OLG München, Endurteil vom 02.12.2020 - 7 U 4305/20
Fundstelle
openJur 2021, 3232
  • Rkr:
Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten werden das Endurteil des Landgerichts München I vom 01.07.2020, Az. 10 HK O 5152/20 in Ziffern 1 und 2 des Tenors und der Beschluss des Landgerichts München I vom 29.04.2020, Az. 10 HK O 5152/20, soweit er nicht schon durch Ziffer 3 des oben bezeichnete Endurteils vom 01.07.2020 aufgehoben wurde, aufgehoben und der Antrag des Klägers zur Gänze zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Gründe

A.

Die Parteien streiten in der Berufung des vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahrens nur noch über die Gesellschafterstellung des Klägers in der Beklagten.

Die Beklagte ist eine GmbH mit einem in vier Geschäftsanteile eingeteilten Stammkapital von jeweils 25.000 DM. Inhaber der Geschäftsanteile Nrn 1 und 2 war der Kläger, Inhaberin der Geschäftsanteile Nrn 3 und 4 Frau C. P., ... (Anl. A 5). Einziger Geschäftsführer war zunächst der Kläger. Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 23.07.2019 wurde Frau A. R. zur einzelvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten weiteren Geschäftsführerin der Beklagten bestellt (vgl. Anl. A 6). Eine Regelung zum Ausschluss eines Gesellschafters enthält die Satzung der Beklagten (Anl. A 1) ebenso wenig wie zur Einziehung von Geschäftsanteilen.

Mit Schreiben vom 09.04.2020 (Anl. A 7) lud die Geschäftsführerin R. den Kläger zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 27.04.2020 in den Räumen der KMO G.straße 54 in ... F. ein. Dem Einladungsschreiben beigefügt war eine Tagesordnung, die als TOP 1 die "Abberufung Herr S. G. als Geschäftsführer wegen gravierender Pflichtverletzungen, Interessenkollisionen (...)" [sic] enthielt.

Mit Schreiben vom 09.04.2020 (Anl. A 10a) übermittelte die Geschäftsführerin R. dem Kläger eine ergänzte Tagesordnung zur Gesellschafterversammlung vom 27.04.2020, die u.a. als TOP 9 folgenden Punkt enthielt: "Ausschließung des Gesellschafters S. G. wegen pflichtwidriger und gesellschaftsschädigender Handlungen, erheblicher unberechtigter Privatentnahmen, Verweigerung von Aufklärungsmaßnahmen im Hinblick auf zum Vorwurf gemachten [sic] Pflichtverletzungen, Gewährung von unberechtigten wirtschaftlichen Vorteilen an Dritte etc. sowie Prüfung zur Einleitung gerichtlicher Verfahren diesbezüglich".

Obwohl der Kläger mit Schreiben seines vormaligen Prozessbevollmächtigten vom 16.04.2020 (Anl. A 8), 22.04.2020 (Anl. A 10) und 24.04.2020 (Anl. A 11) den Versammlungsort Frankfurt/Main gerügt hatte, hielt die Beklagte an der Durchführung der Gesellschafterversammlung am 27.04.2020 in Frankfurt/Main fest.

An der Gesellschafterversammlung nahm für den Kläger Herr Rechtsanwalt M. S. teil, der den Ort der Versammlung vorab als unzulässig rügte. Hinsichtlich der streitgegenständlichen TOP 1 und 9 stimmten der Kläger jeweils mit Nein und die andere Gesellschafterin C. P. jeweils mit Ja. Nach der Abstimmung zu TOP 1 stellte die Geschäftsführerin R. als Versammlungsleiterin fest, dass die Gesellschafterversammlung mit den Stimmen der Gesellschafterin P. die sofortige Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten aus wichtigem Grund beschlossen habe. Der Kläger unterliege einem Stimmverbot. Nach der Abstimmung zu TOP 9 stellte die Versammlungsleiterin fest, dass die Gesellschafterversammlung mit den Stimmen der Gesellschafterin P. den Ausschluss des Klägers aus der Beklagten beschlossen habe. Auch bezüglich TOP 9 unterliege der Kläger einem Stimmverbot (vgl. die Niederschrift über die außerordentliche Gesellschafterversammlung vom 27.04.2020 laut der Anlage zum Schriftsatz des Klägervertreters vom 30.04.2020, Bl. zu 18 d.A.).

Mit Schreiben vom 30.04.2020 meldete die Geschäftsführerin R. die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten zur Eintragung in das Handelsregister an (Anl. VB 1).

Mit Schreiben vom 07.05.2020 (Anl. AG 21) lud die Geschäftsführerin R. den Kläger unter Übermittlung der Tagesordnung zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 26.05.2020 in München ein. Als TOP 1 war darin die "Abberufung des Herr(n) S. G. als Geschäftsführer aus wichtigem Grund" und als TOP 11 die "Ausschließung des Gesellschafters S. G. aus der Gesellschaft (...)" aufgeführt. Nach der Abstimmung stellte die Versammlungsleiterin, die Geschäftsführerin R. fest, dass die Gesellschafterversammlung die Abberufung des Klägers als Geschäftsführers und seinen Ausschluss als Gesellschafter beschlossen habe. Der Kläger unterläge bei diesen Abstimmungen einem Stimmverbot (vgl. die Niederschrift über die außerordentliche Gesellschafterversammlung der Beklagten am 26.05.2020 laut Anl. AG 22).

Des Weiteren wurde der Kläger von der Geschäftsführerin R. zu einer weiteren außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Beklagten am 16.06.2020 eingeladen, wo unter TOP 1 erneut die Ausschließung des Klägers aus der Beklagten sowie die Erhebung einer Ausschlussklage durch die Beklagte beschlossen werden sollte. Die Versammlungsleiterin, die Geschäftsführerin R., stellte die Beschlussfassung zu TOP 1 fest, da der Kläger einem Stimmverbot unterläge.

Eine geänderte Gesellschafterliste, die den Kläger nicht mehr als Gesellschafter der Beklagten auswies, wurde bislang nicht zum Handelsregister eingereicht. Gegen alle Abberufungs- und Ausschließungsbeschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten hat der Kläger Anfechtungsklage erhoben. Eine Ausschlussklage ist noch nicht erhoben.

Der Kläger behauptet, die auf der Gesellschafterversammmlung vom 27.04.2020 zu seiner Abberufung als Geschäftsführer und zu seinem Ausschluss als Gesellschafter aus der Beklagten gefassten Beschlüsse seien unwirksam. Ein wichtiger Grund für seine Abberufung als Geschäftsführer und für seinen Ausschluss als Gesellschafter läge nicht vor.

Würden der Abberufungs- und der Ausschließungsbeschluss vom 27.04.2020 seiner Bank mitgeteilt, würde dies für den Kläger einen immensen wirtschaftlichen Schaden bedeuten. Er sei im Übrigen zur Verteidigung gegen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe auf seine Stellung als Geschäftsführer und Gesellschafter der Beklagten angewiesen.

Mit Schriftsatz vom 27.04.2020 beantragte der Kläger daher im Wege der einstweiligen Verfügung:

1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller sämtliche Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse als Geschäftsführer der Antragsgegnerin zu belassen, bis in der Hauptsache rechtskräftig entschieden ist, ob in der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Antragsgegnerin vom 27.04.2020 ein wirksamer Beschluss über den Widerruf der Bestellung des Antragstellers als Geschäftsführer der Antragsgegnerin aus wichtigem Grund gefasst wurde.

2. Der Antragsgegnerin wird es untersagt, den in der Gesellschafterversammlung der Antragsgegnerin vom 27.04.2020 gefassten Beschluss, wonach der Antragsteller als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund abberufen wird, zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden bzw. den Gesellschafterbeschluss registerrechtlich zu vollziehen, bis die Wirksamkeit des betreffenden Beschlusses in der Hauptsache rechtskräftig festgestellt ist.

3. Der Antragsgegnerin wird es untersagt, zum Handelsregister eine Gesellschafterliste einzureichen, in der der Antragsteller nicht mehr als Gesellschafter der Antragsgegnerin mit einer Beteiligung von 50.000,00 DM am Stammkapital (Geschäftsanteile Nr. 1 und 2 der Gesellschafterliste) genannt ist, bis in der Hauptsache rechtskräftig entschieden worden ist, ob in der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Antragsgegnerin vom 27.04.2020 ein wirksamer Beschluss über die Ausschließung des Antragstellers als Gesellschafter und die Zwangseinziehung der Geschäftsanteile des Antragstellers an der Antragsgegnerin gefasst wurde.

4. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den Antragsteller als Gesellschafter der Antragsgegnerin mit allen Rechten und Pflichten zu behandeln, bis über die Beschlüsse der Antragsgegnerin vom 27.04.2020, wonach der Antragsteller aus der Antragsgegnerin ausgeschlossen und seine Geschäftsanteile zu nominal 50.000,00 DM an der Antragsgegnerin (mit der Nr. 1 und 2 der Gesellschafterliste) eingezogen werden, rechtskräftig gerichtlich entschieden ist.

5. Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziffer 1-4 bezeichneten Verpflichtungen ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von zweihundertfünfzigtausend Euro oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, zu vollstrecken gegen die Geschäftsführerin R., angedroht.

Mit Beschluss vom 29.04.2020 (Az. 10 HK O 5152/20, Bl.12716 d.A.) erließ das Landgericht München I antragsgemäß die einstweilige Verfügung, wogegen die Beklagte Widerspruch einlegte.

Der Kläger beantragte,

die einstweilige Verfügung zu bestätigen.

Die Beklagte beantragte,

Die einstweilige Verfügung vom 29.04.2020 wird aufgehoben Die Beklagte trug vor, dass die Abhaltung der Gesellschafterversammlung vom 27.04.2020 in Frankfurt/Main der Wirksamkeit der Beschlüsse nicht entgegenstehe. Der Kläger habe unter Verstoß gegen die Geschäftsordnung der Beklagten eigenmächtig Überweisungen vorgenommen, insbesondere am 27.04.2020 um 12.07 Uhr, das heißt zeitgleich mit der Gesellschafterversammlung, eine Überweisung in Höhe von 240.000,00 € auf sein Privatkonto.

Mit Endurteil vom 01.07.2020, Az. 10 HK O 5152/20, hielt das Landgericht München I seine einstweilige Verfügung vom 29.04.2020 in Ziffern 3 und 4 vollständig und in Ziffer 5 insoweit aufrecht, als für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziffern 3 und 4 bezeichneten Verpflichtungen Ordnungsmittel angedroht wurden. Im Übrigen hob es seine einstweilige Verfügung vom 29.04.2020 auf.

Zur Begründung führte das Landgericht aus, dass der Kläger einen Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht habe, da die in der Gesellschafterversammlung vom 27.04.2020 gefassten Beschlüsse jedenfalls anfechtbar seien. Die Teilnahme an einer Gesellschafterversammlung, die nicht am Sitz der Gesellschaft in München, sondern in Frankfurt/Main in den Kanzleiräumen des Vaters der weiteren Geschäftsführerin stattfinde, sei dem Kläger nicht zuzumuten gewesen, sodass dadurch sein Recht auf Teilnahme an der Gesellschafterversammlung verletzt worden sei.

Einen Verfügungsgrund habe der Kläger dagegen nur insoweit glaubhaft gemacht, als es um seinen Ausschluss aus der Beklagten gehe. Denn nach dem Beschluss vom 27.04.2020, der bis zu einer etwaigen Unwirksamkeitsfeststellung im Hauptsacheverfahren vorläufig wirksam sei, sei der Kläger von der Mitwirkung in der Gesellschafterversammlung ausgeschlossen, sodass in der Zwischenzeit die verbleibende Gesellschafterin das Unternehmen der Beklagten nach Belieben umgestalten könne. Dies könne, selbst wenn der Kläger in der Hauptsache obsiegen würde, nur mit unverhältnismäßigem Aufwand oder gar nicht mehr rückgängig gemacht werden. Dies könne nur dadurch verhindert werden, dass der Beklagten verboten werde, eine neue Gesellschafterliste, in der der Kläger nicht mehr als ihr Gesellschafter ausgewiesen werde, zum Handelsregister einzureichen. Gleichzeitig sei der Beklagten deshalb aber auch aufzuerlegen, den Kläger bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens weiterhin als Gesellschafter zu behandeln.

Hinsichtlich seiner Geschäftsführerstellung sei ein Verfügungsgrund jedoch nicht glaubhaft gemacht. Denn der Kläger habe lediglich pauschal behauptet, es sei ein immenser wirtschaftlicher Schaden zu befürchten, wenn seine Abberufung den Banken mitgeteilt würde. Auch die Behauptung des Klägers er sei im Hinblick auf die im Verfahren gegen ihn erhobenen Vorwürfe darauf angewiesen, die umfangreichen Akten der Beklagten zu sichten, was er aber nur als Geschäftsführer könne, reiche für die Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes hinsichtlich der seine Abberufung als Geschäftsführer betreffenden Anträge nicht aus. Insoweit würden die ihm als Gesellschafter zustehenden Rechte auf Einsichtnahme in die Unterlagen der Beklagten genügen.

Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen.

Die Beklagte verfolgt mit ihrer Berufung ihr ursprüngliches Antragsabweisungsziel vollumfänglich weiter.

Sie trägt vor, dass ein Verfügungsgrund hinsichtlich der Gesellschafterstellung des Klägers schon deshalb nicht bestehe, da die Beklagte den Kläger trotz des Ausschließungsbeschlusses vom 27.04.2020 weiterhin als Gesellschafter behandle, was schon durch die Einladungen des Klägers zu den Gesellschafterversammlungen vom 26.05.2020 und 16.06.2020 zum Ausdruck komme. Darüber hinaus habe die Beklagte auch nicht die Absicht, den Ausschluss des Klägers als Gesellschafter der Beklagten zum Handelsregister anzumelden. Eine solche Anmeldung werde nicht erfolgen, da ein Ausschließungsbeschluss mangels einer Regelung zum Ausschluss eines Gesellschafters in der Satzung der Beklagten für einen Ausschluss ohnehin nicht ausreiche. Deshalb habe die Beklagte bislang auch nur die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet.

Die Beklagte beantragt daher,

das am 01.07.2020 verkündete Urteil des Landgerichts München I - 10 HK O 5152/20 - sowie die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I vom 29.04.2020 - 10 HK O 5152/20 - aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 27.04.2020 insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Ein Verfügungsgrund hinsichtlich der Ausschließung als Gesellschafter liege aufgrund der drei Ausschließungsbeschlüsse vor, da die Gefahr bestehe, dass die Beklagte das Ausscheiden des Klägers als Gesellschafter unverzüglich durch Einreichung einer entsprechenden geänderten Gesellschafterliste anmelden werde.

Der Senat hat am 02.12.2020 mündlich verhandelt. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 02.12.2020, die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und den übrigen Akteninhalt wird Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet, da der Kläger einen hinreichenden Verfügungsgrund nicht glaubhaft gemacht hat.

Zwar ist - wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat (LGU S. 8) - der auf der Gesellschafterversammlung vom 27.04.2020 zu TOP 9 gefasste Beschluss hinsichtlich des Ausschlusses des Klägers aus der Beklagten (nur dieser ist in der Berufung noch streitgegenständlich) vorläufig verbindlich (BGH, Urteil vom 02.07.2019 - II ZR 406/17, Rdnr. 31). In Ermangelung einer Satzungsregelung über den Ausschluss eines Gesellschafters aus der Gesellschaft führt ein Ausschließungsbeschluss der Gesellschafterversammlung jedoch noch nicht zum Ausschluss des betroffenen Gesellschafters. Vielmehr bedarf es in einer solchen Konstellation für einen wirksamen Ausschluss eines Gestaltungsurteils nach erfolgreich erhobener Ausschlussklage (vgl. BGH, Urteil vom 01.04.1953 - II ZR 235/52, Rdnr. 30 und Urteil vom 09.03.1987 - II ZR 215/86, Rdnr. 12, Strohn in Münchner Kommentar zum GmbHG, 3. Auflage, München 2018, Rdnr. 157 zu § 34 GmbHG). Die vorläufige Verbindlichkeit des festgestellten Ausschließungsbeschlusses vom 27.04.2020 führt daher noch nicht zu einem Ausschluss des Klägers, gegen den sich dieser nur noch mit einer Anfechtungsklage wehren könnte. Bis zur Erwirkung eines rechtskräftigen Gestaltungsurteils über seinen Ausschluss behält der auszuschließende Gesellschafter vielmehr seine vollen Gesellschafterrechte (vgl. Strohn in Münchner Kommentar zum GmbHG, 3. Aufl. 2018, Rdnr. 162 zu § 34 GmbHG). Insoweit ist der streitgegenständliche Sachverhalt auch nicht mit dem der Entscheidung des BGH vom 02.07.2019 - II ZR 406/17, auf den das Landgericht maßgeblich abstellt (vgl. LGU S. 8), zu Grunde liegenden zu vergleichen. Denn dort war die beschlossene Einziehung der Gesellschaftsanteile nach den Feststellungen des BGH vorläufig verbindlich und war der von der Einziehung seiner Geschäftsanteile Betroffene auf die klageweise Anfechtung des Einziehungsbeschlusses verwiesen (vgl. BGH, aaO, Rdnr. 31).

Die Notwendigkeit eines von der Gesellschaft oder bei einer Zwei Personen GmbH vom anderen Gesellschafter erst noch zu erwirkenden rechtskräftigen Gestaltungsurteils über den Ausschluss eines Gesellschafters und die daraus folgende fehlende vorläufige Verbindlichkeit des am 27.04.2020 beschlossenen Ausschlusses machen ein Vorgehen des auszuschließenden Gesellschafters im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zwar nicht schon per se unmöglich. Denn auch bei einer fehlenden vorläufigen Verbindlichkeit des Auschlusses kann die Gefahr einer Einreichung einer geänderten, den auszuschließenden Gesellschafter nicht mehr ausweisenden Gesellschafterliste zum Handelsregister bestehen. Die in einer solchen Konstellation an die Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes zu stellenden Anforderungen sind jedoch hoch (vgl. Strohn in Münchner Kommentar zum GmbHG, 3. Aufl. 2018, Rdnrn 33 und 162 zu § 34 GmbHG). Anders als im Fall des BGH (II ZR 406/17), wo sich der Verfügungsgrund allein aus der vorläufigen Verbindlichkeit des Einziehungsbeschlusses ergab, müssen beim streitgegenständlichen Sachverhalt deshalb weitere, die aktuelle Gefahr der Einreichung einer unrichtigen Gesellschafterliste begründende Umstände hinzutreten.

Solche hat der Kläger jedoch weder behauptet noch glaubhaft gemacht. Vielmehr ist unstreitig, dass der Kläger trotz des streitgegenständlichen Ausschließungsbeschlusses vom 27.04.2020 zu den nachfolgenden Gesellschafterversammlungen der Beklagten vom 26.05.2020 und 16.06.2020 eingeladen wurde und daran auch teilgenommen hat. Dies macht deutlich, dass die Beklagte entsprechend der oben dargelegten Rechtslage davon ausgeht, dass der Kläger trotz des Ausschließungsbeschlusses vom 27.04.2020 bis zur Erwirkung eines rechtskräftigen Ausschließungsurteils weiterhin ihr Gesellschafter ist. Dafür spricht auch, dass die Geschäftsführerin der Beklagten, Frau A. R., bislang keine geänderte Gesellschafterliste zum Handelsregister eingereicht hat, während die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten bereits mit Schreiben vom 30.04.2020 von ihr zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet wurde, und dass in der Gesellschafterversammlung vom 16.06.2020 nunmehr auch ausdrücklich die Erhebung einer Ausschlussklage beschlossen wurde. Der Senat entnimmt daraus, dass sich die Beklagte durchaus bewusst ist, dass der Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Ausschließungsprozesses weiterhin ihr Gesellschafter mit allen Rechten und Pflichten ist, und dies respektiert.

Die Gefahr der Aufnahme einer geänderten, unrichtigen Gesellschafterliste in das Handelsregister vor Vorliegen eines rechtskräftigen Ausschließungsurteil erachtet der Senat nach dem unstreitigen oder glaubhaft gemachten Sachverhalt auch schon deshalb derzeit nicht für erheblich, da das Registergericht, obwohl es grundsätzlich nur eine Prüfung der Gesellschafterliste in formaler Hinsicht vorzunehmen hat, die Aufnahme der Gesellschafterliste zum Registerordner jedenfalls dann verweigern kann, wenn die eingereichte geänderte Gesellschafterliste offenkundig unrichtig ist (vgl. OLG München, Beschluss vom 08.09.2009 - 31 Wx 82/09, Rdnr. 5 und OLG Jena, Beschluss vom 22.03.2010 - 6 W 110/10, Rdnr. 17) oder wenn das Registergericht sichere Kenntnis von der inhaltlichen Unrichtigkeit der eingereichten Liste hat (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 17. 01.2011 - 20 W 378/10, Rdnr. 42). Das Registergericht darf nämlich nicht wissentlich an der Schaffung eines falschen Rechtsscheins mitwirken und damit möglicherweise die Grundlage für Schädigungen Dritter oder von Gesellschaftern schaffen (vgl. OLG Frankfurt, aaO, aA OLG Bamberg, Beschluss vom 02.02.2010 - 6 W 40/09, Rdnr. 12, offengelassen von BGH, Beschluss vom 01.03.2011 - II ZB 6/10, Rdnr. 12). Aufgrund der Kenntnis des Registergerichts von der Satzung der Beklagten, die keine Ausschlussregelung enthält, des Beschlusstextes und in Ermangelung eines Ausschließungsurteils wäre aber im streitgegenständlichen Fall von einer solchen sicheren Kenntnis des Registergerichts von der inhaltlichen Unrichtigkeit einer den Kläger nicht mehr als Gesellschafter ausweisenden Gesellschafterliste auszugehen.

Da ein Geschäftsführer vor Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste zum Handelsregister im Übrigen verpflichtet ist, dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (vgl. BGH, Urteil vom 17.12.2013 - II ZR 21/12, Rdnr. 36), wird dem auszuschließenden Gesellschafter effektiver Rechtsschutz auch nicht verwehrt.

Nach alledem besteht auch hinsichtlich der Ziffern 3 und 4 des klägerischen Antrags vom 27.04.2020 kein Verfügungsgrund, war das landgerichtliche Urteil deswegen in Ziffern 1 und 2 seines Tenors aufzuheben und der Antrag des Klägers zur Gänze abzuweisen.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.