LG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 06.02.2019 - 2 S 168/18
Fundstelle
openJur 2021, 4364
  • Rkr:
Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Amtsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 28.05.2018, Az. 2e C 95/16, abgeändert. Die Klägerin hat Anspruch auf Vergütung aus der streitgegenständlichen Wahlleistungsvereinbarung vom 21.08.2014 (Bl. 15ff. d.A.) in Verbindung mit den streitgegenständlichen für den Einzelfall getroffenen Stellvertretervereinbarungen vom 21.08.2014 (Bl. 36 d.A.) und 28.08.2014 (Bl. 155 d.A.). Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung über die Höhe des Anspruchs und über die Kosten der Berufung an das Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein zurückverwiesen.

2. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 4.189,50 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO; von der Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen wird abgesehen, §§ 540 Abs. 2, 313a ZPO.

II.

Die zulässige Berufung, mit der die Klägerseite weiterhin ihr Klagebegehren und hilfsweise die Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht verfolgt, führt zu dem aus dem Tenor ersichtlichen teilweisen Erfolg.

1.

Die Wahlleistungsvereinbarung ist wirksam. Ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 17 Abs. 2 KHEntgG liegt nicht vor. Zwar müssen alle die Wahlleistungen betreffenden Erklärungen in derselben Urkunde niedergelegt und vom Patienten unterzeichnet werden; der Name des Wahlarztes gehört aber nicht zu dem Mindestinhalt der schriftlich zu treffenden Vereinbarung und damit naturgemäß auch nicht der seines oder seiner Vertreter (vgl. die Auflistung des Mindestinhalts bei Terbille/Clausen/Schroeder-Printzen, Medizinrecht, 2. Aufl. 2013, § 7 Vergütung der Heilberufe Rnr 77, 78, sowie die folgender Entscheidung zugrundeliegende Gestaltung: BGH, Urteil vom 19.04.2018 zum Az. III ZR 2557173, 5, 16, zitiert nach Juris ). Es kann deshalb dahinstehen, ob die Liste der Wahlärzte und ihrer Vertreter dem Beklagten vor Unterschriftsleistung überlassen wurde oder nicht.

2.

Ob auch die in der Wahlleistungsvereinbarung selbst enthaltene Stellvertreterabrede wirksam ist, kann dahinstehen, weil die Klägerseite ihre Ansprüche darauf nicht stützt, sondern für die durch Stellvertreter erbrachten Leistungen die beiden individuell geschlossenen Stellvertretervereinbarungen heranzieht. Wenn die Stellvertretervereinbarung in der Wahlleistungsvereinbarung unwirksam ist, wozu die Kammer vorliegend neigt, was aber wie gezeigt offen bleiben kann, führt dies nicht etwa zur Unwirksamkeit der gesamten Wahlleistungsvereinbarung; vielmehr ist die Klägerin nicht gehindert, die vom Wahlarzt selbst erbrachten Leistungen und auch Stellvertreterleistungen auf der Grundlage für den einzelnen Vertretungsfall getroffener Stellvertretervereinbarungen abzurechnen (vgl. BGH, Urteil vom 20.12.2007 zum Az. III ZR 144/07, Rnr 9, 12ff., zitiert nach Juris); dies folgt aus § 306 Abs. 1 BGB.

3.

Gegen die Wirksamkeit der beiden vorgelegten schriftlich gefassten individuellen Stellvertretervereinbarungen bestehen keine Bedenken. Sie entsprechen den Vorgaben des Bundesgerichtshofs für derartige Vereinbarungen, die nicht als Allgemeine Geschäftsbedingungen anzusehen sind, auch wenn sie auf einem vorgedruckten Formular geschlossen werden, weil sie in sich mehrere Handlungsoptionen anbieten (vgl. zum Ganzen BGH, Urteil vom 20.12.2007 zum Az. III ZR 144/07, Rnr 12-21, zitiert nach Juris). Die Fassung der Handlungsoptionen ist nicht zu beanstanden, auch wenn in Variante 1 zwei Optionen, nämlich die Verschiebung und die Inanspruchnahme einer anderen Klinik alternativ genannt sind. Der Verhinderungsgrund und der Name des Vertreters sind angegeben. Es muss sich bei dem ausgewählten Stellvertreter auch nicht um den ständigen Vertreter handeln.

Weitere Angaben, wie die genaue Dauer der Verhinderung, verlangt die aufgezeigte höchstrichterliche Rechtsprechung nicht. Dass die Information nicht so früh wie möglich erfolgt ist, kann nicht angenommen werden. Im Falle der ersten Vereinbarung erfolgte sie noch am Aufnahmetage. Im Falle der zweiten Vereinbarung ist nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die Entscheidung für die betreffende Behandlungsmaßnahme überhaupt bereits früher getroffen wurde.

4.

Die Kammer hat, weil das Amtsgericht - aus seiner Rechtssicht folgerichtig - hierzu noch keine Ausführungen gemacht hat, nicht zu der Frage Stellung zu nehmen, inwieweit die einzelnen abgerechneten Leistungen von der Wahlleistungsvereinbarung und den beiden Stellvertretervereinbarungen gedeckt sind und in welcher Höhe sie einen Vergütungsanspruch begründen. Dies wird das Amtsgericht nach der deshalb wegen § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO auf den vorliegenden Antrag der Klägerseite vorzunehmenden Zurückverweisung zu prüfen und soweit erforderlich sachverständig begutachten zu lassen haben.

5.

Die von Klägerseite angeregte Zurückverweisung an einen anderen Spruchkörper ist nicht weiter zu prüfen, weil § 538 ZPO eine dem im Revisionsrecht geltenden § 563 Abs. 1 S. 2 ZPO entsprechende Formulierung, die ein solches Vorgehen ermöglichen würde, nicht enthält.

6.

Ein Ausspruch über Kosten oder vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht veranlasst (Kramer, Die Berufung in Zivilsachen, 8. Aufl. 2015, Rnr 669). Die Revision ist nicht zuzulassen, die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

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