Bayerischer VGH, Beschluss vom 13.11.2020 - 23 CS 20.2354
Fundstelle
openJur 2020, 78290
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000.... € festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde der Antragstellerin, mit der diese beantragt, unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Würzburg (Az. W 8 S 20.1350) vom 1. Oktober 2020 die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 18. September 2020 (Az. W 8 K 20.1349) gegen die für sofort vollziehbar erklärte Duldungsanordnung in Ziffer 1 des Bescheids des Landratsamts Sch. vom 15. September 2020 wiederherzustellen, bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Mit für sofort vollziehbar erklärter Anordnung vom 15. September 2020 wurde die Antragstellerin verpflichtet, die mit ebenfalls für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid des Landratsamts Sch. vom 13. Mai 2020 verfügte und am 25. Mai 2020 durchgeführte Wegnahme, anderweitige Unterbringung, Verpflegung und Veräußerung des vom Beigeladenen gehaltenen 28-jährigen Hengstes N., der nach Angaben der Antragstellerin in ihrem Eigentum steht, zu dulden. Der Beigeladene, gegen den wegen gravierender Haltungsmängel zugleich ein Pferdehaltungsverbot verhängt wurde, hat Klage gegen die Anordnungen erhoben, über die noch nicht entschieden ist (Az. W 8 K 20.784).

Das Verwaltungsgericht, auf dessen Sachverhaltsdarstellung in dem angefochtenen Beschluss Bezug genommen wird, hat es unter Würdigung des Bescheids vom 15. September 2020 und der Antragserwiderung vom 28. September 2020 abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO wiederherzustellen und die bereits vollzogene Anordnung aufzuheben.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die summarische Prüfung habe ergeben, dass die Klage voraussichtlich keinen Erfolg haben werde, weil die Anordnung rechtmäßig sei. Unabhängig hiervon sei ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung zu bejahen. Die Voraussetzungen einer Duldungsanordnung gegenüber der Antragstellerin nach § 16a TierSchG seien gegeben. Die gegen den Beigeladenen verfügten Anordnungen seien sofort vollziehbar und nicht offensichtlich rechtswidrig. Es sei zu prüfen, ob die Antragstellerin als Eigentümerin von N. nachweisen könne, dass sie willens und in der Lage sei, eine § 2 TierSchG entsprechende Ernährung, Pflege und Unterbringung sicherzustellen. Dies sei nicht der Fall. Der Antragsgegner habe anhand der Stellungnahmen der Amtstierärzte, denen hierfür eine vorrangige Beurteilungskompetenz zukomme, plausibel gemacht, dass eine Unterbringung des bislang einzeln gehaltenen N. bei der Antragstellerin wegen der dortigen örtlichen und räumlichen Gegebenheiten nicht geeignet erscheine und dem Tierwohl nicht gerecht werde. Angesichts der Entfernung der Koppeln von den Ställen könne N., der einen schwierigen Charakter habe, über eine stark befahrene Straße nicht dorthin geführt werden. Winterhaltung dort sei mangels Unterstand nicht möglich. Die Antragstellerin habe kein stimmiges Unterbringungskonzept dargelegt, sondern lediglich darauf hingewiesen, dass ihr ggf. auch andere Personen helfen könnten. Die Anordnung sei auch unter Berücksichtigung der durch Art. 2 Abs. 1, Art. 14 GG geschützten privaten Interessen der Antragstellerin an der Haltung von N. geeignet und verhältnismäßig, um eine dauerhafte tierschutzgerechte Haltung sicherzustellen. Ein milderes Mittel sei nicht ersichtlich. Der Antragsgegner habe nachvollziehbar dargelegt, dass er nach Unterbringungsmöglichkeiten für N. gesucht, aber nur eine Stelle auf einem Gnadenhof in Polen gefunden habe, wo N. nach Kastration vergesellschaftet werden könne. Auch der Verbleib von N. an der jetzigen Stelle entspreche auf Dauer nicht dem Tierwohl. Zudem spreche auch eine reine Interessenabwägung für die Aufrechterhaltung des Sofortvollzugs, weil die sofortige Vollziehung im überwiegenden öffentlichen Interesse an der Veräußerung des Pferdes geboten sei, da die Unterbringungskosten den zu erwartenden Erlös für N., der aufgrund seines Alters nur geringen materiellen Wert besitze, überstiegen. Die Antragstellerin habe über die formelle Eigentümerstellung hinaus auch keine ideellen Interessen an N. geltend gemacht. Nicht zuletzt liege es im Interesse des Tierwohls, N. dauerhaft an eine geeignete Unterbringungsmöglichkeit abzugeben. Das durch Art. 20a GG geschützte Interesse an der tierschutzgerechten Unterbringung von N. überwiege deshalb auch unter Vorwegnahme der Hauptsache das von Art. 2 Abs. 1, Art. 14 GG geschützte private Interesse der Antragstellerin.

Dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern. Rechtsgrundlage für die Anordnung ist § 16a TierSchG. Nach § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Darunter fällt auch die Veräußerung von Tieren, die wegen erheblicher Vernachlässigung dem Halter weggenommen wurden (vgl. BayVGH, B.v. 29.5.2002 - 25 CS 02.834 - juris Rn. 2). § 16a TierschG erlaubt auch den Erlass einer Duldungsanordnung gegenüber dem Eigentümer, um bei der Vollstreckung von Anordnungen gegen den Halter ggf. bestehende rechtliche Hindernisse auszuräumen, die einer Durchsetzung der Anordnung im Wege stehen (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2005 - 25 CS 05.339 - juris Rn. 6). Das behauptete Eigentum eines Dritten an dem Tier kann der Veräußerung eines dem Halter weggenommenen, anderweitig untergebrachten Tieres allerdings nur entgegengehalten werden, wenn dieser seine Eigentümerstellung nachweist und einer Herausgabe des Tieres an ihn keine tierschutzrechtlichen Bedenken entgegenstehen (vgl. BayVGH, B.v. 6.7.2020 - 23 CS 20.383 - juris Rn. 58). Eine Herausgabe an den Eigentümer scheidet deshalb aus, wenn er nicht darlegt, dass er eine dauerhafte, den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung des Tieres sicherstellen kann (vgl. BayVGH, B.v. 13.7.2006 - 25 CS 06.812 - juris Rn. 6), oder wenn das Tier wieder an den bisherigen unzuverlässigen Halter gelangen könnte (vgl. BayVGH, B.v. 26.11.2009 - 9 C 09.2574 - juris Rn. 3).

Eine Veräußerung erfolgt dabei grundsätzlich im Wege der öffentlichen Versteigerung; falls dies nicht möglich ist, weil eine Versteigerung von vornherein als aussichtslos erscheint, oder untunlich ist, weil die Kosten der Versteigerung ersichtlich den Erlös übersteigen, weil das Tier keinen oder nur einen geringen wirtschaftlichen Wert hat oder die Durchführung der Versteigerung weitere Kosten verursachen würde, kommt auch ein freihändiger Verkauf (vgl. BayVGH, B.v. 9.11.2018 - 9 CS 18.1330 juris Rn. 4) oder die unentgeltliche Überlassung des Tieres an Dritte zu gemeinnützigen Zwecken wie beispielsweise an einen Tierschutzverein (vgl. VG Aachen, B.v. 11.9.2003 - 6 L 734/03 - juris Rn. 34) in Betracht (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Auflage 2016, § 16a TierSchG Rn. 36 f.).

Zur Ermöglichung einer sog. Vergesellschaftung mit anderen Equiden kann vor der Veräußerung bei aggressiven oder sonst verhaltensauffälligen Hengsten dabei auch eine Kastration angezeigt sein (vgl. BayVGH, B.v. 9.11.2018 - 9 CS 18.1330 juris Rn. 4; VG Trier, U.v. 16.6.2014 - 6 K 1531/13.TR - juris Rn. 22).

2. Die hiergegen von der Antragstellerin innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgetragenen Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, führen zu keiner anderen Beurteilung.

2.1 Die Beschwerde ist schon deswegen zurückzuweisen, weil sie die Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht erfüllt, da sich die Beschwerdebegründung trotz ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrungnicht wie erforderlich mit der Begründung des angegriffenen Beschlusses auseinandersetzt. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Hierfür reicht es nicht aus, lediglich zu behaupten, die Entscheidung sei fehlerhaft und daher aufzuheben. Erforderlich ist vielmehr eine konkrete inhaltliche Auseinandersetzung mit der Entscheidung (vgl. BayVGH, B.v. 4.12.2007 - 1 CE 07.2747 juris Rn. 25). Dem genügen die unstrukturierten Ausführungen im Schriftsatz vom 16. Oktober 2020 nicht, die sich unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens auf die bloße unsubstantiierte Behauptung beschränken, die Antragstellerin sei entgegen der unzutreffenden Annahme der Amtsveterinäre sehr wohl in der Lage, für die artgerechte Haltung von N. bei sich vor Ort zu sorgen, ohne auf die maßgeblichen Erwägungen des Erstgerichts inhaltlich einzugehen. Entsprechendes gilt auch für das Vorbringen im Schriftsatz vom 2. November 2020, mit dem wiederum unbelegte Behauptungen und Vermutungen ungegliedert aneinandergereiht werden, wonach N. artgerecht bei der Antragstellerin bzw. bei Dritten untergebracht werden könne, ohne sich konkret mit der Begründung des angefochtenen Beschlusses auseinanderzusetzen.

Hinzu kommt, dass das Verwaltungsgericht seine Entscheidung jeweils selbständig tragend sowohl auf die von ihm bei summarischer Prüfung bejahte Rechtmäßigkeit der Duldungsanordnung als auch unabhängig hiervon auf das überwiegende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Duldungsanordnung gestützt hat. Im Falle einer solchen Mehrfachbegründung kann die Beschwerde nur Erfolg haben, wenn im Hinblick auf jeden der für das Verwaltungsgericht entscheidungserheblichen Gründe in der Beschwerde etwas vorgetragen wird (vgl. BayVGH, B.v. 4.12.2007 - 1 CE 07.2747 juris Rn. 25). Dies ist hier nicht der Fall. Die Beschwerdebegründung verhält sich nicht zu der selbständig tragenden Annahme des Verwaltungsgerichts, dass - unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der Duldungsanordnung - vorliegend auch eine reine Interessenabwägung zur Aufrechterhaltung des Sofortvollzugs führt.

2.2 Unabhängig hiervon rechtfertigt das Beschwerdevorbringen keine Abänderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Die Beschwerde zeigt keine Rechtsfehler des angegriffenen Beschlusses auf, sondern erschöpft sich - wie bereits das Vorbringen in erster Instanz - in der unsubstantiierten Behauptung, der Sachverhalt stelle sich anders dar bzw. sei anders zu bewerten, als das Verwaltungsgericht dies auf der Grundlage der Einschätzung der Amtsveterinäre getan habe.

(1) Soweit die Beschwerde zur Begründung "auf den grundlegenden Rechtsgedanken der Entscheidung des BayVGH, Beschluss v. 27.07.1998 - 5 ZS 98.1714 (juris Rn. 9)" hinweist, wonach dem Anliegen des Betroffenen, einer sog. "faktischen Vollziehung" entgegenzuwirken, dadurch Rechnung getragen werde, dass das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 VwGO feststelle, verkennt sie, dass ihrer Klage aufgrund der Anordnung der sofortigen Vollziehung im überwiegenden öffentlichen Interesse (§ 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VwGO) keine aufschiebende Wirkung zukommt, sodass die Anordnungen auch schon vor dem rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens vom Antragsgegner vollzogen werden konnten. Darin liegt kein "faktischer Vollzug".

(2) Soweit die Beschwerde behauptet, die Antragstellerin sei sehr wohl in der Lage, für eine artgerechte Haltung von N. bei sich zu sorgen, vermag sie damit die maßgebliche Einschätzung der Amtsveterinäre, dass eine dauerhafte Unterbringung von N. bei der Antragstellerin unter Berücksichtigung des Alters und Allgemeinzustands des Pferdes insbesondere wegen der dortigen räumlichen und örtlichen Gegebenheiten nicht in Frage komme, nicht durch bloßes Bestreiten in Zweifel zu ziehen, geschweige denn zu widerlegen. Das Landratsamt ist unwidersprochen davon ausgegangen, dass es sich bei N. um einen ca. 28-jährigen unkastrierten, sensiblen und ängstlichen Hengst mit schwierigem Charakter handle, der sich aggressiv verhalte. Deshalb könne N. nicht zusammen (mit dem erforderlichen Beistellpferd) den ca. 1 km langen Weg auf einer vielbefahrenen Straße vom Anwesen der Antragstellerin, wo sich die Ställe befänden, auf die Koppeln geführt werden. Eine Haltung dort sei lediglich während des Sommerhalbjahres denkbar, im Winterhalbjahr müsse N. im Stall stehen, weil sich auf den Koppeln kein Unterstand befinde. Eine dauerhafte Unterbringung entsprechend den Anforderungen des § 2 Nrn. 1 und 2 TierSchG sei daher bei der Antragstellerin nicht gewährleistet (vgl. Bescheid vom 15.9.2020 S. 9). Hiergegen trägt die Beschwerde nichts substantiiert vor.

Der Vortrag, dass die Antragstellerin über die Möglichkeit verfüge, N. einen Wallach als Beistellpferd zur Seite zu stellen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Unabhängig davon, dass das Vorbringen vage und unbestimmt ist und hierfür auch keine Belege vorgelegt wurden, würde auch das Vorhandensein eines weiteren Pferdes nichts daran ändern, dass es an einer geeigneten dauerhaften Unterbringungsmöglichkeit für N. bei der Antragstellerin fehlen würde. Entsprechendes gilt für das - ebenfalls nicht belegte - Vorbringen, dass sich auf dem Anwesen der Antragstellerin der früher von ihr selbst und nunmehr von Frau Sch. gehaltene Wallach S. befinde, dessen Haltung durch das Landratsamt nicht beanstandet worden sei. Denn es kommt auf die Unterbringung von N. an. Daran ändert auch nichts, dass nach - wiederum nicht belegten - Angaben der Antragstellerin auf der Koppel (nunmehr) ein Weidezelt aufgestellt worden sei, das es ermögliche, die Pferde ganzjährig im Freien zu halten. Denn selbst wenn dem so wäre, wäre damit noch nicht nachgewiesen, dass die behauptete Unterbringungsmöglichkeit den Anforderungen an eine ganzjährige "Robusthaltung" von Pferden im Freien (vgl. BayVGH, U.v. 30.1.2008 - 9 B 05.3146, 9 B 06.2992 - juris Rn. 28; B.v. 5.4.2017 - 9 ZB 15.357 - juris Rn. 6) genügen würde. Zudem wäre damit auch nicht dargelegt, dass N. angesichts seines Alters und Gesundheitszustands hierfür (noch) geeignet wäre.

Vor diesem Hintergrund kann dahingestellt bleiben, ob die Antragstellerin, die die von ihr betriebene Pferdehaltung vor zwei Jahren aufgegeben hat, persönlich zur Haltung von Pferden geeignet ist, da eine Haltung von N. bei ihr schon aufgrund der räumlichen und örtlichen Gegebenheiten nicht in Betracht kommt. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob die Antragstellerin in der Vergangenheit selbst Pferde bei sich gehalten hat, die ihren - gleichfalls nicht belegten - Angaben nach aus einer nicht artgerechten Haltung gestammt hätten und bei ihr ein würdiges Dasein bis zu ihrem Tod fristen hätten können. Entgegen der Behauptung, dass die von ihr betriebene Pferdehaltung in der Vergangenheit regelmäßig vom Landratsamt kontrolliert, aber nicht beanstandet worden sei, wies diese laut Bescheid vom 15. September 2020 (S. 9) allerdings bereits seit 2010 Mängel auf, sodass durchaus Zweifel an der Eignung der Antragstellerin zur Pferdehaltung, noch dazu eines so anspruchsvollen Pferdes wie N., bestehen, um das sie sich, obwohl sie seit 2012 dessen Eigentümerin gewesen sein will, ersichtlich nicht gekümmert hat. Auch spricht, ohne dass es darauf entscheidungserheblich ankommen würde, manches dafür, dass die Antragstellerin aus gesundheitlichen oder anderen persönlichen Gründen nicht zur Pferdehaltung gewillt oder befähigt ist. Ein (faktisches) Pferdehaltungsverbot wurde gegen sie jedenfalls nicht ausgesprochen.

(3) Soweit die Beschwerde vorträgt, dass - unabhängig davon, dass die Antragstellerin selbst eine artgerechte Haltung von N. bei sich sicherstellen könne -, es ihr gelungen sei, mehr als 30 Adressen in Deutschland ausfindig zu machen, die N. als Wallach oder Hengst im Rahmen eines Pensionsvertrages übernehmen würden, hat sie zwar zehn Anschriften von Reitställen, Gestüten u. dgl. angegeben, jedoch nicht dargelegt, unter welchen Bedingungen N. dort dauerhaft gehalten werden soll. Es ist auch nicht Aufgabe des Senats, die unsubstantiierten Angaben daraufhin zu überprüfen, ob unter den angegebenen Adressen eine dauerhafte tierschutzgerechte Unterbringung von N. möglich ist. Eine alternative Unterbringungsmöglichkeit ist damit nicht nachgewiesen.

(4) Soweit die Beschwerde rügt, dass die angedachte Kastration und Verbringung von N. auf einen bis zu 900 km vom bisherigen Haltungsort entfernten Gnadenhof in Polen eine faktische Enteignung der Antragstellerin sowie einen medizinisch nicht indizierten und nicht mehr rückgängig zu machenden, mit der Gefahr des vorzeitigen Ablebens des Tieres verbundenen tierschutzwidrigen Eingriff in Leben und Gesundheit von N. darstelle, obwohl es andere Unterbringungsmöglichkeiten in Bayern bzw. Deutschland gebe, hat der Antragsgegner diese Gesichtspunkte bei der getroffenen Entscheidung berücksichtigt und dem öffentlichen Interesse an den beabsichtigten Maßnahmen den Vorrang vor dem privaten Interesse der Antragstellerin eingeräumt. Das Landratsamt ist dabei unwidersprochen davon ausgegangen, dass es sich bei N. um einen Hengst mit schwierigem Charakter handle, der sich aggressiv verhalte (vgl. Bescheid vom 15.9.2020 S. 9). Um eine Vergesellschaftung des bisher einzeln gehaltenen Hengstes zu ermöglichen, solle er vor der Verbringung auf den Gnadenhof kastriert werden, weil dort eine Aufnahme nur als Wallach möglich sei; die Durchführung des Eingriffs sei von der Bestätigung der Operationsfähigkeit des Tieres abhängig (vgl. Bescheid vom 15.9.2020 S. 6). Hinsichtlich der Verbringung nach Polen hat das Landratsamt die Transporttauglichkeit von N. bejaht (vgl. Stellungnahme der Tierklinik R. vom 3.9.2020, Bl. 173 d.A.) und weiter ausgeführt, dass die Unterbringung von N. auf dem Gnadenhof unter Berücksichtigung seines Alters und Gesundheitszustands alternativlos sei, um dauerhaft eine tierschutzgerechte Haltung von N. zu ermöglichen. Eine entsprechende Unterbringungsmöglichkeit für N. in Bayern habe nicht ermittelt werden (vgl. Antragserwiderung vom 28.9.2020 S. 5; Bl. 197-200 d.A.). Da es sich bei N. um einen bereits 28-jährigen Hengst ohne Zuchtnachweis handle, für den mangels wirtschaftlichen Wertes kein bzw. nur ein geringer Erlös zu erwarten sei, würden bei Fortdauer der jetzigen Unterbringung hohe Kosten anfallen (vgl. Bescheid vom 15.9.2020 S. 6, 11).

Rechtsfehler sind diesbezüglich weder dargetan noch sonst ersichtlich. Auch wenn dadurch bereits vor einer Entscheidung in der Hauptsache jedenfalls z.T. irreversible Tatsachen geschaffen werden, hat der Antragsgegner das von Art. 2 Abs. 1, Art. 14 GG geschützte private Interesse der Antragstellerin an der Verfügungsbefugnis über N. sowie an dessen körperlichen Unversehrtheit rechtsfehlerfrei als nachrangig zu dem durch Art. 20a GG gewährleisteten Tierwohl angesehen und zu Recht angenommen, dass dieses durch eine dauerhafte Haltung von N. als Wallach zusammen mit anderen Pferden allein auf dem Gnadenhof in Polen gewährleistet werden kann, da mangels geeigneter Alternativen und der bei einer Fortdauer der derzeitigen Unterbringung entstehenden hohen Kosten, die zum geringen wirtschaftlichen Wert von N. in keinem Verhältnis stehen, eine andere Unterbringungsmöglichkeit ausscheidet.

Dadurch, dass die Beschwerde auf die Irreversibilität einer Kastration und den durch die Verbringung nach Polen resultierenden Grundrechtseingriff hoher Intensität und deren Folgen für die Antragstellerin hinweist, die zu einer "faktische Enteignung" noch während des Klageverfahrens führten, zeigt sie angesichts des hohen Werts, den der Tierschutz nach Art. 20a GG hat, keine Anhaltspunkte für eine Unverhältnismäßigkeit der Anordnung auf. In der tierärztlich indizierten Kastration zur Ermöglichung einer Vergesellschaftung von N. liegt keine tierschutzwidrige Behandlung, da dadurch eine Einzelhaltung vermieden und die Sozialverträglichkeit erhöht werden kann. Die damit verbundenen Risiken hat das Landratsamt minimiert, indem es die Durchführung des Eingriffs von der Bestätigung der Operationsfähigkeit von N. abhängig gemacht hat. Auch hat sich das Landratsamt ersichtlich mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein Transport nach Polen erforderlich und angemessen ist, und ist nach Prüfung der Transportfähigkeit von N. zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich bei der Verbringung von N. auf den Gnadenhof in Polen um die einzige Alternative handelt, eine dauerhafte tierschutzgerechte Unterbringung zu gewährleisten. Wenn die Beschwerde hiergegen anführt, dass die geplanten Maßnahmen weder erforderlich noch verhältnismäßig seien, weil offensichtlich Plätze in Bayern für die Unterbringung von N. existierten, führt diese unbelegte Behauptung ebenso wenig wie das Bestreiten mit Nichtwissen, dass das Veterinäramt versucht habe, einen Platz für N. in Bayern ausfindig zu machen, obwohl dies aktenkundig ist, zu einer anderen Beurteilung. Auch das Vorbringen, das Veterinäramt habe erst vier Monate nach der Fortnahme eine Suchanfrage gestellt, obwohl eine Unterbringung bei Herrn N. nur für kurze Zeit geplant gewesen sei, macht eine Unterbringung von N. auf dem Gnadenhof in Polen nicht unverhältnismäßig.

(5) Soweit die Beschwerde die "vermutete" Sachkunde der Amtstierärzte pauschal in Zweifel zieht, vermag dieses Vorbringen deren Einschätzung nicht in Frage zu stellen, dass eine dauerhafte tierschutzgerechte Unterbringung von N. nur auf dem Gnadenhof in Polen in Betracht kommt. Nach st. Rspr. kommt beamteten Tierärzten in tierschutzrechtlichen Fragen eine vorrangige fachliche Beurteilusngskompetenz zu. Schlichtes Bestreiten ist daher nicht geeignet, Zweifel an den tierschutzrechtlichen Anordnungen zugrundeliegenden amtstierärztlichen Einschätzungen zu wecken, geschweige denn diese zu widerlegen. Anderes gilt nur, wenn der Betroffene substantiiert darlegt, dass das amtstierärztliche Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unauflösbare Widersprüche aufweist, Zweifel an der Sachkunde und Unparteilichkeit aufwirft und im Hinblick auf die gutachterlich zu treffenden Feststellungen und deren Herleitung und Begründung unvollständig ist (vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2020 - 23 CS 19.2486 - juris Rn. 26 m.w.N.). Dies gilt auch für die hier inmitten stehende Beurteilung der tierschutzgerechten Unterbringung (vgl. BayVGH, B.v. 5.4.2017 - 9 ZB 15.357 - juris Rn. 6). Das pauschale Vorbringen, weder das Landratsamt noch das Erstgericht hätten sich einen Eindruck der Umstände bei der Antragstellerin vor Ort zur artgerechten Haltung von N. verschafft, ist daher nicht geeignet, die Einschätzung der Amtstierärzte in Frage zu stellen. Die Beschwerde legt auch nicht dar, inwiefern ein Ortstermin zu einer anderen Beurteilung führen sollte. Es erschließt sich auch nicht, weshalb es eines richterlichen Hinweises an die Antragstellerin bedurft hätte, um die Umstände der angedachten Pferdehaltung näher zu beleuchten, da sie darlegen hätte müssen, dass gegen eine Haltung keine tierschutzrechtlichen Bedenken bestehen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da der Beigeladene sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert und weder Anträge gestellt noch Rechtsmittel eingelegt hat, trägt er seine außergerichtlichen Kosten selbst (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2, 47 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG (wie Vorinstanz).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).