OLG München, Beschluss vom 18.03.2019 - 32 U 3950/18
Fundstelle
openJur 2021, 3209
  • Rkr:
Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 11.10.2018, Az.: 10 O 5908/18, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Der Beschluss und das in Ziffer 1. genannte Urteil des Landgerichts München I sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.580,-- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Feststellung ihrer Berechtigung zur Mietminderung in Höhe von 10%, weil ihr das Objekt nicht im vertraglich vereinbarten Umfang übergeben worden sei.

Die Klägerin ist Mieterin von Flächen im Anwesen ... Straße ... in ..., in der sie eine Ballettschule betreibt. Die Beklagte ist Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Vermieterin. Der monatliche Bruttomietzins beträgt 4.900,- €. Dem Mietvertrag vom 24.06.2015 ist ein Grundrissplan der vermieteten Räumlichkeiten beigefügt, Anlage K 2. Die ursprüngliche Vermieterin, die ... GmbH, hat mit Angebot eines Nachtrags zum Mietvertrag vom 24.06.2015 darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Umbauarbeiten nicht die in Anlage 1 zum Mietvertrag (hier Anlage K 2) ausgewiesene Fläche übergeben worden sei, sondern eine um 10 qm kleinere Fläche. Darüber hinaus sei in Anlage 1 (hier: Anlage K 2) zum Mietvertrag vom 24.06.2015 versehentlich der Flur, der den einzigen Zugang zur benachbarten Mieteinheit ermögliche, der vertragsgegenständlichen Mieteinheit zugeschlagen worden.

Der von der Vorvermieterin angebotene Nachtrag zum Mietvertrag vom 24.06.2015 wurde von der Klägerin nicht angenommen.

Die an die Klägerin vermietete Bruttogeschossfläche beträgt über 300 qm.

Die Berufung stellt ihre Berechtigung zur Mietminderung darauf ab, dass ihr das Mietobjekt nicht im vertraglich vereinbarten Umfang übergeben wurde. Hinsichtlich des nach Auffassung der Klägerin nicht zur Verfügung gestellten Vorraumes handele es sich um eine Gemeinschaftsfläche, statt der vereinbarten Ausschließlichkeit der Nutzung durch die Klägerin. Die Klägerin sei nicht berechtigt, Gegenstände dauerhaft abzustellen. Gravierender stelle sich die Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit bei der Flächenunterschreitung im Übungsraum dar, da dort der Kernbereich der gewerblichen Tätigkeit der Klägerin betroffen sei und ihr durch die vermindert zur Verfügung gestellten Fläche unmittelbar ein Umsatzausfall entsteht.

Hinsichtlich der weiteren Darstellung der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 11.10.2018 Bezug genommen.

Im Berufungsverfahren beantragt die Klägerin:

1. Das Urteil des Landgerichts München I vom 11.10.2018 wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass die Klägerin berechtigt ist, die monatliche Bruttomiete in Höhe von derzeit 4.900,- € für die von ihr gemieteten Flächen an der ... Straße ... in ... um 10% zu mindern.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 11.10.2018, Az.: 10 O 5908/18, zurückzuweisen.

Der zum Treppenhaus führende Raum der Klägerin sei nicht als Individualfläche vermietet. Die Klägerin dürfe diese Fläche im Rahmen des Üblichen als Gemeinschaftsfläche mitbenutzen. Die Fläche des um 10 qm zu geringen Übungsraumes sei kein wertbildendes Merkmal der Mietsache und stelle keinen Mangel dar. Es werde ferner bestritten, dass eine Flächenabweichung von 10 qm des Übungsraumes vorläge. Im Übrigen hätten die Parteien im Mietvertrag keine bestimmte Fläche vereinbart, sondern es ergeben sich lediglich aus der Anlage zum Mietvertrag ungefähre ("c.a.") Werte für einzelne Räume der Mietsache. Selbst eine Flächenangabe in einem Mietvertrag diene in der Regel nur der Beschreibung des Objekts und begründe, wenn sie nicht zutreffe, keine Mängelansprüche. Selbst bei Unterstellen einer behaupteten Abweichung von 10 qm läge keine erhebliche Abweichung im Rechtssinne vor. Die noch zulässige Toleranz läge insoweit bei 10% der angemieteten Gesamtfläche. Für die Klägerin sei eine bestimmte Quadratmeterfläche nicht von Bedeutung. Vorliegend habe sie die Mietsache als für ihre Zwecke tauglich eingestuft, d.h. die Klägerin sei bei der Anmietung davon ausgegangen, dass die tatsächlich vorhandenen Übungsflächen ihren Anforderungen entsprächen.

II.

1. Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 11.10.2018, Az.: 10 O 5008/18, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

1) Zur Begründung der mangelnden offensichtlichen Erfolgsaussicht wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts sowie die vorausgegangenen Hinweise des Senats vom 11.02.2019 Bezug genommen.

Die Gegenerklärung der Klägerin bietet keinen Anlass zu einer Änderung der im Hinweisbeschluss mitgeteilten Rechtsauffassung des Senats.

Die Berufung stellt nunmehr nicht mehr ausdrücklich auf Schadensersatz nach § 536 a BGB ab, vgl. Schriftsatz vom 11.03.2019, sondern begehrt Feststellung, dass sie zur Mietminderung wegen der Flächenabweichung berechtigt sei (anders noch im Schriftsatz vom 07.08.2018, wonach keine Mietminderung beansprucht werde, weil die vereinbarte, in m² dargestellt Flächenangabe von der tatsächlich errechneten Flächenangabe abweicht).

Die Behandlung der vorgetragenen Flächendifferenz, also die Abweichung der wie immer ermittelten Grundstücks- oder Flächengröße von der Größenangabe im Mietvertrag unterliegt als solcher der Anwendung des § 536 BGB.

Da die Flächendifferenz unter 10% bezogen auf die angemietete Gesamtfläche beträgt, muss die Klägerin im Rechtsstreit vortragen und gegebenenfalls beweisen, dass die "geringfügige" Flächendifferenz von bis zu 10% tatsächlich für sie die Eignung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch erheblich beeinträchtigt (BGH NJW 2008, 142 Rn 19 = NZM 2008, 35 = WuM 2007,700; OLG Dresden NZM 2015 697,699). Auf nichts anderes hat der Senat in seinem Hinweisbeschluss abgestellt. Die Klägerin hat eben nicht konkret dargestellt, dass die Flächenabweichung für sie zu einer Umsatzeinbuße geführt hat. Sie muss einen Schaden haben, wenn sie trotz der geringfügigen Flächenabweichung eine Mietminderung begehrt. Insoweit würde der konkret zu berechnende Schadensersatzanspruch in der pauschal zu bestimmenden Minderung aufgehen.

1) Im Hinblick auf den Übungsraum kann nur dann eine erhebliche Beeinträchtigung festgestellt werden, wenn die Klägerin durch einen geringeren Raum bei einer gewinnbringenden Nutzung beeinträchtigt ist. Eine solche Beeinträchtigung wurde nicht substantiiert dargestellt, worauf der Senat in seinem Hinweisbeschluss abgestellt hat.

2. Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da der Senat von keiner obergerichtlichen Rechtsprechung abweicht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

4. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgt gemäß § 708 Ziffer 10, § 711 ZPO. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.