OLG Jena, Beschluss vom 20.02.2020 - 3 UF 437/19
Fundstelle
openJur 2020, 81165
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Jena vom 05.09.2019 - 44 F 49/19 - wird als unzulässig verworfen.

II. Der Antrag der Antragsgegnerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde wird zurückgewiesen.

III. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerde- und die des Wiedereinsetzungsverfahrens zu tragen.

IV. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.084,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller hat die Antragsgegnerin auf Abänderung eines Unterhaltstitels in Anspruch genommen.

Mit dem am 22.01.2019 eingegangenen Schriftsatz hat der Antragsteller beantragt, den vor dem Amtsgericht Jena am 04.01.2018 im Verfahren 47 F 545/17 geschlossenen Vergleich dahin abzuändern, dass der Antragsteller ab 30.11.2018 keinen Kindesunterhalt mehr für die Antragsgegnerin zu zahlen hat.

Die Antragsgegnerin hat erstinstanzlich beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Durch Beschluss vom 05.09.2019 hat das Familiengericht dem Antrag stattgegeben.

Der Beschluss ist der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin durch Empfangsbekenntnis (Bl. 263a d.A.) am 13.09.2019 zugestellt worden.

Mit Schriftsatz vom 14.10.2019, eingegangen beim Amtsgericht - Familiengericht - Jena am 14. 10.2019, hat die Antragsgegnerin Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde beantragt. Weiterhin heißt es in diesem Schriftsatz, dass eine Erklärung der Antragsgegnerin über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 21./22.09.2019 beigefügt sei. Dem Schriftsatz war kein Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beigefügt (vgl. Bl. 29 ff. VKH-Heft). Das VKH-Formular der Antragsgegnerin ging erst am 21.10.2019 ein (Bl. 29 ff. VKH-Heft). Ergänzend nimmt der Senat auf das eingereichte VKH-Formular Bezug.

Der Senatsvorsitzende hat der Antragsgegnerin mit Verfügung vom 17.10.2019 folgenden Hinweis erteilt:

"Der Senat hat vorerst davon abgesehen, das VKH-Gesuch für die beabsichtigte Beschwerde der Gegenseite zur Stellungnahme zuzuleiten, weil bereits jetzt absehbar ist, dass die Bewilligung von VKH - aus verfahrensrechtlichen Gründen - nicht erfolgen kann. Die Frist zur Einlegung der Beschwerde ist mit Ablauf des 14.10.2019 verstrichen; eine Wiedereinsetzung im Hinblick auf die mit dem VKH-Gesuch geltend gemachte Mittellosigkeit kommt nach Aktenlage nicht in Betracht. Sie setzt nämlich nach ganz allgemeiner Auffassung voraus, dass innerhalb der Beschwerdefrist nicht nur das VKH-Gesuch - insoweit ist die Frist durch Einlegung per Fax am 14.10.2019, dem letzten Tag der Frist gewahrt -, sondern auch die vollständig ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beim zuständigen Gericht eingeht (Zöller, ZPO, § 233 Rn. 23 Stichwort Prozesskostenhilfe, § 119 Rn. 53 m.w.N.). Daran fehlt es; die im Antrag erwähnte Erklärung vom 21./22.09.2019 war dem per Fax übermittelten VKH-Antrag nicht beigefügt. Ich rege Prüfung an, ob der VKH-Antrag aufrechterhalten wird. Einer Stellungnahme sehe ich bis 07.11.2019 entgegen."

Dieser Hinweis wurde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin per Empfangsbekenntnis (Bl. 326a d.A.) am 21.10.2019 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 29.10.2019, beim Thüringer Oberlandesgericht am gleichen Tag eingegangen, hat die Antragsgegnerin gegenüber dem Thüringer Oberlandesgericht (Bl. 376 ff. d. A.) wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und Beschwerde erhoben. Die Antragsgegnerin beantragt, unter "Aufhebung" des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Jena, Az. 44 F 49/19, den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen sowie der Antragsgegnerin wegen Versäumung der Frist für die Beschwerde Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren.

Zum Wiedereinsetzungsantrag führt die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin aus, die Antragstellerin habe es nicht zu vertreten, dass die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 21./22.09.2019 dem VKH-Antrag nicht beigefügt war. Die bei ihr tätige zuverlässige Rechtsanwaltsangestellte Frau S_ habe es trotz allgemeiner und zusätzlich konkreter Anweisung versehentlich unterlassen, dem Verfahrenskostenhilfeantrag die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 21./22.09.2019 und die Anlagen beizufügen. Da die Antragsgegnerin es somit nicht verschuldet habe, dass die VKH-Erklärungen und Belege nicht beigefügt gewesen seien, könne dies innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist nachgeholt werden. Der Wiedereinsetzungsantrag, die Beschwerde sowie die Beschwerdebegründung jeweils vom 29.10.2019 sind der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers zugestellt worden.

Der Antragsteller beantragt, den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückzuweisen.

Der Antragsteller ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorlägen. Insbesondere sei der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde nicht fristgerecht beim Familiengericht eingereicht worden. Wiedereinsetzung komme nicht in Betracht. Zu den Darlegungen im Einzelnen wird auf den Schriftsatz vom 22.11.2019 Bezug genommen.

Durch Beschluss vom 20.01.2020 hat der Senat den Antrag der Antragsgegnerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für ihre beabsichtigte Beschwerde zurückgewiesen. In den Gründen hat der Senat im Einzelnen folgendes ausgeführt:

"Der Antrag der Antragsgegnerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist mangels Erfolgsaussicht zurückzuweisen (§§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 S 1 ZPO). Die beabsichtigte Beschwerde wäre wegen Nichteinhaltung der Fristen zur Beschwerde (§ 63 Abs. 1 FamFG) unzulässig und auch ein Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung der Beschwerde wäre erfolglos.

Die einmonatige Beschwerdefrist hat nach Zustellung des Beschlusses des Amtsgerichts Jena am 13.09.2019 mit Ablauf des 14.10.2019 (Montag) geendet, und bis dahin ist keine Beschwerde beim Amtsgericht eingegangen, sondern nur der Entwurf einer Beschwerde (vgl. Bl. 271).

Ein Antragsteller kann grundsätzlich nur dann davon ausgehen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrens- bzw. Prozesskostenhilfe dargetan zu haben, wenn er rechtzeitig, also vor Ablauf der Rechtsmittelfrist, einen ordnungsgemäß ausgefüllten Vordruck nebst den erforderlichen Anlagen zu den Akten gereicht hat (BGH FamRZ 2006, 32, 33, vom 31. August 2005 - XII ZB 116/05 - FamRZ 2005, 1901, 1902 und vom 19. Mai 2004 - XII ZA 11/03 - FamRZ 2004, 1548 f.; BGH FamRZ 2003, 89, 90).

Letzteres war hier nicht der Fall. Die Antragsgegnerin hat die Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erst am 21.10.2019, mithin 5 Tage nach der am 16.10.2019 endenden Beschwerdefrist, beim Oberlandesgericht eingereicht.

Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts sind vorliegend nicht erfüllt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Rechtsmittelführer, der vor Ablauf der Rechtsmittelfrist die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beantragt hat, nur dann als ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Vornahme einer Frist wahrenden Handlung - wie hier der Beschwerde - verhindert anzusehen, wenn er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags rechnen musste, weil er sich für bedürftig im Sinne der §§ 76 Abs. 1 FamFG i.V. m. 114 ff. ZPO halten durfte und aus seiner Sicht alles Erforderliche getan hatte, damit aufgrund der von ihm eingereichten Unterlagen ohne Verzögerung über sein Verfahrenskostenhilfegesuch entschieden werden konnte (vgl. BGH MDR 2013, 1478 m.w.N.). Das setzt voraus, dass der Rechtsmittelführer seine persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe innerhalb der an sich einzuhaltenden Frist in ausreichender Weise dargetan hat. Hierzu gehört es insbesondere, dass er einen wahrheitsgemäß, vollständig und in sich widerspruchsfrei ausgefüllten Erklärungsvordruck (§ 117 ZPO) über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu den Akten gereicht, alle zur Glaubhaftmachung seiner Angaben in Bezug genommenen Belege beifügt und alle seine Erklärungen persönlich unterzeichnet hat (vgl. BeckOK ZPO/Wendtland ZPO § 233 ZPO Rn. 49 m.w.N.).

Daran fehlte es hier offensichtlich. Die Angaben der Beschwerdeführerin zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen sind unvollständig und zur Darstellung des Bestreitens ihres Lebensunterhaltes unplausibel.

A) Die Beschwerdeführerin hat im Abschnitt E des Formulars nur Einnahmen aus Unterhalt des Ehemannes ihrer gesetzlichen Vertreterin angegeben. Im Übrigen hat sie keine Angaben zu ihren Vermögensverhältnissen getätigt und in den Abschnitten C, E und G das Vorhandensein jeglicher Konten, jeglichen Bargeldes und jeglicher sonstiger Vermögenswerte nicht angegeben, dies aber auch nicht verneint. Gemäß § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Soweit Vordrucke für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen, § 117 Abs. 4 ZPO. Gemäß § 2 Abs. 2 PKH-VV kann ein minderjähriges unverheiratetes Kind, das, wie hier, seine Rechte verteidigen will, die Erklärung nach § 117 Abs. 2 ZPO formfrei abgeben, wenn es über Einkommen und Vermögen, das nach § 115 ZPO einzusetzen ist, nicht verfügt. Die Erklärung des Kindes muss in diesem Fall enthalten:

1. Angaben darüber, wie es seinen Lebensunterhalt bestreitet, welche Einnahmen es im Monat durchschnittlich hat und welcher Art diese sind;

2. die Erklärung, dass es über Vermögen, das nach § 115 ZPO einzusetzen ist, nicht verfügt; dabei ist, soweit das Kind oder sein gesetzlicher Vertreter davon Kenntnis hat, anzugeben,

a) welche Einnahmen im Monat durchschnittlich brutto die Personen haben, die dem Kind auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht Unterhalt gewähren,

b) ob diese Personen über Vermögensgegenstände verfügen, deren Einsatz oder Verwertung zur Bestreitung eines dem Kind zu leistenden Prozesskostenvorschusses in Betracht kommt; die Gegenstände sind in der Erklärung unter Angabe des Verkehrswertes zu bezeichnen.

An einer solchen Erklärung des Kindes darüber, dass es über sonstiges Vermögen, das nach § 115 ZPO einzusetzen ist (vgl. hierzu Zöller/Philippi, a.a.O., § 115, Rz. 47 ff.), nicht verfügt, fehlt es. Zum Vermögen rechnet ein realisierbarer Anspruch auf Prozesskostenvorschuss. Minderjährigen Kindern steht in analoger Anwendung des § 1360a IV BGB ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen ihre Eltern zu; dieser ist Teil der gesetzlichen Unterhaltspflicht (vgl. Schultzky in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 115 ZPO Rz. 59; BGH FamRZ 2004, 1633; Karlsruhe FamRZ 2016, 1195).

B) Gleiches gilt für die Angaben der gesetzlichen Vertreterin der Antragsgegnerin in ihrer Verfahrenskostenhilfeerklärung vom 22.09.2019, ebenfalls eingegangen am 21.10.2019. Dort hat die Mutter ihren Familienstand nicht angegeben; aus der Akte ergibt sich jedoch, dass sie verheiratet ist (Bl. 450, 455). Unter Abschnitt E hat sie keine Angaben zum Einkommen ihres Ehemannes gemacht; im Verfahren hat sie erklärt, er sei Leiter einer Kindertagesstätte in M_. Dies lässt Rückschlüsse auf ein Einkommen zu, das ausreichen könnte, um einen Verfahrenskostenvorschuss (§§ 1361 Abs. 4 S. 4, 1360a Abs. 4 S. 1 BGB) aufzubringen. Soweit die Antragsgegnerin demgegenüber in dem von ihr nach § 117 ZPO zu verwendenden Formular eine diesbezügliche Bezifferung unterlässt, bestehen zudem Bedenken gegen die Richtigkeit ihrer Vollständigkeitsversicherung. Die Darlegungslast für das Nichtbestehen oder die Nichtdurchsetzbarkeit eines Verfahrenskostenvorschussanspruchs hat die Antragsgegnerin (vgl. BGH FamRZ 2008, 1842 Rn. 9 m.w.N.). Da die Antragsgegnerin zur Darlegung ihrer eigenen Bedürftigkeit nur unvollständige Belege eingereicht hat, durfte sie nicht davon ausgehen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe genügend dargetan zu haben. Auf die Frage, ob die verspätete Vorlage der Erklärungen ohne Verschulden erfolgte, kommt es damit nicht mehr an. Sind somit die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gegeben, kommt auch die beantragte Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht der verfristeten Beschwerde nicht in Betracht. Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§§ 76 Abs. 2 FamFG, 574 Abs. 2, Abs. 3 ZPO), besteht nicht. "

Dieser Beschluss wurde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin per Empfangsbekenntnis (Bl. 508a d.A.) am 21.01.2020 zugestellt. Die Beschwerdeführerin wurde um Mitteilung gebeten, ob an dem Wiedereinsetzungsantrag und der Beschwerde festgehalten werde, was sie mit Schriftsatz vom 06.02.2020 bejahte.

II.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Jena vom 05.09.2019 ist als unzulässig zu verwerfen, da diese nicht fristgerecht beim zuständigen Gericht eingereicht worden ist, §§ 113 Abs. 1, 58 Abs. 1, 63 Abs. 1 Abs. 3, 64 Abs. 1, 117 Abs. 1 FamFG, und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdeeinlegungsfrist nicht gewährt werden kann.

Gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Jena vom 05.09.2019 ist das Rechtmittel der Beschwerde gegeben (§ 113 Abs. 1, § 58 Abs. 1 FamFG). Diese ist beim Amtsgericht innerhalb eines Monats einzulegen (§ 113 Abs. 1, § 63 Abs. 1, § 64 Abs. 1 FamFG) und beim Oberlandesgericht binnen zwei Monaten zu begründen (§ 117 Abs. 1 FamFG). Da die erstinstanzliche Entscheidung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin am 13.09.2019 zugestellt worden ist, endete die Rechtsmitteleinlegungsfrist, da der 13.10.2019 ein Sonntag war, mit Ablauf des 14.10.2019 (Montag), und die Rechtsmittelbegründungsfrist mit Ablauf des 13.11.2019 (§ 63 Abs. 3, § 113 Abs. 1 FamFG, § 222 Abs. 1, Abs. 2 ZPO, § 188 Abs. 3 BGB). Die Beschwerde ist nach der maßgeblichen Frist verspätet eingegangen. Die Beschwerde ist mit Begründung am 29.10.2019 beim Oberlandesgericht (nicht bei dem für die Einlegung zuständigen Amtsgericht - Familiengericht - Jena) eingegangen. Eine Weiterleitung im ordentlichen Geschäftsgang an das Amtsgericht war nicht veranlasst, weil die bereits abgelaufene Beschwerdefrist dadurch nicht mehr gewahrt werden konnte.

Der Wiedereinsetzungsantrag der Antragsgegnerin ist hinsichtlich der Versäumung der Beschwerdefrist statthaft (§ 113 Abs. 1, § 117 Abs. 5 FamFG, § 233 ZPO) und auch im Übrigen zulässig, da dieser form- und fristgerecht eingereicht worden ist (§ 113 Abs. 1, § 117 Abs. 5 FamFG, §§ 234, 236, 237 ZPO).

In der Sache bleibt dem Wiedereinsetzungsgesuch der Antragsgegnerin jedoch der Erfolg versagt, da die Antragsgegnerin die Beschwerdefrist nicht unverschuldet versäumt hat (§ 113 Abs. 1, § 117 Abs. 5, § 233 ZPO).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist dann nicht schuldhaft versäumt, wenn der Beschwerdeführer innerhalb der Frist Verfahrenskostenhilfe beantragt hat und auf deren Bewilligung vertrauen durfte (BGH NJW-RR 2015, 703; BGH FamRZ 2015, 1103; BGH FamRZ 2013, 1720). Einem Beteiligten, der nicht über die finanziellen Mittel zur Einlegung eines Rechtsmittels verfügt, wird auf Antrag Wiedereinsetzung in eine versäumte Frist gewährt, wenn der Beteiligte innerhalb der Beschwerdefrist ein Verfahrenskostenhilfegesuch bei Gericht eingereicht und alles in seinen Kräften stehende getan hat, damit über diesen Antrag ohne Verzögerung entschieden werden kann. Diesem Erfordernis ist jedoch nur genügt, wenn zusammen mit dem Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe auch eine ausreichende Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Beteiligten nebst der erforderlichen Belege eingereicht wird (BGHZ InsO 2010, 1499, BGH FamRZ 2005, 1901, BGH FamRZ 2004, 1548).

Die Antragsgegnerin hat zwar am 14.10.2019 über ihre Verfahrensbevollmächtigte beim zuständigen Amtsgericht - Familiengericht - Jena ein Verfahrenskostenhilfegesuch für die beabsichtigte Beschwerde gestellt, diesem Antrag jedoch keine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und auch keine Belege beigefügt. Die nachgereichte Erklärung vom 21.10.2019 war nur lückenhaft ausgefüllt, so dass es im Ergebnis ausweislich des ablehnenden Verfahrenskostenhilfebeschlusses des Senats an der Bedürftigkeit der Antragsgegnerin fehlt. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass das Gesuch der Antragsgegnerin keine Aussicht auf Erfolg habe, da ihr Wiedereinsetzung mangels rechtzeitiger Vorlage eines vollständigen Verfahrenskostenhilfegesuchs nicht bewilligt werden könne. Aufgrund dieses Umstandes konnte die Antragsgegnerin auch nicht darauf vertrauen, dass ihr Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden würde. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 20.01.2020 Bezug genommen.

Eine Ergänzung und Vervollständigung innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist ist dann zulässig, wenn die Mängel des Verfahrenskostenhilfeantrags nicht auf einem der Antragsgegnerin zurechenbaren Verschulden beruhen (BGH FamRZ 2008, 1166ff., 2005,1901). Im vorliegenden Fall mangelt es jedoch am fehlenden Verschulden. Denn die nicht rechtzeitige Einreichung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einschließlich der erforderlichen Belege bei Gericht ist nicht deshalb gescheitert, weil die stets zuverlässige Rechtsanwaltsfachangestellte Frau S_ die entsprechende Erklärung einschließlich der Belege nicht rechtzeitig bei Gericht eingereicht hat, sondern daran, dass die Antragsgegnerin eine vollständig ausgefüllte Erklärung und die erforderlichen Belege hierzu der Kanzlei ihrer Verfahrensbevollmächtigten nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt hat bzw. die Verfahrensbevollmächtigte hierauf nicht oder nicht rechtzeitig hingewirkt hat. Wie bereits oben ausgeführt wurde, hat die Antragsgegnerin den amtlichen Vordruck unzureichend ausgefüllt und auch die erforderlichen Angaben und Anlagen zu Abschnitt E nicht beigefügt. Die gesetzliche Vertreterin der Antragsgegnerin, die examinierte Lehrerin (Bl. 305 d.A.) ist, hat die fehlenden Angaben bei E in ihrer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und die unterlassene Belegvorlage auch zu vertreten. Wie bereits oben ausgeführt wurde, ist bei E im amtlichen Formular "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- und Verfahrenskostenhilfe" ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Angaben zum Einkommen des Ehegatten zu machen sind, um einen Prozesskostenvorschussanspruch prüfen zu können.

Eine Wiedereinsetzung kommt dann in Betracht, wenn die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vollständig fristgerecht eingereicht worden ist, wenn das Beschwerdegericht dem Beteiligte, der Verfahrenskostenhilfe für ein beabsichtigtes Rechtsmittel begehrt, eine Frist zur Ergänzung seiner Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen eingeräumt hat, da er dann jedenfalls bis zum Fristablauf weiterhin auf Bewilligung der beantragten Verfahrenskostenhilfe vertrauen darf (BGH FamRZ 2008,871). Aber auch dieser Ausnahmetatbestand liegt hier nicht vor.

Da der Verfahrenskostenhilfeantrag erst am 14.10.2019 beim Amtsgericht eingegangen ist, konnte die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin im ordentlichen Geschäftsgang auf die unvollständige Angaben in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mehr rechtzeitig vor Ablauf der Beschwerdeeinlegungsfrist am 14.10.2019 durch den Senat, der für die Entscheidung über den Verfahrenskostenhilfeantrag zuständig ist, hingewiesen werden, sodass die Ursächlichkeit des Verschuldens der Antragsgegnerin nicht durch ein Verschulden des Gerichts unterbrochen ist.

Die Antragsgegnerin kann sich insoweit auch nicht auf einen Rechtsirrtum berufen, da sie anwaltlich vertreten war und sie sich das Verschulden ihres Verfahrensbevollmächtigten zurechnen lassen muss (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO; vgl. BGH NJW 2001, 2720 ff.). Ausweislich der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs war für den Verfahrensbevollmächtigten auch bei entsprechender Prüfung erkennbar, dass der vollständig ausgefüllte amtliche Vordruck nebst Belegen innerhalb der Frist für die Stellung eines Verfahrenskostenhilfeantrages für eine beabsichtigte Beschwerde eingereicht werden müssen. Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen musste es sich auch ohne weiteres aufdrängen, dass der Antrag unvollständig war und ohne die fehlenden Angaben die Bedürftigkeit nicht überprüft werden kann, mithin es an der Glaubhaftmachung fehlt. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind dann nicht gegeben, wenn die Beteiligte oder ihr anwaltlicher Vertreter (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO) erkennen kann, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe nicht gegeben sind (BGH NJW 2001, 2720 ff.). Vom Rechtsanwalt verlangt die Rechtsprechung dabei größte Sorgfalt bei der Beurteilung der Rechtslage. Insbesondere wird von einem Rechtsanwalt verlangt, sich anhand von Entscheidungssammlungen sowie gängiger Literatur über den Stand der neueren Rechtsprechung zu unterrichten. Ist die Rechtslage zweifelhaft, muss der Rechtsanwalt vorsorglich so handeln, wie es bei einer für seine Partei ungünstigen Entscheidung zur Wahrung ihrer Belange notwendig ist (vgl. zum Ganzen: Zöller/Grieger, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 233 Rn. 23 Stichwort: "Rechtsirrtum"). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hätte die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin ohne weiteres erkennen können, dass die Voraussetzungen für eine Bedürftigkeit im Sinne der Verfahrenskostenhilfevorschriften nicht vorlag. Zudem sind die fehlenden Angaben und Belege bis zum heutigen Tag nicht nachgereicht worden.

Aufgrund der Fristversäumnis der Antragsgegnerin ist die Beschwerde gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 243 FamFG, § 238 Abs. 4 ZPO und die über die Verfahrenswertfestsetzung auf §§ 40, 51 FamGKG.

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde statthaft (§§ 117 Abs. 1 S. 3 FamFG, 522 Abs. 1 S. 4 ZPO). Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe, Herrenstr. 45a, 76133 Karlsruhe einzulegen und muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dem Anwaltszwang unterliegen nicht Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie Beteiligte, die durch das Jugendamt als Beistand vertreten sind. Wegen der weiteren Details wird auf § 114 Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 2 FamFG Bezug genommen. Die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde beträgt ebenfalls einen Monat und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses. Die weiteren Einzelheiten zu den zwingenden Förmlichkeiten und Fristen von Rechtsbeschwerdeschrift und Begründung ergeben sich aus §§ 71 und 72 FamFG.