OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.01.2021 - OVG 11 S 76/20
Fundstelle
openJur 2021, 4714
  • Rkr:
Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 30. Juli 2020 wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert. Der Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die unter Ziff. I.1 und I.2 des Bescheides des Antragsgegners vom 9. Juli 2020 getroffenen Anordnungen sowie die unter Ziff. III. erfolgte Zwangsgeldandrohung wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.525,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsgegner hat dem Antragsteller mit ordnungsbehördlicher Verfügung vom 9. Juli 2020 aufgegeben, einen von diesem auf einem über sein Grundstück (Flurstück 8... der Flur 6... der Gemarkung G...) verlaufenden Weg abgestellten Hänger zu entfernen und dies dem Antragsgegner anzuzeigen (Ziff. I.1). Weiter hat er ihm untersagt, weitere Hindernisse anzubringen oder sonstige Maßnahmen zu treffen, die die naturschutzrechtliche Betretungsbefugnis einschränken (Ziff. I.2). Er hat die sofortige Vollziehung beider Maßnahmen angeordnet (Ziff. II.) und dem Antragsteller für den Fall, dass er der unter I.1 angeordneten Maßnahme nicht bis zum 20. Juli 2020 nachkomme, die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 200 EUR angedroht (Ziff. III.). Der Antragsteller entfernte den auf dem Weg abgestellten Hänger vor dem 20. Juli 2020. Am 19. August 2020 war der Weg erneut durch den in gleicher Weise quer zum Weg abgestellten Hänger versperrt.

Dem Antrag des Antragstellers vom 17. Juli 2020 auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines gegen die Ordnungsverfügung eingelegten Widerspruchs vom 16. Juli 2020 hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 30. Juli 2020 dahingehend stattgegeben, dass es die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Verfügung unter Verweis auf eine fehlende Begründung des öffentlichen Interesses aufgehoben hat.

Dagegen richtet sich die fristgemäß eingelegte und begründete Beschwerde des Antragsgegners.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und auf der Grundlage des nach § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) maßgeblichen Beschwerdevortrages begründet.

1. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheides ist formell nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts genügt die vom Antragsgegner dafür angeführte Begründung den sich aus § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ergebenden Anforderungen.

Der Antragsgegner hat mit der Beschwerde zutreffend ausgeführt, dass er - auf S. 3 des angefochtenen Bescheides (Bl. 23 des Verwaltungsvorgangs) unter der Überschrift "Begründung der sofortigen Vollziehung" - nicht nur auf ein hohes öffentliches Interesse an der Beibehaltung und Wiederherstellung des barrierefreien Zugangs zur darüber erreichbaren Badestelle gerade in der Sommerzeit verwiesen habe, das es nicht zulasse, die durch den Antragsteller geschaffene Situation für einen längeren, sich durch Widerspruchsverfahren und Klage ergebenden Zeitraum zu dulden, sondern dass er darüber hinaus auch noch angeführt habe, dass das Einschreiten geboten sei, um eine negative Beispielwirkung zu verhindern, weil die Gefahr bestehe, dass das Betretungsrecht der freien Landschaft insbesondere in den allseits begehrten Uferbereichen auch anderweitig unterbunden werde.

Davon ausgehend ist die allein entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichts, dass dem Bescheid "eine Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung in dem oben beschriebenen Sinne" nicht zu entnehmen sei, nicht nachvollziehbar. Die dem zugrunde liegenden rechtlichen Ausführungen hat der Antragsgegner nicht beanstandet. Er verweist aber zu Recht darauf, dass sich die im Bescheid gegebene Begründung nicht in formelhaften Wendungen erschöpft, und den Gründen des angefochtenen Beschlusses, der auf die Argumenten des Antragsgegners in keiner Weise eingehe, ist auch nicht zu entnehmen, aus welchem anderen Grund die Begründung des Antragsgegners den im Beschluss dargelegten rechtlichen Anforderungen nicht genügen sollte. Darauf, ob die vom Antragsgegner angeführten Gründe die Annahme des Überwiegens des sofortigen Vollzugsinteresses rechtfertigen, kommt es - worauf das Verwaltungsgericht bei der Darstellung der maßgeblichen rechtlichen Anforderungen im Übrigen selbst bereits zutreffend hingewiesen hat -, für das lediglich formelle Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 VwGO nicht an.

2. Der danach hier erstmals in der Sache zu prüfende Eilantrag des Antragstellers hat keinen Erfolg. Soweit er sein Eilrechtsschutzbegehren gegen Ziff. I.1 des Bescheides sowie die für den Fall der Nichtbefolgung - nur - dieser Anordnung geltende Zwangsgeldandrohung (Ziff. III des Bescheides) auch nach fristgemäßer Befolgung der sich daraus ergebenden Aufforderung zur Entfernung des Hängers von dem Weg über das in Rede stehende Flurstück weiterverfolgt, ist sein Antrag mangels andauernden Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig (a). Im Übrigen ist sein Eilrechtsschutzantrag zwar zulässig, aber unbegründet (b.)

a. Soweit der Eilantrag des Antragstellers sich gegen Ziff. I.1 und Ziff. III des Bescheides richtet, wonach der Antragsgegner ihm - unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 200 EUR - aufgegeben hatte, den Hänger bis zum 20. Juli 2020 vollständig von dem Weg über das Flurstück 88 der Flur 6 zu entfernen, war er bereits vor dem Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung am 30. Juli 2020 unzulässig geworden.

Denn ausweislich der vom Antragsgegner vorgelegten, vom 17. und 20. Juli 2020 datierenden Fotos (Bl. 32 der Gerichtsakte) hatte der Antragsteller den Hänger zu diesem Zeitpunkt vom Weg entfernt. Mit Blick darauf hatte der Antragsgegner in seinem Schriftsatz vom 23. Juli 2020 auch bereits ausdrücklich erklärt, dass der Verfügung somit - bis auf die nicht erfolgte Anzeige - nachgekommen worden sei und eine "Festsetzung/Vollstreckung des Zwangsgeldes ... nach derzeitigem Kenntnisstand nicht erforderlich" sei. Da damit keine Vollziehung der allein auf eine Entfernung des Hängers bis zum 20. Juli 2020 gerichteten Anordnung unter Ziff. I.1 mehr zu besorgen war, war das diesbezügliche Eilrechtsschutzbedürfnis des Antragstellers entfallen. Eine abschließende Klärung der Rechtmäßigkeit konnte und musste dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Ungeachtet dessen hat der Antragsteller seinen diesbezüglichen Antrag im Schriftsatz vom 26. Juli 2020 nicht für erledigt erklärt, sondern unter Vortrag weiterer Gründe zur Rechtfertigung des Standorts des Hängers lediglich erklärt, dass der Standort des Hängers im Eilrechtsschutzverfahren "nachrangig" sein möge, weil sein Eilrechtsschutzbegehren sich "vorrangig" gegen Ziff. I.2 des angegriffenen Bescheides richte. Dies steht einer Erledigungserklärung nicht gleich und eine solche wurde auch im nachfolgenden Beschwerdeverfahren - zu dem der Antragsteller sich überhaupt nicht geäußert hat - nicht abgegeben.

Soweit der Antragsgegner in der Beschwerdebegründung unter Vorlage entsprechender Fotos vorgetragen hat, dass der Antragsteller den Weg am 19. August 2020 erneut durch den quer darüber abgestellten Hänger versperrt hatte, ändert dies nichts daran, dass die ausdrücklich - nur - auf eine Entfernung des Hängers bis zum 20. Juli 2020 gerichtete Anordnung unter Ziff. I.1. fristgemäß erfüllt worden war und sich damit erledigt hatte. Die im August 2020 festgestellte erneute Sperrung des Weges wird nicht mehr von Ziff. I.1 des Bescheides, sondern allein von der Anordnung unter Ziff. I.2 des Bescheides erfasst, die die Einschränkung der Betretungsbefugnis durch weitere Hindernisse oder sonstige Maßnahmen generell - und damit auch für die Zukunft -untersagt. Dass bei der erneuten Sperrung des Weges wiederum der zunächst fristgemäß entfernte Hänger verwendet wurde, ändert daran nichts.

b. Der Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die unter Ziff. I.2 des Bescheides erfolgte Untersagung der Anbringung "weiterer Hindernisse" oder des Treffens "sonstiger Maßnahmen", die die Betretungsbefugnis einschränken, ist bei der hier nur möglichen summarischen Prüfung unbegründet.

Inhaltlicher Maßstab der gerichtlichen Entscheidung in einem Eilverfahren gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist eine umfassende Interessenabwägung, deren Gegenstand das private Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des ihn belastenden Verwaltungsaktes sowie das öffentliche Interesse an dessen sofortigem Vollzug sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung haben auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit oder die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes Bedeutung; allerdings nicht als unmittelbare Entscheidungsgrundlage, sondern als bei Gewichtung des Sofortvollzugsinteresses in die Abwägung einzustellende Gesichtspunkte (st. Rspr. des Senats, z.B. Beschluss v. 15. September 2006 - OVG 11 S 57.06 -, zit. nach juris Rn 2).

Hier erweist sich die mit Ziff. I.2 angeordnete Untersagung der Anbringung weiterer Hindernisse oder des Treffens weiterer Maßnahmen, die die Betretungsbefugnis einschränken, bei der allein möglichen summarischen Prüfung als rechtmäßig.

Gem. § 59 Abs. 1 BNatSchG ist das Betreten der freien Landschaft auf Straßen und Wegen sowie auf ungenutzten Grundflächen zum Zweck der Erholung allen gestattet, und die landesrechtliche Ausführungsregelung in § 22 Abs. 1 Satz 1 BbgNatSchAG konkretisiert und ergänzt diesen allgemeinen Grundsatz dahingehend, dass in der freien Landschaft "jede Person private Wege und Pfade, Feldraine, Heide-, Öd- und Brachflächen sowie landwirtschaftliche Nutzflächen außerhalb der Nutzzeit zum Zwecke der Erholung auf eigene Gefahr" - u.a. - betreten oder mit Krankenfahrstühlen oder Fahrrädern befahren darf. Als Nutzzeit gilt gem. § 22 Abs. 1 Satz 4 BbgNatSchAG die Zeit zwischen der Saat oder Bestellung und der Ernte, bei Grünland die Zeit des Aufwuchses. Ausgenommen von den Betretungsrechten sind gem. § 22 Abs. 1 Satz 5 BbgNatSchAG Gärten, Hofräume und sonstige zum privaten Wohnbereich gehörende oder einem gewerblichen oder öffentlichen Betrieb dienende Flächen. Gem. § 23 Abs. 1 BbgNatSchAG darf die Ausübung der Betretungsbefugnis gem. § 22 nur nach vorheriger Genehmigung untersagt oder tatsächlich ausgeschlossen werden (Sperrung). Die Genehmigung ist nicht erforderlich für die Errichtung und Unterhaltung ortsüblicher Weidezäune oder solcher Zäune, die zum Schutz von landwirtschaftlichen Nutztieren vor Wölfen errichtet und unterhalten werden.

Davon ausgehend ist die formell ordnungsgemäße Anordnung des gem. § 3 Abs. 2 BNatSchG, § 30 Abs. 1 und Abs. 2 BbgNatSchAG zur Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Antragsgegners voraussichtlich nicht zu beanstanden. Er ist zu Recht davon ausgegangen, dass an dem über das Flurstück des Antragstellers verlaufenden Weg ein allgemeines Betretungsrecht besteht, dessen Beeinträchtigung durch Anbringung von Hindernissen oder ähnliche Maßnahmen zur Sperrung des Weges ohne eine vorherige - hier unstreitig nicht erteilte - Genehmigung gem. § 23 BbgNatSchAG unzulässig ist.

An dem in Rede stehenden, unstreitig in der freien Landschaft verlaufenden Weg besteht ein allgemeines Betretungsrecht gem. § 22 Abs. 1 BbgNatSchAG. Der Weg gehört nicht zu den gem. § 22 Abs. 1 Satz 5 BbgNatSchAG vom Betretungsrecht ausgenommen Flächen und der Einwand des Antragstellers, dass das Betretungsrecht nur außerhalb der Nutzzeit bestehe, die "bei Grünland" die Zeit des Aufwuchses und der Beweidung und damit den Zeitraum zwischen Anfang März bis Ende Oktober umfasse, begründet für die in Rede stehende Fläche auch kein auf diesen Zeitraum begrenztes Betretungsverbot. Eine Eintragung im Grundbuch als "Landwirtschaftsfläche" genügt hierfür nicht. Im Rahmen des § 59 Abs. 1 BNatschG, § 22 BbgNatSchAG ist allein die (aktuelle) tatsächlich Nutzung der in Rede stehenden Fläche maßgeblich; auf ggf. davon abweichende Ausweisungen der Nutzungsart etwa im Liegenschaftskataster, in Plänen o.ä. kommt es insoweit nicht an. Denn demjenigen, der ein naturschutzrechtliches Betretungsrecht in der freien Landschaft in Anspruch nehmen will, soll eine verlässliche Einschätzung seiner Rechte und Pflichten "auf Sicht" und ohne vorherige Einholung eines - regelmäßig nicht kurzfristig verfügbaren - Rechtsrats ermöglicht werden (BVerwG, Urteil v. 13. September 2017 - BVerwG 10 C 7/16 -, juris Rn 50; vgl. auch Urteil des Senats v. 2. April 2009 - OVG 11 B 9.08 -, juris Rn 36). Davon ausgehend handelt es sich bei der an der Grenze zum Nachbarflurstück 77/2 gelegenen Teilfläche des Flurstücke 88 um einen zwar unbefestigten, aber klar als solchen erkennbaren Feldweg. Der Antragsteller hat das tatsächliche Vorhandensein dieses Weges nicht bestritten und im Übrigen ist dessen Existenz auch aus den vom Antragsgegner erstinstanzlich vorgelegten Fotos (vom 17. und 20. Juli 2020) zu ersehen, auf denen nicht nur deutliche Spuren einer Wegenutzung, sondern auch eine Abgrenzung dieser Wegefläche gegenüber der angrenzenden Restfläche des Flurstücks durch einen festen Zaun zu sehen sind.

Die Beschränkung des Betretungsrechts auf Zeiten außerhalb der Nutzzeit gilt - worauf der Antragsgegner zutreffend hingewiesen hat - nur für landwirtschaftliche Nutzflächen, d.h. für tatsächlich bewirtschaftete Ackerflächen und Grünland. Selbst wenn man den vorstehend zitierten, mit der Formulierung des Antragstellers ("... darf jede Person außerhalb der Nutzzeit private Wege, ... zum Zwecke der Erholung betreten") nicht übereinstimmenden Wortlaut des § 22 Abs. 1 Satz 1 BbgNatSchAG insoweit noch nicht für zwingend halten wollte, würde dies jedenfalls aus der Definition der Nutzzeit in § 22 Abs. 1 Satz 4 BbgNatSchAG folgen, denn diese ist anhand der Zeit zwischen Saat, Bestellung und Ernte bzw. der Zeit des Aufwuchses und damit anhand der Zeit einer entsprechenden Bewirtschaftung der jeweils konkret in Rede stehenden landwirtschaftlich genutzten Acker- und Grünlandfläche zu bestimmen. Auf Wegen (ebenso wie auf Feldrainen, Heide-, Öd- und Brachland) findet eine derartige Bewirtschaftung hingegen grundsätzlich nicht statt. Darauf, ob der Hänger - wie der Antragsteller vorgetragen hat - "während der Nutzzeit ... temporär dem Transport von landwirtschaftlichen Produkten (Grasmahd)" dient, kommt es insoweit nicht an. Im Übrigen erfordert eine Nutzung des Hängers zum Transport von Grasmahd ersichtlich nicht dessen Abstellen quer zum Weg in einer diesen vollständig versperrenden Weise für die Dauer von acht Monaten (während einer nach Auffassung des Antragsteller auch insoweit maßgeblichen "Nutzzeit" von Anfang März bis Ende Oktober). Die Nutzung nicht bewirtschafteter Flächen und insbesondere von Wegen durch die Allgemeinheit zu Erholungszwecken ist dem Eigentümer zumutbar und deshalb von diesem hinzunehmen. Darauf, ob angrenzende Acker- und Grünlandflächen bewirtschaftet werden und deshalb nicht betreten werden dürfen, kommt es dabei nicht an.

Soweit der Antragsteller vorträgt, dass das Grundstück "der landwirtschaftlichen Nutzung unterliegt" und rügt, dass die Untersagung weiterer, die Betretungsbefugnis einschränkender Maßnahmen einen "erheblichen Eingriff in die landwirtschaftliche Nutzung" darstelle, weil dadurch eine Weidehaltung unmöglich gemacht werde und "Erntegut ... mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit vernichtet" werde, ist dies jedenfalls im Rahmen der hier nur möglichen summarischen Prüfung weder nachvollziehbar dargelegt noch gar glaubhaft gemacht. Ausweislich der vom Antragsgegner vorgelegten Fotos vom 17. und 20. Juli 2020 findet auf dem - durch einen festen Zaun gegenüber der Restfläche des Flurstücks 88 abgegrenzten - Weg weder eine Weidehaltung statt noch ist ersichtlich, welches "Erntegut" durch die Nutzung des - deutliche Fahrspuren aufweisenden - Weges im Rahmen des allgemeinen Betretungsrechts "vernichtet" werden sollte. Auf dem vom Antragsgegner am 17. Juli 2020 gefertigten Foto sind lediglich ein temporärer Zaun an der Grenze zum Nachbarflurstück 77/2 sowie eine Sperrung des Weges durch das geöffnete Gatter im Zaun zur Restflurstücksfläche, aber keine weidenden Tiere zu sehen. Eine entsprechend geänderte Nutzung der in Rede stehenden Fläche hat der Antragsteller weder substantiiert dargelegt noch gar in irgend einer Weise glaubhaft gemacht. Die Errichtung von Weidezäunen zu anderen Zwecken als zur Weideviehhaltung dürfte auch nicht "ortsüblich" i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 3 BbgNatSchAG sein.

Darauf, ob die Nutzung des Weges zur Erreichung der nicht öffentlichen Badestelle vom Dorf aus zwingend erforderlich ist oder ob diese Badestelle auch über das ebenfalls dem Antragsteller gehörende Flurstück 77/2 erreichbar wäre, das derzeit tatsächlich keinen Weg aufweist, für das nach den Angaben beider Beteiligter aber eine Dienstbarkeit in Form eines Geh-, Fahr- und Leitungsrechts für jedermann besteht, kommt es für die Frage des Bestehens eines naturschutzrechtlichen Betretungsrechts an dem tatsächlich vorhandenen, über das Flurstück 88 des Antragstellers verlaufenden Weg nicht an.

Die Regelung des naturschutzrechtlichen Betretungsrechts und der Voraussetzungen seiner Einschränkung in den §§ 22 und 23 BbgNatSchAG sind auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende, die Sozialbindung des Eigentums konkretisierende Inhalts- und Schrankenbestimmungen gem. Art. 14 Abs. 2 GG (i.d.S. BVerwG, Urteil v. 13. September 2017 - BVerwG 10 C 7/16 -, juris Rn 50); eine vom Antragsteller geltend gemachte Verletzung des Eigentumsgrundrechts ergibt sich weder aus seinem Vorbringen noch ist sie sonst ersichtlich.

Ungeachtet einer fehlenden ausdrücklichen Erwähnung des ihm gem. § 30 Abs. 2 BbgNatSchAG zustehenden Ermessens stellen sich die Ausführungen des Antragsgegners auf S. 2 f. des angefochtenen Bescheides auch als hinreichende und sachlich nicht zu beanstandende, die Zweckmäßigkeit der Regelung begründende Ermessenserwägungen dar. Seine Erwägungen, dass ein hohes öffentliches Interesse an der Zugänglichkeit des vorhandenen Weges bestehe, da dieser den einzigen direkten Zugang vom Dorf zur Badestelle darstelle und der Übergang über den Graben vor der Badestelle dort liege, dass der Weg, der früher möglicherweise über die Nachbarflächen verlaufen sei, sich seit langer Zeit (u.a.) auf dem Flurstück 8...befinde, dass der Antragsteller wegen der Wegerechte, die an den ebenfalls in seinem Eigentum stehenden Nachbarflurstücken (u.a. 7...) bestünden, in jedem Fall damit belastet sei, dass die Erhaltung der Betretbarkeit des im Landschaftsschutzgebiet "Brandenburger Osthavelniederung" gelegenen Weges dessen Schutzzielen entspreche und dass die nur vorsorgliche, die vom Antragsteller bestrittene Rechtslage klarstellende Anordnung unter I.2 ihn nur geringfügig belaste, lassen bei summarischer Prüfung keine Ermessensfehler erkennen. Die Auswahl eines anderen Adressaten der Anordnung kam im konkreten Fall von vornherein nicht in Betracht.

Unter diesen Umständen begründen sowohl die vom Antragsgegner angeführte Bedeutung des Weges als Zugang vom Dorf zur Badestelle als auch die Notwendigkeit der Verhinderung einer negativen Beispielwirkung ein hinreichendes, das private Interesse des Antragstellers überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der allein noch in Rede stehenden, bei summarischer Prüfung nicht zu beanstandenden Anordnung unter Ziff. I.2.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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