LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 22.10.2020 - 6 Sa 103/20
Fundstelle
openJur 2021, 378
  • Rkr:

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren ist unzulässig, wenn nicht angenommen werden kann, dass die antragstellende Partei über die für die Antragstellung erforderliche Prozessfähigkeit verfügt. Verbleiben nach Ausschöpfung sämtlicher erschließbarer Erkenntnisquellen und der (erfolglosen) Anregung, einen Betreuer zu bestellen, Zweifel an der Prozessfähigkeit, so gehen sie zu Lasten der betroffenen Partei.

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung der Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 04.02.2020 - 3 Ca 346/18 - wird als unzulässig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes Berufungsverfahren.

Die Parteien streiten im Rahmen einer Restitutionsklage gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 24.06.2014 (3 Ca 2805/13) über die Zahlung einer Entschädigung nach dem AGG sowie klagerweiternd über diverse Feststellungsanträge.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 04.02.2020 sein die Restitutionsklage abweisendes Versäumnisurteil vom 29.05.2018 aufrechterhalten und die Zwischenfeststellungsklage aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 07.08.2018 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei insgesamt unzulässig. Die Prozessfähigkeit der Klägerin als wesentliche Prozessvoraussetzung könne nicht festgestellt werden. Es bestünden bei der Klägerin hinreichende Anzeichen für das Bestehen eines Querulantenwahns als Unterform einer wahnhaften Störung (ICD-10F22.0). Zweifel an ihrer Prozessfähigkeit ergäben sich bereits aus der extrem fernliegenden Klagebegründung. In der rechtlichen Auseinandersetzung zeige die Klägerin zudem eine ausgeprägte Tendenz zur Verabsolutierung ihrer Sichtweise und ihrer Rechtsauffassung. In der abweichenden Rechtsauffassung des Gerichts sehe sie einen Angriff auf ihre Rechte und auf ein faires Verfahren. Zudem weigere sich die Klägerin abschließende Entscheidungen zu ihren Befangenheitsanträgen zu akzeptieren. Im Zuge dessen wechsle sie in ihrem prozessualen Verhalten von der sachlich rechtlichen auf eine persönliche Ebene. Die Klägerin unterstelle den entscheidenden Richtern Inkompetenz und persönliche Interessen, sie, die Klägerin, herabzuwürdigen. Entscheidende Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin folgten aus ihrer Reaktion auf entsprechende Hinweise des Gerichts bezüglich der bestehenden Zweifel und an der Erforderlichkeit einer Sachaufklärung. Die Anhaltspunkte für Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin würden durch rechtskräftige obergerichtliche Entscheidungen des LAG Hamburg (6 Sa 13/15 und 3 Sa 50/16) unterstützt. Die Klägerin verunglimpfe die - rechtskräftigen - Entscheidungen des LAG Hamburg bzw. die entsprechenden Richter. Erkennbar sei auch hier, dass die Klägerin Entscheidungen, die nicht in ihrem Sinne erfolgten, als persönlichen Angriff auf sich empfinde und nicht in der Lage sei, diese Entscheidungen auf einer sachlichen Ebene zu reflektieren oder zu kritisieren. Die Zweifel an ihrer Prozessfähigkeit würden durch das beigezogene Gutachten der Sachverständigen Dr. L. sowie das vom Arbeitsgericht eingeholte Gutachten des Prof. Dr. L. nebst dessen ergänzender Stellungnahme nicht zerstreut. Das Gutachten von Fr. Dr. L. sei gut nachvollziehbar. Die von der Klägerin gegen das Gutachten vorgebrachten Argumente könnten die Zweifel des Gerichts an der Prozessunfähigkeit der Klägerin nicht zerstreuen. Das Verhalten der Klägerin im vorliegenden Verfahren bestätige die Feststellungen der Gutachterin vielmehr. Auch das Gutachten von Prof. Dr. W. sei überzeugend und lasse die Zweifel des Gerichts an der Prozessfähigkeit der Klägerin nicht entfallen. Die Auseinandersetzung der Klägerin mit dem Gutachten des Prof. Dr. L. vertieften diese Zweifel noch. Die vom Arbeitsgericht mehrfach angeregte Betreuung sei von der Klägerin stets abgelehnt worden. In dem entsprechenden Angebot sei sogar ein Grund für die Befangenheit des Vorsitzenden gesehen worden. Da sich die Klägerin weigere, sich inhaltlich auf die Frage der Prozessfähigkeit einzulassen oder sich von Gutachtern untersuchen zu lassen, habe das Arbeitsgericht keine weiteren Möglichkeiten zur Erkenntnisgewinnung in Bezug auf die Prozessfähigkeit der Klägerin gehabt.

Das Urteil des Arbeitsgerichts vom 04.02.2020 ist der Klägerin am 26.02.2020 zugestellt worden. Sie hat mit am 09.03.2020 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schreiben um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung der Berufung nachgesucht und zur Begründung ihres Antrags Folgendes ausgeführt:

"Begründung.Das Urteil erklärt meine Klage für unzulässig mit den Behauptungen über Zweifel an meiner Prozessfähigkeit. Das Urteil ist gänzlich gesetzwidrig und willkürlich.

1. Es ist in der nichtvorschriftsgemäßen Besetzung des Gerichtes ergangen, weil kein meiner Befangenheitsanträge gegen Richter Dr. S. gesetzlich bearbeitet worden ist. Denn gesetzlich muss in anderer richterlichen Besetzung entschieden werden und die Rüge gegen die Ablehnung zum Rechtsweg gehört - BVerfG v. 23. Oktober 2007 l BvR 782/07.

Hier wurde nur im April 2018 über meinen 1. Befangenheitsantrag in anderer richterlichen Besetzung entschieden worden. Danach gab es nur unzulässige Selbstverwerfungen einschließlich meiner Rüge am 29. Mai 2018 — vgl." BVerfG vom 15. Juni 2015 zum AZ: l BvR 1288/14 und des BAG v. 17. März 2016 - 6 AZN 1087/15. Sowie die ausdrückliche Weigerungen, meine weiteren Befangenheitsanträge gegen den Richter zu bearbeiten.

2. Das Urteil beruht auf Lügen; Grundrechtverletzungen und Gesetzesverletzungen:

a. die Übernahme der Vorwürfe aus anderen Verfahren bei dem anderen Gericht - 3 Sa 50/16 und 6 Sa 13/15 LAG Hamburg - verletzt die Rechtsnorm des § 411 a ZPO und die ständige Rechtsprechung des BGH. Zudem sind diese Urteile gesetzwidrig und diskriminierend, indem sie mich für meine Grundrechtsausübungen und Meinungsäußerungen beschuldigen.

b. das vom hiesigen Vorgericht eingeholte Gutachten ist damit gesetzwidrig ohne Gründe eingeholt worden.

c. das vom Vorgericht eingeholte Gutachten bezieht sich ausdrücklich auf 2 meine Schreiben über das Gutachten der Person L. aus H. und betrifft damit nicht die Sache;

d. meiner Ablehnungsanträge gegen Person L. v. 18. September 2019 nebst Ergänzung v. 30. November 2019 unter Zf. II sowie gegen die Person L. v. 30. November 2019. Es wird im Urteil falsch behauptet, dass meine Befangenheitsanträge die gleichen Argumente beinhalten. Tatsächlich habe ich jeweils 2. Anträge gem. § 406 ZPO wegen neuer Umstände gestellt:

- gegen die Person L., nachdem der hiesige Gutachter L. ausdrücklich bestätigt hat, dass Geschehnisse aus dem 2017 aktuell keine Rolle spielen;

- gegen die Person R., nachdem ich erfahren habe, dass er kein Psychiater ist;

gegen L., nachdem er bestätigt hat, dass er einzig meine Kritik an seine Kollegin L. nicht verträgt und mich wegen dieser beschuldigt. Denn damit hat er einzig über seinen Beruf - den Teil seiner Persönlichkeit - beurteilet. Hinsichtlich eigener Persönlichkeit ist man nicht objektiv. e. meine Anträge v. 30. November 2019 Zf. III sowie v. 13. Januar 2020 Zf. IV auf Vernehmung des hiesigen Gutachters L. sind willkürlich für "neben der Sache" erklärt worden. Das Urteil verschweigt, dass es in meinen Anträgen genau um "Art und Weise der Aussagen über die Gutachterin" L. geht. Und darum, ob der Gutachter nur bei mir solche "Art und Weise" für unzulässig hält oder grundsätzlich bei allen und warum. Da der Gutachter meine Prozessfähigkeit einzig deswegen angegriffen hat, weil ich seine Kollegin Ärztin L. fachlich medizinisch scharf kritisiert habe, ist es entscheidungserheblich zu klären, ob er nur mir solche Kritik verbittet oder grundsätzlich. Denn meine Anwälte auch sehr scharfe Kritik an die Person L. ausgeübt haben und meine Kritik z. T. zu eigen gemacht haben. Die Beweise habe ich in den o. g. Schreiben vorgelegt.

f. meine Zwischenfeststellungsanträge sind übergangen worden.

g. die Vorwürfe meinen Klagebegründungen haben mit der Frage der Prozessfähigkeit nichts zu tun und übergehen die zahlreiche richterliche Widerlegungen dieser Vorwürfe. Damit wird es im Urteil über "Ausmaß" und "Absolutheit" meiner Handlungen gelogen, weil zahlreiche Feststellungen der anderen Gerichte andere Umstände bestätigen.

i. Auf den Seiten 24 und 33 wird gelogen über meine Äußerungen- Solche habe ich nicht gemacht - vgl Protokoll und die Akte.

j. es wird gelogen, dass ich in der Verhandlung nicht verhandelt habe - vgl. Protokoll. k. das Urteil verkennt das Recht und Gesetz in krasser Weise, indem es meine Rügen des persönlichen Verhaltens des Richters für Vorwürfe meiner Prozessfähigkeit verwendet. Denn im Richterablehnungsverfahren genau um die Person des Richters geht - der Richter muss namentlich genannt werden und seine "persönliche Überzeugung und das Verhalten" geprüft werden müssen - u. a. Beschluss des BverfG. vom 14. Januar 2020 -2 BvR 1333/17: "Dieser Maßstab stimmt mit Art. 6 Abs. l EMRK und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte überein (vgl. BVerfGE 148, 69 <97 Rn. 71>). Unparteilichkeit im Sinne des Art. 6 Abs. l EMRK bedeutet die Abwesenheit von Vorurteil und Parteinahme. Dies muss zum einen unter einem subjektiven Blickwinkel geprüft werden, wobei die persönliche Überzeugung und das Verhalten des Richters zu würdigen sind. Zum anderen sind objektive Gesichtspunkte zu prüfen. Es ist danach zu fragen, ob strukturelle oder funktionale Gründe der Unparteilichkeit entgegenstehen. "

3. Wegen des erheblichen Umfanges weise ich daher erneut auf den Inhalt aller meinen Schreiben hin und erinnere an die Rechtsprechung des BGH, dass es zulässig ist, das Vortragen zu wiederholen, falls die Fehler und die Verletzung des rechtlichen Gehörs evident sind - BGH NJW 1963, 1606, 1608, BGHZ 50, 115, 124 = NJW 1964,349.

4. Das Vorgericht ging rechtswidrig und arglistig vor, indem er mir die PKH einzig mit den Vorwürfen zur Sache selbst versagt und die Entscheidung völlig losgelöst von dem Sachverhalt erfasst hat und die Verhandlung zur Sache im Termin am 4. Februar 2020 verboten hat."

II.

Der Antrag der Klägerin vom 06.03.2020 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren ist unzulässig. Es kann nicht angenommen werden, dass die Klägerin über die für die Stellung des Antrags erforderliche Prozessfähigkeit verfügt. Das Arbeitsgericht ist in seinem angegriffenen Urteil mit überzeugender Begründung von nicht ausgeräumten Zweifeln an der Prozessfähigkeit der Klägerin ausgegangen. Die Ausführungen der Klägerin in ihrer Antragsschrift vom 06.03.2020 und ihr Verhalten im Antragsverfahren führen zu keiner anderen Beurteilung, sondern bestätigen diese.

1. Bei der Prozessfähigkeit gem. § 51 Abs. 1, § 52 ZPO handelt es sich um eine zwingende Prozessvoraussetzung. Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass sie fehlt, hat das jeweils mit der Sache befasste Gericht nach § 56 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu ermitteln, ob Prozessunfähigkeit vorliegt. Dabei ist das Gericht nicht an die förmlichen Beweismittel des Zivilprozesses gebunden, sondern hat den Grundsatz des Freibeweises zu beachten. Für den Streit über die Prozessfähigkeit ist die davon betroffene Partei, hier die Klägerin, in jedem Fall als prozessfähig zu betrachten (BAG, 05.06.2014 - 6 AZN 267/14 - Rn 13).

Um bei bestehenden Zweifeln die Prozessfähigkeit eines Verfahrensbeteiligten beurteilen zu können, muss ein Fachgericht sämtliche Beweismittel ausschöpfen (BVerfG, 16.06.2016 - 1 BVR 2509/15 - Rn 14). Verbleiben nach Ausschöpfung sämtlicher erschließbaren Erkenntnisquellen, einschließlich der Erstellung eines Gutachtens, der Gewährung rechtlichen Gehörs und der Anregung, einen Betreuer zu bestellen, Zweifel, so gehen sie zulasten der betroffenen Partei (BGH, 04.11.1999 - III ZR 6/98 - Rn. 10).

Eine Partei ist insoweit prozessfähig, als sie sich durch Verträge verpflichten kann (§ 52 ZPO). Nach § 104 Nr. 2 BGB ist geschäftsunfähig, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden, dauerhaften Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet. Ein solcher Zustand ist gegeben, wenn jemand nicht im Stande ist, seinen Willen frei und unbeeinflusst von einer vorliegenden Geistesstörung zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Maßgeblich ist, ob eine freie Entscheidung nach Abwägung des Für und Wider bei sachlicher Prüfung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte möglich ist, oder ob umgekehrt von einer freien Willensbildung nicht mehr gesprochen werden kann, etwa, weil in Folge der Geistesstörung Einflüsse dritter Personen den Willen übermäßig beherrschen (BAG, 05.06.2014 - 6 AZN 267/14, Rn 15). Die Geschäftsfähigkeit wegen einer geistigen Störung muss sich nicht auf sämtliche Geschäfte erstrecken, sondern kann auch nur für einen beschränkten Kreis von Angelegenheiten, etwa die mit einem bestimmten Streitkomplex zusammenhängenden Verfahren, ausgeschlossen sein (BGH, 04.11.1999 - III ZR 306/98 - Rn 15 ; BAG, 20.01.2000 - 2 AZR 733/98 -).

2. Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze teilt das erkennende Gericht nach Nutzung der verfügbaren Aufklärungsmittel die erheblichen Zweifel des Arbeitsgerichts an der Prozessfähigkeit der Klägerin. Es bestehen Anhaltspunkte für einen sogenannten Querulantenwahn als Unterform der wahnhaften Störung (ICD-10F22.0).

a. Von Querulantenwahn kann ausgegangen werden, wenn die Vorstellung einer Partei von einer eindeutigen Beeinträchtigung eigener Rechte sich weiter intensivieren und Zweifel an der Rechtmäßigkeit der eigenen Position nicht mehr zugelassen werden, absolute Uneinsichtigkeit und Selbstgerechtigkeit sich mit einer Ausweitung des Kampfes vom ursprünglichen Gegner auf andere Menschen und Instanzen verbindet und die Partei nicht in der Lage ist, die verfahrensmäßige Behandlung ihrer Ansprüche durch die Gerichte nachzuvollziehen (LAG Hamburg, 18.04.2018 - 6 Sa 13/15; 09.08.2017 - 3 Sa 50/16; LAG München 23.05.2019 - 7 Sa 683/17).

b. Dafür, dass die Klägerin unter einem solchen Wahn leidet, der ihre freie Willenserklärung ausschließt, sprechen die vom Arbeitsgericht in seinem Urteil auf den Seiten 23 bis 26 geschilderten Umstände. Auf die Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Sie verdeutlichen, dass die Klägerin offenbar nicht in der Lage ist, gerichtliche Entscheidungen, die ihren Anträgen ganz oder auch nur teilweise nicht entsprechen, hinzunehmen. Sie legt postwendend Rechtsmittel ein. Gegen nicht rechtsmittelfähige Entscheidungen wendet sie sich mit Anhörungsrügen oder Gegenvorstellungen. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs besteht aus ihrer Sicht schon dann, wenn ihre Argumente keinen Erfolg hatten. Hinzukommt, dass sie Richterinnen und Richter, die ihren Anträgen nicht folgen, allein deshalb nahezu ausnahmslos wegen der Besorgnis der Befangenheit ablehnt. Werden ihre Befangenheitsanträge dann zurückgewiesen, führt dies regelmäßig zu Anhörungsrügen und weiteren Befangenheitsanträgen gegen die Richterinnen und Richter, die über die Befangenheitsanträge zu entscheiden hatten. Allein in diesem Verfahren hat die Klägerin fünf Richterinnen und Richter abgelehnt, teilweise mehrmals. Das begründet die Überzeugung, dass die Klägerin nicht in der Lage ist, zu akzeptieren, dass ihr Rechtsbegehren erfolglos sein könnte. Diese fehlende Reflektion führt dazu, dass sie immer weitere Anträge stellt. Den Richterinnen und Richtern, die nicht in ihrem Sinne entscheiden, unterstellt die Klägerin regelmäßig, dass sie rechtswidrig oder willkürlich handelten und dass sie lügen.

In ihrer Antragsschrift vom 06.03.2020 setzt sich dieses vom Arbeitsgericht ausführlich geschilderte Verhalten fort. Die Klägerin behauptet, das Urteil des Arbeitsgerichts beruhe auf Lügen, Grundrechtsverletzungen und Gesetzesverletzungen. Die Urteile des Landesarbeitsgerichts Hamburg (3 Sa 50/16 und 6 Sa 13/15) werden als gesetzwidrig und diskriminierend bezeichnet. Darin würde die Klägerin, für ihre Grundrechtsausübungen und Meinungsäußerungen beschuldigt. Die Einholung des Gutachtens durch das Arbeitsgericht sei gesetzwidrig ohne Gründe erfolgt. Die Klägerin mutmaßt, dass der Gutachter Herr Prof. Dr. L. ihre Prozessfähigkeit einzig deswegen angegriffen habe, weil sie seine Kollegin Frau Dr. L. fachlich medizinisch scharf kritisiert habe. In dem Urteil werde über "Ausmaß" und "Absolutheit" ihrer Handlungen gelogen, weil zahlreiche Feststellungen der anderen Gerichte andere Umstände bestätigten. Auch auf den Seiten 24 und 33 des Urteils werde gelogen über ihre Äußerungen. Ferner werde gelogen, dass sie in der Verhandlung nicht verhandelt habe. Das Urteil verkenne das Recht und Gesetz in krasser Weise, indem es ihre Rügen des persönlichen Verhaltens des Richters für Vorwürfe ihrer Prozessfähigkeit verwende. Das Arbeitsgericht sei rechtswidrig und arglistig vorgegangen, indem es ihr Prozesskostenhilfe einzig mit den Vorwürfen zur Sache selbst versagt und die Entscheidung völlig losgelöst von dem Sachverhalt erfasst habe und die Verhandlung zur Sache im Termin am 04.02.2020 verboten habe.

Auch den Vorsitzenden der erkennenden Kammer hat die Klägerin in ihrer Antragsschrift (erneut) abgelehnt und geltend gemacht, er habe die tatsächliche Betätigung des gravierend gesetzwidrigen Vorgehens des Vorgerichts unterstützt. Mit seiner Unterstützung habe das Vorgericht Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug einzig mit den Vorwürfen ihrer Klage selbst versagt und das Verfahren über Vorwürfe ihrer Prozessfähigkeit ausdrücklich außer Betracht gelassen. Damit sei ihr die Verteidigung gegen falsche Beschuldigungen und Beleidigungen unzumutbar gemacht worden. Die Gesetzwidrigkeiten des Arbeitsgerichts habe der Vorsitzende unterstützt und damit ihre Verteidigung in der Vorinstanz behindert.

Im Ergebnis spricht das gesamte Handeln der Klägerin im ersten Rechtszug sowie im Antragsverfahren für das Bestehen eines Querulantenwahns.

c) Die bei der Akte befindlichen Gutachten der Sachverständigen Dr. L. und Prof. Dr. L. vermochten die festgestellten Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin nicht zu zerstreuen. Im Gegenteil: Die Gutachten verstärken die Zweifel sogar. Das hat das Arbeitsgericht auf den Seiten 26 bis 33 der angegriffenen Entscheidung sorgfältig dargelegt und begründet. Von der Argumentation und dem Ergebnis ist die erkennende Kammer nach Lektüre der Gutachten und eigener Überprüfung überzeugt. Diese Überzeugung stützt sich insbesondere die Aussagen aus dem Gutachten von Fr. Dr. L. vom 13.09.2017 (dort Seiten 65 ff. = Bl. 125 d.A.) und aus dem Gutachten von Prof. Dr. L. vom 04.07.2019 (dort Seiten 8 ff. = Bl. 186 ff. d.A.) nebst Ergänzung vom 28.08.2019 (Bl. 220 ff. d.A.).

3. Damit sind sämtliche erreichbaren Beweismittel zur Beurteilung der Prozessfähigkeit der Klägerin ausgeschöpft. Es liegen zwei Sachverständigengutachten vor, die die Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin verstärken, auch wenn die Gutachterin und der Gutachter die Klägerin nicht persönlich untersuchen konnten. Ihre Untersuchung durch den Gutachter Prof. Dr. L. hat die Klägerin mit Schreiben vom 23.05.2019 ausdrücklich abgelehnt ("einmal und endgültig"). In diesem Zusammenhang hat sie ihr oben geschildertes Verhalten fortgesetzt und die Richterin, die den Gutachter bestellt hatte, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Die Klägerin hat ferner am 23.05.2019 geschrieben, dass sie keine Untersuchung wünsche und keine benötige, man dürfe sie nicht damit belästigen.

Auf die Bestellung einer Betreuungsperson ist intensiv aber erfolglos hingewirkt worden. Bereits mit Beschluss vom 15.06.2018 hatte das Arbeitsgericht die Klägerin zu Zweifeln an ihrer Prozessfähigkeit angehört und eine Betreuung angeregt. In der mündlichen Verhandlung vom 04.02.2020 ist nochmals eine Betreuung angeregt worden. Dazu hat die Klägerin erklärt, dass aufgrund der Diskussion über dieses Thema ganz offensichtlich werde, dass ein Betreuer nicht notwendig sei. Der Vorsitzende missachte ihren Vortrag, wonach das Betreuungsgericht bereits gesagt habe, dass sie keiner Betreuung bedürfe. Erkennbar rückt die Klägerin von dieser Position nicht ab.

Da die begründeten Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin nicht ausgeräumt sind, ist zu ihren Lasten von Prozessunfähigkeit auszugehen. Die Klägerin ist offenbar auch nicht Willens, die Hilfe einer Betreuung in Anspruch zu nehmen.

III.

Zukünftige Anträge, die sich auf das vorliegende Verfahren beziehen, werden tatsächlich und rechtlich geprüft. Macht die Klägerin bei unverändertem Sachverhalt Rechtsschutzziele geltend, über die bereits rechtskräftig entschieden worden ist, werden die entsprechenden Anträge nicht erneut beschieden. Eine nochmalige rechtliche Prüfung aufgrund wiederholenden Vorbringens ist nicht geboten

(BVerfG, 21.11.2018 - 1 BVR 1653/18 -).

IV.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die nach § 78 Abs. 2 ArbGG maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht vorliegen.