LG Deggendorf, Endurteil vom 24.09.2020 - 31 O 232/20
Fundstelle
openJur 2021, 4692
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 11.191,88 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.05.2020 zu zahlen.  Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger 28% und die Beklagte 72% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Der Streitwert beträgt 15.491,84 €.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Feststellung des Fortbestehens eines Prämiensparvertrages sowie über Zinsansprüche aus diesem Vertrag. Die Parteien schlossen am 05.12.1997 mit Einzahlungsbeginn zum 15.12.1997 einen "Prämiensparen flexibel - SPrämiensparvertrag". In dem von den Klägern unterzeichneten Vertragsformular heißt es auszugsweise wie folgt:

"1. Der Sparer wird bis zum 15. jeden Monats, beginnend am 15.12.1997, Sparbeiträge von 500 DM auf das oben genannte Sparkonto einzahlen...

3. Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. 3,500%, am Ende eines Kalender - /Sparjahres eine verzinsliche Prämie gemäß der nachfolgenden Prämienstaffel auf die geleisteten Sparbeiträge des jeweils abgelaufenen Sparjahres, und zwar erstmals am 31.12.00. Das Sparjahr beginnt jeweils am 15.12. und endet jeweils am 14.01. des Folgejahres.

Die Prämie beträgt nach

3 J 3,000%

4 J 4,000%

...

14 J 45,000%

15 J 50,000%

16 J 50,000%

17 J 50,000%

18 J 50,000%

19 J 50,000%

20 J 50,000%

FJ 50,000%."

Die Wendung "FJ" ist hierbei als Abkürzung für "Folgejahr" zu verstehen.

Ziff. 5.2 des Vertrages lautet: "Die Sparkasse weist ausdrücklich darauf hin, dass ergänzend ihre derzeit geltenden Bedingungen für den Sparverkehr und ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) Vertragsbestandteil sind ..."

Zum sonstigen Inhalt des Vertrages wird auf die Anlage K5 Bezug genommen.

Ziff. 26 der vorgenannten AGB lautet:

"(1) Ordentliche Kündigung

Soweit weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart sind, können der Kunde und bei Vorliegen eines sachgerechten Grundes auch die Sparkasse die gesamte Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftszweige jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen..."

Mit Schreiben vom 20.01.2020 kündigte die Beklagte "die Prämienstaffel Ihres Prämiensparvertrag Nr. ... unter Einhaltung der dreimonatigen Kündigungsfrist zum 15.05.2020." Im einzelnen wird auf die Anlage K1 Bezug genommen. Mit Anwaltsschreiben vom 23.01.2020 widersprachen die Kläger den Kündigungen, verlangten die Fortführung des Vertrages sowie die Zahlung einer Zinsdifferenz in Höhe von 11.191,88 €, deren Zahlung bis zum 06.02.2020 angemahnt wurde. Insoweit wird auf die Anlage K2 Bezug genommen.

Die Kläger behaupten, die Kündigung sei unwirksam, so dass der Prämiensparvertrag fortzuführen sei. Anlässlich einer Besprechung am 16.10.2019 hätten die Parteien außerdem die Laufzeit des streitgegenständlichen Vertrages bis zum 15.12.2096 festgelegt. Aufgrund einer Neuberechnung auf Grundlage eines Referenzzinssatzes "WX4260" durch ein Büro "H. + F. - Kreditsachverständige GbR" (insoweit wird auf die Anlage K7 verwiesen) hält die Klägerseite die Auszahlung des oben genannten Zinsdifferenzbetrages für geschuldet. Die Klägerseite behauptet, dass die Zinsberechnung methodisch und rechnerisch zutreffend durchgeführt worden sei. Der Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen sei nicht verjährt.

Die Kläger beantragen,

Es wird festgestellt, dass der Prämiensparvertrag der Kläger zur Nr. 4582547... nicht durch die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 20.01.2020 nicht (sic) zum 15.05.2020 beendet ist, sondern darüber hinaus fortbesteht.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, den Prämiensparvertrag der Kläger zur Nr. 4582547040 ohne wichtigen Grund zu einem Zeitpunkt vor dem 15.12.2096 zu kündigen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zur gesamten Hand 11.191,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB hieraus seit Klagezustellung zu bezahlen.

Die Beklagte wird weiters verurteilt, an die Kläger zur gesamten Hand Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.261,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB hieraus seit Klagezustellung zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, aufgrund der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei sie zur Kündigung des Prämiensparvertrags berechtigt gewesen. Die Zinsanpassungsklausel entspreche zwar nicht mehr den Anforderungen der heute geltenden Rechtsprechung. Die teilweise Unwirksamkeit der Klausel führe zu einer Vertragslücke, welche durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen sei. Der klägerseits herangezogene Referenzzins der Zeitreihe WX 4260 werde dem Wesen des Prämiensparvertrags aber nicht gerecht, weil hierbei nicht berücksichtigt sei, dass es sich bei dem Vertrag um die Anlage von Kapital handele, welches für den Sparer jederzeit verfügbar sei. Der Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen sei außerdem verjährt.

Zum sonstigen Vorbringen der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet. Die Kündigung des Vertrages war wirksam, sodass die Klage in Ziffer 1 und 2 abzuweisen war. Die Kläger haben aber gegen die Beklagte den geltend gemachten Zinsanspruch, der auch nicht verjährt ist.

Der Sparvertrag ist als unregelmäßiger Verwahrungsvertrag zu qualifizieren, weil sich die Klagepartei gegenüber der Beklagten nicht zur Zahlung der monatlichen Sparbeiträge verpflichtet hat, während dagegen die Beklagte unter den vertraglich definierten Voraussetzungen zur Rückzahlung der Spareinlage verpflichtet ist (BGH, Urteil vom 14.05.2019 - XI ZR 345/18, Rn. 27).

I.

Die Klage ist bezüglich der Feststellungsanträge unbegründet, weil der streitgegenständliche Prämiensparvertrag durch das Schreiben der Beklagten vom 20.01.2020 wirksam gekündigt wurde. Ein Kündigungsrecht der Beklagten ergibt sich aus Nr. 26 ihrer AGB (siehe zum Folgenden LG München I, Urteil vom 31.01.2020 - 22 O 14414/19). Da nach dieser Vorschrift "einzelne Geschäftszweige" gekündigt werden können, ist davon auch der streitgegenständlichen Prämiensparvertrag erfasst.

1. Auf die Vorschriften gemäß Nr. 4.1 des Sparvertrages kommt es demgegenüber vorliegend nicht an, weil diese Regelung nach übereinstimmendem und zutreffendem Verständnis beider Parteien lediglich die Kündigung durch den Bankkunden, nicht aber durch die Beklagte betrifft.

2. Der Beklagten stand ein Recht zur ordentlichen Kündigung des Vertrages zu. Gemäß Nr. 26 der AGB konnte sie den streitgegenständlichen Prämienvertrag kündigen, sofern weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart wurden und sofern ein sachgerechter Grund gegeben war. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

a) Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass die AGB der Beklagten Vertragsbestandteil geworden sind. Die Einbeziehung der AGB gemäß § 305 Abs. 1 und 2 BGB ergibt sich zudem aus der Klausel in Ziffer 5.2 der Urkunde K 5, in der ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass ergänzend die Bedingungen für den Sparverkehr und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten Vertragsbestandteil sind.

b) Der streitgegenständliche Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Insbesondere ergibt sich aus den Vertragsunterlagen gemäß Anlage 5 keine bestimmte Laufzeit oder eine Befristung.

c) Die tatbestandliche Kündigungsvoraussetzung eines sachgerechten Grundes ist ebenfalls erfüllt. Ein sachgerechter Grund ist gegeben, wenn die Umstände, die die Sparkasse zur Kündigung veranlassen, derart beschaffen und zu bewerten sind, dass ein unvoreingenommener, vernünftiger Beobachter das Verhalten der Sparkasse für eine nachvollziehbare und der Sachlage nach angemessene Reaktion halten muss. Die Kündigung muss aus kaufmännischer Sicht nachvollziehbar sein. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Der sachliche Grund liegt in den gänzlich geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Die Beklagte, die ihre Geschäfte nach kaufmännischen Grundsätzen führt und zu führen hat, bewegt sich, was gerichtsbekannt ist, wie alle anderen Sparkassen und Banken in der Eurozone seit Jahren in einem Niedrig- und sogar Negativ-Zinsumfeld, welches eine Fortführung der hochverzinslichen Anlageprodukte aus den 1990er Jahren wegen der fehlenden Refinanzierungsmöglichkeiten nicht mehr rechtfertigt. Der Beklagten kann es unter diesen Umständen nicht verwehrt sein, die den wirtschaftlichen Verhältnissen nicht mehr entsprechenden Anlageprodukte nach Erreichen der Höchstprämie zu kündigen. Auf die Möglichkeit einer Anpassung der Konditionen des Vertrages musste sie sich nicht verweisen lassen.

Die Beklagte hat sich in ihrer Kündigungserklärung vom 20.01.2020 auch ausdrücklich auf diesen sachgerechten Grund berufen.

d) Die Beklagte hat auf ihr ordentliches Kündigungsrecht gemäß Nr. 26 der AGB auch nicht verzichtet. Das Gericht schließt sich insofern den Ausführungen des BGH (a.a.O.), die auf den vorliegenden Fall übertragbar sind, an.

aa) Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen der Klägerseite zu dem Ausdruck "Beraterfinanzstatus-BeraterDruck 16. 10. 2019" (Anlage K6). In diesem Zusammenhang trägt die Klägerseite vor, die Parteien hätten anlässlich einer persönlichen Beratung in den Filialräumen der Beklagten in Metten die Laufzeit des Vertrages bis zum 15.12.2096 "festgelegt" (Seite 9 in der Klageschrift). Tatsächlich findet sich in dem Ausdruck der Eintrag "Fälligkeitsdatum: 15. 12. 2096". Hieraus kann aber keineswegs hergeleitet werden, dass unter Abänderung des Vertrages gemäß Anlage K5, der, wie dargestellt, keine bestimmte Laufzeit oder eine Befristung aufweist, nunmehr eine Laufzeit, obendrein unter Ausschluss der Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung, vereinbart worden wäre. Bezeichnend ist, dass auch die Klägerseite, ohne einen konkreten Gesprächsverlauf zu schildern, lediglich die Rechtsbehauptung aufstellt, die Parteien hätten die Laufzeit entsprechend "festgelegt". Aus welcher Äußerung der als Zeugin angebotenen Sparkassenberaterin Aschenbrenner dies folgen soll, wird nicht im Ansatz deutlich. Die Klägerseite vermag insoweit tatsächlich nur auf den computergestützten genannten Eintrag zu verweisen. Die Beklagtenseite erklärt diesen Eintrag mit der Migration von Daten, die den Eintrag eines Fälligkeitsdatums auf einen Zeitpunkt von 99 Jahren nach Vertragsabschluss erforderlich gemacht habe. Die Beklagte bestreitet dies. Hierauf kommt es indessen nicht an. Denn schon nach dem Vorbringen der Klägerseite ist in keiner Weise ersichtlich, wie aus dem ursprünglich abgeschlossenen, unbefristeten und laufzeitunabhängigen Vertrag nunmehr - obendrein unter Ausschluss des Rechts zur Kündigung - ein Vertrag mit Laufzeitende im Jahre 2096, also lange nach Ableben der Kläger, geworden sein soll. Eine derartige Vereinbarung, die es auch den Klägern verwehren würde, jemals an das angesparte Kapital zu heranzukommen, die also lediglich die Erben, gegebenenfalls sogar deren Erben begünstigen würde, ist überdies lebensfremd. Schon die diesbezügliche Rechtsbehauptung der Klägerseite ist daher abwegig; es kommt daher nicht mehr darauf an, dass es schon an einem substantiierten, einer Beweiserhebung zugänglichen Sachvortrag zur Vereinbarung dieser Vertragsänderung fehlt.

bb) Auch ein konkludenter Verzicht der Beklagten auf das Recht zur ordentlichen Kündigung liegt nicht vor. Ein solcher Verzicht ergibt sich insbesondere nicht aus der im hiesigen Fall vereinbarten Prämienstaffel. Nach dem Inhalt der Anlage K5 hat die Beklagte die Zahlung von sich nach der Prämienstaffel erhöhenden Sparprämien bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe, hier ab dem 15. Jahr, versprochen. Ein umfassender Verzicht auf das Recht zur ordentlichen Kündigung lässt sich den Vertragsunterlagen hingegen nicht entnehmen. Aus einer Gesamtbetrachtung der Vertragsunterlagen folgt vielmehr, dass der Beklagten eine ordentliche Kündigung nach Erreichen der höchsten Prämienstufe möglich sein sollte (BGH, Urteil vom 14.05.2019 - VI ZR 345/18, Rn. 37). Nach Auffassung des BGH ist das Kündigungsrecht der Bank zwar bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe ausgeschlossen. Die höchste Prämienstufe wurde vorliegend allerdings bereits mit Abschluss des 15. Sparjahres erreicht. Ein über das Ende des 15. Sparjahres hinaus wirkender Ausschluss des Kündigungsrechts kann hingegen nicht angenommen werden.

e) Entgegen der Auffassung der Klägerseite kommt es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht entscheidend darauf an, dass, anders als im vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall, die abgedruckte Prämienstaffel nicht mit dem Eintrag "15. Sparjahr: 50%" endet, sondern den Prämiensatz von 50% ausdrücklich auch für die Jahre 16 bis 20 und sogar für die Folgejahre vorsieht. Denn maßgeblicher Grund für die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (a.a.O.), den Bestand des ordentlichen Kündigungsrechts der Bank anzunehmen, war gerade, dass aus einer Gesamtschau der vertraglichen Vereinbarungen folge, dass nach Erreichen der höchsten Prämienstufe für die Beklagte die Kündigung möglich sein sollte. Unstreitig ist die höchste Prämienstufe nach 15 Jahren und somit lange vor Ausspruch der hier streitgegenständlichen Kündigung erreicht worden.

f) Es bleibt daher bei den Grundsätzen des Bundesgerichtshofs, wonach der Beklagten eine ordentliche Kündigung nach Erreichen der höchsten Prämienstufe möglich ist. Aufgrund der wirksamen Kündigung der Beklagten wurde daher der streitgegenständliche Prämiensparvertrag beendet. Die Klage war daher in den Anträgen 1 und 2 abzuweisen.

II.

Im Zahlungsantrag ist die Klage hingegen begründet.

1. Das Vorbringen der Klägerseite ist dahingehend zu verstehen, dass die Formulierung in Ziff. 3 des Vertrages gemäß Anlage K5 "Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. 3,500%", als AGBwidrig und daher unwirksam einzustufen ist, dass anstelle dieser Zinsklausel ein angemessener Zinssatz anzuwenden ist, der einen bestimmten, dem Kläger zustehenden Zinsbetrag ergebe, von dem die bereits tatsächlich gezahlten Zinsen in Abzug zu bringen seien, sodass der Klägerseite der Differenzbetrag noch zustehe.

2. Dies trifft zu. Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der klägerseits errechneten Differenz (vergleiche zum folgenden Landgericht Passau, Urteil vom 06.08.2020 - 1 O 68/20).

a) Zwischen den Parteien ist nicht streitig, das den Klägern aus der genannten Klausel ein Anspruch auf Zahlung eines variablen Zinses erwächst.

b) Die Parteien stimmen weiter darin überein, dass zwischen ihnen eine Zinsanpassungsregelung für den variablen Zinssatz nicht wirksam vereinbart wurde. Denn durch die genannte Klausel wurde der Beklagten ein einseitiges Bestimmungsrecht über die Höhe des Zinssatzes eingeräumt. Ein solches Recht besteht gemäß § 315 BGB nur bei vertraglicher Vereinbarung, sodass die Vereinbarung der Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff BGB unterliegt. Das hier vorliegende einseitige Bestimmungsrecht ist gemäß § 308 Abs. 1 Nr. 4 BGB unwirksam, weil es der verwendeten Klausel bereits am erforderlichen Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen fehlt. Sie enthält nämlich keinerlei Regelungen dazu, wie der Zinssatz zu bestimmen sei. § 308 Abs. 1 Nr. 4 stellt aber für die mögliche Rechtfertigung einer derartigen Leistungsänderungsklausel darauf ab, ob sie unter Berücksichtigung der Interessen der Bank für den Kunden zumutbar ist. Verlangt wird also eine Abwägung zwischen den Interessen beider Vertragspartner. Das setzt aber eine Fassung der Klausel voraus, die nicht zur Rechtfertigung unzumutbarer Änderungen dienen kann, und erfordert im Allgemeinen auch, dass für den Kunden zumindest ein gewisses Maß an Berechenbarkeit der möglichen Leistungsänderungen besteht (BGH, Urteil vom 17.02.2004 - XI ZR 140/03, NJW 2004, 1588, unter II 2 b bb (1) der Urteilsgründe). Hieran fehlt es hier vollständig.

c) Da es neben einer wirksamen Vereinbarung über den somit geschuldeten variablen Zins auch an gesetzlichen Regelungen fehlt, ist die hier entstandene Lücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Dabei ist maßgeblich, welche Regelungen die Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit der Klausel in angemessener Abwägung der beiderseitigen Interessen als redliche Vertragspartner nach Treu und Glauben getroffen hätten. Auf dieser Grundlage ist der Zinssatz zu bestimmen. Maßgeblicher Parameter ist dabei der Referenzzins, dessen Veränderung gerade Anlass und Höhe der jeweiligen Zinsänderungen bestimmt hat. Dabei muss es sich um einen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzins handeln, der von unabhängigen Stellen nach einem exakt festgelegten Verfahren ermittelt wird und die Bank nicht einseitig begünstigt. Die in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze für vergleichbare Produkte stellen eine geeignete Referenz dar, da diese von beiden Parteien nicht beeinflusst werden können, jederzeit abrufbar sind und auch dauerhaft erhoben werden. Da der Vertrag gerade auf den Vermögensaufbau abzielte und diese neben der Prämie auch und gerade durch die Zinsen erfolgen sollte, ist demnach ein Referenzzinssatz für vergleichbare langfristige Spareinlagen heranzuziehen. Dies ist auch interessengerecht, da die Beklagte gerade durch die gestaffelten Prämien (eine Steigerung von 3% bis 50%) die Klagepartei zum langfristigen Vermögensaufbau bewegen wollte, so dass beide Seiten von einer langfristigen Laufzeit der Anlage ausgehen konnten. Der beklagtenseits ins Feld geführte Gesichtspunkt, dass der Bankkunde mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten über das Guthaben verfügen kann, fällt demgegenüber ersichtlich nicht ins Gewicht; bezeichnenderweise trägt die Beklagte nicht vor, welcher Anteil der bei ihr auf derartige Spareinlagen geleisteten Beträge tatsächlich vorzeitig zurückgefordert wird. Bei dem von der Klagepartei angeführten Zinssatz WX4260 sind die genannten Anforderungen an den Referenzzins erfüllt, da dieser unstreitig dauerhaft erhoben wurde und jederzeit einsehbar ist. Er beruht unstreitig auf der Umlaufrendite inländischer Inhaberschuldverschreibungen inländischer Emittenten mit einer mittleren Restlaufzeit von über 9 bis einschließlich 10 Jahren. Dieser monatlich angepasste Zinssatz korrespondiert zeitlich mit dem voraussichtlichen Verbleib der hier streitgegenständlichen Spareinlage bei der Bank und bildet auch eine angemessene Refinanzierungsmöglichkeit für die Beklagte ab.

d) Die mathematische Berechnung der Klägerseite gemäß der Anlage K7 mit einem Resultat von 11.191,88 € ist beklagtenseits nicht substantiert in Abrede gestellt worden; warum die Beklagte als Kreditinstitut nicht in der Lage sein sollte (so ist die Klageerwiderung Seite 8, Blatt 29 der Akte, zu verstehen), die klägerseits vorgelegte Zinsstaffel selbstständig nachzurechnen, ist nicht nachvollziehbar. Hierbei geht es um einen finanzmathematischen Vorgang, den die Sparkasse als Kreditinstitut nachprüfen kann, ohne dass ihr der Rechenweg der Gegenseite vollständig zur Verfügung gestellt wird.

e) Der Anspruch auf die geltend gemachten Rechtshängigkeitszinsen folgt aus § 291 BGB.

f) Die Zinsnachforderungen sind auch nicht verjährt. Die Zinsansprüche entstehen erst mit der Beendigung des jeweiligen Vertrages gemeinsam mit dem Rückzahlungsanspruch im Hinblick auf das eingezahlte Kapital. Die Vertragsbeendigung ist indessen erst im Jahre 2020 durch die Kündigung gemäß Anlage K1 eingetreten. Von Verjährung kann daher nicht die Rede sein.

III.

Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind nicht erstattungsfähig. Bezüglich der Feststellung über das Fortbestehen unterliegen die Kläger, sodass etwaige Kosten nicht erstattet werden. Hinsichtlich der Zinsnachforderungen wurden diese erst durch die Prozessbevollmächtigte geltend gemacht, sodass sie insbesondere nicht durch einen Verzug entstanden sind.

IV.

Kosten: § 92 Abs. 1 ZPO

vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 Satz 1; §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert errechnet sich wie folgt:

Antrag Nr. I +II : 255,95 x 12 x 50% x 3,5 x 80% (wg. Feststellungantrag) = 4.299,96 € Antrag Nr. III: 11.191,88 € Summer daher: 15.491,84.