LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.08.2017 - 7 TaBV 860/17
Fundstelle
openJur 2021, 1134
  • Rkr:

Ist Streitstoff eines Beschwerdeverfahrens nach § 85 BetrVG allein die sachliche Rechtfertigung einer ausgesprochenen Abmahnung, so handelt es sich um einen Rechtsanspruch, für dessen Behandlung die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist.

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 09.06.2017 - 20 BV 6206/17 - teilweise abgeändert und der Antrag des Betriebsrats insgesamt zurückgewiesen.

Gründe

1. Die Beteiligten streiten über die Errichtung einer Einigungsstelle zur Behandlung einer Beschwerde einer Arbeitnehmerin wegen einer ihr erteilten Abmahnung.

Die Beteiligte zu 2) (im Folgenden: Arbeitgeberin) betreibt mit ca. 200 Beschäftigten ein Unternehmen des medizinischen Fachhandels. Der Beteiligte zu 2) ist der für den Standort Berlin gewählte Betriebsrat.

Mit Schreiben vom 22.01.2017 (Bl. 24 d.A.) wandte sich eine Arbeitnehmerin an den Betriebsrat mit der Bitte um Unterstützung wegen einer ihr mit Schreiben vom 30.12.2016 erteilten Abmahnung. In dieser warf die Arbeitgeberin der Arbeitnehmerin vor, eine Kundin bei einer Bestellung unfreundlich behandelt zu haben, mit der Folge, dass diese zunächst die Geschäftsbeziehungen gekündigt und der Arbeitgeberin ein erheblicher Schaden entstanden sei. Die Arbeitnehmerin geht davon aus, dass sie sich bei dem Gespräch nicht vertragswidrig verhalten habe, die Kundin Geschäftsbeziehungen nicht gekündigt habe und der Beklagten auch kein Schaden entstanden sei, ihr die Abmahnung daher zu Unrecht erteilt worden sei.

Mit Schreiben vom 08.02.2017 bat der Betriebsrat die Arbeitgeberin um Rücknahme der Abmahnung und deren Entfernung aus der Personalakte. Dies begründete der Betriebsrat damit, dass sich nach Prüfung des Sachverhalts die Abmahnung als nicht zutreffend darstelle. Auch seien die Mitarbeiter/innen hinsichtlich der Bestellvorgänge so geschult worden sind, wie dies nun der Beschwerdeführerin vorgeworfen werde. Für die Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Bl. 25 d.A. Bezug genommen.

Da die Arbeitgeberin der Forderung des Betriebsrats auf Entfernung der Abmahnung nicht nachkam und auch die vom Betriebsrat geforderte Einigungsstelle zur Behandlung der Beschwerde für nicht zuständig erachtete, hat der Betriebsrat das vorliegende Verfahren zur Einrichtung einer Einigungsstelle zur Feststellung der Berechtigung der Beschwerde über die Abmahnung der Arbeitnehmerin M. P. vom 30.12.2016 eingeleitet.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 09.06.2017 - unter Zurückweisung des Antrags im übrigen - den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Dr. A. Sch. zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Beschwerde der Arbeitnehmerin M. P. vom 30.12.2016" bestellt und die Zahl der Beisitzer für jede Seite auf zwei festgesetzt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig. Denn auch wenn nach inzwischen vorherrschender Ansicht die Berechtigung einer Abmahnung als Rechtsfrage nicht Gegenstand einer Einigungsstelle nach § 85 Abs. 2 S. 3 BetrVG sein könne, könne wegen abweichender landesarbeitsgerichtlicher Entscheidungen wie z. B. des Landesarbeitsgerichts Köln vom 16.11.1984 - 7 TaBV 40/84 - NZA 1985, Seite 191 und des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 09.06.1985 - 8 TaBV 11/85 - LAGE ArbGG 1979 § 98 Nr. 7 nicht von einer offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle ausgegangen werden. Es fehle an einer Klärung der Rechtsfrage durch das Bundesarbeitsgericht.

Gegen diesen der Arbeitgeberin am 12.06.2017 zugestellten Beschluss richtet sich ihre Beschwerde, die sie mit einem beim Landesarbeitsgericht am 26.06.2017 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und zugleich begründet hat.

Die Arbeitgeberin hält unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 22.11.2005 - 1 ABR 50/04 - BAGE 116, 235 - 245 auch im Beschwerdeverfahren die Einigungsstelle für offensichtlich unzuständig, weil es bei der Beschwerde der Arbeitnehmerin zum einen um die Durchsetzung eines Rechtsanspruchs, nämlich die Entfernung einer Abmahnung gehe, zum anderen ausschließlich um einen vergangenheitsbezogenen Sachverhalt gehe, der einer Regelung durch die Einigungsstelle nicht zugänglich sei.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 09.06.2017 - Aktenzeichen 20 BV 6206/17 - insoweit abzuändern, als der Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Dr. A. Sch. zum Vorsitzenden der Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Beschwerde der Arbeitnehmerin M. P. vom 30.12.2016" bestellt und die Zahl der Beisitzer für jede Seite auf zwei festgesetzt worden ist, und den Antrag zurückzuweisen.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückzuweisen.

Der Betriebsrat verteidigt den arbeitsgerichtlichen Beschluss unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen im Wesentlichen mit Rechtsausführungen zur Zuständigkeit der Einigungsstelle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Vorbringen in den mündlichen Anhörungsterminen Bezug genommen.

2. Die gemäß § 100 Abs. 2 ArbGG statthafte, form- und fristgerecht iSd. §§ 100 Abs. 2 S. 2, 87 Abs. 2 und 3 ArbGG eingelegte Beschwerde ist zulässig.

Sie ist auch begründet. Die Einrichtung einer Einigungsstelle kam vorliegend nicht in Betracht, da diese offensichtlich unzuständig ist (§ 100 Abs. 1 S. 2 ArbGG).

2.1 Nach § 100 Abs. 1 S. 2 ArbGG ist der Antrag auf Einrichtung einer Einigungsstelle dann zurückzuweisen, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Diese Voraussetzung liegt vor, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in der fraglichen Angelegenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Frage kommt (vgl. ErfK/Koch ArbGG § 100 Rz. 3; Natter/Gross ArbGG § 98 Rz. 5).

Diese Grundsätze resultieren aus den Besonderheiten des Einigungsstellenbildungsverfahrens, dass darauf gerichtet ist, den Betriebspartnern, die keine ständige Einigungsstelle eingerichtet haben, im Bedarfsfalle beim Auftreten von Meinungsverschiedenheiten möglichst zeitnah eine formal funktionsfähige Einigungsstelle zur Verfügung zu stellen. Diese Zielsetzung erfordert ein unkompliziertes Bestellungsverfahren ohne zeitraubende Prüfung schwieriger Rechtsfragen. Dem entspricht das vereinfachte gerichtliche Verfahren ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter unter Ausschluss der Rechtsbeschwerde. Der eingeschränkte Prüfungsmaßstab korrespondiert damit, dass die Einigungsstelle die Vorfrage ihrer Zuständigkeit selbst prüft und sich, wenn sie diese nicht für gegeben hält, für unzuständig erklären kann. Die gerichtliche Sachverhaltsaufklärung ist auf Tatsachen zur offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle beschränkt, da die endgültige Klärung der Zuständigkeit der Einigungsstelle einem gesonderten Beschlussverfahren vor der vollbesetzten Kammer vorbehalten ist (vgl. z.B. LAG Köln 16.08.2017 - 9 TaBV 77/16 - juris Rz. 30). Ist hingegen in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht zusteht und fehlt es an einer Klärung durch das Bundesarbeitsgericht, kann die Zuständigkeit der Einigungsstelle im Rahmen des Verfahrens nach § 100 ArbGG nicht verneint werden (Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 01. August 2006 - 4 TaBV 111/06 -, juris; LAG Hamm 09. August 2004 - 10 TaBV 81/04 - LAGE ArbGG 1979 § 98 Nr. 43, zu B II 1; LAG Berlin 22. Juni 1998 - 9 TaBV 3/98 - LAGE ArbGG 1979 § 98 Nr. 32, zu 3 a;).

2.2 Bei Beachtung dieses Maßstabes erweist sich die Einigungsstelle im vorliegenden Fall als offensichtlich unzuständig.

2.2.1 Nach § 85 Abs. 2 S. 1 BetrVG kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen, wenn zwischen ihm und dem Arbeitgeber eine Meinungsverschiedenheit über die Berechtigung einer Beschwerde besteht. Deren Spruch ersetzt gemäß § 85 Abs. 2 S. 2 BetrVG die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Dies gilt jedoch gemäß § 85 Abs. 2 S. 3 BetrVG nicht, wenn Gegenstand der Beschwerde ein Rechtsanspruch eines Arbeitnehmers ist. Zur Durchsetzung solcher Rechtsansprüche dient allein der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten (vgl. BAG 22.11.2005 - 1 ABR 50/04 - BAGE 116, 235 - 245 unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung in Bundestagsdrucksache VI/1786 Seite 48). Aus dieser Einschränkung folgt zugleich, dass die Einigungsstelle für die Behandlung von Beschwerden, die einen Rechtsanspruch betreffen, nicht zuständig ist (BAG 29. Juni 1984 -- 6 ABR 51/83, BAGE 46, 228). Auch ist die Einigungsstelle nicht entscheidungsbefugt, wenn Arbeitgeber und Betriebsrat über die Berechtigung einer ausschließlich vergangenheitsbezogenen Beschwerde des Arbeitnehmers streiten. In einem solchen Fall fehlt es an einem betrieblichen Regelungskonflikt, dessen Lösung mit der Eröffnung der Einigungsstelle nach § 85 Abs. 2 S. 1 BetrVG angestrebt werden könnte (BAG vom 22.11.2005 - 1 ABR 50/04 - Rz. 39). Aus diesem Grund verneint die herrschende Meinung auch die Zuständigkeit der Einigungsstelle jedenfalls dann, wenn der Betriebsrat mit seinem Antrag den individualrechtlichen Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte verfolgt (vgl. Kania/ErfKo. § 85 BetrVG Rz. 5; Grunsky u.a § 98 ArbGG Rz.9; Koch/ErfK § 100 ArbGG Rz. 5; LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. März 2006 - 13 TaBV 15/05 -, juris; LAG Rheinland-Pfalz 17.01.1985 - 5 TaBV 36/84 -, NZA 1984, 190; LAG Berlin 19.8.1988 - 2 TaBV 4/88 - LAGE ArbGG 1979 § 98 Nr. 11).

2.2.2 Im vorliegenden Fall ist die Beschwerde der Arbeitnehmerin, deren Behandlung der Betriebsrat mit seinem Antrag verfolgt, auf die Durchsetzung ihres Anspruchs auf Entfernung der Abmahnung vom 30.12.2016 gerichtet.

2.2.2.1 Die Arbeitnehmerin bittet den Betriebsrat in ihrer Beschwerde vom 30.12.2016 um Unterstützung bei ihrem Anliegen auf Entfernung der Abmahnung ---. Dies ist das Anliegen, dass sie vor ihrer Beschwerde mit ihrer Gegendarstellung, auf die sie in ihrer Beschwerdebegründung verweist, gegenüber der Arbeitgeberin verfolgt hat. In ihrer Beschwerde setzt sich die Arbeitnehmerin mit den ihr vorgeworfenen Tatsachen auseinander und begründet, warum sie diese für unzutreffend erachtet. Dieses Anliegen hat sich der Betriebsrat gegenüber der Arbeitgeberin zu Eigen gemacht. Auch ihm geht es um die Entfernung der Abmahnung, die er wegen eines aus seiner Sicht unzutreffenden Sachverhalts für unwirksam erachtet. Da in der Rechtsprechung aber dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung zuerkannt wird, wenn diese u.a. unzutreffende Tatsachen enthält, ist Gegenstand der Beschwerde mithin ausschließlich die Durchsetzung eines Rechtsanspruch, der wiederum einen Spruch der Einigungsstelle und deren Zuständigkeit gerade ausschließt. Diesbezüglich besteht kein Einlassungszwang des Arbeitgebers vor der Einigungsstelle. Diese hat weder die Kompetenz, darüber zu entscheiden, ob der der Abmahnung zugrunde liegende Sachverhalt zutreffend ist, noch ob der Arbeitgeber die Abmahnung aus der Personalakte entfernen muss.

2.2.2.2 Zudem fehlt es an der Zuständigkeit der Einigungsstelle, weil sich die Beschwerde ausschließlich mit einem vergangenheitsbezogenen Sachverhalt befasst, nämlich die Richtigkeit des der Abmahnung zugrunde liegenden Sachverhalts. Dies hat der Betriebsrat der Arbeitgeberin entsprechend mitgeteilt und erklärt, er habe den Sachverhalt entsprechend geprüft. Regelungen für die Zukunft wie z.B. werden hier nicht eingeführt.

2.2.2.3 Für einen solchen Rechtsanspruch sind aber ausschließlich die Arbeitsgerichte zuständig. Denn nur hier kann verbindlich zwischen den Arbeitsvertragsparteien, d.h. zwischen dem Arbeitnehmer, der Arbeitnehmerin und dem Arbeitgeber geklärt werden, ob die Abmahnung zutreffend ist, ob ihr insbesondere beispielsweise ein zutreffender Sachverhalt zugrunde gelegt wurde. Auch nur dort kann evtl. Beweis über diesbezüglichstreitige Behauptungen der Parteien erhoben werden. Würde man in einem solchen Fall die Zuständigkeit der Einigungsstelle bejahen, käme es zu einer Konkurrenz zwischen Einigungsstelle und Arbeitsgericht, die mit der Regelung des § 85 Abs. 2 S. 3 BetrVG gerade verhindert werden sollte. Denn käme die Einigungsstelle zu dem Ergebnis, der vom Arbeitgeber ermittelte Sachverhalt sei unzutreffend, wäre die Abmahnung aus Sicht der Einigungsstelle aus der Personalakte zu entfernen. Dies hätte indes keinerlei Rechtskraftwirkung und auch keine Bindungswirkung für einen individualrechtlichen Prozess. Würde der Arbeitgeber dann die Abmahnung nicht aus der Personalakte entfernen, müsste der Arbeitnehmer diesen Anspruch im Individualrechtsstreit erneut durchsetzen mit der Folge, dass es dort zu einer anderen Sachverhaltswürdigung ggf. nach Beweisaufnahme kommen könnte. Dies soll aber gerade mit der Regelung in § 85 Abs. 2 S. 3 BetrVG ausgeschlossen werden.

2.2.3 Die vorliegende offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil in der Rechtsprechung in einzelnen Entscheidungen die Zuständigkeit der Einigungsstelle bejaht wurde (LAG Hessen 3.11.2009 - 4 TaBV 185/09 - juris; LAG Köln Beschluss vom 16.11.1984 - 7 TaBV 40/84 - NZA 1985, 191; LAG Hamburg Beschluss vom 10. Juli 1985 - 8 TaBV 11/85 -, juris). Die zitierte Entscheidung des LAG Hessen beruht darauf, dass dieses im konkreten Fall gerade nicht davon ausgegangen ist, dass dort Rechtsansprüche verfolgt würden. Der zitierten Entscheidung des LAG Köln lag seine damals vertretene Auffassung zugrunde, es gebe keinen individualrechtlichen Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung; diese hat allerdings durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 27.11.1985 (- 5 AZR 101/84 - BAGE 50, 202 - 210) ihre Grundlage verloren. Aber es wird deutlich, dass für das LAG Köln der Konflikt mit dem Individualanspruch nicht auftreten konnte. In der zitierten Entscheidung des LAG Hamburg ging es um eine Fallkonstellation, in der zumindest auch eine Regelungsstreitigkeit nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG betroffen sein konnte, nämlich eine bestimmte Kleiderordnung. Damit war dort der kollektive Bezug gegeben.

Demgegenüber hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 17.01.1985 (- 5 TaBV 36/84 - NZA 1985, 190) in Anknüpfung an den vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Rechtsanspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte die Einigungsstelle bei Beschwerden gegen eine Abmahnung für offensichtlich unzuständig erachtet: Davon ist auch das Landesarbeitsgericht Berlin in seiner ausführlich und überzeugend begründeten Entscheidung vom 19.08.1988 (- 2 TaBV 4/88 - LAGE § 98 Nr. 11) ausgegangen.

Dem schließt sich die erkennende Kammer an. Von einer ungeklärten Rechtsfrage kann nicht gesprochen werden. Denn die für das Verfahren zugrunde zu legenden Rechtsfragen, wie individualrechtlicher Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung, Unzuständigkeit der Einigungsstelle bei der Verfolgung von Rechtsansprüchen und keine Zuständigkeit bei einem rein vergangenheitsbezogenen Sachverhalt, sind durch das Bundesarbeitsgericht geklärt. Ob im konkreten Einzelfall Gegenstand der Beschwerde ein - individualrechtlicher - Rechtsanspruch ist, weil es nämlich um die Entfernung einer Abmahnung geht, ist wiederum im Rahmen des Einsetzungsverfahrens zu entscheiden. Dies obliegt aber der Kompetenz des Gerichts im Rahmen des Verfahrens nach § 100 ArbGG. Die nach Maßgabe des § 100 ArbGG beschränkte Prüfkompetenz entbindet das Gericht nicht davon, die prozessrechtlich vorgegebene Sachverhaltsfeststellungen vorzunehmen und die prozessrechtlich vorgesehenen rechtlichen Folgerungen daraus zu ziehen. Erst danach kommt der Maßstab der "Offensichtlichkeit" zum Tragen.

3. Da vorliegend aber Gegenstand der Beschwerde ausschließlich ein Anspruch der Arbeitnehmerin auf Entfernung einer Abmahnung ist, erweist sich die Einigungsstelle als offensichtlich unzuständig. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin war der Beschluss des Arbeitsgerichts abzuändern und der Antrag des Betriebsrates insgesamt zurückzuweisen.

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