OLG Koblenz, Urteil vom 29.12.2020 - 3 U 383/20
Fundstelle
openJur 2021, 3421
  • Rkr:
Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Koblenz vom 28.02.2020, Az.: 4 O 309/17, im Tenor Ziffer 2 dahingehend geändert, dass die Klage im Antrag Ziffer 3 (Verzinsung des Gerichtskostenvorschusses) abgewiesen wird. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 66.227,30 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der A GmbH in B (nachfolgend: Insolvenzschuldnerin). Der Beklagte ist Insolvenzverwalter über das Vermögen von Herrn Rechtsanwalt Y (nachfolgend: Zeuge Y).

Am 08.06.2004 wurde der Kläger durch das Amtsgericht Offenbach am Main (Az. 8 IN 894/03) zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der A GmbH bestellt, ohne dass der Insolvenzschuldnerin ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wurde (sog. schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter). Zu diesem Zeitpunkt waren der Kläger und der Zeuge Y gemeinsam in einer Insolvenzverwaltersozietät tätig.

Am 13.08.2004 und 30.08.2004 eröffnete der Zeuge Y bei der C Bank jeweils ein Treuhandkonto mit der Kontobezeichnung "Treuhandkonto: A GmbH, B". Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf die Anlagen K 2 (13.08.2004, Nr. ... 03, Bl. 11 Papierakte LG) und K 3 (30.08.2004, Nr. ... 04, Bl. 12 Papierakte LG) verwiesen.

Im Zeitraum zwischen dem 30.08.2004 und dem 01.10.2004 überwies der Kläger insgesamt 181.000,00 € von seinem Insolvenzverwaltersonderkonto auf diese beiden Treuhandkonten (vgl. Anlage K 13 bis Anlage K 20, Bl. 67-69 sowie Bl. 144 ff. Papierakte LG). Durch Beschluss des Amtsgerichts Offenbach vom 08.10.2004 wurde sodann das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet.

Im Jahr 2016 wurde auch über das Vermögen des Zeugen Y das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Zu diesem Zeitpunkt wiesen die beiden Konten Guthaben von 50.224,37 € (Konto 03) bzw. 16.002,93 € (Konto 04) auf. Im Oktober 2016 gab es einen Schriftwechsel zwischen den Parteien zu der Frage, ob die noch auf den Konten vorhandenen Guthaben an den Kläger auszukehren sind. Dieser forderte den Beklagten schließlich unter Berufung auf ein Aussonderungsrecht mit Schreiben vom 25.10.2016 zur Auszahlung der Guthaben bis zum 15.11.2016 auf (Anlage K 7, Bl. 17 f. Papierakte LG).

Seine am 24.11.2017 zugestellte und auf Zahlung von 66.227,30 € nebst Zinsen sowie von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.752,90 € nebst Zinsen und Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von Zinsen auf verauslagte Gerichtskosten gerichtete Klage hat der Kläger insbesondere darauf gestützt, dass er zur Fortführung des Geschäftsbetriebs der Insolvenzschuldnerin mit dem Zeugen Y einen Treuhandvertrag geschlossen habe, aufgrund dessen der Zeuge Y die streitgegenständlichen Treuhandkonten eröffnet habe. Der Treuhandvertrag sei erst durch die konkludente Kündigung im Rahmen der Rückforderung der Gelder im Oktober 2016 beendet worden.

Der Beklagte hat erstinstanzlich eingewandt, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die vom Kläger auf die Treuhandkonten eingezahlten Gelder nicht vom Kläger, sondern von Dritten stammten. Die Klage sei bereits unzulässig, da der Kläger seine Ansprüche zur Insolvenztabelle hätte anmelden müssen. Zudem sei ein etwaiger zwischen dem Kläger und dem Zeugen Y geschlossener Treuhandvertrag ohnehin nichtig, da das sog. "Dritt-Treuhand-Modell" die Insolvenzgläubiger benachteilige und deshalb gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und daher nichtig sei. Die Nichtigkeit ergebe sich zudem aus § 134 BGB i. V. m. §§ 149, 80 InsO, weil die Treuhandkonten ohne Mitwirkung des Insolvenzgerichts angelegt worden seien. Etwaige Ansprüche seien zudem verjährt, da der Zahlungsanspruch durch Erreichung des Zwecks des Treuhandvertrags bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin am 08.10.2004 bzw. spätestens bei Stellung der Schlussrechnung in diesem Insolvenzverfahren am 15.09.2009 weggefallen sei. Damit sei ein etwaiger Anspruch fällig gewesen, sodass bei Klageerhebung bereits Verjährung eingetreten sei.

Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 16.08.2018 (Bl. 93 Papierakte LG) durch Vernehmung des Zeugen Y. Zudem hat es den Kläger informatorisch angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.05.2019 (Bl. 121 ff. Papierakte LG) und vom 16.09.2019 (Bl. 128 ff. Papierakte) Bezug genommen. Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes in erster Instanz sowie der erstinstanzlich von den Parteien gestellten Anträgen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 197 ff. Papierakte) verwiesen.

Das Landgericht hat gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Zustimmung der Parteien im schriftlichen Verfahren entschieden und im angefochtenen Urteil unter anderem festgestellt, dass die Schlussrechnung im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin unstreitig am 15.09.2009 gestellt worden sei. Es hat den Beklagten verurteilt, an den Kläger 66.227,30 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.11.2016 sowie weitere 1.752,90 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25.11.2017 zu zahlen. Es hat darüber hinaus festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger auf die verauslagten Gerichtskosten in Höhe von 2.358,-- € Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz vom Zeitpunkt der Einzahlung bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrags zu bezahlen.

Die Klage sei zulässig, denn bei dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch handele es sich um einen Rückzahlungsanspruch aus einem Treuhandvertrag, weshalb dem Kläger ein Aussonderungsrecht gemäß § 47 InsO zustehe. Der Kläger habe einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von insgesamt 66.227,30 € gemäß §§ 675, 667 BGB. Das Gericht sei im Rahmen der freien Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger und der Zeuge Y einen Treuhandvertrag über die Einrichtung der Treuhandkonten geschlossen hätten. Diese Konten seien in der Folgezeit auch mehrfach als Treuhandkonten im Rahmen des Insolvenzverfahrens angegeben worden, u. a. im Sachstandsbericht vom 24.11.2004 (Anlage K 11, Bl. 61 f. Papierakte LG), im Bericht- und Prüftermin vom 30.11.2004 (vgl. Protokoll, Anlage K 12, Bl. 63 f. Papierakte LG) und im Sachstandsbericht vom 07.11.2007 (Anlage K 13, Bl. 65 ff. Papierakte LG). Der geschlossene Treuhandvertrag sei nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Insbesondere könne allein aus dem Umstand, dass ein sog. Dritt-Treuhänder-Modell vereinbart wurde, nicht darauf geschlossen werden, dass dies in der Absicht der Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger geschehen sei. Denn trotz der unbestreitbar mit diesem Modell verbundenen Risiken für die Insolvenzgläubiger, insbesondere aufgrund von Defiziten hinsichtlich der Transparenz, werde es in der Insolvenzverwalterpraxis als Instrument eingesetzt, um in der Phase der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Fortsetzung des Geschäftsbetriebs zu ermöglichen. Dabei handele es sich um einen legitimen Beweggrund im Rahmen der Phase vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Eine Nichtigkeit des Treuhandvertrags ergebe sich auch nicht aus § 134 BGB i. V. m. §§ 149, 80 InsO, insbesondere lasse sich diese nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 07.02.2019 (IX ZR 47/18) herleiten. § 149 InsO sei überdies kein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB. Die auf den Treuhandkonten befindlichen Beträge in Höhe von 50.224,37 € (Treuhandkonto 03) und in Höhe von 16.002,93 € (Treuhandkonto 04) seien auch im Rahmen des Treuhandvertrags erlangt worden, denn der Kläger habe während des vorläufigen Insolvenzverfahrens insgesamt 181.000,00 € von seinem Anderkonto auf diese Konten überwiesen. Ob diese Beträge am Ende tatsächlich zur Insolvenzmasse gehört hätten, sei für den Rückzahlungsanspruch und das Aussonderungsrecht des Klägers aus dem Treuhandvertrag letztlich nicht relevant.

Der Anspruch sei nicht verjährt. Die Verjährung habe gemäß § 199 Abs. 1 BGB erst nach der Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs aufgrund der Kündigung des Treuhandvertrags im Jahr 2016 zu laufen begonnen, sodass die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB bei Rechtshängigkeit noch nicht abgelaufen gewesen sei. Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten und Verzinsung der verauslagten Gerichtskosten ergebe sich aus § 280 Abs. 1, 2, § 286 Abs. 1 BGB.

Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung macht der Beklagte insbesondere geltend, das Landgericht habe die Tatsachen bezüglich des Abschlusses des Treuhandvertrags fehlerhaft festgestellt. Die Beweisaufnahme habe gerade nicht ergeben, dass ein solcher Vertrag geschlossen worden sei. Insbesondere habe der Einzelrichter des Landgerichts seine Überzeugung nicht allein auf die durch seinen Dezernatsvorgänger protokollierte Zeugenaussage stützen dürfen. Selbst wenn man von einem Abschluss eines Treuhandvertrags ausgehe, sei dieser nichtig gemäß § 138 bzw. § 134 BGB und der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 07.02.2019 (IX ZR 27/18, juris Rn 31). Dies gelte jedenfalls deshalb, weil er ohne Einbindung des Insolvenzgerichts geschlossen worden sei. Zudem handele es sich bei der geltend gemachten Forderung um eine einfache Insolvenzforderung, die der Kläger allenfalls als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle geltend machen könne. Wenn Ansprüche des Klägers bestünden, seien diese jedenfalls verjährt, weil allenfalls für das vorläufige Insolvenzverfahren ein Treuhandzweck bestanden habe und der Anspruch daher bereits mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin fällig geworden sei. Verjährung sei aber auch dann gegeben, wenn man dies anders sehe, denn der Kläger habe, wie das Landgericht gemäß § 314 ZPO für das Berufungsverfahren bindend festgestellt habe, am 15.09.2009 Schlussrechnung gelegt, sodass jedenfalls danach kein Treuhandzweck mehr bestanden habe und die Verjährungsfrist daher spätestens mit Ablauf des Jahres 2009 zu laufen begonnen habe.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen gehe das Landgericht vom Abschluss eines Treuhandvertrags zwischen dem Kläger und dem Zeugen Y aus. Dieser sei nicht nichtig und verstoße auch nicht gegen ein gesetzliches Verbot. Der Anspruch sei auch nicht verjährt. Der Treuhandzweck habe während des gesamten Insolvenzverfahrens fortbestanden. Der Grund für die Aufrechterhaltung der Treuhandabrede bis zum Abschluss der Schlussrechnungsprüfung sei gewesen, dass nicht habe ausgeschlossen werden können, dass im Rahmen der Schlussrechnungsprüfung einzelne Zahlungen, die über das Treuhandkonto abgewickelt worden seien, vom Schlussrechnungsprüfer als nicht der Treuhandabrede unterfallen gerügt würden oder umgekehrt Zahlungen über das Treuhandkonto hätten abgewickelt werden müssen und stattdessen aus der Masse erfolgt seien. Die Schlussrechnung sei erst am 20.02.2017 erteilt worden, der vom Landgericht festgestellte Schlussrechnungszeitpunkt sei fehlerhaft. Dem stehe der unstreitige Tatbestand des landgerichtlichen Urteils nicht entgegen, da nach § 128 Abs. 2 ZPO im schriftlichen Verfahren entschieden worden sei und deshalb die Wirkung des § 314 ZPO nur für Vortrag greife, über den bereits zuvor mündlich verhandelt worden sei. Dies sei hinsichtlich der Behauptung des Beklagten, es sei am 05.09.2009 Schlussrechnung gelegt worden, nicht der Fall gewesen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 21.08.2020 (Bl. 84 ff. eAkte) und mit Verfügung vom 04.11.2020 (Bl. 147 ff. eAkte) Hinweise erteilt sowie die Insolvenzakte des Amtsgerichtes Offenbach am Main (Az. 8 IN 358/04) beigezogen. Gemäß Beschluss vom 26.11.2020 (Bl. 156 ff.) erfolgt die Entscheidung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

II.

Die gemäß §§ 511, 517 ff. ZPO zulässige Berufung des Beklagten hat nur einen geringen Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von Zinsen auf den Gerichtskostenvorschuss richtet. Im Übrigen ist sie unbegründet. Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Aussonderung eines Betrags in Höhe von 66.227,30 € gemäß § 667 BGB in Verbindung mit § 47 InsO zu. Der Kläger hat mit dem Zeugen Y einen Treuhandvertrag über die Einrichtung von zwei Treuhandkonten bei der C Bank zur Fortführung des Geschäftsbetriebs nach Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung geschlossen (1.). Der Treuhandvertrag ist weder gemäß § 138 BGB noch gemäß § 134 BGB noch wegen Insolvenzzweckwidrigkeit nichtig (2.). Die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift nicht, denn der Treuhandzweck bestand jedenfalls für die Zeit bis zur Schlussrechnungslegung des Klägers fort und Schlussrechnung wurde erst am 20.02.2017 gelegt, weshalb der Zahlungsanspruch des Klägers jedenfalls nicht vor Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Zeugen Y bzw. Kündigung des Treuhandvertrags im Jahr 2016 fällig wurde und die am 24.11.2017 erhobene Klage in unverjährter Zeit erfolgte (3.). Der Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB, eine Verzinsung des Gerichtskostenvorschusses kann der Kläger hingegen nicht verlangen (4.).

1. Zu Recht und mit überzeugender Begründung geht das Landgericht davon aus, dass der Kläger und der Zeuge Y einen Treuhandvertrag über die Verwahrung der Gelder, die auf den beiden vom Zeugen Y unter der Bezeichnung "Treuhandkonto: A GmbH, B" eröffneten Konten eingezahlt wurden, geschlossen haben.

a) Bei der Würdigung des vom Landgericht gefundenen Beweisergebnisses beschränkt sich die Prüfung des Senats nicht darauf, ob das Landgericht den Prozessstoff und die Beweisergebnisse umfassend und widerspruchsfrei geprüft hat und seiner Würdigung vollständig und rechtlich möglich ist, ohne gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze zu verstoßen. Der Senat hat den vorgelegten Prozessstoff auf der Grundlage der nach § 529 ZPO berücksichtigungsfähigen Tatsachen vielmehr auch dahin zu überprüfen, ob die Beweiswürdigung des Landgerichts bei Berücksichtigung aller Gesichtspunkte sachlich überzeugend ist (BGH, Urteil vom 12.04.2011 - VI ZR 300/09 - VersR 2011, 769, Rn. 22 m.w.N.; Beschluss vom 19.11.2014 - IV ZR 317/19; ständige Rechtsprechung des Senats, z. B. Hinweisbeschluss vom 13.02.2015 - 3 U 1261/14).

b) Ausgehend von diesem Maßstab hat das Landgericht mit schlüssigen und überzeugenden Erwägungen anhand einer umfassenden Würdigung der Beweisaufnahme (§ 286 ZPO), die sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen zu Eigen macht, begründet, warum es von einem Treuhandverhältnis ausgeht. Hiervon ging auch der Beklagte selbst aus (vgl. Schreiben des Beklagten vom 05.10.2016, Anlage K 6, Bl. 15 f. Papierakte), bevor er im Rechtsstreit eine andere Rechtsauffassung vertrat.

Die Feststellungen des Landgerichts zum Inhalt des Treuhandvertrags sind entgegen der Ansicht des Beklagten nicht unvollständig. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Kläger und der Zeuge Y im Rahmen der gemeinschaftlichen Berufsausübung in der damaligen Sozietät regelmäßig - und so auch im vorliegenden Fall - Treuhandverträge abgeschlossen haben, aufgrund derer der jeweils nicht zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellte Partner auf seinen Namen ein Treuhandkonto für den vorläufigen Insolvenzverwalter errichtete und betreute, welches der Fortführung des Geschäftsbetriebs während des vorläufigen Insolvenzverfahrens diente. Diese Feststellungen reichen aus, um von einem Vertragsschluss auszugehen. Für den näheren Vertragsinhalt sind die gesetzlichen Regelungen maßgeblich, soweit die Parteien keine abweichenden Vereinbarungen darlegen und beweisen.

Soweit das Landgericht insoweit ohne nähere Begründung von einer entgeltlichen Treuhand ausgeht, sprechen aus Sicht des Senats sowohl die Aussage des Zeugen Y als auch die Angaben des Klägers im Rahmen seiner informatorischen Anhörung dafür, dass keine gesonderte Vergütung für die Wahrnehmung der Treuhandaufgaben vereinbart und gezahlt wurde, sodass eine unentgeltliche Treuhand vorlag. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, da der hier maßgebliche § 667 BGB für die unentgeltliche Treuhand unmittelbar und für die entgeltliche Treuhand über die Verweisung in § 675 Abs. 1 BGB entsprechend Anwendung findet (vgl. zu beidem: MüKo-BGB/Schäfer, 8. Aufl. 2020, § 662 Rn. 32).

c) Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist nicht verfahrensfehlerhaft. Soweit der Hinweis des Beklagten auf den Richterwechsel dahingehend zu verstehen sein soll, dass er die Verwertung der vom Dezernatsvorgänger durchgeführten Beweisaufnahme beanstandet, begründet dies keinen Rechtsfehler des Landgerichts. Ein Richterwechsel erfordert nicht stets die Wiederholung der Beweisaufnahme. Diese ist entbehrlich, wenn sich das Gericht - wie hier das Landgericht - bei der Beweiswürdigung lediglich auf das stützt, was aktenkundig ist und wozu die Parteien sich erklären konnten (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BGH, Urteil vom 18.10.2016, XI ZR 145/14, juris Rn. 28 m. w. N.).

d) Der Treuhandvertrag berechtigt den Kläger zur Aussonderung gemäß § 47 InsO, wenn das Treuhandkonto offen ausgewiesen oder sonst nachweisbar ausschließlich zur Aufnahme von treuhänderisch gebundenen Fremdgeldern bestimmt ist (vgl. BGH, NZI 2005, 625, 626; NZI 2011, 371, 372 Rn. 13). Die hier streitgegenständlichen Konten haben bereits bei ihrer Einrichtung im Jahr 2014 jeweils die Bezeichnung "Treuhandkonto: A GmbH, B" erhalten. Es handelt sich mithin um offene Treuhandkonten, die zur Aussonderung berechtigen.

2. Der Treuhandvertrag ist weder gemäß § 138 Abs. 1 BGB noch nach § 134 BGB i. V. m. §§ 149, 80 InsO noch wegen Insolvenzzweckwidrigkeit nichtig.

a) Gemäß § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, nichtig. Ein Verstoß gegen die guten Sitten kann sich auch daraus ergeben, dass durch das Rechtsgeschäft Dritte geschädigt werden (vgl. Palandt/Ellenberger, 80. Aufl. 2021, § 138 Rn. 61). Dies ist beim sogenannten Dritt-Treuhänder-Modell im Rahmen der (vorläufigen) Insolvenzverwaltung aber nicht bereits deshalb der Fall, weil mit diesem Modell generell Transparenzdefizite und Risiken für die Insolvenzgläubiger verbunden sind. Denn alleine solche abstrakten Risiken führen nicht schon dazu, dass der Abschluss eines Dritt-Treuhandvertrags an sich gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen und somit die Nichtigkeitsfolge des § 138 Abs. 1 BGB rechtfertigen würde. Insoweit macht sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen die zutreffenden Erwägungen des Landgerichts (LGU, Seite 6 f.) zu eigen, denen die Berufung nichts entgegensetzt.

b) Eine Nichtigkeit des sogenannten Dritt-Treuhänder-Modells ergibt sich auch nicht aus § 134 BGB i. V. m. §§ 149, 80 Abs. 1 InsO. Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Bei den vom Beklagten zur Begründung der aus seiner Sicht bestehenden Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts herangezogenen Regelungen in §§ 149, 80 Abs. 1 InsO handelt es sich bereits nicht um Verbotsgesetze im Sinne des § 134 BGB.

aa) Verbotsgesetz in diesem Sinne ist eine Rechtsnorm, die die Vornahme eines nach seiner allgemeinen Natur grundsätzlich rechtlich möglichen Rechtsgeschäfts wegen seines Inhalts bzw. des mit ihm bezweckten Erfolgs oder auf Grund besonderer Umstände seiner Vornahme untersagt (vgl. BeckOK-BGB/Wendtland, 56. Edition, § 134 Rn. 9). Nicht erforderlich ist, dass das Verbot in der jeweiligen Rechtsnorm ausdrücklich ausgesprochen wird, sondern es genügt, wenn das Verbot aus Sinn und Zweck des Gesetzes folgt (vgl. BGH, NJW 1969, 750).

bb) § 80 Abs. 1 InsO regelt den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis vom Schuldner auf den Insolvenzverwalter im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung und kann daher schon zeitlich kein Verbotsgesetz für den hier relevanten Zeitraum der vorläufigen Insolvenzverwaltung darstellen. Zudem lassen sich der Vorschrift auch inhaltlich keine Beschränkungen der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters im Sinne eines Verbots bestimmter Rechtsgeschäfte entnehmen. Gleiches gilt für den hier maßgeblichen § 22 Abs. 2 InsO, wonach das Insolvenzgericht die Pflichten des vorläufigen Insolvenzverwalters bestimmt. Zudem hat der Beklagte eine konkrete Anordnung des Insolvenzgerichts, wonach der Kläger als vorläufiger Insolvenzverwalter nicht zum Abschluss eines Treuhandvertrags befugt gewesen wäre, auch nicht behauptet.

cc) § 149 InsO regelt die Befugnis des Gläubigerausschusses (Abs. 1 Satz 1), der Gläubigerversammlung (Abs. 2) bzw. des Insolvenzgerichts (Abs. 1 Satz 2) zu bestimmen, bei welcher Stelle und zu welchen Bedingungen Geld, Wertpapiere und Kostbarkeiten hinterlegt oder angelegt werden sollen. Durch diese Regelung wird jedoch nicht die grundsätzlich bestehende Zuständigkeit des Insolvenzverwalters, selbständig im pflichtgemäßen Ermessen über die Hinterlegung und Anlage von Geld und Wertsachen zu entscheiden, suspendiert. Vielmehr werden dessen Befugnisse erst dann beschränkt, wenn eine der in § 149 InsO genannten Stellen tatsächlich von ihrer Befugnis Gebrauch macht und eine entsprechende Anordnung trifft (vgl. BeckOK-InsO/von Bodungen, 21. Edition, § 149 Rn. 1, 11). Bereits an einer solchen Anordnung, gegen die der Treuhandvertrag verstoßen könnte, fehlte es vorliegend.

Es kann somit dahinstehen, ob die Regelungen der §§ 148 ff. InsO im Zeitraum der vorläufigen Insolvenzverwaltung überhaupt Anwendung fanden, da der Kläger lediglich zum "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt wurde (verneint von BeckOK-InsO/von Bodungen, 21. Edition, § 148 Rn. 2; dafür hingegen Gundlach/Frenzel/Jahn ZInsO 2010, 122, 123).

c) Der Abschluss des Dritt-Treuhändervertrags ist auch nicht wegen Insolvenzzweckwidrigkeit nichtig. § 60 Abs. 1 InsO ordnet als Rechtsfolge eines Verstoßes des Insolvenzverwalters bzw. des vorläufigen Insolvenzverwalters (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InsO) gegen seine sich aus der Insolvenzordnung ergebenden Pflichten grundsätzlich nicht die Nichtigkeit des entsprechenden Rechtsgeschäfts, sondern die Haftung des Insolvenzverwalters an. Rechtsgeschäfte des Insolvenzverwalters bleiben daher auch dann wirksam, wenn sie unzweckmäßig oder unrichtig sind (vgl. BGH, NJW 2002, 2783; BGH, NJW 1994, 323). Für eine Nichtigkeit ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur Raum, wenn Verfügungen des Insolvenzverwalters dem Insolvenzzweck der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung (vgl. § 1 Satz 1 InsO) offenbar zuwiderlaufen, bei denen der Verstoß also für einen verständigen Beobachter ohne Weiteres auf den ersten Blick ersichtlich ist (vgl. BGH, NZI 2008, 365 Rn. 4; siehe auch Hölzle, NZI 2013, 347, 349).

aa) Ein solcher Fall war beim Abschluss eines Treuhandvertrags mit einem Dritten zwecks Sicherung der Unternehmensfortführung im Rahmen des vorläufigen Insolvenzverfahrens jedenfalls zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt (August 2004) nicht gegeben. Bereits zu dieser Zeit waren Treuhandkontenmodelle in der Praxis der Insolvenzverwalter durchaus verbreitet (vgl. etwa die von Frind, ZInsO 2005, 1296 ff. dargestellten Praxiserfahrungen), ohne dass in der Literatur oder Rechtsprechung Zweifel an deren Rechtswirksamkeit bestanden hätten. Zwar hat sich in der Folgezeit ein Meinungsstreit über die Zulässigkeit und Praktikabilität von Treuhandkontenmodellen im Rahmen des vorläufigen Insolvenzverfahrens und des Insolvenzverfahrens entwickelt (vgl. z. B. befürwortend: Marotzke, ZInsO  2005, 561, 566 sowie Bork, NZI 2005, 530 ff.; kritisch Frind, ZInsO 2005, 1296 ff. ). Dabei wurde aber selbst von den Kritikern des Modells lediglich eine stärkere Kontrolle durch das Insolvenzgericht eingefordert, nicht aber die rechtliche Zulässigkeit des Modells insgesamt in Frage gestellt (vgl. Frind, a. a. O.). In der Folgezeit hat sich auch der Bundesgerichtshof mit Treuhandkontenmodellen beschäftigt, ohne dabei deren Nichtigkeit wegen Insolvenzzweckwidrigkeit in Erwägung zu ziehen (vgl. BGH, NZI 2009, 245, 246).

Jedenfalls von einer offensichtlichen Insolvenzzweckwidrigkeit kann daher bei Vertragsschlüssen im Jahr 2004 keinesfalls ausgegangen werden. Vielmehr blieben Treuhandkontenmodelle im Insolvenzeröffnungsverfahren zumindest bei der Bestellung eines "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalters jedenfalls bis zum Urteil des Bundesgerichtshofs vom 07.02.2019 (IX ZR 47/18) ein gebräuchliches Mittel um die Unternehmensfortführung sicherzustellen (vgl. Brzoza, BKR 2019, 457, 462).

bb) Anders als der Beklagte meint, ergibt sich auch aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 07.02.2019 (IX ZR 47/18) nicht bzw. jedenfalls nicht für vor diesem Urteil geschlossene Treuhandverträge deren Nichtigkeit wegen Insolvenzzweckwidrigkeit. Soweit der Bundesgerichtshof in Randnummern 31 f. ausführt, die Führung eines Treuhandkontos durch den Insolvenzverwalter sei "unzulässig und pflichtwidrig", ist damit nach dem Verständnis des Senats vor allem gemeint, dass der Insolvenzverwalter durch die Einrichtung eines solchen Kontos und insbesondere die Einzahlung/Überweisung von Geldern, die zur Insolvenzmasse gehören, gegen seine Pflichten verstößt und nicht, dass wegen dieses Vertragszwecks der Treuhandvertrag insgesamt nichtig wäre. Die Folgen dieser Pflichtverletzungen sowie der Schutz der Gläubiger vor Benachteiligung sind in der Insolvenzordnung selbst ausreichend geregelt (§§ 60, 92 InsO bzw. §§ 129 ff. InsO). Daher wird auch in der insolvenzrechtlichen Literatur, die sich eingehend mit der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs befasst hat, soweit ersichtlich, von niemandem vertreten, dass entsprechende Treuhandverträge nichtig seien (vgl. Ganter, NZI 2020, 295; Wozniak, ZInsO 2019, 2300; Wischemeyer/Dimassi, ZIP 2020, 1210; Saager/Berg, ZIP 2019, 2041; Smid, Zinso 2020, 128; Blankenburg/Godzierz, ZInsO 2019, 1092; Zuleger NZI 2019, 417, Schulte-Kaubrügger, EWiR 2019, 277; Undritz, BB 2019, 1487; Brzoza, BKR 2019, 460ff.; Braun/Haffa/Leichtle, InsO, 8. Aufl. 2020, § 149 Rn. 9; BeckOK-InsO, 21. Edition, § 149 Rn. 9; d'Avoine/Büchel, ZIP 2020, 1280 ff; HK-InsO/Depré, 10. Aufl. 2020, § 149 Rn. 7).

Es kann mithin offen bleiben, ob sich die Entscheidung des Bundesgerichtshofs überhaupt ohne Weiteres auf die hier maßgebliche Fallkonstellation des "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalters übertragen lässt. Denn diesem fehlt die Befugnis ein Sicherungskonto einzurichten, sodass ihm ohne gesonderte gerichtliche Einzelfallermächtigung nur die Möglichkeit der Einrichtung eines Treuhandkontos bleibt (gegen eine Übertragbarkeit daher Mitlehner, NZI 2019, 961, 964; ebenso im Ergebnis wohl HK-InsO/Laroche, 10. Aufl. 2020, § 22 Rn. 52; a. A. Brzoza, BKR 2019, 457, 462).

Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob bei Treuhandverträgen, die nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs geschlossen wurden, von einer offensichtlichen Insolvenzzweckwidrigkeit auszugehen ist, die eine Nichtigkeit des Treuhandvertrags nach sich zieht.

cc) Gegen die Nichtigkeit des Treuhandvertrags aus Gründen des Gläubigerschutzes spricht zudem, dass diese die Rechtsstellung der Insolvenzgläubiger regelmäßig auch nicht verbessern würde, und zwar auch dann nicht, wenn der Insolvenzverwalter das Treuhandkonto nicht auf eigenen Namen einrichtet, sondern - wie hier - mit einem Dritten einen Treuhandvertrag eingeht. Denn während der Insolvenzverwalter bei einem wirksamen Treuhandvertrag im Regelfall jederzeit einen vertraglichen Herausgabeanspruch gegen den Treuhänder geltend machen kann (§§ 667, 671 BGB), der ihn im Falle der Insolvenz des Treuhänders zur Aussonderung berechtigt, stünde ihm im Falle der Nichtigkeit nur ein - insolvenzrechtlich nicht geschützter - Bereicherungsanspruch zu.

3. Der Anspruch des Klägers ist nicht verjährt.

a) Für den Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist kommt es vorliegend gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB auf die Fälligkeit des Anspruchs auf Herausgabe der noch auf dem Treuhandkonto befindlichen Gelder an (§ 667 BGB). Beim offenen Treuhandvertrag tritt Fälligkeit entweder mit Kündigung des Treuhandvertrags oder Erledigung des Treuhandzwecks ein. Die Kündigung erfolgte vorliegend erst mit Schreiben vom 25.10.2016. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch ohnehin bereits gemäß § 41 Abs. 1 InsO infolge der jedenfalls vor dem 05.10.2016 erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Zeugen Y fällig geworden.

b) Eine frühere Fälligkeit kommt indes wegen Erledigung des Zwecks des Treuhandvertrags in Betracht. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht dargelegt, dass hierfür den Beklagten die Darlegungs- und Beweislast trifft. Dieser hat dargelegt, dass der Treuhandzweck nach dem eigenen Vortrag des Klägers darin lag, die Fortführung des Geschäftsbetriebs während des Zeitraums der vorläufigen Insolvenzverwaltung sicherzustellen. Nimmt man dies als einzigen Zweck des Treuhandvertrags an, wäre dieser bereits mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens erledigt gewesen (08.10.2004). Dem Senat ist indes bekannt, dass es in der insolvenzrechtlichen Praxis vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 07.02.2019 nicht unüblich war, Treuhandkonten auch noch während des Insolvenzverfahrens zu nutzen. Dies macht der Kläger auch im vorliegenden Fall substantiiert geltend, ohne dass der darlegungs- und beweisbelastete Beklagte dem etwas in erheblicher Weise entgegenhält. Daher beginnt die Verjährungsfrist frühestens mit Schlussrechnungslegung im Insolvenzverfahren zu laufen.

c) Schlussrechnung wurde indes durch den Kläger erst am 20.02.2017 gelegt. Soweit der Beklagte geltend macht, die Schlussrechnungslegung sei bereits am 15.09.2009 erfolgt und insoweit auf die Bindungswirkung der Feststellung des Landgerichts gemäß § 314 ZPO verweist, dringt er damit nicht durch.

aa) Nach dem unstreitigen Tatbestand des landgerichtlichen Urteils wurde bereits am 15.09.2009 durch den Kläger Schlussrechnung gelegt. Ein Tatbestandsberichtigungsantrag wurde vom Kläger nicht gestellt. Diese Feststellung ist für den Senat gleichwohl nicht gemäß §§ 314, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend. Denn die Bindungswirkung des § 314 ZPO bezieht sich bei einer Entscheidung nach § 128 Abs. 2 ZPO nur auf Parteivorbringen, das Gegenstand einer früheren mündlichen Verhandlung gewesen ist (vgl. BGH, NJW-RR 2008, 1566 Rn. 16). Die Behauptung, dass bereits am 15.09.2009 Schlussrechnung gelegt worden wäre, hat der Beklagte erstmals im Schriftsatz vom 18.10.2019 (Seite 3, Bl. 137 Papierakte LG) aufgestellt und somit nach der letzten mündlichen Verhandlung des Landgerichts am 16.09.2019 (vgl. Protokoll, Bl. 128 ff. Papierakte LG).

Soweit der Beklagte im Berufungsverfahren geltend macht der Kläger selbst habe bereits früher, konkret mit Schriftsatz vom 04.09.2018 (Bl. 95), die Schlussrechnungslegung am 15.09.2009 vorgetragen, trifft dies nicht zu. Zwar ist in dem vom Kläger mit diesem Schriftsatz vorgelegten Anlagenkonvolut K 14 (Anlagenordner Kläger) ein mit "Schlussrechnung" überschriebener Ausdruck vom 15.09.2009 enthalten, auf den der Beklagte später seine Behauptung stützte. Es wird aber nicht der vollständige Inhalt vorgelegter umfangreicher Anlagen automatisch zu Parteivortrag erhoben. Hierzu bedarf es vielmehr einer konkreten Bezugnahme im jeweiligen Schriftsatz (vgl. Musielak/Voit/Stadler, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 130 Rn. 10 m. w. N.). Hieran fehlt es im Schriftsatz vom 04.09.2018, sodass die Behauptung erstmals nach der letzten mündlichen Verhandlung vom Beklagten aufgestellt wurde.

bb) Der Kläger hat diese Behauptung bereits erstinstanzlich im Schriftsatz vom 21.10.2019 jedenfalls konkludent bestritten, in dem er dargelegt hat, dass das Insolvenzgericht im Dezember 2017 durch Beauftragung eines Sachverständigen mit der Prüfung der Schlussrechnung begonnen habe (Bl. 143 Papierakte LG). Dieser Vortrag war bei verständiger Würdigung dahingehend zu verstehen, dass aus Sicht des Klägers nicht bereits 2009 Schlussrechnung gelegt worden ist, denn es wäre lebensfremd anzunehmen, dass das Insolvenzgericht erst nach 8 Jahren in die Schlussrechnungsprüfung einsteigt. Ein solches konkludentes Bestreiten genügte daher in diesem Fall den Anforderungen des § 138 Abs. 2 ZPO (vgl. zu den Anforderungen an konkludentes Bestreiten Musielak/Voit/Stadler, ZPO, 17. Aufl. 2019, § 138 Rn. 14). Soweit der Kläger dieses Bestreiten zweitinstanzlich im Schriftsatz vom 17.09.2020 dahingehend konkretisiert hat, dass Schlussrechnung am 20.02.2017 gelegt wurde, handelt es sich dabei mithin um eine - unabhängig von den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO - zulässige Konkretisierung seines erstinstanzlichen Vortrags (vgl. BGH, NJW-RR 2010, 839).

cc) Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin durch den Kläger am 20.02.2017 Schlussrechnung gelegt wurde und der Treuhandzweck bis zu diesem Zeitpunkt fortbestand.

Der Senat hat mit Verfügung vom 23.10.2020 (Bl. 145 eAkte OLG) die Akten des Insolvenzverfahrens 8 IN 358/04 des Amtsgerichts Offenbach am Main beigezogen. Aus diesen ergibt sich zweifelsfrei, dass die Schlussrechnungslegung erst am 20.02.2017 durch den Kläger erfolgt ist (vgl. Bl. 961 ff., Band VI der Insolvenzakte). In der Zeit zwischen dem 13.02.2009 und dem 04.10.2016 hat der Kläger dem Insolvenzgericht insgesamt 12 Sachstandsberichte vorgelegt und dabei jeweils auch über die hier streitgegenständlichen Treuhandkonten und deren Entwicklung berichtet (13.02.2009, Bl. 760 f.; 04.11.2009, Bl. 767 f.; 28.03.2011, Bl. 807 f.; 05.10.2011, Bl. 813f.; 05.07.2012, Bl. 822f.; 16.01.2013, Bl. 824 f.; 19.09.2013, Bl. 831 f.; 19.03.2014, Bl. 843 f.; 22.06.2015, Bl. 894 f.; 29.12.2015, Bl. 901f.; 06.07.2016, Bl. 914f.; 04.10.2016, Bl. 929f.). Der Senat hat die Parteien mit Verfügung vom 04.11.2020 (Bl. 147f. eAkte OLG) gemäß § 139 ZPO auf seine vom Landgericht abweichende Bewertung des Schlussrechnungszeitpunkts hingewiesen und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Beklagte hat mit Ausnahme eines erneuten Hinweises auf die Tatbestandswirkung des landgerichtlichen Urteils gemäß § 314 ZPO nichts gegen diese Feststellung vorgebracht.

d) Mithin begann die Verjährung mit Schluss des Jahres 2016 zu laufen, da der Rückzahlungsanspruch des Klägers in diesem Jahr durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Zeugen Y (§ 41 InsO) sowie durch Kündigung des Treuhandvertrags am 25.10.2016 fällig wurde. Die dreijährige Verjährungsfrist war somit zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 24.11.2017 noch nicht abgelaufen.

4. Der Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, aus § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB.

Ein Anspruch auf Verzinsung des geleisteten Gerichtskostenvorschusses ab Zahlung besteht hingegen nicht. Der geleistete Gerichtskostenvorschuss ist gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO ab Eingang des Kostenfestsetzungsantrags zu verzinsen, soweit er von der Gegenseite zu erstatten ist. Ein früherer materiell-rechtlicher Anspruch auf Verzinsung folgt weder aus § 256 BGB (a. A. AG Trier, Urteil vom 17.11.2009, 6 C 122/09, juris Rn. 19 f.) noch aus § 288 BGB (a. A. OLG Frankfurt, Urteil vom 01.03.2012, 26 U 11/11, juris Rn. 139 ff.). Dabei kann dahinstehen, ob eine frühere materiell-rechtliche Verzinsung bereits durch die Wertung des § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO ausgeschlossen ist (so OLG Brandenburg, Urteil vom 06.02.2013, 7 U 6/12, juris Rn. 39). Denn jedenfalls fehlt es für einen Anspruch aus § 256 BGB an einem Aufwendungsersatzanspruch und für eine Verzinsung nach § 288 BGB am Verzug, denn durch die Rechtshängigkeit tritt dieser lediglich für die Klageforderung, nicht aber für den Kostenerstattungsanspruch als solchen ein, der erst durch die Kostengrundentscheidung fällig wird. Denn der Kläger hat den Beklagten mit der Erstattung verauslagter Gerichtskosten weder in Verzug gesetzt noch die Forderung, deren Verzinsung er verlangt, rechtshängig gemacht (vgl. BGH, Urteil vom 09.05.2017, XI ZR 314/15, juris Rn. 16; OLG München, Urteil vom 30.11.2016, 7 U 2038/16, juris Rn. 31-34).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben, da die streitgegenständlichen Rechtsfragen vom Senat lediglich auf den Einzelfall angewendet wurden. Die Frage, ob Treuhandkontenmodelle wegen Insolvenzzweckwidrigkeit nichtig sind, ist jedenfalls für Verträge vor dem 07.02.2019 nicht klärungsbedürftig, da deren Nichtigkeit, soweit ersichtlich, weder in der Literatur noch in der Rechtsprechung vertreten wird.

Den Streitwert für das Berufungsverfahren hat der Senat an der Höhe der begehrten Abänderung des angefochtenen Urteils bemessen (§ 3 ZPO, § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG).