LG Krefeld, Beschluss vom 31.08.2020 - 7 T 75/20
Fundstelle
openJur 2021, 4531
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Krefeld vom 29.04.2020 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts I. über einen Gesamtbetrag in Höhe von 444,63 €. Sie erteilte dem zuständigen Gerichtsvollzieher am 25.06.2019 einen Vollstreckungsauftrag und kreuzte in dem hierfür verwendeten Formular bei dem Modul E (gütliche Erledigung) das Modul E 3 (nach Ermessen des GV) an und beantragte die Abnahme der Vermögensauskunft ohne vorherigen Pfändungsversuch und den Erlass eines Haftbefehls samt Verhaftung. Der Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft folgte der Schuldner nicht. Am 07.08.2019 erging antragsgemäß Haftbefehl. Nach mehreren Verhaftungsversuchen traf der Gerichtsvollzieher den Schuldner am 03.09.2019 an, woraufhin dieser eine vollständige Zahlung leistete. Der Obergerichtsvollzieher hatte in beiden Verfahren ein Angebot zur gütlichen Erledigung der Sache unterbreitet.

In der Kostenrechnung vom 03.09.2019 setzte er sowohl für das VAK-Verfahren als auch für das Verhaftungsverfahren jeweils die Gebühr KV 208 GvKostG i.H.v. 8 Euro nebst anteiliger Auslagenpauschale an.

Mit Schriftsatz vom 11.09.2019 erhob die Vertreterin der Landeskasse gegen die Kostenrechnung Erinnerung und beantragte, den Obergerichtsvollzieher anzuweisen, die Gebühr KV 208 GvKostG in Höhe von 8,00 € nebst anteiliger Auslagenpauschale für das Verhaftungsverfahren nicht zu erheben und die zu viel erhobenen Kosten an den Schuldner zu erstatten. Zur Begründung führte sie aus, dass es sich bei dem Verhaftungsverfahren lediglich um ein Erzwingungsverfahren mit dem Ziel der Abgabe der Vermögensauskunft handele. Dies stelle kein eigenes Verfahren dar. Daher tauche der Verhaftungsauftrag auch nicht im Katalog des § 802 a Abs. 2 ZPO auf. Da der Verhaftungsauftrag innerhalb der Dreimonatsfrist des § 3 Abs. 4 Satz 3 GvKostG bei dem Gerichtsvollzieher eingegangen sei und die Gebühr bereits im VAK-Verfahren angesetzt wurde, könne sie nicht noch einmal entstehen.

Der Obergerichtsvollzieher half der Erinnerung nicht ab und führte zur Begründung aus, durch § 3 Abs. 4 GvKostG werde der Verhaftungsauftrag kostenrechtlich ausdrücklich als eigenständiger Auftrag nominiert. Die Dreimonatsfrist sei für die kostenrechtliche Beurteilung ohne Bedeutung.

Das Amtsgericht Krefeld hat mit Beschluss vom 29.04.2020 unter Zulassung der Beschwerde die Erinnerung zurückgewiesen mit der Begründung, es lägen zwei Vollstreckungsaufträge vor. Daher habe der Gerichtsvollzieher zu Recht zweimal die Gebühr aus KV 208 angesetzt. Gegen diesen Beschluss hat die Bezirksrevisorin am 20. Mai 2020 Beschwerde eingelegt und ihr Vorbringen wiederholt.

II.

Die gemäß §§ 5 Abs. 2 GvKostG, 66 Abs. 4 GKG statthafte und zulässig eingelegte Beschwerde der Bezirksrevisorin hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat der Obergerichtsvollzieher die Gebühr gemäß KV 208 GvKostG nebst anteiliger Kostenpauschale sowohl im Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft als auch im Verhaftungsverfahren als gesonderte Gebühr angesetzt, da zwei Vollstreckungsaufträge vorliegen. Gemäß Nr. 907, 207, 208 KV GvKostG beträgt die Gebühr für eine versuchte gütliche Erledigung hinsichtlich der Einholung einer Vermögensauskunft des Schuldners 8,00 €.

Dieser Versuch war auch durch den von der Gläubigerin erteilten Vollstreckungsauftrag erfasst, denn sie hat das Modul E gewählt, mit dem sie sich mit einer gütlichen Erledigung einverstanden erklärt hat. Den Versuch der gütlichen Einigung hat der Obergerichtsvollzieher in beiden Verfahren unternommen

Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GvKostG für die Annahme einer gleichzeitigen Beauftragung sind nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift gilt der Gerichtsvollzieher dann als gleichzeitig beauftragt, wenn der Auftrag zur Abnahme der Vermögensauskunft mit einem Vollstreckungsauftrag verbunden ist, es sei denn, der Gerichtsvollzieher nimmt die Vermögensauskunft nur deshalb nicht ab, weil der Schuldner der Ladung nicht Folge leistete. Da die Ausnahme von der Regel im vorliegenden Fall gegeben war, bedeutet die Auslegung der Vorschrift im Umkehrschluss, dass zwei Aufträge vorliegen.

Dass eine Gebühr nach KV 207 nur dann zu erheben wäre, wenn eine gütliche Einigung isoliert und ohne weitere Folgeaufträge beantragt wird, kann zudem jedenfalls nach der Neufassung des Gebührentatbestandes mit Wirkung zum 26.11.2016 nicht mehr angenommen werden. Vielmehr folgt aus KV 208, der bei gleichzeitiger Beauftragung mit den dort aufgeführten Vollstreckungsmaßnahmen lediglich eine Reduzierung der Einigungsgebühr vorsieht, im Umkehrschluss, dass die Gebühr nach KV 207 grundsätzlich auch anfällt, wenn der Gerichtsvollzieher zugleich mit weiteren Vollstreckungsmaßnahmen beauftragt wird. Dies entspricht dem Sinn und Zweck der Gebühr und trägt den Bedürfnissen der Praxis Rechnung.

Der Gerichtsvollzieher soll sich in jeder Lage des Verfahrens um eine gütliche Einigung bemühen, soweit der Gläubiger dies nicht ausgeschlossen hat. Dies ist auch bei der Durchführung weiterer Maßnahmen mit einem gewissen Aufwand verbunden, der durch den neugefassten Gebührentatbestand abgegolten werden soll (vgl. LG Kassel, Beschluss vom 08.11.2017, 3 T 433/17, Rn. 23; im Ergebnis ebenso LG Osnabrück, Beschluss vom 16.01.2020, 2 T 723/18, LG Werden, Beschluss vom 23.10.2018, 6 T 121/18 und AG Gernsbach, Beschluss vom 05.03.2015, 1 M 19/15). Der Gebührenermäßigung nach Maßgabe von KV 208, 207 auf 8,00 € hat der Gerichtsvollzieher Rechnung getragen.

Die Erhebung der mit der Beschwerde angefochten Gebühr ist auch nicht wegen unrichtiger Sachbehandlung gemäß § 7 Abs. 1 GvKostG ausgeschlossen. Darin wird geregelt die Befreiung des Kostenschuldners von Kosten infolge fehlerhaften Verhaltens des Gerichtsvollziehers. Damit gemeint ist ein offen zutage tretender Verstoß gegen eindeutige Gesetzesbestimmungen oder ein offensichtliches Versehen.

Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben kann dem Gerichtsvollzieher kein ermessensfehlerhaftes Verhalten vorgeworfen werden. Die Berechnung einer weiteren Gebühr stellt keinen Verstoß gegen eindeutige Gesetzesbestimmungen oder ein offensichtliches Versehen dar (siehe OLG Oldenburg, Beschluss vom 11.03.2020, 2 W 9/20, Rn. 11).

Ebenso wenig lag ein Verstoß gegen das Kostenminderungsgebot gemäß § 802 a Abs. 1 ZPO bzw. § 58 GVGA vor. Ein überflüssiger Aufwand in diesem Sinne wäre nur dann anzunehmen, wenn der Schuldner auf den ersten Versuch einer gütlichen Einigung ausdrücklich und für den Gerichtsvollzieher ersichtlich kundgetan hätte, eine solche auszuschließen (vgl. OLG Oldenburg, a.a.O., Rn. 12). Diese Fallkonstellation liegt hier nicht vor. Vielmehr ist der Schuldner lediglich der Ladung des Gerichtsvollziehers nicht nachgekommen.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG, § 66 Abs. 8 GKG).

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.