OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.01.2021 - 1 A 3463/20.A
Fundstelle
openJur 2021, 3447
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 3 K 9498/17.A
Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die Berufung ist nicht wegen des allein geltend gemachten Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zuzulassen.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Für die Darlegung dieser Voraussetzungen ist neben der Formulierung einer Rechts- oder Tatsachenfrage erforderlich, dass der Zulassungsantrag konkret auf die Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der Rechts- bzw. Tatsachenfrage sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2020- 1 A 1854/19.A -, juris, Rn. 3 f., m. w. N.

Diesen Darlegungsanforderungen wird die Antragsbegründung nicht gerecht.

Der Kläger bringt vor, die grundsätzliche Bedeutung folge aus der Tatsache, dass er homosexuell sei und daher in ganz Marokko als Teil einer Gruppe verfolgt werde. Die Polizei werde ihm nicht helfen, sondern ihn einsperren und diskriminieren. Er habe in Marokko schlimme Dinge erlebt und das Verwaltungsgericht weise lediglich darauf hin, dass er nicht glaubhaft vorgetragen habe, homosexuell zu sein. Es stelle sich die Frage, wie man einen derartigen Zustand glaubhaft machen solle. Das Gericht habe lediglich in einem kleinen Absatz auf sein konkretes Verfolgungsschicksal abgestellt. Im Übrigen bestehe das Urteil aus Textbausteinen, die mit der Sache wenig zu tun hätten. Ein solches Urteil sei rechtswidrig und im Berufungsverfahren aufzuheben. Ihm sei auch nicht Gelegenheit gegeben worden, seine Gründe persönlich vor Gericht darzustellen.

I. Mit diesem Zulassungsvorbringen wirft der Kläger schon keine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage auf. Selbst wenn sein Vortrag dahingehend verstanden würde, dass er als grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage aufwerfen wollte,

ob homosexuellen Männern in Marokko eine Gruppenverfolgung droht,

könnte dies nicht zur Zulassung der Berufung führen. Der Kläger geht nämlich nicht konkret auf die Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit einer solchen Frage sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hinaus ein. Im Übrigen wäre - ausgehend vom maßgeblichen Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichts -die allenfalls sinngemäß gestellte Frage betreffend eine Gruppenverfolgung homosexueller Männer in Marokko auch nicht entscheidungserheblich. Das Verwaltungsgericht hat das Vorbringen des Klägers, er sei homosexuell, als insgesamt unglaubhaft bewertet (UA, S. 7).

II. Die im Zusammenhang mit dem Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung weiter vorgebrachten Rügen des Klägers, er habe keine Gelegenheit erhalten, sein Verfolgungsschicksal persönlich vorzutragen und das im Hinblick auf die Würdigung seiner Homosexualität zu knappe Urteil bestehe ansonsten aus wenig passenden Textbausteinen, könnten allenfalls als Gehörsrüge verstanden und dem Zulassungsgrund nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG zugeordnet werden. Sie griffen aber auch dann nicht durch.

1. Soweit der Kläger die vermeintlich nicht genügende Befassung des Verwaltungsgerichts mit seinem persönlichen Verfolgungsschicksal und die angebliche Verwendung von kaum passenden "Textbausteinen" rügt, behauptet er schon selbst nicht, im Hinblick auf seine angebliche Homosexualität etwas Konkretes vorgetragen zu haben, was das Verwaltungsgericht nicht zur Kenntnis genommen und erwogen haben könnte. Vielmehr macht er der Sache nach eine unzureichende bzw. fehlerhafte Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht geltend. Die Gehörsrüge ist aber grundsätzlich - und so auch hier - nicht geeignet, eine (vermeintlich) fehlerhafte Feststellung oder Bewertung des Sachverhalts einschließlich seiner rechtlichen Würdigung zu beanstanden.

Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 23. April 2020- 1 A 2023/19.A -, juris, Rn. 13 ff.

2. Der weitere Einwand des Klägers, er habe keine Gelegenheit erhalten, sein Verfolgungsschicksal persönlich vorzutragen, verhilft ihm ebenfalls nicht zum Erfolg. Der Kläger hat nämlich - was das Verwaltungsgericht auch in seinem Urteil ausgeführt hat (UA, S. 7) - selbst die Gelegenheit ungenutzt gelassen, sein Verfolgungsschicksal, insbesondere seine angebliche Homosexualität, in der mündlichen Verhandlung persönlich glaubhaft zu machen. Zu dieser ist der Kläger trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen. Etwaige Hinderungsgründe hat er nicht vorgetragen. Mit der (vom Kläger versäumten) persönlichen Darstellung seiner Fluchtgründe in der mündlichen Verhandlung hätte ihm im Übrigen offensichtlich ein Mittel zur Verfügung gestanden, die behauptete Homosexualität glaubhaft zu machen, worauf das Verwaltungsgericht bereits in seinem Eilbeschluss vom 7. Juli 2017 - 3 L 2784/17.A - hingewiesen hat (BA, S. 4.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens ergibt sich aus § 83b AsylG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

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