LG Kempten, Beschluss vom 12.05.2020 - 42 T 1356/19; 43 T 1683/19; 42 T 488/20
Fundstelle
openJur 2020, 79259
  • Rkr:
Tenor

1. Die sofortigen Beschwerden gegen den Beschluss des Amtsgerichts Lindau vom 03.06.2019, vom 07.08.2019 und vom 16.03.2020 werden zurückgewiesen.

2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Gründe

I.

Mit Schreiben vom 28.03.2019 beantragte die Tochter für den Betreuten eine Betreuung einzurichten.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass er zwei Schlaganfälle hatte und gravierende Persönlichkeits- und Wesensveränderungen zu beobachten gewesen seien. Mit Verfügung vom 01.04.2019 wurde durch das Amtsgericht Lindau die Betreuungsbehörde involviert.

Bei der persönlichen Anhörung durch das Gericht am 16.04.2019 war die Verständigung mit dem Richter etwas eingeschränkt. Der Betreute führte aus, dass die Tochter unter keinen Umständen Betreuerin werden soll. Nach weiterer Besprechung der entsprechenden Aufgabenkreise äußerte der Betreute, dass er sich Herrn ... als Betreuer wünsche und dieser mit der Betreuung einverstanden sei. Der Betroffene habe Herrn ... anlässlich einer Inhaftierung in der Justizvollzugsanstalt Kempten kennengelernt und sich angefreundet.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Lindau vom 17.04.2019 wurde ein ärztliches Zeugnis zu den medizinischen Voraussetzungen der Anordnung einer Betreuung durch Herrn Dr. ... in Auftrag gegeben. Herr Dr. ... reichte ein ärztliches Zeugnis ein, wonach aufgrund eines Apoplex eine vorläufige Betreuung anzuordnen sei.

Die Betreuungsstelle des Landratsamts Lindau nahm mit Schreiben vom 05.04.2019 dahingehend Stellung, dass sich der Betroffene die Betreuung durch seinen Bekannten/Freund vorstellen könne.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Lindau vom 30.04.2019 wurde eine Betreuung mit folgenden Aufgabenkreisen angeordnet.

Vermögenssorge

Gesundheitsfürsorge

Aufenthaltsbestimmung

Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post im Rahmen der übertragenen Aufgabenkreise

Organisation der ambulanten Versorgung

Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern

und Herr ... zum Betreuer bestellt.

Es wurde angeordnet, dass das Gericht spätestens bis zum 29.04.2026 über die Aufhebung oder Verlängerung entscheiden würde.

Die Tochter des Betreuten wendete sich dann mit E-Mail vom 28.05.2019 an das Gericht und teilte mit, dass sie sich eine Zusammenarbeit mit dem Betreuer schwierig gestalte. Insbesondere bringe der Betreuer dringend benötigte Unterlagen nicht bei.

Die Betreuungsbehörde nahm mit Schreiben vom 03.06.2019 dahingehend Stellung, dass aufgrund der Komplexität der schwierigen Lebensverhältnisse, der Vermögenssituation und der bestehenden Immobilien/Grundstücken des Betreuten die Unterstützung durch einen Rechtsanwalt sinnvoll und notwendig gehalten werde. Zudem wurde Frau ... Rechtsanwältin als neue Berufsbetreuerin vorgeschlagen.

Mit angefochtenem Beschluss des Amtsgerichts Lindau vom 04.06.2019 wurde die Betreuung für die Aufgabenkreise Wohnungsangelegenheiten/Immobilien und Vertretung in gerichtlichen Angelegenheiten erweitert und als Berufsbetreuerin zusätzlich Frau ... mit folgenden Aufgabenkreisen befasst:

Vermögenssorge

Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern

Wohnungsangelegenheiten/Immolien

Vertretung in gerichtlichen Angelegenheiten

Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post im Rahmen der übertragenen Aufgabenkreise

Die Betreuung durch Herrn ... wurde aufrechterhalten.

Am 07.06.2019 erschien der Betreuer Herr ... bei Gericht und gab an, dass er eine notarielle Vollmacht vom Betreuten habe und diese bis zum 14.06.2019 einreichen würde. Er und der Betreute würden nicht wollen, dass die Rechtsanwältin tätig werde. Diesbezüglich wurde sofortige Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt.

Mit Schreiben vom 18.06.2019 wurde eine Betreuungsanregung durch die ...klinik vorgelegt. Hierbei wurde dargestellt, dass der Betreute sich vom 15. bis 18.06.2019 stationär im Haus behandeln ließ. Diesbezüglich habe der Betreute angegeben, dass er bei Herrn ... lebe, der über eine Vorsorgevollmacht verfüge. Er habe angegeben, sich nicht mehr von Herrn ... entsprechend vertreten zu fühlen und bat um Bestellung eines Betreuers, der eine Unterbringung in einer stationären Pflegeeinrichtung organisieren solle. Aus dem vorläufigen Arztbrief vom 18.06.2019 ist ersichtlich, dass eine Hypertensive Entgleisung, am ehesten bei psychovegetativem Erregungszustand, Vigilanzminderung, am ehesten psychogener Ursache bestehe sowie ein Apoplex links occipital bestand. Laut dem Betreuten wurde er von seinem Betreuer und dessen Ehefrau versorgt. Er sei sehr unzufrieden mit der Betreuung und möchte nicht mehr dorthin zurück. Er bereue, ihnen eine Generalvollmacht gegeben zu haben.

Vorgelegt wurde im Folgenden eine notarielle Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung vom 24.04.2019 des Betreuten gegenüber Herrn ....

Die Betreuungsstelle des Landratsamts Lindau nahm mit Schreiben vom 12.07.2019 dahingehend Stellung, dass angeregt wird, eine erneute richterliche Anhörung des Betreuten durchzuführen um gegebenenfalls den Wünschen nach der Bestellung eines Betreuers, der eine Unterbringung in eine stationäre Pflegeeinrichtung organisieren könne, Folge leisten zu können.

Durch die Tochter des Betreuten wurde insbesondere auch vorgebracht, dass der Betreuer Herr ... mit Schreiben vom 11.07.2019 die Wohnung Nr. 5, gekündigt habe mit dem Hinweis, dass der Betreute vor habe diese zu verkaufen.

Durch das Amtsgericht Lindau wurde am 05.08.2019 der Betreute an seiner Wohnanschrift aufgesucht.

Insoweit wurde Folgendes festgestellt:

Der Betreute wird an der Wohnanschrift des Betreuers aufgesucht. Der Betreuer öffnet die Tür nur mit einer Hose bekleidet und ist zunächst recht misstrauisch.

Vor dem Haus befinden sich eine größere Anzahl von neu wirkenden Kinderspielsachen, auch im Haus liegt überall verstreut neues Spielzeug herum. Die Haustür ist nur über eine mehrere Stufen umfassende Treppe erreichbar.

Als ich mich vorstelle, lässt der Betreuer mich ein und führt mich zu dem Betreuten, welcher auf einem Ledersofa liegt und schläft. In dem Raum befindet sich ein sehr großer Flachbildschirm, das Fernsehprogramm läuft.

Auf dem Weg zum Betreuten laufen wir durch das "Zimmer" des Betreuten, welches sich unmittelbar an den Gang anschließt und sich von diesem primär dadurch unterscheidet, dass dort ein Pflegebett in einer Ecke steht. Das ohnehin kleine "Zimmer" ist zudem noch mit einem Regal, in denen sich Akten befinden, zugestellt, so dass alles sehr beengt ist.

Der Betreute wird von Hr. geweckt, er wirkt sehr schwach und redet sehr leise.

Hr. will von Anfang an das Gespräch an sich ziehen und tritt sehr dominant auf. Auf meine Fra - gen an den Betreuten antwortet grundsätzlich er, in der Folge beschwert er sich, dass ich mir so lange Zeit gelassen habe, bis ich vor Ort vorbeikomme. Zu dem von mir angesetzten Termin konnte er nicht erscheinen, ihm sei der Führerschein "weggenommen" worden, das regle sich aber alles bald.

Auf meine Fragen, ob er nach wie vor in ein Pflegeheim wolle, äußert sich der Betreute zunächst nicht, ich werde gleich wieder von Hr. unterbrochen, dass dies keinesfalls in Frage kom - me, da der Betreute es hier am besten habe.

Auf die völlig inadäquate Situation des deutlich geschwächten und ohne jeden Seitenschutz auf einem normalen Sofa liegenden Betreuten angesprochen sowie die Tatsache, dass der Betreute aufgrund der Treppe nicht einmal aus eigener Kraft das Haus verlassen könne, bagatellisiert der Betreuer all dies.

Dem Betreuten gehe es gut, ich sähe das alles falsch, er würde den Betreuten häufiger in den Garten tragen, damit dieser rauskomme. Auf Nachfrage muss der Betreuer einräumen, dass das letzte Mal schon etwas her ist und eine Hilfe zur Überwindung der Treppen zwar bestellt sei, jedoch noch nicht eingetroffen ist.

Ich bitte sodann Hr. ... kurz rauszugehen, um mit dem Betreuten alleine sprechen zu können, da klar ist, dass der Betreuer den Betreuten durch seine impulsive Art einschüchtert.

Der Betreuer geht sodann raus, jedoch ohne die Türe zu schließen, kurze Zeit später betritt er je - doch wieder das Zimmer und redet auf eine von mir gestellte Frage an den Betreuten dazwischen. Erst als ich den Betreuer erneut aus dem Zimmer bitte und die Tür schließe, kann ich mit dem Betreuten in Ruhe reden.

Im persönlichen Gespräch teilt mir der Betreute mit, dass es ihm sehr schlecht gehe. Auf die erneut gestellte Frage, ob die weitere Betreuerin Fr. ... ihn in ein Pflegeheim bringen soll, wie gegen - über dem Landratsamt und in der Klinik geäußert, bejaht er. Mit der diesbezüglichen Aufgaben - kreiserweiterung ist er einverstanden.

Auf den Betreuer angesprochen teilt er mir mit, dass er diesen eigentlich behalten wolle. Ich teile ihm mit, dass wenn er ordentlich versorgt ist, ich dies mittragen könnte.

Auf die eingelegte Beschwerde angesprochen teilt mir der Betreute mit, dass er diese zurück nehme.

Ich spreche sodann mit dem Betreuer ... und teile ihm den Inhalt des Gesprächs mit dem Betreu - ten mit. Dieser wird darauf hin immer lauter, wirft mir vor, ich hätte den Betreuten beeinflusst und diesem alles nur eingeredet. Ich versuche dem Betreuer ruhig zu erklären, dass ein Verbleiben in seinem Haus aufgrund der Gesamtsituation und des gesundheitlichen Zustands des Betreuten nicht angezeigt ist und es zu den Pflichten des Betreuers gehört, im Interesse des Betreuten liegende Wünsche umzusetzen. Der Betreuer teilt mir mit, dass er es nie zulassen werde, dass der Betreute in ein Pflegeheim kommt.

Ich teile ihm mit, dass ich ihn eigentlich als Betreuer bestellt lassen würde, er jedoch mit seiner Entlassung zu rechnen habe, wenn er Handlungen zum Nachteil seines Betreuten tätigt.

Der Betreuer lacht mich jetzt aus, ihm sei egal, ob er Betreuer sei, er habe eine Vollmacht und könne machen, was er wolle. Ich teile ihm mit, dass dann eine Aufgabenkreiserweiterung auch um den Punkt "Widerruf von Vollmachten" in Betracht kommt.

Der Betreuer geht recht aggressiv auf mich zu und sagt, dass er sich dagegen wehren werde. Ich teile ihm mit, dass er gegen jede meiner Entscheidungen ein Rechtsmittel einlegen könne.

Der Betreuer redet sich nunmehr weiter in rage und sagt, dass er der einzige sei, der wisse, was gut für den Betreuten sei. Er rennt an mir vorbei in das Zimmer des Betreuten, kommt ca. 10 Sekunden später wieder heraus und ruft in meine Richtung: "Kommen sie her, fragen sie ihn jetzt, er will nicht in ein Pflegeheim".

Ich teile dem Betreuer mit, dass ich bestimme, wann ich wen anhöre und es offensichtlich ist, dass er den Betreuten gerade unter Druck gesetzt hat, damit dieser ein Pflegeheim nunmehr ablehnt. Der Betreuer wirft nunmehr mir wieder vor, ich habe den Betreuten unter Druck gesetzt. Ich teile dem Betreuten und Betreuer mit, dass ich ihn aufgrund seines offensichtlich den Interessen des Betreuten zuwiderlaufenden Verhaltens als ungeeignet als Betreuer und Bevollmächtigten halte und den Aufgabenkreis auch um den Widerruf der Vollmacht erweitern werde. Der Betreute äußert sich hierzu nicht.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Lindau vom 07.08.2019 wurde die Betreuung erweitert um folgende Aufgabenkreise und bestand dann in folgenden Aufgabenkreisen:

Vermögenssorge

Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post im Rahmen der übertragenen Aufgabenkreise

Aufenthaltsbestimmung

Gesundheitsfürsorge

Organisation der ambulanten Versorgung

Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern

Wohnungsangelegenheiten/Immobilien

Vertretung in gerichtlichen Angelegenheiten

Abschluss, Änderung und Kontrolle der Einhaltung eines Heim - Pflegevertrages

Widerruf von Vollmachten aller Art

Frau ... blieb als Berufsbetreuerin bestehen und Herr ... wurde als Betreuer entlassen.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Lindau vom 07.08.2019 wurde der Beschwerde gegen den Beschluss vom 04.06.2019 nicht abgeholfen und das Verfahren dem zuständigen Beschwerdegericht vorgelegt.

Der ehemalige Betreuer rief am 09.08.2019 gegen 10.50 Uhr bei der Geschäftsstelle des Landgerichts Kempten an und verlangte sehr bestimmt, sofort mit einem Richter verbunden zu werden. Das Beschwerdeverfahren sei sehr eilbedürftig. Es gehe überhaupt nicht, dass Frau ... als Betreuerin bestellt werde. Er habe ein Schreiben des Justizministeriums vorliegen, nach dem Frau ... wegen irgendwelcher Unregelmäßigkeiten überhaupt nicht mehr als Betreuerin eingesetzt werden dürfe. Er wolle, dass alles sofort rückgängig gemacht wird und er wieder er wieder alleiniger Betreuer des Herrn ... ist. Hierbei macht der ehemalige Betreuer einen sehr aufgebrachten aggressiven Eindruck.

Zudem wurde durch den mitunterzeichnenden Berichterstatter mitgeteilt, dass der ehemalige Betreuer diesem aus seiner Tätigkeit in der Strafvollstreckungskammer bekannt sei. Der Beschwerdeführer sei mehrfach vorbestraft und verbüßte bis Ende Februar 2019 diverse Verurteilungen wegen überwiegend Fahren ohne Fahrerlaubnis, glaublich auch andere Delikte. Zudem sei aus der Anhörung erinnerlich, dass der Verurteilte angespannt war wegen seiner familiären Situation und darstellte, dass die Bank ihm seine Immobilie nehmen würde, wenn er nicht vorzeitig aus der Haft entlassen werde.

Der Betreute legte weiter gegen den Beschluss vom 07.08.2019 mit Schreiben vom 12.08.2019, bei Gericht eingegangen am 14.08.2019, fristwahrend Beschwerde ein.

Durch die Tochter wurde ein weiteres Schreiben des Beschwerdeführers Herr ... vom 11.07.2019 dargestellt, wonach ein Wohnungsverkauf und Kündigung des Mietverhältnisses vorgebracht worden ist.

Durch Beschluss des Landgerichts Kempten vom 14.08.2019 wurde der Betreuer ... angewiesen seinen Betreuerausweis dem Landgericht Kempten zur Verwahrung bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens bis zum 21.08.2019 zu übersenden. Zudem wurde ihm einstweilen untersagt Grundstücksgeschäfte jeder Art für den Betreuten zu tätigen.

Herr ... teilte dem Landgericht weiter mit, dass das Konto des Betreuten gesperrt worden sei. Das Konto solle sofort wieder freigegeben werden, er müsse ständig Überweisungen tätigen. Das Gericht sei nicht neutral.

Herr ... hat auch das Telefon dem Betreuten übergeben, der dann fragte, was das Gericht eigentlich mit seinem Geld mache. Er habe nur einen Betreuer, nämlich Herrn ..., und wenn das Gericht das nicht einsehe und das Geld nicht freigebe, haue er dem Richter eine rein.

Die Betreuerin Frau ... rief am 19.08.2019 bei Gericht an und gab an, dass Herr ... heftig versuche auf sie einzuwirken, damit er wieder auf das Konto des Betreuten zugreifen könne.

In einem weiteren Anruf gegenüber dem Gericht am 19.08.2019 erklärte Herr ..., dass er sofort verlange, dass die Kontensperrung aufgehoben werde, weil ihm und dem Betreuten sonst kein Geld mehr zur Verfügung stehe. Im Weiteren erklärte er, dass er Lohn auf das Konto des Betreuten geschickt werde.

Mit Schreiben vom 03.09.2019 bestellte sich Rechtsanwaltskanzlei ... für den Betreuten.

Durch das Gericht wurde am 16.09.2019 Anhörungstermin bestimmt.

Mit Schriftsatz vom 23.09.2019 wurde die erneute neurologische und neuropsychologische Begutachtung beantragt, da der vorläufige Arztbrief der ...klinik in nicht durch einen Facharzt für Neurologie erstellt worden sei.

Durch Beschluss des Landgerichts Kempten vom 04.10.2019 wurde ein Sachverständigengutachten zur Betreuungsbedürftigkeit in Auftrag gegeben.

Nach Weigerung des Beschwerdeführers Herrn ... den Betreuten von dem Sachverständigen untersuchen zu lassen, wurde durch Beschluss des Landgerichts Kempten vom 16.12.2019 die Untersuchung im BKH ... angeordnet.

Durch Beschluss des Landgerichts Kempten vom 14.01.2020 wurde die freiheitsentziehende Unterbringung des Betroffenen Herrn ... in der geschlossenen Einrichtung des BKH ... zum Zwecke der Beobachtung durch den Sachverständigen Prof. Dr. ... und zur Vorbereitung eines Gutachtens bis zum 28.01.2020 betreuungsgerichtlich genehmigt.

Der Untergebrachte wurde am 14.01.2020 durch den Berichterstatter persönlich angehört. Hierbei wird auf den Anhörungsvermerk auf Bl. 239 verwiesen. Der Sachverständige Prof. Dr. ... erstattet am 21.01.2020 das angeforderte Sachverständigengutachten. Das Gutachten kommt zu der Schlussfolgerung, dass eine demenzielle Entwicklung in Form einer gemischten kortikalen und subkortikalen vaskuläre Demenz vorliege und der Betroffene krankheitsbedingt seinen Willen nicht mehr frei bestimmen könne bzw. einer entsprechender Einsicht nach handeln könne.

Nachdem mit Schreiben vom 06.12.2019 von Herrn ... Rechtsanwalt mitgeteilt wurde, dass das Mandatsverhältnis zum Betreuten beendet wurde, wurde durch weiteren Beschluss des Landgerichts Kempten vom 12.02.2020 dem Betroffenen Herr ... Rechtsanwalt als Verfahrenspfleger bestellt.

Nachdem der Betreute nach der Unterbringung im BKH ... einen raren Pflegeheimplatz bekommen hat, wurde dieser durch Herrn ... am 14.02.2020 aus dem Heim abgeholt und nicht mehr zurückgebracht.

Mit Schreiben der Betreuungsbehörde des Landratsamts ... vom 05.02.2020 wurde mitgeteilt, dass der Betroffene nach dem Aufenthalt im Bezirkskrankenhaus ... direkt in ein Heim außerhalb des Landkreises ... aufgenommen worden sei. Durch das Landgericht Kempten wurde Anhörungstermin auf den 24.03.2020 bestimmt.

Weder der Betroffene, noch der Beschwerdeführer erschienen nach vorher telefonischer Ankündigung zum Termin. Zur Erklärung wurde eine Angst vor dem Corona Virus dargestellt.

Mit Schreiben der Berufsbetreuerin vom 07.01.2020 wurde dargelegt, dass der Betreute und Herr ... versuchen, ohne Rücksprache mit der Betreuerin mittels EC-Karte Geld abzuheben. Die Summe von 2.000 € sei am selbigen Tage abgehoben worden. Zudem seinen mehrere Überweisungen, deren Rechnungshintergrund unbekannt sind abgegeben worden. Es werde daher die Errichtung eines Einwilligungsvorbehaltes beantragt.

Der Betreute wurde am 06.02.2020 persönlich vom sachbearbeitenden Betreuungsrichter angehört. Der Verfahrenspfleger konnte am Termin nicht teilnehmen und lies mitteilen, dass er den Betreuten selbständig anhören werde. Hierbei äußerte dieser die Auffassung, dass die Berufsbetreuerin ihn abgezockt habe. Die 2000€ seien für eine Badewanne. Man baue ein Haus. Man habe die Betreuerin nicht involviert, da diese dazwischengefunkt habe.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Lindau vom 16.03.2020 wurde ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet.

Hiergegen legte Herr ... für den Betreuten Beschwerde gegen letztgenannten Beschluss mit Schreiben vom 20.03.2020 ein.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Lindau vom 01.04.2020 wurde der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Beschwerdegericht vorgelegt.

II.

Die zulässigen, da form- und fristgerechte eingelegten sofortigen Beschwerden waren zurückzuweisen, da die vom Amtsgericht getroffenen Entscheidungen der Sach- und Rechtslage entsprechen.

1. Die sofortigen Beschwerden gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts Lindau vom 03.06.2019 und vom 07.08.2019 waren als unbegründet zurückzuweisen.

A.

Gem. § 1908 b Abs. 1 BGB ist ein Betreuer zu entlassen, wenn seine Eignung, die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen, nicht mehr gewährleistet ist.

Gegenständlich handelte es sich bei dem Beschwerdeführer um einen Intensivstraftäter, der insgesamt 33 Eintragungen im Bundeszentralregister vorzuweisen hat. Einige dieser Straftaten bezogen sich auch auf vermögensrechtliche Bereich.

Zudem bleibt festzuhalten, dass keine weitreichenden bzw. langjährigen oder verwandtschaftsrechtlichen Verknüpfungen zwischen beiden Personen existieren.

Schließlich ist auch festzuhalten, dass der Beschwerdeführer dokumentiert im dissozialen Verhalten während des gesamten Prozesses zu keinem Zeitpunkt willens gewesen ist behördliche Anweisungen (Gutachtenserstellung) bzw. gerichtliche Maßnahmen zu befolgen, sich wiederholt unkooperativ gezeigt hat und letztendlich erheblichste Zweifel daran bestehen, dass das maßgebliche Ziel des Betreuers das Wohl des Betreuten ist (Herausnahme aus dem Pflegeheim). Der Betreute ist vermögend. Im Rahmen einer strafvollstreckungsrichterlichen Anhörung hat Herr ... gegenüber dem berichterstattenden Richter gegenüber eingeräumt, dass eine vorzeitige Entlassung aus Haft notwendig sei um eine Zwangsversteigerung zu verhindern.

Der Betreue ist aufgrund seiner Erkrankung zu einer eigenen objektiven Meinungsbildung nicht in der Lage, sondern folgt den Eingebungen seines mutmaßlichen Freundes Herrn ... blind. Herr ... wiederum lässt keine Möglichkeit dem Betreuten zu suggerieren, dass andere Personen, wie das Gericht, die Berufsbetreuerin ihn betrügen wollten oder nur Schlechtes im Sinn hätten. Dies ergibt sich aus unzähligen Anhörungen des Betreuten, in denen dieser angibt, dass "er schon wisse was das Gericht machen wolle" oder dass "die Betreuerin ihn abzocken wolle".

Zeitgleich sind einige Zuwendungen des Betreuten an den Betreuer zu verzeichnen (Fahrrad, MPU Prüfung) die angesichts des Gesundheitszustandes des Betreuten in ihrer Objektivität fraglich erscheinen.

Die Entlassung des Herrn ... als Betreuer ist alternativlos, da schwerlich bezweifelt werden kann, dass Herr ... die Eignung besitzt sich um die Belange des Betreuten im Interesse desselben zu kümmern.

B.

Die medizinischen Voraussetzungen für die Anordnung der Betreuung in den angefochtenen Beschlüssen des Amtsgerichts Lindau (Bodensee) angeführten Aufgabenkreisen liegen vor.

Die Kammer ist von der Betreuungsbedürftigkeit der Betreuten überzeugt. Dies ergibt sich aus dem nachvollziehbaren und inhaltlich widerspruchsfreien Gutachten der Sachverständigen Dr. ... vom 21.01.2020. Hiernach leidet der Betreute an einer dauernden psychischen Erkrankung in Form einer fortgeschrittenen Demenz in Form einer gemischten kortikalen und subkortikalen vaskulären Demenz (ICD 10: F 01.3), auf Grund derer seine kognitive Leistungsfähigkeit erheblich eingeschränkt ist. Er ist deshalb nicht in der Lage, in den vom Gericht angeführten Aufgabenkreisen ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen. Einen freien Willen hat der Betreute aufgrund seiner Erkrankung nicht.

Die Kammer sieht nach eigener kritischer Würdigung auf Grund der im Verfahren gewonnenen Erkenntnisse, insbesondere den durchgeführten persönlichen Anhörungen, keinen Anlass, an der Richtigkeit der Diagnose des Sachverständigen zu zweifeln.

Überdies hindert eine vom Betroffenen erteilte Vorsorgevollmacht die Bestellung eines Betreuers nur, wenn gegen die Wirksamkeit der Vollmachtserteilung keine Bedenken bestehen (Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2010 - XII ZB 165/10 -, FamRZ 2011, S. 285 Rdnr. 11).

Eine Vorsorgevollmacht steht der Anordnung der Betreuung auch dann nicht entgegen, wenn der Bevollmächtigte als zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen nicht tauglich erscheint, namentlich erhebliche Zweifel an seiner Redlichkeit im Raum stehen. In diesem Fall genügt die Einsetzung eines Kontrollbetreuers gemäß § 1896 Abs. 3 BGB regelmäßig nicht. (Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2010 - XII ZB 165/10 -, FamRZ 2011, S. 285 Rdnr. 11)

Insoweit kann die vorliegende Vorsorgevollmacht eine Betreuerbestellung nicht hindern, da nicht nur Zweifel an der Wirksamkeit dieser Vollmacht vorliegen, sondern auch erhebliche Zweifel bestehen, dass Herr ... eine Solche im Sinne des Betreuten verwenden würde.

C.

Eine weitere Anhörung der Beteiligten wurde nicht vorgenommen, da die Frage der Betreuungsbedürftigkeit mittels den beteiligten zugänglich gemachten Sachverständigengutachten geklärt wurde, alle Beteiligten im Übrigen durch das Erstgericht und zweimalig auch durch den Berichterstatter der Beschwerdekammer angehört wurden und eine weitere Anhörung durch die Beschwerdeführer wegen Coronagefahr abgesagt wurden. Weder lässt eine weitere Anhörung neue Erkenntnisse über die Eignung des Herrn ... bzw. die Betreuungsbedürftigkeit des Betreuten erwarten noch ist sie rechtlich notwendig.

2. Ebenso war die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Lindau vom 16.03.2020 als unbegründet zurückzuweisen, weil das Erstgericht zu Recht den Einwilligungsvorbehalt für den Betreuten angeordnet hat.

Gemäß § 1903 Abs. 1 S. 1 BGB ordnet das Betreuungsgericht an, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf (Einwilligungsvorbehalt), soweit dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist.

Gegenständlich befindet sich der Betreute derzeit noch im Zugriff des Herrn ... welcher versucht auf den Betreuten Einfluss zu nehmen. Der Betreute und Herr ... haben versucht, ohne Rücksprache mit der Betreuerin mittels EC-Karte Geld abzuheben. Die Summe von 2.000 € wurde am selbigen Tage abgehoben worden. Zudem seien mehrere Überweisungen, deren Rechnungshintergrund unbekannt sind abgegeben worden.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände liegt eine Gefahr für das Vermögen des Betreuten vor.

Die Kammer beruft sich auch diesbezüglich auf das nachvollziehbare und inhaltlich widerspruchsfreien Gutachten der Sachverständigen Dr. ... vom 21.01.2020. Hiernach leidet der Betreute an einer dauernden psychischen Erkrankung in Form einer fortgeschrittenen Demenz in Form einer gemischten kortikalen und subkortikalen vaskulären Demenz (ICD 10: F 01.3), auf Grund derer seine kognitive Leistungsfähigkeit erheblich eingeschränkt ist. Er ist deshalb nicht in der Lage, in den vom Gericht angeführten Aufgabenkreisen ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen. Einen freien Willen hat der Betreute aufgrund seiner Erkrankung nicht.

Eine weitere Anhörung der Beteiligten wurde nicht vorgenommen, da die Frage der Betreuungsbedürftigkeit mittels den beteiligten zugänglich gemachten Sachverständigengutachten geklärt wurde, alle Beteiligten, wie auch der Verfahrenspfleger durch das Erstgericht wurde. Von einer weiteren persönlichen Anhörung wurde auch aufgrund der Coronapandemie und der grundsätzlichen Kenntnis des Falles aus vorhergehenden Anhörungen abgesehen.

Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst.

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