AG Köpenick, Urteil vom 27.08.2010 - 12 C 89/10
Fundstelle
openJur 2021, 2942
  • Rkr:

Eine mannshohe Speisekammer in der Küche mit einer Grundfläche von 40×60 cm genügt dem Merkmal "Einbauschrank oder Abstellraum mit Sichtschutz" nach dem "Berliner Mietspiegel 2009" .

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Erhöhung der Nettokaltmiete für ihre von der Klägerin gemietete Wohnung ... Berlin, 4. OG rechts, von 325,49 EUR um 42,83 EUR auf 368,32 EUR seit dem 1.1.2010 zuzustimmen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist Eigentümerin und Vermieterin der aus dem Tenor ersichtlichen Wohnung, die die Beklagte mit Mietvertrag vom 30.6.1999 gemietet hat. Die zuletzt zahlbare Nettokaltmiete für die Wohnung beträgt seit dem 1.6.2007 325,49 EUR und zuvor seit dem 01.08.2004 310,24 EUR. Mit Schreiben vom 16.10.2009 (Bl. 22 ff. d.A.) begehrte die Klägerin die Zustimmung zur Erhöhung der Nettokaltmiete für die 71,38 m² große Wohnung um 42,83 EUR auf 368,32 EUR (= 5,16 EUR/m²) ab 1. Januar 2010 . Unstreitig ist die der Baualtersklasse 1950-55 zugehörige Wohnung, die mit Sammelheizung, Bad und Innen-WC ausgestattet ist, in das Mietspiegelfeld H5 des Berliner Mietspiegels 2009 einzuordnen, das einen Spannenmittelwert von 5,02EUR/m² ausweist bei einer Spanne von 4,45 bis 5,74 EUR/m².

Die Wände im Bad der Wohnung sind nicht überwiegend gefliest, die Merkmalgruppe Küche verfügt weder über wohnwertmindernde noch wohnwerterhöhende Merkmale. Die Wohnung verfügt in der Küche über eine Speisekammer in Form eines Einbauschranks, zu dem die Beklagte die Maße mit 40x60 cm angegeben hat, wobei es sich hierbei nach Auffassung des Gerichts um die Breite und Tiefe des Schanks handelt. Da die Parteien diesen Einbauschrank als Speisekammer bezeichnen, geht das Gericht davon aus, dass die Höhe des Schranks etwa Türhöhe beträgt. Unstreitig befindet sich das Gebäude, in dem sich die Wohnung befindet in einem überdurchschnittlich guten Instandhaltungszustand und wurde nach dem 1.7.1994 mit einer modernen Heizungsanlage ausgestattet. Das Gebäude liegt an einer Straße mit hoher Verkehrslärmbelastung, die Müllstandsflächen sind sichtbegrenzend gestaltet und nur den Mietern zugänglich.

Die Klägerin trägt vor, die Wohnung sei durchgehend mit Doppelkastenfenstern ausgestattet, während die Beklagte behauptet hat, die Fenster seien überwiegend einfach verglast. Diese Frage war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beklagtenvertreter wurde unter Hinweis darauf, dass schon in mehreren Mieterhöhungsverfahren vor der erkennenden Richterin von seinen Mandanten schriftsätzlich eine Einfachverglasung behauptet wurde, wenn tatsächlich Doppelkastenfenster - mit jeweils einfach verglasten Fensterflügeln - vorhanden und gemeint waren, gefragt, ob der von seinen Mandanten nach seiner Auskunft auszufüllende Fragebogen zur Wohnungsausstattung in diesem Punkt möglicherweise unklar oder missverständlich sei, und was für Fenster nun tatsächlich vorhanden seien, wozu er keine Auskunft geben konnte. Die der Beklagten mit Beschluss vom 2.7.2010 erteilte Auflage, zur der Frage, ob die Wohnung mit Doppelkastenfenstern ausgestattet sei, ausdrücklich Stellung zu nehmen, wurde innerhalb der gesetzten Schriftsatzfrist nicht erfüllt. Die Klägerin trägt weiter vor, zu der Wohnung der Beklagten gehöre ein 3x4m großer Kellerraum, in dem sich unter anderem ein Regal befinde, in dem von der Beklagten kellerübliche Gegenstände gelagert würden. In diesem Kellerraum befinde sich auch der (Gas-) Hauptanschluss, wodurch die Nutzbarkeit des Kellers aber nicht beeinträchtigt sei. Der Servicehauswart habe lediglich einen Schlüssel für Notfälle, um erforderlichenfalls den Hauptgasanschluss erreichen zu können. Diesen Vortrag hat die Beklagte als in dieser Form unzutreffend bestritten und behauptet, ihr sei gesagt worden, sie müsse den Keller zugänglich halten.

Nachdem die Beklagte die erbetene Zustimmung nicht erklärt hat, hat die Klägerin mit bei Gericht am 31.3.2010 unter Beifügung eines Schecks für die Gerichtskosten eingegangenen und der Beklagten am 30.4.2010 zugestellten Schriftsatz Klage erhoben, mit der sie das Zustimmungsbegehren weiterverfolgt.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet, denn die Klägerin kann von der Beklagten gemäß § 558 Abs. 1 BGB in der begehrten Höhe die Zustimmung zur Erhöhung der Nettokaltmiete für ihre Wohnung in der Neuen Krugallee 70 in 12437 Berlin zum 1. Januar 2010 verlangen.

Das Mieterhöhungsschreiben der Klägerin entspricht den Anforderungen des § 558a BGB und war deshalb geeignet, die Zustimmungsfrist des § 558b Abs. 2 Satz 1 auszulösen, nach deren Ablauf die Klägerin die Klage auf Erteilung der Zustimmung gemäß § 558 Abs. 2 Satz 2 BGB erheben konnte.

Die verlangte Miete ist auch ortsüblich und die Kappungsgrenze ist gewahrt. Die Wohnung ist unstreitig in das Feld H5 des Berliner Mietspiegels 2009 einzuordnen, das für Wohnungen in mittlerer Wohnlage der Baualtersklasse von 1950-55 gilt, die eine Größe von 60-90 m² aufweisen und mit Sammelheizung, Bad und Innen-WC ausgestattet sind.

Die Merkmalgruppe "Bad" ist wegen der fehlenden Wandfliesen unstreitig negativ zu beurteilen, die Merkmalgruppe "Küche" ist unstreitig neutral. Hinsichtlich der Wohnung selbst fällt das unstreitige Vorhandensein einer Abstellkammer in der Küche positiv ins Gewicht, wobei es auf die Größe der Abstellkammer und deren Begehbarkeit nicht ankommt. Hinsichtlich der Merkmalgruppe "Gebäude" könnte es eigentlich dahinstehen, ob der Kellerraum wegen des zugänglich zu haltenden Gashauptanschlusses für die Beklagte nun nutzbar ist oder nicht, denn dieses Negativmerkmal würde in jedem Fall durch die beiden positiven Merkmale "überdurchschnittlicher Instandhaltungszustand" und "moderne Heizungsanlage" ausgeglichen, womit die Merkmalgruppe insgesamt positiv wäre. Nach Auffassung des Gerichts hat die Beklagte allerdings auch den Vortrag der Klägerin zur Nutzbarkeit des Kellerraums mit der nicht mit Tatsachen unterlegten Floskel "in dieser Form unzutreffend" nicht substantiiert bestritten, denn durch das Vorhandensein eines Schlüssel zu dem Kellerraum für Notfälle bei dem Servicehauswart ist der Zugang ja ausreichend gewährleistet, ohne die Nutzungsmöglichkeit für die Beklagte wesentlich einzuschränken. Die Merkmalgruppe "Wohnumfeld" ist neutral, die hohe Verkehrslärmbelastung wird durch die sichtbegrenzende Gestaltung der nur den Mietern zugänglichen Müllstandsfläche ausglichen.

Bei zwei zu berücksichtigenden wohnwerterhöhenden Merkmalen und einem Negativmerkmal ist der Mittelwert des Feldes H5 von 5,02 EUR um 20% der Differenz zum oberen Spannenwert, d.h. um 0,14 EUR zu erhöhen, woraus sich eine ortsübliche Vergleichsmiete von 5,16 EUR/m² errechnet, was bei 71,38 m² 368,32 EUR ergibt und damit genau dem Betrag entspricht, den die Klägerin begehrt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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