LG Köln, Urteil vom 27.05.2019 - 110 KLs 10/15
Fundstelle
openJur 2021, 3067
  • Rkr:
Tenor

1.

Die Angeklagte zu 1), P, wird wegen Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung

in Tateinheit mit Zuhälterei

in Tateinheit mit Hilfeleistung zur unerlaubten Einreise und zum unerlaubten Aufenthalt im Bundesgebiet

zu einer Freiheitsstrafe von zwei (2) Jahren und neun (9) Monaten verurteilt.

Von der Freiheitsstrafe gelten sechs (6) Monate als vollstreckt.

Die Einziehung eines Geldbetrags in Höhe von 2.000,00 EUR wird angeordnet.

2.

Die Angeklagte zu 2), F, wird wegen Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung in Tateinheit mit Hilfeleistung zur unerlaubten Einreise und zum unerlaubten Aufenthalt im Bundesgebiet

und

wegen Beihilfe zum Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung

zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei (2) Jahren und neun (9) Monaten verurteilt.

Von der Freiheitsstrafe gelten sechs (6) Monate als vollstreckt.

3.

Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin.

Angewendete Vorschriften:

§ 181a Abs. 1 Nr. 1 StGB,

§ 232 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, Abs. 3 Nr. 3 StGB a. F.,

§§ 27, 49, 52, 53, 73, 73c, 73d StGB

§§ 95 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3, Abs. 6, 96 Abs. 1 Nr. 1a, Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 AufenthG

Gründe

I.

Zur Person der beiden Angeklagten

1)

Die am 00.00.1980 in Nigeria geborene Angeklagte zu 1), P, ist nigerianische Staatsangehörige und ältere Zwillingsschwester der Angeklagten zu 2). Als ältere der beiden Zwillingsschwestern trägt sie die in ihrem Heimatland übliche Bezeichnung "Odion", d. h. "die Ältere"/"die Erste" (von mehreren Geschwistern).

Die Angeklagte zu 1) wuchs in Nigeria - in der dortigen Provinz F1 - auf und besuchte dort zunächst den Kindergarten, sodann die Schule bis zur zweiten Klasse, was - ihren Angaben zufolge - aufgrund der Besonderheiten des nigerianischen Schulsystems einer Schulzeit von insgesamt acht Jahren entspreche. Im Anschluss daran absolvierte sie eine zweijährige Ausbildung als Verkäuferin, war anschließend abhängig beschäftigt und mit dem Verkauf von Kleidung, Schuhen und Taschen befasst. Ihr Verdienst variierte je nach dem erzielten Umsatz. Aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie reiste die Angeklagte zu 1) im Jahr 2007 nach Europa, um anschließend in Deutschland einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, Geld zu verdienen, mit den Einnahmen ihren Lebensunterhalt zu finanzieren und darüber hinaus ihre Familie in Nigeria zu unterstützen. In Deutschland lernte sie ihren Ehemann kennen, den am 00.00.1964 in C geborenen P1, der seit dem Jahr 2004 in Deutschland lebt. Die Angeklagte zu 1) ist verheiratet und Mutter zweier Kinder, die zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung drei Jahre sowie ein Jahr und sieben Monate alt waren. Beide Kinder leben im elterlichen Haushalt in L. Zurzeit ist sie nicht berufstätig, sondern kümmert sich um Haushalt und Kinder. Ihr Ehemann arbeitet in L der Großbäckerei "L1", wo er als ungelernter Bäckerei - Gehilfe einen monatlichen Verdienst von 1.800,00 bis 2.000,00 € (netto) erzielt. Zusätzlich erhält die Familie für beide Kinder Kindergeld. Der Ehemann der Angeklagten hat noch zwei weitere Kinder, wobei er an eines dieser Kinder Unterhaltsleistungen in nicht bekannter Höhe erbringt. Die Eltern der Angeklagten zu 1) leben in Nigeria, die Mutter der Angeklagten ist zwischen 65 - 70 Jahre alt, der Vater zwischen 85 und 86 Jahre.

Derzeit verfügt die Angeklagte zu 1) über eine Aufenthaltsgenehmigung nach § 28 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), die - zunächst - bis Februar 2022 befristet ist. Ihr Ehemann und die gemeinsamen Kinder besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit.

Im Zeitraum von Januar 2012 bis 2015 war sie in L als Prostituierte tätig. Jedenfalls in einem sog. "Laufhaus", dem "Q" in L, übte sie - wie auch weitere afrikanische und aus Nigeria stammende Frauen - diese Tätigkeit dergestalt aus, dass sie dort zu einem Tagespreis von ca. 150,00 EUR ein Zimmer mietete und anschließend jeweils gegen Entgelt mit Männern den Geschlechtsverkehr (für Beträge zwischen 30,00 EUR und 50,00 EUR) vollzog. An der Örtlichkeit war sie so gut bekannt, dass sie den Zimmerschlüssel für das von ihr gemietete Zimmer - teilweise - ohne die ansonsten übliche Vorauszahlung in bar ("Vorkasse") erhielt, was - nach Beendigung ihrer Tätigkeit dort im Jahr 2015 - dazu führte, dass eine Mietforderung der Betreibergesellschaft M Ltd. (eine nach britischem Recht errichtete Gesellschaft) in Höhe von 289,00 EUR offen blieb und bis zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung auch nicht beglichen wurde, wobei die Betreibergesellschaft bislang auf eine gerichtliche Verfolgung der Forderung verzichtete und nach Mitteilung ihres Geschäftsführers auch dauerhaft verzichten wird. Seit dem Jahr 2015 ist die Angeklagte zu 1) im Laufhaus "Q" nicht mehr als Mieterin eines Zimmers in Erscheinung getreten.

Die Angeklagte zu 1) ist nicht vorbestraft.

2)

Die Angeklagte zu 2), F, besitzt ebenfalls die nigerianische Staatsangehörigkeit. Bei ihr handelt es sich um die (wenige Minuten) jüngere Zwillingsschwester der Angeklagten zu 1). Als jüngere der beiden Zwillingsschwestern trägt sie die in Nigeria in der Provinz F1 übliche, traditionelle Bezeichnung "Ovbokha", d. h. "die Jüngere". Eine weitere, ebenfalls ältere Schwester und ein Bruder der beiden Angeklagten leben in Deutschland, zwei weitere Schwestern und zwei weitere Brüder in ihrem Heimatland Nigeria. Die Angeklagte zu 2) besuchte in Nigeria den Kindergarten, anschließend - für insgesamt vierzehn Jahre - die Schule. Im Anschluss hieran absolvierte sie eine Ausbildung zur Verkäuferin im Bereich "Bekleidung". Über das Internet lernte sie in der Folgezeit ihren späteren Ehemann kennen, der die deutsche Staatsangehörigkeit besaß, und sie beschloss, nach Europa zu reisen. Mit diesem Mann ging die Angeklagte zu 2), nachdem sie im Jahr 2004 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist war, zunächst eine Lebensgemeinschaft ein. Im Jahr 2007 schlossen beide im europäischen Ausland - nämlich in Dänemark - die Ehe, die sie anschließend in Deutschland anerkennen ließen.

Aus der Ehe ging ein am 00.00.2013 geborenes gemeinsames Kind hervor, welches die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Der Ehemann der Angeklagten zu 2) verstarb im Jahr 2014 im Alter von fünfundfünfzig Jahren an den Folgen einer Lebererkrankung. Aus einer in der Folgezeit aufgenommenen Beziehung der Angeklagten zu 2) zu einem Mann, die zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung noch fortdauerte, gingen drei weitere Kinder hervor, die zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung drei Jahre, zwei Jahre und ein Jahr und zwei Monate alt waren.

Gegenwärtig geht die Angeklagte zu 2) einer Tätigkeit als Gebäudereinigerin bei der Fa. H im Umfang von drei (3) Stunden täglich nach. Aus dieser Tätigkeit erzielt sie ein monatliches Einkommen von rund 600,00 EUR. Ihr derzeitiger Lebensgefährte trägt zum Haushaltseinkommen einen Betrag in Höhe von weiteren ca. 80,00 € bei, den er durch eine seitens des Sozialamts vermittelte Arbeitsgelegenheit erzielt. Darüber hinaus erhält die Familie Kindergeld und weitere Unterstützung durch das Sozialamt.

Zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung verfügte die Angeklagte F über eine Aufenthaltserlaubnis, die sie im Rahmen der Familienzusammenführung im November 2018 erhalten hatte.

Die Angeklagte zu 2) ist wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:

Am 02.08.2016 wurde sie vom Amtsgericht Aachen (Az. 453 Cs 119/16) wegen Leistungserschleichung zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 10,00 EUR verurteilt. Sie hatte am 29.04.2016 gegen 13.30 Uhr ein Verkehrsmittel des Verkehrsunternehmens "Aachener Straßenbahn und Energieversorgungs - AG" in B1 von T zur Haltestelle "U Platz" benutzt, ohne einen gültigen Fahrausweis zu besitzen, wobei sie von Anfang an vorhatte, das Fahrgeld nicht zu entrichten. Die Geldstrafe von 150,00 EUR ist in voller Höhe getilgt.

Mit Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 18.09.2017 (Az. 422 Cs 221/17) wurde sie wegen Erschleichens von Leistungen in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 10,00 EUR verurteilt. Sie hatte am 18.04.2017 gegen 11.03 Uhr ein Verkehrsmittel der Linie 55 des Verkehrsunternehmens "Aachener Straßenbahn und Energieversorgungs - AG" in B1 Höhe B2allee und am 31.05.2017 gegen 11.25 Uhr ein Verkehrsmittel der Linie 5 desselben Verkehrsunternehmens benutzt, dies jeweils ohne gültigen Fahrausweis und in der von Anfang an gehegten Absicht, das Fahrgeld nicht zu entrichten. Die Gesamtgeldstrafe in Höhe von 400,00 EUR ist in voller Höhe getilgt.

II.

Zur Sache

1.

Zur Vorgeschichte

a)

Zur Person der Nebenklägerin Z

Die am 00.00.1991 in C/Nigeria geborene und damit im maßgeblichen Zeitraum zwischen Ende 2011/Anfang 2012 und dem 15. Oktober 2012 noch nicht einundzwanzig (21) Jahre alte nigerianische Staatsangehörige Z (im Folgenden: Nebenklägerin) hat acht Geschwister, von denen im Jahr 2012 vier mit ihr und den Eltern in einem gemeinsamen Haushalt in C/Nigeria, Bundesstaat F1, lebten. Der Vater der Nebenklägerin ging zu dieser Zeit einer Tätigkeit als Koch in einem Krankenhaus nach, die erkrankte Mutter erzielte kein Einkommen. Die Nebenklägerin hatte in C die Schule besuchte und dort eine Berufsausbildung zur Friseurin absolviert. Es gelang ihr aber nicht, im Anschluss an ihre Ausbildung von ihrem damaligen Arbeitgeber übernommen zu werden, und es gelang ihr auch in der Folgezeit nicht, eine andere Anstellung zu finden, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Ein anschließender Versuch der Nebenklägerin, sich als Friseurin selbständig zu machen, scheiterte. Seit Ende des Jahres 2011 bzw. Anfang des Jahres 2012 lebte sie daher mit vier ihrer Geschwister im elterlichen Haushalt. Für den Lebensunterhalt kam ihr Vater auf, messbares eigenes Einkommen hatte die Nebenklägerin über gelegentliche Zuwendungen des Vaters hinaus nicht. Die allein auf das Einkommen des Vaters angewiesene Familie lebte in ärmlichen Verhältnissen, was auch daraus resultierte, dass der Vater mit einer anderen Frau drei weitere Kinder gezeugt hatte, die er ebenfalls unterstützte. Ältere Geschwister der Nebenklägerin hatten z. T. eine eigene Familie gegründet und den elterlichen Haushalt verlassen. Der deutschen Sprache war die Nebenklägerin Ende des Jahres 2011 und Anfang des Jahres 2012 nicht mächtig.

b)

Zur Person der Zeugin B

Die zum Tatzeitpunkt nicht unter einundzwanzig (21) Jahre alte Zeugin B ist nigerianische Staatsangehörige. In ihrem Heimatland Nigeria lebte sie, bevor sie in die Bundesrepublik Deutschland kam, aus von der Kammer nicht aufklärbaren Gründen zuletzt nicht bei ihren Eltern, sondern zusammen mit ihrem jüngeren Bruder bei einer von der Zeugen nicht näher bezeichneten "entfernteren Verwandten", bei der sie zunächst in M1, dann, nachdem M1 von einer Überschwemmung betroffen war, in C aufwuchs. Die Schule hatte die Zeugin B bis zur 6. Klasse besucht. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie in C damit, dass sie - nicht in einem Ladenlokal, sondern als "fliegende Händlerin" auf der Straße - Wasser zum Verkauf anbot. Aus dieser Tätigkeit erzielte sie lediglich ein monatliches Einkommen in einer solchen Höhe, dass sie davon ihren Lebensunterhalt fristen konnte. Der deutschen Sprache war die Zeugin B Ende des Jahres 2011 und Anfang des Jahres 2012 nicht mächtig.

2.

Zum Tatgeschehen

a)

Geschehen zum Nachteil der Nebenklägerin Z

Die Angeklagte zu 1), welche die familiären, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie der Nebenklägerin gut kannte (denn sie hatte mit dem sieben Jahre älteren Bruder der Nebenklägerin gemeinsam eine Schule in C besucht, verkehrte auch mit den Eltern der Nebenklägerin und war daher mit den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen der Familie der Nebenklägerin vertraut), beschloss, sich die prekären Verhältnisse der Familie und insbesondere die Geld- und damit einhergehende wirtschaftliche Not der Nebenklägerin zu Nutze zu machen, um sich selbst zu bereichern. Ziel und Zweck ihres Vorgehens war es, die Nebenklägerin von Nigeria aus mit falschen Papieren nach Europa - Deutschland - bringen zu lassen und sie - dort angekommen - durch Drohungen mit für sie nachteiligen "Voodoo - Flüchen" so unter Druck zu setzen, dass sie fortan als Prostituierte in B1 und L arbeitete und den weit überwiegenden Anteil aus dieser Tätigkeit erzielten Einkommens an sie - die Angeklagte zu 1) - abführte, wobei sie beabsichtigten, sich durch diese und weitere gleichgelagerte Taten eine dauerhafte Einkommensquelle von erheblichem Umfang zu erschließen.

Als nigerianische Staatsangehörige war die Nebenklägerin für den sog. "Schengen - Raum", zu dem das Staatsgebiet Frankreichs und das der Bundesrepublik Deutschland zählt, visumspflichtig, d. h. sie musste bei der Einreise im Besitz eines erforderlichen Aufenthaltstitels, beispielsweise eines Visums sein. Bei dem vor der Einreise von einer Auslandsvertretung ausgestellten Visums handelt es sich um eine besondere Form des Aufenthaltstitels. Über einen solchen, auf Grund zutreffender Angaben und damit ordnungsgemäß ausgestellten Aufenthaltstitel verfügte die Nebenklägerin, wie von der Angeklagten zu 1) beabsichtigt, nicht. Ihr war ferner bewusst, dass die Nebenklägerin nach ihrer konkreten Lage und nach ihren persönlichen Fähigkeiten nicht in der Lage war, sich dem Ansinnen der Prostitutionsausübung aus eigener Kraft zu entziehen, denn sie wusste, dass die Nebenklägerin der deutschen Sprache nicht mächtig war, über keine Barmittel verfügte und bezüglich Unterkunft und Verpflegung auf sie - die Angeklagte zu 1) - angewiesen sein würde. Diesen Plan brachte sie sodann wie folgt zur Umsetzung:

Über den Bruder der Nebenklägerin trat die Angeklagte zu 1) Ende des Jahres 2011/Anfang des Jahres 2012 mit der Nebenklägerin, die sich zu diesem Zeitpunkt bei ihrer (der Nebenklägerin) Schwester aufhielt, dergestalt in Kontakt, dass sie sie dort anrief und fragte, ob sie Interesse habe, nach Europa auszureisen. Als die Nebenklägerin dies bejahte, erklärte sie, die Angeklagte zu 1), ihr bewusst wahrheitswidrig, sie könne sie nach Europa bringen, wo sie als Reinigungskraft in einem Krankenhaus oder als Friseurin arbeiten sollte. Tatsächlich beabsichtigten die Angeklagten zu 1) jedoch, die Nebenklägerin als Prostituierte für sich arbeiten zu lassen und den weit überwiegenden Teil ihrer so erzielten Einnahmen für sich zu behalten. Die Nebenklägerin entschloss sich - um den prekären wirtschaftlichen Verhältnissen in C zu entfliehen und die ihre Familie finanziell zu entlasten- , dem Vorschlag der Angeklagten zu 1) zu folgen und nach Europa zu reisen. Darüber, wer für die Kosten der Reise aufkommen sollte, sprach sie mit der Angeklagten zu 1) nicht ausdrücklich, es bestand aber die stillschweigende Übereinkunft zwischen beiden, dass sie der Angeklagten zu 1) von dem erhofften Einkommen einen Geldbetrag bezahlen sollte, nachdem die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Schengen - Staates erfolgt war.

Die Angeklagte zu 1) vermittelte der Nebenklägerin sodann zum Zweck der Einreise den Kontakt zu einer mit der Angeklagten zu 1) kooperierenden männlichen Person "G", der seinerseits dafür zuständig war, junge Frauen wie die Nebenklägerin aus Nigeria unter Verstoß gegen die jeweiligen Einreisebestimmungen, insbesondere ohne gültiges Visum oder einen sonstigen gültigen Aufenthaltstitel, in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und von Schengen - Staaten (Deutschland und Frankreich) zu verbringen, d. h. zu "schleusen". Wer genau sich hinter dem Namen "G" verbarg, konnte in der mehrtägigen Hauptverhandlung nicht näher aufgeklärt werden.

Beide - die Nebenklägerin und der "G" - sollten sich zu Zwecken der Planung und Absprache der anstehenden Reise bei der Mutter der Angeklagten zu 1) treffen, was auch geschah. Zu diesem Termin wurde die Nebenklägerin außer von "G" auch von zweien ihrer Brüder und ihrer Mutter begleitet. Als die unbekannt gebliebene männliche Person "G" der Nebenklägerin in der Folgezeit mitteilte, die Reise werde stattfinden, reiste sie am 20. Januar 2012 unter Mithilfe des durch die Angeklagten beauftragten Schleusers "G" und einer weiteren, unbekannt gebliebenen männlichen Person namens "I" von C zunächst in die Stadt M1, Nigeria. In einem dort von den Angeklagten (mit-) organisierten ‚Camp‘ hielt sich die Nebenklägerin mit weiteren jungen Frauen aus Nigeria für die Dauer von zwei bis drei Wochen auf, um solche Verhaltensweisen einzuüben, die belegen sollten, dass sie Mitglieder einer "Karate - Mannschaft" seien und wettbewerbsmäßig den Karate - Sport ausübten, was tatsächlich nicht der Fall war. Dies entsprach dem Wissen und Wollen der Angeklagten zu 1) und der Angeklagten zu 2). Anschließend reiste die als "Karate-Team" getarnte "Reisegruppe" plangemäß u. a. per Flugzeug nach Frankreich, nämlich nach Q1. Auf Betreiben der Angeklagten zu 1) war der Nebenklägerin zuvor von der männlichen Person "G" ein Pass mit ihrem Lichtbild aber mit dem nicht auf sie zutreffenden Namen "H1" ausgestellt worden. Unter Verwendung des (was den Angeklagten bekannt war) falschen Passes reiste die Nebenklägerin ein: Bei der Einreise in Frankreich gaben die jungen Frauen und ihre beiden männlichen Begleiter (ein "Trainer" sowie ein Betreuer) entsprechend dem vorgefassten Plan wahrheitswidrig an, sie seien Mitglieder einer "Karate - Mannschaft", die zur Teilnahme an einem Sportwettbewerb nach Q1 reisen wolle. Zu diesem Zwecke waren der Nebenklägerin und den weiteren Mitgliedern der Gruppe zuvor unter Vorlage falsche Pässe Visa der Kategorie C für die Einreise in den Schengen - Raum/Frankreich erteilt worden. Tatsächlich handelte es sich lediglich bei zwei Mitgliedern der "Reisegruppe" um Sportler bzw. Sportlerinnen, und die übrigen weiblichen Personen der Gruppe sollten von den Angeklagten allein aus dem Grund nach Europa verbracht werden, um dort durch Drohungen zur Aufnahme der Prostitution veranlasst zu werden, wobei die erzielten Einnahmen an Dritte - u. a. die Angeklagte zu 1) und die Angeklagte zu 2) - abgeführt werden sollten, dies auch, um sie für die Einreise zu bezahlen. Die Einreise nach Frankreich wurde von den zuständigen behördlichen Organen des französischen Staats gestattet, da davon ausgegangen wurde, dass es sich bezogen auf die Nebenklägerin um ein Visum handelte, das unter Verwendung deren zutreffender, echter Personalien und der zutreffenden Angabe des Aufenthalts als Teil eines Sportteams erteilt worden war. Der Angeklagten zu 1) und der Angeklagten zu 2) waren diese Umstände bekannt.

Unter den Mitglieder dieser angeblichen "Karate - Mannschaft" befand sich auch die an einem nicht näher feststellbaren Datum in Nigeria geborene Zeugin B. Auch diese hatte ein Visum erhalten, das nicht auf den echten Namen der B erteilt wurde sondern nach Vorlage gefälschter Personaldokumente auf den Namen ‚N‘ geb. am 00.00.1991 in M1. Im Vorfeld der Reise nach Europa lernten sich die Zeugin B und die Nebenklägerin lernten sich beide näher kennen, blieben auch später in - jedenfalls telefonischem - Kontakt.

In Q1 angekommen, wurden die einzelnen Mitglieder der "Reisegruppe" jeweils von unterschiedlichen Personen abgeholt. Da sich die Abholung der Nebenklägerin durch die Angeklagte zu 1) aus Umständen, die die Kammer nicht aufklären konnte, verzögert, wurde seitens der Schleuser zunächst ein Kontakt der Nebenklägerin mit einer nigerianischen Frau, welche den Namen "C1" trug, hergestellt, die zum Hotel kam, in welchem die Nebenklägerin von der männlichen Person "I" zunächst plangemäß untergebracht worden war. "C1" erklärte gegenüber der darüber erstaunten Nebenklägerin, sie - die "C1" - habe sie nun "gekauft", was die Nebenklägerin dazu veranlasste zu fragen: "Wie kauft man Menschen?" Hierauf erwiderte die "C1", die Nebenklägerin solle "arbeiten und einen Asylantrag stellen". Anschließend verbrachte die "C1" die Nebenklägerin in ihre (der "C1" Wohnung) und eröffnete ihr, dass sie als "Arbeit" der Prostitution (auf dem sog. "Straßenstrich") nachgehen solle. In der Folgezeit ließ sie sich von der Nebenklägerin persönliche Gegenstände, u. a. deren Slip sowie Fingernägel - Abschnitte und Haare aushändigen und drohte ihr, diese Gegenstände, an einen Voodoo - Priester in Nigeria zu schicken, damit dieser sie und ihre Familie, sollte sie weglaufen, mit einem Fluch belege. Der auf den (falschen) Namen "H1" (dort angegebenes Geburtsdatum: 00.00.1987) ausgestellte Reisepass wurde der Nebenklägerin abgenommen, so dass sie über keinerlei Ausweisdokumente mehr verfügte. Die "C1" drohte ihr weiter damit, dass, sollte sie ihren Anweisungen nicht Folge leisten, ihr Leben und ihre Gesundheit sowie das Leben ihrer Angehörigen in Nigeria auf dem Spiel stehe, da sich der Voodoo - Fluch gegen diese Personen richten werde. Dadurch erreichte die "C1", dass die Nebenklägerin der Prostitution nachging, und an sie das von ihr mit der Prostitution erwirtschaftete Geld bis auf Kleinbeträge von wenigen Euro abführte. Um den Kontakt mit ihrer Familie zu unterbinden, nahm die weibliche Person namens "C1" der Nebenklägerin ihr Mobiltelefon ab. Gleichwohl gelang es der Nebenklägerin, welche die Telefonnummer ihrer Mutter in Nigeria nicht nur in ihrem Mobiltelefon gespeichert hatte, sondern auswendig kannte, mit dieser Kontakt aufzunehmen. Sie teilte ihrer Mutter mit, sie halte sich in Q1 auf und werde von einer weiblichen Person namens "C1" dahingehend unter Druck gesetzt, die Prostitution auszuüben. Die Mutter der Nebenklägerin wandte sich daraufhin ihrerseits telefonisch an die Angeklagte zu 1), welche sich entschloss, die Nebenklägerin - wie von vornherein beabsichtigt - nunmehr schnellstmöglich unter ihren Einfluss zu bringen, diese weiterhin zur Fortführung der Prostitution zu veranlassen (unter ihrer alleinigen "Regie") und sich den größten Teil der von ihr so erwirtschafteten Einnahmen aushändigen zu lassen, statt zuzulassen, dass die weibliche Person "C1" die Einkünfte aus der Prostitution vereinnahmte. Es kam dann zu einem Telefonat der Angeklagten zu 1) mit der Nebenklägerin, die inzwischen ein anderes, ihre privaten Kontakte nicht enthaltendes Mobiltelefon zur Verfügung hatte - in welchem die Angeklagte zu 1).der Nebenklägerin mitteilte, sie werde sie in Q1 abholen und nach Deutschland holen. Zu diesem Zweck sprachen die Frauen einen Treffpunkt in Q1 ab.

Ende März 2012 fuhr die Angeklagte zu 1) daher mit einem von ihr für diesen Zweck (mit einem nicht bekannten EURO - Betrag) entlohnten Fahrer schwarzafrikanischer Herkunft entsprechend ihrem vorgefassten Plan nach Q1/Frankreich, holte dort die Nebenklägerin ab, verbrachte sie anschließend nach Deutschland, um dort auf diese weiter dergestalt Druck auszuüben, dass sie nunmehr dort der Prostitution nachging und den weitaus größten Anteil ihrer durch Prostitution erzielten Einnahmen an sie - die Angeklagte zu 1) - abführte.

Damit und - und durch die Begehung weiterer Taten nach demselben Muster (jeweils entgeltliches Einschleusen von in prekären wirtschaftlichen Verhältnissen lebenden Frauen aus Nigeria, Veranlassen der Aufnahme der Prostitution durch diese gegen nahezu vollständiges Abführen des von den Frauen erwirtschafteten Geldes) wollte die Angeklagte zu 1) zu einem erheblichen Teil ihren Lebensunterhalt bestreiten. Ausgeübt werden sollte der Druck auf die Nebenklägerin dabei auch dergestalt, dass ihr gedroht werden sollte, dass sie und ihre Familie dann, wenn sie den Weisungen der Angeklagten nicht Folge leistete, durch einen "Voodoo - Priester" mit einem Fluch belegt werden sollte, der Krankheit und/oder Tod der Nebenklägerin selbst oder ihrer Familienmitglieder herbeiführen würde. Die Nebenklägerin und ihre Familie nahmen diese Drohung ernst und waren in der Annahme befangen, dass durch den "Voodoo - Zauber" tatsächlich nachteilig Einfluss auf Leben oder Gesundheit genommen werden könne. In der Folgezeit kam es entsprechend dem zuvor gefassten Plan der Angeklagten 1) dann tatsächlich dazu, dass die Angeklagten zu 1) zur Nebenklägerin eine über den Einzelfall hinausgehende, auf Dauer angelegte Beziehung unterhielt, um jener nicht nur vorübergehende Einnahmen zu verschaffen: Aufgrund der Abholung der Nebenklägerin durch die Angeklagte zu 1) in Q1 kam es zu der von der "C1" geforderten Antragstellung auf Asyl nicht mehr. Auch in der Folgezeit bis zur Kontaktaufgabe zur Angeklagten zu 1) stellte die Nebenklägerin einen solchen Antrag nicht.

Zunächst verbrachte die Angeklagte zu 1) in Absprache mit ihrer Schwester die Nebenklägerin im Rahmen eines "Zwischenstopps" nach B1 zur Wohnung ihrer Schwester, der Angeklagten zu 2) und ihres Mannes, die der Nebenklägerin bis dahin nicht bekannt waren. Die Angeklagten zu 2) wusste und wollte, dass die Angeklagte zu 1) die Nebenklägerin bereits in Nigeria "rekrutiert", nämlich mit falschen Versprechungen und unter Ausnutzung ihrer äußerst prekären wirtschaftlichen Verhältnisse, die der Angeklagten zu 2) ihrerseits auch bekannt waren, zur Reise nach Europa veranlasst hatte, dies bei einer dadurch bedingten Einschränkung der Nebenklägerin in ihrer Entscheidungs- und Handlungsfreiheit. Sie wusste und wollte weiter, dass die Angeklagte zu 1) die Nebenklägerin, die in Q1 als Prostituierte bereits tätig geworden war, dergestalt beeinflusste, dass sie den ganz überwiegenden Teil ihrer Einnahmen (auch für die Einreise) abführte, dies dergestalt, dass nunmehr die Angeklagten zu 1) die Erträge einzog, indem sie das von der Nebenklägerin erwirtschaftete Geld nahezu vollständig für sich verlangte und erhielt.

Nach dem "Zwischenstopp" fuhren die Angeklagte zu 1) und die Nebenklägerin weiter zur Wohnung der Angeklagten zu 1) nach L, wo die Angeklagte zu 1) der Nebenklägerin nunmehr ihr Vorhaben eröffnete, sie müsse nun für sie - die Angeklagte zu 1) - als Prostituierte arbeiten, damit das von ihr (u. a. für die Einreise) verauslagte und der Nebenklägerin geschuldete Geld von ihr - der Nebenklägerin - bezahlt werde. Dem fügte sich die Nebenklägerin. Die Angeklagte zu 1) verbrachte die Nebenklägerin nach einigen Tagen oder einer Woche (der genaue Zeitraum konnte im Rahmen der Hauptverhandlung nicht aufgeklärt werden) wiederum zurück nach B1. Auf Veranlassung der Angeklagten zu 1) bezog die Nebenklägerin ein Zimmer in einem dort befindlichen Bordell (zu dessen Bezeichnung und genauer Lage die Kammer keine Feststellungen zu treffen vermochte) und ging dort anschließend auf Geheiß und wegen von der Angeklagten zu 1) ausgesprochener Drohungen, andernfalls gegen sie und ihre Familie einen "Voodoo - Fluch" verhängen zu lassen, (weiterhin) der Prostitution nach: Die Nebenklägern mietete dort ein Zimmer für einen Betrag von 150,00 EUR täglich und empfing männliche Personen, um mit ihnen gegen Entgelt den Geschlechtsverkehr auszuüben. Die Nebenklägerin war dabei nach ihrer konkreten Lage und nach ihren persönlichen Fähigkeiten nicht in der Lage, sich dem durch die Angeklagte zu 1) ausgesprochenen Ansinnen der Prostitutionsausübung aus eigener Kraft zu entziehen, denn sie war der deutschen Sprache nicht mächtig, verfügte jedenfalls zu Beginn nicht über Barmittel und war bezüglich Unterkunft und Verpflegung vollständig auf die Angeklagte zu 1) angewiesen, weil sie über keinen gültigen mit eigenem Lichtbild versehenen Pass verfügte, zudem keine Kontakte oder Anlaufstellen in Europa hatte.

Zum Zwecke der Anmeldung in dem Bordell hatte die Nebenklägerin zwischenzeitlich auf Veranlassung der Angeklagten zu 1) einen sog. "Leihpass" erhalten. Bei diesem "Leihpass" handelte es sich um ein Dokument, das auf eine von der Nebenklägerin personenverschiedene junge schwarzafrikanische Frau ausgestellt war, ein nicht die Nebenklägerin selbst zeigendes Lichtbild aufwies. Dessen Vorlage beim Betreiber bzw. Vermieter des Bordells sollte es der Nebenklägerin ermöglichen, dort einer Tätigkeit als Prostituierte nachzugehen: Denn nur bei Vorlage eines Ausweisdokumentes konnte dort ein Zimmer angemietet werden.

Die Tätigkeit der Nebenklägerin als Prostituierte gestaltete sich konkret so, dass sie am Tag in durchschnittlich fünf bis acht Fällen den Geschlechtsverkehr mit Männern ausführte, die jeweils einen Betrag von 30,00 EUR an sie bezahlten. Die Nebenklägerin hatte sich dabei verpflichtet, an den Betreiber des Bordells täglich 150,00 EUR für die Nutzung des ihr zur Verfügung gestellten Zimmers zu zahlen. Dieser Verpflichtung kam sie auch nach. Den Betrag, der die Einnahmen von 150,00 EUR täglich überstieg, musste sie auf Druck und Betreiben der Angeklagten zu 1) - die ihr drohte, andernfalls den angedrohten Fluch des Voodoo - Priesters zu veranlassen - an die Angeklagte aushändigen, und dem kam sie nach, behielt für ihren eigenen Lebensunterhalt lediglich einen Betrag von 20,00 EUR bis 30,00 EUR in der Woche zurück. Der Entzug des weit überwiegenden Teils der von ihr erzielten Einnahmen führte zu einer gravierenden Beschränkung der persönlichen und wirtschaftlichen Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit der Nebenklägerin, die es ihr - wie von der Angeklagten zu 1), die die Nebenklägerin als ihre "Einnahmequelle" ansah, beabsichtigt - nahezu unmöglich machte, sich von der Prostitution zu lösen.

Der Tätigkeit als Prostituierte ging die Nebenklägerin in der Folgezeit für die Dauer von mindestens einem Monat nach. Ob sich diese Tätigkeit auch auf den Zeitraum eines weiteren Monats erstreckte, war für die Kammer nicht feststellbar. Nach Ablauf eines Monats gelang es der Nebenklägerin nicht mehr, die tägliche Miete in Höhe von 150,00 EUR an den Zimmervermieter aufzubringen, und sie wurde des Zimmers und des Bordells verwiesen. Hierüber war die Angeklagte zu 1), die fürchtete, dass ihre Einnahmequelle versiegte, sehr verärgert, und sie geriet mit der Nebenklägerin in Streit.

Um durch die Tätigkeit der Nebenklägerin als Prostituierte weiterhin dauerhaft Einnahmen in beträchtlicher Höhe für sich zu erzielen, verbrachte die Angeklagte zu 1) die Nebenklägerin, die nicht wusste, wo sie ohne Papiere und Unterkunft oder Schlafmöglichkeit bleiben konnte, sodann nach L. Dort veranlasste die Angeklagte zu 1) sie nach dem vorgenannten Muster, nämlich unter Einsatz von Drohungen, sie und ihre Familie andernfalls mit einem Voodoo - Fluch belegen zu lassen, weiter im Laufhaus "Q" in L als Prostituierte tätig zu werden, in dem sie zudem selbst (die Angeklagte zu 1]) einer Tätigkeit als Prostituierte nachging. Dort wurden - von der Betreiber - Gesellschaft des "Laufhauses" - Zimmer an Prostituierte vermietet, dies für einen Tagespreis in Höhe von 150,00 EUR, der täglich von den Prostituierten an die Betreibergesellschaft (in bar) zu entrichten ist. Auch die Nebenklägerin mietete ein Zimmer zu diesem Preis und ging dort der Prostitution nach. Konkret gestaltete sich die Tätigkeit der Nebenklägerin so, dass sie - auf einem Hocker oder Stuhl - in der geöffneten Tür ihres Zimmers saß und männliche Personen, die zu diesem Zweck (gegen Entrichtung einer Eintrittsgebühr von 5,00 EUR) zuvor das "Q" aufgesucht hatten und an diesem und weiteren Zimmer vorbeigingen um eine Prostituierte auszuwählen, zu veranlassen, mit ihr gegen Entgelt den Geschlechtsverkehr auszuüben, wobei sie hierfür Beträge zwischen 30,00 EUR und 50,00 EUR verlangte und erhielt.

Den von ihr so vereinnahmten Geldbetrag, der über den als Tagesmiete zu zahlenden Betrag hinausging, zahlte sie auf Druck und Betreiben der Angeklagten zu 1) an diese aus, die ihr gedroht hatte, andernfalls über den angedrohten Fluch des Voodoo - Priesters zu veranlassen, dass ihr und ihrer Familie psychischer und physischer Schaden zugefügt wurde. Diesem Druck beugte sich die Nebenklägerin. Insgesamt wurde die Geschädigte so veranlasst, einen Betrag von 2.000,00 EUR (herrührend aus der vorgenannten Tätigkeit der Nebenklägerin in B1 und L) an die Angeklagte zu 1) zu zahlen. Die Angeklagte zu 1), die die Nebenklägerin zur Aufnahme ihrer Tätigkeit mit Unterwäsche (Slips und sog. "Reizwäsche") ausgestattet hatte, erklärte der Nebenklägerin, der von ihr vereinnahmte Betrag von 2.000,00 EUR sei von ihr geschuldet, da sie - die Angeklagte zu 1) - ihr Kleidung im Wert von 2.000,00 EUR verschafft habe, was nicht den Tatsachen entsprach, da die erworbene Kleidung tatsächlich einen erheblich geringeren Wert hatte. Weiter forderte sie von der Nebenklägerin einen Betrag von 50.000,00 EUR dafür, dass sie die Reise der Nebenklägerin von Nigeria nach Europa organisiert und durchgeführt hatte. Einen Anspruch auf Zahlung dieses Betrags hatte die Angeklagte zu 1) mangels einer mit dieser getroffenen Vereinbarung nicht. Als es der Nebenklägerin nach Ablauf eines Monats wiederum nicht gelang, (weiterhin) Einnahmen zu erzielen, die es ihr ermöglichten, die tägliche Miete in Höhe von 150,00 EUR zu begleichen, war sie gehalten, das von ihr angemietete Zimmer im "Q" aufzugeben. Die Angeklagte zu 1) war hierüber sehr verärgert. Da die Nebenklägerin zunächst keine Bleibe hatte, erklärte sich die Angeklagte zu 1) zunächst bereit, die Nebenklägerin bei sich zuhause aufzunehmen, es kam in der Folgezeit aber wiederholt zu Streitigkeiten zwischen beiden, und die Angeklagte zu 1) verwies schlussendlich die Nebenklägerin dauerhaft aus der Wohnung.

Vorausgegangen war dem ein weiterer Aufenthalt der Nebenklägerin in E, wohin die Angeklagte zu 1) die Nebenklägerin verbracht hatte, damit sie (auch) dort der Prostitution nachging. Wann genau und wo die Nebenklägerin in E der Prostitution nachging, war im Einzelnen durch die Kammer nicht aufzuklären, sondern fest steht nur, dass sie sich dort für die Dauer von zwei bis vier Wochen aufhielt. Auch dort wurde sie von der Angeklagten zu 1) dergestalt unter Druck gesetzt, dass sie aus dort erzieltem Einkommen einen Betrag von 200,00 EUR bis 300,00 EUR an eine unbekannte, von der Angeklagten zu 1) hiermit beauftragte weibliche Person aushändigte. Welche Einnahmen die Nebenklägerin insgesamt in E erzielte, konnte nicht aufgeklärt werden, ebenso wenig, ob der Betrag an die Angeklagte zu 1) zur Auszahlung gelangte.

Nach der Auseinandersetzung mit der Angeklagten zu 1) wegen Ausbleibens weiterer Zahlungen zog die Nebenklägerin, nachdem sie der Angeklagten zu 1) bis auf einen Restbetrag von 60,00 EUR sämtliches ihr noch verbliebenes Geld ausgehändigt hatte, nach T1. Um welchen Geldbetrag es sich handelte, konnte die Kammer nicht aufklären. In T1 ging die Nebenklägerin einer Tätigkeit als Prostituierte im Bordell "S" nach. Dort kam es in der Folgezeit, am 15.10.2012, zum Streit der Nebenklägerin mit einem "Freier", der die Nebenklägerin für den mit ihr durchgeführten Geschlechtsverkehr abredewidrig mit 10,00 EUR statt mit 50,00 EUR bezahlt hatte. Als die Polizei hinzugerufen wurde, trafen die eingesetzten Polizeibeamten auf die Nebenklägerin. Die Nebenklägerin wurde, da sie nicht über Personaldokumente verfügte, in Polizeigewahrsam verbracht, am 16.10.2012 wurde sie durch zwei Polizeibeamte in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die englische Sprache vernommen. Einige Tage später, am 23.10.2012, wurde sie durch den Zeugen C2 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache "F1", des V, ein weiteres Mal polizeilich vernommen, ergänzend am 24.10.2012 sowie am 30.10.2012.

Der Nebenklägerin gelang es in der Folgezeit, sich von der Tätigkeit als Prostituierte zu lösen. Sie lernte ihren jetzigen Lebensgefährten kennen und eröffnete einen Friseursalon, den sie als Inhaberin betreibt und aus dem sie Einkommen bezieht. Wöchentlich arbeitet sie von montags bis samstags etwa elf Stunden täglich. Seit März 2019 lebt sie mit ihrem Lebensgefährten zusammen, sie ist Mutter einer jetzt vierjährigen Tochter, die bei ihr lebt und deutsche Staatsangehörige ist. Kontakt zu den Angeklagten hat sie seit dem Jahr 2012 nicht mehr. Gleichwohl befürchtet sie, dass ihre gegenwärtige Wohnanschrift den Angeklagten bekannt wird, und es ist ihr bis zum gegenwärtigen Tag peinlich, gegen Zahlung von Geld mit Männern geschlechtlich verkehrt zu haben. Mit ihrem jetzigen, fünfzig Jahre alten Lebensgefährten, der deutscher Staatsangehöriger ist, hat sie das Geschehen, insbesondere den Umstand, dass sie der Prostitution nachgegangen ist, nicht erörtert. Psychiatrische und/oder psychotherapeutische Hilfe hat sie bislang nicht in Anspruch genommen. Aus Angst vor Repressalien durch die Angeklagte(-n) ihr gegenüber, gegenüber ihrem Kind und/oder ihrer Familie ist sie bestrebt, dass ihr derzeitiger Wohnort nicht bekannt wird. Der Lebensgefährte der Nebenklägerin unterstützt sie im Umgang mit Behörden und bei dem insoweit erforderlichen Schriftverkehr. Seit dem Jahr 2016 verfügt sie über eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

b)

Geschehen zum Nachteil der Zeugin B

Beim Verkaufen von Wasser für die "entferntere Verwandte", bei der die Zeugin B zu dieser Zeit lebte, kam diese Ende des Jahres 2011 bzw. Anfang des Jahres 2012 in Kontakt mit männlichen Kunden, die sie darauf ansprachen, ob sie nicht Interesse daran hätte, sich einer Gruppe nigerianischer Frauen, deren Reise nach Europa sie organisiert hätten, anzuschließen. Veranlasst hatte dies die Angeklagte zu 2), die ebenso wie ihre Schwester, die Angeklagten zu 1), beschlossen hatte, junge nigerianische Frauen gegen Entgelt und unter Verstoß gegen die geltenden Einreisebestimmungen in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und eines Schengen - Staates einzuschleusen, dies unter Verwendung gefälschter Ausweispapiere und ohne gültigen Aufenthaltstitel. Sie veranlasste mehrere, namentlich nicht bekannte, in Nigeria lebende Männer dahingehend, dass sie die Zeugin B im Ladengeschäft ihrer entfernten Verwandten in C ansprachen. Denn sie hatte den Plan gefasst, die Zeugin B nach Deutschland zu locken, ihre wegen der in Nigeria für sie bestehenden wirtschaftlichen Not deutlich eingeschränkte Entscheidungs- und Handlungsfreiheit zu ihrem eigenen finanziellen Vorteil auszunutzen und sie hier zur Aufnahme der Prostitution zu veranlassen, damit sie die so durch Prostitution erzielten Einkünfte nahezu vollständig vereinnahmen konnte, mit der Begründung, dass das von ihr verauslagte "Schleusergeld" aufgrund der mit der Zeugen B geschlossenen Vereinbarung von dieser an sie - die Angeklagte zu 2) - zurückzuzahlen sei.

Als nigerianische Staatsangehörige war die Zeugin B für den sog. "Schengen - Raum" visumspflichtig, d. h. sie musste bei der Einreise im Besitz eines erforderlichen Aufenthaltstitels, beispielsweise eines Visums sein. Über ein Visum oder einen sonstigen nicht erschlichenen, d.h. nicht durch unrichtige Angaben erlangten Aufenthaltstitel verfügte sie nicht, ebenso wenig über einen auf ihren zutreffenden Daten beruhenden Pass, einen Passersatz oder einen Ausweisersatz. Die Angeklagte zu 2) hatte jedoch veranlasst, dass in Nigeria lebende Mittelsmänner unter Vorlage gefälschter Ausweispapiere (vorgeblicher Name: 'N', geb. am 00.00.1991 in M1) als Aufenthaltstitel ein "Visum" auf den Namen der Zeugin ausgestellt wurde, welches zusammen mit gefälschten Ausweispapieren bei der Einreise vorgelegt werden sollte. Die Angeklagte zu 2) wusste und wollte dabei, dass nicht nur die Zeugin B, sondern weitere junge nigerianische Frauen nach dem vorgenannten Muster illegal in die Bundesrepublik Deutschland kommen und hier für sie als Prostituierte tätig werden sollten, um sie von den dadurch erwirtschafteten Einkünften für das Einschleusen bezahlen zu lassen und auf diese Weise dauerhaft nicht unerhebliches Einkommen zu erzielen.

Die - was die Angeklagte zu 2) wusste - in äußerst prekären Verhältnissen lebende Zeugin B entschloss sich in der Hoffnung, ihren Lebensunterhalt in Europa als Straßenverkäuferin (wie sie es aus Nigeria kannte) fristen zu können, das von der Angeklagten zu 2) vermittelte Angebot anzunehmen. Ihr war klar, dass die Reise Geld kosten würde, und sie war bereit und hatte sich über die Mittelsmänner der Angeklagten zu 2) entsprechend mit dieser geeinigt, die Angeklagten zu 2) für das Arrangement der Reise zu bezahlen; die genaue Höhe der Kosten war ihr aber nicht bekannt. Entsprechend dem Plan der Angeklagten zu 2) kam sie auf deren Betreiben u. a. mit dem Flugzeug, zunächst nach Q1/Frankreich. Von dort sollte sie - dem vorgefassten Plan der Angeklagten zu 2) entsprechend - sodann nach L verbracht werden, um dort unter ihrem Einfluss schnellstmöglich die Prostitution aufzunehmen und Einkünfte zu erwirtschaften. Tatsächlich reiste die Zeugin B dann - ohne dass die Kammer Feststellungen dazu hätte treffen können, wie sich die Weiterreise von Q1 aus im Einzelnen gestaltete - weiter nach L. Bereits auf der Reise per Schiff und Flugzeug nach Q1 hatte sie die Nebenklägerin kennengelernt, und beide junge Frauen hielten auch anschließend - telefonisch - Kontakt zueinander.

Maßgeblich (mit-) geplant und durchgeführt wurde die Reise nach Q1 und weiter in die Bundesrepublik Deutschland von der Angeklagten zu 2), die zudem beabsichtigte, die Zeugin B unter Drohung mit Voodoo - Schwüren des Inhalts, dass ihr und ihren Angehörigen Schaden für Leib und Leben drohte, sollte sie den Anweisungen der Angeklagten zu 2) nicht nachkommen und entgegen deren Weisung nicht der Prostitution nachgehen, dauerhaft dazu zu bringen, sich in L und B1 als Prostituierte zu verdingen und den weitaus größten Teil des so eingenommenen Geldes an sie - die Angeklagte zu 2) - auszuzahlen.

Die Angeklagte zu 2) erklärte demgemäß gegenüber der Zeugin B, sie müsse "Geld verdienen", um das von ihr - der Angeklagten zu 2) - für die Einreise nach Europa und Deutschland aufgewendete Geld wie vereinbart zurückzuzahlen. Dementsprechend übte die Zeugin B schließlich - nach einem zwischenzeitlichen Aufenthalt in B1, wo sie wie auch die Nebenklägerin als Prostituierte tätig war - in L Anfang des Jahres 2012 für mehrere Wochen eine Tätigkeit als Prostituierte aus und erzielte aus dieser Tätigkeit jedenfalls einen Verdienst von 200,00 EUR, der von ihr an eine unbekannt gebliebene, von der Angeklagten zu 2) dafür beauftragte Person gezahlt wurde. Sie war dabei nach ihrer konkreten Lage und nach ihren persönlichen Fähigkeiten nicht in der Lage, sich dem durch die Angeklagte zu 2) ausgesprochenen Ansinnen der Prostitutionsausübung aus eigener Kraft zu entziehen, denn sie war der deutschen Sprache nicht mächtig, verfügte jedenfalls zu Beginn ihres Aufenthalts in Deutschland nicht über Barmittel und war bezüglich Unterkunft und Verpflegung vollständig auf die Angeklagte zu 2) angewiesen. Sie verfügte nicht über einen echten Pass, zudem nicht über Kontakte oder Anlaufstellen in Europa. Dies wusste die Angeklagte zu 2), machte sich dies zunutze.

Die Angeklagte zu 2) beabsichtigte ebenso wie ihre Zwillingsschwester, die Angeklagte zu 1), sich durch diese und weitere gleichgelagerte Taten zum Nachteil weiterer junger nigerianischer Frauen eine dauerhafte Einkommensquelle von erheblichem Umfang zu erschließen

Nicht geklärt werden konnte durch die Kammer, ob die Angeklagte zu 2) tatsächlich den von der Zeugin B aus der Tätigkeit als Prostituierte vereinnahmten und zunächst an eine unbekannt gebliebene Person gezahlten Betrag in Höhe von 200,00 EUR erhielt oder nicht. Zugunsten der Angeklagten ist die Kammer dabei davon ausgegangen, dass die Zeugin B zum Tatzeitpunkt nicht unter einundzwanzig (21) Jahre alt war.

Der weitere Geschehensablauf gestaltete sich so, dass die Zeugin B am 10.09.2012 in L im sog. Laufhaus "F2" in der I1straße in L, wo sie unter Verwendung eines für 'B3', geb. am 00.00.1980 ausgestellten Passes einer Tätigkeit als Prostituierte nachgegangen war, festgenommen wurde, dies anlässlich einer dort durchgeführten polizeilichen Personenkontrolle. Aufgrund der Annahme, dass sie erst vierzehn (14) Jahre alt sei, wurde ihr ein Vormund beim Jugendamt in L bestellt, ferner wurde sie in das Kinderheim S1 in der Dstraße in L gebracht, wo sie zunächst verblieb. Am 04.02.2013 wurde sie dort von dem Zeugen C2 und einem Dolmetscher für die aus ihrem Herkunftsland Nigeria gebräuchliche Sprache "F1" bzw. "Pidgin - English" aufgesucht, am selben Tag eine Vernehmung im Polizeipräsidium L durchgeführt, eine weitere Vernehmung einen Tag später.

Nunmehr, seit einigen Jahren, ist die Zeugen B als Altenpflegerin - Helferin in einer Einrichtung für alte Menschen abhängig beschäftigt. Kontakt zu ihrer in Nigeria lebenden Familie besteht zurzeit nicht. Zahlungen an die Personen, die für die Kosten des Einschleusens nach Europa aufgekommen waren, hat sie bislang nicht geleistet. Aus diesem Grund lebt sie in Angst davor, dass ihr oder ihren Angehörigen (veranlasst durch den von ihr geleisteten Voodoo - Schwur) etwas geschehen könne, sie nämlich getötet oder an der Gesundheit geschädigt werden.

III.

Beweiswürdigung

1.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der beiden Angeklagten beruhen auf den von ihnen gemachten Angaben, die Feststellungen zu Vorstrafen bzw. zur Vorstrafenfreiheit der beiden Angeklagten beruhen auf den auszugsweise verlesenen und eingeführten Auszügen aus dem Bundeszentralregister.

2.

Die Feststellungen zur Person und zum Lebenslauf der Nebenklägerin beruhen im Wesentlichen auf deren eigenen glaubhaften Angaben, welche durch die Bekundungen der ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung vernommenen Zeuginnen und Zeugen bestätigt wurden. Sie beruhen insbesondere auf den Angaben des derzeitigen Lebensgefährten der Nebenklägerin, des N1, der hierzu als präsenter Zeuge glaubhaft und im Einzelnen plausibel bekundet hat.

3.

Die Feststellungen zur Person und zum Lebenslauf der Zeugin B beruhen im Wesentlichen auf den - lediglich insoweit -glaubhaften eigenen Angaben der Zeugin B

4.

Hinsichtlich der von der Kammer getroffenen Feststellungen zur Sache gilt Folgendes:

Beide Angeklagten haben sich nicht zur Sache eingelassen. Sie sind jedoch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Sinne der getroffenen Feststellungen überführt. Die von der Kammer getroffenen Feststellungen beruhen maßgeblich insbesondere auf den Angaben der Nebenklägerin Frau Z, ferner auf den Angaben der Zeugin B, soweit diesen gefolgt werden konnte, weiter auf den Angaben der Zeugen H2, M und N2 sowie auf den in Augenschein genommenen Gesprächsinhalten der im Rahmen der angeordneten Telekommunikationsüberwachung aufgezeichneten und durch vereidigte Dolmetscher übersetzten Gespräche, die (auch) als Sachverständige einvernommen wurden. Im Einzelnen gilt hierzu Folgendes:

a)

Die Feststellungen zum Verbringen der Nebenklägerin nach Deutschland und die Feststellungen zu dem auf ihre Person bezogenen späteren Geschehen in B1 und L (Aufnahme einer Tätigkeit als Prostituierte auf Betreiben der Angeklagten zu 1) beruhen auf den Angaben der Nebenklägerin, soweit diese als Zeugin vernommen worden ist. Sie hat diese Umstände so geschildert, wie sie unter Ziffer II 2 im Einzelnen ausgeführt und festgestellt worden sind.

Die Nebenklägerin hat bekundet, sie habe die Angeklagte zu 1) eigentlich nicht gekannt, ihr Bruder habe sie gekannt, und darüber sei der Kontakt zustande gekommen. Ihr älterer Bruder kenne die Angeklagten zu 1) von der Schule, auf die beide zusammen gegangen seien Sie sei auf eine andere Schule gegangen. Befreundet gewesen sei sie mit der Angeklagten zu 1) nicht, sie habe sie aber gekannt, sie sei in Schulpausen mit ihrem Bruder auch schon mal zu ihr nach Hause gekommen. Ihr Bruder habe ihr Ende 2011, Anfang 2012 mitgeteilt, die Angeklagte zu 1) habe angeboten, sie - die Nebenklägerin - nach Europa zu bringen. Zu dieser Zeit sei sie bei der Schwester zu Besuch gewesen. Etwas später habe die Angeklagte zu 1) sie angerufen und sie gefragt, ob sie Interesse habe, nach Europa zu reisen und dort zu arbeiten. Sie habe dann mit ihrer Familie gesprochen, und ihre - der Nebenklägerin - Mutter und zwei Brüder seien gemeinsam mit der Nebenklägerin zur Mutter der P, der Angeklagten zu 1), gegangen, um die Sache zu besprechen. Die Mutter der P habe zu diesem Zeitpunkt in C gewohnt.

Ihre - der Nebenklägerin - Mutter habe dann Ps Mutter gefragt, ob diese sicher sei, dass die P gut auf sie - die Nebenklägerin - aufpassen könne, und dies habe Ps Mutter bejaht. Über Details und insbesondere die Finanzierung der Reise sei nicht gesprochen worden. Als weitere Person sei bei diesem Gespräch ein Mann namens "G" aus V1 anwesend gewesen, dieser habe die Reise organisieren sollen. Zu diesem Zeitpunkt sei es der Familie der Nebenklägerin nicht gut gegangen, sie sei keiner Tätigkeit nachgegangen. Die Schule habe sie abgeschlossen gehabt, zudem eine Lehre abgeschlossen. Die Mutter sei krank gewesen und habe ihre zuvor ausgeübte Tätigkeit als Reinigungskraft daher aufgeben müssen. Die Nebenklägerin habe zuhause gewohnt und sei vom Vater, der als Koch berufstätig gewesen sei, unterstützt worden. Sonst habe sie kein Einkommen bezogen, wenn er nichts gehabt habe, habe sie auch nicht gehabt. Der Vater habe mit einer anderen Frau drei Kinder. Es habe keine Arbeit gegeben. Da, wo sie die Lehre gemacht habe, sei sie nicht übernommen worden. Sechs ihrer Geschwister hätten zuhause gewohnt, einige hätten einen eigenen Haushalt gehabt.

Zwei bis drei Wochen später sei man nach M1 gereist, von dort nach Q1, dann nach Deutschland. Die Angeklagten zu 1) habe eine Zwillingsschwester. Man habe ihr vor der Reise nicht von einem Betrag erzählt, den sie habe zurückzahlen sollen. Sie habe schon gedacht, dass sie etwas zurückzahlen solle, an einen Betrag von 50.000,00 EUR habe sie aber nicht gedacht. Sie seien dann als Sportgruppe für Karate nach Frankreich, Q1, gekommen. Den Karate - Sport beherrsche sie nicht, das könne sie gar nicht. Aufgrund der Vorbereitung und aufgrund des ihr ausgehändigten Passes hätten sie sich gleichwohl als "Karate - Gruppe" vorstellen sollen und das angeben sollen. Wie die das im Einzelnen organisiert hätten, wisse sie nicht. Sie seien dann nach Q1 geflogen und in ein Hotel gebracht worden. Später sei dann die "C1" gekommen. Der "G" sei nicht mitgereist, jedoch ein "I". Der habe sie dann später an die "C1" weitergegeben. Man habe sie an die "C1" weitergegeben, und die habe gesagt, sie hätte sie (die Nebenklägerin) "gekauft". Sie habe die "C1" dann gefragt: "Wie kauft man Menschen?" Da habe sie gewusst, dass die Reise nicht legal gewesen sei. Der "Trainer" der Karate - Mannschaft habe ihr gesagt, das sei der Weg, wie man solche Reisen organisiere. Den falschen Pass hätten ihr der "G" und der "Trainer" ausgehändigt. Zuvor sei sie zusammen - noch in Nigeria - mit dem "G" bei den Passbehörden gewesen. Dort habe man gefragt, wie sie heiße und wann sie geboren sei. Ihr Name sei in Wirklichkeit anders als der Name "H1", der im Pass stehe. Für die "C1" habe sie dann auf dem "Straßenstrich" gearbeitet, in Q1. Die "C1", bei der sie in dieser Zeit auch gewohnt habe, habe ihr gesagt, sie würde sie mit Voodoo verfluchen, wenn sie nicht als Prostituierte arbeite, und sie habe ihr Angst gemacht. Zu diesem Zweck habe sie der "C1" Fingernägel - Abschnitte, Haare und Unterwäsche aushändigen müssen, die "C1" habe sich dies für den Voodoo - Zauber genommen. Das Handy mit ihren persönlichen Kontakten habe man ihr weggenommen. Da sie die Telefonnummer ihrer Mutter im Kopf gehabt habe, habe sie diese aber trotzdem anrufen können und ihr mitgeteilt, was passiert sei.

Die Nebenklägerin hat weiter bekundet, die Angeklagte zu 1) habe sie dann später in Q1 abgeholt, mit einem Fahrer (einem Schwarzen), der Geld bekommen habe. Wie viel Geld das gewesen sei, könne sie nicht sagen. In Q1 sei ihr aufgefallen, dass die Einreise nicht legal gewesen sei. Sie habe das machen müssen, damit sie eine Unterkunft und etwas zu essen habe. Nach Abholung durch die Angeklagten zu 1) sei sie zunächst nach B1 gelangt, am nächsten Tag sei es weiter nach L gegangen. Die eine Nacht in B1 habe sie in der Wohnung der Angeklagten zu 2) verbracht, das sei eine 2 - Zimmer - Wohnung gewesen, gesehen habe sie die Angeklagte zu 2) nur einmal dort. Warum sie erst zur Schwester der Angeklagten zu 1) gefahren seien, wisse sie nicht. Später sei sie nach L gekommen, man sei dort angekommen, und die Angeklagte zu 1) habe sie ihrem Ehemann vorgestellt. Nach einigen Tagen habe die Angeklagten zu 1) sie dann nach B1 gebracht, zu ihrer ersten Arbeitsstelle als Prostituierte. Die Angeklagte zu 1) habe ihr gesagt, ihre Arbeit sei es, mit Männern zu schlafen, sie - die Nebenklägerin - habe gesagt, das wolle sie nicht, sich aber letztlich doch gefügt. Sie habe dann dort gearbeitet, nämlich mit Männern geschlafen. Die Angeklagte zu 1) habe ihr erklärt, sie solle mit Männern schlafen, täglich "mindestens mit drei oder vier", und dem sei sie auch nachgekommen, das habe sie getan. Das sei für ein oder zwei Monate so gegangen. Die Miete für das Zimmer im Laufhaus in B1 habe am Tag 150,00 EUR betragen, 20,00 bis 30,00 EUR habe sie in der Woche behalten dürfen, um sich Essen zu kaufen, den Rest habe sie an die Angeklagte zu 1) abgeben müssen. In der Zeit von ein bis zwei Monaten habe sie ihr insgesamt einen Betrag von 2.000,00 EUR ausgehändigt.

Später in L habe sie dann zusammen mit der Angeklagten zu 1) gearbeitet, auch dort habe sie auf Geheiß der Angeklagten zu 1) mit Männern schlafen müssen. Auch die Angeklagte zu 1) habe gegen Geld mit Männern geschlafen. In das Bordell habe sie die Angeklagte zu 1) gebracht. Am Tag habe sie dort mehrfach mit Männern geschlafen, das seien fünf, manchmal acht, manchmal zwanzig Männer gewesen, mit denen sie gegen Geld am Tag geschlafen habe. Auch in L habe sie 150,00 EUR an täglicher Zimmermiete bezahlen müssen. Die Angeklagte zu 1) habe dann immer wieder nach dem eingenommenen Geld gefragt. Es sei dann zu einem Streit gekommen, weil sie ihr Geld mehr habe geben können, sie habe auch nicht mehr die Zimmermiete zahlen können, man habe sie dann hinausgeworfen aus dem Bordell. Sie sei dann zu der Angeklagten zu 1) nach Hause gefahren, und die sei sauer gewesen, habe sie in ihrer Wohnung nicht mehr haben wollen, habe ihr 24 Stunden gegeben, ihr Haus zu verlassen. Sie sei dann weggegangen, sei völlig hilflos gewesen, habe keinen gekannt. Das Geld habe die Angeklagte zu 1) von ihr verlangt, deren Schwester habe nichts von ihr verlangt. Die Angeklagte zu 1) habe ihr gedroht, sie und ihre Familie mit einem Voodoo - Zauber zu verfluchen, sollte sie ihren Anweisungen, als Prostituierte zu arbeiten, nicht Folge leisten. Die Angeklagte zu 1) habe ihr gesagt, sie müsse das machen, müsse mit Männern gegen Geld schlafen, ihr das Geld geben, sonst würde sie von ihr rausgeworfen, und sie (die Angeklagte zu 1]) würde einen "Voodoo - Zauber" gegen sie und ihre Familie verhängen lassen.

Den Reisepass habe man ihr schon in Q1 weggenommen, in dem Pass habe der Name "H1" gestanden, ausgehändigt bekommen habe sie den Pass von einem Mann namens "G", der ihr den gegeben habe. Tatsächlich heiße sie nicht H1 sondern Z, und sie sei nicht 1987 geboren, wie es in dem Pass mit dem Namen "H1" gestanden habe, sondern am 00.00.1991. Der Mann, der als "Trainer" mitgereist sei, habe ihr den Reisepass abgenommen. Einen anderen Pass habe sie nicht gehabt, die deutsche Sprache nicht gesprochen. Später habe es dann einen anderen Pass gegeben, einen "Leihpass" - den habe die Angeklagte zu 1) organisiert, um den in den Bordellen vorzulegen. Dafür habe sie der Angeklagten zu 1) auch Geld bezahlen sollen. Das sei ein "Leihpass" gewesen. Wie die Angeklagte zu 1) ihn bekommen habe, das wisse sie nicht.

Die Angeklagten zu 1) habe es dann organisiert, dass dieser "Leihpass" in den Bordellen, in denen sie gearbeitet habe, vorgelegt worden sei. Die Angeklagte zu 1) habe von ihr einen Betrag von 50.000,00 EUR verlangt, dafür, dass sie sie nach Europa bringe. Sie habe dann 2.000,00 EUR gezahlt. Dies wisse sie noch, weil sie sich eine Liste angelegt habe, in die sie die an die Angeklagte zu 1) ausgezahlten Beträge eingetragen habe. Die Angeklagte zu 1) habe ihr gesagt, sie hätte 2.000,00 EUR für Kleidung für sie ausgegeben. Die 50.000,00 EUR habe sie dann noch zusätzlich zahlen sollen und außerdem die Gebühr für den "Leihpass".

Ihrer Familie habe sie später alles erzählt, die habe gesagt, das sei nicht Inhalt der ursprünglichen Vereinbarung gewesen, dass sie als Prostituierte arbeite. Geld habe sie nicht nach Hause geschickt. Sie habe später - nach ihrem "Rauswurf" bei der Angeklagten zu 1) - im "S" gearbeitet, dort könne man als "Tänzerin" arbeiten oder als Prostituierte, also mit Männern gegen Geld schlafen. Dorthin sei sie gekommen, nachdem man ihr das Haus empfohlen habe. Das sei ein Mädchen in E gewesen, das ihr die Arbeitsstelle empfohlen habe. Sie sei dann mit dem Taxi dorthin gefahren, nachdem sie "der P", der Angeklagten zu 1), eine letzte Zahlung geleistet habe und ihr nur noch ein Betrag von 60,00 EUR geblieben sei. Papiere habe sie zu diesem Zeitpunkt keine gehabt. Das Mädchen in E habe ihr gesagt, dass sie dort ein neues Leben anfangen könne, und T1 sie für sie eine "neue Stadt" gewesen.

Nachdem die Nebenklägerin im Rahmen ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung zunächst geschildert hatte, sie habe dort als Tänzerin gearbeitet und es sei zu einem Streit gekommen mit einem Kunden, der ihr den Preis in Höhe von 50,00 EUR fürs Tanzen nicht habe zahlen wollen, hat sie auf Vorhalt der Verteidigung und der Kammer eingeräumt, der Erhalt eines Betrag in Höhe von 50,00 EUR "fürs Tanzen" sei vielleicht nicht ganz plausibel, und sie hat weiter erklärt, sie habe dort nicht getanzt, sondern (gegen Geld) mit Männern geschlafen. Dies sei ihr immer noch peinlich, weshalb sie dies nicht unmittelbar zugegeben habe. Es habe damals einen Streit gegeben: Ein Mann habe mit ihr schlafen wollen, er habe zu wenig bezahlt, nachdem sie mit ihm geschlafen habe, nur 10,00 EUR statt der vereinbarten 50,00 EUR. Er habe dann behauptet, ihr 50,00 EUR gegeben zu haben, was aber nicht gestimmt habe. Im "S" habe sie am Tag 50,00 EUR Miete für ein Zimmer bezahlen müssen, das von ihr eingenommene Geld habe sie behalten dürfen.

Sie sei auch in einem Bordell in E gewesen, die Angeklagte zu 1) habe sie dorthin gebracht. Dort habe sie für die Dauer von zwei bis drei Wochen gearbeitet, habe mit Männern schlafen müssen. Das Geld habe sie abgeben müssen. Die Angeklagte zu 1), die "P", habe eine Frau geschickt, um das Geld abzuholen, 200,00 bis 300,00 EUR seien das gewesen, wie viel genau, das wisse sie nicht, auch nicht, ob die Angeklagte zu 1) das Geld erhalten habe.

Seit dem Jahr 2015 oder 2016 habe sie eine Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland. Die Aufenthaltserlaubnis habe sie mit der Geburt ihrer Tochter bekommen, seit dem Jahr 2012 sei sie in Deutschland geduldet worden.

Nachdem sie die "P" verlassen habe, habe diese ihre - der Nebenklägerin - Eltern angerufen und ihnen gesagt, sie würde sie und ihre Familie verfluchen, und das sei auch während der Zeit so gewesen, während sie bei ihr gewesen sei und für sie gearbeitet habe. Wenn sie nicht so gearbeitet habe, wie die Angeklagte zu 1) sich das vorgestellt habe, habe sie sie beschimpft und mit einem Voodoo - Zauber gedroht. Sie habe das ernst genommen und aus Angst das getan, was die Angeklagte zu 1), die P, von ihr verlangt habe. Sie habe nach wie vor Angst vor der P, die könne "alles machen, alles versuchen" um das Geld zurückzubekommen. Sie - die Nebenklägerin - habe auch mit ihrem Bruder gesprochen, und der habe gesagt: "Wenn das die Arbeit ist, die Du nicht machen willst, dann lass‘ es".

Ihr Bruder habe ihr auch erzählt, dass er die P angerufen habe, um die Sache zu klären. Es sei dann in der Folgezeit so gewesen, dass die P ihr weiter gedroht habe. Ihre - der Nebenklägerin - Sorge sei, dass sie nicht wolle, dass ihr oder ihrer Familie etwas passiere, das beschäftige sie natürlich sehr stark, nach wie vor. Ihr gehe es jetzt gut, sie habe aber immer noch Angst, was man ihr angetan hätte, sei nicht vereinbart gewesen. Man habe ihr Angst gemacht, die Angeklagte zu 1) habe sie gesagt, sie werde sie "mit Voodoo" töten, und daran habe sie sie immer erinnert, während sie für sie gearbeitet habe, nämlich immer dann, wenn sie nicht "gut gearbeitet" und nicht viel Geld verdient habe. Sie habe Angst vor dem, was die Angeklagte zu 1) jetzt gegen sie unternehmen werde.

Später sei sie zur Polizei gebracht worden, dort habe man ihr gesagt, man helfe ihr, aus der Situation herauszukommen.

Die B habe sie im Zusammenhang mit der Reise nach Q1 kennengelernt. Sie und die B seien wegen dieser Reise zusammen gekommen, und später hätten sie sich dort getroffen, wo sie beide gearbeitet hätten, in B1. Das sei nur einmal gewesen, dass sie sie dort gesehen habe. Über ihr Leben habe ihr die B sonst nichts erzählt. Sie habe nur gesagt, dass die Zwillingsschwester der P sie nach Europa gebracht habe. Wo diese dann geblieben sei, wo sie gewohnt habe, könne sie aber nicht sagen.

Die Angaben der Nebenklägerin sind glaubhaft. Ihre Bekundungen waren insgesamt - nachdem sie den Widerspruch bezogen auf ihre vorgebliche Tätigkeit als "Tänzerin" im "S" noch im Rahmen ihrer Vernehmung mit einer im einzelnen plausiblen Begründung aufgelöst hat - widerspruchsfrei, und ihre Angaben sind nicht bereits durch objektive Umstände widerlegt, werden vielmehr durch sonstige Umstände bestätigt.

Die Zeugin hat das gesamte Geschehen letztendlich widerspruchsfrei und in sich stimmig geschildert. Die Aussage ist in ihrem Kern- und ihrem Randbereich durch die Wiedergabe zahlreicher Details geprägt, was für ihre Erlebnisbezogenheit spricht. Hinsichtlich der Abläufe im Vorfeld der eigentlichen Tat hat die Zeugin nicht nur die persönliche Beziehung der Angeklagten zu ihrer - der Nebenklägerin - Familie beschrieben, sondern die Vorgänge schlüssig in die damalige Lebenssituation der Familie der Nebenklägerin eingeordnet und die von ihr geschilderten Umstände auch widerspruchsfrei miteinander verknüpft. Überschießende Belastungstendenzen waren weder bezogen auf die Angeklagte zu 1) noch bezogen auf die Person der Angeklagten zu 2) ersichtlich: Die Nebenklägerin hat diesbezüglich vielmehr auf wiederholte Nachfrage im Rahmen ihrer Vernehmung bekundet, dass es ausschließlich die Angeklagte zu 1) gewesen sei, die sie aus Q1 abgeholt und nach B1 und sodann nach L verbracht und zur Prostitution angehalten, das Geld vereinnahmt habe, die Angeklagte zu 2) habe kein Geld entgegengenommen. Hinsichtlich der Angeklagten zu 1) hat sie das Geschehen sachlich und nüchtern wiedergegeben, dies bezogen auch auf ihr inneres Erleben.

Den Ablauf des Geschehens hat die Nebenklägerin dabei umfassend und erkennbar als Wiedergabe eigenen Erlebens beschrieben.

Die Kammer hatte keinen Anlass, an der Richtigkeit der von der Nebenklägerin gemachten Angaben zu zweifeln. Die Nebenklägerin war ausreichend in der Lage, Dinge wahrzunehmen, in ihrem Gedächtnis abzuspeichern und adäquat - mittels des von der Kammer hinzugezogenen Dolmetschers für die Sprache "F1" bzw "Pidgin English" - wiederzugeben. Anhaltspunkte, die Zweifel an ihrer Aussagetüchtigkeit hätten hervorrufen können, haben sich nicht ergeben. Bei ihrer Aussage vor der Kammer zeigte sie sich klar und stets orientiert. Ihre Aussage erhielt eine Vielzahl von Realitätskennzeichen, die für die Wiedergabe von tatsächlich Erlebtem sprechen. So schilderte sie das Geschehen sehr anschaulich und mit zahlreichen Details, so dass die "C1" von ihr Fingernägel, Haare und Unterwäsche, genommen habe, ferner den Ablauf ihrer Reise über Q1 nach B1 und L. Den Inhalt des Gesprächs mit der "C1" gab sie dabei in wörtlicher Rede wieder: Die "C1" habe ihr gesagt, sie habe sie (die Nebenklägerin) "gekauft", und sie (die Nebenklägerin) habe daraufhin gefragt: "Wie kauft man Menschen?", mithin (nachvollziehbar) ihre eigene Reaktion auf das Ansinnen der "C1" geschildert. Auch den Inhalt des Gesprächs mit ihrem Bruder, bei dem sie sich telefonisch gemeldet hatte, hat die Nebenklägerin in wörtlicher Rede und damit sehr plastisch wiedergegeben.

Die Nebenklägerin war durchgehend in der Lage, belastbare und insbesondere durch die Aussagen der weiteren Zeugen verifizierbare Angaben zu machen. Erinnerungslücken hat sie von sich aus offengelegt. Dafür, dass sie durch in der Vergangenheit Erlebtes in einem Maße traumatisiert worden wäre, dass die Wahrnehmung oder Wiedergabe von Umständen beeinträchtigt worden wären, haben sich keinerlei Anhaltspunkte ergeben.

Auch an ihrer Zuverlässigkeit hatte die Kammer keine Zweifel. Für eine irrtümliche oder bewusste Falschaussage gab es keinerlei Anhaltspunkte. Es hat sich weder ein Motiv für eine bewusste Falschaussage noch eine besondere Belastungstendenz gezeigt, ein besonderes Verfolgungsinteresse hat sie in der Hauptverhandlung nicht gezeigt, sondern sie hat vielmehr zu erkennen gegeben, dass ihr daran liegt, mit dem Geschehenen abzuschließen und ihr Leben zu gestalten, ohne nachteiligen Einflüssen Dritter auf ihre Lebensführung ausgesetzt zu sein.

Die Aussage der Nebenklägerin war auch dabei insgesamt von überdurchschnittlicher Qualität, insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Abläufe nunmehr Jahre zurückliegen. Die Aussage war hinreichend logisch konsistent und detailliert. So hat sie erklärt, der auf "H1" ausgestellte Reisepass (versehen mit dem vorgeblichen Geburtsjahr '1987') sei ihr bereits in Q1 abgenommen worden, und sie hat weiter erklärt, dass es ihr nach Wegnahme des Mobiltelefons nur deshalb möglich gewesen sei, ihre Mutter in Nigeria anzurufen, weil sie deren Telefonnummer auswendig gewusst habe.

Weiter hat sie bezogen auf ihren vorübergehenden Aufenthalt in B1 (bei der Angeklagten zu 2) geschildert, dass diese und ihre Ehemann dort eine 2 - Zimmer - Wohnung bewohnt hätten, was die Kammer als Detail wertet, welches für die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage spricht.

Die Nebenklägerin hat auch ohne Umschweife - auf Fragen der Verteidigung, der Staatsanwaltschaft und der Kammer zu bestimmten Bereichen - eingeräumt, hierzu keine Angaben machen zu können. So hat sie auf die Frage, warum sie sich zunächst bei der Schwester der Angeklagten zu 1) aufgehalten hätten, bekundet, dies wisse sie nicht. Nicht bekannt sei ihr auch der Name der Frau, die - in E - zu ihr gekommen sei, um Geld in Empfang zu nehmen.

Die Aussage der Nebenklägerin war - seit Durchführung der zweiten polizeilichen Vernehmung - durchgehend in den wesentlichen Punkten konstant:

So hat sie an ihrer Darstellung des Inhalts, dass die Angeklagte zu 1) in Nigeria über ihre Familie Kontakt zu ihr aufgenommen habe, festgehalten, ebenso daran, dass ein Helfer bzw. Schleuser mit dem Namen "G" ihr geholfen habe, einen nigerianischen Reisepass mit den Personalien einer "H1" zu beschaffen, ebenso ein Visum für Frankreich, welches für den Zeitraum ab dem 19.01.2012 gültig gewesen und welches im Rahmen einer Sportveranstaltung ausgestellt worden sei. Auch hat sie durchgehend konstant dazu bekundet, dass sie mit mehreren weiteren Personen als "Karate - Mannschaft" über Q1 nach Deutschland (B1 und L) verbracht worden sei. Schließlich ist auch die weitere Darstellung des Geschehens bezogen auf die wesentlichen Umstände deckungsgleich mit den - seit Durchführung der zweiten polizeilichen Vernehmung - gemachten Angaben. Die von ihr insoweit gemachten Angaben stimmen mit dem übrigen Ergebnis der Beweisaufnahme überein:

So hat die Zeugin B bestätigt, die Nebenklägerin auf der Reise von Nigeria nach Q1 kennengelernt zu haben. Der Zeuge C2 hat glaubhaft bekundet, die Personenüberprüfung durch die französische Polizei habe ergeben, dass eine weibliche Person namens H1, geb. am 00.00.1987 in M1 über zwei Visa der Kategorie "C" verfügt habe, wobei als Motiv der Einreise eine Sportveranstaltung mitgeteilt worden sei und der Gültigkeitszeitraum für das Visum sich vom 19.01. bis zum 02.02.2012 erstreckt habe. Die Zeugen H2 und M haben bestätigt, dass in dem sog. Laufhaus "Q" in L im fraglichen Zeitpunkt schwarzafrikanische Frauen und insbesondere Frauen aus Nigeria als Prostituierte tätig gewesen seien, was ebenfalls für die Richtigkeit der Angaben der Nebenklägerin spricht.

Soweit die Nebenklägerin anlässlich ihrer ersten polizeilichen Vernehmung (wie sich aus den Bekundungen des Polizeibeamten C2 ergibt) erklärt hatte, sie sei in der Stadt Sabu in Togo geboren, ihr Vater stamme aus Nigeria, ihre Mutter aus Togo, ihre Eltern seien verstorben und in Togo habe man ihr angeboten, zu helfen, man habe sie nach Europa bringen wollen, ist sie von diesen Angaben bei ihrer zweiten polizeilichen Vernehmung abgerückt, und auch im Rahmen der Hauptverhandlung hat sie nicht die zunächst gemachten Angaben wiederholt, sondern das bestätigt, was sie in ihrer zweiten polizeilichen und den darauf folgenden weiteren Vernehmungen erklärt hat.

Die Abstandnahme von den zunächst bei der Polizei gemachten Angaben und die "Korrektur" der Aussage in dem Sinne, dass die Angaben richtig seien, wie sie ab der zweiten polizeilichen Vernehmung von der Nebenklägerin gemacht worden sind, hält die Kammer für plausibel und erklärbar. Die Kammer stützt sich hierbei zum Einen auf die Aussage des Zeugen C2:

Dieser hat nachvollziehbar bekundet, dass ein Vertrauensverhältnis zu der Nebenklägerin erst schrittweise habe aufgebaut werden können, dies unter Hinzuziehung des aus Nigeria stammenden und der Sprache "F1" mächtigen Dolmetschers V möglich gewesen sei. Der Zeuge C2 hat dazu - ebenfalls für die Kammer nachvollziehbar und in sich stimmig - weiter ausgeführt, dass es unter den genannten Umständen der ersten Vernehmung (keine Vorkenntnisse der vernehmenden Beamten zu den Verhältnissen in Nigeria, Vernehmung der Nebenklägerin unter Hinzuziehung nur einer (hellhäutigen) Dolmetscherin für die englische Sprache durch mehrere Polizeibeamte, Vernehmung nach vorübergehendem Aufenthalt der Nebenklägerin in polizeilichem Gewahrsam) schwierig gewesen sei, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Diese Umstände hätten sich bei der der weiteren Vernehmung dahingehend geändert, dass ein Dolmetscher aus Nigeria hinzugezogen worden sei und versucht worden sei, der Zeugin zu erklären, dass Erkenntnisse vorlägen, die Rückschlüsse zu Schleusungen junger nigerianischer Frauen zuließen, wobei bei diesem und den weiteren Gesprächen der die Sprache "F1" dolmetschende V und er - C2 - anwesend gewesen seien. Er - C2 - sei mit ähnlichen Fällen bereits befasst gewesen. Dies hätte es erleichtert, ein Vertrauensverhältnis zur Nebenklägerin aufzubauen, was nach seinen Erfahrungen günstig für eine wahrheitsgemäße Aussage sei. Grundlage dieses Vertrauensverhältnis sei dabei, dass den Frauen vermittelt werde, dass die Polizei bestrebt sei, ihnen zu helfen und die für die Schleusung verantwortlichen Personen zu bestrafen.

Diese Wertung teilt die Kammer. Nach dem persönlichen Eindruck, den das Gericht von dem in der Hauptverhandlung anwesenden und tätig gewesenen Dolmetscher V gewonnen hat und der Art des Zugangs zu der vernommenen Nebenklägerin, scheint die Darstellung des Zeugen C2 plausibel, und es scheint für die Kammer ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Nebenklägerin unter Berücksichtigung der Begleitumstände ihrer ersten polizeilichen Vernehmung nicht gesteigert motiviert war, eine Aussage zu machen, die inhaltlich dem tatsächlichen Geschehen entsprach: Dass die Nebenklägerin versucht war, durch die Angabe, in Togo und nicht in Nigeria geboren worden zu sein, es der Polizei zu erschweren, nigerianische Schleuser zu ermitteln und eine Verbindung zu ihr - der Nebenklägerin - zu ziehen, erscheint plausibel.

Dies gilt umso mehr, als ein Motiv der Nebenklägerin, (anfänglich) nicht wahrheitsgemäß auszusagen, darin gesehen werden kann, dass sie Angst vor Repressionen der Personen hatte, die Ziel der Ermittlungsverfahren sein würden, wobei diese Personen - wie sie selbst auch - tatsächlich aus Nigeria stammten.

Soweit die Nebenklägerin zu ihrem Lebensalter unterschiedliche Angaben gemacht hat, hat die Kammer in den Blick genommen, dass die Angaben der Nebenklägerin insofern differieren:

Während sie in der Vernehmung vom 16.10.2012 angegeben hatte, am 00.00.1991 in Togo geboren worden zu sein, hat sie diese Angaben in der Vernehmung am 23.10.2012 dahingehend geändert, als sie mitgeteilt hat, am 00.00.1992 (also ein Jahr später) in C geboren worden zu sein, wobei der ihr ausgehändigte, auf den Namen "H1" lautende nigerianische Pass als Geburtsjahr "1987" ausgewiesen habe. Den Namen u die Daten habe ihr der "G" mitgeteilt.

Im Rahmen der Hauptverhandlung ist die Nebenklägerin sodann zu ihrer bei der ersten polizeilichen Vernehmung gemachten Angabe zurückgekehrt, sie sei gegenwärtig siebenundzwanzig (27) Jahre alt, was (im Hinblick auf den Zeitpunkt der Hauptverhandlung im Zeitraum Mai 2019) mit dem Geburtsjahr 1991 korrespondiert.

Dies hält die Kammer ebenso für plausibel wie die im Rahmen der zweiten polizeilichen Vernehmung gemachte Angabe, 1992 geboren worden zu sein. Denn - wie ausgeführt - die Angaben der Nebenklägerin, die sie im Rahmen der Hauptverhandlung gemacht hat, sind detailliert, nachvollziehbar und glaubhaft und in sämtlichen von der Kammer für maßgeblich und wesentlich gehaltenen Umständen durch das weitere Beweisergebnis, insbesondere den Inhalt der überwachten Telefongespräche, bestätigt worden. Eine Motivation der Nebenklägerin dergestalt, gerade ihr Geburtsjahr falsch anzugeben, ist nicht ersichtlich.

Ausschließen kann die Kammer dabei, dass die Angeklagte im Jahr 1987 geboren worden ist. Denn sie hat hierzu - plausibel - ausgeführt, dass der "G" ihr diese Angaben vorgegeben hat, ohne dass sie hierauf Einfluss habe nehmen können, und dies erscheint der Kammer angesichts der übrigen Angaben zur Planung und Durchführung der Reise nach Frankreich und Deutschland nachvollziehbar.

Kommt damit als Alternative entweder das Geburtsdatum 00.00.1991 in Betracht oder das Geburtsjahr 00.00.1992, geht die Kammer von der für die Angeklagte zu 1) günstigeren Alternative und damit davon aus, dass die Nebenklägerin bereits 1991 geboren worden ist.

Entscheidender Bedeutung im Hinblick auf die Verwirklichung des Tatbestands des § 232 Abs. 1, Abs. 2 StGB kommt diesem Umstand dabei nach Auffassung der Kammer gleichwohl nicht zu: Selbst bei Zugrundelegung des Geburtsdatums "00.00.1991" wäre die Nebenklägerin "Ende des Jahres 2011" und "Anfang 2012" bis "März 2012" (noch) nicht einundzwanzig (21) Jahre alt gewesen.

Die Kammer hält die Angaben der Nebenklägerin aus den dargelegten Gründen insgesamt für glaubhaft und zweifelt deren Richtigkeit nicht an. Nichts anderes gilt im Hinblick darauf, dass die die Nebenklägerin in der Hauptverhandlung bezogen auf ihre Tätigkeit im "S" in T1 zunächst bekundete, sie sei dort nicht einer Tätigkeit als Prostituierte nachgegangen, sondern sie habe dort als "Tänzerin" gearbeitet.

Denn auf weiteres, nachdrückliches Befragen der Verteidigung und der Kammer hat sie letztlich auf dieser Darstellung nicht beharrt, sondern sie hat sich dahingehend erklärt, es sei richtig, dass sie dort als Prostituierte gearbeitet habe. Ihre hiervon abweichende Schilderung in der Hauptverhandlung hat sie damit erklärt, dass sie sich schäme, als Prostituierte gearbeitet zu haben und diese Scham anhalte. Es sei ihr peinlich, dass sie gegen Geld mit Männern geschlafen habe. Die Motivation der Zeugin für die zunächst abweichende - falsche Angabe - ist für die Kammer nachvollziehbar und als tragfähige, plausible Erklärung anzusehen.

Dies deckt sich auch mit den von der Kammer für durchgängig glaubhaft gehaltenen Angaben ihres derzeitigen Lebensgefährten, des Zeugen N1, der die Zeugin Z zu ihrer Vernehmung begleitet hat und als präsenter Zeuge im Anschluss an ihre Einvernahme gehört worden ist. Dieser hat glaubhaft bekundet, er wisse nicht viel, denn über "solche Sachen" habe seine Lebensgefährtin nicht geredet. Als er den Brief vom Gericht gesehen habe, habe er sie gefragt, warum er davon nichts wisse und er habe sie weiter gefragt, ob er den Brief übersetzen solle. Sie habe daraufhin angefangen zu weinen und habe darüber nicht sprechen wollen. Was sie tatsächlich gemacht habe, habe sie nicht sagen wollen, sie schäme sich. Was ihr geschehen sei, das sei "unter der Menschenwürde". Anhaltspunkte dafür, dass die Angaben des derzeitigen Lebensgefährten der Nebenklägerin, des Zeugen N1, nicht zutreffen könnten, waren und sind nicht ersichtlich.

Nachvollziehbar erschien der Kammer dabei, dass er die Nebenklägerin zu ihrer Vernehmung begleitete, um sie psychisch zu unterstützen. Dass er bewusst zu dem Zweck im Prozess anwesend gewesen sein könnte, um dort (falsch) auszusagen, erscheint fernliegend, da er nicht davon ausgehen konnte, als (präsenter) Zeuge vernommen zu werden. Dies passt dazu, dass der Zeuge insgesamt nicht auf eine Aussage vorbereitet schien und seine Bekundungen den Anschein hatten, spontan geäußert zu werden.

Überschießende und/oder einseitige Belastungstendenzen sind in der Aussage der Nebenklägerin und ihrer Person - wie ausgeführt - nicht offenbar geworden. Das Geschehen hat sie ruhig, sachlich und ohne einen Hang zur Dramatisierung, vielmehr teils lapidar und zurückgenommen denn mit überschießender Tendenz geschildert. Bezogen auf die Angeklagte zu 2) hat sie ausgesagt, sie wisse nicht, warum sie zu dieser gebracht worden sei, und sie hat weiter bekundet, sie könne nicht sagen, ob die B der Zwillingsschwester der Angeklagten zu 1) Geld ausgehändigt habe oder nicht. Sie - die Nebenklägerin - habe der Angeklagten zu 2) kein Geld ausgehändigt. Weiter hat sie bekundet, sie habe die Angeklagte zu 2) nur in der 2 - Zimmer - Wohnung in B1 gesehen, nachdem sie nachts dort angekommen seien.

Soweit die Nebenklägerin die Angeklagte zu 1) mit ihrer Aussage belastet hat, hat die Kammer in den Blick genommen, dass eine mögliche Motivation dafür, diese wissentlich der Tat falsch zu beschuldigen, darin gesehen werden könnte, dass sie von eigenem Fehlverhalten - insbesondere hinsichtlich der von der illegalen Einreise in das Bundesgebiet - ablenken wollte. Auszuschließen vermag die Kammer dieses jedoch aus dem Grund, dass die Nebenklägerin ihren eigenen Tatbeitrag objektiv und subjektiv eingeräumt hat, was die illegale Einreise in die Bunderepublik Deutschland anbetrifft. Auch hat sie weitere für sie nachteilige Umstände wie das Tätigwerden als Prostituierte im "S" ohne Vorlage entsprechender Papiere geschildert, ohne bezüglich dieser Tätigkeit der Angeklagten zu 1) einen (weiteren) Tatbeitrag zuzuschreiben. Vielmehr hat sie die Reise nach T1 und die dortige Tätigkeit im "S" als eigenverantwortlich dargestellt.

b)

Bestätigt werden die Angaben der Nebenklägerin Z zudem durch die Aussagen weiterer Zeugen:

Der Zeuge H2, Geschäftsführer der Betreibergesellschaft des Laufhauses "Q", hat glaubhaft bekundet, die Angeklagte zu 1) sei selbst in dem "Laufhaus" mit dem Namen "Q", in dem er damals gearbeitet habe, als Prostituierte tätig gewesen. Die Zimmermiete habe pro Tag 150,00 EUR betragen, bei Damen, die im "Q" bekannt gewesen seien, sei es aber auch nicht unüblich gewesen, dass sie die Tagesmiete bis zu zwei Tage nach Aushändigung des Zimmerschlüssels hätten zahlen können.

Dies fügt sich mit den Angaben des Zeugen M, wonach die Angeklagte zu 1) einen Betrag von 289,00 EUR "im Block" gehabt habe, d. h. nicht bezahlt habe, was in etwa dem Betrag für die Mieter des Zimmers für die Dauer von zwei Tagen entspricht und darauf hinweist, dass die Angeklagte zu 1) zumindest nicht unregelmäßig im Laufhaus "Q" verkehrte.

Der Zeuge M, Geschäftsführer der Betreibergesellschaft "M Ltd." des "Q" hat weiter bekundet, er habe im computergestützten Buchungssystem den Namen und eine Ausweiskopie der Angeklagten zu 1) vorgefunden. Belegt ist dies durch die vom Zeugen im Termin zur Hauptverhandlung vorgelegten Unterlagen: Überreicht hat der Zeuge als Anlage I zum Protokoll der Hauptverhandlung vom 22.05.2019 - insofern korrespondierend mit seinen Angaben - einen Computerausdruck, auf dem der Name der Angeklagten zu 1) vermerkt ist. Versehen ist dieser Ausdruck mit dem handschriftlichen Zusatz "1. Check In 06.01.2012" und "bis 10.01.2015 Block - 289.-".

Weiter hat er überreicht die Kopien eines Nigerianischen Ausweisdokuments und einer Aufenthaltsgenehmigung, ausgestellt auf den Namen der Angeklagten zu 1), die durch Verlesung der schriftlich gefassten Angaben als auch durch Inaugenscheinnahme der Kopien eingeführt worden sind und die mit den vom Zeugen M gemachten Angaben übereinstimmen.

Die Angaben der Zeugin Z zu den örtlichen Gegebenheiten im Laufhaus "Q", den Bedingungen, unter denen die Zimmer dort vermietet werden und für männliche Besucher zugänglich sind sowie die Größenordnung der Beträge, die für dort erbrachte Dienstleistungen der als Prostituierte arbeitenden Frauen zu entrichten waren, sind durch die Angaben des Zeugen H2 bestätigt worden, so dass die Kammer keine Zweifel an deren Richtigkeit hat.

c)

Die Kammer geht weiterhin davon aus, dass beiden Angeklagten die sehr angespannte wirtschaftliche Lage der Nebenklägerin und der Zeugin B in ihrem Heimatland Nigeria bekannt waren. Dies folgt daraus, dass beide Angeklagte selbst in Nigeria aufgewachsen, weiter familiäre Verbindungen dorthin pflegten und ihnen für den Tatzeitraum - über ihre Verwandten in Nigeria - genaue Kenntnisse über die Lebensumstände der Nebenklägerin Z und der Zeugin B vermittelt wurden, zudem - den übereinstimmenden Angaben der Zeuginnen Z und B zufolge - die notwendigen Reisekosten insofern verauslagt hatten, was den Schluss darauf zulässt, dass sie wussten, dass weder die Nebenklägerin noch die Zeugin B die anfallenden Reisekosten (auch nur teilweise) - vorab - würden aufbringen können.

d)

Die Feststellungen zum illegalen Verbringen ("Einschleusen") der Zeugin B nach Deutschland durch die Angeklagte zu 2) sowie zur Veranlassung der Aufnahme zur Prostitution durch die Angeklagten zu 2) als deren "Madame" hat das Gericht aufgrund der glaubhaften Aussage der Nebenklägerin getroffen. Diese hat im Rahmen ihrer Vernehmung glaubhaft bekundet, sie kenne die B nicht gut, habe sie aber anlässlich der Reisevorbereitungen der Gruppe ("Karate - Mannschaft") nach Deutschland kennengelernt. Erzählt habe diese zwar nicht viel, man habe sich aber später da getroffen, wo sie - die Nebenklägerin - zusammen mit der Zeugin gearbeitet hätte, und sie glaube, das sei in B1 gewesen. Die Zeugin B habe ihr (der Nebenklägerin) dann erzählt, dass sie von der Zwillingsschwester ihrer (der Nebenklägerin) "Madame" (die "Madame" der Nebenklägerin sei die P gewesen), nach Deutschland gebracht worden sei, um hier der Prostitution nachzugehen.

Für die Kammer steht daher fest, dass es die Angeklagte zu 2) war, auf deren Veranlassung und auf deren Betreiben hin die Zeugin B (zusammen mit der Nebenklägerin und weiteren jungen Frauen) aus Nigeria nach Europa und weiter in die Bundesrepublik Deutschland gebracht wurde.

Bewusst ist der Kammer dabei, dass - soweit die B gegenüber der Nebenklägerin bekundet haben soll, sie sei von der Zwillingsschwester der "Madame" der Nebenklägerin nach Deutschland verbracht worden - die Nebenklägerin insoweit sogenannte "Zeugin vom Hören-Sagen" ist. Soweit es um die von der Nebenklägerin wiedergegebene Äußerung der B geht, ist die Nebenklägerin Zeugin, denn sie soll zu ihrer eigenen konkreten Wahrnehmung (nämlich zu der Wahrnehmung der Äußerung der Frau B) bekunden. Anhaltspunkte dafür, dass die Nebenklägerin die Äußerung der B als solche (ungeachtet der Frage, ob sie inhaltlich zutrifft oder ob ihre Angaben tatsächlich nicht zutreffen) nicht bzw. nicht vollständig der Wahrheit entsprechend wiedergegeben haben könnte, vermochte die Kammer nicht zu erkennen. Ihre Aussage war insoweit in sich geschlossen und nachvollziehbar. Die Kammer geht daher davon aus, dass eine entsprechende Äußerung der Frau B tatsächlich gefallen ist. Dafür sprechen zum einen Angaben der Zeugin B selbst, die die Darstellung der Nebenklägerin in einigen für die Kammer maßgeblichen und wesentlichen Punkten bestätigt hat.

Die Zeugin B hat bekundet, sie sei "vielleicht siebzehn" gewesen und habe in Nigeria gelebt. Sie habe bei einer entfernten Verwandten, einer Frau, in M1, dann in C gelebt. Das sei eine Familienangehörige gewesen, bei dieser hätten ihr Bruder und sie gelebt. Sie habe Wasser auf der Straße verkauft, sie seien arm gewesen, hätten gerade genug zum Leben gehabt. Zur Schule gegangen sei sie bis zur fünften oder sechsten Klasse, es sei dann "etwas passiert", und sie habe umziehen müssen. Die Familienangehörige, bei der sie gelebt hätte, habe einen Laden gehabt. Dort seien Männer, Kunden des Ladens, gewesen, und so sei sie selbst mit den Männern in Kontakt gekommen. Einer von diesen habe den Namen "Q2" getragen, es habe sich um Nigerianer gehandelt. Diese hätten mit ihr gescherzt und dann mit ihr über eine Reise nach Europa gesprochen. Jemand würde noch fehlen in der Reisegruppe. Den Sinn der Reise, die man ihr angeboten habe, habe sie nicht verstanden, das hätten die Männer nicht gesagt. Sie selbst habe aber einen "sicheren Ort" haben wollen und habe in Angst gelebt. Das habe mit ihren Eltern zu tun, zu denen sie gegenwärtig keinen Kontakt habe. Sie habe dann gedacht, sie könne auch in Europa als Verkäuferin tätig sein, und sie habe sich entschlossen, die Reise anzutreten. In welches Land sie dann zunächst gekommen sei, wisse sie nicht mehr. Der "Q2" sei aber nicht dabei gewesen. Einen Pass habe sie nicht erhalten, man habe ihr aber mitgeteilt, es sei "alles organisiert". Man sei erst mit dem Schiff gereist, dann per Flugzeug, dann mit dem Auto. Bei dem Gespräch am Flughafen seien viele Leute dort gewesen, der Mann, der sie begleitet habe, habe dort alle Fragen für sie beantwortet; ob sie ihren Ausweis habe vorzeigen müsse, wisse sie nicht mehr. Bevor sie die Reise nach Europa angetreten hätten, hätten sie einen "Voodoo - Schwur" ablegen müssen. Dieser habe zum Inhalt gehabt, dass "etwas Schlimmes" passiere, wenn man gegen die Regeln verstoße. Als sie nach Deutschland gekommen sei, sie sie in eine Stadt "mitgebracht" worden und habe "Sachen" machen müssen, die sie nicht "verstanden" habe. Sie habe nicht verstanden, was sie habe machen müssen. Sie sei dann nach L gekommen und sei dann der Prostitution nachgegangen Wo genau das gewesen sei, wisse sie nicht mehr. Gemacht habe sie dies, nachdem die Leute gesagt hätten, sie müsse das tun, um Geld zu verdienen. In den Tagen, in denen sie gearbeitet habe, habe sie Geld verdient, "vielleicht 200,00 EUR". Als sie dann nach einigen Tagen den Ort ihrer Tätigkeit habe verlassen wollen, sei jemand geschickt worden, um sie abzuholen, und diese Person habe sie in ein anderes "Haus" verbracht, wo man ihr gesagt habe, sie müsse Zahlungen leisten. Sie habe dies dann zugesagt, wobei sie den Betrag nicht mehr wisse. Ihr sei damit gedroht worden, es werde "etwas passieren", wenn sie es nicht mache, sie solle sich an ihren "Voodoo - Schwur" erinnern. Sie habe Angst gehabt und sei woanders untergebracht, um dort zu arbeiten. Irgendwann sei dann eine Polizeikontrolle erfolgt, sie habe gedacht, man werde jemanden schicken, um sie umzubringen. Seitdem sei sie in Deutschland, und sie mache sich Gedanken, was mit ihr passieren werde, dies wegen des "Voodoo - Schwurs" und er Drohungen. Richtig sei, dass sie - die Zeugin B - mit einigen Mädchen nach Europa gekommen sei. Sie habe Angst gehabt, dass sie den Geldbetrag, der für ihre Verbringung nach Europa von ihr zu bezahlen sei, von ihr letztlich nicht habe bezahlt werden können. Hinsichtlich ihrer Tätigkeit als Prostituierte mache sie sich "immer wieder einen Kopf", wenn sie daran denke. Das sei über einige Tage gegangen, und sie habe das gemacht, weil "diese Leute" (wörtlich von ihr verwendet wurde der englische Ausdruck: "These people") ihr gesagt, hätten, sie müsse das machen. Später sei sie dann da festgenommen worden, wo sie gearbeitet habe. Sie habe immer noch Angst, weil sie das geforderte Geld noch nicht bezahlt habe, und sie fürchte, dass ihrem Bruder etwas zustoße.

Fest steht für die Kammer, dass die Zeugin B tatsächlich nach Europa und Deutschland gebracht worden ist. Ihre Angaben erscheinen bezogen auf die von ihr genannten objektiven Umstände glaubhaft. Den Anlass - nämlich die wirtschaftlich prekären Verhältnisse in Nigeria - und den Ablauf der Reise ("per Schiff, Flugzeug und Auto"; "Reise mit einigen Mädchen"; Anwesenheit mehrerer nigerianischer Begleiter) nach Europa hat die Zeugin B widerspruchsfrei und schlüssig geschildert, das Geschehen als Gegenstand eigener Wahrnehmung dargestellt. Auch hat sie für die Kammer nachvollziehbar zur Motivation der Reise bekundet. Dasselbe gilt für ihre Schilderung, in Deutschland als Prostituierte tätig gewesen zu sein und zu der an sie ergangenen Aufforderung, das so erwirtschaftete Geld abzuführen, um die Kosten der Einreise zu finanzieren. Ebenso plausibel ist die von der Zeugin B gegebene Erklärung dafür, dass die dem Verlangen, als Prostituierte tätig zu werden, nachkam, nämlich die Drohung, dass ihr oder ihrem noch in Nigeria lebenden Bruder aufgrund eines "Voodoo - Zaubers" Schlimmes zustoßen würde, sollte sie der Aufforderung nicht Folge leisten. Insbesondere schien die Zeugin für die Kammer weiter deutlich unter innerer Anspannung zu stehen und ängstlich, was sich durch eine leisen Stimme, hängende Schultern, z. T. einsilbige Antworten und auch dadurch zeigte, dass die Zeugin, von der Kammer darauf angesprochen, dass die Angelegenheit doch schon Jahre zurückliege und trotz der bislang nicht erfolgten Rückzahlung der Reisekosten sich der Voodoo-Schwur nicht ausgewirkt habe, spontan äußerte, die Kammermitglieder, die lediglich "mit dem Kugelschreiber arbeiteten, hätten von derlei Dingen, Voodoo-Schwüren, keine Ahnung.

Anlass, an der Richtigkeit der vorgenannten Darstellungen zu zweifeln, hatte die Kammer dabei nicht. Die Zeugin B war nach dem Eindruck, den sie während ihrer Vernehmung hinterlassen hat, ausreichend in der Lage, Dinge wahrzunehmen, im Gedächtnis zu behalten und adäquat - mittels des von der Kammer hinzugezogenen Dolmetschers für "F1" bzw. "Pidgin English" - zu artikulieren und wiederzugeben.

Anhaltspunkte, an ihrer Aussagetüchtigkeit zu zweifeln, haben sich im Laufe der Hauptverhandlung nicht ergeben. Dass sie durch das Geschehen so traumatisiert sein könnte, dass ihre Aussagetüchtigkeit beeinträchtigt sein könnte, vermochte die Kammer nicht zu erkennen. Zwar war die Aussage der Zeugin B insgesamt davon getragen, dass sie zurückhaltend und z. T. einsilbig bekundete, Widersprüche sind aber nicht offenbar geworden, und sie schien ohne weiteres in der Lage, der Vernehmung zu folgen. Dazu, dass sie nicht vernehmungsfähig sein könnte, sind auch Erklärungen ihres Zeugenbeistands, welcher über die gesamte Dauer der Vernehmung anwesend war, nicht abgegeben worden. Auf (Nach-) Fragen der Kammer und der übrigen Verfahrensbeteiligten wusste sich die Zeugin jeweils zeitnah - wenngleich häufig lapidar - zu erklären.

Dabei hat die Zeugin B, auf Klarstellung der Kammer dahingehend, dass das vorliegende Verfahren sich nicht gegen sie richte und ein mögliches "Unwerturteil" bezogen auf früheres Tun nicht Verfahrensgegenstand sei, den von ihr zunächst verwendeten Begriff "schlechte Arbeit" dahingehend konkretisiert, dass sie damit die Tätigkeit als Prostituierte meine, was die Kammer als authentisch eingestuft hat.

Soweit die Zeugin B demgegenüber im Rahmen der Hauptverhandlung bekundet hat, sie kenne "die beiden Frauen auf der Anklagebank" (d. h. die Angeklagten) nicht, vermochte die Kammer dieser Bekundung keinen Glauben zu schenken.

Gleiches gilt für die Bekundungen der Zeugin B des Inhalts, ...

- sie kenne die Männer, die sie auf die Reise nach Europa angesprochen hätten, nicht,

- sie kenne andere nigerianische Frauen, die als Prostituierte gearbeitet hätten, nicht,

- sie hätte weder mit ihrer Mutter noch mit ihrem Vater telefoniert und es habe Telefonate, wie sie als Aufzeichnungen in der Akte seien, nicht gegeben

- der Name "Z" sage ihr nichts, auch wenn sie mit einigen anderen Mädchen nach Europa gekommen sei,

- sie wisse nicht, ob sie sich mit Problemen an den "Voodoo - Priester" in Nigeria gewandt habe,

- ihr Vater habe ihr nicht telefonisch geraten, sich gegenüber der deutschen Polizei fälschlicherweise als 14-jähriges Mädchen auszugeben, da ihre "Madame" sonst ins Gefängnis gehe,

- wie der Name des "Voodoo - Priesters" sei, das wisse sie nicht.

Die Kammer geht insofern davon aus, dass die Zeugin aus Angst vor den Folgen einer umfänglichen, (auch) die Angeklagten belastenden Aussage nicht (vollständig) der Wahrheit entsprechend ausgesagt hat:

Die Zeugin B hat zum einen bezogen auf ihre persönliche Verfasstheit - gerade unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Verhältnisse und ihres soziokulturellen Hintergrundes - glaubhaft und widerspruchsfrei bekundet, Angst vor den Folgen zu haben, die nach ihrem Dafürhalten dadurch eintreten würden, dass sie - die Zeugin B - den Betrag, der für die Durchführung der Reise von Nigeria nach Deutschland von ihr verlangt wurde, bislang nicht zur Auszahlung gebracht habe.

So hat sie sich auf entsprechende Fragen im Rahmen ihrer Vernehmung nur sehr zurückhaltend, einsilbig und stockend erklärt, führte erst auf beharrliches Nachfragen zu den von der Kammer für maßgeblich erachteten Umständen weiter aus. Sie hat insofern - für die Kammer glaubhaft - bekundet, sie habe Angst, da sie einen Voodoo - Schwur abgelegt habe und ihr "etwas Schlimmes" zustoße, da sie gegen die Regeln verstoßen habe.

Bestätigt wurde dieser Eindruck damit, dass sie auf Nachfrage der Kammer ausdrücklich bekundet hat, es bestehe für sie keinerlei Möglichkeit, ihre Ängste "loszuwerden", sie müsse wegen des "Voodoo - Schwurs" vielmehr nach wie vor Angst haben, und aus dieser Angst folge auch, dass sie nicht nähere Angaben über "Reise und Personen" mache. Erklärt hat sie dies wörtlich mit den an die Kammer gerichteten Worten: "Sie wissen nicht, wie das ist, Sie arbeiten mit dem Kugelschreiber, es geht aber um einen Voodoo - Schwur", und weiter hat sie ausgeführt, sie dürfte nicht sagen, wie das Ganze passiert sei.

Soweit sich die Zeugin B im Rahmen ihrer Vernehmung dahingehend erklärt hat, ihr Vater habe ihr nicht telefonisch geraten, sich gegenüber der deutschen Polizei fälschlicherweise als 14-jähriges Mädchen auszugeben, da ihre "Madame" sonst ins Gefängnis gehe, gilt zudem, dass die Zeugin im Rahmen der weiteren Befragung bekundet hat, ihr Vater habe ihr immer gesagt, sie sei vierzehn Jahre alt.

Steht damit aber nach eigenen Bekundungen der Zeugin fest, dass sie und ihr Vater ein Gespräch über ihr Alter führten, erscheint es für die Kammer umso naheliegender, dass sie beide wussten, dass sie tatsächlich nicht vierzehn Jahre alt, sondern älter war, nur der Polizei gegenüber angeben sollte, dass sie erst vierzehn Jahre alt sei. Denn das Ergebnis der ärztlichen Untersuchung hat ergeben, dass die Zeugin B nicht vierzehn Jahre, sondern älter war, und ein anderes Motiv dafür, dass sie mit ihrem Vater (im zeitlichen Nachgang zu ihrer polizeilichen Vernehmung) ihr Alter erörterte als dass beide wussten, dass es sich hierbei nicht um ihr richtiges Alter handelte, ist weder vorgetragen noch für die Kammer sonst ersichtlich.

Schließlich steht die Aussage der Zeugin B, ihr Vater habe ihr nicht geraten, sich gegenüber der deutschen Polizei (fälschlicherweise) als 14-jähriges Mädchen auszugeben, in einem für die Kammer nicht auflösbaren Widerspruch zu den weiteren Angaben, die sie im Rahmen ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung machte, als sie dort bekundet hat, sie sei jetzt vierundzwanzig (24) Jahre alt, nämlich am "00.00.1995" geboren worden. Bei Zugrundelegung dieses Geburtsdatums als zutreffend wäre sie Anfang des Jahres 2012 nicht vierzehn (14) Jahre sondern älter gewesen.

Die Überzeugung der Kammer, dass die Aussage der Zeugin B insofern nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmt, als ihr in Wirklichkeit die Angeklagten sehr wohl bekannt sind, sie auch zu den übrigen genannten Umständen umfassend erklären könnte, gründet sich dabei - neben der glaubhaften Aussage der Zeugin Z als Zeugin vom Hörensagen - auf das Ergebnis der Telefongespräche, wie sie Gegenstand der Inaugenscheinnahme durch die Kammer waren. Hierzu gilt im Einzelnen Folgendes:

Dem Telefongespräch mit der TKÜ- Nr. 004813 und der Vorgang - Nr. 1434 + 1435 ist zu entnehmen, dass die Zeugin B gegenüber einer Person, die sie als ihren Vater ansprach, bekundete, die Polizei "habe alles" über sie und ihre Einreise aus M1 mit vielen anderen aus Übersee. Weiter habe die Polizei ihr nicht geglaubt, dass sie vierzehn Jahr alt sei. Die Polizei wisse, dass ihre "Madame" in B1 wohne und sie aus Nigeria über Frankreich nach Deutschland bzw. B1 eingeschleust habe.

Dem Gespräch ist weiter zu entnehmen, dass der von ihr als Vater angesprochene Gesprächspartner die Meinung äußert, sie solle auf ihrer ersten Aussage beharren, und sie solle der Polizei gegenüber bei der Angabe bleiben, dass sie vierzehn Jahre alte sei. Weiter ist dem Gespräch zu entnehmen, dass der Vater gegenüber der Zeugin B bekundet, sie solle bei ihrer Aussage bleiben und nicht von ihrer "Madame" reden, da diese sonst zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werde.

Die Kammer wertet es dabei als Indiz für die Täterschaft der Angeklagten zu 2), dass diese ihren Wohnsitz in B1 hat, was sich mit der Angabe der als Vater angesprochenen Person durch die Zeugin B deckt, ihre "Madame" wohne in B1.

Dem weiteren Telefongespräch mit der TKÜ - Nr. 004813 und der Vorgang - Nr. 1440 und 1441 entnimmt die Kammer ebenfalls einen Hinweis auf die Täterschaft der Angeklagten zu 2). Denn die Zeugin B teilte einer weiblichen Person namens "Mama P2" mit, die Polizei "wisse alles", insbesondere, dass sie von M1 aus eingereist sei. Auch sei ihr der Name ihrer "Madame" bekannt.

Dies fügt sich mit den Angaben des Zeugen C2, der bekundet hat, die Zeugin B mit dem Namen der Angeklagten zu 2) konfrontiert zu haben. Dass der Zeugin B bekannt war, dass diese sie "eingeschleust" hatte, entnimmt die Kammer dabei der Aussage der "Mama P2" des Inhalts, dass sie - die Zeugin - der Polizei nicht sagen solle, dass "die Madame" sie eingeschleust habe.

Bestätigt wird dies durch ein weiteres Telefonat der Zeugin B mit einer männlichen Person, die sich im weiteren Gesprächsverlauf als "Voodoo - Priester" herausstellt. Auch in diesem Gespräch erklärt die Zeugin, die Polizei habe ihr geschildert, wie sie nach Deutschland gekommen sei, unter welchem Namen und auf welchem Reiseweg, und sie hätten auch den Namen der "Madame" erwähnt. Weiter schildert die Zeugin B, die Polizei habe ihr gesagt, wo sie bis jetzt gearbeitet habe, und ihre "Madame" wohne dort, wo sie zuerst gearbeitet habe. Auch dies fügt sich mit dem damaligen Wohnort der Angeklagten zu 2) in B1. Dass es tatsächlich ein Gespräch mit einer männlichen Person gab, die die Funktion eines "Voodoo - Priesters" ausübte, hat die Zeugin B dabei selbst eingeräumt, lediglich bekundet, sich an einen konkreten Gesprächsinhalt nicht mehr erinnern zu können.

Dem Gespräch mit der TKÜ - Nr. 004813 und der Vorgang - Nr. 1446 ist schließlich zu entnehmen, dass es sich bei der Angeklagten zu 2) um die "Madame" der Zeugin B handelt, denn sie berichtet, dass die Polizei die "P3", mithin die Angeklagte zu 2), mit dem Vorwurf konfrontiert habe. Nach der Überzeugung der Kammer ergibt sich aus dem Gespräch weiter, dass das von der Zeugin B der Polizei gegenüber angegebene Alter tatsächlich nicht zutrifft.

Dass die Angeklagte zu 2) die Zeugin B einschleuste, ergibt sich weiter aus dem Gespräch, wie es unter der TKU - Nr. 004813 und der Vorgang - Nr. 1876 und 1877 aufgezeichnet wurde. Dort erklärt die Zeugin B, sie bereue es, dass sie sich durch die "P3" habe einschleusen lassen.

Dass die Zeugin B das Geld, das sie mit der Prostitution, zu der sie von der Angeklagten zu 2) gebracht worden sei, an die Angeklagte zu 2) abführen sollte, ergibt sich aus dem weiteren Gesprächsinhalt des Inhalts, wonach die "P3" von B "schon kassiert" habe, und daraus, dass die B die Schulden bei der "P3" fast "abbezahlt" habe. Die Identität der "P3" wird dadurch bestätigt, dass sie als Zwillingsschwester der "Odion" (d. h. der Angeklagten zu 1]) bezeichnet wird.

Da es in dem Gespräch zudem weiter heißt, dass sie - die B - bereits zwei Tage lang durch die Polizei vernommen worden sei, was sich mit der objektiven Vernehmungsabfolge, wie vom Zeugen C2 bekundet, deckt, bestehen für die Kammer dabei keine Zweifel daran, dass die Zeugin B das Telefonat geführt hat und hinsichtlich des in Bezug genommenen Inhalts der Gespräche.

Aus dem Telefongespräch, wie es Gegenstand der TKÜ-Nr. 004813 und der Vorgang - Nr. 1951 und 1952 ist, ergibt sich für die Kammer ohne vernünftige Zweifel, dass die Zeugin B tatsächlich mit der Nebenklägerin bekannt ist. Denn dort teilt die "B" ihrer Mutter telefonisch mit, sie glaube, dass das Mädchen, mit dem sie die Reise angetreten habe und mit dem sie Kontakt pflege, der Polizei ihre Telefonnummer geben werde, wobei aus den Umständen, wie sie vom Zeugen C2 bekundet worden sind, als "Mädchen", das von der Polizei vernommen wurde, (allein) die Nebenklägerin in Betracht kommt.

Dem Telefongespräch mit der TKÜ-Nr. 004813 und der Vorgang - Nr. 1955 und 1956 entnimmt die Kammer dabei, dass tatsächlich ein Kontakt zwischen der Zeugin B und der Nebenklägerin bestand und die Angeklagte zu 2) "P3" befürchtete, durch die Aussage der Nebenklägerin belastet zu werden, was sich mit den objektiven Gegebenheiten fügte, wie sie sich aus der Aussage des Zeugen C2 ergab. Denn dieser hatte tatsächlich die Nebenklägerin - wie vorstehend bereits ausgeführt - polizeilich vernommen und von dieser Angaben zur Person der "P3", d. h. der Angeklagten zu 2), erhalten.

Soweit die Zeugin B sich im Rahmen ihrer Vernehmung auf Vorhalt der Gesprächsinhalte der aufgezeichneten Telefonate dahingehend erklärt hat, es habe nicht solche Telefonate gegeben, in denen sie mit ihrer Mutter oder ihrem Vater über die "Madames" gesprochen habe, sieht die Kammer dies nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Übrigen als widerlegt an.

Offen bleiben kann dabei, ob und welcher Beweiswert der Erklärung des Dolmetschers und Sachverständigen F3, er sei sich sicher, die aufgezeichnete Stimme in den von der "B" geführten Telefongespräche sei mit der Stimme der Zeugin B, wie in der Hauptverhandlung von ihm vernommen, identisch.

Denn dass die Zeugin B Teilnehmerin der genannten Telefongespräche war, folgt für die Kammer aus der Gesamtheit der sonstigen Umstände, wie sie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Übrigen feststehen. Hierzu gilt:

Davon, dass es sich bei der Stimme, die aufgezeichnet worden ist, um eine weibliche Stimme handelt, hat sich die Kammer durch unmittelbare Inaugenscheinnahme der Gespräche, die (auch) der Gesprächsteilnehmerin "B" zugeordnet werden, ergeben, und die Kammer hat sich dadurch des Weiteren den Eindruck verschafft, dass in dem Gespräch englische Wörter verwendet werden, die der Dolmetscher bzw. Sachverständige dem in Nigeria verwendeten "Pidgin - English" zuordnet.

Im Telefonat mit der TKÜ-Nr. 004813 und der Vorgang - Nr. 1440 und 1441 ist davon die Rede, dass die Polizei die weibliche Person namens "B" zur Dienststelle gebracht habe, wobei sie einen Afrikaner, der die "F1 - Sprache" spreche, mitgebracht habe.

Dies deckt sich mit dem tatsächlichen Geschehensablauf bezogen auf die Vernehmung der B. Denn sie wurde - wie sich aus den glaubhaften Angaben des Zeugen C2 ergibt - von diesem in Anwesenheit des Dolmetschers V vernommen.

Aus den Vorgang - Nummern 1434 und 1435 zur selben TKÜ - Nr. geht zudem hervor, dass das Telefonat am 04.02.2013 gegen 18.36 Uhr, also am Abend des Tages der ersten Vernehmung der Zeugin B geführt wurde. Die in diesem Gespräch genannten weiteren Umstände (von der Polizei geäußerte Zweifel an der von der vernommenen Person im Rahmen ihrer dortigen Vernehmung gemachten Angaben, sie sei nicht eingeschleust worden; Vorhalt durch die Polizei, dass die eingeschleusten Personen von "Madames" ausgebeutet würden; Mitteilung vom Abreiseort "M1" und der Einreisepersonalien; Herkunft der vernommenen Person aus Nigeria) fügen sich durchgängig mit den Umständen, wie sie vom Zeugen C2 geschildert worden sind.

Dies gilt auch für das weitere Telefonat zur selben TKÜ - Nr. mit den Vorgangnummern 1442 und 1443, das am 04.02.2013 um 19.12 Uhr geführt wurde, was durch Verlesung der TKÜ Vorgänge-Liste: Dort teilt die weibliche Person "B" mit, sie hätten geschildert, wie sie nach Deutschland gekommen sei, unter welchem Namen und wie ihr Reiseweg sei. Auch der im Gespräch in Bezug genommene Ort, wo die weibliche Person namens "B" zuerst gearbeitet haben soll, nämlich B1, deckt sich mit den weiteren Ergebnissen der Beweisaufnahme. Dies gilt entsprechend für das zur selben TKÜ - Nr. geführte Gespräch mit der Vorgang - Nr. 1446 und 1447, in welchem die weibliche Person namens "B" von ihrer Madame "P3" berichtet und das am 05.02.2013 um 11:54 Uhr geführt wurde, was durch Verlesung der TKÜ-Vorgänge-Liste eingeführt worden ist.

Dass die genannten Telefonate durchweg in zeitlicher Nähe von jeweils unter 3 Stunden zu den erfolgten polizeilichen Vernehmungen, die ausweislich des durch Verlesung eingeführten Berichts vom 21.02.2013 um 17:00 am 04.02.2013 und um 10:00 am 05.02.2013 endeten, geführt wurden, sieht die Kammer dabei als weiteres Indiz dafür an, dass es sich bei der weiblichen Gesprächsteilnehmerin um die Zeugin B handelte. Schließlich ergibt sich aus dem Telefongespräch zur TKÜ - Nr. 004813 mit der Vorgang - Nr. 1951 und 1952, dass es sich bei der weiblichen Person um die "B", also die Zeugin, handelt. Denn die Gesprächsteilnehmerin "B" erklärt, sie werde in Deutschland mit dem Namen "B" gerufen.

Berücksichtigt hat die Kammer dabei auch die Möglichkeit, dass die Zeugin B nicht willentlich falsch ausgesagt hat, sich vielmehr tatsächlich nicht erinnert, d. h. sich nicht dazu erklären kann, ...

- um wen konkret es sich bei den Männern handelt, die sie auf die Reise nach Europa angesprochen hatten,

- um wen es sich bei den weiteren nigerianische Frauen handelt, die als Prostituierte in Deutschland arbeiteten,

- bei wem es sich um die weibliche Person mit dem Namen "Z" handelt und ob sie mit dieser Person zusammen nach Europa gereist ist,

- ob sie sich tatsächlich telefonisch mit Problemen an den "Voodoo - Priester" in Nigeria wandte und wie der Name des "Voodoo - Priesters", mit dem sie in Kontakt trat, lautete.

Dass die Zeugin B hierzu Erinnerungslücken hatte, schließt die Kammer vorliegend allerdings aus. Zwar liegt das Geschehen, zu dem die Zeugin B befragt wurde, nunmehr bereits mehr als sieben Jahre zurück, es erscheint aber ausgeschlossen, dass sie hierzu jede Erinnerung verloren haben könnte.

Denn es handelt sich beim diesen Umständen um solche außergewöhnlicher, prägnanter Art, die zudem den unmittelbaren Lebensbereich der Zeugin betrafen, dies nachteilig. Auch sind der Zeugin jeweils konkret Telefoninhalte vorgehalten worden, und sie jedenfalls in allgemeiner Form maßgebliche Umstände bestätigt, jeweils nur auf Nachfrage zu konkreten Inhalten in Abrede gestellt, insofern eine Erinnerung zu haben, was wenig nachvollziehbar und lebensfremd erscheint. Hinzu kommt, dass sie selbst bekundet hat, aus Angst über den genauen Reiseablauf und die beteiligten Personen nicht aussagen zu wollen.

Die Kammer ist sich dabei bewusst, dass die von ihr vertretene Ansicht, dass die Zeugin B teils glaubhaft ausgesagt hat, teils nicht, im Rahmen der Würdigung ihrer Aussage besonderen Regeln unterliegt. Danach ist das Tatgericht nicht gehindert, einer Zeugin oder einem Zeugen nur teilweise zu glauben; es muss dann jedoch die hierfür maßgebenden Gründe darlegen (vgl. BGH NStZ 2004, 635, 636).

Dass der Aussage der Zeugin B nur teilweise Glauben geschenkt werden kann, erklärt sich in der vorliegenden Fallkonstellation - wie vorstehend ausgeführt - daraus, dass sie aus Angst vor den Folgen ihrer Aussage fälschlicherweise solche Angaben nicht mehr in Erinnerung zu haben vorgab, welche einen konkreten Bezug bestimmter Personen zu den Taten dargestellt hätten. Da sich aus den von ihr gemachten abstrakten Angaben zum Tatgeschehen eine solche Gefahr nicht ergab, ist es für die Kammer daher nachvollziehbar, dass diese Angaben mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmen.

f)

Dass die Nebenklägerin in der ersten Phase ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland im Zeitraum Anfang des Jahres 2012 nach ihren persönlichen Fähigkeiten nicht oder nur wesentlich eingeschränkt in der Lage war, sich dem Verlangen der Angeklagten zu 1) nach sexueller Betätigung zu widersetzen, hat die Kammer unter Berücksichtigung der im Rahmen der Hauptverhandlung offenbar gewordenen Persönlichkeitsstruktur der Nebenklägerin festgestellt.

So wurde ihre Vernehmung unter Hinzuziehung eines Dolmetschers geführt, weil sie der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig war. Auf die Kammer hinterließ sie - zum gegenwärtigen Zeitpunkt - den Eindruck, wenig selbstbewusst agieren zu können, wobei sie bislang Hilfe von außen, bezogen auf die Bewältigung des Geschehens nicht in Anspruch genommen hat, was durch die Aussage ihres jetzigen Lebensgefährten bestätigt wurde. Dieser hat bekundet, über die Vergangenheit habe sie mit ihm bislang nicht geredet, er helfe ihr im Übrigen bei allen mit Behörden zu regelnden Angelegenheiten und unterstütze sie. Über das, was Gegenstand vorliegenden Verfahrens sei, habe sie mit ihm bislang nicht gesprochen.

Unter besonderer Berücksichtigung des Umstandes, dass die Nebenklägerin Ende des Jahres 2011/Anfang des Jahres 2012 weder ihren jetzigen Lebensgefährten noch sonstige Kontaktpersonen hatte, noch ihr Aufenthaltsstatus gefestigt erscheinen musste, ist es daher fernliegend, dass sie in der Lage gewesen sein könnte, sich dem Ansinnen der Angeklagten zu 1) zu widersetzen. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall, es fehlte an jeder Möglichkeit eine wie auch immer geartete Resilienz gegenüber den von der Angeklagten zu 1) entfalteten Bestrebungen zu entwickeln.

Dass die Angeklagte zu 2) wusste, dass die Angeklagten zu 1) die Nebenklägerin "eingeschleust" hatte, sie deren Zuhälterin war und sie Objekt des Menschenhandels zur sexuellen Ausbeutung, sie die entsprechenden Handlungen der Angeklagten zu 1) psychisch sowie durch das "Zurverfügungstellen" ihrer Wohnung unterstützte, folgt für die Kammer ebenfalls aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme:

Die Nebenklägerin hat glaubhaft geschildert, für eine Nacht in der ehelichen Wohnung der Schwester ihrer "Madame" untergebracht gewesen zu sein. Dies deckt sich mit dem objektiven Umstand, dass die Angeklagte zu 2) zum maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich mit ihrem damaligen Ehemann in B1 lebte. Unter der Anschrift in B1 konnte sie geladen werden, und die Angeklagte zu 2) hat selbst angegeben, bis zum Tode ihres Ehemanns im Jahr 2014 verheiratet gewesen zu sein und mit ihm zusammengelebt zu haben.

Dass die Angeklagte zu 2) Kenntnis vom Tun der Angeklagten zu 2) hatte, folgt dabei aus einer Gesamtschau der Indizien: So musste der Angeklagten zu 2) bekannt sein, dass die Nebenklägerin, die der deutschen Sprache auch nicht ansatzweise mächtig war, erst vor kurzem aus Nigeria nach Deutschland gekommen war. Zudem handelte es sich bei Angeklagten zu 1) um ihre Zwillingsschwester, wobei sich aus den überwachten Telefongesprächen ihre enge familiäre Verbundenheit ergibt. Auch steht für die Kammer fest, dass im Tatzeitraum die Angeklagte zu 2) selbst "Madame" einer jungen nigerianischen Frau war. Aus den Telefongesprächen folgt, dass jedenfalls mehr als eine junge nigerianische Frau in Deutschland auf Initiative der Angeklagten als Prostituierte tätig und gehalten waren, die von ihnen erzielte Einkünfte an ihre "Madames", mithin die Angeklagten zu 1) und die Angeklagte zu 2) abzuführen.

g)

Hinsichtlich des Geschehens zum Nachteil der Zeugin B ergeben sich die getroffenen Feststellungen aus folgenden Erwägungen heraus:

Dass die Angeklagten zu 2) die Zeugin B dazu veranlasste, als Prostituierte tätig zu werden, ergibt sich aus Folgendem:

(1)

Dem Inhalt des überwachten Telefongesprächs mit der TKÜ - Nr. 004813 und den Vorgang - Nummern 1434 und 1435 entnimmt die Kammer zum einen, dass die Zeugin B in einem Bordell tätig war, und dies hat sie im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung - insoweit glaubhaft - bestätigt.

Weiter wird dies bestätigt durch den Umstand, dass sie am 10.09.2012 durch Beamte des KK 34 im Bordell "F2" in der I1straße in L angetroffen wurde. Der Zeuge I2 hat glaubhaft bestätigt, am fraglichen Tage eine Personenkontrolle durchgeführt zu haben, wobei das Lichtbild des von dieser Person vorgelegten Personaldokuments nicht mit der äußeren Erscheinung der im Bordell angetroffenen Person übereingestimmt habe. Das Ausweisdokument (ausgestellt auf den Namen B3) sei dabei im Besitz der Zeugin B gewesen. Weiter ergibt sich die Tätigkeit der Zeugin B als Prostituierte aus dem Inhalt des Gesprächs mit der TKÜ-Nr. 004813 und der Vorgang - Nr. 1434, denn Thema des Gesprächs zwischen der B und der weiteren Person ist ihre Tätigkeit in einem dort in Bezug genommenen Bordell.

(2)

Weiter ergibt sich aus der Vorgang - Nr. 1440 und 1441 (zum selben Vorgang), dass die weibliche Person, die Zeugin B, eine "Madame" hat. Wie sich aus der Aussage des Zeugen C2 ergibt, handelt es sich bei den "Madames" um Frauen, die veranlassen, dass eingeschleuste junge nigerianische Frauen als Prostituierte tätig werden und das vereinnahmte Geld an sie - die "Madames" - abführen.

(3)

Entsprechendes gilt hinsichtlich des Gesprächs, wie es Gegenstand der TKÜ-Nr. 004813 und der Vorgang - Nr. 1446 und 1447 ist, denn auch dort wird die "Madame" in Bezug genommen, wobei sich aus dem Gespräch weiter ergibt, dass es sich bei der "Madame" der Zeugen B um die Angeklagte zu 2) handelt, die als "P3" in Bezug genommen wird. Bestätigt wird dies auch durch das Gespräch zur Vorgang - Nr. 1502 und 1503 (zur selben TKÜ-Nr.) wonach die Angeklagte zu 2) auch "andere Mädchen schlecht behandelt" habe, was die Kammer im Hinblick auf den übrigen Kontext so wertet, dass es sich hierbei um (weitere) junge, aus Nigeria stammende Frauen handelt, welche die Prostitution auf Veranlassung der Angeklagten zu 2) ausüben.

(4)

Dies wird bestätigt durch den Inhalt des Gesprächs zur TKÜ - Nr. 004813 und Vorgang - Nr. 1876. Denn dort heißt es, die B bereue, durch die "P3" eingeschleust worden zu sein und es wird weiter erörtert, dass die "P3" - mithin die Angeklagte zu 2) - von der B "schon kassiert" hätte und Letztere die Schulden bei ihr "fast abbezahlt" hätte. Auch dies ist - ohne dass vernünftige Zweifel bestehen würden - so zu verstehen, dass die Zeugin B von der Angeklagten zu 2) eingeschleust worden ist und nun von der Angeklagten zu 2) Ansprüche auf Zahlung von Geld geltend gemacht werden, wobei die Zeugin B dieses Geld durch eine Tätigkeit als Prostituierte erwirtschaften soll.

(5)

Dass die Angeklagte zu 2) tatsächlich der Prostitution nachgeht, wird bestätigt durch den Inhalt des Gesprächs mit der TKÜ - Nr. 063112 und der Vorgangsnummer 1149 sowie der Vorgangsnummer 1150: Dem Gesprächsinhalt ist zu entnehmen, dass die Angeklagte zu 2) als auch die unbekannte weibliche Person als Prostituierte tätig sind. So wird die Angeklagten zu 2) als "erfahrene Prostituierte", die Geld zu bekommen habe, in Bezug genommen. Dem weiteren Inhalt des Gesprächs entnimmt die Kammer dabei, dass es sich bei dem verwendeten Begriff der "Tomaten" tatsächlich um Frauen handelt, die der Prostitution nachgehen und von ihnen damit erwirtschaftetes Geld an bereits in Deutschland befindliche, als Prostituierte "erfahrene" Frauen, mithin die "Madames", auszuhändigen haben.

Dies folgt insbesondere daraus, dass beide Gesprächspartnerinnen darüber reden, diese "Tomaten" "zur Arbeit" zu schicken, was nur so verstanden werden kann, dass es sich bei dieser "Arbeit" um die Tätigkeit als Prostituierte handelt. Dass es dabei nicht untypisch ist, dass nigerianische Frauen in Deutschland als Zuhälterinnen tätig werden, sobald sie selbst längere Zeit der Prostitution nachgegangen sind, ergibt sich dabei aus der insofern nachvollziehbaren und plausiblen Aussage des Zeugen C2.

Soweit es in dem Gespräch weiter heißt, "sie" (d. h. die beiden geschleusten) Mädchen seien auch nicht mehr gesehen bzw. gefunden worden, geschweige denn, man könne sie auf einen Botengang schicken, fügt sich dies nach Auffassung der Kammer mit den glaubhaften Bekundungen der Nebenklägerin: Diese hat nachvollziehbar geäußert, sie habe sich nach dem Rauswurf aus der Wohnung der Angeklagten zu 1) deren Zugriff entzogen, was sich damit deckt, dass die Polizei sie - am 15.10.2012 - im Bordell "S" in T1 antraf.

h)

Zugunsten der Angeklagten zu 2) ist die Kammer - insoweit abweichend von den Angaben der Zeugin B - dabei davon ausgegangen, dass sie (die Zeugin B) zum fraglichen Zeitpunkt tatsächlich n i c h t unter einundzwanzig (21) Jahre alt war. Dies folgt aus dem Ergebnis des im Rahmen der Beweisaufnahme eingeführten "Zahnmedizinischen Gutachten(-s) zur Frage des Lebensalters von B vom 11.03.2013" (erstellt für den Zeitpunkt der Untersuchung am 08.03.2013):

Dort heißt es, dass die Zähne 18, 28, 38 und 48 ein Stadium erreicht hätten, dass Olze et al. (2007) als Stadium D definiere und für südafrikanische Frauen einem Lebensalter von 22,0 +/- 2,6 Jahren entspreche (Mittelwert und Streubreite). Basierend auf dieser gutachterlichen Stellungnahme, die die Kammer für plausibel und nachvollziehbar hält und die von keinem der Verfahrensbeteiligten inhaltlich in Zweifel gezogen worden ist, geht die Kammer damit von einem Lebensalter der Zeugin B um Tatzeitpunkt nicht unter einundzwanzig (21) Jahren aus.

Soweit die Zeugin B - wie ausgeführt - bekundet hat, sie sei am 00.00.1995 geboren worden, führt dies zu keinem anderen Ergebnis.

Denn die Kammer hat erhebliche Zweifel an der Verlässlichkeit der Angaben der Zeugin B, was ihr tatsächliches Alter betrifft. So hat sie - bezogen auf den Zeitpunkt, zu dem sie mit einer entfernten Verwandten in C gelebt haben will, erklärt, sie sei "vielleicht siebzehn" gewesen, wohingegen ihr Vater mit ihr im Jahr 2012 darüber gesprochen habe, sie sei vierzehn (14) Jahre alt, und eine Ausweisdokument, das sich über ihr Alter verhält, hat sie nicht vorgelegt. Sie hat sich im Rahmen ihrer Vernehmung sodann dahingehend erklärt, sie "feiere keine Geburtstage". Aufklären konnte die Kammer diese Widersprüche nicht, auch entsprechende Nachfragen des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft vermochten insofern keine eindeutigen Befund zu ergeben, da die Zeugen bei ihren Angaben blieb.

i)

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht weiter für die Kammer fest, dass die Angeklagten sich durch das wiederholte Einschleusen junger Frauen aus Nigeria, die sie zur Aufnahme der Prostitution in der Bundesrepublik Deutschland veranlassten wollten eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen wollten, was für die Kammer aus der Gesamtheit aller Indiz- Tatsachen folgt.

Dass die Nebenklägerin und die Zeugin B "eingeschleust" wurden, ergibt sich aus dem bereits in Bezug genommenen überwachten Telefongespräch mit der TKÜ - Nr. 4813 und der Vorgang - Nr. 1951 und 1952. Der Dolmetscher und Sachverständige F3 hat für die Kammer nachvollziehbar dargetan, dass das das in dem Gespräch benutzte Wort "carry", das der in Nigeria in der Provinz F1 verwendeten Sprache "Pidgin - English" entstamme, dahingehend zu übersetzen und zu verstehen sei, dass eine Person auf illegalem Weg ins Ausland gebracht werde.

Konkretisiert hat der Dolmetscher und Sachverständige F3 dies auf Nachfrage der Verteidigung, indem er ausgeführt hat, das Wort "carry" bedeute nicht, dass jemand schlicht "reise", denn in Pidgin - English verwende man fürs Einschleusen anders als im britischen oder amerikanischen Englisch das Wort "carry" und nicht das Wort "trafficking". Die Annahme, dass die Nebenklägerin und die Zeugin B dabei illegal in den Schengen - Raum verbracht wurden, fügt sich dabei mit der Bekundung der Nebenklägerin, dass sie einen falschen Pass mit dem Namen "H1" benutzte sowie mit dem weiteren Umstand, dass bei der Zeugen B ein Ausweisdokument aufgefunden wurde, dass sich zu einer Person "B3" verhielt, mithin nicht zu der Zeugin B.

Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bezog sich das Bestreben der Angeklagten gerade darauf, zur Erzielung von dauerhaften Einkünften Frauen zur Aufnahme der Prostitution zu veranlassen. Dies folgt für die Kammer daraus, dass die beiden Angeklagten erhebliche "Investitionen" durch Zahlung der Reisekosten aufgewendet hatten (durch Veranlassung der Erstellung falscher Papiere, Organisation der Einreise per Flugzeug und Auto, Schaffen von Anlaufadressen und einer "Legende" als vorgebliche "Karate- Sportlerinnen"), so dass ihnen daran gelegen sein musste, diese "Investitionen" (auch) durch Begehung weiterer Taten finanziell auszugleichen, zumal sie damit rechnen musste, dass die bereits nach Deutschland verbrachten Frauen dem Prostitutionsgewerbe nicht dauerhaft nachgehen würden, so dass weitere Taten erforderlich sein würden. Das Ergebnis der Beweisaufnahme - insbesondere der Inhalt der aufgezeichneten Telefongespräche - hat insofern ergeben, dass tatsächlich sowohl die Nebenklägerin als auch die Zeugin B Anstalten unternahmen, sich dem (weiteren) Zugriff der Angeklagten zu entziehen.

Hinzu kommt, dass mit der Nebenklägerin und der Zeugin B nicht nur eine, sondern mehrere Frauen von Nigeria nach Deutschland eingeschleust und zur Aufnahme der Prostitution gebracht worden waren, beide Angeklagten weiterhin mit in Nigeria ansässigen Personen in Kontakt standen, dort (durch Einbindung jedenfalls eines "Voodoo - Priesters") organisatorisch aufwendige Vorkehrungen geschaffen hatten, die Frauen unter Druck zu setzen und auch über Kontakt in Frankreich verfügten, nämlich Wohnanschriften, von denen aus eine Verteilung von Frauen erfolgt war, die mit einer Gruppe eingereist waren. Den selbst als Prostituierte tätigen Angeklagten war dabei klar, dass mit dieser Tätigkeit erhebliche Einnahmen zu generieren waren, wobei sie selbst aufgrund ihrer Ausbildung nicht davon ausgehen konnten, mit einer legalen Tätigkeit Einnahmen in ähnlicher Höhe erwirtschaften zu können.

Dass es beiden Angeklagten darauf ankam, dadurch wesentliche Einnahmen zu erzielen, dass von ihnen eingeschleuste nigerianische Frauen der Prostitution nachgehen sollten und ihnen - den Angeklagten - solche Einnahmen zu verschaffen, die es ihnen erlauben würden, die eigene Tätigkeit als Prostituierte aufzugeben, ergibt sich dabei insbesondere aus dem Inhalt des Gesprächs mit der TKÜ - Nr. 063112 und der Vorgang - Nr. 1149 und 1150, wenn es dort heißt, man mit den "Tomaten" (d. h. den eingeschleusten Frauen) nichts, wenn diese "schlecht" wären, und diese müssten ihnen das Geld geben. Dass die Angeklagten dabei mit dem erheblichen Einkommen durch die von den von Ihnen eingeschleusten Frauen rechnen, ergibt sich dabei aus dem TKÜ- Vorgang 89 und 90 zur TKÜ - Nr. A063012, welches sich darüber verhält, dass die Angeklagte einen "Wagen nach Nigeria verschiffen" lassen will, was die Kammer ebenso als mit erheblichen Ausgaben verbunden wertet wie den Umstand, dass beide Angeklagte über "Appartements" in Nigeria verfügen, die es zu "elektrifizieren" gelte. Der Dolmetscher F3 hat nachvollziehbar ausgeführt, dass in der nigerianischen Umgangssprache eingeschleuste, als Prostituierte tätige Mädchen als "Tomaten" aber auch als "Gewänder" oder "Klamotten" bezeichnet würden, was sich mit dem weiteren Inhalt des Gesprächs fügt.

Weiter ist in dem Gespräch davon die Rede, dass die Angeklagte zu 1) ihrer Mutter einen Geldbetrag schicken soll, so dass von einem Geldtransfer auszugehen ist, was ebenfalls Inhalt des Gesprächs mit der TKÜ-Nr. 063112 und der Vorgang - Nr. 1149 ist, wenn es dort heißt, dass verlangt werde, 100,00 EUR nach Nigeria zu schicken. Anhaltspunkte dafür, dass die Angeklagten im Tatzeitraum ihren Lebensunterhalt und den ihrer Verwandten auf andere Weise als durch die eigene Prostitution und durch das Abpressen von Geld bei von ihnen eingeschleusten Frauen erzielt haben, haben sich nicht ergeben: (Sonstiges) legales Einkommen für den maßgeblichen Zeitraum ist von den Angeklagten (anders als für den gegenwärtigen Zeitraum, wie im Rahmen der Angaben zur Person von ihnen geschildert) weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

IV.

1.

Die Angeklagte zu 1) hat sich danach zum Nachteil der Nebenklägerin des schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung schuldig gemacht, §§ 232 Abs. 1 S. 1 und S. 2, Abs. 3 Nr. 3 StGB a. F.

Ferner hat sie sich der ausbeuterischen Zuhälterei gemäß §§ 181a Abs. 1 Nr. 1 a. F. schuldig gemacht, ebenfalls zum Nachteil der Nebenklägerin.

Schließlich hat sie sich des Verstoßes gegen §§ 95 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3, Abs. 6, 96 Abs. 1 Nr. 1a, Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 AufenthG bezogen auf die Person der Nebenklägerin schuldig gemacht.

Sämtliche Gesetzesverletzungen stehen zueinander im Verhältnis der Tateinheit.

Im Einzelnen gilt hierzu Folgendes:

a)

Durch die Tat zu II. 1. hat sich die Angeklagte zu 1) zum Nachteil der Nebenklägerin des schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung schuldig gemacht.

(1)

Anzuwenden ist das Tatzeitrecht. Die mit Wirkung zum 15. Oktober 2016 eingetretene Änderung von § 232 StGB bzw. die Einführung von § 232a StGB ist für die Beurteilung der vorliegenden Tat ohne Bedeutung. Zum Zeitpunkt der jeweiligen Taten ist gemäß § 2 Abs. 1 StGB die Vorschrift gemäß § 232 StGB a. F. anzuwenden. Die eingetretene Gesetzesänderung enthält insbesondere keine mildere Strafandrohung, § 2 Abs. 3 StGB.

(2)

Das Merkmal der "Zwangslage" war schon bei der "Rekrutierung" der Nebenklägerin in Nigeria erfüllt. Sie befand sich in prekären wirtschaftlichen Verhältnissen, und die damit verbundene Einschränkung ihrer Entscheidungs- und Handlungsfreiheit war - was genügt - konkret geeignet, ihren Widerstand gegen Angriffe auf ihre sexuelle Selbstbestimmung herabzusetzen (vgl. BGH, Urteil vom 16.07.2014 - 5 StR 154/14 -, zitiert nach juris).

Ebenso ist vorliegend das Merkmal der "auslandsspezifischen Hilflosigkeit" in der Person der Nebenklägerin erfüllt, da eine Gesamtabwägung unter dem in der Hauptverhandlung gewonnenen Eindruck von der Persönlichkeitsstruktur ergibt, dass sie jedenfalls in der ersten Phase ihres Aufenthalts in Europa jedenfalls nur wesentlich eingeschränkt in der Lage war, sich dem Verlangen der Angeklagten zu 1) nach Prostituierung zu widersetzen (zu vgl. BGH, Urteil vom 15.07.2005 - 2 StR 131/05-, zitiert nach juris, dort Rdnr. 17).

(3)

Da die Nebenklägerin zum Tatzeitpunkt - Ende des Jahres 2011, Anfang des Jahre 2012 - noch nicht einundzwanzig (21) Jahre alt war und die Angeklagte zu 1) sie zur Aufnahme der Prostitution brachte, ist auch der Tatbestand des § 232 Abs. 1 Satz 2 StGB a. F. erfüllt.

b)

Durch die Tat zu II. 1. hat die Angeklagte zu 1) die Nebenklägerin im Sinne des Tatbestands des § 181a Abs. 1 Nr. 1 StGB ausgebeutet: Für die "Ausbeutung" ist in objektiver Hinsicht der Abzug eines erheblichen Teils der Einnahmen des Opfers erforderlich, der zu einer gravierenden Beschränkung der persönlichen und wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit führt und dadurch geeignet ist, dem Opfer eine Lösung aus der Prostitutionstätigkeit zu erschweren. Voraussetzung einer Ausbeutung ist der Eintritt einer spürbaren Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Opfers als Folge planmäßig hierauf gerichteter Handlungen des Täters (BGH, Urteil vom 15.07.2005 - 2 StR 131/05 -, juris Rn. 20; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 181a, Rn. 7).

Zwar setzt eine solche Annahme im Regelfall Feststellungen zur Höhe der Einnahmen und Abgaben der Prostituierten voraus (BGH a. a. O.; BGH NStZ 1989, 67), allerdings steht das Fehlen exakter Feststellungen zu Einnahmen und Ausgaben einer Verurteilung wegen ausbeuterischer Zuhälterei nicht zwingend entgegen. Wenn die Prostituierten ihre gesamten Einnahmen abgeben müssen und nur gelegentlich geringe Summen zur Weiterleitung an ihre Familie zurückerhalten, ist ohne weiteres von einer Ausbeutung im Sinne des § 181a Abs. 1 Nr. 1 StGB auszugehen (vgl. zu Vorstehendem BGH, Urt. v. 09.10.2013 - 2 StR 297/13, zit. nach juris mwN). So liegt es hier:

Die Nebenklägerin, die ansonsten über keine weitere Einnahmequelle verfügte, musste im gesamten Tatzeitraum ihre Einnahmen bis auf einen "Sockelbetrag" von 20,00 bis 30.00 EUR wöchentlich, den sie für den Kauf von Lebensmitteln aufwandte - mithin nahezu vollständig - an die Angeklagte zu 1) abführen. Von dem ihr verbliebenen "Sockelbetrag" musste sie ihren Bedarf an Lebensmitteln und Gegenständen des täglichen Gebrauchs finanzieren. Allein hieraus erwuchs der Nebenklägerin auch nicht die Möglichkeit, ihren Ausstieg aus der Prostitution zu finanzieren.

Soweit für den Begriff der "Ausbeutung" im Sinne der Vorschrift des § 181a StGB ein planmäßiges und eigensüchtiges Ausnutzen der Prostitutionsausübung als Erwerbsquelle und damit ein Herrschafts- oder Abhängigkeitsverhältnis erforderlich ist, das der Täter bewusst ausnutzen muss, um aus der Prostitutionstätigkeit für sich materielle Vorteile zu ziehen, ist maßgeblich, dass die Prostituierte sich nicht aus dem Verhältnis lösen und die Prostitution aufgeben kann. Übt eine Frau die Prostitution hingegen aus eigenem Antrieb unbeeinflusst von Drohungen und sonstigem Verhalten des Täters oder der Täterin aus und teilt dieser bzw. diese mit ihr im Übrigen sogar sein bzw. ihr eigenes Einkommen, wird sie nicht ausgebeutet § 181 a Abs. 1 Nr. 1 StGB (BGH, Urteil vom 18. April 2007 - 2 StR 571/06).

Vorliegend hat die Angeklagte zu 1) die Nebenklägerin durch den Hinweis, sie müsse ihre Schulden abarbeiten, durch Drohungen dazu angehalten, die Prostitution aufzunehmen bzw. fortzusetzen. Aus diesem Abhängigkeitsverhältnis konnte die Nebenklägerin sich erst lösen, als sie bedingt durch den "Rauswurf" bei der Angeklagten zu 1) gezwungen war, eigene Wege zu gehen und sich daraufhin dem Einfluss der Angeklagten zu 1) durch räumliche Trennung entzog. Der Angeklagten zu 1) kam es dabei auch darauf an, aus der Prostitutionstätigkeit der Nebenklägerin Vorteile zu ziehen.

c)

Schuldig gemacht hat sich die Angeklagte zu 1) ferner eines Verstoßes gegen §§ 95 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3, 96 Abs. 1 Nr. 1a, Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 AufenthG. Die Nebenklägerin musste nach der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 als nigerianische Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines aufgrund zutreffender Angaben erteilten Visums oder eines anderen auf wahren Angaben beruhenden Aufenthaltstitels sein, und dies war nicht der Fall, denn weder trafen die von ihr zur Erlangung des Visums gemachten Angaben zur Person tatsächlich zu, noch war sie zu dem Zweck eingereist, der im Visum angegeben war, denn sie wollte tatsächlich zu keinem Zeitpunkt an der bezeichneten Sportveranstaltung teilnehmen. Um Strafbarkeitslücken zu schließen, hat der Gesetzgeber in § 95 Abs. 6 AufenthG für die Fälle des illegalen Aufenthalts und der illegalen Einreise nach § 95 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AufenthG ausdrücklich bestimmt, dass einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleichsteht. Nach § 96 Abs. 4 AufenthG sind Absatz 1 Nr. 1a, Nr. 2 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, 2 und 5 und Absatz 3 auf Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Schengen - Staates anzuwenden, wenn

1. sie den in§ 95 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 oder Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Handlungen entsprechen und

2. der Täter einen Ausländer unterstützt, der nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzt, und diese tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

Soweit die genannten gesetzlichen Vorschriften aus dem AufenthG nicht Gegenstand der Urteilsverkündung waren, beruht dies auf einem Versehen.

d)

Die Gesetzesverletzungen stehen zueinander im Verhältnis der Tateinheit, § 52 StGB.

2.

a)

Die Angeklagte zu 2) hat sich danach - zum Nachteil der Zeugin B - des schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung, §§ 232 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 3 StGB a. F., schuldig gemacht. Schuldig gemacht hat sich die Angeklagte zu 2) ferner eines Verstoßes gegen §§ 95 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3, Abs. 6, 96 Abs. 1 Nr. 1a, Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 AufenthG bezogen auf die Zeugin B.

Die Zeugin B musste nach der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 als nigerianische Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines aufgrund zutreffender Angaben erfolgten echten Visums sein, und dies war nicht der Fall, denn weder trafen die von ihr zur Erlangung des Visums gemachten Angaben zur Person tatsächlich zu, was dazu führt, dass eine formelle Bestandskraft von vornherein nicht zur Entfaltung gelangte, noch war sie zu dem Zweck eingereist, der im Visum angegeben war, denn sie wollte tatsächlich zu keinem Zeitpunkt an der bezeichneten Sportveranstaltung teilnehmen.

b)

Schließlich hat sich die Angeklagte zu 2) der Beihilfe zum Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung zum Nachteil der Nebenklägerin schuldig gemacht, §§ 232 Abs. 1 S. 1, 2, Abs. 3 Nr. 3 StGB a. F., 27 StGB, ebenfalls bezogen auf die Person der Nebenklägerin, wobei die Haupttaten von ihrer Zwillingsschwester - der Angeklagten zu 1) - zum Nachteil der Nebenklägerin begangen wurden. Indem sie der Schwester, der Angeklagten zu 1), ihre Wohnung als "Zwischenquartier" in B1 insoweit zur Verfügung stellte, als sie der aus Frankreich kommenden Nebenklägerin für eine Nacht "Unterschlupf" bieten sollte, leistete sie insofern umfassend psychische Beihilfe, die Gewährung einer Übernachtungsmöglichkeit ist insofern ausreichend (vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 27. April 2005, - 2 StR 457/04 -, zitiert nach juris, dort Rnr. 27). Den insofern für die Annahme des Hilfeleistens erforderlichen (unmittelbaren) Zusammenhang sieht die Kammer vorliegend als gegeben an

Die Gesetzesverletzungen zu Punkt 2 a) stehen zueinander im Verhältnis der Tateinheit. Die unter Punkt 2) a) genannten Gesetzesverletzungen einerseits, die unter Punkt 2) b) genannte Gesetzesverletzung andererseits stehen zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit, § 53 StGB. Zwar kommt eine tateinheitliche Bewertung mehrerer zum Nachteil verschiedener Frauen (hier: der Nebenklägerin einerseits, der Zeugin B andererseits) begangener Straftaten des Menschenhandels in Betracht, allerdings nur dann, wenn die Ausführungshandlungen gegenüber mehreren Geschädigten teilidentisch sind (vgl. BGH, Beschluss vom 25. August 1999 - 3 StR 290/99 -, juris), d. h. wenn sich die der Prostitutionsausübung vorgeschalteten Einwirkungshandlungen zeitlich überschneiden (BGH, Urteil vom 15.07.2005 - 2 StR 131/05 - juris, Rnr. 25 a. E.).

Dies steht vorliegend aber nicht fest: Beim Einwirken mit dem Ziel der Prostitutionsausübung handelt es sich um ein Unternehmensdelikt, das mit dem Beginn des Einwirkens bereits vollendet ist. Dass dieses "Einwirken" auf beide Frauen (d. h. auf die Nebenklägerin einerseits, die Zeugin B andererseits) zeitgleich geschah, hat das Ergebnis der Beweisaufnahme jedoch nicht ergeben.

V.

Strafzumessung

1.

Angeklagte zu 1) P

Ausgangspunkt der Strafzumessung für den Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung ist der durch § 232 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 StGB a.F. bestimmte Strafrahmen.

Unter Berücksichtigung aller der Tat vorausgehender, ihr innewohnender oder nachfolgender Umstände kam die Annahme eines minder schweren Falles im Sinne des § 232 Abs. 5 StGB a. F. vorliegend nicht in Betracht, sondern die Gesamtbetrachtung aller Umstände der Tat und der Täterpersönlichkeit ergibt, dass für die entsprechende Tat kein minder schwerer Fall anzunehmen ist. Dazu gilt im Einzelnen Folgendes:

Strafmildernd war zu berücksichtigen, dass die Angeklagte zu 1) - nunmehr - in gefestigten sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, nämlich verheiratet und Mutter zweier Kinder ist, ihr Ehemann einer abhängigen Beschäftigung nachgeht und so den Lebensunterhalt der Familie sicherstellt. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Angeklagte bislang nicht bestraft ist.

Weiter war zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, dass die Nebenklägerin dem Angebot der Angeklagten des Inhalts, dass sie nach Europa verbracht werden würde, um dort einer legalen Beschäftigung nachzugehen, ohne kritische Prüfung folgte und ihr insoweit eine gewisse Naivität nicht abgesprochen werden kann. Körperliche Gewalt zum Nachteil der Nebenklägerin ist seitens der Angeklagten zu keinem Fall ausgeübt worden, vielmehr hat sie sich - wie sich aus den überwachten Telefongesprächen ergibt - ausdrücklich dagegen ausgesprochen, solche zur Durchsetzung der von ihr verfolgten Ziele anzuwenden. Schließlich hat die Kammer berücksichtigt, dass der Tatzeitpunkt nunmehr lange zurückliegt.

Zugunsten der Angeklagten zu 1) gilt weiter, dass die Nebenklägerin die Prostitution für die Angeklagte zu 1) nicht über einen längeren, sondern einen zeitlich begrenzten Zeitraum ausübte. Auch war die Angeklagte zu 1) selbst zum Tatzeitpunkt als Prostituierte tätig, wobei für die Kammer letztlich unaufklärbar blieb, ob sie selbst - was das Verbringen nach Deutschland und die Aufnahme der Tätigkeit als Prostituierte anbetrifft - dem Schicksal der Nebenklägerin und der Zeugin B Vergleichbares selbst erlebt hatte.

Ob und in welchem Umfang die Angeklagte zu 1) im Zusammenhang mit vorliegendem Verfahren ausländerrechtliche Folgen treffen, vermochte die Kammer nicht aufzuklären, so dass entsprechende Erwägungen - ungeachtet dessen, dass ausländerrechtliche Folgen einer Tat in der Regel keine bestimmenden Strafzumessungsgründe sind, sondern nur besondere Umstände eine andere Beurteilung rechtfertigen können (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 1998 - 1 StR 162/98 -, zitiert nach juris ) - vorliegend keine Berücksichtigung finden können.

Demgegenüber war - zu ihren Lasten - zu berücksichtigen, dass die Angeklagte zu 1) insofern eine Vertrauensstellung ausnutzte, als sie auch die freundschaftliche Beziehungen zur Familie der Nebenklägerin nutzte, um Nebenklägerin dazu zu bringen, die von ihr organisierte Reise nach Europa anzutreten.

Auch ist der Grad der von der Angeklagten zu 1) erfolgten Planung, Organisation und Durchführung der Reise als nicht nur marginal erhöht anzusehen: Es war ein erheblicher zeitlicher Vorlauf mit umfangreichen Vorbereitungshandlungen erforderlich, um die Tat zu realisieren, und das Tatbild ist insgesamt als von überdurchschnittlicher krimineller Energie getragen anzusehen. Verbunden war die Tatbegehung darüber hinaus mit einem nicht unerheblichen materiellen Schaden bei der Nebenklägerin, und diese ist nach dem persönlichen Eindruck, den die Kammer anlässlich ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung gewonnen hat, auch in psychischer Hinsicht (weiter fortbestehend) schwer von den Umständen, die der Verurteilung zugrunde lagen, beeindruckt, obwohl die Gesetzesverletzungen nunmehr geraume Zeit zurückliegen.

Auch hat die Nebenklägerin glaubhaft dargetan, dass sie nach wie vor erhebliche Angst vor der Angeklagten zu 1) und davor hat, (wieder) unter ihren Einflussbereich zu geraten. Dass die Tat bis heute nachteilige Auswirkungen auf ihr soziales und familiäres Leben hat, hat sie nachvollziehbar dargetan: So hat sie ihrem Lebensgefährten gegenüber einräumen müssen, in der Vergangenheit als Prostituierte gearbeitet zu haben. Schließlich war zu berücksichtigen, dass die Angeklagte zu 1) durch die Tat mehrere Strafgesetze verletzt hat.

Hinsichtlich der strafmildernden und strafschärfenden Umstände ist hinsichtlich der Angeklagten zu 1) an die im Zusammenhang mit der Erörterung der Frage des minder schweren Falls berücksichtigten Umstände anzuknüpfen. Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat die Kammer nochmals im Rahme einer Gesamtwürdigung sämtliche genannten Umstände, die im Rahmen der Frage, ob ein minder schwerer Fall anzunehmen ist, berücksichtigt und gewichtet. Insgesamt schien danach die Verhängung einer Freiheitsstrafe von

zwei (2) Jahren und neun (9) Monaten

tat- und schuldangemessen.

2.

Angeklagte zu 2) F

a)

Hinsichtlich der Tat der Angeklagten zu 2) zum Nachteil der Zeugin B hat sich die Kammer von folgenden Erwägungen leiten lassen: Ausgangspunkt der Überlegungen zur Strafzumessung bezogen auf den Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung ist der durch § 232 Abs. 1, ‚Abs. 3 Nr. 3 StGB a.F. bestimmte Strafrahmen.

Unter Berücksichtigung aller der Tat vorausgehender, ihr innewohnender oder nachfolgender Umstände kam die Annahme eines minder schweren Falles im Sinne des § 232 Abs. 5 StGB nicht in Betracht. Dazu gilt:

Strafmildernd war zu berücksichtigen, dass die sozialen, wirtschaftlichen und familiären Verhältnisse der Angeklagten zu 2) als gefestigt anzusehen sind. Sie lebt in einer festen Beziehung, ist Mutter von vier Kindern und geht einer Arbeit als Reinigungskraft nach, zudem ist ihr Aufenthaltsstatus in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund des Umstandes, dass das aus ihrer früheren Ehe hervorgegangene Kind die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, geklärt.

Weiter war zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, dass die Zeugin B dem Angebot der Angeklagten des Inhalts, dass sie nach Europa verbracht werden würde, um dort einer vorgeblich legalen Beschäftigung nachzugehen, ohne kritische Prüfung folgte und ihr insoweit eine gewisse Unbedarftheit und Naivität nicht abgesprochen werden kann. Körperliche Gewalt zu ihrem Nachteil ist auch seitens der Angeklagten zu 2) zu keinem Fall ausgeübt worden. Schließlich hat die Kammer berücksichtigt, dass der Tatzeitpunkt nunmehr lange zurückliegt. Zugunsten der Angeklagten zu 2) gilt weiter, dass die Nebenklägerin die Prostitution nicht über einen längeren, sondern einen zeitlich begrenzten Zeitraum ausübte. Zum Zeitpunkt der Begehung der Tat war sie wegen Verstoßes gegen weitere Strafgesetze noch nicht verurteilt, mithin nicht vorbestraft.

Demgegenüber war zu ihren Lasten zu berücksichtigen, dass der Organisationsgrad der von der Angeklagten zu 2) arrangierten Reise der Zeugin B nach Europa als hoch anzusehen ist: Es war ein erheblicher zeitlicher Vorlauf mit umfangreichen Vorbereitungshandlungen erforderlich, um die Tat zu realisieren, und das Tatbild ist insgesamt als von deutlich überdurchschnittlicher krimineller Energie getragen anzusehen.

Die Zeugin B ist zudem in psychischer Hinsicht (weiter fortbestehend) nicht unerheblich beeinträchtigt, obwohl die Tat nunmehr geraume Zeit zurückliegt. Auch hat die Zeugin B bekundet, weiterhin vor den Angeklagten und einer möglichen negativen Einflussnahme Angst zu haben.

Die Voraussetzungen für die Annahme eines minder schweren Falles sieht die Kammer insgesamt als nicht gegeben an: Auch bei Berücksichtigung aller strafmildernden Umstände war im Hinblick auf die vorstehenden strafschärfenden Erwägungen im Rahmen der von der Kammer anzustellenden Gesamtwürdigung ein minder schwerer Fall nicht anzunehmen.

Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat die Kammer nochmals sämtliche Umstände, die im Rahmen der Frage, ob ein minder schwerer Fall anzunehmen ist, erörtert wurden, berücksichtigt und gewichtet. Insgesamt schien die Verhängung einer Einsatz-Freiheitsstrafe von zwei (2) Jahren und vier (4) Monaten tat- und schuldangemessen.

b)

Hinsichtlich der Tat zum Nachteil der Nebenklägerin war - bezogen auf die Haupttat, begangen durch die Angeklagte zu 1) - von Menschenhandeln zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung auszugehen, wobei die Strafe für die Angeklagte zu 2) nach §§ 27 Abs. 2 Satz 2, 49 StGB zu mildern, der Strafrahmen des § 232 Abs. 1 StGB a. F. entsprechend nach unten zu verschieben war.

Innerhalb des eröffneten Strafrahmens war strafmildernd zu berücksichtigen, dass die Angeklagte zu 2) in gefestigten familiären, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. Schließlich hat die Kammer berücksichtigt, dass der Tatzeitpunkt nunmehr lange zurückliegt und die Behilfehandlung sich neben der psychischen Unterstützung der Angeklagten zu 1) - ihrer Zwillingsschwester - darauf beschränkte, dieser ihre Wohnung übergangsweise für einen überschaubaren Zeitpunkt - nämlich eine Übernachtung (vor Weiterverbringung der Nebenklägerin von B1 nach L) - zur Verfügung zu stellen, wobei die Kammer nicht ausschließen kann, dass die Tat auch durch eine gegenüber der Schwester bestehende familiäre Verpflichtung geprägt war.

Demgegenüber war zu Lasten der Angeklagten zu berücksichtigen, dass die Nebenklägerin nach dem persönlichen Eindruck, den die Kammer anlässlich ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung gewonnen hat, in psychischer Hinsicht (weiter fortbestehend) schwer belastet ist, obwohl die Tat nunmehr geraume Zeit zurückliegt.

Insgesamt schien insofern die Verhängung einer Freiheitsstrafe von acht (8) Monaten als tat- und schuldangemessen.

c)

Gemäß §§ 53, 54 StGB hat das Gericht aus den vorgenannten Einzelstrafen durch Erhöhung der verwirkten höchsten Einzelstrafe (Einsatzstrafe) von zwei (2) Jahren und vier (4) Monaten eine Gesamtfreiheitsstrafe von

zwei (2) Jahren und neun (9) Monaten

gebildet. Dabei hat das Gericht die Person der Angeklagten und die einzelnen Taten nochmals zusammenfassend gewürdigt, wobei auch alle Strafzumessungsfaktoren, die bereits bei der Bemessung der Einzelstrafen von Bedeutung waren, berücksichtigt worden sind.

Berücksichtigt hat die Kammer hierbei, dass die Geldstrafe von fünfzehn (15) Tagessätzen zu je 10,00 EUR aus dem Urteil des Amtsgerichts B1 vom 02.08.2016 und die Gesamtgeldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts B1 vom 18.09.2017 (40 Tagessätze zu je 10,00 EUR) nicht mehr zur Bildung einer Gesamtstrafe heranzogen werden können, da sie bereits vollstreckt sind. Die darin liegende Härte hat die Kammer bei der Festsetzung der neuen Strafe berücksichtigt, sieht sich auch durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, Urteil vom 05.11.2013 - 1 StR 387/13 -, zit. nach juris, daran nicht gehindert.

VI.

Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens ist es zu einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung gekommen:

Die unter dem 28.04.2015 verfasste Anklageschrift ist auf der Eingangsgeschäftsstelle des Landgerichts Köln vom 30.04.2015 eingegangen und mit Verfügung der Verteilungsgeschäftsstelle am 04.05.2015 der 10. großen Strafkammer zugewiesen worden. Mit Vermerk vom 14.04.2016 wurde auf Auskunftsbitte der Staatsanwaltschaft Köln vom 13.04.2016 festgehalten, dass das Verfahren weder eröffnet noch terminiert sei, die Akte auf Frist bis 30.06.2016 liege. Die Zustellung der Anklageschrift wurde verfügt am selben Tag. Unter dem 15.07.2016 erging eine Anfrage der Staatsanwaltschaft Köln an das Landgericht mit der Bitte um Auskunft über den Stand der Angelegenheit. Mit Verfügung vom 17.07.2016 teilte der Vorsitzende der Strafkammer mit, dass das Verfahren wegen vorrangiger Haftsachen und älterer Nichthaftsachen derzeit nicht gefördert werden könne. Unter dem 30.09.2016 wurde eine Dreimonatsfrist verfügt, unter dem 30.12.2016 eine weitere Frist von 3 Monaten. Mit Schreiben vom 14.02.2017 wurde der Staatsanwaltschaft Köln mitgeteilt, dass angesichts anhängiger Haftsachen eine Bearbeitung in den nächsten Monaten nicht möglich erscheine. Unter dem 30.03.2017 wurde eine weitere Frist von drei Monaten verfügt. Auf Auskunftsbitte der Staatsanwaltschaft Köln vom 16.05.2017 wurde unter dem 16.05.2017 mitgeteilt, dass keine Eröffnungsentscheidung getroffen und nicht absehbar sei, wann die Sache gefördert werden könne. Auf weitere Anfrage der Staatsanwaltschaft Köln vom 28.12.2017 verfügte der Vorsitzende, dass der Staatsanwaltschaft mitzuteilen sei, dass weiterhin nicht absehbar sei, wann das Verfahren gefördert werden könne. Mit Vermerk vom 20.02.2018 wurde festgehalten, dass die Situation unverändert sei, die Kammer verhandele das Verfahren betreffend den Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln. Weiter verfügt wurde eine Frist von drei Monaten. Weitere Wiedervorlage - Verfügungen von jeweils drei Monaten ergingen unter dem 22.05.2018 und 22.08.2018. Unter dem 01.10.2018 erging eine Mitteilung an die Staatsanwaltschaft Köln, dass das Verfahren noch nicht eröffnet/noch nicht terminiert sei. Im Schreiben an die Staatsanwaltschaft Köln vom 12.10.2018 wird mitgeteilt, dass nicht absehbar sei, wann das Verfahren gefördert werden könne. Im (Haupt-) Verfahren betreffend den Einsturz des Kölner Stadtarchivs werde am 12.10.2018 ein Urteil verkündet, es sei derzeit noch offen, ob ein aus diesem Verfahren ausgetrenntes Verfahren erneut begonnen werden müsse. Angesichts dessen und der anstehenden umfangreichen Urteilsabsetzung könne die Kammer in den nächsten Monaten nur eher überschaubare Sachen verhandeln. Im Anschluss daran werde sich zeigen müssen, wieviel Zeit für die Verhandlung von Nichthaftsachen bleibe, nachdem die Kammer wieder in der Haftsachenturnus aufgenommen worden sei, was voraussichtlich Anfang 2019 der Fall sein werde. Nach Terminsvorschlag am 15.02.2019 wurde das Verfahren mit Beschluss vom 11.03.2019 eröffnet, am selben Tag Termin zur Hauptverhandlung mit Fortsetzungsterminen bestimmt.

Um den Verstoß gegen das in Art. 6 Abs. 1 MRK garantierte Recht der Angeklagten auf gerichtliche Entscheidung in angemessener Zeit zu kompensieren, hat die Kammer - über die bereits vorgenommene Würdigung der langen Verfahrensdauer im Rahmen der obigen Strafzumessung hinaus - einen Vollstreckungsabschlag vorgenommen. Diesen hat sie mit sechs Monaten für sachgerecht und angemessen gehalten und dabei einerseits berücksichtigt, dass die Angeklagten seit den durchgeführten Durchsuchungen unter dem Eindruck drohender Strafverfolgung leben mussten, andererseits aber nicht durch Zwangsmaßnahmen - wie beispielsweise eine Untersuchungshaft - in besonderem Umfang beschwert worden sind.

VI.

Einziehung

Einzuziehen war - bezogen auf die Person der Angeklagten zu 1) - ein Geldbetrag in Höhe von 2.000,00 EUR, §§ 73, 73c, 73d StGB.

VII.

Kosten

Die Kostenentscheidung fußt auf §§ 465, 472 StPO.