OLG Hamm, Beschluss vom 03.11.2020 - 4 WF 192/20
Fundstelle
openJur 2021, 3329
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 42 F 100/14
Tenor

Die Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Recklinghausen vom 24.08.2020 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Kindesvater zur Last.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 500,00 € festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten haben in einem umfangreichen Verfahren vor dem Amtsgericht Recklinghausen - 42 F 100/14 - um die elterliche Sorge für B sowie um Umgangskontakte zugunsten des Kindesvaters gerungen. Die Gerichtsakten der im Jahr 2014 anhängig gewordenen Familiensache umfassen inzwischen 52 Bände.

Durch Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 25.01.2018 - 10 UF 56/17 - (Band XVIL, Bl. 9.475 ff.) ist dem Kindesvater Akteneinsicht mit der Einschränkung gewährt worden, keine Aktenbestandteile einscannen, abfotografieren oder in anderer Art und Weise vervielfältigen zu dürfen. Das Recht, die Erteilung von Ausfertigungen, Auszügen und Abschriften zu verlangen, wurde ebenfalls versagt. Daraufhin hat der Kindesvater ab dem 31.01.2018 die Gerichtsakten zumindest bis zum Ende von Band XVIL, Bl. 9.513 eingesehen.

Inzwischen ist das Verfahren in der Hauptsache rechtskräftig abgeschlossen. Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 01.08.2018 die Rechtsbeschwerde des Kindesvaters verworfen (Band LI, Bl. 10.389 ff.).

Unter dem 20.07.2020 hat der Kindesvater eine "komplette", d.h. uneingeschränkte Akteneinsicht in alle 52 Bände beantragt. Das Amtsgericht hat diesem Antrag insoweit entsprochen, als es im angefochtenen Beschluss vom 24.08.2020 eine uneingeschränkte Akteneinsicht ab Bl. 9.514 (Anfang Band XVIIL) gewährt und das Gesuch im Übrigen zurückgewiesen hat.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Kindesvaters vom 27.08.2020, mit der er nach wie vor uneingeschränkte Akteneinsicht bis Bl. 9.513 (Ende Band XVIL) im Wege der Amtshilfe bei dem Amtsgericht Recklinghausen, hilfsweise bei dem Oberlandesgericht Hamm geltend macht.

Soweit das Amtsgericht dem Kindesvater Akteneinsicht gewährt hat, ist diese am 08.09.2020 erfolgt.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Rechtsmittel des Kindesvaters ist als Beschwerde gemäß § 23 Absatz 1 EGGVG statthaft. Die Entscheidung über ein Akteneinsichtsgesuch in einem abgeschlossenen Verfahren stellt einen Justizverwaltungsakt dar, dessen Rechtmäßigkeit auf Antrag gemäß §§ 23 ff. EGGVG zu überprüfen ist (vgl. BGH Beschluss vom 29. April 2015 - XII ZB 214/14 - FamRZ 2015, 1176 Rn. 10 f.; OLG Hamm FamRZ 2012, 51 juris Rn. 7 ff.; MüKoFamFG/Pabst 3. Aufl. 2018 § 13 Rn. 33; Musielak/Borth/Borth/Grandel FamFG 6. Aufl. 2018 § 13 Rn. 1; Zöller/Lückemann ZPO 33. Aufl. 2020 § 23 EGGVG Rn. 12).

Das Rechtsmittel ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere innerhalb der Frist nach § 26 Absatz 1 EGGVG eingelegt worden.

2. In der Sache hat die Beschwerde allerdings keinen Erfolg. Die Entscheidung des Amtsgerichts vom 24.08.2020 ist nicht zu beanstanden. Ein Anspruch des Kindesvaters auf eine uneingeschränkte Akteneinsicht in die Bände I bis XVIL besteht nicht.

a) Der Beschwerdeführer ist als Kindesvater gemäß § 7 Absatz 2 Nr. 1 FamFG am Verfahren beteiligt gewesen. Gleichwohl richten sich die Voraussetzungen für einen etwaigen Anspruch auf Akteneinsicht nicht nach § 13 Absatz 1 FamFG, sondern nach § 13 Absatz 2 FamFG.

Dies hat seinen Grund zum einen darin, dass das Verfahren in der Hauptsache abgeschlossen ist. Der besondere Zweck des privilegierten Teilhaberechts nach § 13 Absatz 1 FamFG, die Gewährung rechtlichen Gehörs und die Ermöglichung einer effektiven Partizipation am Verfahren, hat durch den Verfahrensabschluss seine Relevanz verloren. Eine Einflussnahme auf die Verfahrensführung und die gerichtliche Entscheidung ist nicht mehr möglich. Sobald das Verfahren endgültig abgeschlossen ist, erlischt daher auch der Anspruch auf Akteneinsicht nach § 13 Absatz 1 FamFG (vgl. für § 299 ZPO: BGH Beschluss vom 29. April 2015 - XII ZB 214/14 - FamRZ 2015, 1176 Rn. 11; Zöller/Greger ZPO 33. Aufl. 2020 § 299 Rn. 6c).

Zum anderen geht es dem Kindesvater nicht um die Wahrheitsfindung im konkreten Verfahren, sondern um die Verfolgung anderer nicht verfahrensgegenständlicher Interessen (vgl. MüKoFamFG/Pabst 3. Aufl. 2018 § 13 Rn. 7; Keidel/Sternal FamFG 20. Aufl. 2020 § 13 Rn. 26). Er stellt sein Akteneinsichtsgesuch nicht in einen inhaltlichen Zusammenhang mit der elterlichen Sorge für B oder mit Umgangskontakten zu seinen Gunsten. Dem Kindesvater geht es vielmehr um eine Liquidation der Sachverständigen Frau G, welche er einsehen und als Beweismittel im Wege eines Urkundenbeweises verwenden möchte.

b) Ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 13 Absatz 2 FamFG wird vom Kindesvater insoweit allerdings nicht glaubhaft gemacht. Hierbei müsste es sich um ein vernünftiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse handeln, welches auch tatsächlicher, etwa wirtschaftlicher oder wissenschaftlicher Art sein könnte (MüKoFamFG/Pabst 3. Aufl. 2018 § 13 Rn. 17). Die schlichte Bezugnahme auf eine Liquidation der Sachverständigen Frau G reicht hierfür indes nicht aus. Ein Sachzusammenhang, in dem diese Liquidation für den Kindesvater als Beweismittel von Bedeutung sein könnte, lässt sich nicht erkennen.

c) Schließlich weist das Amtsgericht zutreffend darauf hin, dass über den Anspruch des Kindesvaters auf Akteneinsicht in die Bände I bis XVIL (Blätter 1 bis 9.513) bereits rechtskräftig durch Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 25.01.2018 - 10 UF 56/17 - entschieden worden ist. Nachträgliche Änderungen am Akteninhalt hat es insoweit nicht gegeben.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 30 EGGVG.

Die Festsetzung des Verfahrenswerts beruht auf §§ 40 Absatz 1, 42 Absatz 2 FamGKG.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordert (§ 29 Absatz 2 EGGVG).