VG Kassel, Beschluss vom 25.01.2021 - 1 L 2087/20.KS
Fundstelle
openJur 2021, 4408
  • Rkr:
Tenor

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Beigeladenen zu 6. bis 16. unter Einweisung in eine nach A 13_vz+Z besoldete Planstelle im Bereich "DTTechnik_T" zu befördern, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts bestandskräftig entschieden wurde.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Der Streitwert wird auf 17.312,07 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen eine Auswahlentscheidung der Deutschen Telekom AG in der Beförderungsrunde 2020/2021.

Der Antragsteller steht als Technischer Postoberamtsrat (A 13_vz) im Dienst der Antragsgegnerin. Er ist unter Wegfall der Bezüge zur Wahrnehmung einer Tätigkeit in der Deutsche Telekom Technik GmbH beurlaubt und dort als Leiter Team Betriebslenkung tätig.

Zuletzt wurde er mit dienstlicher Beurteilung vom 03.07.2020 für den Zeitraum vom 01.09.2017 bis 31.08.2019 mit dem Gesamturteil "sehr gut ++" beurteilt (vollständig lesbare Kopie: Bl. 133 ff d. A.). Grundlage war seine Tätigkeit als Leiter Team Betriebslenkung und eine seit dem 01.04.2019 zudem parallel zu dieser Tätigkeit ausgeübte Tätigkeit als kommissarischer Leiter des PTI ... In den Einzelmerkmalen ist der Antragsteller jeweils mit der höchsten von fünf Notenstufen, mit "sehr gut" bewertet. Zur Begründung des Gesamturteils wird u.a. ausgeführt, dass über die fünf Notenstufen, mit denen die Einzelmerkmale bewertet werden können, die Vergabe einer sechsten Notenstufe "hervorragend" möglich ist, wobei alle Gesamtbeurteilungen mit den Abstufungen "Basis", "+" oder "++" einzustufen sind. Die sechste Notenstufe im Gesamturteil sei eingeführt worden, um der Sondersituation der Deutschen Telekom AG Rechnung zu tragen. Dort werde ein großer Teil der Beamten höherwertig eingesetzt. Die Notenvergabe könne ohne die weitere Notenstufe für höherwertig eingesetzte Beamte, die bereits die Höchstnote in den Stellungnahmen erreicht hätten, nicht angemessen und leistungsgerecht erfolgen. Die Höchststufe "hervorragend" könne im Gesamturteil abweichend von den Einzelbewertungen vergeben werden, wenn in den Einzelmerkmalen siebenmal "sehr gut" vergeben worden sei und sich aus den aus der Stellungnahme der Führungskraft zu entnehmenden Feststellungen ein besonderes - eben "hervorragendes" - Leistungsbild ergebe. Obwohl der Antragsteller in einigen Merkmalen hervorzuhebende Leistungen erzielt habe, könne im Vergleich zu anderen Beamten der Beurteilungsliste und aufgrund einer Gesamtbetrachtung aller Einzelmerkmale nicht die Note "hervorragend" erteilt werden. Die Note "hervorragend" hätten auf der Beurteilungsliste nur solche Beamten erreicht, die eine bessere Leistung attestiert bekommen hätten und die vergleichbar höherwertig eingesetzt worden seien.

Die Beigeladenen sind sämtlich in den Beurteilungen zum 01.09.2019 mit der Gesamtbewertung "hervorragend" beurteilt worden, die Beigeladenen zu 1. und 2. mit "hervorragend +" und die Beigeladenen zu 3. bis 16. mit "hervorragend Basis".

In den vorletzten Beurteilungen zum Stichtag 01.09.2017 war der Antragsteller mit "sehr gut +" beurteilt worden. Die Beigeladenen zu 1. und 2. waren mit "sehr gut Basis" bzw. "gut ++", die Beigeladenen zu 3. bis 5. mit "sehr gut ++", die Beigeladenen zu 6. bis 15. mit "sehr gut +" und der Beigeladene zu 16. mit "gut ++" beurteilt worden.

Für die Beförderungsrunde standen insgesamt 33 Planstellen für eine Beförderung in die Besoldungsgruppe A 13_vz+Z zur Verfügung, auf die sich 280 Beamte bewarben. Die Beigeladenen belegten in der Beförderungsliste der Antragsgegnerin die Plätze 9, 10 und 21-34, der Antragsteller Platz 44.

Mit Schreiben vom 29.10.2020 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass er nicht berücksichtigt werde (Bl. 153 d. A.).

Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 09.11.2020 Widerspruch und legte mit Schreiben vom selben Tag Widerspruch gegen seine Beurteilung vom 03.07.2020 ein (Bl. 45 f d. A.).

Am 11.11.2020 hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

Zur Begründung führt er an, dass er die Auswahlentscheidung für rechtswidrig halte, weil die dem Auswahlverfahren zugrunde gelegte dienstliche Beurteilung vom 03.07.2020 rechtswidrig sei. Sie berücksichtige nicht im gebotenen Maße, dass der Antragsteller im Beurteilungszeitraum über fünf Monate (01.04.2019 bis 31.08.2019) Aufgaben wahrgenommen habe, die im Vergleich zu seinem Statusamt einem erheblich höherwertigen Amt zuzuordnen seien. Die Aufgaben als kommissarischer Leiter PTI .. entsprächen dem Amt nach A 16. Dies ergebe sich aus der Ausschreibung der entsprechenden Stelle vom 06.03.2019, die eine Vergütung nach MG 3 anführe, und einer weiteren Ausschreibung vom 22.10.2020 (Bl. 30 f und 32 f d. A.), aus der sich ergebe, dass eine Vergütung mit MG 3 einer Bewertung nach A 16 bzw. B 3 entspreche. In dieser Funktion sei er Mitglied der Geschäftsleitung der "Technische Infrastruktur Niederlassung Südwest" (TNL SW) gewesen und habe an sechs Sitzungen der Geschäftsleitung teilgenommen und am 31.07.2019 eine Belobigung (Bl. 29 d. A.) erhalten. Die Wahrnehmung dieser Aufgaben werde in der Beurteilung zwar (mit einem unzutreffend längeren Zeitraum seit 01.01.2018) angeführt, nicht aber die Höherwertigkeit dieser Aufgaben benannt. Angesichts der erheblichen Höherwertigkeit der im Beurteilungszeitraums zum Ende über mehrere Monate ausgeübten Tätigkeit und der bisherigen Beurteilung mit "sehr gut ++" sei eine Verbesserung zur unmittelbar nächsthöheren Notenstufe "hervorragend Basis" zu erwarten. Die nächsthöhere Notenstufe "hervorragend" sei gerade geschaffen, um im Falle der Wahrnehmung höherwertiger Aufgaben eine Differenzierung zu ermöglichen. Damit seien seine Chancen auf Auswahl in einem erneuten Verfahren offen.

Der Antragsteller beantragt,

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die Beigeladenen unter Einweisung in eine nach A 13 vz+Z besoldete Planstelle im Bereich "DTTechnik_T" zu befördern, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts bestandskräftig entschieden wurde.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie ist der Auffassung, die Auswahlentscheidung sei rechtmäßig anhand der nach den Beförderungsrichtlinien vorgesehenen Reihung erfolgt. Für eine Auswahl sei eine Beurteilung mit mindestens der Bewertung "hervorragend Basis" erforderlich. Die Beurteilung des Antragstellers weise indes nur "sehr gut ++" aus und sei rechtmäßig. Die Bildung des Gesamturteils sei hinreichend nachvollziehbar auf der Grundlage der vom Antragsteller wahrgenommenen Tätigkeit, die nach A 13 zu bewerten sei. Soweit der Antragsteller kommissarisch die Tätigkeit als Leiter PTI .. wahrgenommen habe, sei er nicht höherwertig eingesetzt gewesen, denn kommissarisch wahrgenommene Tätigkeiten wirkten sich nur aus, wenn für den entsprechenden Zeitraum auch die entsprechende Funktion übertragen werde. Ob eine kommissarische Führung schriftlich übertragen worden sei, werde "von der Antragsgegnerin, CSS-APA im Vorfeld der Erstellung der dienstlichen Beurteilung anhand der elektronischen Personalakte geprüft." Diese Prüfung sei im Falle des Antragstellers negativ ausgegangen. Die Beurteiler seien deshalb zutreffend von einer amtsangemessenen Beschäftigung des Antragstellers im Beurteilungszeitraum ausgegangen. Außerdem sei der Antragsteller gegenüber den übrigen Bewerbern chancenlos, da die ausgewählten Bewerber im Vergleich zu ihm zumindest über die Bewertung mit "hervorragend Basis" beurteilt seien und damit einen Leistungsvorsprung aufwiesen. Sie hätten im Beurteilungszeitraum überwiegend Tätigkeiten der Besoldungsgruppe A 14, A 15 oder A 16 wahrgenommen. Ihre Leistungen seien aufgrund der anspruchsvolleren Aufgaben als besser zu bewerten. Dabei sei die Höherwertigkeit des Dienstpostens und die Anforderungen der dort wahrzunehmenden Aufgaben integraler Bestandteil der Beurteilung.

Mit Beschluss vom 15.12.2020 hat das Gericht 16 Mitbewerber beigeladen.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge und äußern sich auch nicht zum Verfahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, den Auswahlvorgang sowie die Personalakten von Antragsteller und Beigeladenen Bezug genommen.

II.

Der statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag ist im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Er ist zur Sicherung der vom Antragsteller geltend gemachten Rechte gemäߧ 123 Abs. 1 VwGO statthaft. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung eines bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung).

Bei Streitigkeiten auf beamtenrechtlicher Grundlage, die auf die Verhinderung einer Ernennung oder Beförderung abzielen, ist der Anspruch eines übergangenen Bewerbers im Hauptsacheverfahren grundsätzlich - nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens - im Wege einer Verpflichtungsklage in Form der Bescheidungsklage zu verfolgen. Da in dieser prozessualen Situation die Ernennung eines Konkurrenten zu einer Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache führen kann, kann ein übergangener Bewerber vor Klageerhebung regelmäßig im Wege einer Sicherungsanordnung vorläufigen Rechtsschutz in Anspruch nehmen, um den von ihm geltend gemachten Anspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung in einem beamtenrechtlichen Auswahlverfahren (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch) zu sichern. Allein auf diese Weise kann ein abgelehnter Bewerber verhindern, dass durch die Ernennung des ausgewählten Konkurrenten vollendete Tatsachen geschaffen werden und sich der Streit um die Beförderungsauswahl erledigt.

Voraussetzung für eine Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist, dass sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch vorliegen. Deren tatsächliche Voraussetzungen müssen nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehen, aber hinreichend wahrscheinlich ("glaubhaft") sein (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Der Anordnungsgrund besteht, wenn eine vorläufige gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, weil ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren aus besonderen Gründen unzumutbar ist. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn ein Antragsteller in der Hauptsache bei summarischer Prüfung voraussichtlich Erfolg haben wird.

Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Es ist ihm nicht zuzumuten, auf das Hauptsacheverfahren verwiesen zu werden, weil eine zwischenzeitlich erfolgende Ernennung der ausgewählten Mitbewerber bzw. Mitbewerberin seine Berücksichtigung endgültig verhindern würde. Denn aus Gründen der Ämterstabilität kann eine bereits erfolgte Ernennung durch das Gericht zumindest im Regelfall nicht aufgehoben werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.01.2004 - 2 VR 3.03 -, juris Rn. 7; Hessischer VGH, Beschluss vom 23.08.2011 - 1 B 1284/11 -, juris Rn. 2; VG Kassel, Beschluss vom 06.12.2018 - 1 L 2421/18.KS -, juris Rn. 7).

Die Auswahl der Beigeladenen war beschlossen, wie der Antragsteller der Mitteilung der Antragsgegnerin vom 29.10.2020entnehmen musste. Daher musste der Antragsteller die bevorstehende Ernennung der Beigeladenen befürchten.

Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage verletzt die Auswahlentscheidung den grundrechtsgleichen Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragsstellers aus Art. 33 Abs. 2 GG.

Danach steht jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung der gleiche Zugang zu jedem öffentlichen Amt zu. Öffentliche Ämter sind zu Gewährleistung dieses Anspruchs nach Maßgabe der Bestenauslese zu besetzen. Die von Art. 33 Abs. 2 GG erfassten Auswahlentscheidungen können grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.12.2015 - 2 BvR 1985/13 -, juris Rn. 13 m.w.N.). Dabei hat sich der Vergleich der Bewerber im Rahmen der Auswahlentscheidung vor allem auf deren dienstliche Beurteilungen zu stützen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.10.2012 - 2 BvR 1120/12 -, juris Rn. 11 f). Die Auswahlentscheidung kann nur fehlerfrei erfolgen, wenn auch die zugrundeliegenden Beurteilungen fehlerfrei sind. Liegt der Auswahlentscheidung eine fehlerhafte dienstliche Beurteilung zugrunde, führt dies zur Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung, wenn das Ergebnis des Auswahlverfahrens auf der fehlerhaften Grundlage beruhen kann.

Vorliegend hat die Antragsgegnerin zwar die Reihung der Bewerber anhand deren dienstlicher Beurteilungen zutreffend vorgenommen, jedoch begegnet die Beurteilung des Antragstellers, die für diese Reihung herangezogen wurde, durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Dabei unterliegen dienstliche Beurteilungen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Es obliegt allein dem Dienstherrn bzw. dem für diesen handelnden jeweiligen Vorgesetzten, in der dienstlichen Beurteilung ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil darüber abzugeben, ob und inwieweit der Beamte den - ebenfalls grundsätzlich vom Dienstherrn zu bestimmenden - zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen seines Amtes entspricht. Dem Dienstherrn steht bei diesem Akt wertender Erkenntnis eine den gesetzlichen Regelungen immanente Beurteilungsermächtigung zu. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich demgegenüber darauf zu beschränken, ob der Beurteiler gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt, einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (vgl. insgesamt Hessischer VGH, Beschluss vom 04.11.2020 - 1 B 1724/19 -, n. v. m.w.N.).

Die dem Auswahlverfahren zugrundliegende dienstliche Beurteilung des Antragstellers vom 03.07.2020 ist rechtswidrig, weil sie nicht die nach den obigen Maßstäben zu fordernden Anforderungen erfüllt.

Die Begründung des Gesamturteils der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers verstößt gegen allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat hierzu im Beschluss vom 04.11.2020 (Az.: 1 B 1724/19 ausgeführt:

"Das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung bedarf in der Regel einer gesonderten Begründung, um erkennbar zu machen, wie es aus den Einzelbegründungen hergeleitet wird. Gesamturteil und Einzelbewertungen einer dienstlichen Beurteilung müssen dabei in dem Sinne miteinander übereinstimmen, dass sich das Gesamturteil nachvollziehbar und plausibel aus den Einzelbewertungen herleiten lässt. Einer - gegebenenfalls kurzen - Begründung bedarf es insbesondere dann, wenn die Beurteilungsrichtlinien für die Einzelbewertungen einerseits und für das Gesamturteil andererseits unterschiedliche Bewertungsskalen vorsehen. Denn hier muss erläutert werden, wie sich die unterschiedlichen Bewertungsskalen zueinander verhalten und wie das Gesamturteil aus den Einzelbewertungen gebildet wurde (zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 27/14 -, NVwZ 2016, 1262, 1265 f.; siehe auch Urteil vom 1. März 2018 - 2 A 10/17 -, NVwZ 2019, 75, 79). Die Begründung des Gesamturteils hat schon in der dienstlichen Beurteilung selbst zu erfolgen und kann nach deren Eröffnung allenfalls intensiviert, nicht jedoch vollständig ausgetauscht oder mit weiteren, eigenständigen Argumentationssträngen versehen werden (BVerwG, Urteil vom 1. März 2018 - 2 A 10/17 -, NVwZ 2019, 75, 79).

Das für die bei der Deutschen Telekom AG beschäftigen Beamten geltende Beurteilungssystem sieht eine Skala mit fünf Notenstufen für die Vorbeurteilungen und eine Skala von sechs Notenstufen mit je drei Ausprägungen für die Endbeurteilung vor. Ein vorgegebener abstrakter Maßstab, anhand dessen sich die Einzelbewertungen generalisierend in bestimmter Weise auf konkrete Gesamturteile und erst recht auch auf konkrete Ausprägungsgrade dieser Gesamturteile übertragen ließen, existiert nicht. Aus diesem Grund bedarf es einer dem Gesamturteil der individuellen Beurteilung beigefügten substanzhaltigen Begründung, die den angesprochenen Übertragungsvorgang nachvollziehbar erläutert. Aufgrund der bei der Deutschen Telekom AG geltenden divergierenden Notenskalen besteht eine Begründungspflicht der Gesamtnote auch dann, wenn die Einzelkriterien einheitlich mit "Sehr gut" bewertet wurden. Es liegt auf der Hand, dass ein Beamter, der in allen Einzelmerkmalen mit der dort vorgesehenen Spitzennote "Sehr gut" bewertet worden ist, nicht automatisch auch im Gesamturteil die gleichlautende, nach der insoweit geltenden Skala aber nunmehr nur zweitbeste Notenstufe erhält. Denkbar ist in einem solchen Fall vielmehr ebenso die Spitzennote "Hervorragend" mit ihren drei Ausprägungen. Ergibt sich das Gesamturteil nicht schlüssig aus der Bewertung der Einzelmerkmale, beruht die dienstliche Beurteilung auf einer Missachtung allgemein gültiger Wertmaßstäbe (zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. März 2020 - 4 S 54/20 -, juris Rn. 12 ff. m. w. N.)."

Die Begründung des Gesamtergebnisses der dienstlichen Beurteilung enthält indes keine nachvollziehbare Begründung dafür, dass der Antragsteller im Gesamturteil nur mit der zweitbesten Note "sehr gut" im höchsten Ausprägungsgrad beurteilt worden ist und nicht mit der Höchstnote "hervorragend" in einem der verschiedenen Ausprägungsgrade. Zunächst werden in der Beurteilung des Antragstellers allgemein die verschiedene Ausdifferenzierungen der Notenstufen für die Einzelmerkmale (fünf Notenstufen) und für das Gesamturteil (sechs Notenstufen mit jeweils drei Ausprägungen) erläutert, eine Begründung der Erforderlichkeit dieser weiteren Ausdifferenzierung im Gesamturteil gegeben und es erfolgt eine allgemeine Darstellung der Voraussetzungen für die Vergabe der höchsten Notenstufe in einer Gesamtbeurteilung. Sodann wird bezogen auf den Antragsteller schlicht angeführt, dass "nach Würdigung aller Erkenntnisse" "das oben angegebene Gesamturteil festgesetzt (werde)". Dies ist ohne Aussagekraft. Darüber hinaus wird lediglich ausgeführt, dass dem Antragsteller, obwohl er in den Einzelmerkmalen sieben Mal mit "sehr gut" bewertet worden sei und in einzelnen Merkmalen hervorzuhebende Leistungen erzielt habe, in einer Gesamtbetrachtung aller Einzelmerkmale und im Vergleich zu anderen Beamten der Beurteilungsliste nicht die Note "hervorragend" erteilt werden könne. Auch die dem folgende Ausführung, "bei der Vergabe der Gesamtergebnisse (sei) nach der Einzelleistung im Vergleich zur Gesamtgruppe auf derselben Beurteilungsliste zu differenzieren" und der Antragsteller könne nicht das beste Gesamtergebnis erhalten, weil dies ausschließlich Beamte erhalten könnten, denen von ihrer Führungskraft eine bessere Leistung attestiert worden sei und die vergleichbar höherwertig eingesetzt worden seien, genügt den Anforderungen nicht. Denn der Antragsteller war zwar nicht höherwertig eingesetzt im Sinne der von der Antragsgegnerin geforderten schriftlichen Übertragung der Funktion, er hat aber die Aufgaben einer - erheblich, nämlich um drei Stufen - höherwertigen Tätigkeit wahrgenommen. Dabei hat er auch nicht nur einzelne Aufgaben der höherwertigen Tätigkeit wahrgenommen, sondern insgesamt die Aufgaben des Leiters PTI .., der in diesem Zeitpunkt vakanten Stelle. Worin im Falle einer Beurteilung eine bessere Leistung vorliegen soll, wenn die Wahrnehmung höherwertiger Aufgaben nach einer schriftlichen Übertragung der Funktion erfolgt als wenn sie schlicht und wie vorliegend aufgrund der Vakanz der entsprechenden Position erfolgt, ist weder der Beurteilung zu entnehmen und auch sonst nicht nachvollziehbar.

Die Aussichten des Antragstellers, bei einem erneuten Auswahlverfahren ausgewählt zu werden, sind auch in Bezug auf die Beigeladenen zu 6. bis 16. offen. Ausweislich der vorgelegten Behördenvorgänge sind diese Beigeladenen mit der nächsten ("hervorragend Basis") bewertet und weisen in der vorhergehenden Beurteilung im Vergleich zum Antragsteller eine schlechtere oder gleich gute Beurteilung auf, so dass eine Auswahl zumindest möglich erscheint.

Demgegenüber sieht das Gericht bezogen auf die Beigeladenen zu 1. bis 5. keine Möglichkeit des Antragstellers die Auswahlentscheidung anzugreifen. Diese Bewerber haben aktuell bzw. in den vorhergehenden Beurteilungen deutlich bessere Beurteilungen erhalten.

Die Antragsgegnerin hat gemäß § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen, da sie unterlegen ist.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht für erstattungsfähig zu erklären. Es entspricht nicht der Billigkeit, diese für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO), da die Beigeladenen mangels eigener Antragstellung kein Kostenrisiko eingegangen sind (§154 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 1 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG in Anlehnung an § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und Sätze 2 und 4 GKG. Danach ist in Verfahren, welche die Verleihung eines anderen Amtes betreffen, für den Streitwert die Hälfte des 12-fachen Betrages des Endgrundgehalts maßgeblich, ggf. zuzüglich ruhegehaltsfähiger Zulagen. Dieser Betrag ist nach der Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs in Konkurrenteneilverfahren (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 20.06.2014 - 1 E 970/14 -, juris Rn. 11f) auf die Hälfte zu reduzieren, da durch das die Klage sichernde Eilverfahren im Hauptsacheverfahren allenfalls eine erneute Bescheidung erreicht werden kann. Weil durch die gerichtliche Entscheidung die Hauptsache materiell fast vollständig vorweggenommen wird, ist der Streitwert entsprechend der Empfehlung in Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, Anh § 164 Rn. 14) nicht nochmals zu reduzieren (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 20.06.2014 - 1 E 970/14 -, juris Rn. 13). Maßgeblich ist daher ein Viertel des 12-fachen Betrages von 5.770,39 € (5.458,39 € bezogen auf die Besoldungsgruppe A 13 in der Erfahrungsstufe 8 zuzüglich der Amtszulage von 312,30 €), mithin 17.312,07 €.

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