LG Krefeld, Urteil vom 21.10.2020 - 11 O 88/19
Fundstelle
openJur 2021, 3256
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000 € -, ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an dem Geschäftsführer ihrer Komplementärin, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Rahmen des Abschlusses von Nutzungsverträgen für Fitnessstudios die Möglichkeiten der Zahlung per Lastschrift von Konten im SEPA Raum einzuschränken, insbesondere die Zahlungsmöglichkeit per Lastschrift auf den Einzug von deutschen Bankkonten zu beschränken;

2. an den Kläger 299,60 € nebst Zinsen hieraus i. H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 14.11.2019 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i. H.v. 1800 € vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 22.000 €.

Tatbestand

Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 2 Ziff 2 UWG klagebefugt. Die Beklagte betreibt Fitnessstudiums in zahlreichen Städten, unter anderem in E. und C..

Die Zeugen E. I. und B. L. schlossen bei der Beklagten Nutzungsverträge für das Fitnessstudio ab, zunächst für den Standort E. und dann am 31.01.2019 für den Standort C. nach einem Umzug.

Der Kläger behauptet, beiden sei es nicht möglich gewesen, die Zahlung der Entgelte für den Nutzungsvertrag bei der Beklagten per Lastschrift über ein Konto in den Niederlanden abzuwickeln. Dies sei auch nach dem Wechsel nach C. nicht möglich gewesen. In dem Vordruck sei lediglich die Angabe "IBAN DE" enthalten gewesen. Es sei beiden Zeugen bei den Fitnessstudios mitgeteilt worden, dass systembedingt nicht die Möglichkeit bestehe, von niederländischen Konten abzubuchen.

Der Kläger vertritt die Ansicht, dies stelle eine SEPA Diskriminierung und damit einen Wettbewerbsverstoß dar. Er forderte die Beklagte mit Schreiben vom 14.08.2019 vergeblich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Die Abmahnkostenpauschale entsprechend einem angemessenen Anteil an den erforderlichen Aufwendungen des Klägers liegt bei 280 € netto.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000 € -, ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an dem Geschäftsführer ihrer Komplementärin, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Rahmen des Abschlusses von Nutzungsverträgen für Fitnessstudios die Möglichkeiten der Zahlung per Lastschrift von Konten im SEPA Raum einzuschränken, insbesondere die Zahlungsmöglichkeit per Lastschrift auf den Einzug von deutschen Bankkonten zu beschränken;

an den Kläger 299,60 € nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 14.11.2019 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, der Einzug von dem niederländischen Konto der Zeugen sei gescheitert, weil der Zeuge I. eine falsche Kontonummer und eine falsche Mitgliedsnummer angegeben habe. Das Buchungssystem der Beklagten sei so eingerichtet, dass jederzeit auf niederländischen Konten Abbuchungen vorgenommen werden könnten. Die Zahlung der Mitgliedsbeiträge durch Überweisung habe allein dem Wunsch des Zeugen I. entsprochen. Es sei davon auszugehen, dass der Zeuge L. zu keinem Zeitpunkt Schwierigkeiten beim Einzug seine Mitgliedsbeiträge gehabt habe.

Die Aktivlegitimation des Klägers werde bestritten. Die Einschaltung der Wettbewerbszentrale durch den Zeugen I. diene allein der Erlangung persönlicher unberechtigter wirtschaftlicher Vorteile und widerspreche den Grundsätzen von Treu und Glauben. Es gehöre nicht zu den satzungsmäßigen Aufgaben der Wettbewerbszentrale, derartige Verfahrensweisen zu unterstützen. Es fehle auch am Rechtsschutzbedürfnis. Bei der in Rede stehenden Vorschrift des Art. 9 Abs. 2 SEPA-Verordnung handele sich nicht um eine verbraucherschützende Vorschrift.

Hierzu trägt der Kläger vor, dass von dem Zeugen I. in der Überweisung angegebene Konto existiere neben dem für die SEPA Überweisung angegebenen Konto.

Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund des vorbereitenden Beweisbeschlusses vom 27.03.2020. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 07.10.2020 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage des Klägers hat auch in sachlicher Hinsicht in vollem Umfange Erfolg. Ihm steht der geltend gemachte Anspruch gemäß § 8 Abs. 3 Ziffer 2 UWG, 3, 3 a UWG, Artikel 9 Abs. 2 SEPA Verordnung zu.

Der Kläger ist in der Rechtsprechung als umfassend klagebefugt im Sinne von § 8 Abs. 3 Ziff 2 UWG anerkannt (vergleiche Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37 Aufl., Einleitung UWG, Rn. 2.45 N. W. &. Aus der Rechtsprechung). Hiergegen hat die Beklagte nichts vorgetragen, sondern lediglich eingewandt, es gehöre nicht zu den satzungsmäßigen Aufgaben der Wettbewerbszentrale, die Erlangung persönlicher Vorteile zu fördern.

Damit ist unstreitig zwischen den Parteien, dass eine umfassende Klagebefugnis des Klägers vorliegt. Unstreitig ist weiterhin, dass der Kläger die Vornahme einer wettbewerbswidrigen Handlung durch die Beklagte prüfte. Unerheblich ist hierbei die persönliche Motivation des Anzeigenden. Die unstreitigen Umstände sind ausreichend zur Annahme einer Klagebefugnis.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Beklagte ihren Mitgliedern, den Zeugen I. und L., mehrfach verwehrt hat, die Mitgliedsbeiträge über die niederländischen Konten der Zeugen einzuziehen. Dies haben die Zeugen übereinstimmend und in glaubwürdiger Weise bekundet. Sie haben dargelegt, wegen der Probleme hätten sie sich bereit erklärt, den Betrag zu überweisen. Dies habe jedoch pro Überweisung fünf Euro gekostet. Sowohl bei dem Versuch in E. als auch bei dem Versuch nach dem Wechsel in C. sei ein Einzug von den von ihnen in den Niederlanden unterhaltenen Konten nicht möglich gewesen.

Die Kammer hat keine Bedenken, den Aussagen der Zeugen Aussagen zu folgen. Sie haben an dem Ausgang des Rechtsstreits kein eigenes rechtliches oder wirtschaftliches Interesse. Ihre Aussagen werden bestätigt durch den Vordruck der Beklagten, der eine bereits vorgegebene Bankverbindung beginnend mit IBAN DE enthält und damit nur einen Einzug von einem bei einer deutschen Bank geführten Konto vorsieht. Zudem wird dies bestätigt durch die Mail des Mitarbeiters des Fitnessstudios in C., Herrn M., der mitteilte, systembedingt habe nicht die Möglichkeit bestanden, von niederländischen Konten abzubuchen.

Der Wortlaut dieser E-Mail ist eindeutig und kann durch die Erklärung, die "systembedingte Unmöglichkeit" sei nur auf die unzutreffenden Angaben des Zeugen I. zurückzuführen, nicht widerlegt werden. Diese Angaben waren - wie der Kläger unwidersprochen ausgeführt hat - weder unzutreffend noch bezogen sie sich auf die Einzugsermächtigung, sondern lediglich auf die Überweisung.

Unerheblich ist, ob das Buchungssystem der Beklagten tatsächlich technisch so eingerichtet war, dass jederzeit auf niederländischen Konten Abbuchungen vorgenommen werden konnten. Dies kann als wahr unterstellt werden, ist jedoch irrelevant, da ein solcher Einzug den Zeugen nach den nachvollziehbaren und glaubhaften Aussagen tatsächlich verwehrt wurde.

Dies stellt einen Verstoß gegen die Norm des Art. 9 Abs. 2 SEPA Verordnung dar.

Diese Norm ist eine Norm, die zumindest auch dem Schutz der Verbraucher dient und bei der dieser Schutz nicht nur untergeordnete Bedeutung oder eine zufällige Nebenwirkung hat, weswegen diese Norm Grundlage eines Unterlassungsklageverfahrens eines Verbraucherschutzverbandes im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 UklaG sein kann (BGH, Urteil vom 06.02.2020, I ZR 93/18, Rn 15).

Ein Verstoß gegen diese Norm liegt vor, wenn ein Zahlungsempfänger, der Lastschriften zum Geldeinzug verwendet, einem Zahler vorgibt, in welchem Mitgliedstaat er sein erreichbares Zahlungskonto zu führen hat, indem er in Deutschland wohnhaften Verbraucher die Bezahlung durch Lastschrift von einem in ein im SEPA Raum unterhaltenen Konto verwehrt (BGH a.a.O.,Rn. 18). Genau dies hat die Beklagte getan.

Die Wiederholungsgefahr ist durch die Erstbegehung und die Verweigerung der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung indiziert.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Grundlage des § 2 Abs. 1 S. 1 UklaG ist, dass der Anspruch im Interesse des Verbraucherschutzes geltend gemacht wird; erforderlich ist zudem, dass der dem Anspruch zugrunde liegende Verstoß die kollektiven Interessen der Verbraucher berührt. Dies ist hier der Fall, weil von diesem Verstoß alle Nutzer der in zahlreichen Städten gelegenen Filialen der Beklagten mit Wohnsitz in Deutschland sind, die eine Kontoverbindung in Ländern unterhalten, die der SEPA Verordnung unterfallen. (vgl. BGH a.a.o., Rn. 40).

Zudem stellt die Vorschrift des Artikel 9 Abs. 2 SEPA Verordnung eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3 a UWG dar. Durch den Verstoß gegen diese Vorschrift handelt die Beklagte unlauter, da sie einer gesetzlichen Vorschrift zuwider handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, da der Verstoß - wie ausgeführt - geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Verstöße gegen Marktverhaltensregelungen liegen in der Regel immer dann vor, wenn es sich um Verbraucherschutzgesetze handelte. Ein solches Gesetz ist die SEPA Verordnung, denn die Vorschrift schützt die Freiheit des Verbrauchers, Zahlungen über ein Konto in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen seines Wohnsitzes abzuwickeln. Bei einem Verstoß hiergegen ist die Verhaltensfreiheit der Verbraucher eingeschränkte (BGH a.a.O., Rn 41).

Der Anspruch auf Erstattung der Kostenpauschale in nicht angegriffen. Und substantiiert und schlüssig vorgetragen. Er ist gerechtfertigt aus § 12 Absatz 1 S. 2 UWG, § 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 S. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus § 709 ZPO.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Düsseldorf zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:

Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.

Das Urteil wurde mit Berichtigungsbeschluss vom 19.11.2020 wie folgt abgeändert:

Das Rubrum des Urteils der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Krefeld vom 21.10.2020 wird gemäߠ 319 ZPO wegen offenbarer Unrichtigkeit dahingehend berichtigt, dass die Worte "ihrer Komplementärin" aus der Ordnungsmittelandrohung gem. Ziff. 1 des Tenors gestrichen werden.

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