LG Berlin, Urteil vom 03.08.2012 - 36 O 178/11
Fundstelle
openJur 2021, 2893
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung abwenden gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit seines Ausschlusses aus der Beklagten.

Die Beklagte ist die Sozialdemokratische Partei Deutschlands. Der Kläger war seit dem 1.10.1998 Mitglied der Beklagten. Von Januar 2001 bis Dezember 2009 war er als politischer Referent tätig und seit 2004 als Pressesprecher der Landesorganisation Hamburg der Beklagten. Ab März 2008 war er Abgeordneter der Hamburger Bürgerschaft und hatte dort die Funktion eines migrationspolitischen Sprechers inne.

Bis zu seinem vertraglichen Ausscheiden zum 31.12.2009 war der Kläger zudem mehrere Jahre Angestellter der Beklagten. Von diesem Amt war er am 30.5.2009beurlaubt worden.

Am 30.5.2009 berichteten die Medien über eine am 29.5.2009 beim Kläger durchgeführte Hausdurchsuchung im Zuge eines Ermittlungsverfahrens gegen die Eheleute Nicole und Kenan D., wegen des Verdachts falscher Angaben gegenüber der Ausländerbehörde. Über diese Hausdurchsuchung informierte der Kläger die Verantwortlichen der Beklagten erst nach Erscheinen der Medienberichte am 30.5.2009. In verschiedenen Presseveröffentlichungen wurde der Kläger dahingehend zitiert, dass der Vorwurf der Beteiligung an einer Straftat zu Unrecht gegen ihn erhoben worden sei. Er bezeichnete die erhobenen Vorwürfe u.a. als "völlig haltlos".

Am 16.7.2009 kam es zu einem Gespräch des Klägers mit dem Landesvorsitzenden der Beklagten in Hamburg ... und der Landesgeschäftsführerin der Beklagten T... . Dabei legte der Kläger aus einem Aktenkonvolut mit Schriftstücken aus mehreren Ermittlungs- bzw. Vorermittlungsverfahren, das er mit sich führte, einen Vermerk der Ausländer-behörde vor. Aus diesem ergab sich, dass die Abgeordneten der Beklagten ... und Dr. ... ihn wegen der angeblichen Vermittlung einer Scheinehe dort angezeigt hätten.

Später stellte sich heraus, dass der Vermerk gefälscht war. Die Staatsanwaltschaft Hamburg leitete deshalb ein Ermittlungsverfahren, zunächst gegen Unbekannt und ab Februar 2010 gegen den Kläger ein. Nachdem im November 2009 über den fraglichen Vermerk in der Presse berichtet wurde und der Kläger dazu mündlich und schriftlich befragt worden war, gab er zum Erhalt des Vermerks an, er habe ihn in der letzten Juni Dekade 2009 in seinem Abgeordneten-Postfach im Hamburger Rathaus vorgefunden. Hierüber hatte er die Verantwortlichen ... und ... in dem Gespräch am 16.7.2009 nicht unterrichtet.

Am 1.7.2010 ist er aus der Fraktion der Beklagten ausgetreten und gehörte ab diesem Zeitpunkt als fraktionsloser Abgeordneter dem Landesparlament an, welches sich durch Beschluss vom 15.12.2010 selbst aufgelöst hat.

Die Landesorganisation der Beklagten leitete am 22.7.2010 gegen den Kläger ein Partei-ordnungsverfahren ein. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.10.2010 entschied die zuständige Kreisschiedskommission der Beklagten in Hamburg-Altona am 1.11.2010 den Ausschluss des Klägers aus der Partei.

Zur Begründung des Parteiausschlusses des Klägers führte die Kreisschiedskommission der Beklagten in Hamburg-Altona an, der Kläger habe sowohl die Grundsätze als auch die Ordnung der Partei erheblich verletzt und dadurch sei schwerer Schaden für die Partei eingetreten. Die Tatbestandsvoraussetzungen von § 35 des Organisationsstatuts der Beklagten, wie sie in der Rechtsprechung der Bundesschiedskommission der Beklagten im Einklang mit § 10 Abs. 4 ParteienG entwickelt worden seien, seien durch das Verhalten des Klägers sämtlich erfüllt.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung erhob die Kreisschiedskommission Beweis durch die Vernehmung der Zeugen ... und .... . Thema der Beweisaufnahme war die Aufklärung von Einzelheiten des Gesprächs mit dem Kläger vom 16.9.2009.

Zu den weiteren Einzelheiten der Begründung des Ausschlusses wird auf die Entscheidung der Kreisschiedskommission der Beklagten Hamburg-Altona vom 1.11.2010 (Anlage K 1) Bezug genommen.

Der Kläger legte Berufung gegen die Entscheidung der Kreisschiedskommission Hamburg-Altona ein. Die Landesschiedskommission der Beklagten in Hamburg entschied daraufhin aufgrund erneuter mündlicher Verhandlung am 14.12.2010, die Berufung des Klägers zurückzuweisen. In ihrer Entscheidung beurteilte sie im Wesentlichen die Entscheidungsbegründung der Kreisschieds-kommission als rechtsfehlerfrei. Lediglich die Ausführungen der Kreisschiedskommission zum Austritt des Klägers aus der Bürgerschaftsfraktion der Beklagten als unvereinbar mit den Grundsätzen und der Ordnung der Partei hielten ihrer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Entscheidung der Landesschiedskommission (Anlage K 3) Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Berufung zur Bundesschiedskommission der Beklagten ein, welche er mit Schreiben vom 2.2.2011 bzw. mit Schreiben seines Anwaltes vom 19.4.2011 begründete. Zu den Einzelheiten der Schreiben wird auf die Anlagen K4 und K5 Bezug genommen.

Die Bundesschiedskommission der Beklagten wies die Berufung ohne mündliche Verhandlung mit Entscheidung vom 26.4.2011 zurück. Sie bestätigte die Entscheidung der Landesschiedskommission als rechtsfehlerfrei.

Zu den Einzelheiten der Entscheidungsbegründung wird auf die Anlage K 6 Bezug genommen.

Weitere parteiinterne Rechtsmittel standen dem Kläger anschließend nicht mehr zur Verfügung.

Der Kläger meint, die Tatsachenermittlung, welche der Ausschlussentscheidung zugrunde liege, halte rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht stand. Zudem seien die für einen Parteiausschluss notwendigen Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt. Er habe nie behauptet, der im Ausschlussverfahren streitgegenständliche Aktenvermerk stamme aus einer Ermittlungsakte. Insofern hätte es den Zeugen oblegen, ihn über die Herkunft des Vermerkes zu fragen. Eine Pflicht dies von sich aus mitzuteilen, sei nicht ersichtlich.

Auch gehe die Bundesschiedskommission der Beklagten in ihrer Entscheidung fälschlicherweise davon aus, das vom Kläger mit den Zeugen ... und ... geführte Gespräch habe am 16.7.2010 und nicht am 16.7.2009 stattgefunden.

Schließlich sei der Beklagten durch sein Verhalten auch kein Schaden entstanden.

Die von der Beklagten behaupteten negativen Presseberichte seien ihm im Ausschlussverfahren nicht vorgelegt worden. Eine Auswertung dieser Zeitungsartikel durch die zuständigen Entscheidungsgremien der Beklagten habe erkennbar nicht stattgefunden.

Ferner greife hier eine Verwirkung, da die zum Ausschluss führenden Umstände bei Einleitung des Ausschlussverfahrens bereits 1 Jahr bekannt gewesen seien.

Für die weiteren Einzelheiten des Klägervortrages wird auf die Klageschrift, den Schriftsatz vom 12.12.2012 und das Protokoll vom 13.7.2012 sowie auf den nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 17.7.2012 Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass der Beschluss der Bundesschiedskommission der Beklagten vom 26.04.2011 über seinen Ausschluss unwirksam ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint, die Entscheidung zum Parteiausschluss des Klägers sei rechtmäßig ergangen, sie sei weder willkürlich noch offenbar unbillig. Hierzu trägt sie vor, es werde insbesondere auf den Seiten 7 und 8 der Entscheidung der Bundesschiedskommission zum Ausdruck gebracht, dass diese das Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit den gegen ihn geführten staatsanwaltlichen Ermittlungen gegenüber den Verantwortlichen der Beklagten als erheblichen Verstoß gegen Grundsätze und Ordnung der Beklagten subsumiert habe. Sie behauptet weiter, es liege auf der Hand, dass ihr ein schwerer Schaden entstanden sei, da in dem streitgegenständlichen Vermerk zwei ihrer Abgeordneten als Denunzianten beschuldigt würden, was zu einer erheblichen Einbuße ihres Ansehens in der Öffentlichkeit führe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst deren Anlagen sowie das Protokoll vom 13.7.2012 Bezug genommen.

Am 17.7.2012 ist beim Gericht ein nicht nachgelassener Schriftsatz der Klägerseite eingegangen.

Gründe

Der Zivilrechtsweg ist eröffnet. Die Klage ist zulässig jedoch unbegründet.

I.

Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gemäß §§ 12, 13 GVG ist gegeben. Es handelt sich vorliegend um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit, der Kläger und die Beklagte stehen nicht in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung zueinander (vgl. Wittschier, in: Musielak ZPO, 8. Auflage 2011, § 13 GVG Rn. 5).

Entsprechend ihrer Aufgabe als politisches Sprachrohr des Volkes sind politische Parteien privatrechtliche Vereine. Es gelten die §§ 21 ff. BGB, soweit nicht die Sondervorschriften des PartG eingreifen. Bei Streitigkeiten zwischen Parteien und deren Mitglieder sind dem Zivilrechtsweg Parteischiedsgerichte gemäß § 14 PartG vorgeschaltet (vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 GG, Rn. 390). Bezüglich der vorliegenden Rechtsstreitigkeit ist der innerparteiliche Rechtsweg erschöpft, der Kläger hat bereits sämtliche Instanzen der Parteischiedsgerichte der Beklagten ausgenutzt, so dass auch in dieser Hinsicht der Eröffnung des Zivilrechtswegs nichts entgegensteht.

II.

Die Klage ist zulässig.

1.

Das Landgericht Berlin ist gemäß § 17 ZPO örtlich zuständig. Sitz und Verwaltung der Beklagten sind gemäß § 1 Abs. 3 ihrer Satzung in Berlin.

2.

Der Kläger hat auch ein Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO. Das zur Erhebung der Feststellungsklage notwendige Feststellungsinteresse ist bereits dann zu bejahen, wenn der Beklagte - wie hier - ein vom Kläger geltend gemachtes Rechtsverhältnis ernstlich bestreitet und ein Urteil geeignet ist, die dadurch entstandene Unsicherheit zu beseitigen.

III.

Die Klage ist unbegründet. Der Beschluss der Bundesschiedskommission der Beklagten vom 264.2011 über den Ausschluss des Klägers ist wirksam.

1.

Die Beklagte ist passivlegitimiert gemäß § 3 PartG. Die Beklagte kann als Partei i.S.d. § 2 PartG unter ihrem Namen verklagt werden.

2.

Die Entscheidung über den Ausschluss des Klägers aus der Beklagten, beziehungsweise deren Bestätigung durch die Bundesschiedskommission der Beklagten ist wirksam.

Sie ist durch die ordentliche Gerichtsbarkeit nur beschränkt überprüfbar. Den staatlichen Gerichten kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts bezüglich Ausschlussentscheidungen der für den Ausschluss von Mitgliedern politischer Parteien zuständigen Parteigerichte nur eine Prüfung nach eingeschränkten Maßstäben zu (vgl. BGH, 02.07.1979, Az.: 11 ZR 206/77; KG Berlin, 27.10.2006, Az.: 3 U 47/05). Grund hierfür ist die zwingend zu gewährleistende Vereins- oder Parteiautonomie der Parteien.

Nach diesen Maßstäben prüft das ordentliche Gericht nur, ob die durch die Beklagte verhängte Ordnungsmaßnahme den gesetzlichen und satzungsmäßigen Grundlagen entsprechend in einem satzungsmäßigen Verfahren ergangen ist, ob die der Entscheidung zugrunde gelegten Tatsachen aufgrund einer objektiven und an rechtsstaatlichen Grundsätzen ausgerichteten Ermittlung festgestellt worden sind, ob auch ansonsten keine Satzungs- und Gesetzesverstöße vorliegen und ob die betreffende Ordnungsmaßnahme nicht grob unbillig oder willkürlich ist (vgl. KG Berlin, 27.10.2006, Az.: 3 U 47/05).

Im vorliegenden Fall ist unter keinem dieser Aspekte ein Anhaltspunkt für eine Unwirksamkeit der Entscheidung über den Ausschluss des Klägers aus der Beklagten ersichtlich.

a)

Der Parteiausschluss als Ordnungsmaßnahme ist sowohl gesetzlich als auch in der Satzung der Beklagten vorgesehen. Gemäß § 10 Abs. 4 PartG kann ein Mitglied dann aus einer Partei ausgeschlossen werden, wenn es vorsätzlich gegen die Satzung der Partei oder erheblich gegen Grundsätze oder die Ordnung der Partei verstoßen hat und der Partei damit schweren Schaden zufügt. Gemäß § 10 Abs. 5 S. 1 PartG entscheidet über den Ausschluss eines Mitglieds das nach der Schiedsordnung zuständige Schiedsgericht.

Gemäß § 35 Abs. 1 des Organisationsstatuts der Beklagten kann gegen ein Mitglied, das gegen die Statuten oder die Grundsätze oder die Ordnung der Partei verstößt, ein Parteiordnungs-verfahren durchgeführt werden. Gemäß § 35 Abs. 2 des Organisationsstatuts kann in dem Parteiordnungsverfahren unter anderem auf den Ausschluss aus der Partei erkannt werden.

b)

Der Parteiausschluss des Klägers ist auch den gesetzlichen und satzungsmäßigen Grundlagen entsprechend in einem satzungsmäßigen Verfahren ergangen. Verfahrensfehler sind weder hinsichtlich der Verfahren vor der Kreisschiedskommission, vor der Landesschiedskommission noch vor der Bundesschiedskommission feststellbar.

Bezüglich eines Parteiausschlusses im Rahmen eines Parteiordnungsverfahrens regelt § 10 Abs. 5 PartG, dass hierüber das nach der Schiedsordnung zuständige Schiedsgericht entscheidet. Dabei ist die Berufung an ein Schiedsgericht höherer Stufe zu gewährleisten und die Entscheidung schriftlich zu begründen. Diese Voraussetzungen waren im Ordnungsverfahren gegen den Kläger erfüllt. In den §§ 6 ff der Schiedsordnung der Beklagten wird dementsprechend der Ablauf eines Parteiordnungsverfahrens bei der Beklagten festgelegt. Dieses Verfahren wurde auch hinsichtlich des Parteiausschlusses des Klägers eingehalten.

Auch das Ergehen der Entscheidung der Bundesschiedskommission im schriftlichen Verfahren, ohne eine erneute Anhörung des Klägers stellt keinen Verstoß gegen die satzungsmäßigen Vorgaben dar. Gemäß § 27 Abs. 2 S. 2 der Schiedsordnung der Beklagten kann die Bundesschiedskommission der Beklagten auch ohne Einverständnis der Beteiligten ein schriftliches Verfahren anordnen. Der Verzicht auf eine weitere mündliche Verhandlung stellt auch im konkreten Fall des Klägers keine unverhältnismäßige Benachteiligung dar. Die Parteien stritten zum Zeitpunkt der Berufung zu der Bundesschiedskommission nicht mehr um die Aufklärung bestimmter Tatsachen sondern ausschließlich um die rechtliche Bewertung dieser. Insofern war ein rein schriftliches Verfahren auch insofern unschädlich.

c)

Die dem Ausschluss zugrunde gelegten Tatsachen sind aufgrund einer objektiven und an rechtsstaatlichen Grundsätzen ausgerichteten Ermittlung festgestellt worden (vgl. OLG Köln, 21.04.1998, Az.: 22 U 190/97; KG Berlin, 27.10.2006, Az.: 3 U 47/05, zitiert nach juris: Rn. 17).

Es ist hier nicht ersichtlich, dass die Schiedskommissionen den Sachverhalt unvollständig oder unrichtig ermittelt hätten und sie deshalb ihrer Entscheidung unzutreffenden Tatsachen zugrunde gelegt hätten.

Der Kläger trägt in diesem Zusammenhang zwar vor, die Tatsachenermittlung, welche der Entscheidung über seinen Ausschluss zugrunde liege halte rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht stand. Insofern substantiiert er seinen Vortrag jedoch nicht, etwa inwiefern Tatsachen von den Schiedskommissionen falsch ermittelt worden seien.

Für die Ausschlussentscheidung waren gemäß der Entscheidungen der Schiedskommissionen im wesentlichen zwei Tatsachen maßgeblich. Zum einen der späte Zeitpunkt, zu welchem der Kläger die Verantwortlichen der Beklagten über das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren informiert hat. Zum anderen beziehen sich die Entscheidungen der Schiedskommissionen wesentlich auf das Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit seinem Gespräch mit dem Landesvorsitzenden der Beklagten ... sowie mit der Landesgeschäftsführerin der Beklagten ... und den hierbei von ihm vorgelegten Aktenvermerk. Der Entscheidung wird hingegen etwa nicht als Tatsache zugrundegelegt, dass der Kläger den Aktenvermerk selbst gefälscht habe.

Der Zeitpunkt der Information über die Ermittlungen gegen ihn wird vom Kläger nicht in Abrede gestellt.

Zur Klärung von Einzelheiten des streitgegenständlichen Gesprächs vom 16.07.2009 wurden sowohl ... als auch ... in dem Verfahren vor der zuständigen Kreisschieds-kommission als Zeugen vernommen. Gegenstand der Vernehmung war hierbei insbesondere, ob das Verhalten des Klägers den Anschein erweckte, es handele sich um einen authentischen Vermerk mit einer gesicherten Herkunft aus Ermittlungsakten. Dies war nach den Aussagen der Zeugen der Fall. In der Entscheidung der Kreisschiedskommission werden beide Zeugenaussagen nachvollziehbar und umfassend gewürdigt. In der Vernehmung wurde ausführlich auf alle erheblichen Aspekte des Gesprächs eingegangen. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Kreisschiedskommission die Schilderungen der beiden Zeugen zum Ablauf des Treffens und dem Inhalt des hierbei geführten Gesprächs unzutreffend als glaubhaft einstuft. Andere Methoden der Tatsachenermittlung als die Befragung der bei dem Gespräch Anwesenden als Zeugen kommen vorliegend auch nicht in Betracht.

Der Kläger trägt in diesem Zusammenhang zwar vor, er habe der Herkunft des betreffenden Aktenvermerks keine Bedeutung zugemessen und im Übrigen auch keine Pflicht zur Offenbarung dieser Herkunft gehabt. Dieser Vortrag betrifft nicht die Tatsachenermittlung, sondern die rechtliche Bewertung der ermittelten Tatsachen.

d)

Schließlich sind weder Satzungs- noch Gesetzesverstöße ersichtlich. Der Parteiausschluss des Klägers ist zudem weder grob unbillig noch willkürlich erfolgt. Das Gericht darf daher vorliegend keine eigene Beurteilung an die Stelle der Bewertung durch die Parteiinstanzen setzen (vgl. KG Berlin, 27.10.2006, Az.: 3 U 47/05, zitiert nach juris: Rn. 19).

aa) Es liegen keine Satzungs- oder Gesetzesverstöße vor. Insofern normiert etwa § 10 Abs. 4 PartG die für einen Parteiausschluss beachtlichen gesetzlichen Vorgaben.

Demnach kann ein Mitglied nur dann aus einer Partei ausgeschlossen werden, wenn es vorsätzlich gegen die Satzung oder erheblich gegen Grundsätze oder Ordnung der Partei verstößt und ihr damit schweren Schaden zufügt. Die in dieser Regelung enthaltenen unbestimmten oder jedenfalls auslegungsbedürftigen Rechtsbegriffe sind folgerichtig einer zivilgerichtlichen Auslegung zugänglich (vgl. BGHZ 75, 158ff.; Klein, In: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 GG, Rn. 391). Gleiches gilt für die entsprechenden in § 35 des Organisationsstatuts der Beklagten geregelten Voraussetzungen. Vorliegend ist es jedoch nicht ersichtlich, dass in den Entscheidungen der Schiedskommissionen Satzungs- oder Gesetzesverstoße aus einer fehlerhaften Auslegung der für einen Partei-ausschluss erforderlichen Tatbestandsmerkmale resultieren.

bb) Die Entscheidungen der Schiedskommissionen der Beklagten weisen weder grobe Unbilligkeit noch Willkür auf. Innerhalb dieser Grenzen ist die Subsumtion eines Sachverhaltes unter die gesetzlichen und satzungsmäßigen Ausschlussvoraussetzungen allein Sache der Parteien. Nur so kann sichergestellt werden, dass Zivilgerichte nicht die programmatische Linie einer Partei dadurch beeinflussen, dass letztlich sie und nicht die Partei selbst etwa darüber entscheidet, welche politische Haltung einer Partei für diese eine solche Bedeutung besitzt, dass sie als "Grundsatz" der Partei anzusehen ist (vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 GG, Rn. 391).

Die von den Schiedskommissionen vorgenommenen Subsumtionen sind weder grob unbillig noch willkürlich, sie sind nachvollziehbar und schlüssig.

Willkürlich ist eine Entscheidung nur dann, wenn sie unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht. Insofern reicht eine fehlerhafte Rechtsanwendung allein nicht aus, vielmehr muss der Inhalt einer Norm in krasser Weise missgedeutet worden sein (vgl. BVerfG, NJW 2012, 1863).

Grob unbillig kann eine Entscheidung sein, wenn etwa das Gebot der Gleichbehandlung verletzt wurde oder Äußerungen in einem Rechtsstreit gegen den Verein in Wahrnehmung berechtigter Interessen zur Grundlage des Ausschlusses gemacht wurden (vgl. BGHZ 47, 381ff.).

(1) Den Entscheidungen der Schiedskommissionen mangelt es nicht an Bestimmtheit. Es ist nicht, wie vom Kläger gerügt, unklar, welches Verhalten ihm im Ausschlussverfahren zur Last gelegt wurde. Es wird in allen Entscheidungen ausdrücklich bezeichnet, dass dem Kläger die nicht rechtzeitige Information der Parteiverantwortlichen über das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren, seine Äußerungen hierzu gegenüber der Partei und der Presse sowie insbesondere sein Verhalten im Zusammenhang mit dem den Parteiverantwortlichen am 16.07.2009 vorgelegten Aktenvermerk zur Last gelegt wird.

(2) Mit der Entscheidung über den Parteiausschluss wurde auch nicht gegen rechtsstaatliche Prinzipien, insbesondere nicht gegen die Unschuldsvermutung, welche bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt, verstoßen. In allen Entscheidungen der Schiedskommissionen wird explizit festgestellt, dass weder seine zum Zeitpunkt der Entscheidungen noch nicht rechtskräftige Verurteilung wegen der Anstiftung zum Machen unrichtiger Angaben zur Beschaffung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG, 26, 40, 42 StGB noch das gegen ihn, wegen der gefälschten Ermittlungsvermerke eingeleitete Ermittlungsverfahren die Grundlage für seinen Parteiausschluss bilden. Es wird vielmehr betont, dass in diesem Zusammenhang zum einen die Art und Weise, mit welcher der Kläger mit den Ermittlungen bzw. seiner Verurteilung gegenüber der Partei und der Presse umgegangen ist und zum anderen ganz besonders dessen Verhalten während des Gesprächs mit den Parteiverantwortlichen am 16.07.2009 als Verstoß gegen § 35 des Organisationsstatuts der Beklagten gewertet wird. Insoweit kann auch nicht die bloße Erwähnung der Ermittlungsverfahren sowie der erstinstanzlichen Verurteilung des Klägers in den Tatbeständen der Entscheidungen der Schiedskommissionen als ein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung beurteilt werden. Da das entscheidungserhebliche Verhalten in einem engen Zusammenhang mit diesen Vorgängen steht, wäre der den Entscheidungen zu Grunde liegende Sachverhalt andernfalls nicht verständlich gewesen.

(3) Es ist darüber hinaus weder grob unbillig, noch willkürlich, wenn sich der Parteiausschluss des Klägers im wesentlichen auf den Umstand stützt, dass der Kläger dem damaligen Landes-vorsitzenden der Beklagten sowie deren damaligen Landesgeschäftsführerin den Fundort des ihnen im persönlichen Gespräch vorgelegten Aktenvermerks vorenthalten hat. Diesbezüglich kann der Kläger auch im Zivilverfahren nicht mit seinem Vortrag gehört werden, die Herkunft des Akten-vermerks sei für ihn nicht von Bedeutung gewesen. Aufgrund der ungewöhnlichen Art und Weise auf welche der Vermerk zu ihm gelangt ist - die anonyme Abgabe in seinem Fach - sowie dessen brisanten Inhalts, musste sich dem Kläger die Relevanz dieser Information schlicht aufdrängen.

Ob dem Kläger in diesem Zusammenhang auch eine besondere Pflicht zur Offenbarung des Fundortes des Aktenvermerks aus seinem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten oder seinem Mitgliedschaftsverhältnis zu dieser zukam unterliegt grundsätzlich dem Wertungsmaßstab der Beklagten und ist damit einer gerichtlichen Überprüfung nicht zugänglich (vgl. BGH MDR 1994, 951f.).

Die Klägerseite verkennt, dass unter den Begriff der Parteiordnung im Sinne von § 10 Abs. 4 ParteienG alle Grundsätze - gleich ob geschrieben oder ungeschrieben - fallen, die von den Mitgliedern zur Sicherung der Existenz sowie zur Erhaltung der Konkurrenz- und Funktionsfähigkeit der Partei befolgt werden müssen, also z.B. auch das Solidaritäts- und Rücksichtsnahmegebot (vgl. BGH MDR 1994, 951f.). Ob das Vorgehen des Klägers gegen solche Prinzipien verstößt, unterliegt der Beurteilung durch die Bundesschiedskommission. Diese ist wie ausgeführt nur beschränkt überprüfbar.

Es erscheint aber keineswegs sachlich ungerechtfertigt oder gar willkürlich, sondern plausibel, wenn die Bundesschiedskommission in ihrer Ausschlußentscheidung es als Verstoß gegen ihre Grundsätze und Ordnung ansieht, dass der Kläger nicht in der gebotenen Weise an der parteiinternen Aufklärung des Sachverhaltes mitgewirkt hat.

Insbesondere hat sie wie aus der Anlage B2 ersichtlich auch in anderen vergleichbaren Fällen ebenso entschieden, so dass auch der Gleichheitsgrundsatz gewahrt wurde.

In diesem Zusammenhang geht die Bundesschiedskommission in ihrer Entscheidungsbegründung auch nicht - wie vom Kläger vorgetragen - fälschlicherweise davon aus, dass das im Ausschluss-verfahren streitgegenständliche Gespräch am 16.07.2010 stattfand, obwohl dieses bereits am 16.07.2009 stattfand. Es handelt sich bei der zweimaligen Nennung des falschen Datums auf Seite 4 der Entscheidung der Bundesschiedskommission erkennbar um ein Schreibversehen. Hierfür spricht zum einen, dass in der Entscheidung auch mehrmals der 16.07.2009 als Datum für das betreffende Gespräch genannt wird. Zum anderen wird in den vorangegangenen Entschei-dungen der Kreisschiedskommission Hamburg-Altona sowie der Landesschiedskommission der Beklagten in Hamburg übereinstimmend das Datum des 16.07.2009 genannt.

Auch die vom Kläger zitierte Entscheidung BGHZ 47, 381 steht dem nicht entgegen, da es dort um Äußerungen des Ausgeschlossenen in einem Rechtsstreit mit der Partei ging. Hier ist keine vergleichbare Situation gegeben.

(4) Entgegen der Auffassung des Klägervertreters ist für die 2. Alternative des § 10 Abs. 4 PartG kein Vorsatz erforderlich. Dies ergibt bereits die Wortlautauslegung und entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH NJW 1994, 2610, 2613; KGR Berlin 2007, 460ff.). Auch § 35 des Organisationsstatutes der Beklagten setzt tatbestandlich keinen Vorsatz voraus.

(5) Auch bezüglich der Bejahung eines schweren, kausal auf dem Verhalten des Klägers beruhenden Schadens kann keine grobe Unbilligkeit oder Willkür in den Entscheidungen der Schiedskommissionen erblickt werden. Der Kläger kann insofern schon nicht mit dem Vortrag durchdringen, die Beklagte habe den Schaden nicht substantiiert dargelegt und auch eine genaue Auswertung durch die zuständigen Gremien habe nicht stattgefunden. Denn bereits in der Entscheidung der Kreisschiedskommission werden diesbezüglich mehrere Zeitungsartikel genannt und auch aus ihnen zitiert. Grundsätzlich reichen hier zur Annahme eines Schadens bereits Einbußen ideeller Art, wie etwa ein Verlust an Vertrauenswürdigkeit, Ansehen und Wahlchancen (Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 GG, Rn. 387). Ob dies vorliegend der Fall ist, liegt jedoch nicht innerhalb des gerichtlichen Beurteilungsmaßstabes.

Die nach § 10 Abs. 4 PartG bzw. § 35 Abs. 3 des Organisationsstatuts der Beklagten als Voraussetzungen für einen Parteiausschluss stets zu treffenden Einschätzungen, ob durch ein bestimmtes Verhalten der Partei ein schwerer Schaden zugefügt worden ist, muss den Parteien selbst vorbehalten bleiben. Denn gerade dort, wo Wertungen vorgenommen werden müssen, eröffnet sich den Parteien ein kaum beschränkter Spielraum. Dieser muss ihnen hier in Anerkennung ihrer Autonomie bei der Wert- und Zielsetzung im Rahmen ihrer Rolle im politischen Meinungsbildungsprozess zugebilligt werden, er darf durch das staatliche Gericht nicht durch dessen eigenen Überzeugungen und Wertmaßstäbe ersetzt werden. Ob der hier festgestellte Sachverhalt also unter den gesetzlich und von der Satzung der Beklagten geforderten Schaden zu subsumieren ist, hat die Partei wie jeder Verein im Rahmen seiner Vereinsgewalt eigenver-antwortlich zu beurteilen. Dies liegt außerhalb der vorgenannten engen Grenzen der Nachprüf-barkeit (vgl. KG Berlin, 27.10.2006, Az.: 3 U 47/05, zitiert nach juris: Rn. 22; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 GG, Rn. 391).

(6) Die Schiedskommissionen der Beklagten haben schließlich auch den Ermessensspielraum, der ihnen bei Vorliegen aller für einen Parteiausschluss notwendigen Tatbestands-voraussetzungen zukommt erkannt und genutzt (vgl. KG Berlin, 27.10.2006, Az.: 3 U 47/05, zitiert nach juris: Rn. 34). Sie haben die Verhältnismäßigkeit eines Ausschlusses des Klägers aus der Partei, also dessen Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit umfassend und nachvollziehbar erörtert. Hierbei wurden im Rahmen der Überprüfung der Angemessenheit der Ordnungsmaßnahme auch Punkte, welche für den Kläger sprechen, wie etwa seine aufgrund der Vorgänge um seine Person schwierige Situation sowie sein großes parteiliches Engagement in der Vergangenheit, in der Abwägung berücksichtigt.

e)

Die Voraussetzungen einer Verwirkung nach § 242 BGB liegen ebenfalls nicht vor. Diese setzt neben einem Zeitmoment auch immer ein Umstandsmoment voraus.

Hier fehlt es bereits an dem Zeitmoment, da bis zur Einleitung des Verfahrens am 22.7.2010 gerade 1 Jahr seit dem Gespräch des Klägers mit den Zeugen vom 16.7.2009 und ca. 8 Monate seit bekannt werden der Herkunft des Vermerkes vergangenen waren.

Auch die von Klägerseite zitierte Entscheidung des Reichsgerichts (RGZ 129, 45, 49) steht dem nicht entgegen, da dort auf den Zeitpunkt der Kenntnis des Vorstandes abgestellt wurde, deutlich mehr als 1 Jahr vergangen war und als zusätzlicher Umstand durch den Tod eines Zeugens wichtige Beweismittel des Ausgeschlossenen nicht mehr vorhanden waren.

IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Inhalt des nicht nachgelassenen Klägerschriftsatzes vom 17.7.2012 war gemäß § 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen, da in der mündlichen Verhandlung kein Schriftsatznachlass beantragt wurde. Darüber hinaus enthielt er keinen neuen Tatsachenvortrag, der geeignet gewesen wäre, zu einer anderen Entscheidung zu gelangen.