LG Arnsberg, Beschluss vom 11.05.2020 - 5 T 15/20
Fundstelle
openJur 2021, 3839
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 2 XVII 100/18
Tenor

Die Beschwerde vom 19.12.2019 gegen den Beschluss des Amtsgerichts N vom 27.11.2019 (2 XVII 100/18) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beschwerdeführer zu tragen.

Gründe

I.

Am 19.10.2018 ging bei dem Amtsgericht N ein Antrag auf Einrichtung einer Betreuung für Herrn U ein. Herr U, der eine Begutachtung verweigerte, erschien am 30.01.2019 mit seinem Rechtsanwalt, Herrn O aus C, zu dem Gespräch mit der Betreuungsstelle des I hinsichtlich der Erforderlichkeit einer gesetzlichen Betreuung. Mit Beschluss vom 06.02.2019 lehnte das Amtsgericht N - Betreuungsgericht - die Einrichtung einer Betreuung ab und sah von einer Erstattung außergerichtlicher Kosten des Betroffenen ab, insoweit wird auf den Beschluss vom 06.02.2019 Bezug genommen (Bl. 15 d.A.). Am 09.02.2019 ging bei dem Amtsgericht der Antrag des Verfahrensbevollmächtigten des Herrn U ein, mit welchem dieser seine Beiordnung sowie die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe beantragte. Der Beschluss des Amtsgerichts N vom 06.02.2019 war dem Verfahrensbevollmächtigten frühestens am 14.02.2019 bekannt. Unter dem 26.04.2019 bewilligte das Amtsgericht N Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt O (Bl. 29 d.A.).

Einen Antrag nach § 307 FamFG nahm der Verfahrensbevollmächtigte im weiteren Verlauf des Verfahrens zunächst zurück, nachdem ihm die Stellungnahme der Bezirksrevisiorin bei dem Landgericht B zugesandt wurde (Bl. 41 d.A.). Nachdem das Amtsgericht den Geschäftswert des Verfahrens auf 5.000,00 € festgesetzt hatte, reichte der Verfahrensbevollmächtigte mit Schreiben vom 31.08.2019 seine Gebührenrechnung in Höhe von 901,43 € ein und beantragte die entsprechende Kostenfestsetzung.

Unter dem 07.09.2019 stellte der Verfahrensbevollmächtigte unter der Erklärung nach § 55 FamFG, einen erneuten Antrag nach § 307 FamFG und beantragte zudem die weitere Vergütung nach § 50 Abs. 1 S. 1, S. 2, Abs. 2 RVG festzusetzen. Seinen Antrag begründete er damit, dass es der Billigkeit entspreche, in diesem Verfahren die Kosten der Staatskasse aufzuerlegen, da die Anregung der Einrichtung der Betreuung letztlich auf einer fehlgeleiteten Vermutung der LWL-Klinik beruhte.

Mit Verfügung vom 20.09.2019 wies das Amtsgericht darauf hin, dass für eine Anordnung der Erstattung der Auslagen des Betroffenen kein Raum sei, da vorliegend Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden sei.

Der Bezirksrevisior bei dem Landgericht B hat unter dem 28.10.2019 Stellung genommen und beantragt, den Antrag nach § 307 FamFG zurückzuweisen. Hinsichtlich der Gebührenrechnung wies er darauf hin, dass keine Gebühren entstanden seien, da die Beiordnung (unrechtmäßigerweise) nach Verfahrensabschluss erfolgt sei. Hinsichtlich der Einzelheiten wird insoweit auf die Stellungnahme vom 28.10.2019, Bl. 67 ff. d.A. Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 27.11.2019 wies das Amtsgericht den Antrag auf Kostenauferlegung auf die Staatskasse vom 07.09.2019 zurück.

Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, dass bereits in dem Beschluss vom 06.02.2019 eine rechtskräftige Kostenentscheidung gefasst worden sei. Eine Ergänzung nach § 43 FamFG komme nicht in Betracht und davon abgesehen, sei dem Betroffenen Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden, weshalb die Staatskasse die Kosten sowieso trage. Im Übrigen wird auf den Beschluss vom 27.11.2019 Bezug genommen (Bl. 72 d.A.).

Mit weiterem Beschluss vom 28.11.2019 wies das Amtsgericht auch den Kostenfestsetzungsantrag vom 31.08.2019 zurück. Zur Begründung führte das Amtsgericht insoweit aus, dass die Genehmigung der Verfahrenskostenhilfe erst nach Abschluss des Verfahrens erfolgt und Gebühren daher nicht entstanden seien. Zudem sei der Antrag nach § 307 FamFG zurückgewiesen worden, weshalb auch aus diesem Grund keine Festsetzung der Kosten gegen die Landeskasse in Betracht komme.

Mit Schreiben vom 19.12.2019 legte der Verfahrensbevollmächtigte des Herrn U gegen den Beschluss vom 27.11.2019, im Namen des Herrn U sowie in eigenem Namen, Beschwerde ein (Az I-5 T 15/20). Mit Schreiben vom gleichen Tag legte er auch Erinnerung gegen den Beschluss vom 28.11.2019 ein. Dieser half der Rechtspfleger bei dem Amtsgericht N nicht ab und legte die Sache der zuständigen Richterin zur Entscheidung vor. Diese wies die Erinnerung unter Berufung auf die Gründe des Nichtabhilfebeschlusses zurück. Hiergegen erhob der Verfahrensbevollmächtigte mit Schreiben vom 06.01.2020 Beschwerde (Az I-5 T 72/20).

Mit Beschluss vom 09.01.2020 verwies die Beschwerdekammer die Sache wegen der unterbliebenen Nichtabhilfeentscheidung hinsichtlich der Beschwerde gegen den Beschluss vom 27.11.2019 (Antrag nach § 307 FamFG) an das Amtsgericht N zurück. Mit Beschluss vom 22.01.2020 entschied das Amtsgericht, der Beschwerde nicht abzuhelfen und legte die Sache der Kammer erneut zur Entscheidung vor (Az I-5 T 15/20).

Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

1.

Die statthafte Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 27.11.2019 ist unbegründet.

Die Kostenentscheidung aus dem Beschluss vom 06.02.2020 ist rechtskräftig und kann infolgedessen mit dem Antrag, die Auslagen des Betroffenen gemäß § 307 FamFG der Staatskasse aufzuerlegen, nicht mehr abgeändert werden.

Im Übrigen ist der Antrag nach § 307 FamFG auch deshalb unbegründet, da dem Betroffenen Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten gewährt worden ist. Ist dem Betroffenen bereits Verfahrenskostenhilfe in dem Verfahren bewilligt worden, kommt grundsätzlich eine Anordnung der Erstattung seiner Auslagen nicht in Betracht, weil der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts gegen den Betroffenen nach § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen ist (Keidel, FamFG, FamFG § 307 Rn. 11).

2.

Die Kammer weist jedoch auf Folgendes hin:

Aus Sicht der Kammer hätten die Voraussetzungen für eine Auferlegung der Auslagen des Betroffenen auf die Staatskasse vorgelegen. Denn die seitens der LWL-Klinik N angeregte Einrichtung einer Betreuung wurde vorliegend mit Beschluss vom 06.02.2019 abgelehnt. Bei der Ablehnung einer Betreuungsmaßnahme dürfte insoweit von einer gebundenen Entscheidung (Ermessensreduzierung auf Null) ausgegangen werden können (MüKoFamFG/Schmidt-Recla, 3. Aufl. 2019, FamFG § 307 Rn. 7). Jedenfalls muss aber erkennbar sein, dass das Gericht ein Ermessen ausgeübt hat. Dies ist hier nicht der Fall.

Vielmehr hat das Amtsgericht ohne weitere Ausführungen beschlossen, dass außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden, gleichwohl jedoch mit Beschluss vom 26.04.2019 auf den Antrag des Verfahrensbevollmächtigten vom 09.02.2019 Verfahrenskostenhilfe gewährt (Bl. 29 d.A.). Der Verfahrensbevollmächtigte kannte den Beschluss vom 06.02.2020 jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Das Amtsgericht hat jedoch im Nachgang Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung des Verfahrensbevollmächtigten gewährt und damit einen Vertrauenstatbestand geschaffen.

Dieser Beschluss hätte nicht ergehen dürfen, da das Verfahren bereits abgeschlossen war. Da das Amtsgericht jedoch den Antrag bearbeitet und insbesondere auch auf die zunächst unterbliebene Einreichung der VKH-Unterlagen hingewiesen hat, hatte der Antragsteller aus Sicht der Kammer keine Veranlassung, Beschwerde gegen die (unrichtige) Kostenentscheidung zu erheben.

Der Argumentation des Amtsgerichts eine Auferlegung der außergerichtlichen Auslagen auf die Staatskasse komme nicht in Betracht, da dem Betroffenen Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden sei, der Verfahrensbevollmächtigte im Ergebnis jedoch keine Kosten erstattet bekomme, weil Verfahrenskostenhilfe zu spät beantragt worden sei, folgt die Kammer nicht. Dies würde im Ergebnis dazu führen, dass der Betroffene (der keinen Anlass für das Betreuungsverfahren gegeben hat) mit den Kosten des ihm zustehenden anwaltlichen Beistands belastet werden würde. Dies würde im Ergebnis auch die Regelung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO unterlaufen, da der Verfahrensbevollmächtigte, nunmehr die entstandenen Kosten gegenüber seinem Mandanten geltend machen müsste.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Beschwerdewert: 1.000,00 EUR

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