AG Neuss, Beschluss vom 03.08.2018 - 50 F 1110/16
Fundstelle
openJur 2021, 3098
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. II-7 UF 151/18
Tenor

1.

Der Antragsgegner wird in Abänderung der Jugendamtsurkunden des Stadtjugendamtes Neuss vom 19.04.2016, Az. 51.3.1-AH, Registernummer 254/2016, und des Jugendamts Kaarst vom 30.11.2017, Az. 51.75.10, verpflichtet, an die Antragstellerin Kindesunterhalt wie folgt zu zahlen:

a) für die Zeit vom 01.05.2015 bis 31.12.2015: 6.176,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten aus 1.558,00 € seit dem 02.07.2015 und aus 3.839,00 € seit dem 02.12.2015

b) für die Zeit vom 01.01.2016 bis 31.12.2016: 8.319,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 02.12.2016

c) für die Zeit vom 01.01.2017 bis 31.12.2017: 7.817,16 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten aus 7.165,73 seit dem 02.11.2017 und aus 651,83 € seit dem 02.12.2017

d) für die Zeit vom 01.01.2018 bis 31.07.2018: 5.299,00 €

e) für die Zeit vom 01.08.2016 bis 30.11.2018: monatlich im Voraus 1.496,00 €

f) ab dem 01.12.2018: monatlich im Voraus 735,00 €.

Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

2.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3.

Die sofortige Wirksamkeit des Beschlusse zu Ziffer 1. e) und f) wird angeordnet.

Gründe

I.

Die am 08.01.2000 geborene Antragstellerin ist die Tochter des Antragsgegners. Sie lebt seit Dezember 2013 bei ihrem Onkel und besucht die Schule. Die Kindesmutter verstarb am 23.04.2012. Der Antragsgegner erhält das Kindergeld sowie die Halbwaisenrente für die Antragstellerin.

Zur Geltendmachung von Kindesunterhalt wurde im April 2015 eine Ergänzungspflegschaft eingerichtet. Der Antragsgegner wurde mit Schreiben vom 21.05.2015 zur Erteilung von Auskunft über sein Einkommen sowie die Zahlung von Kindesunterhalt aufgefordert. Am 06.08.2015 wurde der Kindesvater aufgefordert, Kindesunterhalt in Höhe von monatlich mindestens 599,00 € sowie einen Unterhaltsrückstand von Januar bis August 2015 i.H.v. 1604,00 € zu zahlen.

Er verpflichtete sich durch Jugendamtsurkunde vom 19.04.2016, Az. 51.3.1-AH, Registernummer 254/2016, des Stadtjugendamtes Neuss (Kopie Bl. 39) Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 539,00 € bis zum 30.04.2017 zu zahlen. Durch Urkunde des Jugendamts Kaarst (Bl. 563) vom 30.11.2017, Az. 51.75.10 verpflichtete er sich, Kindesunterhalt in Höhe von 539,00 € bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres der Antragstellerin zu zahlen. Er erhält das Kindergeld und die Halbwaisenrente für die Antragstellerin.

Der Antragsgegner bewohnt ein in seinem Alleineigentum stehendes Einfamilienhaus mit seiner Ehefrau mit einer Wohnfläche von 116,94 qm, Keller, Dachgeschoss, Garten und zwei Garagen. Das Haus wurde 1976 errichtet, die Grundstücksfläche beträgt 356 qm.

Die Ehefrau des Antragsgegners erhielt ab dem 01.07.2016 eine Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von monatlich 724,65 € gemäß Bescheid vom 31.05.2017 (Kopie Bl. 462).

Der Antragsgegner erkrankte laut ärztlichem Attest vom 26.09.2017 (Bl. 485) an einem Prostatacarcinom und war danach bis Ende des Jahres nicht arbeitsfähig. Der Antragsgegner ging seiner Erwerbstätigkeit unterbrechungsfrei nach. Durch Bescheid vom 12.01.2017 (Bl. 637 ff) wurde ihm ab dem 06.12.2016 ein Grad der Behinderung von 50 attestiert.

Die Antragstellerin trägt im Wesentlichen vor:

Der Antragsgegner sei verpflichtet, den doppelten Barunterhalt zu leisten, da er keine Betreuungsleistungen für die Antragstellerin erbringe. Kindergeld und Halbwaisenrente seien nicht abzuziehen, da er diese nicht an die Antragstellerin weiterleite.

Der Wohnwert der Immobilie betrage ca. 1200,00 € - 1.300,00 €. Auch bei Berücksichtigung von nicht belegten Abzügen in Höhe von insgesamt 2012,00 € liege das Einkommen des Antragsgegners oberhalb der Einkommensgruppe 10, so dass der Antragsgegner in jedem Fall leistungsfähig sei

Die Antragstellerin beantragt,

den Antragsgegner zu verpflichten,

an die Antragstellerin in Abänderung der Jugendamtsurkunde vom 19.04.2016, Az. 51.3.1-AH, Registernummer 254/2016, des Stadtjugendamtes Neuss ab dem 01.12.2017 monatlich Kindesunterhalt in Höhe des doppelten Betrags von 160 % des Mindestunterhalts der dritten Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle, derzeit von monatlich 1440,00 €, zu zahlen,

an die Antragstellerin für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis 30.11.2017 rückständigen Kindesunterhalt i.H.v. 30.783,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 7043,00 € seit dem 02.07.2015, aus 4045,00 € seit dem 02.12.2015, aus 10092,00 € seit dem 02.12.2016, aus 9.603,00 € seit dem 02.11.2017 und fortlaufend aus 873,00 € seit dem 02.12.2017 zu zahlen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Der Antragsgegner trägt im Wesentlichen vor:

Der Kindesunterhalt sei in der Höhe nach gemäß dem Bedarf eines allein lebenden volljährigen Kindes zu bemessen. Der Antragsgegner sei nach wie vor bereit, seiner Unterhaltsverpflichtung durch Betreuung und Versorgung der Antragstellerin nachzukommen. Da die Antragstellerin die jetzige Ehefrau des Antragsgegners nicht möge, sei sie aus dem väterlichen Haushalt ausgezogen, eine Rückkehr sei ihr jederzeit möglich. Die Antragstellerin sei aufgrund von Intrigen dazu bewegt worden, den väterlichen Haushalt zu verlassen.

Unterhalt sei nicht bereits seit Januar 2015 geschuldet. Der Antragsgegner habe in Absprache mit dem Onkel zunächst monatlich Kindesunterhalt i.H.v. 500,00 Euro geleistet, so auch in den Monaten Januar bis März 2015. Seit April zahle er Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 539,00 € und leite das gesetzliche Kindergeld sowie die Halbwaisenrente an die Antragstellerin weiter.

Das Gehalt sei ab Mai 2015 um die Position "Car Allowance" in Höhe von monatlich 1000,00 € zu kürzen. Der Arbeitgeber gewähre diesen Betrag dafür, dass der Arbeitnehmer seine berufliche Tätigkeit in seinen Räumen ausübe und das Fahrzeug, welches in erster Linie zu Firmenzwecken eingesetzt werde, selber finanzieren. Auch habe der Antragsgegner sämtliche Kosten, die mit dem Fahrzeug zusammen hängen würden, allein zu tragen. In der Zeit von Januar 2016 bis März 2016 habe er monatlich durchschnittlich einen beruflich bedingten Fahraufwand von 2.509,00 km, entsprechend Kosten von (2500 * 0,30) 750,00 €.

Ferner seien folgende Kosten zu berücksichtigen: Kranken und Pflegeversicherung i.H.v. 746,48 €, Berufsunfähigkeitsversicherung i.H.v. 140,52 €, Kreditrate i.H.v. 443,67 € aufgrund eines am 16.04.2008 aufgenommenen Kredits, Fahrzeug-Leasingrate im Jahr 2015 809,00 € und ab 2016 299,94 €, Kfz-Steuer, private Rentenversicherung 39,69 €, Kfz-Versicherung €, Grundbesitzabgaben 80,84 €, Gebäudeversicherung 33,87 €.

Zur Finanzierung des Einfamilienhauses zahle er monatlich 1147,59 €. Auf einen weiteren Kredit vom 23.01.2007 zahle er monatlich 382,53 €. Dem Antragsgegner sei nicht der volle Wohnwert anzurechnen, sondern max. 400,00 €. Er habe den Tod der Kindesmutter nicht vorhersehen können und halte ein Zimmer für die Antragstellerin bereit. Zudem bewohne die Ehefrau das Haus, in dem der Antragsgegner auch seine berufliche Tätigkeit ausübe. Der Quadratmeterpreis belaufe sich auf 4,50 €.

Der Antragsgegner sei seit der Feststellung des Befunds "Prostatacarcinom, metastasierend" am 05.12.2016 arbeitsunfähig, wie durch Attest (Kopie Bl. 485) belegt. Er habe zur Vermeidung einer finanziellen Notlage seine Tätigkeit fortgesetzt, was überobligatorisch sei. Er könne maximal 2 - 3 Stunden in langsamen Tempo arbeiten, bevor er eine längere Pause benötige. Er müsse am Wochenende nacharbeiten. Hobbys und Freizeitaktivitäten habe er aufgegeben, um seinen Arbeitsplatz zu erhalten. Ab der Erkrankung sei die Erwerbstätigkeit überobligatorisch. Er habe aus Existenzangst mehr gearbeitet als während der gesunden Zeit.

Seit November 2017 lebe der Antragsgegner von seiner Ehefrau getrennt. Der Antragsgegner sei seiner Ehefrau unterhaltspflichtig und zahle ab Dezember monatlich Trennungsunterhalt in Höhe von 739,00 € seit Dezember 2017 und 600,00 € für November 2017.

Wegen des Beteiligtenvorbringens im Übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die von der Antragstellerin begehrte Abänderung der Jugendamtsurkunden setzt keine Änderung der zugrundeliegenden Umstände voraus, da sie vom Antragsgegner einseitig erstellt wurde.

Die Unterhaltsverpflichtung des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin in der aus der Beschlussformel ersichtlichen Höhe folgt aus §§ 1601 ff BGB. Die Antragstellerin ist aufgrund ihrer Minderjährigkeit durch einen Ergänzungspfleger vertreten, da ein Obhutselternteil fehlt.

Die Antragstellerin ist nicht in der Lage, sich selbst zu unterhalten, also unterhaltsbedürftig (§ 1602 BGB).

Das Angebot auf Erbringung von Naturalunterhalt lässt den Barunterhaltsanspruch trotz der Minderjährigkeit der Antragstellerin nicht gemäß § 1612 II BGB entfallen. Im Hinblick auf den Auszug im Dezember 2013 und die ersichtlichen erheblichen innerfamiliären Kommunikationsprobleme, die zur Einleitung von Sorge- und Umgangsverfahren von Amts wegen geführt haben, wäre eine entsprechende Unterhaltsbestimmung für die Antragstellerin nicht zumutbar und nimmt damit nicht die gemäß § 1612 II BGB gebotene Rücksicht auf die Belange der Antragstellerin.

Da die Antragstellerin auswärtig untergebracht ist, schuldet der Antragsgegner neben dem Barunterhalt auch den Betreuungsunterhalt, wobei der Betreuungsunterhalt in Höhe des Barunterhalts zu monetarisieren ist (vgl. BGH Urteil vom 30.08.2006, Az. XII ZR 138/04). Von dem geschuldeten Gesamtunterhalt sind das Kindergeld und die Halbwaisenrente in voller Höhe als bedarfsdeckend abzuziehen, wenn sie weitergeleitet werden.

Die für die Unterhaltsbemessung maßgebliche Lebensstellung bemisst sich grundsätzlich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Elternteils (vgl. BGH FamRZ 2002, 536).

Hier ist aufgrund des wechselnden Einkommens und der weiteren Umstände eine Betrachtung nach Zeitabschnitten geboten.

a) 01.01.2015 - 30.04.2015

Da der Antragsgegner mit Schreiben vom 21.05.2015 (Bl. 121f) aufgefordert wurde, Auskunft über das erzielte Einkommen zur Berechnung des Kindesunterhalts zu erteilen, kann gemäß § 1613 BGB Unterhalt für die Vergangenheit über den gezahlten Betrag von 500,00 € monatlich hinaus erst ab Mai 2015 beansprucht werden. Dass der Onkel bereits zuvor im Jahr 2014 zu höherer Zahlung oder Erteilung von Auskunft aufforderte, ist ausreichend konkret vorgetragen oder unter Beweis gestellt.

b) 01.05.2015 - 31.12.2015

Der Antragsgegner erzielte ausweislich der Gehaltsabrechnung von Dezember 2015 (Bl. 169 GA) im Jahr 2015 ein Nettoeinkommen in Höhe von monatlich 6.122,50 €. Zudem erhielt er monatlich einen Zuschuss in Höhe von 312,48 € für die private Kranken- und Pflegeversicherung. Abzuziehen sind die Kosten für die private Kranken- und Pflegeversicherung, die sich im Jahr 2015 ausweislich der in Kopie überreichten Kontoauszüge (Bl. 130 ff) auf monatlich 746,48 € beliefen.

Hinzu kommt ferner ein Wohnvorteil in Höhe von 1.200,00 €. Maßgeblich ist nicht ein angemessener, sondern der tatsächliche Wohnwert. Das im Alleineigentum des Antragsgegners stehende Einfamilienhaus verfügt über eine Wohnfläche von 116,94 qm, Garten, Keller, Dachgeschoss und zwei Garagen. Das Haus wurde 1976 errichtet, die Grundstücksfläche beträgt 356 qm.

Abzuziehen sind die Darlehensverpflichtungen für das Eigenheim in Höhe von monatlich 941,91 €. Eine Differenzierung nach Tilgung und Zinsanteil ist nicht notwendig, da die Tilgung ebenfalls zur Finanzierung des Wohneigentums erforderlich ist und ohne diese einen Wohnwert nicht erzielt werden könnte. Nur der den Wohnwert übersteigende Tilgungsanteil ist als einseitige Vermögensbildung nicht zu berücksichtigen, soweit damit nicht zulässigerweise weitere Altersvorsorge gebildet wird (vgl. BGH Beschluss v. 18.01.2017, Az. XII ZB 118/16).

Kosten für Grundbesitzabgaben und die Gebäudeversicherung sind nicht zu abzuziehen.

Die sog. "Car-Allowance" ist als Einkommen zu berücksichtigen. Dass der Betrag durch beruflich bedingte Fahrt- und Fahrzeugkosten aufgezehrt wird, hat der Antragsgegner für 2015 nicht dargelegt. Abzuziehen sind die geltend gemachten und belegten (Bl. 128ff, 203ff) Fahrzeugkosten: Leasingrate: 809,00 €, Kfz-Steuer: 35,52 €, Kfz-Versicherung: 85,38 €. Ein weiterer Kostenaufwand von monatlich 750,00 € ist nicht hinreichend belegt. Die zur Berechnung genutzte Kilometerpauschale ist nicht maßgeblich. Sind - wie hier - die Anschaffungskosten bereits separat erfasst, kann daneben nicht der volle Kilometersatz berücksichtigt werden.

Der Abzug von pauschalen berufsbedingten Nebenkosten kommt neben den konkret gelten gemachten Fahrzeugkosten nicht in Betracht.

Die Kosten für die Berufsunfähigkeitsversicherung in Höhe von monatlich 132,56 € - entsprechend den Belegen Bl. 124 ff - sind zu berücksichtigen. Dies gilt auch für den vor dem Auszug der Antragstellerin aufgenommenen Kredit mit monatlich 443,67 €, wobei sich die Zahlung aus den Kontoauszügen (Bl. 125 ff) ergibt.

Die belegten Beiträge für Lebensversicherung sowie private Rentenversicherung in Höhe von monatlich 39,69 € sowie von 50,00 € sind als zulässige Altersvorsorge in Abzug zu bringen.

Damit beträgt das unterhaltsrelevante Einkommen des Antragsgegners monatlich gerundet 4.350,00 €. Da er in diesem Jahr keine Unterhaltspflicht gegenüber der Ehefrau geltend macht, ist eine Höherstufung um eine Gruppe angemessen. Der geschuldete Kindesunterhalt beläuft sich damit auf monatlich 1.364,00 €.

Damit ergibt sich für die Zeit von Mai 2015 bis Dezember 2015 ein Anspruch auf Zahlung von 10.912,00 €. Der Antragsgegner hat belegt, dass er in diesem Zeitraum einen Betrag in Höhe von 4.736,00 € gezahlt hat, nämlich ab September 2015 monatlich 599,00 €, zuvor monatlich 585,00 €. Damit beträgt der Rückstand 6.176,00 €.

c) Januar 2016 - Juni 2016

Unter Berücksichtigung der Einkommensbelege und Berechnungen wird davon ausgegangen, dass der Antragsgegner im Jahr 2016 monatlich durchschnittlich 6.702,00 € erzielte.

Zudem erhielt er monatlich einen Zuschuss in Höhe von 312,48 € für die private Kranken- und Pflegeversicherung. Abzuziehen sind die Kosten für die private Kranken- und Pflegeversicherung, die sich im Jahr 2016 ausweislich der in Kopie überreichten Kontoauszüge (Bl. 151 ff) auf monatlich 761,38 € beliefen.

Hinzu kommt wiederum der Wohnvorteil in Höhe von 1.200,00 €.

Abzuziehen sind die Darlehensverpflichtungen für das Eigenheim in Höhe von monatlich 941,91 €.

Die sog. "Car-Allowance" ist weiter als Einkommen zu berücksichtigen. Abzuziehen sind die geltend gemachten und belegten (Bl. 128ff, 203ff) Fahrzeugkosten: Leasingrate: 299,94 €, Kfz-Steuer: 4,83 €, Kfz-Versicherung: 45,44 €.

Die Kosten für die Berufsunfähigkeitsversicherung in Höhe von monatlich 132,56 € - entsprechend den Belegen Bl. 124 ff - sind zu berücksichtigen. Dies gilt auch für den vor dem Auszug der Antragstellerin aufgenommenen Kredit mit monatlich 443,67 €, wobei sich die Zahlung aus den Kontoauszügen (Bl. 125 ff) ergibt.

Die belegten Beiträge für Lebensversicherung sowie private Rentenversicherung in Höhe von monatlich 39,69 € sowie von 50,00 € sind als zulässige Altersvorsorge abzuziehen.

Etwaige Unterhaltspflichten gegenüber der Ehefrau sind bis zum Bezug der Erwerbsminderungsrente nicht ausreichend konkret behauptet. Der Antragsgegner ist aber auch bei Berücksichtigung einer möglichen Unterhaltspflicht gegenüber der Ehefrau leistungsfähig, wie sich aus Abschnitt d) ergibt.

Damit beträgt das unterhaltsrelevante Einkommen des Antragsgegners monatlich 5.457,47 €, was die 10. Einkommensgruppe für 2016 übersteigt. Der geschuldete Kindesunterhalt beläuft sich damit auf monatlich 1.440,00 €.

Abzuziehen sind die tatsächlichen Zahlungen in Höhe von monatlich 599,00 € entsprechend der Kontoauszüge (Bl. 149ff) von Januar bis April 2016 und ab Mai 2016 in Höhe von 820,57 € (Bl. 160 ff). Damit ergibt sich ein Unterhaltsrückstand für diesen Zeitraum in Höhe von 4.602,86 €.

d) Juli 2016 - Dezember 2016

Der Antragsgegner hat durch Vorlage des Rentenbescheids (Bl. 462f) belegt, dass seine Ehefrau nunmehr nur noch eine Erwerbsminderungsrente in Höhe von 724,65 € erhält. Jedoch führt eine Berücksichtigung einer etwaigen Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Ehefrau, die der Antragstellerin gemäß § 1609 BGB im Rang nachgeht, nicht zu einer Änderung des geschuldeten Kindesunterhalts, wie sich aus folgender Berechnung ergibt:

Einkommen von Ehefrau 724,65 Euro

davon aus Erwerbstätigkeit 0,00 Euro

Antragsgegner

unterhaltsrechtliches Einkommen 5.457,47 Euro

Berechnung des Kindesunterhalts

Unterhaltspflichten von Antragsgegner

aus dem Einkommen von Antragsgegner in Höhe von 5.495,06 Euro ergibt sich Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle, Stand 16

Gruppe 10: 4701-5100, BKB: 1980

gegenüber Lina

Tabellenunterhalt DT 10/3 720,00 Euro

Der Bedarf verdoppelt sich nach BGH FamRZ 2006, 1597

1.440,00 Euro

abzüglich Kindergeld -190,00 Euro

------------------

1.250,00 Euro

dazu Auskehrung des Kindergelds von 190,00 Euro

Berechnung des Gatten/Partnerunterhalts

Voller Partnerunterhalt

Verpflichtungen von Antragsgegner

Einkommen von Antragsgegner 5.457,47 Euro

prg. Kindesunterhalt -1.250,00 Euro

------------------

Einkommen von Antragsgegner 4.207,47 Euro

Voller Unterhalt von Ehefrau: ((6/7 *4207,47) + 724,65)/2 1.440,88 Euro

Prüfung auf Leistungsfähigkeit

Antragsgegner

Antragsgegner bleibt 5457,47 - 1250 - 1440,88 = 2.766,59 Euro

Das Resteinkommen unterschreitet nicht den Ehegattenselbstbehalt von

1.200,00 Euro

Unter Berücksichtigung der Zahlungsverpflichtung von monatlich 1.440,00 € abzüglich des monatlich gezahlten Betrags von 820,57 € ergibt sich ein Unterhaltsrückstand in Höhe von 3.716,58 €.

e) 2017:

Der Antragsgegner erzielte im Jahr 2017 ausweislich der Gehaltsabrechnung für Dezember 2017 ein Nettoeinkommen in Höhe von 7.479,18 €.

Da er trotz der schweren Erkrankung ein deutlich höheres Nettoeinkommen als in Jahren mit besserem gesundheitlichem Zustand erzielt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Teil des Einkommens als überobligatorisch außer Betracht bleibt. Möglicherweise krankheitsbedingte Mehrkosten aufgrund von auswärtigen Übernachtungen sind dem Antragsgegner nach seinem Vortrag vom Arbeitgeber erstattet worden. Ein krankheitsbedingter Verpflegungsmehraufwand ist nicht ausreichend konkret dargelegt.

Zudem erhielt er monatlich einen Zuschuss in Höhe von 301,77 € für die private Kranken- und Pflegeversicherung. Abzuziehen sind die Kosten für die private Kranken- und Pflegeversicherung, die sich im Jahr 2016 ausweislich der in Kopie überreichten Kontoauszüge (Bl. 583f ff) auf monatlich ca. 670,00 € beliefen.

Im Übrigen wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Damit ist der Antragsgegner weiterhin in Höhe des doppelten Tabellenbetrags leistungsfähig.

Da der Antragsgegner auf den monatlich geschuldeten Kindesunterhalt von 1.472,00 € jeweils 820,57 € gezahlt hat, ergibt sich ein Unterhaltsrückstand in Höhe von 7.817,16 €.

f) Januar - November 2018:

Es ist davon auszugehen, dass der Antragsgegner weiterhin mindestens das im Jahr 2017 erzielte Einkommen erhält, so dass weiterhin Leisungsfähigkeit besteht.

Damit ergibt sich während der Minderjährigkeit der Antragstellerin ein Kindesunterhalt einschließlich Kindergeldauskehr in Höhe von monatlich 1.496,00 €. Der Antragsgegner hat monatliche Zahlungen in Höhe von jeweils 739,00 € belegt.

Daraus folgt bis einschließlich Juli 2018 ein Unterhaltsrückstand in Höhe von 5.299,00 €.

g) ab Dezember 2018:

Ab Dezember 2018 entfällt infolge der Volljährigkeit der Antragstellerin die Kompensation des Betreuungsunterhalts, so dass nunmehr der Unterhaltssatz für ein volljähriges Kind mit eigenem Haushalt in Höhe von 735,00 € maßgeblich ist.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 286, 291 BGB. Die Zuerkennung künftiger Verzugszinsen auf noch nicht fällige Unterhaltsraten kommt nicht in Betracht. Dies ergibt sich schon daraus, dass etwaige Verzugszinsen, die beansprucht werden können, wenn wiederkehrende Leistungen nicht rechtzeitig erbracht werden, vom künftigen Zahlungsverhalten des Gläubigers abhängen und deshalb in ihrer Entstehung ungewiss sind. Anders als die künftigen Unterhaltsraten sind die Verzugszinsen daher keine wiederkehrenden Leistungen im Sinne von § 258 ZPO, so dass sie nur unter den Voraussetzungen des § 259 ZPO bei der Besorgnis der Leistungsverweigerung zuerkannt werden können (vgl. BGH FamRZ 2008, 1428; OLG Hamm FamRZ 2012, 993).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 243 FamFG, die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit aus § 116 III 2 FamFG. Soweit Unterhaltsrückstände verlangt werden, war im Hinblick auf die erfolgten anteiligen Zahlungen diese Anordnung entbehrlich.

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