Nacht zum 01.10.2009 war der Angeklagte K in der Wohnung des Angeklagten H zu Besuch. Unter Zurücklassung der Zwillinge des Angeklagten H verließen beide in der Nacht die Wohnung, um Zigaretten zu besorgen. Beide waren erheblich alkoholisiert (für K 1,75 0/00, für H 1,90 0/00).

Auf der R Straße trafen sie gegen 01 Uhr auf den Zeugen Sebastian S, der ihm durch ein T-Shirt auffiel, welches die Angeklagten zum Anlass nahmen, ihn zu fragen, ob er ein "Rechter" sei. Der Zeuge S, der schwerhörig ist, verstand die Angeklagten jedoch nicht und fragte nach. Die in aggressiver Grundstimmung befindlichen Angeklagten drangen daraufhin tätlich auf den Zeugen ein. Durch einen der Angeklagten wurde der Zeuge geschlagen. Sodann entschlossen sich die Angeklagten spontan, Geld von dem Zeugen zu fordern. Der Zeuge wurde gegen ein Auto gedrückt und es wurde Geld von ihm gefordert. Unter dem Eindruck der vorangegangenen Gewalteinwirkung und in der Angst, es werde weitere Schläge geben, gab der Zeuge schließlich sein Kleingeld in Höhe von 3,45 heraus. Die Auseinandersetzung war durch den Zeugen E von dessen Wohnung aus beobachtet worden« Der Zeuge E hatte die Polizei gerufen. Als die Polizeikräfte eintrafen, steckten die Angeklagten dem Zeugen S das Geld wieder zu und versuchten das Geschehen als freundschaftliche Umarmung erscheinen zu lassen."

10. Mit Urteil vom 3. Januar 2011 (Az.: 24 Ls 339 Js 21848/09 (264/10)), rechtskräftig seit dem selben Tage, verhängte das Amtsgericht Magdeburg gegen den Angeklagten wegen Sachbeschädigung in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung, unter Einbeziehung der zu Ziffern 8. und 9. genannten Entscheidungen, die Einheitsjugendstrafe von einem Jahr und zwei Monaten. Das Amtsgericht legte dem Urteil folgende Feststellungen zu Grunde:

"Am 01.07.2009 gegen 2:00 Uhr begaben sich die Angeklagten gemeinsam mit einem bisher unbekannten Dritten auf Grund eines gemeinsamen Tatentschlusses zur

Wohnung des S D in der M 50 in M. Sie waren der Auffassung, dass S D ihnen einen Flachbildfernseher entwendet hatte, den sie sich wiederholen wollten. In der M 50 angekommen, stellten sie fest, dass die Tür zur Wohnung des S D verschlossen war. Einer der drei, wer konnte nicht festgestellt werden, trat im Einvernehmen mit den anderen gegen die Wohnungstür, wodurch das Schließblech beschädigt wurde und die Tür zu öffnen war. In der Wohnung schlief im Wohnzimmer D F. Als dieser aufwachte und die Eindringlinge ihn bemerkten, versetzte ihm der Angeklagte K, ohne dass dies mit den anderen beiden Mittätern abgesprochen war, mit einem "Quarzhandschuh" mehrere Schläge in das Gesicht. Bei dem Quarzhandschuh handelt es sich um einen mit Quarzsand gefüllten Handschuh, mit denen die Schlagwirkung erhöht werden soll. Durch die Schläge erlitt D F eine Verletzung an der Nase, die zum Nasenbluten führte, und eine Beule oberhalb des linken Auges. Eine ärztliche Behandlung wurde nicht in Anspruch genommen. Anschließend nahm der Angeklagte K den dort befindlichen Flachbildfernseher an sich und verließ mit diesem die Wohnung. Der Angeklagte S nahm das auf dem Wohnzimmertisch liegende Portmonee des D F, sein Schlüsselbund und eine silberfarbene Kette an sich, um sie für sich zu behalten."

11. Mit Urteil vom 16. März 2011 (Az.: 23 Ls 337 Js 22547/10 (508/10)), rechtskräftig seit dem24. März 2011, verhängte das Amtsgericht Magdeburg gegen den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der unter Ziffern 9. und 10. genannten Entscheidungen die Einheitsjugendstrafe von einem Jahr und vier Monaten. Ferner legte es fest, dass die Entscheidung, ob die Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann, spätestens sechs Monate nach Verkündung des Urteils getroffen wird. Dem Urteil lagen folgende Feststellungen zu Grunde:

"Der Angeklagte M K sowie der gesondert Verfolgte S L hatten in der Nacht vom 19. zum 20.11.2010 erhebliche Mengen alkoholischer Getränke zu sich genommen und kamen vormittags in der Wohnung von M K an. Aufgrund der Alkoholisierung, die nicht aktenkundig gemacht wurde, vom Angeklagten K mit 1,8 0/00 beschrieben wurde, da ihm der Polizeibeamte diesen Wert mitteilte, wurde der gesondert Verfolgte L, als er die Geräusche, die der Geschädigte W W mit seinem Staubsaugerbeutel am Müllcontainer verursachte, aggressiv. Er ging hinaus zum Rentner W und sprach ihn an, was das mit dem Krach hier solle. Der Zeuge W war sich keiner Schuld bewusst, da er kein Problem darin sah, Sonnabendvormittags seinen Staubsaugerbeutel auf dem Müllcontainer auszuklopfen. Das machte den gesondert Verfolgten L rasend und er schlug ihm gegen seine linke Hand. Der Zeuge W fühlte sich damit angegriffen und setzte sich mit mehreren Faustschlägen zur Wehr.

Als der Angeklagte K die körperliche Auseinandersetzung auf dem Hof beobachtete, entschloss er sich einzugreifen. Zunächst forderte er die Kontrahenten auf, damit Schluss zu machen. Als sich die beiden Streitenden nicht beruhigten, hielt der Angeklagte K die Arme des Zeugen W fest, so dass dieser sich nicht mehr wehren konnte. Währenddessen schlug der Angeklagte dem Zeugen W mit der Faust ins Gesicht und traf dabei den rechten Schläfenbereich. Da der Zeuge W eine Brille trug, drückte sich der Brillenbügel in die seitlichen Gesichtsteile und verursachte Schmerzen sowie auch eine Rötung und Schwellung in diesem Bereich."

12. Mit Urteil vom 4. April 2012 (Az.: 23 Ls 366 Js 29646/11 (244/11)), rechtskräftig seit dem selben Tage, verhängte das Amtsgericht Magdeburg gegen den Angeklagten wegen des Erschleichens von Leistungen in vier Fällen in Tatmehrheit mit Beleidigung die Einheitsjugendstrafe von einem Jahr und acht Monaten; einbezogen wurden die Entscheidungen zu Ziffern 9., 10. und 11..

13. Das Amtsgericht Halle (Saale) verurteilte den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung mit Urteil vom 27. Februar 2018 (Az.: 304 Ds 186 Js 20277/14) zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, deren Vollstreckung es für die Dauer von vier Jahren zur Bewährung aussetzte. Die Strafaussetzung wurde widerrufen. Dem seit dem 7. März 2018 rechtskräftigen Urteil lagen folgende Feststellungen zu Grunde:

"Am 18.12.2013 hielt sich der Angeklagte gemeinsam mit den gesondert Verfolgten K A Z, S K, M P und D G in seiner damaligen Wohnung in der Kreuzerstraße 9 in Halle (Saale) auf. Hier kamen sie überein, den im selben Haus wohnenden Zeugen M B aufzusuchen und ihn wegen zurückliegender angeblicher Beleidigungen und Beschimpfungen in der Jugendanstalt Raßnitz zur Rede zu stellen. Aufgrund dieses gemeinsamen Entschlusses begab sich der Angeklagte gemeinsam mit den gesondert Verfolgten, wobei sich die Mittäter K, G und P zuvor mittels Schals und Mützen vermummt hatten, gegen 06.30 Uhr zur Wohnung des Zeugen B und klingelten diesen aus dem Schlaf. Als der Zeuge die Wohnungstür öffnete, schlug zunächst der Angeklagte sofort und für diesen unvermittelt mit der flachen Hand auf den Zeugen ein. Dann zogen sie ihn in den Hausflur und schlugen nunmehr gemeinsam und einverständlich handelnd auf den am Boden liegenden wehrlosen Zeugen ein, um ihn zu verletzen, wobei sie ihn im Gesicht und am Oberkörper trafen. Der Angeklagte ging anschließend zurück in seine Wohnung, ohne sich um den verletzten Geschädigten zu kümmern, der von dem gesondert Verfolgten K A Z in seine Wohnung zurückgebracht wurde. Der Geschädigte B erlitt durch die Schläge erhebliche Schmerzen, eine Nasenbeinprellung, eine ca. 3 cm lange Risswunde an der rechten Augenbraue (wo eine sichtbare Narbe zurück geblieben ist) und eine oberflächige Risswunde am linken Augenlid sowie multiple Hämatome und Prellmarken im Gesicht und am Oberkörper."

14. Mit Strafbefehl vom 5. April 2018 (Az.: 16 Cs 775 Js 7897/18 (75/18)), rechtskräftig seit dem 27. April 2018, verhängte das Amtsgericht Magdeburg gegen den Angeklagten wegen Diebstahls die Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 25,00 Euro.

15. Mit Strafbefehl vom 19. April 2018 (Az.: 16 Cs 275 Js 4267/18 (83/18)), rechtskräftig seit dem 8. Mai 2018, verhängte das Amtsgericht Magdeburg gegen den Angeklagten wegen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln die Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 20,00 Euro. Dem Angeklagten wurde folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

"Im Rahmen einer polizeilichen Maßnahme wurden Sie von der Polizei festgestellt. Nach der Verbringung ins ZPG der PD Nord Sachsen-Anhalt wurden bei der Durchsuchung Ihrer Person in Ihrem rechten Schuh ein Tütchen mit 1,05 Gramm Marihuana und ein weiteres Tütchen mit 0,65 Gramm Metamphetamin (Crystal) gefunden. Sie gaben gegenüber der Polizei an, dass diese für Ihren Eigenbedarf vorgesehen seien. Sie wussten, dass Sie die erforderliche Erlaubnis für den Umgang mit Betäubungsmitteln nicht hatten."

Der Angeklagte wurde in vorliegender Sache aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Magdeburg vom 21. Februar 2020 (Az.: 5 Gs 162 Js 4940/20 (433/20)) am 27. März 2020 festgenommen. Seitdem verbüßt der Angeklagte Strafhaft in anderer Sache in der Justizvollzugsanstalt Burg. In der hiesigen Sache ist Überhaft notiert.

II.

1. Vortatgeschehen

Der Angeklagte und D H, der später Getötete, waren seit einigen Jahren miteinander bekannt. Zuletzt hatten sich die beiden entfremdet. Ursächlich hierfür war die Eifersucht des Herrn H. Herr H, der zum Zeitpunkt der Tat kein eigenes Einkommen erzielte und keine eigene Wohnung hatte, lebte bei der 27-Jährigen A-K P. Frau P unterstützte Herrn H finanziell, wobei sie für Herrn H nur Gefühle rein freundschaftlicher Natur hegte. Herr H wollte hingegen eine Liebesbeziehung mit Frau P führen. Als diese im Sommer 2019 Interesse am Angeklagten zeigte und mit diesem über ihr Mobiltelefon kommunizierte, reagierte Herr H aufbrausend und äußerte, dass der Angeklagte K nicht gut für Frau P sei, weil jener "link" sei und ständig "alles verdrehe". Frau P und der Angeklagte vertieften das Verhältnis allerdings nicht weiter, sodass diese Verbindung zumindest zwischen Frau P und Herrn H kein präsentes Thema mehr war. Herr H und der Angeklagte hatten hingegen vor der Tat nur sehr wenig Kontakt.

2. Tatgeschehen

Am Tattag, dem 26. Januar 2020, traf sich der zu diesem Zeitpunkt 1,80 Meter große und circa 81 Kilogramm schwere Angeklagte mit seinem Freund S L gegen 13:00 Uhr am E in M. Dort tranken die beiden jeweils zwei Flaschen à 0,5 Liter Bier. Ebenfalls waren einige Moldawier vor Ort, die der Angeklagte aber nicht näher kannte. Gemeinsam entschloss man sich, in die Bar "Izze´s Bierstube" in der B Straße zu gehen. Auf dem Weg zur Bar traf die Gruppe auf Herrn H, der ebenfalls circa 1,80 Meter groß war. Dieser schloss sich der Gruppe an und begleitete diese in die Bar "Izze". Herr H war in der "Kneipenszene" bekannt, fiel aber nie durch Streitigkeiten auf, sondern wurde als gut gelaunte und zugängliche Person wahrgenommen.

Dort angekommen stellte die Gruppe einige Tische zusammen und konsumierte im Anschluss nicht unerhebliche Mengen an Alkohol. Die meiste Zeit wurde reihum bestellt. Der Angeklagte selbst konsumierte ca. vier Flaschen Bier à 0,5 Liter sowie vier Gläser zu je zwei Centiliter Wodka und noch eine unbekannte Menge selbstgebrannten Schnaps, den die Moldawier mitgebracht hatten. Nachdem die Stimmung zunächst gut war, gerieten der Angeklagte und Herr H in einen lautstarken Streit, sodass andere Gäste, unter anderem Frau P, die ihren Geburtstag in der Bar feierte, auf diesen aufmerksam wurden. Den Auslöser des Streits konnte die Kammer nicht feststellen. Obwohl Herr L versuchte, den Streit zu schlichten, versetzte der Angeklagte Herrn H einen Kopfstoß Die Stimmung war im Anschluss gereizt. Das Personal forderte die gesamte Gruppe daraufhin auf, die Bar zu verlassen. Dieser Aufforderung kamen sie nach.

Herr L und der Angeklagte nahmen sich aus der Bar jeweils noch eine Flasche Bier à 0,5 Liter mit und entschlossen sich, zu zweit in die Havanna-Bar in der H Straße weiterzuziehen. Als sie dort ankamen, war der Angeklagte bereits angetrunken, konnte allerdings noch selbstständig laufen. Er musste nicht gestützt werden und konnte sich auch noch verständlich artikulieren, auch wenn seine Aussprache an manchen Stellen etwas verwaschen klang. In der Bar setzten sich der Angeklagte und Herr L an den Tresen und bestellten bei der Barkeeperin Aandra W Getränke. Im Hinterzimmer der Bar, an einem Spielautomaten, S Herr A. Kurze Zeit später erschien auch Herr H in der Havanna Bar. Herr H war in der Bar bekannt, weil er die Bar regelmäßig besuchte und hier auch Schulden hatte. Die Stimmung zwischen dem Angeklagten und Herrn H war weiterhin angespannt. Ob Herr H extra in die Bar kam, um den Angeklagten zu provozieren, hat die Kammer nicht festgestellt. Kurz nach dem Eintreffen, circa gegen 18:30 oder 18:35 Uhr, gingen der Angeklagte, Herr L und Herr H nach draußen vor die Bar, um ihren begonnen Streit weiter auszutragen. Wo sich Frau W zu diesem Zeitpunkt aufhielt, konnte die Kammer nicht feststellen.

Vor der Bar kam es zunächst zu einer verbalen, aber lautstarken Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und Herrn H. Die Auseinandersetzung war so laut, dass der Lärm auch zu der benachbarten, etwa 20 Meter entfernten Bar "H" drang, wo sich Herr F aufhielt, um eine Zigarette zu rauchen. Auch Herr A, der noch immer im Hinterzimmer der Bar an einem Spielautomaten S, wurde auf den Streit aufmerksam und entschloss sich, nach Beendigung seines laufenden Spiels vor die Bar zu gehen. Als er vor die Bar trat, standen der Angeklagte und Herr H sich gegenüber. Es wurden zwischen dem Angeklagten und Herrn H verschiedene Schimpfwörter ausgeteilt. Herr H bezeichnete den Angeklagten als "Fotze". Herr L stand zu diesem Zeitpunkt noch zwischen den beiden und versuchte, wie in der "Izze-Bar" zuvor, den Streit zu schlichten. Dies gelang ihm aber nicht, sodass er wenige Augenblicke später nicht mehr zwischen dem Angeklagten und Herrn H stand, sondern etwas seitlich versetzt neben den Kontrahenten. Diese bewegten sich aufeinander zu. Der Angeklagte, der in seiner linken Hand eine Flasche Bier hielt, schlug plötzlich aus Wut mit der rechten Faust einmal sehr wuchtig gegen die linke Gesichtshälfte des Herrn H, um diesen dadurch erheblich zu verletzen und den Streit zu beenden. Daraufhin ging dieser zu Boden und schlug heftig mit dem Hinterkopf auf dem asphaltierten Gehweg auf, sodass er am Hinterkopf stark zu bluten anfing. Er war daraufhin nicht bei Bewusstsein und nicht ansprechbar, atmete aber noch. Er erlitt durch den Faustschlag eine Trümmerfraktur des Unterkiefers, eine Fraktur eines Knochenfortsatzes des Oberkiefers mit Zahnwurzelfraktur, eine verschobene Mittelgesichtsfraktur ohne Verschiebung des Augenhöhlenbodens sowie eine Nasenbeinfraktur. Durch den anschließenden Sturz auf den Hinterkopf erlitt der Geschädigte mehrere Brüche des Hinterhauptbeins mit bis zum großen Hinterhauptsloch verlaufenden Frakturlinien. Diese Verletzungen waren potentiell lebensgefährlich. Dass der Geschädigte durch den heftigen Faustschlag stürzen und sich hierbei lebensgefährliche Kopfverletzungen zuziehen und an diesen letztlich auch versterben konnte, hätte der Angeklagte bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können und müssen.

Der Angeklagte verließ den Ort des Geschehens binnen sehr kurzer Zeit. Er wollte zum einen nicht mit der Tat in Verbindung gebracht werden, zum anderen war er sich bewusst, dass er bereits in anderer Sache mit Haftbefehl gesucht wird und wollte sich einer Festnahme entziehen.

Kurz davor, den genauen Zeitpunkt konnte die Kammer nicht feststellen, kam Frau W aus der Bar und verständigte gegen 18:36 Uhr den Notarzt. Herr L und Herr A leisteten bei Herrn H Erste Hilfe. Nach Eintreffen der Rettungskräfte war Herr H noch immer nicht ansprechbar, wurde im Rettungswagen notversorgt - er erhielt den Kreislauf stabilisierende Medikamente - und im Anschluss in das Uniklinikum eingeliefert. Hier wurde er in einen Schockraum verbracht, wo er eine Asystolie - Herzstillstand - erlitt und reanimiert werden musste. Es wurden Schädelinnernraumblutungen erkannt und aus diesem Grund eine Notoperation zur Entlastung des Gehirns durchgeführt. Da sich auch am Folgetag, am 27. Januar 2020, eine deutliche Größenprogredienz der Schädelinnenraumblutung gezeigt hatte, erfolgte eine erneute Operation. Am 28. Januar 2020 wurde eine bildgebende Kontrolle durchgeführt, die einen sauerstoffmangelbedingten Hirnschaden aufzeigte. In der Folgezeit nahm die Hirndrucksymptomatik weiter zu. Herr H verstarb am 9. Februar 2020. Der Tod ist infolge eines intravitalen Hirntodes auf Grundlage der schweren Schädel-Hirn-Verletzung eingetreten. Todesursächlich war letztendlich das Hirnödem, welches durch den Schlag und das Aufschlagen des Kopfes auf den harten Boden bedingt und durch den Herzstillstand, der eine Reanimation erforderte, verstärkt wurde. Dieser ist auf Druckreizungen durch den Schlag und das Sturzgeschehen sowie die Auswirkungen auf das Zentralnervensystem durch die Einblutung unter die harte Hirnhaut zurückzuführen.

Der Angeklagte hatte zum Zeitpunkt der Tat eine Blutalkoholkonzentration im Bereich von wahrscheinlich über zwei Promille, aber jedenfalls unter drei Promille. Er befand sich in einem mittelschweren Alkoholrausch, welcher eine krankhafte seelische Störung darstellt. Die Schuldfähigkeit des Angeklagten war hierdurch während der Begehung der Tat erheblich vermindert, aber nicht aufgehoben. Dabei war bei vorhandener Fähigkeit, das Unrecht seiner Tat einzusehen, seine Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln, erheblich vermindert. Ferner leidet der Angeklagte an einem Hang, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Es besteht bei ihm ein Abhängigkeitssyndrom von Alkohol, Stimulanzien (Methamphetamin), Cannabinoiden und Tabak (ICD-10: F10.2, F15.2, F12.2, F17.2). Diese Suchterkrankung war für die Begehung der Tat mitursächlich. Ferner leidet der Angeklagte an einer tiefverwurzelten kombinierten Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F61.10), die nach ihrem Ausmaß allerdings nicht als andere schwere seelische Abartigkeit zu werten ist.

Herr H stand zum Zeitpunkt des Geschehens unter dem Einfluss Betäubungsmitteln. Die nachgewiesenen Mengen, namentlich Amphetamin 120 ng/ml, MDA < 10 ng/ml, MDMA 82 ng/ml, Tetrahydrocannabinol < 1 ng/ml, THC_Carbonsäure 17 ng/ml, lagen unterhalb des toxischen Bereiches. Eine Mitursächlichkeit für das Auftreten des Herzstillstandes kann nicht ausgeschlossen werden.

3. Nachtatgeschehen

Aandra W traf den Angeklagten einige Tage nach der Tat - zu diesem Zeitpunkt lebte Herr H noch - auf der Straße in M, als der Angeklagte gerade zum Friseur wollte. Hier gab der Angeklagte an, dass Herr H nicht gut ausgesehen habe und er das Ganze so nicht gewollt habe. Dass es unmittelbar vor dem Schlag eine Provokation von Herrn H oder einen körperlichen Angriff gegeben hat, äußerte der Angeklagte nicht.

Ebenfalls gab es nach der Tat ein Treffen zwischen dem Angeklagten und seinem Freund, S L, der zu diesem Zeipunkt von der Polizei als Mitbeschuldigter geführt wurde. In diesem Gespräch bat Herr L den Angeklagten, ein Schreiben aufzusetzen, aus dem hervorgeht, dass er selbst mit "der Sache" nichts zutun gehabt habe. Herr L wollte ein Beweismittel haben, welches ihn entlastet. Daraufhin schrieb der Angeklagte folgende Zeilen auf einen Zettel:

"Hiermit äußere ich mich M K, 16.05.90 geb. zu dem Sachverhalt am 26.1.2020 in der Havannabar H. gegen 18.40! Momentan möchte ich mich diesbezüglich nur soweit äußern, das ich alleine aus Notwehr gehandelt habe. Alles weitere über mein Anwalt Rechtsanwalt."

III.

1. Die Feststellungen zur Person des Angeklagten beruhen auf seiner glaubhaften Einlassung hierzu, dem verlesenen Auszug aus dem Bundeszentralregister und den verlesenen Entscheidungen in früheren Strafsachen. Ferner hat sich der Angeklagte gegenüber dem Sachverständigen Dr. med. Bernd L, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, der ihn bezüglich seiner Schuldfähigkeit und einer möglichen Unterbringung in einer Entziehungsanstalt untersucht und begutachtet hat, geäußert. Jener hat die Angaben gegenüber der Kammer in der Hauptverhandlung in seiner Vernehmung als sachverständiger Zeuge wiedergegeben. Inhaltlich hat die Kammer auch diese Äußerungen ihren Feststellungen zu Grunde gelegt, an deren Richtigkeit keine Zweifel bestehen.

2. Die Feststellungen zum Vortatgeschehen beruhen auf der glaubhaften Aussage der Zeugin P, welche mit dem Getöteten H befreundet war. Die Zeugin P hat bekundet, dass Herr H einige Zeit bei ihr gelebt habe. Er habe kein eigenes Einkommen erzielt und auch keine Sozialhilfe bekommen. Daher habe sie angeboten, ihn zu unterstützen. Herr H habe sich aber mehr erhofft. Er habe eine Liebesbeziehung mit ihr führen wollen. Dies habe sie aber nicht gewollt, auch weil Herr H einige Jahre älter gewesen sei als sie. Im Sommer 2019 habe sie eine Zeit lang mit dem Angeklagten per Messangerapp WhatsApp kommuniziert. Sie sei durchaus an dem Angeklagten interessiert gewesen. Dies habe Herrn H nicht gefallen. Er sei eifersüchtig gewesen und habe ihr gesagt, dass der Angeklagte nicht gut für sie sei. Er sei "link" und verdrehe ständig die Tatsachen. Da sie aber nach einiger Zeit den Kontakt zu dem Angeklagten abgebrochen habe, habe sich dieser Streit gelegt und sei zur Tatzeit kein präsentes Thema mehr gewesen. Herr H und der Angeklagte hätten dennoch keinen Kontakt mehr gehabt. Insgesamt sei Herr H aber ein freundlicher Mensch gewesen, der nicht nach Streit gesucht habe.

Die Feststellungen zum Tatgeschehen beruhen auf der Einlassung des Angeklagten, soweit ihr gefolgt werden konnte, und im Übrigen auf den erhobenen Beweisen.

Der Angeklagte hat durch seinen Verteidiger am ersten Hauptverhandlungstag folgende Erklärung abgeben lassen und diese als seine eigene Erklärung bestätigt:

"Am 26.012020 traf der Angeklagte gegen 13:00 Uhr den Zeugen S L an der Haltestelle S und ging mit ihm zu einem am E gelegenen Getränkeladen, wo man zwei, dem Angeklagten bislang nicht bekannte Moldawier traf. Der Angeklagte trank dort gemeinsam mit dem Zeugen L 2 Flaschen Bier à 0,5 Liter, bevor man beschloss, gemeinsam in die Bar "Itze" zu gehen. Auf dem Weg dorthin traf man auf die Person, die dem Angeklagten mit dem Spitznamen "D" bekannt ist. Zu fünft traf man in der Bar "Itze" ein, wo "D" ein gereiztes und aggressives Verhalten offenbarte. Er wirkte angetrunken und erklärte sinngemäß, seit zwei Tagen durchgefeiert zu haben. In der Bar "Itze" konsumierte der Angeklagte weitere 4-5 Flaschen Bier à 0,5 Liter und etwa 4 Gläser à 2 cl Wodka und selbstgebrannten Schnaps, den andere Moladwier, die sich ebenfalls im Laufe des Nachmittags in der Bar eingefunden hatten, mitgebracht hatten. In einer Situation zog "D" den Angeklagten an seiner Oberbekleidung, was er durch ein Wegschubsen abwehrte, worauf sich die Situation schnell wieder beruhigte. Nachdem alle die Bar "Itze" gegen 17:00 Uhr verlassen hatten, begab sich der Angeklagte zusammen mit dem Zeugen L in die "Havanna" Bar. Dort war die Tresenkraft, die dem Angeklagten mit dem Vornamen A bekannt ist, anwesend sowie der Zeuge Y und ein paar weitere Personen. Nach etwa einer halben Stunden erschien auch "D" in der "Havanna" Bar und äußerte lautstark seinen Unmut über verschiedene Dinge, unter anderem fragte er den Angeklagten, warum er so wörtlich "blöd gucke", ferner forderte er den Angeklagten sodann auf, mit ihm nach draußen zu gehen. Um innerhalb der Bar eine weitere Auseinandersetzung zu vermeiden und in der Annahme, "D" dort erneut zu beschwichtigen zu können, ging der Angeklagte zusammen mit dem Zeugen L und "D" vor den Eingang der Bar.

Nachdem man sich dort wechselseitig beleidigte, stieß "D" den Angeklagten mit beiden Händen gegen dessen Brust, worauf er ein Stück nach hinten taumelte. Noch etwas benommen von dem Stoß nahm der Angeklagte im nächsten Moment wahr, wie "D" einen Schritt in dessen Richtung machte und sodann seinen Kopf abrupt in Richtung des Kopfes des Angeklagten zubewegte, was den Angeklagten veranlasste anzunehmen, dass dieser ihm im nächsten Moment eine "Kopfnuss" zufügen würde, worauf ihm der Angeklagte mit der rechten Faust einen Schlag in dessen Gesicht versetzte, der zur Folge hatte, dass "D" rückwärts zu Boden stürzte. Der Angeklagte begab sich dann auf die andere Straßenseite und entfernte sich, da er aufgrund des zu erwartenden Eintreffens der Polizei eine Verhaftung; wegen eines gegen ihn zu vollstreckenden Haftbefehls vermeiden wollte."

Ferner hat der Angeklagte eingeräumt, dass er den bei der Akte befindlichen Zettel nach der Tat selbst verfasst habe. Er habe gewollt, dass der Zettel der Polizei zugeleitet werde.

Insoweit die weitere Einlassung des Angeklagten den Feststellungen widerspricht, ist die Kammer insbesondere den Aussagen der Zeugin P sowie der Zeugen A und F gefolgt.

Die Zeugin P hat angegeben, dass sie am 26. Januar 2020 ihren Geburtstag in der "Izze-Bar" gefeiert habe. Am späteren Nachmittag, die genaue Zeit könne sie nicht erinnern, sei eine Gruppe junger Männer in die Bar gekommen und habe einige Tische zusammengestellt. Sie habe eine Zeit nicht weiter auf die Gruppe geachtet. Dann sei es lauter geworden und sie habe wahrgenommen, wie Bierflaschen zu Boden gefallen seien. Sie habe zur Gruppe geschaut und gesehen, wie sich zwei etwa gleich große männliche Personen "angegangen" seien. Eine dieser Personen habe ein "Basecap" getragen und einen gepflegten, deutlich erkennbaren Bart gehabt. Diese habe der anderen Person eine sogenannte "Kopfnuss", das heißt einen kräftigen Stoß mit dem eigenen Kopf auf den Nasen- und Stirnbereich der anderen Person, verpasst. Eine dritte Person, S L - welcher ihr schon seit einiger Zeit bekannt sei -, sei letztendlich dazwischen gegangen. Dann sei die Gruppe der Bar verwiesen worden. Mit der Zeugin wurden in der Hauptverhandlung die Lichtbilder Bl. 20 bis 27 Bd. II d.A. in Augenschein genommen und sie im Anschluss gefragt, ob sie den Kopfstoß einer der auf den Lichtbildern gezeigten Personen zuordnen könne. Beim Sichten der Bilder hielt die Zeugin bei Lichtbild Nummer vier, welches den Angeklagten zeigte, an. Sie erklärte, dass es sich bei der abgebildeten Person durchaus um die Person handeln könne, die den Kopfstoß ausgeführt habe. Sie sei sich zwar nicht zu 100 Prozent sicher, weil zwar der Bart übereinstimme, die Segelohren der auf Lichtbild vier abgebildeten Person aber nicht ganz "passen" würden. Wenn man sich diese aber wegdenke, beziehungsweise ein "Basecap" hinzudenke, dann "komme das schon hin". Wegen der Einzelheiten wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Lichtbilder Bl. 20 bis 27 Bd. II d.A. verwiesen. Die Kammer hat keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieser Aussage.

Auch ist die Kammer davon überzeugt, dass es der Angeklagte war, der in der "Izze-Bar" den Kopfstoß ausgeteilt hat.

Die Einlassung des Angeklagten und die Aussage der Zeugin P sowie des Zeugen L, auf die später noch genauer eingegangen wird, stimmen insoweit überein, dass es in der "Izze-Bar" zu einer Auseinandersetzung zwischen zwei Personen gekommen sei. Laut Einlassung des Angeklagten und Aussage des Zeugen L habe es sich bei den Personen um den Angeklagten selbst und den später Getöteten H gehandelt. Die Zeugin P hat angegeben, gesehen zu haben, wie eine dieser beiden Personen der anderen Person eine "Kopfnuss" gegeben habe und der Zeuge L daraufhin die Situation geschlichtet habe. Der Zeuge L war der Zeugin P bereits persönlich bekannt, die beiden anderen Beteiligten kannte sie nicht. Da es laut der Aussage der Zeugin P keine weitere Auseinandersetzung gegeben habe, steht für die Kammer fest, dass der Kopfstoß in der oben beschrieben Personenkonstellation - das heißt zwischen dem Angeklagten und dem später Getöteten - stattgefunden hat. Dabei steht für die Kammer ebenfalls fest, dass der Angeklagte den Kopfstoß gegen Herrn H ausgeteilt hat. Die Zeugin P hat zwar nicht mit letzter Sicherheit bestätigen können, dass es tatsächlich der Angeklagte war, der den Kopfstoß ausgeteilt hat. Sie hat jedoch viele Übereinstimmungen zwischen dem Lichtbild des Angeklagten und der Person, die den Kopfstoß ausgeteilt hat, erkannt. Ferner hat sie beschrieben, dass die Person, die den Kopfstoß ausgeteilt hat, einen gepflegten Bart gehabt habe. Diese Beschreibung trifft nicht auf Herrn H zu, sodass es sich bei der Person, die den Kopfstoß ausgeteilt hat, um den Angeklagten handeln muss. Ausweislich der kurz nach der Tat von dem Getöteten H gefertigten Lichtbilder, welche im Rahmen der Hauptverhandlung in Augenschein genommen wurden, trug dieser keinen Bart. Wegen der Einzelheiten wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Lichtbilder Bl. 6 bis 10 SB II a) d.A. verwiesen.

Bezüglich des Geschehens in der "Havanna-Bar" hat die Kammer ihre Feststellungen auf die Einlassung des Angeklagten, die Aussage der Zeugin W und die Aussage des Zeugen L gestützt, soweit ihnen jeweils gefolgt werden konnte.

Die Zeugin W hat angegeben, dass sie an diesem Abend als Barkeeperin gearbeitet habe. Gegen 18:00 Uhr habe sie die Bar geöffnet. Es seien wenige Gäste da gewesen. Im Hinterzimmer habe Herr A an einem Spielautomaten gesessen. Etwas später, es sei noch früher Abend gewesen, die genaue Uhrzeit erinnere sie nicht, seien der Angeklagte und Herr L, mit dem sie zu diesem Zeitpunkt eine lockere intime Beziehung geführt habe und auch noch heute befreundet sei, in die Bar gekommen. Sie hätten sich zu ihr an den Tresen gestellt und dabei einen angetrunkenen Eindruck gemacht. Der Angeklagte habe sich aber noch verständlich artikulieren und auch selbstständig fortbewegen können, auch wenn er vielleicht etwas "getorkelt" habe. Sie seien also nicht stark betrunken gewesen. Dann sei Herr H ebenfalls in die Bar gekommen und habe sich zu den anderen beiden Männern an die Bar gestellt. Sie kenne Herrn H bereits seit einiger Zeit, weil dieser ein Stammkunde in der Bar sei. Er sei ein ruhiger und zugänglicher "Typ" und sei nicht auf der Suche nach Streit. Wie die Begrüßung zwischen den Männern ausgefallen sei, könne sie nicht erinnern. Sie seien sich aber nicht herzlich in die Arme gefallen. Sie sei dann auf Toilette gegangen. Herr L sei dann auch zur Toilette gegangen. Er habe an ihre Tür geklopft und nach ihr gerufen. Sie habe ihn an der Stimme erkannt. Dieser sei dann wieder gegangen. Insgesamt sei sie einige Minuten auf der Toilette gewesen. Als sie von der Toilette gekommen sei, sei keiner mehr in der Bar gewesen. Sie sei dann nach draußen vor die Bar gegangen. Dort habe sie gesehen, wie Herr H auf dem Boden gelegen habe. Herr L habe bereits Erste Hilfe geleistet. Herr A habe ebenfalls geholfen. Sie meine, dass der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt noch vor Ort gewesen sei, sicher sei sie sich nicht. Sie habe dann den Notruf getätigt und mit den anderen bis zu dem Eintreffen der Rettungskräfte gewartet. Sie habe auch ihren Chef angerufen, welcher alsbald gekommen sei. Sie sei dann in der Bar geblieben. Am späteren Abend sei Herr L nochmal in die Bar gekommen. Sie sei mit ihm gemeinsam nach Hause gegangen. Man habe nicht über den Vorfall gesprochen, beziehungsweise habe Herr L ihr nichts erzählt. Einige Tage nach der Tat, zu diesem Zeitpunkt habe der Herr H noch gelebt, habe sie den Angeklagten auf der Straße getroffen. Dort habe sie ihn auf den Vorfall angesprochen und ihn aufgefordert, sich der Polizei zu stellen. Der Angeklagte habe geäußert, dass "D" nicht gut ausgesehen habe und er das alles so nicht gewollt habe. Sie wisse es nicht so genau, aber es solle eine Provokation von Herrn H gegeben haben. Auf Nachfrage der Kammer, was sie damit meine, hat die Zeugin angegeben, dass sie gehört habe, dass es bereits zuvor in der "Izze-Bar" einen Streit zwischen dem Angeklagten und Herrn H gegeben habe.

Die Kammer ist dieser Aussage nur insoweit gefolgt, wie aus den Feststellungen ersichtlich. Im Übrigen konnte die Kammer den Ausführungen nicht folgen. Zwar kann die Kammer nicht ausschließen, dass sich die Zeugin tatsächlich während des eigentlichen Tatgeschehens auf der Toilette aufgehalten hat. Die Kammer hält es aber nicht für glaubhaft, dass die Zeugin gar nichts weiteres von dem Tatgeschehen mitbekommen haben will und auch später mit den weiteren Beteiligten nicht über Details gesprochen habe. Insbesondere hält es die Kammer nicht für glaubhaft, dass sich die Zeugin nicht mit dem Zeugen L über das Tatgeschehen unterhalten hat, obwohl sie diesen noch in der Nacht nach der Tat gesehen hat und mit ihm gemeinsam nach Hause gegangen ist. Die Kammer geht daher von aus, auch weil die Zeugin angab, noch mit dem Zeugen L befreundet zu sein, dass es sich hierbei um eine Schutzbehauptung zu Gunsten des Angeklagten, insbesondere aber zu Gunsten des Zeugen L handelt.

Der Zeuge L hat das Geschehen bis zum Eintreffen in der "Havanna-Bar" im Wesentlichen so geschildert wie der Angeklagte. Er hat angegeben, dass er sich an dem Tattag am frühen Nachmittag mit dem Angeklagten getroffen habe. Man habe gemeinsam Bier getrunken. Dann seien sie gemeinsam in die "Izze-Bar" gegangen. Auf dem Weg in die Bar hätten sie den später Getöteten H getroffen. Herrn H, der von allen "D" genannt werde, kenne er seit circa zwei Jahren. Herr H habe ziemlich "fertig" ausgesehen und geäußert, dass er die Nacht durchgemacht habe. Das Verhältnis zwischen dem Angeklagten und Herrn H sei zu diesem Zeitpunkt neutral gewesen. In der Bar seien sie eine Gruppe von circa 10 bis 12 Personen gewesen. Es seien noch einige Moldawier dazugekommen. In der "Izze-Bar" hätten sie dann zahlreiche alkoholische Getränke konsumiert. Er selbst habe bestimmt acht Bier getrunken und circa eine halbe Flasche Wodka. Das sei für ihn normal, wenn er trinken gehe. Der Angeklagte habe auch Einiges getrunken. Ob der Angeklagte Betäubungsmittel konsumiert habe, könne er nicht sagen. Dann habe Herr H "angefangen zu stänkern". Die Stimmung sei zunächst gut gewesen. Es sei zu einem Streit zwischen dem Angeklagten und Herrn H gekommen. Dabei könne es zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen sein. Er erinnere das nicht mehr so genau. Danach sei die Stimmung komisch gewesen und man habe die Bar verlassen. Er sei mit dem Angeklagten anschließend in die "Havanna-Bar" gegangen. Dort habe Frau W, mit welcher er eine intime Beziehung gepflegt habe, am Tresen gestanden. Bei ihr hätten sie Bier bestellt. Der Angeklagte sei zu diesem Zeitpunkt schon etwas betrunken gewesen, er sei aber nicht so stark alkoholisiert gewesen, dass er Hilfe beim Laufen oder Ähnlichem gebraucht habe. Nach kurzer Zeit sei dann auch Herr H in die Bar gekommen. Frau W sei auf Toilette gegangen und er sei ihr kurze Zeit später gefolgt, warum könne er nicht sagen. Er sei wohl betrunken gewesen. Er habe gegen die Toilettentür geklopft. Während er auf Toilette gewesen sei, habe er Schreie gehört, genaue Worte erinnere er nicht. Dann sei er zurück in die Bar gegangen und habe gemerkt, dass dort keiner mehr gewesen sei. Er sei dann nach draußen vor die Bar gegangen. Da habe er Herrn A, den Angeklagten und Herrn H gesehen. Herr H habe auf dem Boden gelegen und der Angeklagte habe in seiner Nähe gestanden. Frau W sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht draußen gewesen. Diese sei erst wenige Augenblicke später dazu gekommen. Der Angeklagte habe alsbald den Ort des Geschehens verlassen. Er gehe davon aus, dass der Angeklagte fliehen wollte, weil er zu diesem Zeitpunkt per Haftbefehl gesucht worden sei. Als er nach draußen gekommen sei, sei das Ganze ein Schock für ihn gewesen. Er habe dann bei Herrn H Erste Hilfe geleistet. Er habe Herrn H in die stabile Seitenlage gelegt. Dann sei auch schon der Notarzt, den Frau W angerufen habe, eingetroffen. Er selbst habe dann noch Angaben bei der Polizei gemacht, dann habe er sich erstmal von der "Havanna-Bar" entfernt. Er sei in der Nacht, die Uhrzeit erinnere er nicht, nochmal zurück zu der "Havanna-Bar" gegangen und sei mit Frau W nach Hause gegangen. Er habe dann mit ihr über das Geschehen gesprochen. Auf Nachfrage, ob die Einlassung des Angeklagten, der Zeuge H sei an diesem Abend gereizt gewesen, zutreffe, hat der Zeuge angegeben, dass dies so stimme. Auf Vorhalt, dass der Zeuge A angegeben hat, dass auch er selbst mit vor der Bar gewesen sein soll und dabei versucht haben soll, dass Geschehen zwischen dem Angeklagten und Herrn H zu schlichten, entgegnete der Zeuge, dass ihn diese Aussage selbst überrasche. Er erinnere dies anders.

Die Kammer ist der Aussage nur insoweit gefolgt, wie aus den Feststellungen ersichtlich. Im Übrigen hält die Kammer sie für unglaubhaft. Der Zeuge war ursprünglich Mitbeschuldigter in dem Verfahren. Die Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren gegen ihn eingestellt. Trotz entsprechender Belehrung gemäß § 55 StPO hat der Zeuge sich entschlossen, auszusagen. Die Kammer ist aufgrund der Aussage des Zeugen A, auf die im Folgenden eingegangen wird, davon überzeugt, dass sich der Zeuge L zum Zeitpunkt des Schlages vor der Bar aufgehalten hat und nicht auf Toilette war. Die Aussage, er habe von dem Geschehen nichts mitbekommen, wertet die Kammer daher als unwahre Schutzbehauptung, insbesondere auch zu Gunsten des Angeklagten.

Die Feststellungen zum eigentlichen Tatgeschehen beruhen im Wesentlichen auf den glaubhaften Angaben des unbeteiligten Zeugen A. Dieser hat in seiner Vernehmung bekundet, dass er an dem Abend in der "Havanna-Bar" gewesen sei. Er kenne den Chef der Bar und sei des Öfteren dort. Er habe in dem Hinterzimmer der Bar gesessen und an einem Automaten gespielt. Dann habe er akustisch wahrgenommen, dass sich Personen streiten. Er habe aber zunächst nicht zuordnen können, woher der Streit kam und habe noch kurz weitergespielt. Der lautstarke Streit habe aber nicht nachgelassen. Nachdem sein Spiel nach kurzer Zeit, es seien höchstens zwei Minuten gewesen, zu Ende gewesen sei, habe er nachschauen wollen, was los ist. Er habe festgestellt, dass niemand in der Bar gewesen sei und sei nach draußen gegangen. Dort habe er den Angeklagten, Herrn L und Herrn H, die er zuvor jeweils nicht näher gekannt habe, gesehen. Herr H und der Angeklagte hätten sich gestritten und sich gegenseitig mit Schimpfwörtern belegt. Er könne noch erinnern, dass Herr H den Angeklagten als "Fotze" betitelt habe. Weitere Wörter erinnere er nicht. Er habe Herrn H und den Angeklagten gut beobachten können, da er nur circa zwei Meter von ihnen entfernt gestanden habe. Er habe gesehen, dass der Angeklagte eine Flasche in seiner linken Hand gehabt habe. Zu diesem Zeitpunkt hätten der Angeklagte und Herr H circa ein bis eineinhalb Meter voneinander entfernt gestanden und seien sich mit ihren Gesichtern zugewandt gewesen. Es sei eine angespannte Atmosphäre gewesen. Die beiden Kontrahenten hätten auch mit den Händen "gefuchtelt", und wohl versucht, einander anzugreifen. Das "Gefuchtel" mit den Händen seien Gesten gewesen, die er so interpretiert habe, dass der jeweils andere nur "kommen solle". Herr L habe versucht, die beiden zu trennen. Er habe also kurzzeitig zwischen den beiden Kontrahenten gestanden. Das sei ihm aber nicht gelungen und er habe dann nicht mehr zwischen dem Angeklagten und Herrn H gestanden. Unmittelbar danach habe der Angeklagte Herrn H mit der Faust einmal in das Gesicht geschlagen. Es habe nur diesen einen Schlag gegeben. Er habe nicht gesehen, dass es unmittelbar zuvor einen körperlichen Angriff des Herrn H gegeben habe. Es sei alles sehr schnell gegangen. Herr H sei sofort zu Boden, das heißt auf den asphaltierten Fußweg, gefallen. Er sei dabei auf die Seite oder den Rücken gefallen. Er habe aus der Nase und dem Mund geblutet und sei nicht mehr ansprechbar gewesen. Er habe aber noch geatmet. Er selbst habe dann Erste Hilfe geleistet und Frau W, die aus der Bar gekommen sei, habe den Notarzt verständigt. Diese sei alsbald gekommen. Der Angeklagte habe sich wenige Momente nach dem Vorfall von der Bar entfernt. Er sei mit schnellen Schritten weggelaufen. Ihm sei nicht aufgefallen, dass er geschwankt sei oder Ähnliches. Auf konkrete Nachfrage, ob der Zeuge ausschließen könne, dass Herr H vor dem Schlag zu einer "Kopfnuss" angesetzt habe, hat der Zeuge angegeben, dass er ein solches Geschehen nicht beobachtet habe. Auf Nachfrage, ob er ein solches Geschehen hätte sicher sehen müssen, hat er angegeben, dass er das nicht sagen könne, weil alles sehr schnell gegangen sei. Er könne nicht ausschließen, dass der Getötete vor dem Schlag einen Schritt auf den Angeklagten zugegangen sei. Er habe aber beide Kontrahenten gut im Blick gehabt. Auch sei es vor der Bar nicht dunkel gewesen. Auf weitere Nachfrage, ob er davon ausgehe, dass der Angeklagte sich nur zur Wehr gesetzt habe, hat der Zeuge angegeben, dass er nicht sagen könne, was passiert ist, als er noch in der Bar gewesen sei. Als er jedoch nach draußen gekommen sei, habe er nichts dergleichen wahrgenommen.

Die Kammer ist davon überzeugt, dass sich das Geschehen vor der Bar so abgespielt hat, wie von dem Zeugen A geschildert. Es handelt sich bei Herrn A um einen neutralen Zeugen, der keine näheren Kontakte zu dem Angeklagten oder dem Getöteten pflegte. Der Zeuge hat sachlich und strukturiert ausgesagt und auch deutlich gemacht, wenn er etwas nicht mehr erinnern konnte. Die Aussage war in sich schlüssig und glaubhaft. Auch konnte der Zeuge die Atmosphäre der Situation nachvollziehbar beschreiben. Ferner hat der Zeuge in seiner Aussage keine Belastungstendenz gezeigt und auch geschildert, dass der Getötete den Angeklagten zunächst als "Fotze" betitelt hat.

Unter anderem aufgrund dieser glaubhaften Aussage hält die Kammer die Einlassung des Angeklagten, der Getötete habe ihm kurz vor dem Schlag eine "Kopfnuss" verpassen wollen, für widerlegt. Zwar hat der Zeuge A angegeben, dass er dies nicht zu 100 Prozent ausschließen könne. Die Kammer ist aber davon überzeugt, dass der Zeuge A aus seiner Position einen versuchten Kopfstoß des Getöteten hätte sehen müssen, wenn es ihn gegeben hätte. Zwar hat es sich bei der Auseinandersetzung um einen dynamischen und schnellen Geschehensablauf gehandelt, jedoch hat der Zeuge angegeben, höchstens zwei Meter entfernt gestanden zu haben. Ferner hat er angegeben, dass er die Kontrahenten gut im Blick gehabt habe und es vor der Bar auch nicht dunkel gewesen sei. Diese Feststellung findet darüber hinaus Unterstützung durch die Tatsache, dass es zuvor der Angeklagte war, der den Kopfstoß ausgeteilt hat und nicht der Getötete H. Diese Form des körperlichen Angriffs passt somit eher zu dem "Kampfrepertoire" des Angeklagten. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass es zwar durchaus möglich ist, dass sich der Getötete für den zuvor in der "Izze-Bar" erhaltenen Kopfstoß rächen wollte. Hiergegen spricht jedoch, dass Herr H von den Zeugen als friedfertige Person beschrieben wurde, die nicht auf Stress aus sei und nie Probleme mache. Auch sprechen gegen die Einlassung des Angeklagten die von dem Zeugen A beschriebenen Positionen des Angeklagten und des Getöteten H. Der Zeuge A hat angegeben, dass zwischen den Kontrahenten ein gewisser Abstand gewesen sei. Um allerdings einen Kopfstoß ausführen zu können, müsste zwischen den Beteiligten etwas weniger als eine Armlänge Abstand gewesen sein. Auch der Umstand, dass der Zeuge L behauptet hat, nichts gesehen zu haben, obwohl er laut glaubhafter Aussage des Zeugen A versucht haben soll, den Streit zwischen dem Angeklagten und Herrn H zu schlichten, ist ein Indiz dafür, dass es einen Angriff des Herrn H nicht gegeben hat. Der Zeuge L ist noch heute mit dem Angeklagten befreundet. Es hätte daher nahegelegen, dass er zu Gunsten seines Freundes ausgesagt hätte, wenn es tatsächlich entlastende Umstände gegeben hätte.

Der Zeuge F hat angegeben, dass er sich am 26. Januar 2020 in der Bar "H" aufgehalten habe, die etwa 20 Meter entfernt von der "Havanna-Bar" liege. Er sei gegen 18:30 Uhr vor die Tür gegangen, um eine Zigarette zu rauchen. Er habe Schreie wahrgenommen, die aus Richtung "Havanna-Bar" gekommen seien. Er habe dann in die Richtung geschaut und habe es "krachen" gehört. Dann sei eine Person zu Boden gefallen. Er habe aber weder verstehen können, was gesagt wurde noch wie die Person zu Bode gekommen ist. Er habe seine Brille nicht aufgehabt. Die Lichtverhältnisse seien aber für ihn so gewesen, dass er wahrgenommen habe, wie sich zwei Personen von dem Ort des Geschehens entfernt hätten. Eine Person sei schnellen Schrittes in seine Richtung gelaufen. Diese glaubhafte Aussage enthält zwar keine wesentlichen Details zum Tatgeschehen, stützt die Aussage des Zeugen A aber insoweit, dass sich der Angeklagte unmittelbar nach der Tat schnellen Schrittes vom Ort des Geschehens entfernt hat.

3. Die Feststellungen bezüglich der verminderten Schuldunfähigkeit beruhen auf der Einlassung des Angeklagten, den Angaben der benannten Zeugen und dem Gutachten des gerichtserfahrenen Sachverständigen Dr. L, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie mit Schwerpunkt Forensische Psychiatrie.

Die Feststellungen bezüglich der maximalen Blutalkoholkonzentration des Angeklagten zur Tatzeit beruhen auf seinen Angaben zur Trinkmenge und den Angaben des Sachverständigen Dr. L zur körperlichen Konstitution des Angeklagten. Dieser hat angegeben, dass der Angeklagte circa 1,80 Meter groß sei und ihm gegenüber angegeben habe, zur Tatzeit circa 81 Kilogramm gewogen zu haben. Unter Beachtung dieser Angaben hat die Kammer die maximale Blutalkoholkonzentration unter Heranziehung der Widmark-Formel bestimmt. Bei der Widmark-Formel ist die Menge des aufgenommenen alkoholischen Getränks mit dem Alkoholgehalt in Volumenprozent zu multiplizieren. Dieses Ergebnis muss mit dem spezifischen Gewicht des Alkohols von 0,81 multipliziert werden, um die aufgenommene Menge an Alkohol in Gramm zu ermitteln. Die Menge des aufgenommenen Alkohols muss daraufhin durch das mit dem Faktor 0,7 reduzierte Körpergewicht geteilt werden. Daraus ergibt sich die theoretische maximale Blutalkoholkonzentration. Die maximale Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit berechnet sich nach dem geringstmöglichen Abbauwert von 0,1 Promille und dem geringstmöglichen Resorptionsdefizit von 10%.

Die Trinkmengenangabe des Angeklagten führt zu folgender Berechnung:

3500 ml Bier x 5% =

175 ml Alkohol

80 ml Wodka x 40% =

32 ml Alkohol

Gesamtvolumen =

207 ml Alkohol

207 ml Alkohol x 0,81 =

167,67 g Alkohol

81 kg Körpergewicht x 0,7 Reduktionsfaktor =

56,7 kg

206,55 g Alkohol / 56,7 kg =

2,96 Promille als maximale Blutalkoholkonzentration

2,96 Promille - 10% Resorptionsdefizit =

2,66 Promille

2,66 Promille - 0,55 Promille (Mindestabbau in 5,5 Stunden) =

2,11 Promille maximale (theoretische) Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit.

Da weder der Alkoholgehalt noch die Menge des konsumierten selbstgebrannten Schnapses bekannt ist, hat die Kammer hierzu keine Feststellungen treffen können. Daher ist die Kammer zu Gunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass die tatsächliche Blutalkoholkonzentration bei dem Angeklagten auch etwas höher gewesen sein könnte als die errechnete maximale Blutalkoholkonzentration. Dass die tatsächliche Blutalkoholkonzentration des Angeklagten über drei Promille gelegen hat, schließt die Kammer aufgrund seines von den Zeugen beschriebenen Verhaltens aus.

Aufgrund der festgestellten ungefähren Alkoholkonzentration des Angeklagten etwa im Bereich zwischen zwei und drei Promille sowie der Angaben der Zeugen W und L ist die Kammer davon überzeugt, dass sich der Angeklagte zur Tatzeit im Zustand eines mittelschweren Rausches befunden hat, der auch in Verbindung mit seiner bestehenden Persönlichkeitsstörung zur erheblichen Minderung seiner Steuerungsfähigkeit, bei bestehengebliebener Einsichtsfähigkeit geführt hat. Die Zeugen W und L haben übereinstimmend angegeben, dass der Angeklagte einen angetrunkenen Eindruck gemacht habe. Er sei etwas geschwankt, sei aber nicht sehr stark betrunken gewesen. Er habe zum Gehen keine Hilfe gebraucht. Ferner hat sich die Kammer durch den gerichtserfahrenen Sachverständigen Dr. L beraten lassen. Dieser hat angegeben, dass der Angeklagte zwar erheblich an den Alkohol gewöhnt gewesen sei, er aber dennoch davon ausgehe, dass sich der Angeklagte in einem mittelschweren Rauschzustand befunden habe, der als krankhafte seelische Störung zu werten sei. Hierzu passe auch das von den Zeugen L beschriebene wechselhafte Verhalten des Angeklagten in der "Izze-Bar". Dieser hat angegeben, dass nachdem die Stimmung zunächst gut gewesen sei, es plötzlich zu einem Streit zwischen dem Angeklagten und Herrn H gekommen sei. Dieses ambivalente und aufbrausende Verhalten passe zu einem mittelschweren Alkoholrausch. Die Kammer ist diesen überzeugenden Ausführungen gefolgt.

Die Kammer ist jedoch davon überzeugt, dass weder die Fähigkeit des Angeklagten, das Unrecht der Tat einzusehen, noch dessen Fähigkeit nach dieser Einsicht zu handeln, vollständig aufgehoben waren. Der gerichtserfahrene Sachverständigen Dr. L hat hierzu in seinem Gutachten nachvollziehbar ausgeführt, dass der Angeklagte seit Jahren an den Alkohol gewöhnt sei und nahezu täglich erhebliche Mengen an Alkohol zu sich nehme. Dies wurde durch den Zeugen L bestätigt. Dieser hat angegeben, dass der Angeklagte und er nicht in "Maßen sondern in Massen" trinken würden. Der Sachverständige Dr. L hat weiter ausgeführt, dass sich aus den Schilderungen der Zeugen ergebe, dass der Angeklagte seine Umweltkonstellationen noch habe wahrnehmen können. Dies spreche gegen einen schweren Rausch und eine vollständige Aufhebung der Einsichts- beziehungsweise Steuerungsfähigkeit. Dieser in sich schlüssigen Einschätzung schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung an. Der Sachverständige hat als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie die notwendige Sachkunde, um die tatsächlichen Grundlagen der Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit aus fachwissenschaftlicher Sicht beurteilen zu können. Er hat sein Gutachten auf Grundlage einer eigenen Untersuchung der Angeklagten, der Aktenlage sowie seiner Anwesenheit in der Beweisaufnahme erstattet. Für diese Einschätzung spricht auch das von den Zeugen beschriebene Nachtatverhalten des Angeklagten. Die Zeugen A, L und W haben angegeben, dass sich der Angeklagte schnellen Schrittes von dem Ort des Geschehens entfernt habe. Der Zeuge L hat angegeben, dass der Angeklagte sich einer Festnahme, auch im Hinblick auf den gegen ihn bestehenden Haftbefehl, entziehen wollte. Diese logische Gedankenverknüpfung und das sichere und zielgerichtete Entfernen vom Tatort spricht gegen eine vollständige Aufhebung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit.

Die Feststellungen bezüglich des bei dem Angeklagten bestehenden Hanges sowie der bei ihm vorliegenden Persönlichkeitsstörung stützen sich auf eine Gesamtschau der erhobenen Beweise, insbesondere das Gutachten des Sachverständigen Dr. L. Dieser hat nachvollziehbar ausgeführt, dass bei dem Angeklagten ein Abhängigkeitssyndrom von Alkohol, Stimulanzien (Methamphetamin), Cannabinoiden und Tabak (ICD-10: F10.2, F15.2, F12.2, F17.2) bestehe. Diese Suchterkrankung sei für die Begehung der Tat auch mitursächlich, weil insbesondere Methamphetamin eine aufputschende und durchaus aggressionsfördernde Wirkung habe. Ihm sei aufgrund des Hanges eine negative Kriminalprognose zu stellen. Dies ergebe sich aus der beschriebenen Drogeneinwirkung sowie dem bereits vom Angeklagten gelebten kriminellen Lebensstil. Es sei sehr wahrscheinlich, dass der Angeklagte seinen Lebensunterhalt durch Beschaffungskriminalität finanziere und sich unter bestimmten Umständen auch erneut zu Gewaltdelikten hinreißen lasse. Ferner leide der Angeklagte an einer tiefverwurzelten kombinierten Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F61.10), die nach ihrem Ausmaß allerdings nicht als schwere andere seelische Abartigkeit zu werten sei. Es sei so, dass der Angeklagte Merkmale einer dissozialen als auch einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung aufweise. Diese kombinierte Persönlichkeitsstörung spiegele sich durch eine niedrige Schwelle für aggressives Verhalten sowie die geringe Bereitschaft zur Akzeptanz sozialer Regeln und Normen wieder. Es bestehe jedoch hinsichtlich der Suchterkrankung eine Therapiemotivation. Dies habe der Angeklagte im Rahmen der Begutachtung geäußert. Ein Therapieerfolg einer zweijährigen Behandlung im Maßregelvollzug sei auch aufgrund der geistigen Fähigkeit des Angeklagten möglich.

Die Kammer hat sich dem Sachverständigen auch insoweit in vollem Umfang angeschlossen und ist von der Gefahr, dass der Angeklagte hangbedingt weitere erhebliche gleichgelagerte rechtswidrige Taten begehen wird sowie, insbesondere aufgrund der in der Hauptverhandlung glaubhaft erklärten Therapiewilligkeit des Angeklagten, von der Erfolgsaussicht einer Therapie im Maßregelvollzug überzeugt.

5. Die Feststellungen zu den Verletzungen des Getöteten H und dessen notärztlichen Behandlungen beruhen auf dem in der Hauptverhandlung erstatteten rechtsmedizinischen Gutachten der Sachverständigen S, Assistenzärztin am Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Halle, Außenstelle M. Die Feststellungen zur Todesursache beruhen ebenfalls auf dem erstatteten Gutachten der Sachverständigen S sowie dem in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. med. Dr. h.c. M, Facharzt für Neuropathologie am Institut für Neuropathologie des Universitätsklinikums M. Die Sachverständige S hat ausgeführt, dass sie Herrn H erstmalig am 27. Januar 2020, einen Tag nach der Tat, untersucht habe. Dabei habe sie den Aufzeichnungen des Krankenhauses entnehmen können, dass Herr H nach Eintreffen der Rettungskräfte notversorgt und in das Universitätsklinikum eingeliefert worden sei. Im Rahmen der Hauptverhandlung hat die Sachverständige Einblick in das Protokoll der Notfallsanitäter erhalten und ausgeführt, dass dem Geschädigten kreislaufstabilisierende Medikamente verabreicht worden seien. Im Krankenhaus sei Herr H in den Schockraum eingeliefert worden und habe hier eine Asystolie erlitten. Er sei daraufhin reanimiert worden. Die radiologische Untersuchung habe ergeben, dass es eine Einblutung unter die harte Hirnhaut im Bereich des Großhirns gegeben habe. Auch habe es eine Blutung unter die harte Hirnhaut im Bereich der Stirn und Schläfe sowie im Bereich zwischen den Großhirnhälften und dem Kleinhirnzelt gegeben. Aufgrund dieser Blutungen sei der Hirndruck gestiegen und es habe eine Operation zur Entlastung durchgeführt werden müssen. Am Tag nach der Tat habe sich eine deutliche Größenprogredienz der Schädelinnenraumblutung gezeigt, welche erneut operativ entlastet werden musste. Die am Folgetag erfolgte bildgebende Kontrolle habe neben der Blutung Anzeichen für einen sauerstoffmangelbedingten Hirnschaden gezeigt. Die medikamentöse Sedierung sei beendet worden, um den Zustand des Patienten besser beurteilen zu können. Die Hirndrucksymptomatik habe aber weiter zugenommen. Es habe sich das Bild eines sauerstoffmangelbedingten Hirnschadens eingestellt. Nach weiterer Verschlechterung sei Herr H am 9. Februar 2020 verstorben. Todesursächlich sei ein ausgeprägtes Hirnödem gewesen. Die Krafteinwirkung durch den Schlag und den Sturz auf den Boden habe das Hirnödem bedingt und sei durch die im Schockraum erlittene Asystolie und die damit verbundene Reanimation verstärkt worden. Die im Schockraum erlittene Asystolie sei unproblematisch auf das Sturzgeschehen und den Faustschlag zurückzuführen. Durch eine solche massive Druckreizung sei es nicht ungewöhnlich, dass es zu Reizungen des Zentralnervensystems komme, welche einen Herzstillstand bedingen können. Auch sei es bereits vor der Asystolie zu Blutungen unter die harte Hirnhaut gekommen, welche das Hirnödem bedingt hätten. Es bestehe daher in der Gesamtschau ein Zusammenhang zwischen dem Schlag, dem Sturzgeschehen und dem Hirnödem. Auf Nachfrage hat die Sachverständige angegeben, dass das Hirnödem ohne Asystolie wahrscheinlich geringer ausgeprägt gewesen wäre. Ob die Betäubungsmittelbeeinflussung bei Herrn H das Auftreten der Asystolie begünstigt haben kann, könne sie nicht beurteilen. Die Wirkstoffkonzentration sei aber zu gering, um diese allein ausgelöst zu haben.

Bei der am 13. Februar 2020 durchgeführten Sektion habe sie Verletzungen festgestellt, die Zeichen massiver stumpfer Gewalteinwirkung gegen den Kopf seien. So habe sich bei dem Getöteten beginnend am Zahnfach des Zahnes 23, leicht aufsteigend und dann in etwa horizontal über den linksseitigen Oberkiefer eine in Richtung der unteren Berandung des linksseitigen Jochbeins verlaufende Bruchspalte gezeigt. Auch sei die vordere Knochenplatte der linksseitigen Oberkieferhöhle gebrochen gewesen. Dabei sei es zur Eröffnung der Kieferhöhle gekommen. Diese Verletzung sei potentiell lebensgefährlich. Auch habe sich ein komplexes Bruchliniensystem der Schädelbasis mit beiderseits in der vorderen Schädelgrube fortsetzenden Haarrissen gezeigt. Diese Verletzungen seien unproblematisch auf einen kräftigen Faustschlag mit anschließendem Sturz auf den Hinterkopf auf einen harten Untergrund zurückzuführen.

Der Sachverständige Prof. Dr. med. Dr. h.c. M hat das Gehirn des Getöteten untersucht und in seinem Gutachten im Rahmen der Hauptverhandlung erläutert, dass sich bei der Untersuchung des Gehirns ein hochgradiges Ödem gezeigt habe, welches todesursächlich gewesen sei. In der Kleinhirnhemisphäre habe sich eine Einblutung gezeigt, die auf eine druckbedingte Ausweichbewegung hindeute, welche einen Atem- und Kreislaufstillstand hervorrufen könne. Insgesamt sei das todesursächliche Hirnödem am ehesten auf die Asystolie, die eine Reanimation erforderte, zurückzuführen. Die traumatischen Schäden, das heißt die Schläge und der Sturz, hätten jedoch zweifelsfrei zusätzlich zu der Entwicklung des Hirnödems beigetragen. Das Hirnödem wäre allerdings ohne Asystolie geringer ausgeprägt gewesen. Ob es ohne Asystolie auch zum Tode geführt hätte, könne der Sachverständige nicht sagen.

Die Kammer hat sich den Ausführungen der Sachverständigen in vollem Umfang angeschlossen. Ihre Ausführungen sind widerspruchsfrei und nachvollziehbar.

Die Feststellungen zu der im Blut des Getöteten nachgewiesenen Betäubungsmittelkonzentration beruhen auf dem in der Hauptverhandlung verlesenen toxikologisch-chemischen Befundbericht des Universitätsklinikums Halle vom 25. Februar 2020 sowie den Angaben der Sachverständigen S, welche erläutert hat, dass die angegebenen Mengen unterhalb des toxischen Bereiches liegen würden.

IV.

Der Eventualbeweisantrag des Verteidigers Rechtsanwalt F war abzulehnen.

Die Ablehnung beruht auf § 244 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 2 und 3 StPO.

Der Verteidiger hat beantragt, zum Beweis der Tatsache, dass der Getöteten D H vor der Auseinandersetzung am 26.01.2020 vor der "Havanna" Bar Amphetamin, MDA und MDMA sowie Cannabis in einer Konzentration zu sich genommen hatte, die zumindest mitursächlich für den beim Geschädigten eingetretenen vorübergehenden Herzstillstand war, welcher wiederum die letztlich für den Tod ursächliche Blutansammlung im Gehirn derart verstärkt hat, dass ohne den Herzstillstand der Tod nicht ausschließbar nicht eingetreten wäre, ein toxikologisches und rechtsmedizinisches Sachverständigengutachten einzuholen.

1. Die damit letztlich zum Beweis gestellte Tatsache, dass der Tod des Verstorbenen D H nicht ausschließbar ohne den Herzstillstand nicht eingetreten wäre, ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ohnehin zugrunde zu legen, mithin erwiesen im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StPO. Die rechtsmedizinische Sachverständige S hat ausgeführt, dass todesursächlich letztlich ein ausgeprägtes Hirnödem war, das durch Sauerstoffmangel im Gehirn ausgelöst worden ist. Dieses sei durch die Einblutung im Gehirn als unmittelbare Folge der Schädelverletzungen durch die stumpfe Gewalteinwirkung infolge des Sturzes eingetreten, jedoch verstärkt worden durch die zeitweilige Asystolie, das heißt den Herzstillstand bis zur Reanimation, der nach Eintreffen im Schockraum des Klinikums eingetreten sei. Die Sachverständige S und der neurologische Sachverständige Prof. Dr. M haben ausgeführt, dass anzunehmen sei, dass das Hirnödem geringer ausgeprägt ausgefallen wäre, wenn es nicht zum zeitweiligen Herzstillstand gekommen wäre. Ob diese geringer ausgeprägte Hirnschwellung auch bereits zum Todeseintritt geführt hätte, konnten die Sachverständigen nicht angeben. Die Sachverständige S hat jedoch angegeben, dass das Sturzgeschehen und der Schlag aufgrund der damit verbundenen Reizung des Zentralennervensystems geeignet waren, einen Herzinfarkt herbeizuführen.

Mithin ist zugunsten des Angeklagten ohnehin zu unterstellen, dass der Herzstillstand - ungeachtet der Frage, was ihn ursächlich bzw. mitursächlich ausgelöst hat - zwingende Mitursache für das tödliche Hirnödem war.

2. Selbst wenn man den Eventualbeweisantrag aber dahin auslegen wollte, dass mit ihm auch isoliert die Tatsache zum Beweis gestellt sein soll, dass gerade eine vorherige Drogenwirkung im Körper des Getöteten D H zu dem Herzstilstand geführt hat und damit mitursächlich für dessen Tod war, ändert dies nichts an dessen Ablehnung. Denn dieser Umstand ist für die zu treffende Entscheidung, insbesondere auch die Strafrahmenwahl und die Strafzumessung, ohne Bedeutung im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 StPO.

Hierbei ist die Kammer davon ausgegangen, dass es sich bei § 227 StGB um ein Delikt in Gestalt der Vorsatz-Fahrlässigkeitskombination handelt. Ob der Getötete jedoch durch Betäubungsmittel beeinflusst war oder nicht, wirkt sich nach der Bewertung der Kammer nicht in für die Rechtsfolgenentscheidung erheblicher Weise auf die Vorwerfbarkeit seines Verhaltens aus. Die rechtsmedizinische Sachverständige S hat ausgeführt, dass bei dem Verletzten die Betäubungsmittel Amphetamin, MDA, MDMA und THC-Carbonsäure sowie Abbauprodukte hiervon im Blutserum enthalten gewesen seien. Die aufgefundenen Dosen seien eher gering gewesen, so dass eine Alleinursächlichkeit für den Herzstillstand ausgeschlossen werden könne. Eine Mitursächlichkeit komme möglicherweise in Betracht, sei aber unwahrscheinlich. Es handele sich um Dosen, die für einen gewöhnten Konsumenten im unteren Bereich einer üblichen Konsumdosis lägen.

Bei dieser Sachlage, die die Kammer zugrunde legt, musste der Angeklagte in der konkreten Situation zumindest damit rechnen, dass der Getötete auch durch Betäubungsmittel in üblichen Konsummengen beeinflusst gewesen sein konnte. Er hatte mit ihm gemeinsam in nicht unerheblicher Menge Alkohol konsumiert. Zudem war der Angeklagte selbst Betäubungsmittelkonsument und bewegte sich im kriminellen Milieu. Wenn er sich in dieser Situation in einer Bar mit anderen Personen zum Zechen trifft, gab es keinen begründeten Anlass, sicher davon auszugehen, es mit einem nicht Substanzbeeinträchtigten zu tun zu haben. Vor diesem Hintergrund kann der Umstand, dass dies in allenfalls durchschnittlichem Maße der Fall war, den Angeklagten auch im Rahmen des Fahrlässigkeitsvorwurfes nicht entlasten. Dass der Getötete infolge des Schlages des Angeklagten letztlich verstorben ist, stellt zwar einen tragischen Geschehensablauf dar. Die Möglichkeit eines entsprechenden Kausalverlaufes war für den Angeklagten aber weder insgesamt völlig fernliegend, noch deutlich fernliegender, wenn zugrunde gelegt wird, dass der Geschädigte zuvor Betäubungsmittel konsumiert hatte und dies mitursächlich für die letztendlich tödliche Kausalkette war.

V.

Aufgrund der Feststellungen hat sich der Angeklagte der Körperverletzung mit Todesfolge gemäߧ 227 StGB schuldig gemacht. Er hat den Tod des Herrn H zumindest fahrlässig verursacht. Es besteht ein enger Kausalzusammenhang zwischen der Körperverletzungshandlung und dem Tod des Geschädigten.

Der Angeklagte hat sein ebenfalls alkoholisiertes Opfer mit einem gezielten und sehr wuchtigen Faustschlag in das Gesicht traktiert. Es steht außer Frage, dass eine derartige Vorgehensweise ohne weiteres zum Tode des Opfers führen kann und in zahlreichen Fällen auch schon zum Tode geführt hat (vgl. BGH - 3 StR 158/17 - Urteil vom 19. Oktober 2017, beck-online). Bei massiver Einwirkung mit stumpfer Gewalt auf den Kopfbereich liegt eine Todesfolge nahe, sie ist daher ohne weiteres vorhersehbar. Auch hier lag der Tod des Opfers nicht derart außerhalb jeglicher Lebenserfahrung, dass damit auch ein alkoholisierter Täter nicht hätte rechnen können und müssen. Wie bereits ausgeführt war der Angeklagte zwar in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert, hatte jedoch noch die volle Einsichtsfähigkeit. Es liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die darauf hindeuten würden, der Angeklagte könnte infolge starker Alkoholisierung die Gefährlichkeit der schweren Misshandlung seines Opfers grundlegend verkannt haben. Hierfür spricht das von den anderen Zeugen beschriebene Verhalten. Der Zeuge L und die Zeugin W haben zwar bestätigt, dass der Angeklagte zumindest angetrunken war, Beobachtungen, die auf eine starke alkoholbedingte Ausfallerscheinung hindeuten, haben die Zeugen allerdings nicht beschrieben. So habe der Angeklagte zwar etwas "gelallt", habe aber alleine gehen können. Auch der Zeuge F hat angegeben, dass die Person, die sich vom Tatort entfernt hat, schnellen Schrittes und nicht etwa wankend vom Tatort weggegangen sei. Die Kammer hat daher keine Zweifel, dass der Angeklagte die Gefährlichkeit und die mögliche Todesfolge seiner Handlung vorhersehen konnte. Der Schlag des Angeklagten war auch ursächlich für den Tod des Herrn H.

VI.

Für die Körperverletzung mit Todesfolge sieht § 227 Abs. 1 StGB grundsätzlich einen Strafrahmen von nicht unter drei Jahren Freiheitsstrafe vor.

Im Wege einer Gesamtwürdigung ist die Kammer allerdings davon ausgegangen, dass vorliegend ein minder schwerer Fall gemäß § 227 Abs. 2 StGB gegeben ist. Hierfür sprach, dass Herr H den Angeklagten vor dem Schlag als "Fotze" betitelt hat und daher eine Provokation vorlag. Es handelt sich hierbei allerdings unter Berücksichtigung der Wechselseitigkeit der Beleidigungen um keine derart schwere Provokation, dass diese allein ausgereicht hätte, um eine Milderung vorzunehmen. Jedoch trat hinzu, dass die Fähigkeit des Angeklagten, nach der Unrechtseinsicht zu handeln, erheblich vermindert war, § 21 StGB.

Der minder schwere Fall der Körperverletzung mit Todesfolge sieht einen Strafrahmen von einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vor. Eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 StGB kam jedoch nicht in Betracht, da dieser vertypte Milderungsgrund bereits zur Begründung des minder schweren Falles von der Kammer herangezogen worden ist.

Zu Gunsten des Angeklagten hat die Kammer bei der Strafzumessung insbesondere berücksichtigt, dass er sich teilgeständig eingelassen hat. Ferner hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten gewertet, dass dem Faustschlag eine gegenseitige Provokation vorangegangen ist und er nur einmal, wenn auch sehr kräftig, zugeschlagen hat. Auch hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten gewertet, dass er alkoholbedingt enthemmt war und nur mit der Faust und nicht etwa mit der in seiner anderen Hand befindlichen Flasche zugeschlagen hat. Auch hat die Kammer zu seinen Gunsten berücksichtigt, dass er noch in anderer Sache Haft verbüßt und bereits dieser Vollzug auf ihn einwirken wird. Ferner hat die Kammer zu seinen Gunsten gewertet, dass seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet wurde.

Zu Lasten des Angeklagten hat die Kammer gewertet, dass er in erheblichem Maße vorbestraft ist und bereits mehrfach durch rohe Gewaltdelikte in Erscheinung getreten ist. Auch den Umstand, dass der Angeklagte aufgrund der verbüßten Jugendstrafe schon hafterfahren ist, hat die Kammer zu seinen Lasten gewertet. Ferner hat die Kammer zu Lasten des Angeklagten gewertet, dass der Schlag mit einer besonderen Härte ausgeführt wurde und daher als roh einzustufen war. Zudem hat die Kammer zu Lasten des Angeklagten sein Nachtatverhalten gewertet, nämlich dass er sich nach der Tat nicht um Rettungsmaßnahmen bemüht, sondern den Ort des Geschehens verlassen hat.

Nach Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hat die Kammer die Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten für tat- und schuldangemessen bestimmt.

VII.

Die Kammer hat die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet, § 64 StGB. Die Voraussetzungen für eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB lagen vor. Es ist festgestellt, dass er unter dem Hang, berauschende Mittel, insbesondere Stimulanzien und Alkohol im Übermaß zu konsumieren, leidet, dieser mitursächlich für die Tatbegehung war, dass von dem Angeklagten infolge seines Hanges erhebliche rechtswidrige Taten, namentlich Gewaltdelikte und Taten der Beschaffungskriminalität, zu erwarten sind und dass eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht für eine zweijährige Therapie im Maßregelvollzug besteht.

Die Kammer hat im Rahmen ihres Soll-Ermessens geprüft, ob Gründe dafür vorliegen, von einer Unterbringung trotz Vorliegens der Voraussetzungen abzusehen, und dies verneint.

Der Vorwegvollzug von drei Monaten der Freiheitsstrafe war gemäß § 67 Abs. 2 Sätze 3 und 4 StGB anzuordnen.

VIII.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO.

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