BGH, Beschluss vom 16.11.2020 - NotSt(Brfg) 1/20
Fundstelle
openJur 2021, 3227
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Tenor

Aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Beteiligten wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Köln vom 6. November 2019 ist wirkungslos. Die Kosten des Verfahrens in erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens im zweiten Rechtszug hat der Kläger zu tragen.

Gründe

I.

Der im Januar 1950 geborene Kläger ist Rechtsanwalt und wurde im Jahre 1985 zum Notar bestellt. Durch Disziplinarverfügung vom 28. November 2018 erteilte der Präsident des Landgerichts dem Kläger einen Verweis, verhängte gegen ihn eine Geldbuße von 9.000 € und legte ihm die Kosten des Disziplinarverfahrens auf. Hintergrund der Disziplinarverfügung sind Beurkundungen von Grundstücksgeschäften, die der Kläger im Jahre 2011 vorgenommen hatte. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Darstellung im Urteil des Oberlandesgerichts verwiesen.

Mit seiner Klage hat der Kläger die Aufhebung der Disziplinarverfügung begehrt. Das Oberlandesgericht hat die Disziplinarverfügung unter Abweisung der weitergehenden Klage dahingehend abgeändert, dass gegen den Kläger nurmehr eine Geldbuße von 4.500 € verhängt und seine Pflicht zur Kostenerstattung auf die Hälfte der Kosten des Disziplinarverfahrens reduziert wird. Es hat die Berufung nicht zugelassen. Hiergegen hat sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung gewandt, mit der er die vollständige Aufhebung der Disziplinarverfügung hat erreichen wollen.

Nach Ablauf der Frist zur Begründung des Zulassungsantrags ist der Kläger mit Ende des 31. Januar 2020 wegen Erreichung der Altersgrenze aus dem Amt des Notars ausgeschieden. Aus diesem Grund hat der Beklagte durch Bescheid vom 25. August 2020 die angefochtene Disziplinarverfügung aufgehoben und das Disziplinarverfahren eingestellt. Hierauf haben die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

II.

1. Aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Beteiligten ist das Verfahren einzustellen und die Unwirksamkeit des in erster Instanz ergangenen Urteils des Oberlandesgerichts auszusprechen (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO [analog] beziehungsweise § 173 Satz 1 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO [analog], jeweils in Verbindung mit §§ 3, 65 Abs. 1 Satz 1 BDG in Verbindung mit § 109 BNotO; vgl. W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl., vor § 124 Rn. 43 und R.P. Schenke aaO § 161 Rn. 15 mwN).

2. Gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 3, 77 Abs. 1 BDG, § 109 BNotO ist zudem nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Nach diesen Maßstäben sind die Kosten des zweiten Rechtszuges dem Kläger aufzuerlegen und die Kosten der ersten Instanz - entsprechend dem Urteilsausspruch des Oberlandesgerichts - gegeneinander aufzuheben.

a) Zwar hat sich der Beklagte durch die Aufhebung der Disziplinarverfügung und die Einstellung des Disziplinarverfahrens freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben. Die den Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens bildende Disziplinarverfügung musste jedoch nur deshalb aufgehoben werden, weil der Kläger aufgrund des altersbedingten Ausscheidens aus dem Notaramt mit Ablauf des 31. Januar 2020 (§ 47 Nr. 2, § 48a BNotO) nicht mehr dem persönlichen Geltungsbereich der disziplinarrechtlichen Bestimmungen der Bundesnotarordnung unterfällt und mithin die disziplinarrechtliche Verfolgbarkeit der dem Kläger angelasteten Disziplinarvergehen weggefallen ist (vgl. Senat, Beschlüsse vom 8. April 2019 - NotSt(Brfg) 3/18, BeckRS 2018, 43112 Rn. 3 und vom 18. Juli 2011 - NotSt(Brfg) 1/11, BGHZ 190, 278 Rn. 5).

b) Ohne Berücksichtigung der Erreichung der Altersgrenze wäre der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ohne Erfolg geblieben.

aa) Hinsichtlich der Kaufverträge vom 5. Mai 2011 (UR-Nr. 193/2011), 8. Juli 2011 (UR-Nr. 293/2011) und 14. Juli 2011 (UR-Nr. 311/2011) hat der Kläger die gegen ihn erhobenen Vorwürfe der Verzögerung der Eigentumsumschreibung auf den jeweiligen Erwerber bis Oktober 2015 und der (vorsätzlichen) Verletzung der Auskunftspflicht gegenüber der Notarkammer nach § 74 Abs. 1 BNotO nicht mehr in Abrede genommen. Seine Verteidigung gegen den Vorwurf, der Kaufpreis aus dem Vertrag vom 5. Mai 2011 sei ohne Vorliegen der Fälligkeitsvoraussetzungen ausgekehrt worden, lässt außer Betracht, dass die Kaufpreisauszahlung jedenfalls "ungesichert" - im Sinne einer ungesicherten Vorausleistung - vorgenommen wurde, weil zu dieser Zeit noch wesentliche Hindernisse für die Eigentumsumschreibung bestanden; insoweit lässt die Antragsbegründung eine hinreichend konkrete Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Oberlandesgerichts vermissen. Auf den vom Kläger beanstandeten Vorwurf eines Verstoßes gegen § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 1 BeurkG im Zusammenhang mit der ergänzenden Urkunde vom 7. Oktober 2015 (UR-Nr. 346/2015) hat das Oberlandesgericht die teilweise Aufrechterhaltung der Disziplinarverfügung nicht maßgeblich gestützt.

bb) Soweit es um die Vorwürfe betreffend den Kaufvertrag vom 18. März 2011 über eine noch fertigzustellende Eigentumswohnung (UR-Nr. 112/2011) geht, ist die Antragsbegründung nicht auf den Vorhalt des Oberlandesgerichts eingegangen, dass die beurkundete Fälligkeitsregelung wegen Verstoßes gegen §§ 12, 3 Abs. 2 MaBV in Verbindung mit § 134 BGB nichtig gewesen sei und der Kläger es durch Fälligkeitsmitteilungen zu ungesicherten Vorleistungen der Käuferseite habe kommen lassen.

cc) Unbeschadet dessen erscheint eine Geldbuße von 4.500 € bereits für die vom Kläger eingeräumten schweren - und teilweise vorsätzlichen - Dienstvergehen in Bezug auf die Kaufverträge vom 5. Mai, 8. Juli und 14. Juli 2011 angezeigt und angemessen.

Herrmann Tombrink Böttcher Brose-Preuß Hahn Vorinstanz:

OLG Köln, Entscheidung vom 06.11.2019 - 2 X (Not) 10/18 -