SG Duisburg, Beschluss vom 07.10.2019 - S 10 BA 76/19 ER
Fundstelle
openJur 2021, 4284
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. L 8 BA 228/19 B ER
Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15.06.2016 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 08.12.2016 und vom 16.10.2018 und des Widerspruchsbescheides vom 15.08.2019 wird angeordnet. Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.

Tatbestand

Im Streit ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15.06.2016 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 08.12.2016 und vom 16.10.2018 und des Widerspruchsbescheides vom 15.08.2019, mit dem für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2014 für die Tätigkeit des Herrn Detlef v. B. (im Folgenden: Herr B.) und für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2013 für die Tätigkeit des Herrn Karsten K. (im Folgenden: Herr K.) Sozialversicherungsbeiträge und Umlage in Höhe von insgesamt 51.553,08 EUR nachgefordert werden.

Die Antragstellerin ist eine Vermögensberatungs- und Vermittlungsgesellschaft mit beschränkter Haftung, wobei die drei Gesellschafter/Geschäftsführer Hans-Peter F., Herbert N. und Jürgen S. in dem streitigen Zeitraum jeweils 33,33 vH des Stammkapitals in Höhe von 26.075,89 EUR übernommen hatten. Gegenstand des Unternehmens ist die Vermittlung von Versicherungen, Immobilien, Finanzierungen, Bausparverträgen und Kapitalanlagen im eigenen Namen für eigene und fremde Rechnungen und entsprechende Maklertätigkeit. Nach § 12 des Gesellschaftsvertrages fasst die Gesellschaftsversammlung Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen, soweit nicht durch Gesetz oder Satzung an anderer Stelle etwas anderes bestimmt wird. In früheren Bescheiden der Deutschen Angestelltenkrankenkasse (DAK) vom 23.11.1987 und Widerspruchsbescheiden vom 11.07.1988 war bezogen auf die Gesellschafter/Geschäftsführertätigkeiten des Herrn Hans-Peter F., des Herrn Herbert N.und des Herrn Jürgen S. entschieden worden, dass diese Tätigkeiten nicht im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse ausgeübt würden und deshalb die Aufnahme der Gesellschafter/Geschäftsführer als versicherungs- und beitragspflichtige Angestellte in die DAK abgelehnt würde. Die Antragstellerin kooperiert auf der Basis von Vertriebsvereinbarungen mit anderen Partnern, die ihrerseits Vertragsbeziehungen zu verschiedenen Gesellschaften aus dem Finanzbereich unterhalten, insbesondere zu Versicherungen, Investmentgesellschaften, Banken, Bausparkassen, Vertriebskooperationen und ähnlichen Produktgebern (Produktpartner). Diese Vertriebsvereinbarungen sehen vor, dass die Antragstellerin als Vermittlerin tätig wird und die Vertriebspartner der Antragstellerin als Vermittlerin die Möglichkeit bietet, Produkte und Dienstleistungen zu beziehen und an eigene Kunden der Antragstellerin zu vermitteln. Die Antragstellerin vermittelt im eigenen Namen die Produkte und Dienstleistungen aus dem Angebot der Produktpartner. Die Vertriebspartner übernehmen im Verhältnis zu der Antragstellerin die Aufgabe, die Verbindungen zu den Produktpartnern herzustellen und ein gegebenenfalls eingereichtes Geschäft mit den Produktpartnern abzuwickeln. In diesem Zusammenhang übernimmt der Vertriebspartner die Weiterleitung der Korrespondenz zwischen der Antragstellerin und den jeweiligen Produktpartnern sowie den Empfang, die Abrechnung und Auszahlung von Courtagen und Provisionen.

Die Antragstellerin tritt ihren Kunden gegenüber im eigenen Namen auf und handelt hierbei auf eigene Rechnung. Sie ist nach den Vertriebsvereinbarungen berechtigt, bei der Vermittlertätigkeit Dritte (Untervermittler) einzuschalten. Anspruchsberechtigte der Vermittlungsprovision ist in diesen Fällen die Antragstellerin als Vermittlerin, das heißt Dritte erwerben keinen Anspruch auf Provisionsauszahlungen gegenüber den Vertriebspartnern der Antragstellerin.

In dem streitigen Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2014 waren für die Antragstellerin mehrere Mitarbeiter tätig, mit denen sie im Rahmen von Mitarbeiterverträgen vereinbart hatte, dass diese Mitarbeiter für die Antragstellerin Vermittler nach § 84 Abs. 1 HGB seien. In den Verträgen wurde geregelt, dass Grundlage der Vermittlertätigkeit die beigefügten allgemeinen Vertragsbestimmungen für Mitarbeiter der Antragstellerin, ein Provisionsverteilungsschlüssel, ein Faktorenschlüssel und eine Provisionsliste Fondsgeschäfte seien. Ferner wurde vereinbart, dass wesentliches Kriterium für das Bestehen des Vertrages die regelmäßige Teilnahme an den Ausbildungsmaßnahmen der Antragstellerin sei. Unter Ziffer 2 der in Bezug genommenen allgemeinen Vertragsbestimmungen ist hinsichtlich der Rechte und Pflichten aus dem Vertragsverhältnis unter anderem geregelt:

"Sie sind selbstständiger Gewerbetreibender und Versicherungsvertreter im Sinne der § 84 ff. HGB und Kaufmann im Sinne von § 1 HGB. Sofern Sie eine behördliche Genehmigung nach § 34 d GewO und eine Eintragung im Vermittlerregister Ihrer zuständigen IKH nachweisen, ist Ihnen die Vermittlung von Bauspar-, Versicherungs- und ähnlichen Verträgen gestattet. Selbiges gilt entsprechend für die Vermittlung von Kapitalanlagen, Immobilien und/ oder Investmentfonds, deren Vermittlung den vorherigen Nachweis einer behördlichen Genehmigung nach § 34 c GewO bedingt. Darüber hinaus haben Sie die einschlägigen Wettbewerbsvorschriften, insbesondere die Wettbewerbsrichtlinien in der Versicherungswirtschaft zu beachten. Sie sind verpflichtet, wesentliche Ihre Person betreffenden Änderungen der im Vermittlerregister gespeicherten Angaben der zuständigen Behörde unverzüglich mitzuteilen und die Firma C.-C. hiervon in Kenntnis zu setzen. Sie sind ferner für die Erfüllung Ihrer steuerlichen Verpflichtungen, wozu gegebenenfalls auch die Abführung der Umsatzsteuer gehört, selbst verantwortlich. Für Sozialversicherungen müssen Sie selbst sorgen. Sie können Ihre Tätigkeit im Rahmen der von uns gesetzten allgemeinen Bedingungen frei gestalten und Ihre Arbeitszeiten selbst bestimmen.

Sie sind verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben abzuschließen. Die Versicherung hat alle die sich aus Ihrer gewerblichen Handelsvertretertätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren abzudecken. Der Abschluss der Versicherung wie auch Ihr Fortbestand ist der Firma C.-C. nachzuweisen.

Die Vermittlung erfolgt für die mit der Firma C.-C. durch Organisationsverträge verbundenen Gesellschaften, nachfolgend auch Partnergesellschaften genannt. Dabei sind ausschließlich die von den Gesellschaften selbst oder von der Firma C.-C. erstellten oder genehmigten Unterlagen für den Verkauf zu verwenden. Sofern die Firma C.-C. einer Tätigkeit für eine andere Gesellschaft nicht zuvor ausdrücklich zugestimmt hat, dürfen Sie die vorgenannten Verträge nur im Namen und für Rechnung der Firma C.-C. vermitteln. In anderen Branchen können Sie eine geschäftliche Tätigkeit für beliebige Unternehmen ausüben. Wir legen äußersten Wert auf diese Bindungen, bitte beachten Sie daher die unter Ziffer 7 aufgeführte Vertragsstrafenregelung.

Sie haben bei Ihrer Tätigkeit die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmannes zu beachten. Sie sind darüber hinaus im Rahmen Ihrer Aufklärungs- und gegebenenfalls Beratungspflicht gegenüber dem Kunden zur Wahrheit, Klarheit und Vollständigkeit verpflichtet. Sie haben dem Kunden alle Informationen über die für den Vertragsabschluss beziehungsweise Anlageentschluss wesentlichen Umstände zu erteilen. Die Vermittlung muss sach- und bedarfsgerecht sein, das heißt den persönlichen Verhältnissen und Intentionen des Kunden gerecht werden. Der Verlauf und Inhalt des Vermittlungsgesprächs sind zu dokumentieren und der Firma C.-C. zur Verfügung zu stellen."

Hinsichtlich der Vergütung ist unter Ziffer 4 der allgemeinen Vertragsbestimmungen unter anderem geregelt, dass für Neugeschäfte eine Provision gezahlt werde, wobei für die Bewertung des Neugeschäfts der dem Vertrag zugrundeliegende Provisionsverteilungsschlüssel sowie der Faktorenschlüssel in der jeweils gültigen Form gelte (Ziffer 4.1.1). Ein Anspruch auf Gutschrift der Provision bestehe dann, wenn der Mitarbeiter den Antrag vermittelt und als Vermittler unterzeichnet habe, es sei denn, das etwas anderes schriftlich vereinbart worden sei. Im Übrigen gelte für die Fälligkeit der Provision die Regelung des § 87 a HGB (Ziffer 4.1.2). Am Ende eines Monats werde eine Abrechnung über die Provision des Mitarbeiters gemäß Vertrag erstellt. Die Antragstellerin rechne auch das Geschäft mit Partnergesellschaften ab, mit denen der Mitarbeiter keinen eigenen Vertrag habe. Die Leistungsabrechnung werde in dem Monat erstellt, in dem die Antragstellerin eine entsprechende Abrechnung von der jeweiligen Partnergesellschaft erhalten habe (Ziffer 4.2.2). In der Abrechnung werde ein Stornoreserveabzug der Provision vorgenommen, soweit die Partnergesellschaften nichts anderes vorschreiben würden (Ziffer 4.2.3). Bei der zunächst gutgeschriebenen Provision handele es sich um eine Vorausleistung der Antragstellerin im Vertrauen darauf, dass der Kunde die notwendigen Beiträge bezahle, die einen Anspruch auf Provision erst begründen würden. Stehe fest, dass der Kunde einen oder mehrere Beiträge nicht gezahlt habe, müssten nicht nur die Antragstellerin, sondern auch der Mitarbeiter die zu viel erhaltenen Provisionen zurückerstatten (Storno). Die Stornohaftungszeit des Mitarbeiters sei mit der der Antragstellerin bei der Partnergesellschaft identisch (Ziffer 4.2.4).

Im Hinblick auf den vereinbarten Stornoreserveabzug werde ein Stornoreservekonto für dem Mitarbeiter eingerichtet. Ein eventuelles Guthabensaldo diene dem Zweck, Storno aufzufangen, das nach dem Ausscheiden des Mitarbeiters anfalle. Ein Anspruch auf Auszahlung des Guthabensaldos bestehe erst dann, wenn sämtliche von den Mitarbeiter vermittelten Verträge aus der Stornohaftung seien und der Mitarbeiter keine weiteren Verbindlichkeiten mehr bei der Antragstellerin habe (Ziffer 4.2.7).

Herr B. schloss mit der Antragstellerin am 06.08.2009 mit Wirkung zum 27.04.2009 einen Mitarbeitervertrag, in dem vereinbart wurde, dass er Vermittler für die Antragstellerin nach § 84 Abs. 1 HGB sei. In dem Vertrag wurde geregelt, dass wesentliche Kriterien für das Bestehen dieses Vertrages die regelmäßige Teilnahme an den Ausbildungsmaßnahmen der Antragstellerin sei und als Grundlage des Vertrages die beigefügten allgemeinen Vertragsbestimmungen für Mitarbeiter der Antragstellerin, ein Provisionsverteilungsschlüssel (04.07), ein Faktorenschlüssel (01.09) und eine Provisionsliste Fondsgeschäft (11.05) seien.

Herr B. erklärte im Rahmen einer schriftlichen eidesstattlichen Versicherung vom 20.06.2018, dass er im April 2009 als freier Handelsvertreter mit der Antragstellerin einen Vertrag bezüglich der selbständigen Beratung und Vermittlung von Baufinanzierungen geschlossen habe und dass die Geschäftsbeziehung im November 2014 geendet habe. Mit den möglichen Finanzierungsinteressenten habe er selbstständig Termine zur Beratung vereinbart, wobei die Termine in der Regel bei den Kunden stattgefunden hätten. Den größten Teil seiner Tätigkeit habe er selbstständig erledigt. Es habe insoweit keine Weisungstätigkeit der Antragstellerin bestanden. Er habe mit der Antragstellerin vereinbart, dass Finanzierungsleads über Internetportale gekauft würden und dass er an den dadurch entstehenden Kosten zur Hälfte beteiligt sei. Da das anfängliche Geschäft erfolgreich, aber dennoch etwas zäh verlaufen sei, habe er die Antragstellerin um Vorschuss auf die zu erwartenden Provisionserlöse gebeten und diese auch erhalten. Während seiner Tätigkeit bis Ende 2014 habe er dann in einer Größenordnung von ca. 12,5 Millionen EUR Finanzierungsvolumen vermittelt. Diese Vermittlungen seinen mit den gezahlten Vorschüssen verrechnet worden. Durch die gezahlten Vorschüsse sei es zu einem Saldo auf seinem Provisionskonto in Höhe von 77.262,78 EUR gekommen, sodass sich ein entsprechender Rückzahlungsanspruch der Antragstellerin ergeben habe. Während seiner Tätigkeit für die Antragstellerin sei er auch für die C.E. und die E.4u. selbstständig tätig gewesen.

Die von der Antragstellerin vorgelegten Provisionsabrechnungen bezüglich der Tätigkeit des Herrn B. für das Jahr 2011 (Provisionsabrechnungen Nummer 3 bis Nummer 14) weisen jeweils Provisionszahlungen für vermittelte Verträge, Vorschusszahlungen, Beträge für Leads und teilweise sonstige Sonderbuchungen aus. Die letzte Provisionsabrechnung (Nummer 50) datiert vom 27.02.2015 und führt ein Saldo in Höhe von 77.262,58 EUR und eine Stornoreserve von 1.157,57 EUR auf. Der Finanzbuchhaltung der Antragstellerin (Konto 4760) ist zu entnehmen, dass an Herrn B. von Januar 2011 bis Oktober 2013 und von Januar 2014 bis Oktober 2014 monatliche Zahlungen erfolgten, die in der Höhe variierten und zwischen 300 EUR und 1.800 EUR lagen. Aus den Unterlagen der Antragstellerin ergibt sich ferner, dass sie Herrn B. in der Zeit vom 16.04.2012 bis zum 30.11.2014 ein von der Antragstellerin geleastes KFZ zur Verfügung stellte. Zudem legte die Antragstellerin einen an Herrn B. gerichteten Bewilligungsbescheid des JobCenters D. vom 08.04.2011 vor, mit dem Herrn B. für den Zeitraum vom 15.03.2011 bis zum 14.09.2011 nach § 16 b SGB II Einstiegsgeld in Höhe von 251,30 EUR monatlich bewilligt wurde, da er mit Beginn seiner hauptberuflichen selbstständigen Tätigkeit seine Arbeitslosigkeit beendet habe.

Die von der Antragstellerin bezüglich der Tätigkeit des Herrn K. vorgelegten Provisionsabrechnungen vom 30.06.2011, 30.07.2013, 30.08.2013, 30.09.2013, 30.10.2013, 29.11.2013 und 30.12.2013 (Abrechnungen Nummer 85 bis 90) enthalten Provisionszahlungen für vermittelte Verträge, Vorschusszahlungen, Beträge für Leads und teilweise sonstige Sonderbuchungen. Eine Provision für ein vermitteltes Geschäft wurde zuletzt in der Abrechnung für September 2013 aufgeführt. In den Abrechnungen ab September 2013 ist als Austrittsdatum der 30.09.2013 aufgeführt. In der Finanzbuchführung der Antragstellerin (Konto 4760) sind in der Zeit von Januar 2011 bis Juli 2013 monatliche Zahlungen der Antragstellerin an Herrn K. ausgewiesen, die zwischen 1.000 EUR monatlich und 3.000 EUR monatlich liegen. Für die Zeit ab September 2013 ergeben sich Ausgleichszahlungen in Höhe von 500 EUR monatlich beziehungsweise für Dezember 2013 490,42 EUR, die an die Antragstellerin geleistet wurden.

Die Antragstellerin wies Herrn K. mit Schreiben vom 29.09.2015 darauf hin, dass das Stornoreservekonto aufgebraucht sei und einen Saldobetrag in Höhe von 306,62 EUR aufweise. Gleichzeitig wurde Herr K. aufgefordert, zum Ausgleich des Saldos einen entsprechenden Betrag zu überweisen. Die Ausgleichszahlung erfolgte ausweislich eines vorgelegten Kontoauszuges am 30.11.2015. Da bis Februar 2016 erneut ein Saldo in Höhe von 336,36 EUR aufgelaufen war, wurde Herr K. mit Schreiben vom 17.02.2016 erneut von der Antragstellerin zum Ausgleich des Saldos aufgefordert, der für Herrn K. am 08.04.2016 durchgeführt wurde.

Die Finanzbuchführung der Antragstellerin enthält für weitere Mitarbeiter regelmäßige monatliche Zahlungen in dem streitigen Zeitraum von Januar 2011 bis Dezember 2014, nämlich für Herrn Dirk G., Herrn Wolfgang H., Herrn Reinhard H., Herrn Peter M., Herrn Thomas R., Herrn Manfred R., Herrn Olaf W., Herrn Michael E. und Herrn Randolf H., ferner für die Gesellschafter/Geschäftsführer Hans-Peter F., Jürgen S. und Norbert N ... Für Herrn Wolfgang H., Herrn Manfred R., Herrn Dirk G. und Herrn Michael E. liegen gleichlautende Mitarbeiterverträge beziehungsweise Änderungsverträge vor, nach denen sie als Vermittler für die Antragstellerin nach § 84 Abs. 1 HGB tätig wurden und die allgemeinen Vertragsbestimmungen für Mitarbeiterin der Antragstellerin, ein Provisionsverteilungsschlüssel, ein Faktorenschlüssel und eine Provisionsliste Fondsgeschäft als Grundlage gelten.

Die Antragsgegnerin führte bei der Antragstellerin in der Zeit vom 19.05.2015 bis zum 27.01.2016 eine Betriebsprüfung bezogen auf den Zeitraum 01.01.2011 bis 31.12.2014 durch und teilte der Antragstellerin im Rahmen einer schriftlichen Anhörung vom 27.01.2016 mit, es sei beabsichtigt, Sozialversicherungsbeiträge und Säumniszuschläge in einer Gesamthöhe von 561.444,19 EUR nachzufordern. Die Feststellungen hätten ergeben, dass für die bisher als selbstständig berücksichtigten Gesellschafter/Geschäftsführer Hans-Peter F., Jürgen S. und Norbert N. Sozialversicherungspflicht bestehe. Darüber hinaus bestehe Sozialversicherungspflicht für zahlreiche bisher als selbstständig berücksichtigte Versicherungsmakler, nämlich für Herrn Dirk G., Herrn Wolfgang H., Herrn Reinhardt H., Herrn Peter M., Herrn Thomas R., Herrn Manfred R., Herr Olaf W., Herrn Michael E., Herrn Randolf H., Herrn Detlef v. B. und Herrn Karsten K. Soweit diesen Personen von der Antragstellerin ein Firmenfahrzeug zum privaten Gebrauch überlassen worden sei, stelle dieser private Nutzungswert einen geldwerten Vorteil dar, der als sozialgversicherungspflichtiges Entgelt zu berücksichtigen sei und bei der Ermittlung des sozialversicherungspflichtigen Entgeltes hinzugerechnet worden sei.

Nach Vorlage weiterer Unterlagen durch die Antragstellerin erließ die Antragsgegnerin am 15.06.2016 einen Bescheid, mit dem sie Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 169.146,79 EUR und Säumniszuschläge in Höhe von 72.841,00 EUR nachforderte. Für die Gesellschafter/Geschäftsführer wurde im Hinblick auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung durch die Deutsche Angestelltenkrankenkasse keine Sozialversicherungspflicht mehr zugrunde gelegt. Hinsichtlich der Versicherungsmakler Reinhold H, Michael E und Peter M wurde keine versicherungspflichtige Beschäftigung mehr angenommen. Zur Begründung wurde dargelegt, dass dies durch die geforderten Unterlagen (Nachweis Befreiung von Versicherungspflicht, Nachweis von Maklernummern, etc.) nachgewiesen sei. Bezogen auf die Tätigkeiten der Versicherungsmakler Dirk G, Wolfgang H, Thomas R, Manfred R, Olaf W, Randolf H, Herrn B. und Herrn K. legte die Antragsgegnerin abhängige Beschäftigungsverhältnisse zugrunde und berechnete die Sozialversicherungsbeiträge anhand der gezahlten Vergütungen. Zur Begründung wurde ausgeführt, für ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis spreche die Weisungsgebundenheit durch den Arbeitgeber, die Eingliederung in den Betriebsablauf, keine über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehenden Befugnisse, fehlende Werbung der Beschäftigten für ihr Unternehmen, fehlende Freiheit in den unternehmerischen Entscheidungen, das vertragliche Verbot, für andere tätig werden zu dürfen, die Beschäftigung auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber, fehlende Angebote an andere Firmen, die KFZ-Gestellung durch die Antragstellerin und das fehlende unternehmerische Risiko auf Seiten der Beschäftigten. Zudem seien die betroffenen Mitarbeiter hinsichtlich ihrer Vermittlungen in das Unternehmen eingegliedert gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin am 01.07.2016 Widerspruch und trug zur Begründung vor, dass alle Mitarbeiter der Antragstellerin keinen direkten Weisungen unterliegen würden und ihre Arbeitsorganisation völlig selbstständig durchführen würden. Zudem würden sie ihren Urlaub selbstständig planen und ihre Tätigkeit in einem eigenen Büro beziehungsweise Home-Office selbstständig ausüben. Sie trügen ein eigenes wirtschaftliches Risiko, dass sich insbesondere daraus ergeben würde, dass die Mitarbeiter zur Rückzahlung der erzielten Provisionen verpflichtet seien, wenn die Kunden im Rahmen der vermittelten Geschäfte ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen würden. Die Antragstellerin legte hinsichtlich der Art und Weise der Ausübung der Tätigkeiten persönliche Erklärungen des Herrn Dirk G. vom 08.06.2016, des Herrn Wolfgang H. vom 08.06.2016, des Herrn Thomas R. vom 07.06.2016, des Herrn Olaf W. vom 12.06.2016 und des Herrn Manfred R. vom 14.06.2016 vor. Hinsichtlich der Tätigkeit des Herrn Rudolf H. wies die Antragstellerin darauf hin, dass dieser bereits seit dem 13.02.2007 nicht mehr für die Antragstellerin tätig gewesen sei, was durch entsprechende Provisionsabrechnungen und Korrespondenz aus späteren gerichtlichen Auseinandersetzungen nachgewiesen worden sei.

Mit Teilabhilfebescheid vom 08.12.2016 reduzierte die Antragsgegnerin die Nachforderung vom 241.978,79 EUR auf den Betrag von 237.198,44 EUR. Dem Widerspruch der Antragstellerin wurde insoweit stattgegeben, als die Beitragsforderung bezogen auf den am 13.02.2007 aus dem Unternehmen ausgeschiedenen Randolf H. nicht mehr geltend gemacht wurde. Im Übrigen wurde die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung mit der Begründung aufrechterhalten, dass die geforderten Nachweise (insbesondere der Nachweis der Befreiung von der Versicherungspflicht, Nachweis von Maklernummern) nicht erbracht worden sei.

Im weiteren Verlauf des Widerspruchsverfahrens legte die Antragstellerin der Antragsgegnerin bezüglich aller Tätigkeiten weitere Unterlagen vor. Hinsichtlich der Tätigkeiten des Herrn K. wurden zahlreiche Provisionsabrechnungen aus den Jahren 2011, 2013, 2015 und 2016 eingereicht. Bezüglich der Tätigkeit des Herrn B. übersandte die Antragstellerin unter anderem dessen eidesstattliche Versicherung vom 20.06.2018, zahlreiche Provisionsabrechnungen der Antragstellerin aus dem Jahr 2011 und einen Bewilligungsbescheid des JobCenters D. vom 08.04.2011.

Am 16.10.2018 erging ein weiterer Teilabhilfebescheid der Antragsgegnerin, mit dem der Nachforderungsbetrag von 237.198,44 EUR auf 51.553,08 EUR reduziert wurde. Aus den Anlagen des Bescheides ergibt sich, dass aufgrund der im Rahmen des Widerspruchsverfahrens eingereichten Unterlagen eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bezogen auf die Tätigkeiten des Herrn Dirk G., des Herrn Wolfgang H., des Herrn Thomas R., des Herrn Manfred R. und des Herrn Olaf W. nicht mehr zugrunde gelegt wurde und Sozialversicherungsbeiträge ausschließlich für die Tätigkeiten des Herrn K. für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2013 und für die Tätigkeit des Herrn. B. für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2014 nachgefordert wurden. Ferner wurden keine Säumniszuschläge mehr geltend gemacht.

Die Antragstellerin hielt ihren Widerspruch aufrecht, soweit ihm nicht abgeholfen worden war, und machte ergänzend geltend, dass sich die Tätigkeiten des Herrn B. und des Herrn K. in keiner Weise von den Tätigkeiten der anderen Mitarbeiter unterscheiden würde, sodass in keiner Weise erkennbar sei, aus welchen Gründen die Antragsgegnerin insoweit zu unterschiedlichen sozialversicherungsrechtlichen Bewertungen gekommen sei. Die zugrundeliegenden Vertragsverhältnisse seien identisch. Hinsichtlich der Tätigkeit des Herrn K. wurde nochmals darauf hingewiesen, dass dieser ein eigenes Gewerbe für den Bereich Versicherungen und Bausparverträge ausübe und seit dem Jahr 2013 für ein weiteres Unternehmen (C.-E.) tätig sei. Aus den vorgelegten Provisionsabrechnungen ergebe sich, dass Herr K. ein wirtschaftliches Risiko trage, da die Provisionen erfolgsabhängig seien und bei Stornierung der vermittelten Verträge diese zurückzuzahlen seien. Bezogen auf die Tätigkeit des Herrn B. sei zu berücksichtigen, dass dieser für zwei weitere Unternehmen, nämlich für die C.-E. und für die E.4u. selbstständig tätig sei. Auch Herr B. habe ein erhebliches wirtschaftliches Risiko getragen, weil dessen Vergütung erfolgsabhängig gewesen sei und bei Stornierung der vermittelten Geschäfte zurückzuzahlen gewesen sein. Dementsprechend habe sich bei Beendigung seiner Tätigkeit für die Antragstellerin im November 2014 eine Rückzahlungsforderung der Antragstellerin in Höhe von 77.262,78 EUR gegenüber Herrn B. ergeben. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit vom JobCenter als selbständige Tätigkeit berurteilt worden sei, was Voraussetzung für die Bewilligung des Einstiegsgeldes nach § 16 b SGB II gewesen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.08.2019 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch der Antragstellerin zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Antragsgegnerin sei nach umfangreichen Ermittlungen zu dem Ergebnis gelangt, dass Herr B. und Herr K. als abhängig Beschäftigte zu beurteilen seien. Insbesondere der Umstand, dass im Gegensatz zu den anderen Personen für Herrn B. und Herrn K. kein unternehmerisches Risiko festgestellt werden konnte, spreche für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Herr B. und Herr K. hätten keine eigene Betriebsstätte unterhalten und Herrn B. sei sogar ein eigener Dienstwagen der Antragstellerin zur Verfügung gestellt worden, was wesentliche Kriterien für eine abhängige Beschäftigung seien. Der Umstand, dass Herr B. und Herr K. auch für andere Auftraggeber tätig gewesen seien, sei nicht von wesentlicher Bedeutung, da es unerheblich sei, ob und in welchem Umfang der Auftragnehmer in tatsächlicher Hinsicht für andere Auftraggeber tätig geworden sei. Die Frage der abhängigen Beschäftigung sei im Rahmen der jeweiligen Vertragsbeziehung zu prüfen.

Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin am 29.08.2019 Klage vor dem Sozialgericht Duisburg (Aktenzeichen S 10 BA xx/19) erhoben und am 05.09.2019 beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen. Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, die Tätigkeiten des Herrn B. und des Herrn K. seien als selbstständige Tätigkeiten zu beurteilen. Es sei in keiner Weise erkennbar, inwieweit sich deren Tätigkeiten von den Tätigkeiten der anderen Mitarbeiter unterscheiden würden, die die Antragsgegnerin im Rahmen des Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren als selbständige Tätigkeiten beurteilt habe. Den Tätigkeiten des Herrn B. und des Herrn K. hätte derselbe Vertrag zugrunde gelegen und sie hätten dieselben Tätigkeiten ausgeübt wie die anderen Mitarbeiter. Auch hinsichtlich des wirtschaftlichen Risikos der Tätigkeiten würden keine Unterschiede zu den anderen Mitarbeitern bestehen. Gegen eine Beschäftigung würde insbesondere sprechen, dass sämtliche Mitarbeiter keinen direkten Weisungen unterliegen würden und sie ihre Arbeitsorganisation einschließlich ihres Urlaubes völlig selbstständig planen und durchführen würden.

Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15.06.2016 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 08.12.2016 und vom 16.10.2018 und des Widerspruchsbescheides vom 15.08.2019 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Sie verweist zur Begründung auf die rechtlichen Ausführungen im Widerspruchsbescheid und ist der Ansicht, dass bei Herrn B. und Herrn K. im Gegensatz zu den anderen Personen nach dem Gesamtbild ihrer Tätigkeiten mehr Kriterien für eine Beschäftigung als für eine selbstständige Tätigkeit sprechen würden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Antragsgegnerin verwiesen.

Gründe

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist zulässig und begründet.

Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen eine Klage keine aufschiebende Wirkung hat, diese ganz oder teilweise anordnen. Die Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 15.06.2016 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 08.12.2016 und vom 16.10.2018 und des Widerspruchsbescheides vom 15.08.2019 hat keine aufschiebende Wirkung, da diese bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags-, und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten nach § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfällt.

Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Aufschubinteresses der Antragstellerin einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen und ob die Vollziehung für die Antragstellerin eine unbillige, nicht durch Überwiegen der öffentlichen Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Da § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko grundsätzlich auf den Adressaten des Bescheides verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg der Klage überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffend sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (LSG NRW Beschluss vom 14.02.2011 L 8 R 833/10 B ER; LSG NRW Beschluss vom 05.11.2008 L 16 B 7/08 R ER; Meyer-Ladewig Kommentar zum SGG § 86 a Rn 27 a).

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 4 in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) sind die Angaben glaubhaft zu machen, das heißt es genügt, dass die Tatsachen überwiegend wahrscheinlich sind (Vergleiche Meyer-Ladewig Kommentar zum SGG § 86 b Rn 41 mwN).

Unter Heranziehung dieser Grundsätze war die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, da nach der im einstweiligen Rechtschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht.

Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des Prüfbescheides der Antragsgegnerin ist § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur versicherungspflichtigen Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Gegenstand der Prüfung ist die ordnungsgemäße Erfüllung der Meldepflichten und der sonstigen Pflichten der Arbeitgeber, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen. Dabei prüfen die Rentenversicherungsträger insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen (§ 28 p Abs. 1 Satz 1 SGB IV).

Die Antragsgegnerin hat mit dem angefochtenen Bescheid beanstandet, dass die Antragstellerin für Herrn B. und Herrn K. für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2014 beziehungsweise vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2013 keine Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zugrunde gelegt und keine Pflichtbeiträge zur Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung entrichtet habe. Nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung sprechen deutlich mehr Gesichtspunkte für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und die darin vorgenommene Bewertung, dass Herr B. und Herr K. im Betrieb der Antragstellerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses mitgearbeitet haben.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Danach ist jeweils Voraussetzung das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Beschäftigung voraus, dass eine persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber besteht. Persönliche Abhängigkeit erfordert eine Eingliederung in den Betrieb und die Unterordnung unter ein Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassendes Weisungsrechts des Arbeitgebers. Insbesondere bei Diensten höherer Art kann dieses Weisungsrecht erheblich eingeschränkt und zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein. Auch bei Diensten höherer Art muss eine fremdbestimmte Dienstleistung verbleiben, das heißt die Dienstleistung muss zumindest in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; BSG SozR 3-4100 § 104 Nr. 8).

Demgegenüber ist die selbstständige Tätigkeit in erster Linie durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen freigestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet (SGB SozR 3-2400 § 7 Nr. 8). Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, zum Beispiel auch die vertragliche Ausgestaltung des Verhältnisses. Ausgangspunkt ist zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, sowie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt.

Nach diesen Grundsätzen ist auch zu beurteilen, ob jemand als selbstständiger Handelsvertreter oder als abhängig Beschäftigter zu beurteilen ist. Bei Handelsvertretern sind bei der Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung zusätzlich die spezifischen gesetzlichen Regelungen in § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB zu berücksichtigen. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung darf im Sozialversicherungsrecht an den Begriff der Selbstständigkeit im Handelsgesetzbuch jedenfalls dann angeknüpft werden, wenn er beim Handelsvertreter den gleichen Inhalt hat (Vergleichs BSG Urteil vom 10.05.2006 B 12 RA 2/05 R; BSG Urteil vom 22.06.2005 B 12 KR 28/03 R; BSG Urteil vom 29.01.1981 B 12 R K 63/79). Danach gilt als Handelsvertreter, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbstständig ist, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (§ 84 Abs. 1 Satz 2 HGB). Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so ist ein mit der Vermittlung von Geschäften für einen Unternehmer betrauter dessen Handlungsgehilfe (§ 59 HGB) und gilt auch dann als solcher, wenn eine entsprechender Anstellungsvertrag fehlt (§ 84 Abs. 2 HGB). Entscheidend für die Abgrenzung ist das Maß an persönlicher Freiheit, dass dem Dienstpflichtigen bei seiner Tätigkeit eingeräumt ist. Kann er seine Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten, ist er selbstständiger Handelsvertreter, im anderen Fall ist er Handlungsgehilfe. Außer den in § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB genannten Merkmalen können weitere Umstände von Bedeutung sein, soweit sie als Indizien für das Vorliegen der ausdrücklich im Gesetz geregelten Merkmale der Selbstständigkeit anzusehen sind oder sich schon aus der Unternehmereigenschaft des Handelsvertreters ergeben. Zu ihnen gehört insbesondere das Unternehmerrisiko, das als Gegenstück zur unternehmerischen Tätigkeitsfreiheit im Unternehmerbegriff mit enthalten ist (vgl. BSG Urteil vom 29.01.1981 – 12 RK 63/79).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist festzustellen, dass nach dem derzeitigen Erkenntnisstand die Gesichtspunkte, die für eine selbstständige Tätigkeit des Herrn B. und des Herrn K. sprechen deutlich überwiegen. Dem gegenüber treten die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung deutlich in den Hintergrund.

1. Das Gericht legt seiner Beurteilung das Vertragsverhältnis zugrunde, das sich aus den vorliegenden Mitarbeiterverträgen und den zum Gegenstand der Verträge gemachten allgemeinen Vertragsbestimmungen für Mitarbeiter der Antragstellerin, dem Provisionsverteilungsschlüssel, dem Faktorenschlüssel und der Provisionsliste Fondsgeschäft ergibt. Für den Mitarbeiter B. liegt der zwischen der Antragstellerin und Herrn B. geschlossene Vertrag vom 31.07.2009 vor. Da die zahlreichen für Herrn K vorgelegten Provisionsabrechnungen denen des Herrn B. und der anderen Mitarbeiter in den Details entsprechen, ist die Angabe der Antragstellerin, dass auch mit Herrn K. ein entsprechender Mitarbeitervertrag geschlossen wurde, überwiegend wahrscheinlich und damit glaubhaft gemacht.

Die Vertragsbeziehung zwischen der Antragstellerin und Herrn B. beziehungsweise Herrn K. ist dadurch gekennzeichnet, dass Herr B. und Herr K. in dem streitigen Zeitraum für die Antragstellerin als Vermittler tätig geworden sind. Gegenstand des Unternehmens der Antragstellerin ist die Vermittlung von Versicherungen, Immobilien, Finanzierungen, Bausparverträgen und Kapitalanlagen im eigenen Namen für eigene und fremde Rechnung und eine entsprechende Maklertätigkeit. Dabei kooperiert die Antragstellerin auf der Grundlage von Vertriebsvereinbarungen mit Partnern, die ihrerseits Vertragsbeziehungen zu verschiedenen Gesellschaften aus dem Finanzbereich unterhalten, insbesondere zu Versicherungen, Investmentgesellschaften, Banken, Bausparkassen und ähnlichen Produktpartnern. Im Rahmen dieser Kooperationen wird die Antragstellerin selbst als Vermittlerin tätig und vermittelt im eigenen Namen Produkte und Dienstleistungen aus dem Angebot der Produktpartner. Die Abwicklung der Geschäfte mit den jeweiligen Produktpartnern sowie die Abrechnung und Auszahlung von Courtagen und Provisionen erfolgen über die Vertriebspartner der Antragstellerin.

Das Vertragsverhältnis der Antragstellerin zu Herrn B. und Herrn K. ist nach den allgemeinen Vertragsbestimmungen (Ziffer 2.1) dadurch gekennzeichnet, dass durch Herrn B. und Herrn K. die Vermittlung von Bausparverträgen, Versicherungsverträgen, Kapitalanlagen, Investmentfonds, etc. für die mit der Antragstellerin durch Organisationsverträge verbundenen Gesellschaften erfolgt, wobei die Verträge – vorbehaltlich einer anderen ausdrücklichen Regelung – nur im Namen und für Rechnung der Antragstellerin vermittelt werden. Eine Leistungsabrechnung über die an Herrn B. und Herrn K. zu zahlenden Provisionen wird in dem Monat erstellt, in dem die Antragstellerin eine entsprechende Abrechnung von der jeweiligen Partnergesellschaft erhalten hat (Ziffer 4.2.2). Aufgrund dieses abgestuften Geschäftskonzeptes stellt die Antragstellerin ihren Mitarbeitern die zur Versicherungsvermittlung erforderlichen Unterlagen der jeweiligen Produktpartner zur Verfügung. Kommt es durch die Mitarbeitertätigkeit des Herrn B. beziehungsweise des Herrn K. zu einem Vertragsabschluss zwischen deren Kunden und einer Versicherungsgesellschaft, erwirbt die Antragstellerin einen Courtageanspruch gegenüber ihren Vertriebspartnern, an dem sie Herrn B. und Herrn K. nach Maßgabe der in Bezug genommenen Provisionsverteilungs- und Faktorenschlüsseln teilhaben lässt.

2. Die Vertragsbeziehung zwischen der Antragstellerin und Herrn B. bzw. Herrn K. war in dem streitigen Zeitraum entscheidend durch Umstände geprägt, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen.

a) Für eine selbstständige Tätigkeit spricht der Gesichtspunkt, dass Herr B. und Herr K. hinsichtlich der Arbeitszeit keinem Weisungsrecht der Antragstellerin unterlagen. In den allgemeinen Vertragsbestimmungen ist ausdrücklich geregelt, dass die Mitarbeiter ihre Arbeitszeit selbst bestimmen können. Weder aus der eidesstattlichen Versicherung des Herrn B. vom 20.06.2018 noch durch die schriftlichen Erklärungen anderer Mitarbeiter ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin irgendwelche Vorgaben hinsichtlich Lage und Dauer der Arbeitszeit gemacht hat.

b) Herr B. und Herr K. war kein bestimmter Arbeitsplatzort vorgegeben, sodass ein entsprechendes Weisungsrecht der Antragstellerin nicht bestand. Die allgemeinen Vertragsbestimmungen enthalten keine Regelung darüber, wo die Vermittler ihre Tätigkeit auszuüben haben. Herr B. hat insoweit angegeben, dass er selbstständig Beratungstermine mit den Kunden vereinbart habe, die in der Regel bei den Kunden stattgefunden hätten. Den größten Teil seiner weiteren Tätigkeit habe er selbstständig zuhause erledigt. Dies entspricht den Angaben, die weitere Mitarbeiter wie Herr Wolfgang H. und Herr Thomas R. in schriftlichen Erklärungen gemacht haben. Somit ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Weisungsgebundenheit der Mitarbeiter hinsichtlich des Arbeitsortes.

c) Herr B. und Herr K. konnten ihre Tätigkeiten im Wesentlichen frei gestalten und unterlagen keinem Weisungsrecht hinsichtlich der Art und Weise der Ausübung ihrer Tätigkeit. Dies ergibt sich aus den allgemeinen Vertragsbestimmungen, wo insoweit geregelt ist, dass die Mitarbeiter ihre Tätigkeit im Rahmen der von der Antragstellerin gesetzten allgemeinen Bedingungen frei gestalten können (Ziffer 2.1). Dies wird bestätigt durch die schriftliche Angabe des Herrn B., dass er in seinem Handeln immer frei gewesen sei und die Antragstellerin keine Weisungstätigkeit ausgeübt habe.

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass ein selbstständiger Handelsvertreter nach § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB bei der Gestaltung seiner Tätigkeit nur "im Wesentlichen" frei zu sein braucht. Das bedeutet, dass Einschränkungen in der Gestaltungsfreiheit der Tätigkeit zulässig sind, solange die Einschränkungen seine Selbstständigkeit nicht in ihrem Kerngehalt beeinträchtigen. Dass auch dem Handelsvertreter Weisungen erteilt werden können, folgt schon daraus, dass er in einer ständigen Vertragsbeziehung zu einem anderen Unternehmer steht, für den er tätig ist und dessen Interessen er wahrzunehmen hat (§ 86 Abs. 1 HGB). Als Geschäftsbesorgung im Sinne des § 675 BGB unterliegt seine Tätigkeit bestimmten Vorschriften des Auftragsrechts, vor allem der Vorschrift des § 665 BGB. Dieser regelt das Recht des Beauftragten, von den Weisungen des Auftraggebers abzuweichen, setzt damit grundsätzlich eine Bindung an dessen Weisungen voraus. Die rechtliche Selbstständigkeit des Handelsvertreters würde dadurch nicht aufgehoben, dass er auch an Weisungen des Unternehmers gebunden ist. Erst wenn das Weisungsrecht vertraglich so stark ausgestaltet ist, dass der Beauftragte seine Tätigkeit und seine Arbeitszeit wie ein Angestellter einrichten muss, kann er nicht mehr als selbstständig und damit als Handelsvertreter angesehen werden (vgl. BSG Urteil vom 29.01.1981 – 12 RK 63/69 mbN).

Die Regelung in den allgemeinen Vertragsbestimmungen, wonach die Mitarbeiter im Rahmen ihrer Aufklärungs- und gegebenenfalls Beratungspflichten gegenüber dem Kunden zur Wahrheit, Klarheit und Vollständigkeit verpflichtet sind und dem Kunden alle Informationen über die für den Vertragsabschluss beziehungsweise Anlageentschluss wesentlichen Umständen mitzuteilen habe, stellt keine Einschränkung der Selbstständigkeit in ihrem Kerngehalt dar, sondern trägt dem Gesichtspunkt Rechnung, dass ein Handelsvertreter die Interessen desjenigen wahrzunehmen hat, für den er tätig ist (§ 86 Abs. 1 HGB). Dies gilt auch für die Vorgabe, dass die Vermittlung sach- und bedarfsgerecht sein müsse, das heißt den persönlichen Verhältnissen und Intentionen des Kunden gerecht werden müsse und der Verlauf und der Inhalt des Vermittlungsgesprächs zu dokumentieren und der Antragstellerin zur Verfügung zu stellen sei. Die Regelung, dass im Rahmen der Vermittlungstätigkeit ausschließlich die von den Partnergesellschaften oder von der Antragstellerin erstellten beziehungsweise genehmigten Unterlagen zu verwenden seien, entspricht der in § 86 a Abs.1 und Abs.2 HGB geregelten Verpflichtung des Unternehmers, dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen und die erforderlichen Nachrichten zu geben (vgl. BAG Urteil vom 15.12.1999 – 5 AZR 3/99).

Soweit in den Mitarbeiterverträgen geregelt ist, dass wesentliches Kriterium für das Bestehen des Vertrages die regelmäßige Teilnahme an den Ausbildungsmaßnahmen der Antragstellerin sei, ergibt sich auch daraus keine Weisungsgebundenheit der Tätigkeiten des Herrn B. und des Herrn K ... Zum einen ist die Teilnahme an Ausbildungsmaßnahmen, die bei Handelsvertretern regelmäßig der Vorstellung neuer Versicherungsangebote bzw. neuer Finanzprodukte sowie neuer Tarife dienen, nur ein Nebenaspekt der Tätigkeit. Zudem sind entsprechende Produktschulungen auch für selbstständige Handelsvertreter durchaus üblich und konkretisieren die in § 86 a Abs. 1 und Abs. 2 HGB geregelte Verpflichtung des Unternehmers, dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen und die erforderlichen Nachrichten zu geben (vgl. BAG Urteil vom 15.12.1999 – 5 AZR 3/99).

d) Für eine selbstständige Tätigkeit des Herrn B. und Herrn K. spricht der Umstand, dass sie in keiner Weise in die betriebliche Organisation der Antragstellerin eingebunden waren. Weder aus den in Bezug genommenen allgemeinen Vertragsbestimmungen noch aus den schriftlichen Angaben des Herrn B. ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass Herr B. und Herr K. beispielsweise durch Arbeitsplätze am Sitz der Antragstellerin oder durch Wahrnehmung von leitenden oder koordinierenden Aufgaben in die Betriebsstruktur beziehungsweise Administration der Antragstellerin stärker eingebunden waren.

e) Herr B. und Herr K. trugen ein eigenes Unternehmerrisiko, was als Indiz für eine selbstständige Tätigkeit zu werten ist. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht maßgebliches Kriterium für ein Unternehmerrisiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, das heißt der Erfolg des Einsatzes der sachlichen und persönlichen Mittel ungewiss ist. Ein wichtiges Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit ist die Übernahme eines Unternehmerrisikos nur dann, wenn damit tatsächlich auch Chancen und nicht nur Risiken bei der Einkommenserzielung verbunden sind, das heißt damit eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten einhergeht (vgl. BSG Urteil vom 11.03.2009 – B 12 KR 21/07 R; BSG Urteil vom 28.05.2008 – B 12 KR 13/07 R). Hinsichtlich des Einsatzes eigenen Kapitals beziehungsweise eigener Betriebsmittel ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Tätigkeit eines Vermittlers im Bereich Versicherungen, Bausparverträgen und Finanzierungen um eine betriebsmittelarme Tätigkeit handelt, da sich die Betriebsmittel im Wesentlichen auf die Einrichtung eines häuslichen Büroarbeitsplatzes beschränkt. Bei betriebsmittelarmen Tätigkeiten spricht der Umstand, dass kein oder nur ein geringer Kapitaleinsatz erfolgt, entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht gegen das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit (vgl. für Lehrertätigkeiten: BSG Urteil vom 30.10.2013 – B 12 R 3/12 R). Ein Unternehmerrisiko lag bei Herrn B. und Herrn K. insoweit vor, als sie das Risiko trugen, Arbeitszeit und Arbeitskraft zu investieren, ohne Geschäfte für die Antragstellerin vermitteln zu können und ohne einen entsprechenden Provisionsanspruch erwerben zu können. Weder aus den allgemeinen Vertragsbestimmungen noch aus dem schriftlichen Vortrag des Herrn B. ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass Herr B. oder Herr K. eine erfolgsunabhängige Vergütung erhalten haben. Vielmehr ist in den allgemeinen Vertragsbestimmungen in Ziffer 4.1.2 und 4.2.2 geregelt, dass ein Anspruch auf Gutschrift der Provision nur dann besteht, wenn ein Geschäft vermittelt ist und die Antragstellerin eine entsprechende Abrechnung von der jeweiligen Partnergesellschaft erhalten hat. Nach den schriftlichen Angaben des Herrn B. erhielt dieser Vorschüsse auf die zu erwartenden Provisionserlöse, die in vollem Umfang mit den erzielten Provisionen verrechnet wurden. Dass es sich entsprechend der Angaben des Herrn B. tatsächlich um Vorschusszahlungen gehandelt hat und nicht um die Zahlung eines Provisionsfixums, wird durch den Umstand bestätigt, dass sich im November 2014 bei Beendigung seiner Tätigkeit für die Antragstellerin ein Saldo zu seinen Ungunsten in Höhe von 77.262,58 EUR ergab und eine entsprechende Rückzahlungsforderung der Antragstellerin gegenüber Herrn B. geltend gemacht wurde. Aus den vorgelegten Provisionsabrechnungen des Herrn K. ergibt sich, dass auch an Herrn K. Provisionsvorschüsse gezahlt wurden, die auf die erzielten Provisionen angerechnet wurden. Auch insoweit ist durch die Unterlagen belegt, das ein zu Ungunsten des Herrn K. entstandener Saldo in den Monaten September, Oktober, November und Dezember 2013 durch Ausgleichszahlungen des Herrn K. in Höhe von 500 EUR monatlich bzw. im Dezember 2013 in Höhe von 490,42 EUR ausgeglichen wurden.

Ein weiteres wirtschaftliches Risiko trugen Herr B. und Herr K. insoweit, dass der Provisionsanspruch davon abhängig gemacht wurde, dass im Rahmen der von ihnen vermittelten Geschäfte die Kunden die geschuldeten Beiträge innerhalb der Stornohaftungszeit tatsächlich zahlten. Ein Provisionsanspruch bestand jeweils nur im Verhältnis der Zahlungen der Beiträge während der Stornohaftungszeit. Wenn feststand, dass ein Kunde einen oder mehrere Beiträge nicht gezahlt hatte, mussten Herr B. und Herr K. die zu viel erhaltenen Provisionen zurückerstatten. Für die Erstattungsforderungen wurde ein Stornoreserveabzug vorgenommen und auf ein Stornoreservekonto eingezahlt. Reichte das Guthaben aus dem Stornoreservekonto nach dem Ausscheiden eines Mitarbeiters nicht aus, um das Storno abzudecken, war der Mitarbeiter zum Ausgleich verpflichtet. Dementsprechend sind gegenüber Herrn K. noch nach Beendigung der Geschäftsbeziehung Provisionen von der Antragstellerin zurückgefordert worden, nämlich im September 2015 ein Betrag von 306,62 EUR und im Februar 2016 ein Betrag von 336,36 EUR. Im Ergebnis trugen Herr B. und Herr K. das Risiko, einen verminderten Vergütungsanspruch für ihre Vermittlungstätigkeit und die insoweit investierte Arbeitszeit und Arbeitskraft zu erwerben, weil der Kunde seinen Leistungspflichten aus dem vermittelten Geschäft dauerhaft nicht nachkam. Da dieses Risiko seit Beginn der Zusammenarbeit mit der Antragstellerin Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung zwischen der Antragstellerin und Herrn B. und bzw. Herrn K. war, handelt es sich entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin um einen berücksichtigungsfähigen Umstand. Dem steht die von der Antragsgegnerin herangezogene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Rücknahme von Befreiungsbescheiden für die Vergangenheit und der in diesem Zusammenhang entwickelte Grundsatz, dass die Beurteilung von Versicherungsverhältnissen grundsätzlich rückwirkend nicht geändert werden soll, nicht entgegen (vgl. BSG Urteil vom 08.12.1999 – B 12 KR 12/99 R).

f) Der Umstand, dass Herr B. und Herr K. im Rahmen ihrer Vermittlungstätigkeit ausschließlich die von den Partnergesellschaften oder die von der Antragstellerin erstellten beziehungsweise genehmigten Unterlagen für den Verkauf zu verwenden hatten und es ihnen untersagt war, Kunden irgendwelche Sondervergünstigungen, insbesondere den völligen oder teilweisen Erlass von Beiträgen, vorgeschriebenen Gebühren oder sonstigen Aufwendungen zu gewähren oder zuzusagen (Ziffer 3.7 der allgemeinen Vertragsbestimmungen), spricht nicht gegen die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit. Eine freie Preisgestaltung ist keine Voraussetzung für eine Tätigkeit als selbstständiger Handelsvertreter. Vielmehr ist das Recht zur eigenständigen Preisgestaltung eher untypisch für die Stellung als Handelsvertreter (vgl. LSG Baden-Württemberg Urteil vom 22.01.2016 – L 4 R 2796/15 mwN).

g) Der Gesichtspunkt, dass Herr B. und Herr K. verpflichtet waren, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen, die alle sich aus der gewerblichen Handelsvertretertätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren abzudecken hatte, stellt lediglich ein geringes Indiz für eine selbstständige Tätigkeit dar (vgl. Bayrisches LSG Urteil vom 28.09.2017 – L 7 R 5059/16). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf die Haftung von Arbeitnehmern für Pflichtverletzungen im Rahmen des vom Bundesarbeitsgericht entwickelten dreistufigen Haftungsmodelles der Abschluss von Berufshaftpflichtversicherungen auch bei abhängig Beschäftigten nicht untypisch ist (vgl. LSG NRW Beschluss vom 04.09.2013 – L 8 R 462/13 B ER; LSG NRW Urteil vom 30.08.2017 – L 8 R 962/15).

h) Keine indizielle Wirkung für eine selbstständige Tätigkeit kommt den Vertragsklauseln zu, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer– bzw. Beschäftigtenstatus anknüpfende arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen beziehungsweise zu vermeiden, da sie ausschließlich Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien zulassen, eine Beschäftigung auszuschließen (vgl. BSG Urteil vom 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R). Insoweit kommt den Regelungen, dass Herr B. und Herr K. für die Erfüllung ihrer steuerlichen Verpflichtungen einschließlich der gegebenenfalls vorzunehmenden Abführung der Umsatzsteuer selbst verantwortlich seien und für Sozialversicherungen selbst sorgen müssen, sowie den fehlenden Regelungen bezüglich der Gewährung von Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall und Urlaub bzw. Urlaubsgeld im Rahmen der nach § 7 Abs. 1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung zu.

i) Soweit in den allgemeinen Vertragsbestimmungen, die den Verträgen des Herrn B. und Herrn K. zugrunde lagen, ein Wettbewerbsverbot geregelt war, steht dies der Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit nicht entgegen. Herr B. und Herr K. war es danach ausschließlich erlaubt, Verträge mit den Partnergesellschaften der Antragstellerin im Rahmen und für Rechnung der Antragstellerin zu vermitteln (Ziffer 2.1). Ohne ausdrücklichen Auftrag durften keine direkten Kontakte mit den Firmen und Gesellschaften aufgenommen werden, zu denen die Antragstellerin eigene vertragliche Beziehungen unterhielt. Das Gesetz sieht in § 92 a Abs. 1 Satz 1 HGB als selbstständige Handelsvertreter auch diejenigen an, die vertraglich nicht für weitere Unternehmen tätig sein dürfen. Ein solches Wettbewerbsverbot folgt zudem unmittelbar aus der Interessenwahrnehmungspflicht des § 86 Abs. 1 HGB und steht der Selbstständigkeit des Handelsvertreters nicht entgegen (vgl. BAG Urteil vom 15.12.1999 – 5 AZR 3/99). Zudem war es Herrn B. und Herrn K. ausdrücklich erlaubt, in anderen Bereichen eine geschäftliche Tätigkeit für beliebige Unternehmen auszuüben (Ziffer 2.1).

3. Die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände sind nicht in einem Maße vorhanden, dass sie die vorangegangenen Umstände im Rahmen der Gesamtwürdigung aller für die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung relevanten Umstände überwiegen würden.

a) Ein Indiz für eine abhängige Beschäftigung des Herrn B. ist der Umstand, dass Herrn B. von der Antragstellerin ein Kraftfahrzeug zur Verfügung gestellt wurde. In diesem Zusammenhang ist in Ziffer 2.2 der allgemeinen Vertragsbestimmungen geregelt, dass zur erfolgreichen Erfüllung der Aufgaben eines Vermittlers für die Antragstellerin der Einsatz eines Kraftfahrzeuges unerlässlich sei. Die Stellung eines PKW zur Ausübung einer Tätigkeit ist typisch für abhängige Beschäftigungsverhältnisse. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine Kostenbeteiligung des Herrn B. nicht vorgesehen war.

b) Auch der Umstand, dass nach der eidesstattlichen Versicherung des Herrn B. die Antragstellerin die Hälfte der Kosten für die von Herrn B. erworbenen Finanzierungsleads getragen hat, führt zu einer Einschränkung des unternehmerischen Risikos des Herrn B ... Da Provisionsabrechnungen des Herrn K. ebenfalls Soll-Stellungen für Leads enthalten, ist davon auszugehen, dass es entsprechende Absprachen auch mit Herrn K gab. Ein Lead ist ein qualifizierter Kontakt mit einem Interessenten, der sich zum einen für ein Unternehmen oder ein Produkt interessiert und der zum anderen dem Werbungtreibenden seine Adressdaten für einen weiteren Dialogaufbau überlässt und daher mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Kunden wird. Leads in hoher Datenqualität zu generieren ist eine fundamentale Aufgabe zur Neukundengewinnung (https://de.wikipedia.org/wiki/leadgenerierung). Daraus ergibt sich, dass es sich beim Kauf von Baufinanzierungen-Leads um typische Investitionen zur Neukundengewinnung handelt. Diese für eine selbstständige Tätigkeit typischen Investitionen wurden Herrn B. und Herrn K. teilweise abgenommen, indem die Antragstellerin die Hälfte dieser Investitionskosten übernahm. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu berücksichtigen, dass Herr B. und Herr K. andere wesentliche unternehmerischen Risikos getragen haben, insbesondere das Risiko, trotz Erwerbs von Finanzierungsleads und trotz erheblichen Einsatzes von Arbeitskraft und Arbeitszeit nicht genügend Neukunden akquirieren zu können und keinen Provisionsanspruch durch erfolgreiche Vermittlungen zu erwerben.

4. In der Gesamtabwägung überwiegen aufgrund der freien Bestimmung der Arbeitszeit und des Arbeitsortes, der im wesentlichen freien Bestimmung der Gestaltung der Tätigkeit, der fehlenden Einbindung des Herrn B. und des Herrn K. in die betriebliche Organisation der Antragstellerin und des weitgehenden eigenen Unternehmerrisikos des Herrn B. und des Herrn K. deutlich die Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen. Dementsprechend ist die sozialgerichtliche Rechtsprechung bei Vermittlungstätigkeiten bezogen auf Finanzdienstleistungen und Versicherungen von selbstständigen Tätigkeiten ausgegangen (vgl. BSG Urteil vom 09.11.2011 – B 12 R 1/10 R; Bayrisches LSG Urteil vom 03.06.2016 – L 1 R 679/14; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 01.02.2011 – L 11 R 2461/10).

Da deutlich mehr Gesichtspunkte für die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sprechen als dagegen, war die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

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