SG Würzburg, Urteil vom 13.01.2020 - S 1 R 291/19
Fundstelle
openJur 2020, 80217
  • Rkr:
Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der xx geborene Kläger hat ursprünglich den Beruf eines Zimmerers erlernt, hat von 2010 bis 2012 den geprüften Verkehrsfachwirt abgeschlossen und war zuletzt als Sachbearbeiter in einem Büro versicherungspflichtig beschäftigt. Derzeit ist der Kläger in einer Justizvollzugsanstalt inhaftiert.

Am 18.09.2018 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ den Kläger am 19.12.2018 von dem Internisten Dr. S untersuchen und begutachten. Nach Auswertung dieses Gutachtens hat die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 08.01.2019 abgelehnt. Das anschließende Widerspruchsverfahren blieb ebenfalls erfolglos. Mit Bescheid vom 16.04.2019 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die Klage vom 13.05.2019. Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, er sei nicht mehr in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Es seien nicht alle Befunde und Krankheitsbilder bei der Beurteilung berücksichtigt worden. Insbesondere leide er unter einem chronischen Schmerzsyndrom.

Das Gericht hat einen Befundbericht des behandelnden Arztes angefordert und den Facharzt für Innere Medizin und Sozialmedizin Dr. C. zum ärztlichen Sachverständigen ernannt. In seinem Gutachten vom 21.10.2019 führte dieser zusammenfassend aus, dass eine quantitative Leistungsminderung nicht vorliege und der Kläger weiterhin zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.01.2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.04.2019 zu verurteilen, Rente wegen Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Akten der Beklagten, insbesondere auf die genannten ärztlichen Gutachten, Befundberichte und Unterlagen Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig (vgl. §§ 51, 57, 78, 87, 90 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden. Die Kammer konnte sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht davon überzeugen, dass der Kläger erwerbsgemindert im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung ist.

Versicherte haben Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, die teilweise (§ 43 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, 6. Buch - SGB VI -) bzw. voll (§ 43 Abs. 2 SGB VI) erwerbsgemindert sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Diese Voraussetzungen sind bei dem Kläger nicht erfüllt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Kläger noch mindestens sechsstündig einsetzbar und auf objektiv und subjektiv zumutbare Beschäftigungen verweisbar. Maßgeblich für die Beurteilung der dem Kläger verbliebenen Leistungsfähigkeit sind dabei die medizinischen Befunde und die daraus folgende Bewertung, in welchem Umfang eine Arbeitsleistung noch zumutbar ist.

Die Beurteilung des Leistungsvermögens des Klägers ergibt sich vorliegend aus den Ausführungen des gehörten ärztlichen Sachverständigen Dr. C.. Dieser kann in seinem Gutachten vom 21.10.2019 überzeugend darlegen, dass beim Kläger ein Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten weiterhin mit mindestens sechs Stunden täglich darzustellen ist. Dr. C. hat dabei die Gesundheitsstörungen des Klägers aus dem internistischen Teilgebiet, dem orthopädischen Teilgebiet, dem nervenärztlichem Teilgebiet und dem HNO-ärztlichen Teilgebiet berücksichtigt. In fachübergreifenden, sozialmedizinischer Zusammenschau ergibt sich nach den Ausführungen des ärztlichen Sachverständigen keine quantitative Leistungsminderung bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Qualitativ sollte es sich um körperlich leichte Tätigkeiten handeln. Eine übermäßig nervliche Belastung, unfallgefährdende Tätigkeiten und der Umgang mit pulmonalen Reizstoffen sollten nicht dem Tätigkeitsprofil angehören. Schweres Heben sowie Tragen von schweren Gegenständen gilt es auszuschließen ebenso wie ständiges Bücken oder Knien und besondere Anforderungen an das Hörvermögen.

Dieser sozialmedizinischen Beurteilung schließt sich das Gericht vorbehaltlos an. Der ärztliche Sachverständige gelangt zu dieser Einschätzung des Leistungsvermögens nach ausführlicher eigener Befunderhebung und unter Würdigung der bereits vorhandenen Vorgutachten und ärztlichen Unterlagen. Das Gutachten selbst ist hinreichend begründet und lässt Widersprüche zwischen Befunderhebung und Beurteilung des Leistungsvermögens nicht erkennen. Der medizinische Sachverhalt ist damit hinreichend aufgeklärt.

Zusammenfassend zeigt sich der Kläger somit noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI liegen damit nicht vor. Die ärztlich geforderten Einschränkungen der Arbeitsbedingungen werden von leichten Arbeitsplätzen in der Regel erfüllt. Es sind auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch ausreichend Tätigkeiten denkbar, die der Kläger mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann. Ob der Kläger tatsächlich einen Arbeitsplatz findet, kann dabei unberücksichtigt bleiben, denn das Risiko, einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden, fällt nicht in den Verantwortungsbereich der Beklagten, sondern in denjenigen der Arbeitsverwaltung (vgl. 43 Abs. 3 SGB VI).

Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind damit nicht zu beanstanden. Die Klage ist als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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