VG Münster, Urteil vom 20.09.2019 - 7 K 5971/16
Fundstelle
openJur 2021, 369
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 7 K 5971/16
  • nachfolgend: Az. 20 A 4308/19
Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klage zurückgenommen ist.

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 5. Dezember 2016 verurteilt, über den Antrag der Klägerin vom 22. Dezember 2009 in der Fassung der 5. Antragsergänzung vom 17. Dezember 2015 auf Erteilung eines Planfeststellungsbeschlusses für die Errichtung und den Betrieb der E. E1. - unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen zu 1/3 die Klägerin und zu 2/3 der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt ein Abfallentsorgungsunternehmen. Sie ist Pächterin des Grundstücks S. 0, Gemarkung E0. -L. , Flur 0, Flurstücke 0, 0, 0 und 0, in 48249 E1. und beabsichtigt, dort eine B. zu errichten.

Auf dem Gelände wurde in der Vergangenheit eine U. betrieben; diese Nutzung endete im Jahr 1988. Im Jahr 1990 erließ der Beklagte einen Planfeststellungsbeschluss zur Herstellung von zwei Gewässern. 1996 schloss die Klägerin mit dem Grundstückseigentümer einen Pachtvertrag. Sie erhielt die Genehmigung zur Auffüllung der ehemaligen U1. mit Bodenmaterialien. Im selben Jahr erließ der Beklagte einen Rekultivierungsplan, der die Herstellung eines Feuchtbiotops mit zahlreichen Teichen geringer Wassertiefe (mindestens aber 1,5 m) vorsieht. Unter dem 12. Mai 2009 erteilte der Beklagte der Klägerin eine weitere wasserrechtliche Plangenehmigung zur Anhebung der Verfüllungssohle um im Mittel ca. 1,2 m.

Die Klägerin beantragte unter dem 22. Dezember 2009 den Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses für die Errichtung und den Betrieb einer E. der Klasse I. Das oberhalb der geplanten Basisabdichtung insgesamt zur Verfügung stehende Einlagerungsvolumen der geplanten E. sollte sich auf ca. 860.000 m3 belaufen. Die jährliche Anlieferungsmenge wurde auf ca. 60.000 m3 bis 70.000 m3 geschätzt; hieraus ergebe sich eine prognostizierte Gesamtlaufzeit der geplanten E. von ca. 12 bis 14 Jahren.

Die Planunterlagen wurden im Januar und Februar 2010 durch die Stadt E1. als betroffene Gemeinde im Sinne des § 73 Abs. 2, 3 VwVfG NRW öffentlich ausgelegt. In der Folge gingen mehrere Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange ein, die die Klägerin dazu veranlassten, unter dem 26. März 2010 und dem 11. Juni 2010 zwei Antragsänderungen einzureichen. In den Jahren 2010 und 2011 sprach der Beklagte gegenüber der Klägerin verschiedene Themenkomplexe etwa hinsichtlich der Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Landschaftsbild, der Planrechtfertigung, des Abfallartenkatalogs und des Artenschutzes an. Daraufhin reichte die Klägerin unter dem 22. Februar 2012 eine dritte Antragsänderung ein, die u.a. hinsichtlich dieser Punkte Ergänzungen enthielt.

Währenddessen, nämlich am 14. Dezember 2011, beschloss der Beklagte - neben drei weiteren Landschaftsplänen - die Aufstellung des Landschaftsplans C. .

Am 7. Mai 2012 wies das damalige nordrheinwestfälische Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz Planfeststellungsbehörden per Erlass an, Entscheidungen über die Planfeststellung für Deponien der Deponieklasse I an bislang nicht zur Ablagerung von Abfällen genutzten Standorten bis zur Durchführung einer landesweiten Bedarfsanalyse zunächst zurückzustellen. Die Klägerin erachtete die beantragte E. als nicht von den Voraussetzungen des Erlasses umfasst und vertrat die Auffassung, dass allenfalls die "Entscheidung" zurückgestellt werden müsse, nicht aber die weitere Förderung des Planfeststellungsverfahrens. Demgegenüber wartete der Beklagte zunächst die Veröffentlichung der Ergebniszusammenfassung der Bedarfsanalyse im Dezember 2013 ab. Er nahm das Verfahren im Juni 2014 wieder auf.

Die Klägerin reichte im August 2014 die vierte Änderung zum Antrag auf Planfeststellung ein. Diese hatte unter anderem eine veränderte Bedarfsanalyse und die Streichung aller gefährlichen Abfallarten (vgl. die Übersicht im Schreiben vom 12. September 2014, Bl. 1512 ff. der Verwaltungsvorgänge) sowie damit korrespondierende Anpassungen zum Gegenstand.

Vom 27. Oktober 2014 bis zum 28. November 2014 wurde der Entwurf des Landschaftsplans C. öffentlich ausgelegt. Mit Schreiben vom 25. Juni 2015 nahm die Klägerin hierzu Stellung und forderte die Aufnahme einer sogenannten Unberührtheitsklausel zugunsten des Deponievorhabens.

Die fünfte und letzte Antragsänderung der Klägerin erfolgte im Dezember 2015. Mit dieser Antragsänderung änderte die Klägerin einzelne Darstellungen insbesondere zur Sickerwasserbehandlung.

Der Landschaftsplan C. wurde am 16. März 2016 von dem Beklagten beschlossen und mit Veröffentlichung im Amtsblatt am 16. Juni 2016 in Kraft gesetzt. Der Landschaftsplan setzt im Süd-Westen des E2. Ortsteils C. und damit auf dem Vorhabengrundstück das Landschaftsschutzgebiet "0 - Parklandschaft um C. " fest.

Unter dem Kapitel "Allgemeine Festsetzungen für alle Landschaftsschutzgebiete" heißt es unter anderem:

"Insbesondere ist es verboten,

1. bauliche Anlagen zu errichten oder zu erweitern - auch wenn sie keiner Planfeststellung, Genehmigung oder Anzeige bedürfen [...]

8. die Oberflächengestalt zu verändern; es ist insbesondere verboten:

- Aufschüttungen, Verfüllungen [...] vorzunehmen [...].

Unberührt bleiben:

Abgrabungen geringen Umfangs für den Eigenbedarf eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes [...]."

Unter "F Ausnahmen" heißt es:

"Die untere Landschaftsbehörde kann in den nachfolgend genannten Fällen auf Antrag eine Ausnahme erteilen, wenn das Vorhaben nach Standort und Gestaltung der Landschaft angepasst wird und der jeweilige Schutzzweck nicht entgegensteht:

1. von den Verboten der Festsetzung 2.2 B Nr.1:

a.) für Vorhaben i. S. d. § 35 Abs. 1 Nrn. 2, 3 und 4 und Abs. 4 Nr. 6 BauGB [...]."

Am 23. Juni 2016 führte der Beklagte einen Erörterungstermin hinsichtlich des Deponievorhabens der Klägerin durch. Im Hinblick auf den zwischenzeitlich verkündeten Landschaftsplan C. ergänzte die Klägerin ihre Antragsunterlagen am 31. August 2016 um einen Antrag auf Erteilung einer Ausnahme von dem Verbotstatbestand des Landschaftsplans und hilfsweise einer Befreiung.

Der Antrag auf Planfeststellung wurde von dem Beklagten mit angefochtenem Bescheid vom 5. Dezember 2016 abgelehnt. Der Beklagte begründete diese Entscheidung mit dem entgegenstehenden Bauverbot des Landschaftsplans C. ; eine Ausnahme oder eine Befreiung sei insoweit nicht möglich.

Die Klägerin hat am 21. Dezember 2016 Klage erhoben.

Sie ist insbesondere der Auffassung, die Planung im Landschaftsplan C. verletze das planerische Prioritätsprinzip. Dieses Ordnungsprinzip gebiete es, jedenfalls im Rahmen einer Abwägung die zeitliche Reihenfolge paralleler Planungsverfahren zugunsten des zeitlich früheren zu berücksichtigen. Darüber hinaus fehle es schon an der fachlichen Rechtfertigung für ein Landschaftsschutzgebiet "Parklandschaft um C. ". Der Deponiefläche komme nur eine geringe Bedeutung für die seitens des Beklagten angestrebte Biotopvernetzung zu. Eine schützenswerte kleinstrukturierte bäuerliche Kulturlandschaft als typischer Ausschnitt der Parklandschaft des Münsterlandes liege angesichts einer wahrnehmbaren technogenen Überprägung gerade nicht vor. Ebenso wenig lägen die von dem Beklagten angeführten Pionier- und Ruderalfluren sowie feuchten Senken vor. Die Folge dieser Defizite sei eine Abwägungsdisproportionalität, die der Wirksamkeit des Landschaftsplanes entgegenstehe.

Jedenfalls habe sie einen Anspruch auf Zulassung einer Ausnahme, da es sich bei der geplanten E. um ein privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB handele. Insoweit habe der öffentliche Bedarf an einer E. der Klasse I im Regierungsbezirk Münster hohes Gewicht. Weiter habe der Beklagte ermessensfehlerhaft über die Zulassung einer Ausnahme entschieden. Der Beklagte sei zu Unrecht von einer gebundenen Entscheidung ausgegangen. Zudem habe er den bestehenden Entsorgungsnotstand, ihre erheblichen Investitionen, ihre Grundrechte aus der Eigentums- und Berufsfreiheit sowie schließlich die E. - und naturschutzrechtliche Rekultivierungspflicht nicht beachtet.

Zuletzt ist die Klägerin der Auffassung, dass ihr in Anbetracht des Gemeinwohlbelangs einer funktionierenden Abfallentsorgung jedenfalls eine Befreiung nach § 75 LNatSchG NRW in Verbindung mit § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG erteilt werden müsse.

Die Klägerin hat ursprünglich sinngemäß beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 5. Dezember 2016 zu verpflichten, auf ihren Antrag vom 22. Dezember 2009 in der Fassung der 5. Antragsergänzung vom 17. Dezember 2015 einen Planfeststellungsbeschluss für die Errichtung und den Betrieb der E. E1. -S. zu erteilen, hilfsweise, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 5. Dezember 2016 zu verpflichten, über ihren Antrag vom 22. Dezember 2009 in der Fassung der 5. Antragsergänzung vom 17. Dezember 2015 auf Erteilung eines Planfeststellungsbeschlusses für die Errichtung und den Betrieb der E. E1. -S. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Nachdem die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung die Klage insoweit zurückgenommen hat, als sie auf die Verpflichtung des Beklagten zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses gerichtet war, beantragt sie nunmehr,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 5. Dezember 2016 zu verpflichten, über ihren Antrag vom 22. Dezember 2009 in der Fassung der 5. Antragsergänzung vom 17. Dezember 2015 auf Erteilung eines Planfeststellungsbeschlusses für die Errichtung und den Betrieb der E. E1. -S. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft des Urteils neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die Ablehnung des begehrten Planfeststellungsbeschluss und insbesondere die Wirksamkeit des angegriffenen Landschaftsplans. Ein Verstoß gegen den planungsrechtlichen Prioritätsgrundsatz sei nicht gegeben. Es sei bereits fraglich, ob dieser bei einer gesetzlichen Planungspflicht überhaupt Anwendung finde. Jedenfalls könne das Prioritätsprinzip allenfalls als ein Abwägungselement unter mehreren betrachtet werden, das von ihm in den Planungsprozess auch tatsächlich einbezogen worden sei. Außerdem habe das Vorhaben der Klägerin wegen der langen Verfahrensdauer seine Priorität zumindest wieder verloren. Die Einstufung des Deponiegeländes als Landschaftsschutzgebiet sei sachlich gerechtfertigt, da nicht jede Teilfläche eines zusammenhängenden Landschaftsschutzgebietes für sich genommen schutzwürdig sein müsse. Zudem sei die zukünftige Entwicklung des Feuchtbiotops nach dem Rekultivierungsplan von 1996 in die naturschutzrechtliche Bewertung einzubeziehen.

Ein Anspruch der Klägerin auf Zulassung einer Ausnahme oder Befreiung zur Überwindung des Bauverbots bestehe nicht. Dazu bedürfe es des Vorliegens einer atypischen Sonderkonstellation, die der Plangeber weder konkret noch abstrakt vorhergesehen habe. Angesichts seines umfassenden Abwägungsprozesses und seiner Entscheidung gegen die Zulassung der E. könne dessen planerisches Konzept nicht durch eine Ausnahme oder Befreiung korrigiert werden.

Am 16. November 2018 hat ein Ortstermin, durchgeführt vom Berichterstatter, gefunden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO eingestellt.

Die aufrecht erhaltene Klage hat im tenorierten Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.

I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die Klageerweiterung, die in der Aufnahme einer Entscheidungsfrist von drei Monaten ab Rechtskraft in den Antrag enthalten ist, als Klageänderung im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO zulässig, da sie sachdienlich ist. Denn der insoweit ergänzte Bescheidungsantrag bietet die Möglichkeit, den Streit zwischen den Parteien auch im Hinblick auf eine etwaige Entscheidungsfrist endgültig beizulegen.

Vgl. allgemein nur Peters/Kujath, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 91 Rn. 53.

II. Die Klage ist überwiegend begründet. Die Ablehnung des Antrags der Klägerin vom 22. Dezember 2009, den Plan für die Errichtung und den Betrieb einer E. der Klasse I in E1. , S. 0, in der Fassung der 5. Änderung der Planunterlagen vom 17. Dezember 2015 festzustellen, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO (1.). Soweit sie darüber hinaus die Verpflichtung des Beklagten zu einer Entscheidung innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft des Urteils begehrt, ist die Klage unbegründet (2.).

1. Die Ablehnung des Antrags auf Planfeststellung ist rechtswidrig.

Anspruchsgrundlage für die begehrte Planfeststellung ist §§ 35 Abs. 2 Satz 1, 36 Abs. 1 KrWG. Gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 KrWG bedürfen die Errichtung und der Betrieb von Deponien sowie die wesentliche Änderung einer solchen Anlage oder ihres Betriebs der Planfeststellung durch die zuständige Behörde. Der Planfeststellungsbeschluss darf dabei nach § 36 Abs. 1 KrWG insbesondere nur erlassen werden, wenn sichergestellt ist, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird (Nr. 1), insbesondere keine Gefahren für die in § 15 Abs. 2 Satz 2 KrWG genannten Schutzgüter hervorgerufen werden können (lit. a).

Gemäß § 15 Abs. 2 KrWG sind Abfälle so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. Eine Beeinträchtigung liegt insbesondere dann vor, wenn die Ziele oder Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung nicht beachtet oder die Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege sowie des Städtebaus nicht berücksichtigt werden (Nr. 5) oder die öffentliche Sicherheit oder Ordnung in sonstiger Weise gefährdet oder gestört wird (Nr. 6).

Eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit im Sinne von § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 oder 6 KrWG, auf die sich der Beklagte in seinem ablehnenden Bescheid einzig berufen hat, liegt nicht vor. Anders als der Beklagte meint, steht dem Vorhaben der Klägerin das Bauverbot des Landschaftsplanes C. für das Landschaftsschutzgebiet "000 - Parklandschaft um C. " nicht entgegen, da dieses im Hinblick auf die vom Vorhaben betroffenen Flächen unwirksam ist. Der Landschaftsplan leidet nämlich - bezogen auf die Flächen, auf denen das Deponievorhaben entstehen soll - an einem beachtlichen Abwägungsfehler.

a) Zwar hat der Beklagte die Vorhabenfläche zu Recht in das Landschaftsschutzgebiet einbezogen; ein Verstoß gegen § 26 Abs. 1 BNatSchG liegt nicht vor. Danach sind Landschaftsschutzgebiete rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen aus einzeln benannten Gründen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft erforderlich ist. Materiellrechtlich ist dabei die "Erforderlichkeit" der Schutzerklärung zu prüfen, d.h. die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des in Rede stehenden Teils von Natur und Landschaft. Schutzwürdigkeit ist gegeben, wenn der Schutzgegenstand die in den gesetzlichen Schutzzweckbestimmungen der §§ 23 ff. BNatSchG aufgeführten Tatbestandsmerkmale erfüllt und zur Verwirklichung dieser Schutzziele geeignet ist.

Vgl. - statt aller - Appel, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl. 2016, § 26 Rn. 4 m.w.N.

Bei der Frage, ob Flächen in ein Landschaftsschutzgebiet einbezogen werden, ist das Normsetzungsermessen des Normgebers zu beachten.

Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. August 2013 - 2 A 2521/12 -, juris; Urteil vom 19. Januar 2001 - 8 A 2049/99 -, juris.

Nach dieser Maßgabe ist die Einbeziehung der betroffenen Flächen in das Landschaftsschutzgebiet nicht zu beanstanden. Die Schutzwürdigkeit des klägerischen Grundstücks ist zwar herabgesenkt, aber nicht insgesamt aufgehoben.

Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich eine fehlende Schutzwürdigkeit der Deponiefläche nicht bereits daraus, dass der maßgebliche Regionalplan Münsterland keine Ausweisung als Bereich für den Schutz der Natur (BSN) bzw. Bereich für den Schutz der Landschaft und der landschaftsorientierten Erholung (BSLE) vorsieht (vgl. § 4 Abs. 1 ROG, § 16 Abs. 2 Satz 1 LG NRW a.F., § 7 Abs. 3 Satz 1 LNatSchG NRW) und stattdessen auf der streitgegenständlichen Fläche eine Ausweisung zur Sicherung und zum Abbau oberflächennaher Bodenschätze vorliegt.

Dies steht einer Einbeziehung der Flächen in das Landschaftsschutzgebiet indes nicht entgegen, da bereits kein Raumordnungsziel existiert, wonach Landschaftsschutzgebiete außerhalb von BSN und BSLE unzulässig wären. Zudem folgt aus einer Ausweisung zur Sicherung und zum Abbau oberflächennaher Bodenschätze typischerweise, dass es im Anschluss zu umfassenden Rekultivierungen komme. Regelmäßig dürfte dabei von einer weiteren rekultivierungsbedürftigen Zwischennutzung nicht auszugehen sein.

Vgl. zum Ganzen OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. November 2017 - 20 B 868/17 -, S. 9.

Gegenteiliges lässt sich nicht aus dem Umstand herleiten, dass der korrespondierende Fachbeitrag des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW für die Deponiefläche keine Landschaftsbildeinheiten mit herausragender oder besonderer Bedeutung ausweist. Denn allein aus diesem negativen Befund kann nicht gefolgert werden, dass die Landschaft nicht schutzwürdig wäre. Diese Einschätzung entspricht der Bewertung der Bezirksregierung Münster, die bereits mit Schreiben vom 9. Januar 2009 (Bl. 42 der Verwaltungsvorgänge) mitgeteilt hat, dass gegen die geplante Errichtung der E. aus Sicht der Raumordnung und Landesplanung keine Bedenken erhoben werden. Diese Stellungnahme wurde mit Schreiben vom 29. Januar 2010 (Bl. 183 der Verwaltungsvorgänge) bekräftigt.

Allerdings kann für die betroffenen Grundstücke allenfalls von einem eingeschränkten landschaftlichen Schutzwert ausgegangen werden.

Die geplanten Deponieflächen befinden sich derzeit - nach Abschluss der Grubenverfüllung - in der Vorbereitungsphase für die Rekultivierung. Ein besonderer Schutzwert der Flächen, die momentan weit überwiegend keine herausgehobene Vegetation oder Besiedelung durch Tiere erfahren haben, kann zur Zeit nicht festgestellt werden. Nach Verfüllung der Tongruben weisen die Vorhabenflächen Züge einer Brachlandschaft auf, die noch in den ersten Stadien einer Vegetationssukzession steht. Die Flächen unterscheiden sich insoweit markant von den umliegenden Feld- und Waldgebieten, die ihrerseits den Charakter einer münsterländischen Parklandschaft prägen. Die Entfernung zum Waldesrand beträgt mindestens 500m, weshalb die Deponieflächen optisch nicht mehr dem Waldgebiet zugerechnet werden können. In der unmittelbaren Umgebung finden sich weitläufige, landschaftliche Nutzflächen und vereinzelte Wohn- und Hofgebäude, die sich von der Vorhabenfläche nach Erscheinungsbild und Funktion abgrenzen. Die für diese Einschätzung erforderlichen Eindrücke ergeben sich bereits aus den bei den Verwaltungsvorgängen befindlichen Unterlagen. Sie wurden durch die Augenscheinseinnahme des Berichterstatters im Ortstermin bestätigt. Der Berichterstatter hat seine Eindrücke den weiteren Kammermitgliedern - unterstützt durch die beim Ortstermin angefertigten Fotographien - vermittelt.

Weiter ist zu berücksichtigen, dass (jedenfalls derzeit) unmittelbar neben der geplanten E. eine ehemalige A. mit ca. 30m hohen Schornsteinen steht. Darüber hinaus befindet sich in ca. 2 km Entfernung (Luftlinie) ein I. der Firma L. , das mit 25m Bauhöhe noch über der Planungshöhe der E. liegt und nicht landschaftsmäßig eingepflegt ist. Der Charakter einer typisch münsterländischen Parklandschaft ist hinsichtlich dieser beiden Baukörper also bereits wesentlich durchbrochen.

Die landschaftliche Schutzwürdigkeit der Flächen ergibt sich gleichwohl daraus, dass sie nach dem Planfeststellungsbeschluss von 1996 in ein Feuchtbiotop verwandelt werden sollen. Die Unterschutzstellung soll gerade der Verwirklichung dieses Rekultivierungsplanes dienen und zielt auf Landschaftsschutz zur Entwicklung des Landschaftsraums und damit auf einen ausdrücklichen Schutzzweck nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ab.

So auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. November 2017 - 20 B 868/17 -, S. 9 f.

Für eine solche "Entwicklung" kommen alle Flächen in Betracht, die sich nicht oder nicht im gewünschten Maß in einem schutzwürdigen Zustand befinden, sich dazu aber entwickeln bzw. dahin entwickelt werden. Die einbezogenen Flächen müssen jedenfalls nach ihrer Ausstattung und Lage ein hinreichend konkretes Entwicklungspotential für eine Verbesserung des Naturhaushalts aufweisen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. August 2018 - 4 BN 8/18 -, juris Rn. 10 f. m.w.N.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Denn das herzustellende Feuchtbiotop wird dem Schutz von Lebensstätten und Lebensräumen bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten dienen (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG a.E.) und ist in seiner Entstehung wegen des Planfeststellungsbeschlusses von 1996 hinreichend sicher vorhersehbar.

In Verbindung mit dem Umstand, dass es im Landschaftsrecht möglich ist, auch für sich genommen nicht schützenswerte Flächen zum Schutz anderer Flächen des als Ganzen schützenswerten Gebiets in ein Landschaftsschutzgebiet aufzunehmen,

vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Februar 2009 - 7 CN 1/08 -, juris Rn. 31 ff.,

ist die Einbeziehung der Vorhabenflächen in das Landschaftsschutzgebiet vor diesem Hintergrund rechtlich nicht zu beanstanden.

b) Die Kammer kann es dahinstehen lassen, ob der Beklagte für das Landschaftsschutzgebiet überhaupt ein - dem Wortlaut nach - absolutes Veränderungsverbot festsetzen durfte. In einem Landschaftsschutzgebiet nach § 26 Abs. 1 BNatSchG dürfen nämlich repressive Verbote ohne Erlaubnisvorbehalt nur enthalten sein, wenn von vornherein feststeht, dass die verbotenen Maßnahmen den Charakter des unter Schutz gestellten Gebiets schlechthin verändern oder dem besonderen Schutzzweck schlechthin zuwiderlaufen, da landschaftsschutzrechtliche Verbote nicht weiter reichen dürfen, als es im Interesse der gesetzlich anerkannten Schutzgüter erforderlich ist. Handlungen, die dem Gebietscharakter oder dem besonderen Schutzzweck nicht generell abträglich sind, dürfen daher nur mit präventiven Verboten mit Erlaubnisvorbehalt belegt werden, die es der Landschaftsschutzbehörde ermöglichen, die Vereinbarkeit der Maßnahmen mit den Schutzgütern der Verordnung in jedem Einzelfall zu überprüfen, und einen Anspruch auf die Erteilung der Erlaubnis begründen, wenn die Schutzgüter nicht beeinträchtigt werden.

Vgl. dazu Nds. OVG, Urteil vom 13. März 2003 - 8 KN 236/01 -, juris Rn. 46 m.w.N.; Appel, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl. 2016, § 26 Rn. 23 f.

c) Das Bauverbot des Landschaftsschutzgebietes ist, soweit die Vorhabenflächen der Klägerin betroffen sind, jedenfalls deshalb unwirksam, weil es ein unverhältnismäßiges Abwägungsergebnis zum Inhalt hat.

Dabei kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der richterlichen Kontrolle von (untergesetzlichen) Normen im Grundsatz auf das Ergebnis des Rechtsetzungsverfahrens an, also auf die erlassene Vorschrift in ihrer regelnden Wirkung, und nicht auf die die Rechtsnorm tragenden Motive desjenigen, der an ihrem Erlass mitwirkt. Der Weg zu einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung des Abwägungsvorgangs ist bei untergesetzlichen Normen deshalb nur eröffnet, wenn der Normgeber - wie etwa im Bauplanungsrecht - einer besonders ausgestalteten Bindung an gesetzlich formulierte Abwägungsdirektiven unterliegt. Sind solche nicht vorhanden, kann die Rechtswidrigkeit einer Norm mit Fehlern im Abwägungsvorgang nicht begründet werden.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2017 - 4 BN 8/17 -, juris Rn. 8 m.w.N.

Für die Festsetzungen nach dem Bundesnaturschutzgesetz ist anerkannt, dass es solche gesetzlich formulierten Abwägungsdirektiven nicht gibt. Denn die dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen, die bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass einer Landschaftsschutzgebietsverordnung den Handlungsspielraum der Naturschutzbehörde prägt, ist - auch wenn sie als "Abwägung" bezeichnet wird - mit der Abwägung aller in Betracht kommenden Belange bei einer Planungsentscheidung nicht identisch. Es kommt bei der gerichtlichen Kontrolle einer Schutzgebietssatzung lediglich darauf an, ob die aufgrund der Abwägung getroffene Entscheidung über die Unterschutzstellung des Gebiets und die Verbote im Ergebnis zu beanstanden sind.

Vgl. Nds. OVG, Urteil vom 19. April 2018 - 4 KN 368/15 -, juris Rn. 72 m.w.N.

Nach dieser Maßgabe ist das Abwägungsergebnis des Beklagten, also die Festsetzung eines umfassenden Bauverbotes für die geplanten Deponieflächen der Klägerin, unverhältnismäßig und fehlerhaft. Denn das Vorhaben der Klägerin wird durch den Landschaftsplan vollständig ausgeschlossen, obwohl ihm aufgrund des zeitlichen Vorsprungs der Vorrang zukommt.

Für das Zusammentreffen konkurrierender Planungsvorstellungen kommunaler Bauleitplanung einerseits und Fachplanung andererseits ist anerkannt, dass grundsätzlich die eine Planung auf die andere, die einen zeitlichen Vorsprung hat, Rücksicht zu nehmen hat, sofern bereits ein hinreichender Grad der Verfestigung und Konkretisierung der Planung vorliegt.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 2007 - 7 B 73/06 -, juris Rn. 9; Beschluss vom 5. November 2002 - 9 VR 14/02 -, juris Rn. 9.

Dieser Grundsatz ist als allgemeiner Rechtsgedanke auch auf das Zusammentreffen einer Fachplanung wie der Planfeststellung einer B. mit einer landschaftsschutzrechtlichen Unterschutzstellung nach § 26 BNatSchG anzuwenden. Auch bei einem solchen Zusammentreffen besteht nämlich die Notwendigkeit, unauflösbare widersprüchliche Regelungen in dem abfallrechtlichen Planfeststellungsbeschluss einerseits und der landschaftsschutzrechtlichen Landschaftsplanung andererseits zu vermeiden. Da auf beiden Seiten prinzipiell gleichwertige Gemeinwohlbelange betroffen sind, bietet allein der Prioritätsgrundsatz ein sachgerechtes Mittel zur Konfliktvermeidung.

Insbesondere steht einer Übertragung der Grundsätze nicht entgegen, dass es für die Landschaftspläne eine "Planungspflicht" aus § 16 Abs. 1 Satz 1 LG NRW a.F. bzw. § 7 Abs. 1 Satz 1 LNatSchG NRW gibt. Denn eine solche Pflicht ergibt sich auch für Bauleitpläne aus § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Danach haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. In dieser Planungspflicht hat die Rechtsprechung jedoch kein Hindernis gesehen, den Prioritätsgrundsatz auf das Verhältnis von Bauleitplänen und Fachplänen anzuwenden. Warum sich dies für die Landschaftsplanung anders verhalten sollte, ist nicht erkennbar. Im Gegenteil ergibt sich aus § 2 Abs. 3 BNatSchG, dass sich ein Landschaftsplan auf die anderweitigen Anforderungen der Allgemeinheit an Natur an Landschaft einzustellen hat. Da die Entsorgungssicherheit und damit die Deponieplanung (jedenfalls auch) im allgemeinen Interesse liegen, drängt sich als Konkurrenzmaßstab der Prioritätsgrundsatz auf.

Vgl. auch Nds. OVG, Urteil vom 19. April 2018 - 4 KN 368/15 -, juris Rn. 75.

Die Deponieplanung der Klägerin ist gegenüber der Landschaftsplanung des Beklagten prioritär.

Dabei markiert bezüglich eines Fachplanungsvorhabens in der Regel die Auslegung der Planunterlagen den Zeitpunkt einer hinreichenden Verfestigung.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. November 2002 - 9 VR 14/02 -, juris Rn. 9; so auch Nds. OVG, Urteil vom 19. April 2018 - 4 KN 368/15 -, juris Rn. 76.

Dies ist in der Regel deckungsgleich mit der Voraussetzung, dass die Antragsunterlagen das Stadium der Prüffähigkeit erreicht haben.

Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. September 2018 - 8 A 1886/16 -, juris Rn. 55 ff. m.z.w.N. (immissionsschutzrechtlicher Vorbescheid); allgemein Sittig, Prioritätsprinzip, S. 294 ff.

Dieser Zeitpunkt ist von dem der Genehmigungsfähigkeit zu unterscheiden, setzt also nur voraus, dass die Unterlagen sich zu allen rechtlich relevanten Aspekten des Vorhabens verhalten und die Behörde in die Lage versetzen, den Antrag unter Berücksichtigung dieser Vorgaben näher zu prüfen.

Mit der Auslegung wird ein Vorhaben, das in seiner Art und seinem Umfang im Wesentlichen erkennbar ist, öffentlich gemacht, so dass sich die daraus ergebenden planerischen Konflikte vorhersehen und - zumindest im weiteren Verfahren - lösen lassen. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt müssen zeitlich spätere Fachplanungen damit rechnen und sich darauf einstellen, dass die prioritäre Planung in einer im Kern unveränderten Form Wirklichkeit wird.

Das Abstellen auf den Zeitpunkt der Auslegung rechtfertigt sich zudem vor der Überlegung, dass das Vorhaben damit so weitgehend eingegrenzt wurde, dass die Träger öffentlicher Belange und die Öffentlichkeit dazu qualifiziert Stellung nehmen konnten. Dem entspricht die gesetzliche Regelung des § 73 Abs. 2, 3 VwVfG NRW, wonach die öffentliche Auslegung erfolgt, wenn die Unterlagen aus Sicht der Anhörungsbehörde vollständig sind, also jedenfalls die eigenständige Prüfung durch die Behörde auf die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens ermöglichen.

Weiter muss ein Vorhabenträger zur Anfertigung der Planungsunterlagen erhebliche Investitionen tätigen, die im Sinne des Prioritätsprinzips schützenswert sind. Denn auf der Grundlage der vollständigen Antragstellung darf der Vorhabenträger berechtigterweise darauf vertrauen, dass dieser Aufwand (insbesondere durch Fachgutachten) als hinreichend verfestigte Planung anerkannt und nicht durch Planungen eines Konkurrenten nachträglich entwertet wird.

Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. September 2018 - 8 A 1886/16 -, juris Rn. 59 f. m.w.N.

Nach dieser Maßgabe kommt dem Deponievorhaben der Klägerin ein erheblicher zeitlicher Vorsprung vor der Landschaftsplanung des Beklagten zu. Die Auslegung der Planunterlagen fand für das Deponievorhaben der Klägerin bereits im Januar und Februar 2010 statt, also mehr als 4 1/2 Jahre, bevor die Unterlagen zum Landschaftsplan C. im Oktober und November 2014 ausgelegt wurden.

Anhaltspunkte dafür, den Zeitpunkt der hinreichenden Verfestigung des klägerischen Vorhabens ausnahmsweise erst nach der Auslegung der Unterlagen anzusiedeln, sind nicht erkennbar.

aa) Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die späteren Antragsänderungen der Klägerin. Diese sind entweder bloße Konkretisierungen ihres Vorhabens wie etwa die Ergänzungen zur Basisabdichtung in der 1. Antragsänderung oder zur Standsicherheit in der 2. Antragsänderung oder reduzieren die Auswirkungen der E. auf Umwelt und Anwohner (bspw. mit der Streichung aller gefährlichen Abfallarten in der 4. Antragsänderung), stellen also ein bloßes Minus zur ursprünglichen Antragstellung dar. Dass die Antragsänderungen das Vorhaben nicht in seinem Kern und seinen (nachteiligen) Auswirkungen verändert haben, zeigt sich auch daran, dass der Beklagte selbst eine erneute Auslegung der Planungsunterlagen nicht für erforderlich hielt.

bb) Nichts anderes ergibt sich daraus, dass für die geplanten Deponieflächen der Klägerin noch eine Rekultivierungspflicht aus dem Planfeststellungsbeschluss des Jahres 1996 besteht, die die Landschaftsplanung gerade verwirklichen und schützen will. Denn es handelt sich insoweit nicht um eine Planung des Beklagten, die in Konkurrenz zum Deponievorhaben der Klägerin steht, sondern um eine eigene Planung der Klägerin selbst. Da die Rekultivierungspflicht der Klägerin planfestgestellt ist, steht es ihr zwar nicht frei, diese Planung einseitig aufzugeben. Es ist aber nicht ausgeschlossen, die bestehende Rekultivierungsplanung durch eine andere, gleich- oder höherwertige Planung zu ersetzen. Davon gehen etwa auch die Regelungen der §§ 76 Abs. 1, 77 VwVfG NRW aus.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2007 - 9 A 22/06 -, BVerwGE 130, 138, juris Rn. 16; allgemein Neumann/Külpmann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 76 Rn. 8 f.

Zudem kommt dem Umstand einer bereits bestehenden Rekultivierungsplanung keine Aussagekraft darüber zu, in welchem (zeitlichen) Verhältnis die Landschaftsplanung des Beklagten und die Deponieplanung der Klägerin stehen.

cc) Schließlich hat das Vorhaben der Klägerin entgegen der Auffassung des Beklagten seine zeitliche Priorität nicht etwa wegen einer (zu) langen Verfahrensdauer eingebüßt. Ein solcher Vorrangverlust dürfte schon dem Grundgedanken des Prioritätsprinzips widersprechen und käme nur dann in Betracht, wenn der Begünstigte sich erkennbar von seinem Vorhaben abgewandt hat. Es ist jedoch nichts dafür zu erkennen, dass die Klägerin von ihrem Vorhaben Abstand genommen haben sollte oder es auch nur vorübergehend in der Schwebe halten wollte. Im Gegenteil finden sich in der Historie des Planfeststellungsverfahrens zahlreiche Hinweise darauf, dass die Klägerin das Verfahren seitens des Beklagten schneller betrieben sehen wollte. Soweit dies im Einwirkungsbereich der Klägerin lag, hat diese auf Änderungswünsche oder Hinweise des Beklagten umgehend reagiert und das Verfahren gefördert. So hat die Klägerin etwa auf Einwendungen von Trägern öffentlicher Interessen nach der Auslegung der Planunterlagen Anfang 2010 noch im selben Jahr die ersten beiden Antragsänderungen vorgelegt. Zudem hat sie unmittelbar nach Wiederaufnahme des Planfeststellungsverfahrens durch den Beklagten im Juni 2014 eine 4. Antragsänderung vorgelegt, die insbesondere die Streichung aller gefährlichen Abfallarbeiten zum Gegenstand hat.

Die zeitliche Priorität des klägerischen Vorhabens wird von den Festsetzungen des Landschaftsplanes C. nicht berücksichtigt. Der Landschaftsplan leidet insoweit an einer Abwägungsdisproportionalität.

Rechtsfolge des zeitlichen Vorrangs eines Vorhabens ist die Pflicht späterer Vorhaben, das frühere Vorhaben zu berücksichtigen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 2007 - 7 B 73/06 -, juris Rn. 9; Nds. OVG, Urteil vom 19. April 2018 - 4 KN 368/15 -, juris Rn. 75.

Aus dem Prioritätsgrundsatz folgt, dass damit ein besonders erheblicher Abwägungsgesichtspunkt im Verhältnis von früheren zu späteren Planungen formuliert wird, der in aller Regel zur Durchsetzung des zeitlich vorrangigen Vorhabens führt. Für den von der Klägerin geforderten unbedingten und zwingenden Vorrang der prioritären Planung sieht die Kammer dagegen keine rechtliche Grundlage. Auch das Bundesverwaltungsgericht spricht davon, dass der Prioritätsgrundsatz "ein wichtiges Abwägungskriterium" sei.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. November 2002 - 9 VR 14/02 -, juris Rn. 9; ebenso Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 26/94 -, BVerwGE 100, 388, juris Rn. 26.

Zwar ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass im Ausnahmefall herausragende Gemeinwohlbelange anzunehmen sein können, die ein Überwinden des zeitlichen Vorrangs möglich oder sogar erforderlich machen.

Solche sind vorliegend jedoch nicht zu sehen. Daher kann die Abwägungsentscheidung des Beklagten, ein umfassendes Bauverbot für die betroffenen Flächen festzusetzen, keinen Bestand haben.

Die Priorität des Deponievorhabens hat in den Festsetzungen des Landschaftsplanes überhaupt keine oder jedenfalls keine angemessene Berücksichtigung gefunden. Der Landschaftsplan enthält ein umfassendes Bauverbot, das das Vorhaben der Klägerin vollständig ausschließt. Dieses Bauverbot ist der größtmögliche Eingriff in die prioritäre Planung der Klägerin und lässt sich vorliegend nicht durch herausragende Gemeinwohlbelange rechtfertigen.

Das Vorhaben der Klägerin wird gemäß B 1 (Bauliche Anlagen) und B 8 (Aufschüttungen) der "Allgemeinen Festsetzungen" des Landschaftsplanes ausgeschlossen. Die vorgesehenen Ausnahme- bzw. Befreiungsmöglichkeiten ändern an diesem Befund nichts. Denn sie sind auf den Fall der Klägerin gerade nicht anwendbar. Der Plangeber hat sich ausweislich der Sitzungsvorlage für die Beschlussfassung über den Landschaftsplan mit dem Vorhaben der Klägerin eingehend auseinandergesetzt und dieses bewusst nicht zugelassen. Es wäre eine unzulässige Korrektur dieser plangeberischen Entscheidung und damit ermessensfehlerhaft, wenn das Vorhaben der Klägerin über die Institute der Ausnahme bzw. Befreiung zugelassen würde.

Außergewöhnliche Umstände, die geeignet wären, den erheblichen zeitlichen Vorrang der Planung der Klägerin zu überwinden, liegen nicht vor.

Nach dem bereits oben Ausgeführten sind die betroffenen Flächen derzeit nur sehr eingeschränkt schutzwürdig. Ein herausragender oder auch nur besonderer landschaftlicher Wert ist ihnen nicht zuzuerkennen.

Auch die Rekultivierungspflicht der Klägerin nach dem Planfeststellungsbeschluss von 1996 rechtfertigt keinen vollständigen Ausschluss des Deponievorhabens. Denn das Deponievorhaben und der begehrte Planfeststellungsbeschluss enthalten gleichfalls Rekultivierungsplanungen, die die Herstellung eines Feuchtbiotops vorsehen. Der vom Beklagten erstrebte Schutz dieser (zukünftigen) Biotopfläche wird demnach nicht endgültig vereitelt, sondern lediglich verzögert. Diese Verzögerung wiederum kann in der Bestimmung des Biotopwerts der jeweiligen Planungen berücksichtigt werden. Da die Deponieplanung der Klägerin nach ihrem unwidersprochenen Vortrag auch unter Einbeziehung des zeitlichen Hinausschiebens einen höheren Biotopwert als die Planung von 1996 aufweist,

vgl. etwa die Anlage 4.2 zum 5. Änderungsantrag, aus der ein Biotopwertüberschuss der Deponierekultivierung gegenüber der Rekultivierungsplanung von 1996 hervorgeht, der auch die zeitliche Verzögerung der Biotopherstellung in den Blick nimmt,

kann die bloße Verzögerung der Rekultivierung eine vollständige Untersagung des Deponievorhabens nicht tragen.

Zwar untersucht der Biotopwertvergleich - soweit anhand der Unterlagen erkennbar ist - nur, welcher Biotopwert der Planung von 1996 12 bis 14 Jahre nach ihrer Umsetzung im Vergleich zur gegenwärtigen Planung nach Abschluss der Rekultivierungsarbeiten für die E. zukommt. Damit wird nicht berücksichtigt, dass innerhalb der aktiven Deponienutzung nur sukzessive ein Biotop aufgebaut werden soll und damit einige Jahre an Biotopnutzung verloren gehen. Allein diese Verzögerung in der Umsetzung der Rekultivierungsplanung ist jedoch nicht geeignet, das Vorhaben der Klägerin insgesamt auszuschließen. Vielmehr ist im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens zu bestimmen, welcher Biotopwert und welcher zeitliche Ablauf der Rekultivierung geeignet ist, den Verzug in der Biotopherstellung zumindest auszugleichen.

Der Verstoß gegen den Prioritätsgrundsatz ist auch im Sinne des § 30 LG NRW a.F. erheblich und beachtlich.

Gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 LG NRW a.F. (nunmehr § 21 Abs. 2 Satz 1 LNatSchG NRW) sind Mängel im Abwägungsvorgang für die Rechtswirksamkeit des Landschaftsplans nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Darauf hat der Beklagte entsprechend § 30 Abs. 4 LG NRW a.F. bei der Bekanntmachung der Durchführung des Anzeigeverfahrens hingewiesen.

Vgl. Amtsblatt des Beklagten Nr. 14/2016 vom 16. Juni 2016.

Unabhängig davon, dass es sich vorliegend bereits nicht um einen Fehler im Abwägungsvorgang, sondern unmittelbar im Abwägungsergebnis handelt, liegen jedenfalls die Voraussetzungen einer Unbeachtlichkeit nicht vor.

Der Fehler ist offensichtlich im Sinne des § 30 Abs. 2 Satz 1 LG NRW a.F. "Offensichtlich" sind nach der zur Bauleitplanung ergangenen Rechtsprechung, deren Grundsätze auf die Landschaftsplanung übertragbar sind, solche Mängel, die auf äußeren, objektiv feststellbaren Umständen beruhen und ohne Ausforschung der Mitglieder des zur Beschlussfassung berufenen Gremiums über deren Planungsvorstellungen erkennbar sind. Fehler und Irrtümer, die z.B. die Zusammenstellung und Aufbereitung des Abwägungsmaterials, die Erkenntnis und Einstellung aller wesentlichen Belange in die Abwägung oder die Gewichtung der Belange betreffen und die sich aus Akten, Protokollen, aus der Entwurfs- oder Planbegründung oder aus sonstigen Unterlagen ergeben, sind in diesem Sinne "offensichtlich".

Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 21., August 1981 - 4 C 57/80 -, BVerwGE 64, 33, juris Rn. 20 ff.; vgl. auch VG Arnsberg, Urteil vom 17. Juni 2009 - 1 K 1000/08 -, juris Rn. 101.

Es reicht demnach aus, dass der Fehler im Abwägungsergebnis auf objektiver Seite feststellbar ist; er muss hingegen nicht "offensichtlich" im Sinne von "evident" sein.

Die vorliegend zu einem Fehler im Abwägungsergebnis führenden Umstände sind in diesem Sinne offensichtlich. Denn sie ergeben sich aus den objektiv feststellbaren und aktenmäßig dokumentierten Umständen zum Planfeststellungsverfahren zum Vorhaben der Klägerin und seiner Berücksichtigung im Rahmen des Aufstellungsverfahrens zum Landschaftsplan C. .

Der Fehler hat auch Einfluss auf das Abwägungsergebnis, weil er nach dem zuvor Gesagten schon nicht den Abwägungsvorgang als solchen, sondern vielmehr unmittelbar das Abwägungsergebnis selbst betrifft.

Zuletzt ist der Mangel des Abwägungsergebnisses nicht gemäß § 30 Abs. 3 Nr. 2 LG NRW a.F. unbeachtlich, weil die Klägerin mehrfach gegenüber dem Beklagten auf die unzureichende Berücksichtigung ihres Vorhabens hingewiesen hat und zudem innerhalb von zwei Jahren nach Bekanntmachung des Landschaftsplanes Klage gegen den ablehnenden Bescheid zum Planfeststellungsverfahren erhoben hat. Darin bezieht sich die Klägerin maßgeblich auf die Unwirksamkeit des Landschaftsplanes und legt den Sachverhalt, der den Mangel begründet, umfassend dar.

Andere Gründe als das (unwirksame) Bauverbot des Landschaftsplan, die dem Vorhaben der Klägerin von vornherein entgegenstünden und die Ablehnung des Antrags auf Planfeststellung ohne weitere Sachprüfung rechtfertigen würden, sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.

Die Gebührenfestsetzung ist aufzuheben, da sie unabhängig von der Sachentscheidung nicht bestehen bleiben kann.

2. Insofern die Klägerin die Verpflichtung des Beklagten zu einer Entscheidung innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft dieses Urteils erstrebt, ist die Klage unbegründet. Für das Begehren der Klägerin findet sich im materiellen Recht keine Anspruchsgrundlage.

Aus § 10 Satz 2 VwVfG NRW, wonach das Verwaltungsverfahren einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen ist, ergibt sich ein derartiger Anspruch nicht. Denn da diese Vorschrift der Behörde ein Verfahrensermessen einräumt, kommen einklagbare Rechte eines Beteiligten nur im Fall einer Ermessensreduzierung auf Null in Betracht.

Vgl. Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 10 Rn. 18, 21.

Dafür, dass vorliegend einzig eine Entscheidung des Beklagten über den Antrag der Klägerin auf Planfeststellung innerhalb von drei Monaten ermessensgerecht ist, ist nichts ersichtlich. Schon der Umfang der beantragten Planfeststellung spricht gegen eine solche Verpflichtung. Zudem stammen die Antragsunterlagen der Klägerin, über die der Beklagte erneut entscheiden muss, in der Fassung der letzten Antragsänderung von Dezember 2015 und sind demnach nahezu vier Jahre alt. Es ist nicht auszuschließen - sondern vielmehr naheliegend -, dass sich in der Zwischenzeit beachtliche Änderungen der maßgeblichen Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Planfeststellung ergeben haben, die Antragsüberarbeitungen der Klägerin erforderlich machen.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 155 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO. Die Kammer bewertet das Unterliegen bzw. den Anteil der teilweisen Klagerücknahme im Verhältnis zum Obsiegen der Klägerin mit 1/3.

Vgl. etwa Rennert, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 155 Rn. 3.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 Sätze 1, 2 ZPO.

Die Berufung wird gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, weil die Frage von Anwendbarkeit und Rechtsfolge des Prioritätsgrundsatzes grundsätzliche Bedeutung hat.