LG Bochum, Urteil vom 27.11.2019 - 13 O 109/19
Fundstelle
openJur 2021, 3070
  • Rkr:
Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte 1) keinen Anspruch gegen die Klägerin hat,

dass diese es unterlässt, sie bei B anzuschwärzen oder durch aggressive

geschäftliche Handlungen zu belasten, wie mit Schreiben vom 04.07.2019 (F9)

behauptet, sowie insbesondere in Bezug auf Vorgänge wie aus der Anlage F4

ersichtlich.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte 1) keinen Schadensersatzanspruch gegen

die Klägerin in Bezug auf Handlungen gemäß Ziffer 1) hat, wie mit Schreiben vom

04.07.2019 (F9) behauptet, sowie insbesondere nicht in Bezug auf die Vorgänge wie

aus der Anlage F4 ersichtlich, sowie insbesondere nicht in Höhe von ca. 191.000

Euro.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte 1) keinen Auskunftsanspruch gegen die

Klägerin in Bezug auf Handlungen gemäß Ziffer 1) hat, wie mit Schreiben vom

04.07.2019 (F9) behauptet, sowie insbesondere nicht in Bezug auf die Vorgänge wie

aus der Anlage F4 ersichtlich.

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte 1) keinen Anwaltsgebührenersatzanspruch

gegen die Klägerin in Höhe von 3.652,71 Euro hat, wie mit Schreiben F9 vom

04.07.2019 behauptet.

5. Die Beklagten 1-3) tragen die Kosten des Verfahrens

gesamtschuldnerisch.

6. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin und die Beklagte zu 1) stellen Lampen und Leuchten her und vertreiben diese.

Die Klägerin teilte B mit, dass die Angebote der Beklagten F1b und F1c (Bl. 10 ff. der Akten), auf die hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, nicht rechtskonform seien, weil sie nicht den nach der Verordnung 874/2012 erforderlichen Energieeffizienzpfeil mit einer Weiterverschachtelung aufwiesen.

Mit Schreiben vom 11.06.2019 (F4, Bl. 25 d. A.), auf das hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen wird, informierte B die Beklagte über die Beschwerde der Klägerin und teilte mit, dass aufgrund dessen die im einzelnen bezeichneten Angebote der Beklagten entfernt worden seien.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 04.07.2019 (Anlage F 9, Bl. 58 ff. der Akten), auf das hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, mahnte die Beklagte zu 1) die Klägerin mit der Begründung ab, dass die Beschwerden gegenüber B ein wettbewerbswidriges Verhalten gem. § 4 a UWG und 4 Nr. 2 UWG darstellten und forderte die Klägerin auf, bis zum 18.07.2019 eine strafbewehrte Unterwerfungserklärung abzugeben und bis zum 25.07.2009 Kosten für die Abmahnung in Höhe von 3.652,71 Euro brutto zu zahlen. Ferner führte die Beklagte aus, dass die Klägerin zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet sei und die Beklagte den Schaden auf ca. 191.000,00 Euro schätze, wobei sie 16 Schadenspositionen aufführte. Mit anwaltlichem Schreiben vom 20.07.2019 mahnte die Klägerin die Beklagte zu 1) ab.

In der Folgezeit erwirkte die Klägerin beim Landgericht Frankfurt eine Beschlussverfügung vom 30.07.2019 (Anlage F12, Bl. 81 der Akten), auf die Bezug genommen wird. Beim Landgericht Frankfurt steht nach Einlegung des Widerspruchs durch die Beklagte gegen die Einstweilige Verfügung Termin zur Verhandlung über den Widerspruch im Einstweiligen Verfügungsverfahren und in der Hauptsache an.

Die Klägerin trägt vor:

Die von der Beklagten vertriebenen Leuchtmittel seien nicht ordnungsgemäß gekennzeichnet worden, weil in den Angeboten neben den Produktbildern keine klickbare Grafik im Wege einer sogenannten verschachtelten Darstellung zur Energieeffizienzklasse vorhanden gewesen sei. Die Beklagte habe also keine Ansprüche gegen die Klägerin, da diese nichts Unzulässiges gemacht habe. Die Beklagte habe ihren Anspruch auf Schadensersatz mit 191.000,00 Euro beziffert. Ein derartiger Anspruch bestehe nicht, auch die Klageanträge zu Ziff. 2 und 3 seien begründet.

Die Klägerin beantragt,

1.

festzustellen, dass die Beklagte 1) keinen Anspruch gegen die Klägerin hat, dass diese es unterlässt, sie bei B anzuschwärzen oder durch aggressive geschäftliche Handlungen zu belasten, wie mit Schreiben vom 04.07.2019 (F9) behauptet, sowie insbesondere in Bezug auf Vorgänge wie aus der Anlage F4 ersichtlich,

2.

festzustellen, dass die Beklagte 1) keinen Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin in Bezug auf Handlungen gem. Ziffer 1) hat, wie mit Schreiben vom 04.07.2019 (F9) behauptet, sowie insbesondere nicht in Bezug auf die Vorgänge wie aus der Anlage F 4 ersichtlich, sowie insbesondere nicht in Höhe von ca. 191.000,00 Euro,

3.

festzustellen, dass die Beklagte 1) keinen Auskunftsanspruch gegen die Klägerin in Bezug auf Handlungen gem. Ziffer 1) hat, wie mit Schreiben vom 04.07.2019 (F9) behauptet, sowie insbesondere nicht in Bezug auf die Vorgänge wie aus der Anlage F4 ersichtlich,

4.

festzustellen, dass die Beklagte 1) keinen Anwaltsgebührenersatzanspruch gegen die Klägerin in Höhe von 3.652,71 Euro hat, wie mit Schreiben F9 vom 04.07.2019 behauptet.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten tragen vor:

Der Zulässigkeit der Klage stehe der Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit gem. § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO oder anderweitiger Rechtskraft gem. § 322 Abs. 1 ZPO entgegen, weil die Klägerin mit gleichem Streitgegenstand bereits eine einstweilige Verfügung vor dem Landgericht Frankfurt erwirkt habe. Vorliegend lägen ein Lebenssachverhalt, ein Streitgegenstand und somit anderweitige Rechtshängigkeit vor. Der Feststellungsinteresse zu 1 der Klageschrift sei zu unbestimmt und uferlos. Ein Feststellungsantrag bezüglich des Antrags zu 2 bestehe nicht, weil die Beklagte zu 1 in dem Abmahnschreiben lediglich den Unterlassungsanspruch geltend gemacht habe. Der Beklagten zu 1 stehe ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Artikel 12 GG und § 4 Nr. 4 UWG zu. Es läge eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung vor, da vorliegend gar kein Schutzrecht verletzt worden sei, sondern lediglich eine vermeintliche Wettbewerbsverletzung vorläge. Die wiederholte Beanstandung gleichartiger Angebote der Beklagten am 26.07.2019 stelle eine gezielte Absatzbehinderung dar. Auf diese Weise sei letztlich der gesamte Artikelstamm der Beklagten zu 1 eingefroren worden, so dass diese nicht mehr ihrer Verkaufstätigkeit nachgehen könne. Es handele sich um eine vermeintlich bestehende Wettbewerbsverletzung. Bei allen Produktangeboten der Beklagten zu 1 handelt es sich um Leuchten. Die Leuchtmittel müssten separat erworben werden. Der Beklagten zu 1 sei es technisch nicht möglich gewesen, den grünen Pfeil in das Angebot zu integrieren, da für kleine Händler hierfür keine Funktion seitens der Plattform B angeboten werde. Daher habe die Beklagte die Energieklasse A +++ bereits in die Überschrift des Angebotes mit aufgenommen. Der Pfeil zur Energieeffizienzklasse sei ein Minus zum Etikett der Energieeffizienzklasse.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Auffassung der Beklagten, die Klage sei bereits deshalb unzulässig, weil eine anderweitige Rechtshängigkeit vorliege, vermag nicht zu überzeugen. In dem einstweiligen Verfügungsverfahren und dem Hauptsacheverfahren vor dem Landgericht Frankfurt werden Unterlassungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte geltend gemacht, während es im vorliegenden Fall darum geht, dass die Beklagte sich berühmt hat, Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin wegen deren Meldung an B zu haben. Hierbei handelt es sich nicht um den gleichen Streitgegenstand.

Die Einwände der Beklagten hinsichtlich der angeblich Unbestimmtheit der Anträge greifen nicht durch. Die Formulierung der Klageanträge beruht darauf, dass die diesbezüglichen Ausführungen der Beklagten im Abmahnschreiben vom 04.07.2019 recht allgemein sind. Bei dieser Sachlage ist der Umfang des Antrags durch die Bezugnahme auf die Anlagen F4 und F9 hinreichend genau bezeichnet.

Das Feststellungsinteresse der Klägerin ist zu bejahen. Die Beklagte zu 1 hat sich mit dem anwaltlichen Abmahnschreiben vom 04.07.2019 berühmt, Unterlassungsansprüche gegen die Klägerin zu haben. Sie hat ferner dezidiert dargelegt, dass die Klägerin zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet sei und den Schadensbetrag auf ca. 191.000,00 Euro geschätzt, wobei sie 16 verschiedene Schadenspositionen aufgeführt hat. Die stellt eindeutiges Berühmen der Beklagten dar. Bei dieser Sachlage hat die Klägerin ein Interesse, festgestellt zu wissen, dass die Ansprüche nicht bestehen.

Die Klage ist auch begründet. Unterlassungsansprüche der Beklagten zu 1 sind nicht ersichtlich. Es ist nicht feststellbar, dass die Klägerin aggressive geschäftliche Handlungen im Sinne des § 4 a UWG oder Anschwärzen im Sinne des § 4 Nr. 2 UWG begangen hat. Der Umstand, dass die Klägerin als Wettbewerberin B darauf hingewiesen hat, dass die Angebote der Beklagten zu 1 bei B nach ihrer Auffassung nicht die gesetzlichen Vorschriften zur Energieeffizienzkennzeichnung einhielten, stellt kein unlauteres Verhalten dar. Auf die Frage, ob tatsächlich die Anzeige des grünen Pfeils mit einer Weiterverschachtelung erforderlich ist oder nicht, kommt es nicht an. Jedenfalls ist die Beanstandung der Klägerin, die diese an B zur selbständigen rechtlichen Prüfung übermittelt hat, nicht etwa aus der Luft gegriffen, sondern beruht auf einer vertretbaren Auslegung der entsprechenden EU-Verordnung. Auch Schadensersatzansprüche der Beklagten zu 1 sind nicht ersichtlich. Daher kann die Beklagte zu 1 auch weder Auskunft noch Ersatz der Anwaltskosten verlangen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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