Hessisches LAG, Urteil vom 04.11.2019 - 17 Sa 1513/18
Fundstelle
openJur 2021, 502
  • Rkr:

1. Zu den Voraussetzungen eines Betriebs(teil)übergang iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB (der Richtlinie

2001/23/EG) bei einem Luftfahrtunternehmen.

2. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der in der Richtlinie

98/59/EG ("MERL") nicht definierte Begriff "Betrieb" ein unionsrechtlicher Begriff. Da die Station in

Frankfurt am Main einen Betrieb iSd. MERL bildete, war nicht die Agentur für Arbeit in Berlin, sondern

in Frankfurt am Main für die Erstattung der Massenentlassung zuständig.

3. Die Erstattung der Massenentlassungsanzeige bei der unzuständigen Behörde hat die

Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge.

4. Führendes Verfahren, Parallelentscheidungen: 17 Sa 1531/18 bis 17 Sa 1534/18, 17 Sa 1540/18,

17 Sa 1542/18, 17 Sa 1563/18, 17 Sa 1565/18, 17 Sa 1566/18, 17 Sa 1568/18, 17 Sa 1571/18, 17 Sa

1572/18, 17 Sa 1573/18, 17 Sa 1576/18, 17 Sa 1436/18 bis 17 Sa 1440/18, 17 Sa 1442/18 bis 17 Sa

1448/18, 17 Sa 1450/18, 17 Sa 1451/18, 17 Sa 1452/18, 17 Sa 1478/18 bis 17 Sa 1482/18, 17 Sa

1484/18 bis 17 Sa 1488/18, 17 Sa 1492/18, 17 Sa 1509/18, 17 Sa 1513/18, 17 Sa 1514/18, 17 Sa

1516/18, 17 Sa 1517/18, 17 Sa 1518/18, 17 Sa 1569/18, 17 Sa 1575/18.

Tenor

Auf die Berufung der klagenden Partei wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 3. September 2018 - Az. 11 Ca 749/18 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten vom 27. Januar 2018 nicht aufgelöst worden ist.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die klagende Partei zu 40% und der Beklagte zu 60% zu tragen.

Die Revision wird für den Beklagten zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung in der Insolvenz, über einen Anspruch auf Auskunftserteilung sowie hilfsweise über das Bestehen eines Anspruchs auf Nachteilsausgleich.

Der Beklagte ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der A KG (im Folgenden: Schuldnerin).

Die klagende Partei war bei der Schuldnerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin seit dem 7. April 2003 zuletzt als Flugbegleiterin mit einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt in Höhe von 2.884,33 Euro aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen vom 1. April 2003 und 6. August 2008 beschäftigt (Anlage K 1).

Bei der Schuldnerin handelte es sich bis zur Anmeldung der Insolvenz im August 2017 um die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft mit Sitz in Berlin. Sie war zudem ua. alleinige Eigentümerin der Fluggesellschaft B GmbH (im Folgenden: B) mit Sitz in Wien.

Die Schuldnerin unterhielt in Deutschland an den Flughäfen Berlin-Tegel, Düsseldorf, München, Frankfurt am Main, Nürnberg, Stuttgart, Leipzig, Köln, Hamburg und Paderborn einzelne Stationen. Am sog. Stationierungsort (Homebase bzw. Heimatbasis) tritt das fliegende Personal seinen Dienst an und beendet ihn. Bei personellen Engpässen wurden die Mitarbeiter des Kabinenpersonals zunächst vom Stationierungsort zu einem anderen Flughafen verbracht (sog. proceeding), von dem sodann der tatsächliche Einsatz erfolgte. Die Beschäftigung des Kabinenpersonals erfolgte auf wechselnden Strecken mit unterschiedlichen Flugzeugen in unterschiedlicher Zusammensetzung. Der Frankfurter Station, an der die klagende Partei stationiert war, war eine bestimmte Anzahl von Flugzeugen nebst Parkplätzen zugeordnet.

Keines der von der Schuldnerin eingesetzten Flugzeuge stand in ihrem Eigentum. Diese waren vielmehr über verschiedene Vertragspartner iRv. reinen Flugzeug-Leasingverträgen (sog. "Dry-Lease") geleast. Die Schuldnerin hatte etwa 132 Flugzeuge (Stand: 12. Oktober 2017) im Einsatz. Außerdem verfügte sie über die dafür erforderlichen Slots. Slots ("Zeitnischen" im Sinne der VO (EWG) Nr. 95/93 des Rates vom 18. Januar 1993 (ABl. L 14 vom 22. Januar 1993, S. 1, sog. "Slot VO") berechtigen ein Luftfahrtunternehmen an einem Flughafen, dessen Kapazitäten eine Koordinierung erforderlich machen (koordinierter Flughafen), an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Zeit zu starten oder zu landen.

Im August 2017 beschäftigte die Schuldnerin insgesamt 6.121 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (im Folgenden: Beschäftigte), davon 1.318 im Bereich Cockpit, 3.362 im Bereich Kabine und 1.441 am Boden. Das Bodenpersonal - bestehend aus Verwaltungspersonal und im Ticketverkauf tätigen Mitarbeitern - arbeitete zum ganz überwiegenden Teil in der Firmenzentrale in Berlin. Neben der Firmenzentrale befanden sich insbesondere die Verwaltung, das Head-Office, die Personalabteilung, die Buchhaltung sowie die Bereiche IT und Vertrieb am Standort Berlin-Tegel. Ob die für die Fortführung des Flugbetriebs und den Erhalt des AOC unverzichtbaren Personen (sog. "nominated persons") ausschließlich in Berlin tätig waren, ist zwischen den Parteien streitig. In der Berliner Zentrale war auch die Abteilung "Cabin Crew" mit der Leiterin Frau C sowie - jedenfalls seit Insolvenzeröffnung - die für die Einsatzplanung des Kabinenpersonals zuständige Abteilung "Crew Operations" angesiedelt.

In Ziff. 1.3.8 des Manual A vom 20. Juli 2017 (OM-A, im Folgenden: Betriebshandbuch) sind die Pflichten und Aufgaben der Leiterin "Cabin Crew" u.a. wie folgt angegeben:

"Kompetenzen und Position

Dem Leiter Cabin Crew wurden für sämtliche Angelegenheiten bezüglich der Leistungsfähigkeit des Teams Cabin Crew Befugnisse übertragen.

Er fungiert in Übereinstimmung mit den bestehenden Regelungen als Leiter der Abteilung Cabin Management, insbesondere in Bezug auf Folgendes: alles Betriebs- und Serviceangelegenheiten betreffend die Kabine, Commericial Training (Schulung in Bezug auf Catering, Uniform, Erscheinungsbild), Einstellung von Mitarbeitern und Personalentwicklung bezüglich der Positionen des Kabinenpersonals und Compliance.

(...)

Pflichten und Aufgaben

Beaufsichtigung der Leistung und Beachtung der Betriebsstandards im Hinblick auf alle Mitglieder des Kabinenpersonals.

Entwicklung von Strategieplänen und Management von Änderungsmaßnahmen zur Verbesserung des Leistungsmanagements des Kabinenpersonals, Verwaltung, Überwachung und effizienter Betrieb der Abteilung.

Sicherstellung, dass alle Aspekte des Service erbracht werden wie erforderlich, dass die Sicherheitsstandards aufrechterhalten werden und dass das Firmenimage von A gleichbleibend auf jedem Flug von A vermittelt wird.

Management des Teams der Regional Manager und der Area Manager.

(...)

Management der Einstellung von Mitarbeitern für alle Positionen des Kabinenpersonals und Personalentwicklung gemäß den internen und externen Vorschriften und Verordnungen.

(...)

Verantwortlichkeit für die Einsatzplanung in enger Abstimmung mit dem Leiter Crew Planning.

..."

Für das Kabinenpersonal waren zudem zwei Regional Manager zuständig, die Frau C als Leiterin "Cabin Crew" unterstanden (vgl. auch Ziff. 1.1.4.4 des Betriebshandbuchs). Dabei gehörten zu dem Bereich Nord und Süd unter Leitung von Frau D die Stationen Berlin, Hamburg, Leipzig, München, Stuttgart, Nürnberg und Frankfurt und zu dem Bereich West unter Leitung von Herrn E die Stationen Düsseldorf und Paderborn. Die Regional Manager waren in der Regel selbst Flugbegleiter und innerhalb des regulären Flugbetriebs tätig. Zu ihren Aufgaben gehörte ua. das eigenständige Initiieren und Führen von Personalgesprächen. Ob sie auch Entscheidungen über Einstellungen, Versetzungen, Kündigungen und Abmahnungen selbständig getroffen haben, ist zwischen den Parteien streitig. Streitig ist zwischen den Parteien zudem, ob den Regional Managern selbständige fachliche und disziplinarische Weisungsbefugnisse zustanden.

Im Betriebshandbuch ist bezüglich der Kompetenzen/Position und Pflichten und Aufgaben der Regional Manager u.a. folgendes aufgeführt:

"Kompetenzen und Position

Der Regional Manager hat die Aufgabe, sich mit allen Angelegenheiten zu befassen, die das Kabinenpersonal, die Sicherheit und den Service an den zugewiesenen Stationen betreffen. Er fungiert in allen betrieblichen Angelegenheiten als Leiter der Abteilung Cabin Crew gemäß den bestehenden Regeln.

Die Regional Manager werden vom Leiter Cabin Crew ernannt und sind dem Leiter Cabin Crew unterstellt.

Die Regional Manager North und South betreuen die Stationen BER, HAM, LEJ, MUC, STR, NUE und FRA bei disziplinarischen und persönlichen Angelegenheiten, einschließlich in Bezug auf persönliche Utensilien an den Stationen.

Er nimmt an den operativen Sitzungen teil und genehmigt Projekte in Absprache mit dem Leiter Cabin Crew. Er ist Stellvertreter des Leiters Cabin Crew.

(...)

Pflichten und Aufgaben

Überwachung aller Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Kabinenservice, um einen optimal professionellen, sicheren und freundlichen Fluggastservice zu erreichen.

Überwachung der Einhaltung von internen Leitlinien durch das gesamte Kabinenpersonal (beispielsweise in Bezug auf Compliance, Datenschutz, interne Vorschriften).

Austausch von Informationen mit den Regional Managers und dem Leiter Cabin Crew über alle sicherheitsrelevanten Angelegenheiten, Servicefragen und persönlichen Utensilien.

Durchführung von Stationssitzungen an den zugewiesenen Stationen.

Abgabe von Feedback und Durchführung von Bewertungen, persönlichen Gesprächen usw. in besonderen Fällen für das gesamte Kabinenpersonal an den zugewiesenen Stationen.

Er ist Mitglied des Health Management Team (BEM, Gesundheitsmanagementteam).

Überwachung aller Dienstpläne an den zugewiesenen Stationen. Bereitstellung von Leitlinien und Spezifikationen für die Einsatzplanung, das Scheduling und die Kontaktaufnahme mit der Crew.

Regelmäßige Betreuung der Hotline des Dienststellenleiters Kabine (rund um die Uhr).

Einstellung der Mitarbeiter für alle Cabin Crew-Positionen.

(...)"

Auf regionaler Ebene waren für das Kabinenpersonal zudem sog. "Area Manager" tätig. Der Area Manager Nord war für die Stationen Berlin, Hamburg und Leipzig, die Area Manager West für die Stationen Düsseldorf und Paderborn und die Area Manager Süd (Frau F und Frau G) für die Stationen München, Stuttgart, Nürnberg und Frankfurt am Main zuständig. In den Bereichen West und Süd gab es aufgrund der hohen Anzahl an Kabinenpersonal jeweils mehrere Area Manager. Die Area Manager waren regelmäßig selbst Flugbegleiter und innerhalb des regulären Flugbetriebs tätig.

Im Betriebshandbuch der Schuldnerin ist in Ziff. 1.3.8.1.1 u.a. folgendes aufgeführt:

"Kompetenzen und Position

Der Area Manager hat die Aufgabe, alle Aspekte der Leistung des Kabinenpersonals zu verwalten, um sicherzustellen, dass ein gleichbleibend hohes Niveau an Sicherheit und Gastfreundlichkeit aufrechterhalten wird. Er leitet Prozesse zur Verbesserung der Leistung der Crew ein. Der Area Manager überprüft die Leistung der Crew auf regelmäßiger Basis und gibt allen Mitgliedern des Kabinenpersonals Feedback und Empfehlungen. Er leitet Ergebnisse und Feedback an den Regional Manager weiter.

Der Area Manager stellt sicher, dass herausragende Leistungen einer Crew gewürdigt werden. In enger Abstimmung mit dem Regional Management stellt er das Management von Leistungsdefiziten sicher. Der Area Manager ist der Vorgesetzte aller Mitglieder des Kabinenpersonals und trägt die Disziplinarverantwortung.

Der Area Manager wird vom Leiter Cabin Crew ernannt und ist dem Regional Management unterstellt.

In Abwesenheit eines einzelnen Area Managers fungieren die anderen Area Managers als sein Stellvertreter.

Pflichten und Aufgaben

·

Überwachung der Einhaltung aller Sicherheits- und Servicestandards unter Berücksichtigung der Anweisungen, die im OM/CIM und in internen Mitteilungen veröffentlicht wurden.

·

Motivierung und Personalentwicklung des Kabinenpersonals, einschließlich der Ergreifung von Schulungsmaßnahmen zur Erbringung eines gastfreundlichen und professionellen Service gemäß den Servicekonzepten und unter Berücksichtigung der Sicherheitsstandards und besonderen Umstände.

·

Austausch von Informationen über Sicherheitsfragen, servicebezogene und persönliche Angelegenheiten mit den Regional Managers.

·

Ermittlung und Behebung von Problemen, um einheitliche Prozesse sicherzustellen.

·

Abgabe von Feedback und Durchführung von Bewertungen und persönlichen Gesprächen mit allen Cabin Crews an den zugewiesenen Standorten.

·

Erteilung der notwendigen Anweisungen innerhalb seiner Führungsverantwortung.

·

Deeskalation bei Konflikten zwischen Mitgliedern der Cabin Crew oder Mitgliedern der Cabin Crew und der Cockpit Crew in enger Abstimmung mit der Abteilung Flight Operations und dem Regional Manager.

·

Verantwortlichkeit für Angelegenheiten im Bereich Gesundheit und Soziales in Bezug auf die Mitglieder des Kabinenpersonals.

·

Durchführung von Sitzungen (Roadshows, PLC, AM usw.) an den zugewiesenen Stützpunkten.

·

Überwachung aller Dienstpläne an den zugewiesenen Stationen.

·

Regelmäßige Betreuung der Hotline des Dienststellenleiters Kabine (rund um die Uhr).

·

Einstellung der Mitarbeiter für alle Cabin Crew-Positionen.

·

Enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Area Managers und den Abteilungen ABCO, Guest Experience, AirportOps usw.

·

Funktion als sichtbares, zugängliches Vorbild für das Kabinenpersonal und Repräsentation der Abteilung Cabin Crew auf positive Weise.

Im Übrigen wird auf den Auszug des von der klagenden Partei zweitinstanzlich in amtlich beglaubigter deutscher Übersetzung eingereichten Auszugs aus dem Betriebshandbuch der Schuldnerin Bezug genommen (Original Bl. 889 d.A. des Verfahrens 17 Sa 1528/18).

In dem zwischen der Schuldnerin und der Vereinigten Dienstleistungsgesellschaft ver.di abgeschlossen Tarifvertrags "Werdegang Kabine airberlin" vom 17. September 2014 (im Folgenden: TV Werdegang) ist für den Area Manager zudem folgendes festgehalten (vgl. die im Verfahren 17 Sa 1528/18 eingereichte Anlage K 40):

"§ 2 Ziel und Zweck

Dieser Tarifvertrag regelt den Werdegang, die Förderung und die entsprechenden Voraussetzungen aller Arbeitnehmer des Kabinenpersonals der airberlin.

§ 3 Allgemeines

(1) Alle in diesem TV Werdegang beschriebenen Funktionen und Stellen werden bei bestehendem Bedarf bundesweit stationsbezogen ausgeschrieben. Bei der Auswahl können nur Arbeitnehmer berücksichtigt werden, die sich auf eine entsprechende Ausschreibung fristgerecht beworben haben und sich im Falle einer notwendigen Versetzung mit einer Versetzung einverstanden erklären. Die Besetzung und Vergütung der jeweiligen Funktion ist nur auf den Stationen möglich, auf denen die jeweilige Funktion unternehmerisch angeboten wird. (...)

§ 12 Area Manager

(1) Definition Area Manager

Area Manager übernehmen für eine von der Kabinenleitung vorgegebene Region ("Area"), in der eine oder mehrere Stationen zusammengefasst werden, die Mitarbeiterführung und die disziplinarische Verantwortung für die Mitarbeiter in der entsprechenden Area unter Weisung der Kabinenleitung. Der Area Manager ist der Kabinenleitung unterstellt. Der Area Manager ist für die regionale Führung des Kabinenpersonals zuständig. Er ist im besonderen Maße für die eigenständige Betreuung der Mitarbeiter in den einzelnen Stationen der jeweiligen Area verantwortlich und führt diese in Abstimmung mit der Kabinenleitung und ggf. HR disziplinarisch. Er führt Personalgespräche und nimmt an Auswahlverfahren bezüglich der Mitarbeiter auf der jeweiligen Area teil. Ebenso führt der Area Manager die Präventionsgespräche im Rahmen von "fit vor flight". Der Area Manager übt in seiner Funktion auch die Funktion des Dutymanagers gemäß OM-A (derzeit 1.3.15) aus und ist erster Ansprechpartner für alle operativen Abteilungen, die die Cabin Crews auf der jeweiligen Area betreffen."

Streitig ist zwischen den Parteien, ob den Area Managern selbständige fachliche und disziplinarische Weisungsbefugnisse zustanden.

Für das Kabinenpersonal war auf Basis des am 7. Juni 2016 gemäß § 117 Abs. 2 BetrVG zwischen der Schuldnerin und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di geschlossenen "Tarifvertrag Personalvertretung für das Kabinenpersonal der Air Berlin PLC & Co." eine Personalvertretung (im Folgenden: PV Kabine) gebildet. Für das Cockpitpersonal bestand ebenfalls eine Personalvertretung (im Folgenden: PV Cockpit). Für das Bodenpersonal waren drei Betriebsräte und ein Gesamtbetriebsrat gebildet.

Am 8. Dezember 2016 vereinbarten die Schuldnerin und die Gewerkschaft ver.di den "TV Air Berlin: Pakt für Wachstum und Beschäftigung" (im Folgenden: TV Pakt). Der Tarifvertrag sieht u.a. in § 2 Abs. 2 die Zulässigkeit betriebsbedingter Kündigungen erst nach Abschluss eines Sozialtarifvertrages über einen Interessenausgleich und Sozialplan für das Kabinenpersonal vor. Es wird auf die im Verfahren 17 Sa 1528/18 eingereichten Anlage K 19 Bezug genommen.

Seit Anfang 2017 flog die Schuldnerin nicht mehr ausschließlich im eigenwirtschaftlichen Flugbetrieb, sondern auch im sog. ACMIO (dh. "Aircraft", "Crew", "Maintenance", "Insurance" und "Overhead") - Betrieb, einer besonderen Form des sog. Wet-Lease. Dabei stellte die Schuldnerin der H GmbH (im Folgenden: H), einer 100%igen Tochter der I AG (im Folgenden: I), bis zu 33 Flugzeuge mit Besatzung und der I-Tochter J fünf Flugzeuge mit Besatzung auf der Grundlage eines für sechs Jahre abgeschlossenen Vertrages für bestimmte Flugstrecken zu bestimmten Zeiten zur Verfügung und übernahm deren Wartung, Versicherungen und Gemeinkosten. Die konkrete Wet-Lease-Vereinbarung sah darüber hinaus den Erwerb des Eigentums an insgesamt 15 der von der Schuldnerin geleasten Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge durch die K (bestehend aus I, H, L GmbH und M GmbH) vor. Die K überließ der Schuldnerin die Flugzeuge sodann anstelle der bisherigen Leasinggebenden für die Wet-Lease-Einsätze bei H. Die im ACMIO-Betrieb eingesetzten Flugzeuge wurden mit dem Logo der H versehen und in deren Farben lackiert. Die im Wet-Lease tätigen Mitarbeiter der Schuldnerin arbeiteten, soweit vorhanden, in den Uniformen der H.

An der eigens dafür wiedereröffneten Station Köln wurde im Folgenden nur noch im Wet-Lease (ACMIO-Verfahren) operiert. Von den Stationen Frankfurt am Main und Berlin wurden ausschließlich eigenwirtschaftliche Flüge durchgeführt. Ob bis zur Insolvenzeröffnung die Stationen Hamburg und Stuttgart ausschließlich im ACMIO-Betrieb operierten und ob von den Stationen München und Düsseldorf ausschließlich im eigenwirtschaftlichen Flugbetrieb geflogen wurde, ist zwischen den Parteien streitig. Die Kabinenbeschäftigten wurden iRd. sog. proceedings - mit entsprechender Schulung - sowohl im eigenwirtschaftlichen als auch im ACMIO-Betrieb eingesetzt. Die Planung der Einsätze für den eigenwirtschaftlichen Flugbetrieb und den ACMIO-Betrieb erfolgte jeweils in getrennten Flugplänen durch die in der Berliner Zentrale ansässige Abteilung "Crew Operations".

"In einer Blitzinfo vom 13. Februar 2017 (Anlage K 58 des Verfahrens 17 Sa 1528/18) heißt es zudem wie folgt:

"Auf H eingesetzte Crews werden ab Start der Operation separat durch das Crew Duty Center in Berlin betreut. Hierfür werden Telefonnummern und ein ergänzender E-Mail Kontakt eingerichtet.

Zukünftig wird es in Berlin noch vier "Contact"-Telefonnummern geben: eine für A Cockpit / eine für A Cabin sowie je eine für A Crew Cockpit und Cabin auf H Operation. (...).

Die weiteren Briefings, die den ACMIO-Betrieb der Schuldnerin betrafen, erfolgten durch H und die Schuldnerin gemeinsam (vgl. die im Verfahren 17 Sa 1528/18 eingereichte Anlage K 59).

Über die geplante Aufteilung des Flugbetriebes der Schuldnerin in einen ACMIO- und einen NAB-Bereich (sog. eigenwirtschaftlicher Flugverkehr, vgl. dazu Anlage K 3 des Verfahrens 17 Sa 1528/18) schlossen die Schuldnerin und die PV Kabine unter dem 24. Februar 2017 die Betriebsvereinbarung zur Umstrukturierung der A für das Kabinenpersonal (im Folgenden: RIA-UK, vgl. die beklagtenseits im Verfahren 17 Sa 1528/18 eingereichte Anlage BB 6) mit auszugsweise folgendem Inhalt:

"Präambel

Die A muss wegen der derzeitigen Ertragslage die Organisationsstruktur des Flugbetriebs ändern. Insbesondere erfolgt die Ausgliederung des Touristikgeschäfts, die Bereederung von Flugzeugen im Rahmen der mit der K (...) getroffenen Wetlease-Vereinbarung (ACMIO-Operation) und eine Neuausrichtung der verbleibenden Kapazitäten im Rahmen des Programms "N".

...

§ 1 Gegenstand des Rahmen-Interessenausgleichs

(1) Mit der Umsetzung der geplanten Maßnahmen sind Veränderungen für das Cockpitpersonal verbunden. Insbesondere sollen die vorhandenen Personalkapazitäten zukünftig der "N" und der "ACMIO-Operation" zugeordnet werden. Zudem wird die Stationierungsstruktur dem sich ergebenden Personalbedarf angepasst, sodass es zu Stationsschließungen, -neueröffnungen und -wechseln kommen wird.

...

Anlage 1 zum Rahmen-Interessenausgleich zur Umstrukturierung der A für das Kabinenpersonal

ACMIO / N

§ 1

Die Betriebsparteien gehen davon aus, dass es zukünftig Stationen mit reiner ACMIO-Bereederung, reine N Stationen sowie Stationen mit gemischter Bereederung gibt. Die Zuordnung zur ACMIO-Operation ergibt sich bei ausschließlichen ACMIO-Stationen aus der entsprechenden Stationierung.

(...)

§ 6

Auch nach der Zuordnung der Mitarbeiter zur ausschließlichen Operation (ACMIO-Operation bzw. "N") verbleiben alle Mitarbeiter im einheitlichen Flugbetrieb der A. Die Durchlässigkeit zwischen "N" und der "ACMIO-Operation" wird gewährleistet, z.B. durch Ausschreibung von Stellen und Umschulung sowie die weiterhin gültige einheitliche Betriebszugehörigkeits- und Wechselwunschliste. (...)"

Im Zuge der Verhandlungen über den RIA-UK teilte die Schuldnerin in einem Schreiben an die PV Kabine vom 6. Februar 2017 (Anlage K 24 des Verfahrens 17 Sa 1528/18) mit, dass es sich bei den dem ACMIO-Bereich zugeteilten Mitarbeitern (sog. "dedicated Cabincrew") nicht um einen geschlossenen Personalkörper handele, der einen späteren individuellen Wechsel oder Förderung zur NAB (eigenwirtschaftlicher Flugbetrieb) außerhalb des ACMIO ausschließe. Weiterhin handele es sich nicht um die Vorwegnahme einer Sozialauswahl.

Im Mai/Juni 2017 erwarb die Komplementärin der Schuldnerin, die A, die O mbH (im Folgenden: O) mit Sitz in Dortmund. Die O verfügte zum damaligen Zeitpunkt über 20 Flugzeuge des Musters Dash 8 Bombardier Q 400 (Dash Q 400). Die Schuldnerin leaste die Flugzeuge von Leasinggebern (sog. "Head-Lease") und überließ sie der O (sog. "Sub-Lease"). Die O erbrachte sodann für die Schuldnerin Zubringerdienste zu deren Langstrecken-Drehkreuzen Berlin-Tegel und Düsseldorf als Wet-Lease-Einsätze und vermietete die Flugzeuge im Rahmen dessen - mit Besatzung - an die Schuldnerin zurück. Eigene Slots hatte die O nicht inne.

Am 15. August 2017 stellte die Schuldnerin beim Amtsgericht Charlottenburg einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung. Mit Beschluss vom 16. August 2017 bestellte das Insolvenzgericht den Beklagten im Rahmen der Eigenverwaltung zum vorläufigen Sachwalter.

Unmittelbar nach der Antragstellung wurde von der Schuldnerin ein Investorenprozess aufgesetzt, der es ermöglichen sollte, die wesentlichen Vermögenswerte der Schuldnerin auf einen oder mehrere Investoren zu übertragen. Die Schuldnerin kam zu dem Ergebnis, dass kein annahmefähiges Angebot zur Fortführung des Geschäftsbetriebs im Ganzen oder in Teilen vorlag. Nach Ablauf der Angebotsfrist am 15. September 2017 traf der vorläufige Gläubigerausschuss einstimmig die Entscheidung, nur über die Angebote von zwei Interessenten, der K und der P (im Folgenden: P), weiterzuverhandeln, die Interesse an einzelnen Vermögenswerten bzw. Beteiligungen an Unternehmen bekundet hatten.

Am 29. September 2017 vereinbarten die Schuldnerin und ver.di den Rahmentarifsozialplan Transfer, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Anlage B 18).

Aufgrund des Insolvenzantrags überprüfte das Luftfahrtbundesamt (im Folgenden: LBA) als zuständige Aufsichtsbehörde die wirtschaftlichen Verhältnisse der Schuldnerin und die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung des Flugbetriebs. Mit Bescheid vom 29. September 2017 erteilte es der Schuldnerin nachträglich Auflagen zur Betriebsgenehmigung und forderte sie mit Fristsetzung bis zum 30. Oktober 2017 auf, ihre finanzielle Leistungsfähigkeit für den Flugbetrieb nachzuweisen. Am 13. Oktober 2017 teilte die Schuldnerin dem LBA mit, sie könne für einen unbefristeten Flugbetrieb keine ausreichende Finanzierung nachweisen, und regte die Erteilung einer befristeten Betriebsgenehmigung für 13 Flugzeuge "im Wetlease" an. Daraufhin widerrief das LBA mit Bescheid vom 25. Oktober 2017 die der Schuldnerin erteilte unbefristete Betriebsgenehmigung und ordnete eine nachträgliche Befristung bis zum 3. Januar 2018 an. Auf Antrag der Schuldnerin vom 29. November 2017 wurde die Betriebsgenehmigung mit Bescheid vom 21. Dezember 2017 bis zum 31. Januar 2018 verlängert (Anlage B 6).

Mit Schreiben vom 2. Oktober 2017 unterrichtete die Schuldnerin die PV Kabine über eine mögliche Stilllegung zum 31. Januar 2018 und forderte sie - unter gleichzeitiger Benennung konkreter Terminvorschläge - zu Verhandlungen über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan auf (Anlage B 7). In dem Antwortschreiben vom 9. Oktober 2017 verwies die PV Kabine die Schuldnern im Hinblick auf die Regelung in § 2 Absatz 2 und 3 TV Pakt für Wachstum und Beschäftigung bezüglich der Vereinbarung eines Interessenausgleichs und Sozialplans im Hinblick auf geplante Beendigungskündigungen an die Gewerkschaft ver.di und übersandte außerdem einen Fragenkatalog (Anlage B 8). Mit E-Mail vom 10. Oktober 2017 übermittelte die Schuldnerin der PV Kabine ihre Antwort sowie Entwürfe für einen Interessenausgleich, einen Sozialplan und eine Betriebsvereinbarung zur Errichtung einer Transfergesellschaft (Anlage B 9). Die Schuldnerin erklärte, dass aus ihrer Sicht für den Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans hinsichtlich der Betriebsänderung die PV Kabine zuständig sei. Am 11. Oktober 2017 fand eine Videokonferenz der Schuldnerin mit Vertretern der PV Kabine statt. Die PV Kabine übermittelte der Schuldnerin mit Schreiben vom 12. Oktober 2017 einen weiteren Fragenkatalog (Anlage B 10). Mit Schreiben vom 13. Oktober 2017 beantwortete die Schuldnerin die Fragen, wobei sie aufgrund von Vertraulichkeitsvereinbarungen weder die aktuellen im Rahmen des Investorenprozesses eingegangenen Angebote noch den Vertragsinhalt mit I im Detail offenlegte (Anlage B 11).

Am 12. Oktober 2017 unterzeichneten der vorläufige Sachwalter, der Generalbevollmächtigte Herr Q, sowie der "Executive Director" der persönlich haftenden Gesellschafterin der Schuldnerin Herr R eine gemeinsame Erklärung, nach der eine Fortführung des Geschäftsbetriebs der Schuldnerin mangels eines annahmefähigen Angebots zur Fortführung des Unternehmens im Ganzen oder in wesentlichen Teilen nicht möglich sei, weshalb die Entscheidung getroffen worden sei, den Betrieb - vorbehaltlich der Zustimmung des Gläubigerausschusses und unter Wahrung der Rechte der Beschäftigtenvertretungen - zum 31. Januar 2018 stillzulegen und sämtlichen Beschäftigten zu kündigen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage B 5 verwiesen.

Mit von der Personalleiterin der Schuldnerin, Frau S, unterzeichnetem Schreiben vom 12. Oktober 2017 leitete die Schuldnerin gegenüber der PV Kabine das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG im Hinblick auf die bevorstehende Massenentlassung ein (Anlage B 14).

Am 13. Oktober 2017 schlossen die Schuldnerin und die M GmbH, eine Tochtergesellschaft der I, einen notariellen Anteilskauf- und Übertragungsvertrag, mit dem die Schuldnerin ihre Anteile an der O verkaufte. Außerdem war im Anteilskaufvertrag ua. der Verkauf der Geschäftsanteile an der B vorgesehen. Diesbezüglich behielt sich die M GmbH ein Teilrücktrittsrecht vor, welches sie am 13. Dezember 2017 im Hinblick auf wettbewerbsrechtliche Bedenken der Europäischen Kommission ausübte. In der Vereinbarung mit der K verpflichtete sich die Schuldnerin ua. dazu, bis zum Vollzugstag am 9. Januar 2018 den operativen Betrieb der O aufrechtzuerhalten, die O beim Aufrechterhalten des bisherigen "AOC" und dessen Erweiterung auf den Flugzeugtyp A320 zu unterstützen und Flughafenslots in die O einzubringen. Die bisherige Wet-Lease-Vereinbarung zwischen der Schuldnerin und der O wurde beendet. Zwischen der H und der O als Leasinggeberin wurde eine neue Wet-Lease-Vereinbarung geschlossen, in der geregelt wurde, dass die O zwischen dem 1. November 2017 und dem 9. Januar 2018 17 Dash Q 400 Flugzeuge und mit der Erweiterung ihres AOC auf den Flugzeugtyp A320 bis zu 13 Flugzeuge dieses Typs für H im Wet-Lease-Einsatz betreibt. Zudem wurde vereinbart, dass die I diese Flugzeuge im sog. Headlease anmietet und an die O im sog. Sublease untervermietet. Entsprechend sollte die O bis zu 13 Besatzungsäquivalente für den Betrieb der A320 Flugzeuge einstellen. In einer internen Mitteilung vom 12. Oktober 2017 (Anlage K 11 des Verfahrens 17 Sa 1528/18), heißt es, dass die K neben der O ua. 20 weitere Flugzeuge übernehme. Es gehe um 54 Flugzeuge, die sich wie folgt aufteilen: "(...) 13 Airbusse A320 aus der A Flotte".

In der Folgezeit schrieb die O sog. "ready entry" Stellen für Cockpit- und Kabinenpersonal auf den Flugzeugmustern der A 320-Familie aus (vgl. Anlage K 12 des Verfahrens 17 Sa 1528/18). Sowohl die O als auch die H und T GmbH kündigten an, für Flugbesatzungsmitglieder der Schuldnerin ein verkürztes Auswahlverfahren durchzuführen.

Im Hinblick auf die beabsichtigten Käufe der Anteile an der O und der B meldete die I vorsorglich einen Zusammenschluss nach der Fusionskontrollverordnung (Verordnung (EG) Nr. 139/2004 vom 20. Januar 2004, ABl. L 24 vom 29.01.2004 S. 1) an und beantragte eine Ausnahmegenehmigung für die nahtlose Fortsetzung des Flugbetriebs, welche am 27. Oktober 2017 erteilt wurde.

Am 27. Oktober 2017 fand der letzte eigenwirtschaftlich durchgeführte Flug der Schuldnerin statt. Der Verkauf von Flugtickets auf eigene Rechnung fand nach dem 27. Oktober 2017 nicht mehr statt. Im Folgenden führte die Schuldnerin bis zum 31. Dezember 2017 nur noch Wet-Lease-Aufträge (ACMIO-Einsätze) für H in eingeschränktem Umfang mit zunächst bis zu 13 Flugzeugen und im Dezember 2017 mit bis zu acht Flugzeugen ausschließlich von den Stationen Stuttgart, Köln und Hamburg durch. Für notwendige "proceeding-Leistungen" wurde das in Frankfurt am Main stationierte Personal an diese Stationen verbracht und im ACMIO-Einsatz beschäftigt. Die für die Aufrechterhaltung des Flugbetriebs erforderlichen Lizenzen und Genehmigungen, darunter das AOC, waren bis zum 31. Januar 2018 befristet und sind mit Ablauf dieses Datums erloschen. Die Schuldnerin war nach der Einstellung des Flugbetriebs nicht mehr im Besitz von Flugzeugen. Auch Slots hatte sie nicht mehr inne. Des Weiteren verfügte die Schuldnerin nicht mehr über eigenes Anlagevermögen zur Durchführung eines Flugbetriebes.

Ebenfalls am 27. Oktober 2017 schloss die Schuldnerin mit P einen Vertrag (Asset Purchase Agreement) mit Vollzugsdatum 15. Dezember 2017 über die Übernahme von Slots, darunter zahlreiche Slots am Flughafen Berlin-Tegel, sowie Flugbuchungen, einschließlich Buchungsdaten, sofern die Passagiere der Übertragung zugestimmt hatten, Bezügen von Flugzeugsitzen und eines auf dem Rollfeld auf dem Flughafen Berlin-Tegel befindlichen Crew Containers (Aufenthaltsraum für die Flugzeugbesatzung). Die zuständige Behörde ist bei der Übertragung von Slots der Schuldnerin auf P von einer "teilweisen Übernahme" iSd. Art. 8 a Abs. 1 b) iii) der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 vom 18. Januar 1993 (Slot-VO) ausgegangen. Im November 2017 meldete P bei der Europäischen Kommission einen Zusammenschluss nach der Fusionskontrollverordnung an.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 1. November 2017 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet, Eigenverwaltung angeordnet und der Beklagte zum Sachwalter bestellt. Dieser zeigte noch am gleichen Tag gegenüber dem Amtsgericht drohende Masseunzulänglichkeit nach § 208 Abs. 1 Satz 2 InsO an.

Mit E-Mail vom 6. November 2017 forderte die Schuldnerin die PV Kabine erneut zu Verhandlungen zum Abschluss eines Interessenausgleichs/Sozialplans auf (Anlage B 12). Mit E-Mail vom 7. November 2017 bat die PV Kabine um die Vorlage weiterer Unterlagen und schlug den 21. November 2017 und/oder den 24. November 2017 als Verhandlungstermine vor (Anlage BKT 16). Daraufhin bot die Schuldnerin der PV Kabine mit E-Mail vom 13. November 2017 die Einsicht in Unterlagen und Dokumente zu den Vertragsverhandlungen im Datenraum am 14. November 2017 an (Anlage BKT 17). Die Personalvertretung teilte mit, sie müsse erst beraten, in welcher Besetzung Einsicht genommen werden solle und schlug als Termin für die Einsichtnahme den 21. November 2017 und als Termin für die Verhandlung den 24. sowie den 29. und 30. November 2017 vor (Anlagen BKT 18 und BKT 19). Am 21. November 2017 nahmen Vertreter der PV Kabine und deren Bevollmächtigte Einsicht in einen sog. Datenraum, der mit Informationen über die Betriebsstilllegung und den Verkaufsprozess verschiedener Betriebsmittel befüllt war (Anlage B 13). Ob damit der PV Kabine sämtliche relevante Informationen zur Verfügung gestellt wurden, bewerten die Prozess- und die Betriebsparteien unterschiedlich. Die PV Kabine erklärte, sie begehre Einsicht in ungeschwärzte Unterlagen. Dies lehnte die Schuldnerin mit E-Mail vom 28. November 2017 unter Hinweis auf die fehlende Genehmigung von I und P ab (Anlage BKT 20). Zugleich forderten die Schuldnerin und der Sachwalter die PV Kabine auf, die Interessenausgleichsverhandlungen am 29. November 2017 und am 30. November 2017 fortzusetzen. Die PV Kabine sagte diese Verhandlungstermine ab, weil sie erst die Ergebnisse von Gerichtsterminen am 8. Dezember 2017 und 21. Dezember 2017 abwarten wollte.

Mit Wirkung ab dem 21. November 2017 stellte die Schuldnerin - wie im Interessenausgleich vom 17. November 2017 (Anlage BKT 12) vorgesehen - die gesamten ab dem 1. November 2017 widerruflich freigestellten Cockpitbeschäftigten ab dem 21. November 2017 unwiderruflich von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Davon ausgenommen waren die an den Stationen Hamburg, Köln und Stuttgart im Wet-Lease eingesetzten Cockpitbeschäftigten. Mit Schreiben vom 27. bzw. 28. November 2017 kündigte die Schuldnerin die Arbeitsverhältnisse mit den Cockpitbeschäftigten sowie dem Bodenpersonal einschließlich der "nominated persons" zum 28. Februar 2018 bzw. zum nächst möglichen Termin. Ausgenommen waren nur Beschäftigte mit besonderem Kündigungsschutz, deren Kündigung einer vorherigen behördlichen Zustimmung bedurfte. Diesen wurde nach Vorliegen der Zustimmung gekündigt.

Mit Schreiben vom 30. November 2017 erklärten die Schuldnerin sowie der Sachwalter gegenüber der PV Kabine die Verhandlungen über einen Interessenausgleich für gescheitert und baten um Mitteilung, ob sie mit der Bildung einer Einigungsstelle, welche am 18. und 22. Dezember 2017 zusammentreten solle, einverstanden sei (Anlage BKT 21). Mit E-Mail vom 1. Dezember 2017 teilte die PV Kabine mit, sie könne nicht in Interessenausgleichsverhandlungen eintreten, weil sie sich nicht ausreichend informiert fühle (Anlage BKT 22).

Am 7. Dezember 2017 beantragte die Schuldnerin beim Arbeitsgericht Berlin die Einsetzung einer Einigungsstelle über den Versuch eines Interessenausgleichs und Abschluss eines Sozialplans mit der PV Kabine (- 23 BV 15179/17 -). Am 22. Dezember 2017 einigten sich die Betriebsparteien im Anhörungstermin auf die Einsetzung einer Einigungsstelle. Die Einigungsstelle erklärte sich durch Spruch vom 11. Januar 2018 mit den Stimmen des Vorsitzenden sowie der Beisitzer der PV Kabine für unzuständig (Anlage BKT 23). Das LAG Berlin-Brandenburg wies mit Beschluss vom 8. Dezember 2017 (- 6 TaBVGa 1484/17 -) das Begehren der PV Kabine zurück, weitere Informationen von der Schuldnerin zu erlangen.

Am 12. Dezember 2017 genehmigte die Europäische Kommission die Übernahme von Teilen der Schuldnerin durch P. Am 21. Dezember 2017 traf die Europäische Kommission die Entscheidung, die von der I angemeldete Fusion nach der Herausnahme der B nicht zu untersagen.

Mit Beschluss vom 21. Dezember 2017 wies das Arbeitsgericht Berlin den am 6. November 2017 bei Gericht eingereichten Antrag der Schuldnerin nach § 122 InsO rechtskräftig mit der Begründung zurück, die Betriebsänderung habe mit der Kündigung der Piloten bereits begonnen (- 41 BV 13752/17 -).

Mit Bescheid vom 12. Januar 2018 erstattete die Schuldnerin bei der Agentur für Arbeit Berlin Nord Massenentlassungsanzeige (Anlagen BKT 27 sowie Anlagen B 20 und B 21). Dabei teilte die Schuldnerin mit, dass sie beabsichtige, sämtliche 3.126 Mitarbeiter des Kabinenpersonals einschließlich aller 100 in Frankfurt stationierter Beschäftigten zu entlassen (vgl. die Anlagen 3.31 Angaben zu Entlassungen und Angaben zu Entlassungen nach Base der Massenentlassungsanzeige, Anlage BKT 27). Die Agentur für Arbeit Berlin Nord bestätigte mit Schreiben vom selben Tag den vollständigen Eingang der Anzeige (Anlage B 15). In einem weiteren Schreiben der Agentur für Arbeit vom 12. Februar 2018 heißt es, dass die Entlassungssperre nicht verlängert werde und am 12. Februar 2018 ende (Anlage B 16).

Mit Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 16. Januar 2018 wurde die Eigenverwaltung durch die Schuldnerin aufgehoben und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Am 18. Januar 2018 fand im Auftrag des Beklagten eine Versteigerung von beweglichem Vermögen der Schuldnerin statt.

Mit Schreiben vom 19. Januar 2018 hörte die Schuldnerin im Rahmen einer Sammelanhörung die PV Kabine zur beabsichtigten betriebsbedingten Kündigung aller Beschäftigten des Bereichs Kabine an. Mit Schreiben vom 26. Januar 2018 teilte die PV Kabine der Schuldnerin mit, sie widerspreche den beabsichtigten Kündigungen. Hilfsweise äußerte sie Bedenken. Wegen der Einzelheiten des Anhörungsschreibens und der Stellungnahme der PV Kabine wird auf die beklagtenseits im Verfahren 17 Sa 1528/18 eingereichten Anlagen BB 13 bis BB 15 verwiesen.

Mit Schreiben vom 27. Januar 2018, welches der klagenden Partei am 29. Januar 2018 zuging, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der klagenden Partei zum 30. April 2018, hilfsweise zum nächst zulässigen Termin (Anlage K 2). Zeitgleich kündigte er die Arbeitsverhältnisse der übrigen Mitarbeiter des Kabinenpersonals mit Ausnahme der Beschäftigten mit besonderem Kündigungsschutz. Diese Kündigungen erfolgten nach Einholung der erforderlichen behördlichen Zustimmung.

Am 22. Februar 2018 vereinbarten der Beklagte mit der PV Kabine und der Gewerkschaft ver.di einen Sozialplan für das Kabinenpersonal gemäß § 123 InsO.

Mit der am 5. Februar 2018 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangenen und dem Beklagten am 23. März 2018 zugestellten Klage hat sich die klagende Partei im Wesentlichen gegen die Kündigung gewandt, Weiterbeschäftigung, einen Auskunftsanspruch und hilfsweise einen Anspruch auf Nachteilsausgleich geltend gemacht.

Die klagende Partei hat gemeint, die Schriftform der Kündigung sei mangels eigenhändiger Unterschrift nicht gewahrt. Zudem sei die Kündigung sozial ungerechtfertigt. Es handele sich nicht um eine Betriebsstilllegung, sondern um mehrere Betriebsteilübergänge. Der Flugbetrieb sei zumindest in Teilen auf die O bzw. H und P übertragen worden und werde von diesen weitergeführt. P habe neben den unstreitig übernommenen Betriebsmitteln Nachtparkplätze für Flugzeuge am Flughafen Berlin Tegel sowie - diversen Pressemitteilungen zufolge - zudem mindestens 25 Flugzeuge des Musters A 320 von der Schuldnerin übernommen. Der ACMIO-Bereich sei als eindeutig abgrenzbare Einheit von der O bzw. H fortgeführt worden.

Außerdem sei die Kündigung unwirksam, weil die PV Kabine vor der Kündigung nicht nach § 74 TV PV ordnungsgemäß angehört worden sei. Die vollständige Liste mit den Sozialdaten der zu kündigenden Arbeitnehmer sowie der Stilllegungsbeschluss seien der Anhörung nicht beigefügt gewesen.

Die PV Kabine sei auch mangels hinreichender Information nach § 17 Abs. 2 KSchG nicht ordnungsgemäß konsultiert worden. Ferner seien nicht alle Mitarbeiter mit Sonderkündigungsschutz in das Konsultationsverfahren einbezogen worden.

Zudem sei die Massenentlassungsanzeige nicht ordnungsgemäß erstattet worden. Zuständig sei nicht die Arbeitsagentur Berlin Nord, sondern die Agentur für Arbeit am Stationierungsort in Frankfurt am Main. Des Weiteren sei der Agentur für Arbeit keine Abschrift des Schreibens an die Personalvertretung vom 12. Oktober 2017 übersandt worden.

Die Kündigung verstoße zudem gegen § 2 Abs. 2 TV Pakt, da vor Kündigungsausspruch kein Sozialtarifvertrag mit ver.di über einen Interessenausgleich abgeschlossen worden sei.

Im Falle der Wirksamkeit der Kündigung stehe ihr jedenfalls ein Anspruch auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs gegen den Beklagten zu.

Die klagende Partei hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten mit Schreiben vom 27. Januar 2018, ihr zugegangen am 29. Januar 2018, nicht aufgelöst worden ist;

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände, insbesondere weitere Kündigungen, aufgelöst worden ist;

3. den Beklagten zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Flugbegleiterin auf den Mustern der A 320 Familie / A 330 im Flugbetrieb der Insolvenzschuldnerin weiter zu beschäftigten;

4. für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1), den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Nachteilsausgleich zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird;

5. für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1), den Beklagten zu verurteilen, ihr Angebot auf Abschluss eines Fortsetzungsvertrages ab dem 1. Mai 2018 zu den bislang bestehenden vertraglich vereinbarten Arbeitsbedingungen zwischen ihr und der lnsolvenzschuldnerin gemäß Arbeitsvertrag vom 1. April 2003/6. August 2008 und einer Betriebszugehörigkeit seit dem 7. April 2003 anzunehmen;

6. äußerst hilfsweise für den Fall des Unterliegens zu Ziffer 4), festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, an sie einen Nachteilsausgleich als Neumasseverbindlichkeit zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird;

7. den Beklagten zu verurteilen, ihr in Textform Auskunft zu erteilen, welchem Betriebsteil sie zugeordnet war und auf wen dieser Betriebsteil unter Angabe des Zeitpunkts des Übergangs, unter Nennung des Grundes und der rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen übergegangen ist.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat gemeint, die Kündigung sei sozial gerechtfertigt. Ein Betriebs- oder Betriebsteilübergang habe nicht stattgefunden. Es habe keine abgrenzbaren Betriebsteile gegeben, was sich schon daraus ergebe, dass der gesamte Flugbetrieb zentral geplant worden sei. Die Abflugstationen seien nicht als Betriebsteile anzusehen. Keine der Bases habe Personal gehabt, welches einen Flugbetrieb von und nach einer Base zugelassen hätte. Das erforderliche Schlüsselpersonal in Gestalt der sog. "verantwortlichen Personen" ("nominated persons"), das für den gesamten Flugbetrieb der Schuldnerin und damit auch für die einzelnen Stationen zuständig gewesen sei, habe ausschließlich von Berlin aus operiert. Die Schuldnerin habe an den einzelnen Stationen nicht über erhebliche Organisationsstrukturen verfügt. Es habe dort weder weisungsbefugte noch mit hinreichender Sachkunde ausgestattete Funktionsträger gegeben. Weder die Regional- noch die Area Manager hätten eigenständige Personalbefugnisse gehabt. Entscheidungen bezüglich Einstellungen, Kündigungen oder Änderungen von Arbeitsverträgen hätten der Leiterin "Cabin Crew" und deren Abteilung unter Berücksichtigung der Letztentscheidungsbefugnis des Leiters Flug (Head of Flight Operations) oblegen. Die Regional- und Area Manager seien als Bindeglied zwischen dem Kabinenpersonal vor Ort und der Leitung in Berlin vor allem erster "Ansprechpartner" vor Ort für Probleme im täglichen Geschäft gewesen. Das Betriebshandbuch mit Stand vom 20. Juli 2017 sei in Teilen nicht mehr aktuell gewesen.

Am 24. Oktober 2017 habe der vorläufige Gläubigerausschuss den Stilllegungsbeschluss vom 12. Oktober 2017 einstimmig bestätigt und die Schuldnerin angewiesen, den Betrieb spätestens nach Ablauf der Wet-Lease-Vereinbarung mit H am 31. Januar 2018 stillzulegen.

Die PV Kabine sei vor dem Ausspruch der Kündigungen ordnungsgemäß angehört worden. Das Konsultationsverfahren und die Massenentlassungsanzeige seien ebenfalls nicht zu beanstanden. Schließlich bestehe auch der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht.

Mit Urteil vom 3. September 2018, auf dessen Tatbestand (Bl. 412-438 d.A.) wegen des Weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien verwiesen wird (§ 69 Abs. 2 ArbGG), hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Kündigung sei formwirksam gemäß § 623 BGB erklärt worden. Die Kündigung sei sozial gerechtfertigt. Die Schuldnerin sei zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ernsthaft und endgültig entschlossen gewesen, den Betrieb stillzulegen. Die Stilllegungsentscheidung habe auch bereits greifbare Formen angenommen. Von einem Betriebs(teil)übergang sei nicht auszugehen. Dafür fehle es an einer abgrenzbaren organisatorischen Einheit. Weder die einzelnen Flughafenstationen noch der Bereich Wet-Lease stellten ein solche Einheit dar. Gleiches gelte für die einzelnen Flugzeuge. Insoweit habe es auch keiner Sozialauswahl bedurft. Andere Unwirksamkeitsgründe seien ebenfalls nicht gegeben. Die Massenentlassungsanzeige sei bei der zuständigen Arbeitsagentur erstattet worden und auch im Übrigen wirksam. Das Konsultationsverfahren sei ebenfalls ordnungsgemäß durchgeführt und die Personalvertretung vor der Kündigung ordnungsgemäß nach § 74 TV PV angehört worden. Da das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung beendet worden sei, sei der allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch unbegründet. Es bestehe auch kein Wiedereinstellungsanspruch, da der Beklagte den Betrieb nicht fortführe. Der Auskunftsanspruch sei mangels Betriebs(teil)übergangs unbegründet. Ein Anspruch auf Nachteilsausgleich sei nicht gegeben.

Gegen dieses der klagenden Partei am 18. Oktober 2018 (Bl. 439 d.A.) zugestellte Urteil hat die klagende Partei mit am 9. November 2018 beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auf rechtzeitigen Antrag hin bis zum 18. Februar 2019 mit am 6. Februar 2019 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die klagende Partei setzt sich - unter teilweiser Wiederholung und teilweiser Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens - mit dem angefochtenen Urteil auseinander. Es habe ein Betriebsteilübergang auf P und die O bzw. H stattgefunden. Nach dem 31. Januar 2018 sei die Station am Berliner Flughafen Tegel auf P und der ACMIO-Betrieb auf die O bzw. die H übergegangen. Der eigentliche Betriebsübergang sei dabei auf die H erfolgt, da die O letztendlich nur ein "Vehikel" gewesen sei. Die H habe die 13 mit Personal der Schuldnerin im ACMIO-Betrieb eingesetzten Flugzeuge übernommen. Diese Flugzeuge, die die H schon im August 2017 in ihre Farben habe umlackieren lassen, würden unterbrechungslos bis heute von der H weiter betrieben.

Der ACMIO-Betrieb sei eindeutig abgrenzbar. Das Personal sei entsprechend zuordenbar. Der Betrieb der Schuldnerin sei - entgegen den Ausführungen des Arbeitsgerichts - auch nicht so organisiert worden, dass er nur insgesamt mit einer einheitlichen Leitung von Berlin aus funktioniert habe. Es sei nicht zutreffend, dass es im ACMIO- und Nicht-ACMIO-Bereich keine getrennten Funktionsträger gegeben habe. Im ACMIO-Bereich sei das Direktionsrecht von der H ausgeübt worden. Die Stationen Hamburg und Stuttgart seien reine ACMIO-Stationen gewesen. Von den Stationen München und Düsseldorf seien nach ihrer Kenntnis ausschließlich eigenwirtschaftliche Flüge gestartet. Die Trennung zwischen dem ACMIO-Bereich und dem eigenwirtschaftlichen Flugbetrieb (NAB) sei umgesetzt worden.

Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts habe die Schuldnerin die PV Kabine nicht ordnungsgemäß nach § 74 TV PV angehört. Es bleibe weiterhin mit Nichtwissen bestritten, dass dem Anhörungsschreiben eine Personalliste mit den Sozialdaten der klagenden Partei beigefügt gewesen sei. Auch das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Massenentlassungsanzeige sei ebenfalls unwirksam. Es hätte für jede Station bei der jeweils zuständigen Agentur für Arbeit eine eigene Massenentlassungsanzeige erstattet werden müssen.

Hilfsweise bestehe ein Anspruch auf Nachteilsausgleich.

Die klagende Partei beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 3. September 2018 - 11 Ca 749/18 -

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten mit Schreiben vom 27. Januar 2018 nicht aufgelöst worden ist;

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände, insbesondere weitere Kündigungen, aufgelöst worden ist;

3. für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1), die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Nachteilsausgleich zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird;

4. für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1), die Beklagte zu verurteilen, ihr Angebot auf Abschluss eines Fortsetzungsvertrages ab dem 1. Mai 2018 zu den bislang bestehenden vertraglich vereinbarten Arbeitsbedingungen zwischen ihr und der lnsolvenzschuldnerin gemäß Arbeitsvertrag vom 1. April 2003/6. August 2008 und einer Betriebszugehörigkeit seit dem 7. April 2003 anzunehmen;

5. äußerst hilfsweise für den Fall des Unterliegens zu Ziffer 3), festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, an sie einen Nachteilsausgleich als Neumasseverbindlichkeit zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird;

6. den Beklagten zu verurteilen, ihr in Textform Auskunft zu erteilen, welchem Betriebsteil sie zugeordnet war und auf wen dieser Betriebsteil unter Angabe des Zeitpunkts des Übergangs, unter Nennung des Grundes und der rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen übergegangen ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt - unter teilweiser Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens - das angefochtene Urteil und trägt ergänzend zur Organisationsstruktur des Flugbetriebs der Schuldnerin vor. Diese habe einen einheitlichen Flugbetrieb gebildet. Der Flugbetrieb habe organisatorisch nur als Gesamteinheit funktionieren können, da er zentral von Berlin aus gesteuert worden sei. Es habe keine abgrenzbaren Einheiten gegeben, die auf Dritte hätten übergehen können. Insbesondere sei weder die Station in Berlin noch das von der Schuldnerin betriebene Wet-Lease ein abgrenzbarer Teilbereich gewesen. An den Stationen Hamburg und Stuttgart sei bis zur Insolvenzeröffnung nicht im reinen ACMIO-Verfahren operiert worden. Von den sog. "gemischten Stationen" München und Düsseldorf sei sowohl im eigenwirtschaftlichen als auch im ACMIO-Betrieb geflogen worden.

Die in der Anlage 1, § 2 RIA-UK bestimmten Maßnahmen seien nicht bzw. nur teilweise umgesetzt worden. Der überwiegende Teil des Kabinenpersonals sei sowohl im eigenwirtschaftlichen als auch im ACMIO-Bereich eingesetzt worden.

Weder im Rahmen des P-Kaufvertrages noch im Rahmen des I-Kaufvertrages seien Flugzeuge oder Flugzeug-Leasing Verträge verkauft oder übertragen worden. Ob und inwieweit die I Flugzeuge durch neue Leasingverträge von den Lessoren der Schuldnerin erworben hat, entziehe sich seiner Kenntnis.

Die Regional Manager hätten selbst über keine eigenständigen Disziplinar-, Leitungs- und Entscheidungsbefugnisse verfügt, sondern lediglich als Bindeglied im Wesentlichen eine berichterstattende, begleitende und überwachende Funktion gehabt. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Betriebshandbuch. Die eigentlichen Entscheidungen über Einstellungen, Versetzung, Abmahnungen und Kündigungen seien in der Berliner Zentrale von der Leiterin "Cabin Crew" getroffen worden. Auch den Area Managern hätten keine eigenständigen Leitungs- und Entscheidungsbefugnisse - auch nicht in disziplinarischer Hinsicht - oblegen. Sie seien lediglich ein Bindeglied zwischen dem Kabinenpersonal vor Ort und den Regional Managern bzw. der Leitung in Berlin gewesen. Ihr Schwerpunkt habe die Berichterstattung, Überwachung und Motivation- und Vorbildfunktion für die Kabinenmitarbeiter dargestellt. Auch bezüglich der Aufgaben der Area Manager ergebe sich nichts anderes aus dem Betriebshandbuch. Dass die Area Manager auch BEM-Gespräche sowie Personalgespräche nach Weisung der Regional Manager durchgeführt haben, bestreitet er mit Nichtwissen.

Die PV Kabine sei vor der Kündigung ordnungsgemäß angehört und konsultiert worden. Die Massenentlassungsanzeige sei wirksam.

Wegen des weiteren Sachvortrages der Parteien, ihrer Beweisantritte und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen im Übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt nebst Anlagenordner sowie auf die beigezogenen Akten nebst Anlagenordner des Verfahrens 17 Sa 1528/18 Bezug genommen.

Gründe

A.

Die Berufung der klagenden Partei ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 Buchst. b und c ArbGG statthaft. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG; 519, 520 Abs. 1, 3 und 5 ZPO.

B.

Die Berufung hat auch in der Sache überwiegend Erfolg. Der Kündigungsschutzantrag ist zulässig und begründet (I.). Der allgemeine Feststellungsantrag ist hingegen unzulässig (II.). Die hilfsweise gestellten Anträge zu 3. bis 5. sind wegen des Obsiegens der klagenden Partei mit dem Antrag zu 1. nicht zur Entscheidung angefallen (III.). Der als Antrag zu 6. gestellte Auskunftsanspruch ist unbegründet (IV.).

I. Die Kündigungsschutzklage ist zulässig und begründet. Die rechtzeitig erhobene Kündigungsschutzklage ist nicht bereits deshalb unbegründet, weil das Arbeitsverhältnis vor Ausspruch der Kündigung im Wege eines (Teil-)Betriebsübergangs auf einen Erwerber übergegangen ist (1.). Dahinstehen kann, ob das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG ordnungsgemäß durchgeführt wurde (2.). Die Kündigung ist jedenfalls deshalb unwirksam, weil die Schuldnerin die Massenentlassungsanzeige bei der unzuständigen Behörde erstattet hat (3.).

1. Die Klage ist nicht bereits deshalb unbegründet, weil das Arbeitsverhältnis vor Ausspruch der Kündigung im Wege eines Betriebsteilübergangs auf einen Erwerber übergegangen ist. Dies ist auch unter Zugrundelegung des Vortrags der klagenden Partei nicht der Fall.

a) Ein Erfolg im Kündigungsschutzprozess setzt nach der punktuellen Streitgegenstandstheorie voraus, dass zum Zeitpunkt der Kündigung (noch) ein Arbeitsverhältnis besteht. Dies gilt auch im Falle des Betriebsübergangs. Die Kündigung eines Betriebsveräußerers nach der Betriebsübertragung geht mangels eines mit ihm bestehenden Arbeitsverhältnisses ins Leere. Eine gleichwohl erhobene Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung ist unbegründet (BAG 20. März 2014 - 8 AZR 1/13 - Rn. 27 mwN).

b) Auch nach dem Sachvortrag der klagenden Partei ist kein Betriebsteilübergang erfolgt.

aa) Ein Betriebs(teil)übergang iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB - wie auch iSd. Richtlinie 2001/23/EG - liegt vor, wenn die für den Betrieb verantwortliche natürliche oder juristische Person, die die Arbeitgeberverpflichtungen gegenüber den Beschäftigten eingeht, im Rahmen vertraglicher Beziehungen wechselt und die in Rede stehende Einheit nach der Übernahme durch den neuen Inhaber ihre Identität bewahrt (vgl. EuGH 26. November 2015 - C-509/14 - [Aira Pascual ua.] Rn. 28; 6. März 2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 29 f. mwN; BAG 25. August 2016 - 8 AZR 53/15 - Rn. 25 mwN).

(1) Dabei muss es um eine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit gehen, deren Tätigkeit nicht auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränkt ist (ua. EuGH 6. März 2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 31; 13. September 2007 - C-458/05 - [Jouini ua.] Rn. 31, Slg. 2007, I-7301; BAG 25. August 2016 - 8 AZR 53/15 - Rn. 26 mwN). Um eine solche Einheit handelt es sich bei jeder hinreichend strukturierten und selbstständigen Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck (EuGH 6. März 2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 31 f. mwN). Die Kontinuität der im Rahmen einer wirtschaftlichen Einheit bestehenden Arbeitsverhältnisse soll unabhängig von einem Inhaberwechsel gewährleistet werden. Die Identität einer wirtschaftlichen Einheit ergibt sich aus mehreren untrennbar zusammenhängenden Merkmalen wie dem Personal der Einheit, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln (ua. EuGH 20. Juli 2017 - C-416/16 - [Piscarreta Ricardo] Rn. 43 mwN; BAG 13. August 2019 - 8 AZN 171/19 - Rn. 10). Erforderlich ist eine ausreichende funktionelle Autonomie, wobei sich der Begriff Autonomie auf die Befugnisse bezieht, die der Leitung der betreffenden Gruppe von Arbeitnehmern eingeräumt sind, um die Arbeit dieser Gruppe relativ frei und unabhängig zu organisieren und insbesondere Weisungen zu erteilen und Aufgaben auf die zu dieser Gruppe gehörenden untergeordneten Arbeitnehmer zu verteilen, ohne dass andere Organisationsstrukturen des Arbeitgebers dabei dazwischengeschaltet sind (EuGH 13. Juni 2019 - C-664/17 - [Ellinika Nafpigeia] Rn. 62 f.; 6. März 2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 32 mwN; BAG 13. August 2019 - 8 AZN 171/19 - Rn. 10). Die Identität der wirtschaftlichen Einheit setzt zwangsläufig unter anderen Merkmalen eine funktionelle Selbständigkeit voraus (EuGH 13. Juni 2019 - C-664/17 - [Ellinika Nafpigeia] Rn. 62).

(2) Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgebenden Kriterien kommt je nach der Art des betroffenen Unternehmens oder Betriebs, je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (näher EuGH 15. Dezember 2005 - C-232/04 und C-233/04 - [Güney-Görres und Demir] Rn. 35, Slg. 2005, I-11237; BAG 25. August 2016 - 8 AZR 53/15 - Rn. 27 mwN). Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit ihre Identität bewahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten. Diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden (vgl. ua. EuGH 26. November 2015 - C-509/14 - [Aira Pascual ua.] Rn. 32; 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 34 mwN, Slg. 2011, I-95; BAG 25. August 2016 - 8 AZR 53/15 - Rn. 27 mwN).

(a) Kommt es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an, kann eine strukturierte Gesamtheit von Arbeitnehmern trotz des Fehlens nennenswerter materieller oder immaterieller Vermögenswerte eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Wenn eine Einheit ohne nennenswerte Vermögenswerte funktioniert, kann die Wahrung ihrer Identität nach ihrer Übernahme nicht von der Übernahme derartiger Vermögenswerte abhängen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in einem solchen Fall anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt (vgl. EuGH 6. September 2011 - C-108/10 - [Scattolon] Rn. 49, Slg. 2011, I-7491; BAG 25. August 2016 - 8 AZR 53/15 - Rn. 28 mwN).

(b) Kommt es nicht im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an, da die Tätigkeit beispielsweise in erheblichem Umfang materielle Betriebsmittel erfordert, ist bei der Würdigung zu berücksichtigen, ob diese vom alten auf den neuen Inhaber übergegangen sind (vgl. EuGH 25. Januar 2001 - C-172/99 - [Liikenne] Rn. 39, Slg. 2001, I-745). Vor diesem Hintergrund kann der Übergang materieller Betriebsmittel ein wesentliches Kriterium sein, aufgrund dessen ein Betriebsübergang anzunehmen ist (vgl. EuGH 9. September 2015 - C-160/14 - [Ferreira da Silva e Brito ua.] Rn. 29; BAG 25. August 2016 - 8 AZR 53/15 - Rn. 29).

(c) Allein in der bloßen Fortführung einer Tätigkeit durch einen anderen (Funktionsnachfolge) oder der bloßen Auftragsnachfolge zeigt sich kein Betriebs(teil)übergang (vgl. EuGH 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 36 und 41, Slg. 2011, I-95; BAG 25. August 2016 - 8 AZR 53/15 - Rn. 30 mwN).

bb) Unter Anwendung dieser Grundsätze ist kein Betriebsteil der Schuldnerin auf P oder die O bzw. H übergegangen.

(1) Die klagende Partei hat im Kammertermin vor dem Landesarbeitsgericht klargestellt, dass sie sich nur (noch) auf einen Betriebsteilübergang auf P einerseits und die O bzw. H anderseits beruft. Diese hätten jeweils nach dem 31. Januar 2018 - dh. nach Zugang der Kündigung - stattgefunden.

(2) Es kann dahinstehen, ob der Vortrag der klagenden Partei im Hinblick auf die zeitliche Abfolge zutreffend ist. Dafür müsste die Vereinbarung mit P vom 27. Oktober 2017 und die Vereinbarung mit der K vom 13. Oktober 2017 erst nach Kündigungszugang vollzogen worden sein. Für einen Vollzug vor Zugang der Kündigung spricht, dass nach dem unstreitigen Parteivortag in dem Vertrag mit P vom 27. Oktober 2018 als Vollzugsdatum der 15. Dezember 2017 und in der Vereinbarung mit der K vom 13. Oktober 2017 als Vollzugsdatum der 9. Januar 2018 vereinbart wurde (vgl. dazu auch LAG Düsseldorf 13. März 2019 - 12 Sa 726/18 - Rn. 180). Ob der Vortrag der klagenden Partei bezüglich der zeitlichen Abfolge zutreffend ist, kann jedoch dahinstehen. Jedenfalls liegt kein Betriebsteilübergang vor.

(3) Auch nach dem Sachvortrag der klagenden Partei ist die Station der Schuldnerin in Berlin nicht als Betriebsteil auf P übergegangen.

(a) Es kann dahinstehen, ob die Berliner Station über eine ausreichende "funktionelle Autonomie" iSd. vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten Begriffs der wirtschaftlichen Einheit iRd. Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23 EG verfügte.

(b) Selbst wenn man von einer wirtschaftlichen Einheit "Berliner Station" ausgeht, ist diese nicht unter Wahrung ihrer Identität auf P übergegangen. Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass P zahlreiche Slots, Flugbuchungen einschließlich Buchungsdaten, Bezüge von Flugzeugsitzen und einen Crew Container am Berliner Flughafen Tegel von der Schuldnerin übernommen hat. Die klagende Partei hat zudem vorgetragen, dass mit der Übernahme von Slots für P das Recht verbunden gewesen sei, Nachtparkplätze für Flugzeuge zu nutzen, die bisher die Schuldnerin genutzt habe.

Zwar sind dies Tatsachen, die für einen Betriebsübergang sprechen (vgl. EuGH 9. September 2015 - C-160/14 - [Feirreira da Sliva] Rn. 31). Dies allein genügt jedoch nicht, um von einem Betriebsteilübergang auszugehen. Die Identität des Flugbetriebes wird maßgeblich durch das Personal und die Flugzeuge geprägt. Dabei ist insbesondere auch das Flugpersonal identitätsbestimmend. Für die Durchführung des Flugbetriebes sind sowohl Mitarbeiter am Boden, einschließlich der sog. "nominated persons", als auch das Cockpit- und Kabinenpersonal unverzichtbar. Insbesondere müssen die sog. "nominated persons" und das fliegende Personal über bestimmte Qualifikationen verfügen und sind nicht ohne weiteres durch anderes Personal ersetzbar (vgl. dazu auch BAG 25. August 2016 - 8 AZR 53/15 - Rn. 34).

Dass das fliegende Personal und insbesondere die sog. "nominated persons" nicht ohne weiteres austauschbar sind, folgt auch aus den flugbetriebsrechtlichen Bestimmungen (Verordnung (EU) Nr. 965/2012; Verordnung (EG) Nr. 216/2008). Das Luftverkehrsbetreiberzeugnis ("Air Operator Certificate" - AOC) ist Voraussetzung für die Erteilung einer Betriebsgenehmigung. Ein solches Zeugnis wird ua. nur erteilt, wenn das Luftfahrtunternehmen sog. "nominated persons" beschäftigt, die in einem zwingend erforderlichen Betriebshandbuch ("Operation Manual" - OM) aufgeführt sind. Bei Beantragung des Luftverkehrsbetreiberzeugnisses sind der zuständigen Behörde ua. eine Beschreibung des Managementsystems einschließlich der Organisationsstruktur, der Name des verantwortlichen Betriebsleiters und der Fachbereichsleiter, die für die Verwaltung und Überwachung der Bereiche Flugbetrieb, Besatzungsschulung, Bodenbetrieb und Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit verantwortlich sind (sog. designierte Personen bzw. sog. "nominated persons") gemäß ORO.GEN.210 iVm. ORO.AOC.135 der Verordnung (EU) Nr. 965/2012 vorzulegen, um eine verlässliche und effektive Führungsstruktur zur Gewährleistung eines sicheren Flugbetriebs und der Umsetzung und Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften nachweisen zu können (Anhang III ORO.AOC.100 b) Nr. 3 bis Nr. 5 der Verordnung (EU) Nr. 965/2012). Bei Beantragung des Luftverkehrsbetreiberzeugnisses ist der zuständigen Behörde zudem ua. ein Exemplar des gemäß ORO.MLR.100 erforderlichen Betriebshandbuchs vorzulegen (Anhang III ORO.AOC.100 b) Nr. 6 der Verordnung (EU) Nr. 965/2012), in dem auch die organisatorischen Strukturen zu dokumentieren sind (Anhang III ORO.MLR.100 a) der Verordnung (EU) Nr. 965/2012 iVm. Absatz 8.b von Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 216/2008).

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass ein Übergang von Personal der Schuldnerin auf P nicht erfolgt ist. Sofern P etwaigen Personalbedarf durch Neueinstellungen gedeckt und dabei auch ehemalige Mitarbeiter der Schuldnerin eingestellt hat, begründet auch dies keinen Betriebs(teil)übergang (vgl. dazu BAG 25. August 2016 - 8 AZR 53/15 - Rn. 32). Dabei sind zudem die Besonderheiten des Flugbetriebes zu beachten. So kann ein Einsatz von neu eingestellten Cockpit- und Kabinenpersonal erst nach entsprechender Schulung auch in Bezug auf den Inhalt des geltenden Betriebshandbuchs erfolgen. Dies gilt auch für den Fall der Einstellung von Personal der Schuldnerin durch P.

Neben dem Personal ist bei einem Flugunternehmen auch der Übergang von Material - wie den Flugzeugen - ein wesentliches Kriterium für die Beurteilung des Vorliegens eines Betriebsübergangs iSd. Richtlinie 2001/23 (vgl. EuGH 9. September 2015 - C-160/14 - [Feirreira da Sliva] Rn. 29 f.). Ein Eigentumsübergang der durch die Schuldnerin genutzten Flugzeuge auf P scheitert bereits daran, dass sämtliche von der Schuldnerin eingesetzten Flugzeuge geleast waren. Es ist auch weder ersichtlich noch von der klagenden Partei konkret vorgetragen, dass P in bestehende Flugzeug-Leasingverträge eingetreten ist bzw. diese übernommen hat. Dem Vortrag des Beklagten, dass im Vertrag zwischen der Schuldnerin und P keine Flugzeug-Leasingverträge übertragen worden seien, ist die klagende Partei nicht konkret entgegen getreten. Soweit sich die klagende Partei auf Pressemitteilungen bezüglich einer Übernahme von 25 Flugzeugen der Schuldnerin durch P beruft, ersetzt dies keinen substantiierten Parteivortrag.

Ein Betriebsübergang folgt auch nicht daraus, dass die zuständige Behörde bei der Übertragung von Slots der Schuldnerin auf P von einer "teilweisen Übernahme" iSd. Art. 8 a Abs. 1 b) iii) der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 (Slot-VO) ausgegangen ist. Der Begriff der "teilweisen Übernahme" iSd. Art. 8 a Abs. 1 b) iii) der Slot-VO entspricht nicht mit dem Begriff des "Übergangs" von Betriebsteilen iSd. Richtlinie 2001/23/EG.

(4) Es hat auch kein Betriebsteilübergang auf die O bzw. die H stattgefunden.

(a) Zwar erfolgte eine Beendigung der ACMIO-Vereinbarung zwischen der Schuldnerin und H über den Einsatz von bis zu 33 Flugzeugen, wobei nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch 13 Flugzeuge und zuletzt acht Flugzeuge im Einsatz waren. Zudem wurde die Wet-Lease Vereinbarung zwischen der Schuldnerin und der O beendet. Auch wurde in der Vereinbarung zwischen der Schuldnerin und der K vom 13. Oktober 2017 geregelt, dass die O mit der Erweiterung ihres AOC auf den Flugzeugtyp A320 bis zu 13 Flugzeuge dieses Typs für die H im Wet-Lease-Einsatz betreibt. Es wurde zudem die Vereinbarung getroffen, dass die K diese 13 Flugzeuge im Head-Lease anmietet und an die O im Sub-Lease zur Verfügung stellt. Damit übernahm die O - jedenfalls faktisch - die bisher von der Schuldnerin erbrachten Wet-Lease Einsätze für die H. Die klagende Partei hat zudem vorgetragen, dass dabei dieselben Flugzeuge eingesetzt würden, wie zuvor im Wet-Lease-Einsatz der Schuldnerin für die H. Personal der Schuldnerin hat die O jedoch unstreitig nicht übernommen. Vielmehr hat sie 13 Besatzungsäquivalente neu eingestellt.

(b) Unabhängig davon, ob davon ausgehend der ACMIO-Betrieb unter Wahrung seiner Identität auf die O bzw. H übergegangen ist, stellte der Bereich ACMIO jedenfalls keine übergangsfähige Einheit dar. Es handelte sich hierbei lediglich um einen bestimmten betrieblichen Einsatz, der für sich genommen keinen übertragbaren Betriebsteil darstellte. Es fehlt insoweit an einer hinreichend strukturierten, autonomen organisatorischen Einheit.

Zwar erfolgte die Einsatzplanung für den ACMIO-Betrieb getrennt von der Planung für den eigenwirtschaftlichen Flugbetrieb. Dies ist jedoch nicht entscheidend, da die Planung für zwei unterschiedliche Bereiche - Wet-Lease und dem eigenwirtschaftlichen Flugbetrieb - zwangsläufig in voneinander getrennten Plänen erfasst werden muss. Des Weiteren gab es kein ausschließlich auf den Bereich ACMIO bezogenes Führungspersonal der Schuldnerin. Sowohl die Leiterin "Cabin Crew" in Berlin als auch die Regional- und Area Manager vor Ort an den Stationen waren für sämtliche Kabinenmitarbeiter - dh. für im ACMIO-Betrieb und im eigenwirtschaftlichen Flugbetrieb tätige Mitarbeiter - zuständig. So waren die für Frankfurt zuständigen Area Manager daneben noch für die Stationen Stuttgart, Nürnberg und München zuständig. In Frankfurt wurde unstreitig im eigenwirtschaftlichen Flugbetrieb geflogen, in Stuttgart hingegen jedenfalls auch im ACMIO-Betrieb. Auch die Zuständigkeit der Regional Manager erstreckte sich sowohl auf im ACMIO-Betrieb und als auch auf im eigenwirtschaftlichen Flugbetrieb tätige Mitarbeiter. So war der "Regional Manager Nord" ua. für die Stationen Hamburg und Stuttgart, die jedenfalls auch im ACMIO Betrieb operierten und für die Stationen Frankfurt und Berlin, an denen ausschließlich eigenverantwortliche Flüge durchgeführt wurden, zuständig. Soweit die klagende Partei erklärt hat, dass Weisungen gfs. auch durch Mitarbeiter der H erteilt wurden, ist dieser Vortrag bereits zu unsubstantiiert. Zudem waren auch die im ACMIO-Betrieb eingesetzten Mitarbeiter weiterhin Beschäftigte der Schuldnerin, die - soweit unstreitig - Weisungen von den bei der Schuldnerin tätigen Vorgesetzten (Leiterin "Cabin Crew", Regional- und Area Manager) erhielten. Sofern es in der Zentrale in Berlin für den Bereich Wet-Lease spezielle Telefonnummern für den "Crew-Contact" gab unter denen die jeweiligen Besatzungen während des täglichen Flugbetriebs mit der Zentrale in Kontakt treten konnten, änderten die unterschiedlichen Ansprechpartner nichts daran, dass das dahinter stehende Führungspersonal - die Leiterin "Cabin Crew" sowie die Regional- und Area Manager - einheitlich für den ACMIO- und den NAB Bereich zuständig war. Daher ist es auch unerheblich, dass für den Bereich ACMIO separate Briefings erfolgten.

Der Vortrag der klagenden Partei im Kammertermin vor dem Landesarbeitsgericht, es habe keine sog. "gemischten Stationen", sondern nur Stationen, die entweder im Wet-Lease oder im eigenwirtschaftlichen Flugbetrieb operierten gegeben, führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Denn auch nach ihrem Vortrag wurde zwar das an den - aus ihrer Sicht - "reinen" ACMIO Stationen Köln, Hamburg und Stuttgart stationierte Personal grundsätzlich im Wet-Lease und das an den sonstigen Stationen stationierte Personal grundsätzlich im eigenwirtschaftlichen Flugbetrieb eingesetzt. Bei personellen Engpässen wurde jedoch auch Personal von den Heimatstationen zu anderen Stationen verbracht (sog. proceeding) und von dort im Flugbetrieb eingesetzt. Es gab daher kein ausschließlich im ACMIO-Betrieb tätiges Personal. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der zwischen der Schuldnerin und der PV Kabine vereinbarten Betriebsvereinbarung RIA-UK, wonach das Personal zukünftig der ACMIO-Operation oder dem NAB Bereich zugeordnet werden sollte. Unabhängig davon, ob es zu einer (vollständigen) Umsetzung der Vereinbarung gekommen ist, folgt aus der Vereinbarung nicht, dass zwei separate - voneinander unabhängige - Personalkörper geschaffen werden sollten. Denn gemäß in § 6 RIA-UK verbleiben die Mitarbeiter auch nach Zuordnung der Mitarbeiter zur ACMIO-Operation oder "N" im einheitlichen Flugbetrieb der A. Eine Durchlässigkeit zwischen den beiden Bereichen sollte nach der Regelung gewährleistet werden. Dies entspricht auch dem Inhalt der Mitteilung der Schuldnerin gegenüber der Personalvertretung vom 6. Februar 2017 (Anlage K 24), wonach es sich bei den dem ACMIO-Bereich zugeteilten Mitarbeitern (sog. "dedicated Cabincrew") nicht um einen geschlossenen Personalkörper handeln werde.

(c) Der Umstand, dass seit Ende Oktober 2017 nur noch ACMIO-Einsätze mit bis zu 13 Flugzeugen von den Stationen Köln, Hamburg und Stuttgart mit dem an diesen Stationen stationierten sowie dem Frankfurter Personal durchgeführt wurden, führt ebenfalls nicht dazu, dass der Bereich ACMIO zumindest im Zeitpunkt der Kündigung eine eigenständige wirtschaftliche Einheit darstellte. Denn eine derartige Einheit war jedenfalls nicht auf Dauer angelegt. Es handelte sich lediglich um Abwicklungstätigkeiten, die von vornherein nur für einen eng begrenzten Zeitraum durchgeführt werden sollten, während der übrige Betrieb bereits stillgelegt und das weitere Personal freigestellt worden war (vgl. auch LAG Berlin-Brandenburg 25. April 2019 - 21 Sa 1534/18 - Rn. 94).

2. Es kann auch dahinstehen, ob die Kündigung nach § 17 Abs. 2 KSchG iVm. § 134 BGB unwirksam ist, weil die Schuldnerin die endgültige Entscheidung, den Flugbetrieb stillzuzulegen und dem fliegenden Personal einschließlich des Kabinenpersonals zu kündigen, bereits getroffen und teilweise auch schon - durch die Kündigung des Cockpitpersonals und der sog. "nominated persons" - umgesetzt hatte, bevor das Konsultationsverfahren mit der PV Kabine abgeschlossen war (so LAG Berlin-Brandenburg 11. Juli 2019 - 21 Sa 1908/18 - Rn.80 ff.; vgl. dazu auch EuGH 3. März 2011 - C-235/10 bis C-239/10 - [Claes ua.] Rn. 56 mwN).

3. Die Kündigung vom 27. Januar 2018 ist jedenfalls unwirksam, da die Schuldnerin die Massenentlassungsanzeige bei der unzuständigen Arbeitsagentur erstattet hat. Da die Station in Frankfurt am Main einen Betrieb iSd. unionsrechtlichen Betriebsbegriff iSd. Richtlinie 98/59/EG bildete, war nicht die Agentur für Arbeit in Berlin, sondern in Frankfurt am Main zuständig. Die Erstattung der Massenentlassungsanzeige bei der unzuständigen Behörde hat die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge.

a) Zwar ist aufgrund der erstinstanzlichen tatbestandlichen Feststellungen davon auszugehen, dass die Schuldnerin die Massenentlassungsanzeige am 12. Januar 2018 gegenüber der Arbeitsagentur Berlin-Nord erstattet hat. Trotz Bestreiten der klagenden Partei im Berufungsverfahren ist das Berufungsgericht gemäß §§ 529 Abs. 1 Nr. 1, 314 Satz 1 ZPO an die Feststellungen des Erstgerichts gebunden (vgl. dazu ausführlich Gruber/Stöbe NZA 2018, 826). Die Übersendung der Massenentlassungsanzeige per E-Mail ist ausreichend (LAG Düsseldorf 13. März 2019 - 12 Sa 726/18 - Rn. 239). Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Massenentlassungsanzeige nicht vollständig bei der Agentur für Arbeit Berlin-Nord eingegangen ist. Insbesondere ist davon auszugehen, dass das nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KSchG der Arbeitsagentur vorzulegende Schreiben an die PV Kabine vom 12. Oktober 2017 zur Einleitung des Konsultationsverfahrens beigefügt war. Für einen vollständigen Eingang der Unterlagen spricht zunächst der Eingangsvermerk der Agentur für Arbeit Berlin-Nord, in dem ausgeführt wird, dass die Anzeige vollständig eingegangen ist. Außerdem ergibt sich der Eingang des Schreibens vom 12. Oktober 2017 aus der zur Akte gereichten E-Mail vom 12. Januar 2018, mit welcher die Anzeige übersandt worden ist und die im Bereich Anlagen das Verzeichnis der übersandten Anlagen enthält (Anlage BKT 27). Zudem hat der Beklagte eine E-Mail vom 20. Oktober 2017 zur Akte gereicht, aus der ebenfalls folgt, dass die Schuldnerin das Schreiben zur Einleitung des Konsultationsverfahrens an die Agentur für Arbeit versandt hat (Anlage BKT 24). Dass die beiden E-Mails nicht bei der Behörde eingegangen sind, ist - insbesondere aufgrund der Reaktion der Arbeitsagentur - nicht ersichtlich. Vor dem Hintergrund hat die Kammer keine Zweifel, dass der Eingang der Anzeige bei der Agentur für Arbeit vollständig, d.h. mit dem Anschreiben vom 12. Januar 2018, dem Formular Entlassungsanzeige sowie den Anlagen dazu, d.h. den Angaben zu 3.31 (Angabe zu Entlassungen nach Base und Gesamt), zu Punkt 35 (vorangegangene Entlassungen), Liste mit den Angaben gemäß § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG sowie den im Schreiben vom 12. Januar 2018 bezeichneten Anlagen erfolgt ist (vgl. dazu auch LAG Düsseldorf 13. März 2019 - 12 Sa 726/18 - Rn. 239).

b) Dahinstehen kann, ob die Schuldnerin den Stand der Beratungen mit der PV Kabine in dem Schreiben an die Agentur für Arbeit Berlin-Nord vom 12. Januar 2018 unzutreffend und damit für die Behörde irreführend dargestellt hat, so dass die Massenentlassungsanzeige bereits deshalb unwirksam ist (so LAG Berlin-Brandenburg 11. Juli 2019 - 21 Sa 1908/18 - Rn. 118 ff.; aA LAG Düsseldorf 13. März 2019 - 12 Sa 726/18 - Rn. 250 ff.).

c) Da die Station in Frankfurt am Main einen Betrieb iSd. unionsrechtlichen Betriebsbegriff iSd. Richtlinie 98/59/EG bildete, war jedenfalls nicht die Agentur für Arbeit in Berlin, sondern die Arbeitsagentur in Frankfurt am Main zuständig.

aa) Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 3 Satz 2 KSchG sind die Arbeitgeber verpflichtet, bevor sie - wie hier der Beklagte - eine Massenentlassung iSd. § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG vornehmen, diese bei der Agentur für Arbeit schriftlich anzuzeigen.

bb) Die von der Beklagten beabsichtigten Entlassungen waren gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSchG anzeigepflichtig.

(1) § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG stellt auf die Größe des Betriebes ab. Die Pflicht zur Erstattung einer Massenentlassungsanzeige besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber beabsichtigt, den Betrieb stillzulegen (BAG 22. September 2016 - 2 AZR 276/16 - Rn. 22, BAGE 157, 1; 26. Februar 2015 - 2 AZR 955/13 - Rn. 14, BAGE 151, 83).

(2) Unabhängig davon, ob man den Flugbetrieb insgesamt oder die einzelnen Stationen als Betrieb ansieht, liegt jedenfalls eine anzeigepflichtige Entlassung vor. Gemäß den nicht bestrittenen Angaben in der Massenentlassungsanzeige vom 12. Januar 2018 beabsichtigte die Schuldnerin, sämtliche 3.126 Mitarbeiter des Kabinenpersonals und damit auch alle 100 in Frankfurt stationierten Beschäftigten zu entlassen (vgl. die Anlage 3.31 Angaben zu Entlassungen und Angaben zu Entlassungen nach Base der Massenentlassungsanzeige, Anlage BKT 27).

cc) Die Anzeige erfolgte gegenüber der unzuständigen Arbeitsagentur.

(1) Die Anzeige ist an die Arbeitsagentur zu richten, in deren Bezirk der Betrieb liegt (ErfK/Kiel 19. Aufl. KSchG § 17 Rn. 29; MüHdB/ArbR/Spelge Bd. 2 4. Aufl. § 121 Rn. 129). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der in der Richtlinie 98/59/EG (im Folgenden: MERL) nicht definierte Begriff "Betrieb" ein unionsrechtlicher Begriff. Sein Inhalt kann nicht anhand der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bestimmt werden (EuGH 7. Dezember 1995 - C-449/93 - [Rockfon] Rn. 25). Er ist daher in der Unionsrechtsordnung autonom und einheitlich (EuGH 15. Februar 2007 - C-270/05 - [Athinaiki Chartopoiia] Rn. 23) und losgelöst von den nationalen Begrifflichkeiten auszulegen (MüHdB/ArbR/Spelge Bd. 2 4. Aufl. § 121 Rn. 4). Für den Massenentlassungsschutz haben die Begriffe "Arbeitnehmer”, "Arbeitgeber” und "Betrieb” vom Europäischen Gerichtshof einen eigenständigen Bedeutungsgehalt erhalten, der sich mit dem Gehalt dieser Begriffe nach § 23 KSchG sowie in §§ 1, 4, 111 ff. BetrVG nicht uneingeschränkt deckt (MüHdB/ArbR/Spelge Bd. 2 4. Aufl. § 121 Rn. 4). Soweit der deutsche Betriebsbegriff und der europäische Betriebsbegriff im Rahmen der Massenentlassungsanzeige zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, ist allein das Verständnis des Gerichtshofs der Europäischen Union maßgebend (MüHdB/ArbR/Spelge Bd. 2 4. Aufl. § 121 Rn. 4; Salamon NZA 2015, 789, 790). Darauf, ob der deutsche Gesetzgeber für § 17 KSchG überhaupt einen eigenständigen Betriebsbegriff schaffen wollte, kommt es deshalb nicht an (MüHdB/ArbR/Spelge Bd. 2 4. Aufl. § 121 Rn. 4).

(2) Der Europäische Gerichtshof hat den Begriff "Betrieb" iSd. MERL sehr weit ausgelegt (EuGH 15. Februar 2007 - C-270/05 - [Athinaïki Chartopoiïa] Rn. 26). Er korrespondiert nicht uneingeschränkt mit dem Begriff der "wirtschaftlichen Einheit" iRd. Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23 EG (vgl. zu dem Begriff der wirtschaftlichen Einheit EuGH 13. Juni 2019 - C-664/17 - [Ellinika Nafpigeia] Rn. 62 ff.). Nach dem unionsrechtlichen Verständnis ist der Betrieb die Einheit, der die von den Entlassungen betroffenen Arbeitnehmer angehören. Ob die fragliche Einheit eine Leitung hat, die selbständig Massenentlassungen vornehmen kann, ist für die Definition des Begriffs "Betrieb" nicht entscheidend (EuGH 30. April 2015 - C-80/14 - [USDAW und Wilson] Rn. 47; 7. Dezember 1995 - C-449/93 - [Rockfon] Rn. 32). Es muss sich um eine unterscheidbare Einheit von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stabilität handeln, die zur Erledigung einer oder mehrerer bestimmter Aufgaben bestimmt ist und die über eine Gesamtheit von Arbeitnehmer sowie über technische Mittel und eine organisatorische Struktur zur Erfüllung dieser Aufgaben verfügt (EuGH 30. April 2015 - C-80/14 - [USDAW und Wilson] Rn. 49; EuGH 15. Februar 2007 - C-270/05 - [Athinaiki Chartopoiia] Rn. 27). Die Richtlinie 98/59 betrifft die sozioökonomischen Auswirkungen, die Massenentlassungen in einem bestimmten örtlichen Kontext und einer bestimmten sozialen Umgebung hervorrufen können, so dass die fragliche Einheit weder rechtliche noch wirtschaftliche, finanzielle, verwaltungsmäßige oder technologische Autonomie besitzen muss, um als "Betrieb" qualifiziert werden zu können (EuGH 30. April 2015 - C-80/14 - [USDAW und Wilson] Rn. 51; 15. Februar 2007 - C-270/05 - [Athinaiki Chartopoiia] Rn. 28). Es genügt, wenn eine Leitung vorhanden ist, die die ordnungsgemäße Durchführung der Arbeit und die Kontrolle des Gesamtbetriebs der Einrichtungen der Einheit sowie die Lösung (technischer) Probleme sicherstellt (EuGH 15. Februar 2007 - C-270/05 - [Athinaïki Chartopoiïa] Rn. 31). Der Betriebsbegriff des Gerichtshofs der Europäischen Union knüpft nicht an formale Entscheidungsbefugnisse, sondern an das bloße Vorliegen einer objektiv örtlich bestimmbaren Einheit an (Kocher ZESAR 2016, 86, 88; MüHdB/ArbR/Spelge Bd. 2 4. Aufl. § 121 Rn. 8). Auch die räumliche Entfernung der Einheit zum Hauptbetrieb spielt anders als bei § 4 BetrVG keine Rolle (Spelge, RdA 2018, 297, 299; Kleinebrink/Commandeur, NZA 2015, 853, 856).

(3) Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die Station in Frankfurt am Main als Betrieb iSd. MERL anzusehen.

(a) Bei der Frankfurter Station handelte es sich um eine unterscheidbare Einheit von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stabilität iSd. Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. im Ergebnis ebenso BAG 25. April 2013 - 6 AZR 49/12 - Rn. 151). Sie war nicht nur vorübergehend eingerichtet und zur Erledigung einer oder mehrerer Aufgaben bestimmt. Sie diente als Start- und Landebasis für den von der Schuldnerin betriebenen Flugbetrieb. Zudem verfügte sie über technische Mittel und Organisationsstrukturen zur Erfüllung dieser Aufgabe. So waren der Station eine bestimmte Anzahl von Flugzeugen nebst Parkplätzen sowie ein Aufenthaltsraum zugeordnet.

(b) Zudem verfügte die Station auch über "eine Gesamtheit von Arbeitnehmern" iSd. Begriffsbestimmung des Europäischen Gerichtshofs.

(aa) Zwar ist regelmäßiger Arbeitsort eines Mitglieds des Kabinenpersonals nicht der Flughafen, sondern das Flugzeug. Das Kabinenpersonal einer Fluggesellschaft arbeitet nicht "an einem" Flughafen, sondern "von einem" Flughafen aus (vgl. dazu auch Knöfel, GPR 2019, 43, 46). Das Flugzeug wird auch nicht zwangsläufig am Stationierungsort bestiegen. Im Rahmen personeller Notwendigkeiten ist es durchaus üblich, dass der Flug an einem anderen Flughafen als dem dem fliegenden Personal zugeordneten Einsatzflughafen startet und das fliegende Personal zunächst vom Stationierungsort zum Einsatzort verbracht wird (sog. proceeding).

(bb) Dennoch ist der Stationierungsort für das Flugpersonal von erheblicher Bedeutung. Es besteht nicht nur eine rein formale Zuordnung der Mitarbeiter des Kabinenpersonals zu einer Heimatbasis. Vielmehr ist die Heimatbasis zentraler Bezugspunkt für das fliegende Personal und Anknüpfungspunkt von flug- sowie arbeitsrechtlichen Regelungen.

Der Arbeitgeber ist gemäß ORO.FTL.200 verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben (Teilabschnitt Q des Anhangs III idF der Verordnung (EU) Nr. 965/2012 ergänzt durch Teilabschnitt FTL (im Folgenden ORO.FTL) gemäß dem Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 83/2014 der Kommission vom 29. Januar 2014 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 965/2012 zur Festlegung technischer Vorschriften und von Verwaltungsverfahren in Bezug auf den Flugbetrieb gemäß der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden Verordnung (EU) Nr. 83/2014). Dieser Ort wird somit weder beliebig noch vom Arbeitnehmer bestimmt, sondern vom Luftfahrtunternehmer für jedes Besatzungsmitglied (EuGH 14. September 2017 - C-168/16 und C-169/16 - [Nogueira ua.] Rn. 71). Nach ORO.FTL.105 Nr. 14 ist die Heimatbasis der vom Betreiber gegenüber dem Besatzungsmitglied benannte Ort, an dem das Besatzungsmitglied normalerweise eine Dienstzeit oder eine Abfolge von Dienstzeiten beginnt und beendet und an dem der Betreiber normalerweise nicht für die Unterbringung des betreffenden Besatzungsmitglieds verantwortlich ist (vgl. die Definition in ORO.FTL.105 Nr. 14 des Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 83/2014). Er ist damit der Ort, an dem das Flugpersonal systematisch seinen Arbeitstag beginnt und beendet sowie seine tägliche Arbeit organisiert und in dessen Nähe es für die Dauer des Vertragsverhältnisses seinen tatsächlichen Wohnsitz begründet hat und dem Luftfahrtunternehmer zur Verfügung steht (EuGH 14. September 2017 - C-168/16 und C-169/16 - [Nogueira ua.] Rn. 70; vgl. dazu auch BAG 30. November 2016 - 10 AZR 11/16 - Rn. 23 mwN). An die Zuordnung zur Heimatbasis sind entsprechend Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten geknüpft (ORO.FTL.235, ORO.FTL.105 Nr. 17; BAG 30. November 2016 - 10 AZR 11/16 - Rn. 25). Dabei gelten nach § 20 ArbZG für die Beschäftigung von Arbeitnehmern als Besatzungsmitglieder von Luftfahrzeugen anstelle der Vorschriften des ArbZG über Arbeits- und Ruhezeiten die Vorschriften der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät vom 6. April 2009 (2. DV LuftBO) in der jeweils geltenden Fassung. Nach § 1 Abs. 2 2. DV LuftBO wiederum gelten anstelle von deren §§ 2 bis 24 für Besatzungsmitglieder, die - wie die klagende Partei - für die gewerbsmäßige Beförderung in Flugzeugen eingesetzt wurden, die Bestimmungen des Anhangs III der Verordnung (EWG) Nr. 3922/91 des Rates vom 16. Dezember 1991 zur Harmonisierung der technischen Vorschriften und der Verwaltungsverfahren in der Zivilluftfahrt in idF der Verordnung (EU) Nr. 965/2012 ergänzt um den Teilabschnitt FTL gemäß dem Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 83/2014 der Kommission vom 29. Januar 2014 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 965/2012 zur Festlegung technischer Vorschriften und von Verwaltungsverfahren in Bezug auf den Flugbetrieb gemäß der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 (vgl. dazu auch BAG 23. Mai 2018 - 5 AZR 303/17 - Rn. 18). Die Verordnung (EU) Nr. 83/2014 gilt nach ihrem Art. 2 unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Auch in der Regelung über den sog. Umlauf wird an die Heimatbasis angeknüpft. Nach ORO.FTL.105 Nr. 22 ist der Umlauf ein Dienst oder eine Abfolge von Diensten, darunter mindestens ein Flugdienst, und Ruhezeiten außerhalb der Heimatbasis, beginnend an der Heimatbasis und endend mit der Rückkehr zur Heimatbasis für eine Ruhezeit, wo der Betreiber nicht mehr für die Unterbringung des Besatzungsmitglieds verantwortlich ist.

(cc) Der Umstand, dass nach dem Vortrag des Beklagten sämtliche Planungen des Flugverkehrs, einschließlich der Erstellung der Umlauf- und Dienstpläne in der Berliner Zentrale erfolgten, führt nicht zu einer Zuordnung des in Frankfurt stationierten Kabinenpersonal zu der Berliner Zentrale. Ein Betrieb iSd. MERL muss keine rechtliche, wirtschaftliche, finanzielle, verwaltungsmäßige oder technologische Autonomie besitzen (EuGH 15. Februar 2007 - C-270/05 - [Athinaïki Chartopoiïa] Rn. 28). Daher ist es auch unerheblich, ob ein selbständiger Flugbetrieb von und zu anderen Stationen stattfinden konnte.

(c) Sofern der Europäische Gerichtshof darauf abstellt, dass es einer Leitung vor Ort bedarf, die die ordnungsgemäße Durchführung der Arbeit und die Kontrolle des Gesamtbetriebs der Einrichtungen der Einheit sowie die Lösung (technischer) Probleme sicherstellt (EuGH 15. Februar 2007 - C-270/05 - [Athinaïki Chartopoiïa] Rn. 31), war dieses Erfordernis mit dem Einsatz der Area Manager an der Frankfurter Station erfüllt.

(aa) Mit dem Einsatz der Area Manager war eine ausreichende Leitung iSd. Vorgaben der MERL an der Station Frankfurt vorhanden.

(aaa) Die Area Manager hatten auch nach dem Vortrag des Beklagten eine berichterstattende und überwachende Funktion und waren erster Ansprechpartner vor Ort für Probleme im täglichen Geschäft. Weitere Befugnisse ergeben sich aus Ziff. 1.3.8.1.1 des Betriebshandbuchs. Danach erteilten sie die notwendigen Anweisungen innerhalb ihrer Führungsverantwortung. Sie waren der Vorgesetzte aller Mitglieder des Kabinenpersonals und trugen die Disziplinarverantwortung. Nach der Regelung in Ziff. 1.3.8.1.1 des Betriebshandbuchs waren sie zudem für die Überprüfung und das Management von Leistungsdefiziten sowie für die Sicherstellung, Verbesserung und Würdigung der Leistungen des Kabinenpersonals zuständig. Sie gaben dem Kabinenpersonal diesbezüglich Feedback und Empfehlungen und leiteten dies an den Regional Manager - dem sie unterstellt waren - weiter. Zudem bestand ihre Zuständigkeit in der Überwachung der Einhaltung aller Sicherheits- und Servicestandards, der Personalentwicklung des Kabinenpersonals, der Ermittlung und Behebung von Problemen zur Sicherstellung von einheitlichen Prozessen und der Deeskalation bei Konflikten zwischen Mitgliedern der "Cabin Crew" oder Mitgliedern der "Cabin Crew" und der "Cockpit Crew" in enger Abstimmung mit der Abteilung "Flight Operations" und dem Regional Manager. Nach Ziffer 1.3.8.1.1 des Betriebshandbuchs war den Area Managern zudem die Verantwortlichkeit für Angelegenheiten im Bereich Gesundheit und Soziales in Bezug auf die Mitglieder des Kabinenpersonals und die Überwachung aller Dienstpläne an den zugewiesenen Stationen übertragen.

(bbb) Die Kammer geht von der inhaltlichen Richtigkeit des Betriebshandbuchs aus. Nach den luftverkehrsrechtlichen Bestimmungen kommt dem Betriebshandbuch eine besondere Bedeutung zu. Bei Beantragung des Luftverkehrsbetreiberzeugnisses ("Air Operator Certificate" - AOC), das für die Erteilung der Betriebsgenehmigung erforderlich ist, ist der zuständigen Behörde ua. ein Exemplar des gemäß ORO.MLR.100 erforderlichen Betriebshandbuchs vorzulegen (Verordnung (EU) Nr. 965/2012 - Anhang III ORO.AOC.100 b) Nr. 6). Ein solches hat der Betreiber, wie in Absatz 8.b von Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 festgelegt, zu erstellen (Anhang III ORO.MLR.100 a der Verordnung (EU) Nr. 965/2012). Nach Absatz 8.b des Anhangs IV der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 darf der gewerbliche Betrieb von Luftfahrzeugen nur gemäß einem Betriebshandbuch des Betreibers erfolgen. Dieses Handbuch muss für sämtliche betriebenen Luftfahrzeuge alle erforderlichen Anweisungen, Informationen und Verfahren enthalten, die für das Betriebspersonal zur Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlich sind. Das Betriebshandbuch und seine überarbeiteten Fassungen müssen mit dem genehmigten Flughandbuch im Einklang stehen und gegebenenfalls geändert werden (Absatz 8.b von Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 216/2008). Das Betriebshandbuch ist stets auf dem neuesten Stand zu halten (Anhang III ORO.MLR.100 e) der Verordnung (EU) Nr. 965/2012). Jeder Flug ist entsprechend den Bestimmungen des Betriebshandbuchs durchzuführen (Anhang III ORO.GEN.110 b) der Verordnung (EU) Nr. 965/2012).

Soweit der Beklagte erstinstanzlich vorgetragen hat, dass das Betriebshandbuch mit Stand 20. Juli 2017 zuletzt in Teilen nicht mehr aktuell gewesen sei, ist dieser Vortrag bereits unsubstantiiert. Er hat nicht erklärt, welche "Teile" nicht mehr aktuell gewesen sein sollen.

(ccc) Die Befugnisse der Area Manager werden in § 12 Abs. 1 TV Werdegang bestätigt. Nach dem Tarifvertrag, der den Werdegang und die Förderung des Kabinenpersonals regelt, übernehmen die Area Manager für eine von der Kabinenleitung vorgegebene Region ("Area") die Mitarbeiterführung und die disziplinarische Verantwortung für die Mitarbeiter in der entsprechenden Area unter Weisung der Kabinenleitung. Der Area Manager ist für die regionale Führung des Kabinenpersonals zuständig. Er ist im besonderen Maße für die eigenständige Betreuung der Mitarbeiter in den einzelnen Stationen der jeweiligen Area verantwortlich und führt diese in Abstimmung mit der Kabinenleitung und ggf. HR disziplinarisch. Er führt Personalgespräche und nimmt an Auswahlverfahren bezüglich der Mitarbeiter auf der jeweiligen Area teil.

(ddd) Die Area Manager stellten damit den ordnungsgemäßen Arbeitsablauf sicher und lösten arbeitsorganisatorische Probleme (vgl. EuGH 15. Februar 2007 - C-270/05 - [Athinaïki Chartopoiïa] Rn. 31). Wie von dem Beklagten erstinstanzlich vorgetragen, waren die Area Manager erster Ansprechpartner vor Ort für Probleme im täglichen Geschäft. Zudem waren sie nach Ziff. 1.3.8.1.1 des Betriebshandbuchs der Vorgesetzte aller Mitglieder des Kabinenpersonals und trugen die Disziplinarverantwortung. Sie waren für die Überprüfung und das Management von Leistungsdefiziten sowie für die Sicherstellung, Verbesserung und Würdigung der Leistungen des Kabinenpersonals zuständig. Zudem überwachten sie die Einhaltung aller Sicherheits- und Servicestandards. Ihre Zuständigkeit bezog sich des Weiteren auf die Ermittlung und Behebung von Problemen zur Sicherstellung von einheitlichen Prozessen sowie auf die Deeskalation bei Konflikten in enger Abstimmung mit der Abteilung "Flight Operations" und dem Regional Manager. Den Area Managern war zudem die Verantwortlichkeit für Angelegenheiten im Bereich Gesundheit und Soziales in Bezug auf die Mitglieder des Kabinenpersonals und die Überwachung aller Dienstpläne an den zugewiesenen Stationen übertragen. Auch nach § 12 Abs. 1 TV Werdegang übernahmen die Area Manager die Mitarbeiterführung und die disziplinarische Verantwortung für die Mitarbeiter in der entsprechenden Area unter Weisung der Kabinenleitung. Die Regional Manager hatten gemäß Ziffer 1.3.8.1 vor allem eine überwachende Funktion. Der Leiterin "Cabin Crew", die den Area- und Regional Managern übergeordnet war, war hingegen gemäß Ziffer 1.3.8 des Betriebshandbuchs eine übergeordnete Funktion zugewiesen. Insbesondere managte sie das Team der Regional- und Area Manager. Eine Sicherstellung des ordnungsgemäßen Arbeitsablaufs und der Lösung von Problemen und Konflikten vor Ort durch die Leiterin "Cabin Crew" in Berlin für die insgesamt 3.362 Kabinenbeschäftigten war im Übrigen auch rein faktisch nicht möglich, wovon auch der Beklagte nach seinen Ausführungen in der mündlichen Erörterung im Kammertermin vor dem Landesarbeitsgericht ausgeht. Unerheblich ist dabei, dass die Area Manager in der Regel selbst Flugbegleiter und innerhalb des Flugbetriebs tätig waren. Zum einen ist dies im Flugbetrieb üblich, dass auch Vorgesetzte Flugtätigkeiten - gfs. zum Erhalt ihrer Lizenz - ausführen. Zudem wird auch außerhalb des Flugbetriebes nicht beanstandet, wenn der Vorgesetzte mit seinen Mitarbeitern zusammen den Dienst ausführt.

(bb) Unerheblich ist, ob den Area Managern eigenständige disziplinarische Weisungsrechte sowie sonstige eigenständige Leitungsbefugnisse in Bezug auf personelle Maßnahmen zustanden. Der unionsrechtliche Betriebsbegriff iSd. Richtlinie 98/59/EG setzt ein solches eigenständiges disziplinarisches Weisungs- und personelles Leitungsrecht nicht voraus (vgl. etwa EuGH 30. April 2015 - C-80/14 - [USDAW und Wilson] Rn. 44 ff. mwN; 15. Februar 2007 - C-270/05 - [Athinaïki Chartopoiïa]; vgl. auch BAG 13. August 2019 - 8 AZN 171/19 - Rn. 26; APS/Moll 5. Aufl. § 17 KSchG Rn. 8). Insbesondere bedarf es keiner eigenständigen Befugnisse im Hinblick auf Einstellungen, Kündigungen oder Änderungen von Arbeitsverhältnissen. Für die Einordnung als Betrieb iSd. MERL bedurfte es keiner Leitung, die selbständig Massenentlassungen vornehmen konnte (EuGH 15. Februar 2007 - C-270/05 - [Athinaïki Chartopoiïa] Rn. 29 mwN). Ausreichend ist eine Leitungsperson, die "arbeitstechnische Weisungsrechte" ausübt (Salamon NZA 2015, 789, 790; ErfK/Kiel 19. Aufl. § 17 KSchG Rn. 10). Der Betriebsbegriff iSd. MERL knüpft nicht an formale Entscheidungsbefugnisse, sondern an das bloße Vorliegen einer objektiv örtlich bestimmbaren Einheit an. Dadurch wird verhindert, dass der Massenentlassungsschutz dadurch vereitelt werden kann, dass Entscheidungsbefugnisse im Hauptbetrieb zentralisiert werden (MüHdB/ArbR/Spelge Bd. 2 4. Aufl. § 121 Rn. 8; vgl. auch Maschmann EuZA 2015, 488, 494). Vor dem Hintergrund spielt es auch keine Rolle, dass - jedenfalls nach dem Vortrag des Beklagten - sämtliche verantwortliche Personen (sog. "nominated persons") in Berlin tätig waren. Für die Einordnung als Betrieb iSd. MERL bedurfte es keiner solcher verantwortlicher Personen an der Station in Frankfurt am Main.

(d) Die Tatsache, dass der Massenentlassungsschutz dadurch vereitelt werden kann, dass ein Unternehmen eine Vielzahl von Betrieben nach dem Verständnis des Gerichtshofs der Europäischen Union betreibt, in denen jeweils der Schwellenwert nicht erreicht wird, führt zu keinem anderen Ergebnis (krit. Maschmann EuZA 2015 488, 495). Denn der Massenentlassungsschutz wird wegen der Belastung des örtlichen Arbeitsmarkts gewährt (MüHdB/ArbR/Spelge Bd. 2 4. Aufl. § 121 Rn. 8). Es kann dadurch zu einer Freisetzung einer großen Anzahl von Arbeitnehmern kommen, die trotzdem sämtlich nicht dem Massenentlassungsschutz unterfallen, weil die Betriebe jeweils weniger als 20 Arbeitnehmer beschäftigen. Bei Entlassungen in einer solchen kleinteiligen Struktur wird aber der örtliche Arbeitsmarkt typischerweise nicht belastet, so dass kein Bedürfnis nach einem zu dem allgemeinen Kündigungsschutz hinzutretenden Massenentlassungsschutz besteht. Insoweit soll nach der Entscheidung der Kommission, die bewusst für den Schutz bei Massenentlassungen nicht auf die Zahl der Entlassungen im Unternehmen, sondern im Betrieb abgestellt hat, das arbeitsmarktpolitische Ziel des Massenentlassungsschutzes Vorrang vor dem Schutz einzelner Arbeitnehmer haben. Diese Grundentscheidung ist vom Gerichtshof der Europäischen Union akzeptiert worden. Diese mit der Zielrichtung der Massenentlassungs-Richtlinie im Einklang stehende Entscheidung ist von der Einschätzungsprärogative und Typisierungsbefugnis des Normgebers gedeckt. Deshalb liegt darin, dass sich der deutsche Gesetzgeber der Einschätzung des europäischen Gesetzgebers uneingeschränkt angeschlossen hat, keine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG. "Atomisiert” ein Unternehmen sich bewusst in kleinste Betriebe, um sich dem Massenentlassungsschutz zu entziehen, ist dem durch eine Rechtsmissbrauchskontrolle, zB. nach § 162 BGB, zu begegnen (MüHdB/ArbR/Spelge Bd. 2 4. Aufl. § 121 Rn. 8; zu dem Begriff "atomisiert" vgl. Maschmann EuZA 2015, 488, 495).

(e) Auch nach dem mit der Richtlinie verfolgten Zweck ist nicht die Arbeitsagentur in Berlin, sondern die Arbeitsagentur in Frankfurt am Main für die Massenentlassungsanzeige zuständig.

(aa) Hauptziel der MERL ist es, die sozioökonomischen Auswirkungen von Massenentlassungen aufzufangen, indem vor solchen Entlassungen neben den Konsultationen mit Arbeitnehmervertretern die zuständige Behörde unterrichtet wird (vgl. EuGH 15. Februar 2007 - C-270/05 - [Athinaïki Chartopoiïa] Rn. 28). Als ein selbständiger Teil dieses Massenentlassungsschutzes soll die Anzeigepflicht die Arbeitsverwaltung in die Lage versetzen, Maßnahmen einzuleiten, die die Belastungen des Arbeitsmarkts vermeiden oder zumindest verzögern, die Folgen der Entlassungen für die Betroffenen zu mildern und für deren anderweitige Beschäftigung zu sorgen (BAG 20. Januar 2016 - 6 AZR 601/14 - Rn. 27 mwN). Das Anzeigeverfahren dient einem arbeitsmarktpolitischen Zweck (Spelge EuZA 2018, 67, 85). Die MERL betrifft damit insbesondere sozioökonomischen Auswirkungen, die Massenentlassungen in einem bestimmten örtlichen Kontext und einer bestimmten sozialen Umgebung hervorrufen können (vgl. EuGH 13. Mai 2015 - C-182/13 - [Lyttle ua.] Rn. 32; 15. Februar 2007 - C-270/05 - [Athinaïki Chartopoiïa] Rn. 28; ErfK/Kiel 19. Aufl. § 17 KSchG Rn. 9). Nach dem Zweck der MERL ist auf die "vor Ort" von der Entlassung betroffene Einheit abzustellen, weil damit sichergestellt ist, dass die Arbeitsbehörde zuständig ist, die den lokalen Arbeitsmarkt am besten kennt (vgl. dazu Maschmann EuZA 2015, 488, 494; APS/Moll 5. Aufl. § 17 KSchG Rn. 10). Für die Abgrenzung im Einzelfall ist der Sinn und Zweck der Anzeigepflicht maßgeblich (APS/Moll 5. Aufl. § 17 KSchG Rn. 10).

Auf den Zweck der Richtlinie ist auch deshalb maßgeblich abzustellen, weil die in den verschiedenen sprachlichen Fassungen der Richtlinie 98/59 zur Bezeichnung des Begriffs "Betrieb" verwendeten Ausdrücke leicht voneinander abweichen und einen unterschiedlichen Inhalt haben, und zwar von Fall zu Fall Betrieb, Niederlassung, Unternehmen, Arbeitsmittelpunkt, räumliche Einheit oder Arbeitsort bedeuten (vgl. EuGH 15. Februar 2007 - C-270/05 - [Athinaïki Chartopoiïa] Rn. 24; 7. Dezember 1995 - C-449/13 - [Rockfon] Rn. 26 und 27; vgl. dazu auch EuArbR/Spelge 2. Aufl. RL 98/59/EG Art. 1 Rn. 58; Maschmann EuZA 2015, 488, 493).

(bb) Die sozioökonomischen Auswirkungen der Massenentlassung traten für das in Frankfurt am Main stationierte Kabinenpersonal in Frankfurt - und nicht in Berlin - ein. Unabhängig davon, ob die konkrete Klagepartei tatsächlich in Frankfurt oder in der Nähe für die Dauer des Vertragsverhältnisses wohnhaft war, ist davon auszugehen, dass das Kabinenpersonal regelmäßig in der Nähe der Station seinen Wohnsitz hat. Davon gehen auch die flugrechtlichen Bestimmungen aus. Nach ORO.FTL.105 Nr. 14 ist die Heimatbasis der vom Betreiber gegenüber dem Besatzungsmitglied benannte Ort, an dem das Besatzungsmitglied normalerweise eine Dienstzeit oder eine Abfolge von Dienstzeiten beginnt und beendet und an dem der Betreiber normalerweise nicht für die Unterbringung des betreffenden Besatzungsmitglieds verantwortlich ist (vgl. die Definition in ORO.FTL.105 Nr. 14 des Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 83/2014). Er ist damit der Ort, an dem das Flugpersonal systematisch seinen Arbeitstag beginnt und beendet sowie seine tägliche Arbeit organisiert und in dessen Nähe es für die Dauer des Vertragsverhältnisses seinen tatsächlichen Wohnsitz begründet hat und dem Luftfahrtunternehmer zur Verfügung steht (EuGH 14. September 2017 - C-168/16 und C-169/16 - [Nogueira ua.] Rn. 70). Auch die Regelung in ORO.FTL105 Nr. 22 geht davon aus, dass das Flugpersonal regelmäßig in der Nähe der Station wohnhaft ist. Sie beschreibt die Heimatbasis im Rahmen der Definition des sog. Umlaufs als einen Ort, an dem der Betreiber nicht mehr für die Unterbringung des Besatzungsmitglieds verantwortlich ist. Da das Kabinenpersonal regelmäßig in der Nähe der Station - hier Frankfurt - seinen Wohnsitz hat, wird es sich bei der Suche nach einer neuen Beschäftigung regelmäßig wieder maßgeblich auf den Frankfurter Flughafen konzentrieren. Daher traten die sozialökonomischen Auswirkungen nicht in Berlin, sondern in Frankfurt am Main ein. Vor dem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die Agentur für Arbeit Frankfurt am Main am geeignetsten ist, Maßnahmen einzuleiten, die die Belastungen des Arbeitsmarkts vermeiden oder zumindest verzögern, die Folgen der Entlassungen für die Betroffenen zu mildern und für deren anderweitige Beschäftigung zu sorgen. Diese kennt den lokalen Arbeitsmarkt - der auch den Frankfurter Flughafen umfasst - am besten.

(f) Ein Betrieb iSd. MERL ist auch nicht nur dort angesiedelt, wo es eine organisatorische Leitung gibt, die über mitbestimmungsrechtliche Fragen zu entscheiden hat (vgl. dazu Maschmann EuZA 2015, 488, 495 f.). Dies wiederspräche dem europäischen Betriebsbegriff der MERL. Einer solchen Auslegung bedarf es auch nicht vor dem Hintergrund, dass die MERL zudem ein Konsultationsverfahren mit der für den Betrieb zuständigen Arbeitnehmervertretung vorsieht. Bei den im Konsultationsverfahren zu beteiligenden Gremien ist wegen der Rückverweisung auf das nationale Recht in Art. 1 Abs. 1 Buchst. b MERL auf die deutschen Strukturen abzustellen (Spelge EuZA 2018, 67, 74; MüHdB/ArbR/Spelge Bd. 2 4. Aufl. § 121 Schutz Rn. 4, 84 ff.).

(g) Der Umstand, dass die Area Manager für mehrere Stationen zuständig waren, widerspricht nicht der Einordnung der Frankfurter Station als Betrieb iSd. MERL. Ansonsten hätte es der Arbeitgeber in der Hand, durch die Bündelung von Leitungsbefugnissen Massenentlassungsschutz iSd. MERL zu umgehen.

(4) Aber auch wenn man davon ausgeht, dass die Zuständigkeit der Area Manager für mehrere Stationen der Begründung eines eigenständigen Betriebes der Frankfurter Station iSd. MERL entgegensteht, war nicht die Arbeitsagentur in Berlin für die Massenentlassungsanzeige zuständig. Vielmehr bildet dann jedenfalls die sog. "Area" einen Betrieb (vgl. insoweit auch § 12 Abs. 1 TV Werdegang). Auch diese verfügte über technische Mittel und Organisationsstrukturen zum Betreiben des Flugbetriebes sowie über eine Gesamtheit von Arbeitnehmern. Beim Abstellen auf die "Area" entspricht es Sinn und Zweck der MERL, nicht der Arbeitsagentur in Berlin, sondern der Agentur für Arbeit im Bezirk der Hauptstation der Area die Massenentlassung anzuzeigen. Da die Area Manager neben Frankfurt auch noch für die Stationen in München, Stuttgart und Nürnberg zuständig waren (Area Süd), war jedenfalls nicht die Arbeitsagentur in Berlin zuständig.

(5) Dem gefunden Ergebnis steht auch der in § 24 Abs. 2 KSchG geregelte besondere Betriebsbegriff für den Luftverkehr nicht entgegen. Die Norm vermag den vom Europäischen Gerichtshof definierten Begriff des Betriebes iSd. MERL nicht einzuschränken.

(a) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der in der Richtlinie 98/59/EG nicht definierte Begriff "Betrieb" ein unionsrechtlicher Begriff. Sein Inhalt kann nicht anhand der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bestimmt werden (EuGH 30. April 2015 - C-80/14 - [USDAW und Wilson] Rn. 45; 7. Dezember 1995 - C-449/93 - [Rockfon] Rn. 25). Er ist daher in der Unionsrechtsordnung autonom und einheitlich auszulegen (EuGH 30. April 2015 - C-80/14 - [USDAW und Wilson] Rn. 45; 15. Februar 2007 - C-270/05 - [Athinaiki Chartopoiia] Rn. 23).

(b) Zwar findet die Massenentlassungsrichtlinie - wie alle Richtlinien - im Verhältnis von Privatrechtssubjekten keine unmittelbare Anwendung. In einem Rechtsstreit unter Privaten ist es deshalb den Parteien eines Prozesses nicht möglich, sich unmittelbar auf eine Richtlinie zu berufen (EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 45 ff. mwN). Die Richtlinien wenden sich an die Mitgliedstaaten und müssen von ihnen umgesetzt werden (Art. 288 Abs. 3 AEUV, Art. 11 MERL; vgl. auch BAG 23. März 2006 - 2 AZR 343/05 - Rn. 25 mwN, BAGE 117, 281). Jedoch obliegen die sich aus einer Richtlinie ergebende Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das in dieser Richtlinie vorgesehene Ziel zu erreichen, und deren Pflicht, alle zur Erfüllung dieser Verpflichtung geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zu treffen, allen Trägern öffentlicher Gewalt der Mitgliedstaaten und damit im Rahmen ihrer Zuständigkeiten auch den Gerichten (EuGH 19. April 2016 - C-441/14 - [Dansk Industri] Rn. 30; 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 45 ff. mwN). Der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung verlangt, dass die nationalen Gerichte unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit der fraglichen Richtlinie zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel im Einklang steht (EuGH 6. November 2018 - C-569/16, C-570/16 - [Bauer] Rn. 67; 24. Januar 2012 - C-282/10 - [Dominguez] Rn. 27). Die nationalen Gerichte sind gehalten, bei der Anwendung des nationalen Rechts dieses so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen, um das in der Richtlinie festgelegte Ziel zu erreichen und damit Art. 288 Abs. 3 AEUV nachzukommen (vgl. EuGH 6. November 2018 - C-684/16 - [Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften] Rn. 58 f.; 19. April 2016 - C-441/14 - [Dansk Industri] Rn. 31; 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 48).

Allerdings unterliegt der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts Schranken. Die Pflicht zur Verwirklichung eines Richtlinienziels im Wege der Auslegung findet ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten. Sie darf nicht als Grundlage für eine Auslegung des nationalen Rechts contra legem dienen (EuGH 19. April 2016 - C-441/14 - [Dansk Industri] Rn. 32; 24. Januar 2012 - C-282/10 - [Dominguez] Rn. 25). Mit dem Verbot, das nationale Recht contra legem auszulegen, konkretisiert der Gerichtshof der Europäischen Union die verfassungsrechtlichen Prinzipien der richterlichen Gesetzesbindung und der Gewaltenteilung, die es den nationalen Gerichten untersagen, an die Stelle des Gesetzgebers zu treten (BAG 23. Januar 2019 - 7 AZR 733/16 - Rn. 34; Preis/Sagan/Sagan EuArbR 2. Aufl. Rn. 1.151 mwN). Besteht jedoch ein Auslegungsspielraum, ist das nationale Gericht verpflichtet, diesen zur Verwirklichung des Richtlinienziels bestmöglich auszuschöpfen (vgl. BVerfG 26. September 2011 - 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07 - Rn. 46 f.; BAG 19. Februar 2019 - 9 AZR 541/15 - Rn. 24; 23. März 2006 - 2 AZR 343/05 - Rn. 25 mwN, BAGE 117, 281). Ob und inwieweit das innerstaatliche Recht eine entsprechende richtlinienkonforme Auslegung zulässt, haben allein die nationalen Gerichte zu beurteilen (BVerfG 26. September 2011 - 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07 - Rn. 47; 21. Februar 2017 - 1 ABR 62/12 - Rn. 29, BAGE 158, 121; BAG 19. Februar 2019 - 9 AZR 541/15 - Rn. 24 mwN).

(c) § 24 Abs. 2 KSchG ist unionsrechtskonform auszulegen, sofern die Norm dem Betriebsbegriff der MERL entgegensteht.

(aa) Nach § 24 Abs. 2 KSchG gilt unabhängig von der arbeitstechnischen oder organisatorischen Selbständigkeit einzelner Flugzeuge die Gesamtheit dieser Verkehrsmittel als Betrieb.

(bb) Der Wortlaut der Norm steht einer Auslegung dahingehend, dass nicht nur ein Betrieb, der aus der "Gesamtheit der Flugzeuge" besteht, sondern dass mehrere Betriebe für das fliegende Personal existieren, nicht entgegen.

(cc) Eine solche Auslegung wird durch den Normzweck von § 24 Abs. 2 KSchG bestätigt. Die Norm soll zum einen sicherstellen, dass die früher vom Kündigungsschutz nicht erfassten Besatzungen von Luftfahrzeugen in den Genuss des Kündigungsschutzes gelangen, da sich dieser Personenkreis mit Ausnahme des Mobilitätsgesichtspunkts von anderen Arbeitnehmern nicht unterscheidet (APS/Moll 5. Aufl. § 24 KSchG Rn. 2). Zum anderen beruht die Unterscheidung zwischen Landbetrieb einerseits und den Luftfahrzeugen als dem "mobilen" Betrieb andererseits nicht zuletzt darauf, dass sie verschiedene arbeitstechnische Zwecke verfolgen (APS/Moll 5. Aufl. § 24 KSchG Rn. 2).

Diesen Gesetzeszwecken widerspricht es nicht, die Norm europarechtskonform dahingehend auszulegen, dass in Bezug auf die "Gesamtheit der Luftfahrzeuge" nicht zwingend nur ein Betrieb besteht, sondern - unter Anwendung des Betriebsbegriffs der MERL - mehrere Betriebe des fliegenden Personals existieren können.

(dd) Dies führt auch nicht zu einer Auslegung des § 24 Abs. 2 KSchG contra legem. Dies gilt trotz des Umstandes, dass der Gesetzgeber weiterhin an der Norm festhält. Zwar ist eine richtlinienkonforme Auslegung ausgeschlossen, wenn sie dem nationalen Recht und dem klar erkennbaren Willen des nationalen Gesetzgebers widerspricht. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.

(aaa) Nach der Gesetzesbegründung zur Neufassung durch das Gesetz des Seearbeitsüberkommens 2006 der Internationen Arbeitsorganisation vom 20. April 2013 (BGBl. I S. 868) sollte die Neufassung von § 24 KSchG die Regelung zu kündigungsschutzrechtlichen Besonderheiten an die heutigen Verhältnisse der Seeschifffahrt und des Luftverkehrs anpassen (BT-Drs. 17/10959, S. 119). So enthält die Neuregelung ua. geänderte Regelungen bezüglich des Kündigungszugangs und der Klagefrist. Nicht in die Neufassung übernommen wurden die Vorschriften der bisherigen Absätze 4 und 5 über die Zuständigkeiten eines besonderen Gerichts und die Einbeziehung des Kapitäns und sonstiger leitender Angestellter in den Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes. Eine inhaltliche Änderung des Betriebsbegriffes erfolgte nicht. Die Regelung wurde vielmehr lediglich von § 24 Abs. 1 Satz 2 KSchG in § 24 Abs. 2 KSchG "verschoben". Ein klar erkennbarer Wille des Gesetzgebers, den Betriebsbegriff der MERL nicht auch bei Luftfahrtunternehmen umzusetzen, liegt damit nicht vor. Vielmehr ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass sich der Gesetzgeber unionsrechtskonform verhalten wollte.

(bbb) Auch der Umstand, dass der Gesetzgeber die Regelung in § 24 Abs. 2 KSchG im Rahmen des EM-Leistungsverbesserungsgesetzes vom 1. Juni 2017 zur Umsetzung der RL (EU) 2015/1794 nicht geändert hat (vgl. dazu MüHdB/ArbR/Spelge Bd. 2 4. Aufl. § 121 Rn. 16 und Rn. 36), steht einer unionsrechtskonformen Auslegung der Norm nicht entgegen. Im Rahmen der Gesetzesänderung erfolgten ausschließlich Änderungen im Hinblick auf die Seeschifffahrt, nicht jedoch bezüglich des Luftverkehrs (vgl. dazu BT-Drs. 18/11926, S. 24). Daher besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber im Rahmen dieser Gesetzesänderung für den Flugverkehr den Betriebsbegriff der MERL bewusst nicht umsetzen, sondern an einem - davon abweichenden - nationalen Begriff festhalten wollte. Auch der Umstand, dass er an der Differenzierung zwischen einem Betrieb für das Bodenpersonal und einem Betrieb für das fliegende Personal festhält, steht einer unionsrechtskonformen Auslegung des Betriebsbegriffs iSd. § 24 Abs. 2 KSchG nicht entgegen. Ebenso wie der Landbetrieb aus mehreren Betrieben iSd. Betriebsbegriffs der MERL bestehen kann, ist dies auch bei dem Betrieb für das fliegende Personal im Hinblick auf die unionsrechtskonforme Auslegung der MERL der Fall.

(d) Die Günstigkeitsklausel des Art. 5 MERL führt ebenfalls nicht zur Anwendbarkeit von § 24 Abs. 2 KSchG (vgl. dazu MüHdB/ArbR/Spelge Bd. 2 4. Aufl. § 121 Rn. 9 und Rn. 17). Es wäre für die von Massenentlassungen betroffenen Arbeitnehmer nicht uneingeschränkt günstiger, wenn auf den Betriebsbegriff des § 24 Abs. 2 KSchG und nicht auf den Betriebsbegriff iSd. MERL abgestellt wird (vgl. dazu das Beispiel in MüHdB/ArbR/Spelge Bd. 2 4. Aufl. § 121 Rn. 15). Ambivalente Regelungen werden von der Öffnungsklauseln nicht erfasst (EuArbR/Spelge 2. Aufl. RL 98/59/EG Art. 1 Rn. 65 b, Art. 5 Rn. 1).

(e) Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union bedarf es zur Klärung der Anwendbarkeit des Betriebsbegriffs iSd. MERL auf von § 24 Abs. 2 KSchG verfasste Luftfahrtbetriebe nicht. Der Betriebsbegriff der MERL ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Richtlinie 98/59/EG, die für die Auslegung des insoweit einschlägigen nationalen Rechts maßgeblich ist, geklärt (vgl. etwa EuGH 30. April 2015 - C-80/14 - [USDAW und Wilson] Rn. 45 ff. mwN; vgl. auch BAG 13. August 2019 - 8 AZN 171/19 - Rn. 26). Soweit sich der Betriebsbegriff iSd. MERL mit einer nationalen Regelung nicht deckt, muss das nationale Gericht eine in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallende nationale Bestimmung, die es für mit diesem Verbot unvereinbar hält unionsrechtskonform auslegen, ohne dass es verpflichtet wäre, zuvor den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen.

d) Das Fehlen einer wirksamen Massenentlassungsanzeige führt zur Unwirksamkeit der Kündigung (BAG 13. Dezember 2012 - 6 AZR 752/11 - Rn. 72; 22. November 2012 - 2 AZR 371/11 - Rn. 31, BAGE 144, 47).

aa) Die Erstattung der Massenentlassungsanzeige bei der unzuständigen Behörde ist nicht deshalb geheilt worden bzw. der gerichtlichen Kontrolle entzogen, weil die Arbeitsverwaltung dies nicht - insbesondere nicht in dem Schreiben vom 12. Januar 2018 - beanstandet hat. Die auf der Grundlage von § 18 Abs. 1, Abs. 2 KSchG erlassene Entscheidung der Agentur für Arbeit hindert die Feststellung der Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige durch die Gerichte für Arbeitssachen auch dann nicht, wenn sie bestandskräftig geworden ist (BAG 13. Dezember 2012 - 6 AZR 752/11 - Rn. 66 mwN; 22. November 2012 - 2 AZR 371/11 - Rn. 30, BAGE 144, 47). Die Bindungswirkung des Bescheids umfasst nur seinen eigentlichen Inhalt, dh. die Festsetzung der Dauer der Sperrfrist, nicht aber die Wirksamkeit der Massenentlassungsanzeige selbst (BAG 20. September 2012 - 6 AZR 155/11 - Rn. 28). Der Bescheid entfaltet weder gegenüber dem Arbeitnehmer noch gegenüber den Gerichten für Arbeitssachen materielle Bestandskraft und vermag deshalb mögliche Fehler der Massenentlassungsanzeige nicht zu heilen (BAG 13. Dezember 2012 - 6 AZR 752/11 - Rn. 67; 22. November 2012 - 2 AZR 371/11 - Rn. 30, BAGE 144, 47; 28; ausführlich BAG 20. September 2012 - 6 AZR 155/11 - Rn. 25 ff.).

bb) Das Fehlen einer wirksamen Massenentlassungsanzeige führt zur Unwirksamkeit der Kündigung. Die Kündigung ist auch dann unwirksam, wenn die Massenentlassungsanzeige deshalb fehlerhaft ist, weil sie bei der örtlich unzuständigen Agentur für Arbeit eingereicht wurde (BAG 14. März 2013 - 8 AZR 153/12 - Rn. 47, nicht entscheidungserheblich mit Verweis auf die herrsch. Meinung im Schrifttum; Spelge EuZA 2018, 67, 85; ErfK/Kiel 19. Aufl. § 17 KSchG Rn. 28, 35; APS/Moll 5. Aufl. § 17 Rn. 96; Kleinebrink/Commandeur NZA 2015, 853, 854). Unter Beachtung des unionsrechtlichen Grundsatzes des "effet utile" führt es zur Unwirksamkeit der Kündigung als Rechtsgeschäft, wenn bei ihrem Ausspruch eine wirksame Anzeige nach § 17 Abs. 3 KSchG nicht vorliegt. In der Erklärung der Kündigung liegt dann ein Verstoß gegen § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG als Verbotsgesetz iSv. § 134 BGB (vgl. zu § 17 Abs. 3 Satz 2 und 3 KSchG als Verbotsgesetz BAG 22. November 2012 - 2 AZR 371/11 - Rn. 37 ff., BAGE 144, 47).

(1) § 17 KSchG dient der Umsetzung der MERL. Deren Ziel ist der Schutz der Arbeitnehmer im Falle von Massenentlassungen (EuGH 17. Dezember 1998 - C-250/97 - [Lauge ua.] Rn. 19; vgl. auch MERL Nr. 2 der Erwägungsgründe). Dies gilt sowohl für das Konsultationsverfahren als solches als auch für das Anzeigeerfordernis. Dabei zielt die Pflicht zur Massenentlassungsanzeige gegenüber der Arbeitsagentur darauf ab, ihr die Möglichkeit zu verschaffen, rechtzeitig Maßnahmen zur Vermeidung oder zum Aufschub von Belastungen des Arbeitsmarkts einzuleiten und für anderweitige Beschäftigungen der Betroffenen zu sorgen (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 371/11 - Rn. 41, BAGE 144, 47; 7. Juli 2011 - 6 AZR 248/10 - Rn. 27, BAGE 138, 301).

(2) Mit Blick auf diesen Gesetzeszweck ist § 17 Abs. 1 iVm. Abs. 3 KSchG als gesetzliches Verbot zu verstehen, Kündigungen vor Erstattung der Massenentlassungsanzeige bei der zuständigen Arbeitsagentur auszusprechen.

(a) Gemäß Art. 6 MERL müssen die Mitgliedstaaten Verfahren einrichten, mit denen die Einhaltung der von der Richtlinie vorgesehenen Verpflichtungen gewährleistet werden kann. Die den Mitgliedstaaten überlassene Umsetzung dieser Maßgabe darf der MERL nicht ihre praktische Wirksamkeit nehmen (vgl. EuGH 16. Juli 2009 - C-12/08 - [Mono Car Styling] Rn. 34 und 36, Slg. 2009, I-6653).

(b) Die Agentur für Arbeit kann ihrer Verpflichtung, rechtzeitig Maßnahmen zur Vermeidung oder zum Aufschub von Belastungen des Arbeitsmarkts einzuleiten und für anderweitige Beschäftigungen der Betroffenen zu sorgen nur dann nachkommen, wenn die Anzeige bei der zuständigen Behörde eingeht. Denn diese verfügt über Kenntnisse des örtlichen Arbeitsmarktes und ist dadurch am besten in der Lage, entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Die Verpflichtung in § 17 Abs. 1 KSchG, wonach die Massenentlassungsanzeige an die Arbeitsagentur zu richten ist, in deren Bezirk der Betrieb liegt, dient damit der Effektivität der Regelung.

(c) Die Einhaltung der von der Richtlinie vorgesehenen Verpflichtungen kann nur durch ein Verbot, das den Ausspruch der Kündigung vor Erstattung einer wirksamen Massenentlassungsanzeige ausschließt, gewährleistet werden. Nur dadurch wird verhindert, dass der Arbeitgeber unumkehrbare Fakten schafft. Andernfalls ist nicht sicher gestellt, dass die Ziele der MERL und § 17 KSchG erreicht werden (vgl. zu § 17 Abs. 2 und 3 KSchG BAG 22. November 2012 - 2 AZR 371/11 - Rn. 45 ff., BAGE 144, 47).

cc) Der Beklagte kann sich - im Hinblick auf die Anzeige der Massenentlassung bei der unzuständigen Arbeitsagentur - auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Der unionsrechtliche Betriebsbegriff iSd. Richtlinie 98/59/EG ist durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hinreichend geklärt (vgl. auch BAG 13. August 2019 - 8 AZN 171/19 - Rn. 26). Im Übrigen obläge die Gewährung von Vertrauensschutz nicht den nationalen Gerichten, sondern dem Europäischen Gerichtshof (vgl. BVerfG 10. Dezember 2014 - 2 BvR 1549/07 -).

II. Die allgemeine Feststellungsklage ist mangels Feststellungsinteresse unzulässig. Die Feststellungsklage nach § 256 ZPO setzt ein besonderes Feststellungsinteresse voraus. Es besteht nicht schon deshalb, weil eine bestimmte Kündigung ausgesprochen worden und ihretwegen ein Rechtsstreit anhängig ist. Der klagende Arbeitnehmer muss vielmehr weitere streitige Beendigungstatbestände oder wenigstens deren Möglichkeit in den Prozess einführen und damit dartun, dass er an dem die Klage nach § 4 KSchG erweiternden Antrag ein rechtliches Interesse hat (BAG 26. September 2013 - 2 AZR 682/12 - Rn. 32, BAGE 146, 161). Dahingehender Vortrag der klagenden Partei ist nicht erfolgt.

III. Die hilfsweise gestellten Anträge zu 3. bis 5. sind wegen des Obsiegens der klagenden Partei mit dem Antrag zu 1. nicht zur Entscheidung angefallen.

IV. Der als Antrag zu 6. gestellte Auskunftsanspruch ist unbegründet. Der Anspruch besteht bereits deshalb nicht, weil - wie unter I. ausgeführt - kein Betriebs(teil)übergang auf einen Dritten erfolgt ist.

C.

I. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2, 64 Abs. 6 ArbGG, 92 Abs. 1 ZPO. Danach haben die Parteien die Kosten des Rechtsstreits entsprechend ihrem Obsiegen und Unterliegen anteilig zu tragen. Dabei wirkt sich neben dem Unterliegen mit dem Auskunftsanspruch (Antrag zu 6.) iHv. einem Bruttomonatsgehalt auch das Unterliegen mit dem allgemeinen Feststellungsantrag zulasten der klagenden Partei aus. Diese hat bei der Quotenbildung - kraft Bildung eines fiktiven Kostenstreitwerts - die Kosten in Höhe von einem Bruttomonatsgehalt zu tragen. Bei dieser (fiktiven) Bewertung des Antrags liegt auch kein Fall des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vor (vgl. dazu Niemann NZA 2019, 65, 71; Roloff NZA 2007, 900, 902).

II. Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Nr.1 und Nr. 2 ArbGG für den Beklagten zuzulassen.