BGH, Urteil vom 16.12.2020 - VIII ZR 108/20
Fundstelle
openJur 2021, 337
  • Rkr:
Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 2. April 2020 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Der Beklagte mietete von der Klägerin mit Vertrag vom 10. Dezember 1980 eine - damals öffentlich geförderte - 77 qm große Wohnung in Köln. Nach dem damaligen Mietvertrag waren neben der Grundmiete lediglich die Kosten für Heizung, Wasser Entwässerung, Aufzug und Treppenreinigung gesondert umzulegen (Teilinklusivmiete).

Im Jahr 2006 beanspruchte die Klägerin eine Nebenkostennachforderung in Höhe von 131,46 €, die sie auf der Grundlage einer Abrechnung sämtlicher Nebenkosten (und nicht nur der ursprünglich als gesondert umlegbar vereinbarten) errechnet hatte. In dem rechtskräftig gewordenen Urteil des Amtsgerichts Köln vom 5. September 2006, das ihr diesen Betrag zugesprochen hat, ist in den Gründen ausgeführt, dass das Gericht "von einer wirksamen Umstellung der Mietstruktur dahin ausgehe, dass alle Nebenkosten abgerechnet werden könnten, da die Klägerin unbestritten vorgetragen habe, dass die Nebenkosten seit der Umstellung so ohne Beanstandung abgerechnet worden seien".

In den Jahren 2016 und 2017 verlangte die Klägerin eine Erhöhung der Grundmiete "netto kalt", der der Beklagte jeweils zustimmte.

Mit Schreiben vom 27. August 2018 begehrte die Klägerin die Zustimmung des Beklagten zu einer Erhöhung der Grundmiete von 408,56 € um 19,36 € ab 1. November 2018. Die in diesem Schreiben angegebenen Vorauszahlungen für Heizung und Betriebskosten sollten dabei unverändert bleiben. Die ortsübliche Vergleichsmiete ist in dem Mieterhöhungsbegehren anhand des Mietspiegels mit 8,42 € je qm angegeben. Die begehrte erhöhte Grundmiete ist in dem Erhöhungsverlangen mit 5,56 € je qm angegeben. Zwischen den Parteien steht nicht in Streit, dass die begehrte erhöhte Grundmiete die ortsübliche Vergleichsmiete nicht übersteigt.

Das Amtsgericht hat die auf Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Gründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

Das Amtsgericht sei zwar an sich zutreffend davon ausgegangen, dass ein Mieterhöhungsverlangen im Fall einer Teilinklusivmiete formell unwirksam sei, wenn es mit einem Nettomieten ausweisenden Mietspiegel begründet werde, ohne dass die in der Teilinklusivmiete enthaltenen Nebenkosten herausgerechnet und gesondert ausgewiesen seien.

Hier sei aber zu einem früheren Zeitpunkt eine Umstellung der Mietstruktur von einer Teilinklusivmiete auf eine Grundmiete und gesonderter Abrechnung sämtlicher Nebenkosten erfolgt. Eine dahingehende stillschweigende Vereinbarung sei dem Verhalten der Mietvertragsparteien im Anschluss an das Urteil des Amtsgerichts im Jahre 2006 zu entnehmen. Denn die Klägerin habe nachfolgend jeweils sämtliche Nebenkosten gesondert abgerechnet, ohne dass der Beklagte dies beanstandet habe. Darüber hinaus habe er den Mieterhöhungsbegehren aus den Jahren 2016 und 2017 entsprochen, was als Zustimmung beziehungsweise Billigung der Mietstruktur anzusehen sei. Angesichts der bereits erfolgten Umstellung der Mietstruktur auf eine Nettomiete unterliege das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin keinen Bedenken in formeller Hinsicht.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand; die Revision ist daher zurückzuweisen.

1. Das Mieterhöhungsbegehren der Klägerin vom 27. August 2018 ist formell ordnungsgemäß, denn es wird den Begründungsanforderungen des § 558a BGB gerecht, indem es die begehrte erhöhte (Grund-)Miete unter Bezugnahme auf den Mietspiegel erläutert.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es insoweit nicht darauf an, ob im Zeitpunkt des Mieterhöhungsbegehrens weiterhin die im ursprünglichen Mietvertrag vereinbarte Teilinklusivmiete galt. Denn das Mieterhöhungsbegehren vom 27. August 2018 ist auch dann ordnungsgemäß begründet (§ 558a BGB), wenn es seit Abschluss des Mietvertrags nicht zu einer Änderung der Mietstruktur gekommen sein sollte, so dass die Klägerin weiterhin nur die im damaligen Mietvertrag aufgeführten Betriebskosten wirksam umlegen könnte.

a) Die gemäß § 558a BGB erforderliche Begründung des Mieterhöhungsbegehrens soll dem Mieter die Möglichkeit geben, dessen sachliche Berechtigung - zumindest im Ansatz - zu überprüfen, um überflüssige Prozesse zu vermeiden. Deshalb muss das Mieterhöhungsverlangen dem Mieter konkrete Hinweise zur sachlichen Berechtigung des Begehrens geben, damit der Mieter es innerhalb der Überlegungsfrist zumindest im Ansatz überprüfen und sich darüber schlüssig werden kann, ob er seine Zustimmung ohne eine gerichtliche Auseinandersetzung mit dem Vermieter erteilt (Senatsurteile vom 29. April 2020 - VIII ZR 355/18, NJW 2020, 1947 Rn. 48; vom 18. Dezember 2019 - VIII ZR 236/18, NZM 2020, 459 Rn. 15; vom 12. Dezember 2007 - VIII ZR 11/07, NJW 2008, 573 Rn. 12, st. Rspr.).

Hierzu ist es erforderlich, dass der Mieter dem Mieterhöhungsverlangen die begehrte erhöhte Miete betragsmäßig entnehmen kann und dass die Mieterhöhung durch nähere Hinweise nach § 558a Abs. 2 BGB auf die ortsübliche Vergleichsmiete - etwa durch Bezugnahme auf einen Mietspiegel (§ 558a Abs. 1 Nr. 1 BGB) - begründet wird.

b) Diesen Anforderungen wird das Mieterhöhungsschreiben der Klägerin gerecht, indem es ausführt, dass sich die Grundmiete - bei unveränderten Vorauszahlungen für Heizung und Betriebskosten - von bisher 408,56 € ab dem 1. November 2018 auf 427,92 € erhöhen soll. Des Weiteren enthält das Mieterhöhungsbegehren unter Bezugnahme auf den örtlichen Mietspiegel nähere Ausführungen zur ortsüblichen Vergleichsmiete der streitigen Wohnung, die mit 8,42 € je qm beziffert wird.

Angaben dazu, ob in der Grundmiete einzelne nicht gesondert umlegbare Betriebskosten enthalten waren, bedurfte es ebenso wenig wie einer Herausrechnung solcher Kosten. Denn nach der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 10. Oktober 2007 - VIII ZR 331/06, NJW 2008, 848 Rn. 11) bedarf es einer solchen Herausrechnung der in der Grundmiete etwa enthaltenen Betriebskosten nicht, wenn auch die begehrte erhöhte (Teilinklusiv-)Miete die (anhand reiner Nettomieten) ermittelte ortsübliche Vergleichsmiete nicht übersteigt. Einer Herausrechnung des etwa in der Grundmiete enthaltenen Betriebskostenanteils bedarf es vielmehr nur dann, wenn eine begehrte erhöhte Teilinklusivmiete höher liegt als die in dem Mieterhöhungsschreiben genannte, auf reinen Nettomieten basierende ortsübliche Vergleichsmiete.

In einem solchen Fall kann der Mieter nämlich die Berechtigung des Mieterhöhungsbegehrens insoweit nicht überprüfen, als es die genannte ortsübliche Vergleichsmiete übersteigt. Deshalb ist es in derartigen Fällen erforderlich, dass der Vermieter in seinem Mieterhöhungsschreiben Angaben zur Höhe der in der Miete enthaltenen Betriebskosten macht. Diese kann er dann entweder von der Teilinklusivmiete abziehen und die so "bereinigte" Miete der im Mietspiegel ausgewiesenen ortsüblichen Vergleichsmiete gegenüberstellen oder alternativ die Mietspiegelmiete um den Betriebskostenanteil erhöhen und den so ermittelten Betrag der vereinbarten Teilinklusivmiete gegenüberstellen (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 2005 - VIII ZR 41/05, NZM 2006, 101 Rn. 13; vom 20. Januar 2020 - VIII ZR 141/09, NJW-RR 2010, 735 Rn. 13 f.). Vorliegend war ein derartiges Rechenwerk indes - wie ausgeführt - nicht erforderlich, weil die begehrte erhöhte Miete von 5,56 € je qm weit unter der ortsüblichen Vergleichsmiete von 8,42 € je qm lag.

c) Entgegen der Auffassung der Revision fehlt es dem Mieterhöhungsbegehren der Klägerin auch nicht deshalb an einer ausreichenden Begründung im Sinne des § 558a BGB, weil es untrennbar mit einem Angebot zur Änderung der Mietstruktur verbunden gewesen wäre und der Beklagte deshalb nicht hätte erkennen können, in welchem Umfang das Erhöhungsverlangen auf die begehrte Änderung der Mietstruktur gerichtet ist und inwiefern es sich auf § 558 BGB stützt (vgl. Senatsurteil vom 7. Juli 2010 - VIII ZR 321/09, NJW 2010, 2945 Rn. 10 ff.).

Ein solches Angebot hat die Klägerin nicht abgegeben. Das Mieterhöhungsverlangen enthält schon keinerlei Angaben dazu, welche Betriebskosten im Mietverhältnis der Parteien gesondert umlegbar sind. Erst recht ist - selbst bei Unterstellung einer fortbestehenden Teilinklusivmiete wie zu Beginn des Mietverhältnisses - nicht ansatzweise erkennbar, dass die Klägerin mit dem Mieterhöhungsbegehren auch eine vertragliche Änderung der Mietstruktur in der Weise erstrebte, dass nunmehr auch bisher in der Grundmiete enthaltene Betriebskosten gesondert umgelegt werden dürften.

d) Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass - sofern es entscheidend auf die Frage einer bereits in der Vergangenheit vorgenommenen Änderung der Mietstruktur angekommen wäre - ein Hinweis an die Parteien bezüglich der Möglichkeit einer wirksamen Umstellung der Mietstruktur durch einseitige Erklärung des Vermieters nach § 10 WoBindG während der Zeit der Mietpreisbindung in Betracht gekommen wäre (zu einem vergleichbaren Fall siehe etwa Senatsurteil von 7. Juli 2010 - VIII ZR 321/09, aaO Rn. 14 f.). Schon im amtsgerichtlichen Urteil aus dem Jahr 2006 klingt an, dass es (wovon auch das Berufungsgericht letztlich ausgehen dürfte) offenbar lange Zeit zuvor eine Umstellung der Miete gegeben habe und die Nebenkosten danach unbeanstandet umfassend abgerechnet worden seien. Es liegt nahe, dass es sich dabei um eine Umstellung nach § 10 WoBindG noch während der Zeit der Preisbindung handelte, die dem Vermieter die Möglichkeit gab, einerseits die Grundmiete um den Betrag der bisher darin enthaltenen Betriebskosten zu ermäßigen und dafür andererseits die Betriebskosten insgesamt gesondert umzulegen.

2. Die materiellen Voraussetzungen der gemäß § 558 BGB begehrten Mieterhöhung (ortsübliche Vergleichsmiete, Sperrfrist, Wartefrist, Kappungsgrenze) stehen zwischen den Parteien nicht in Streit.

Dr. Milger Dr. Fetzer Kosziol Dr. Liebert Dr. Schmidt Vorinstanzen:

AG Köln, Entscheidung vom 19.07.2019 - 221 C 28/19 -

LG Köln, Entscheidung vom 02.04.2020 - 6 S 163/19 -

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