VG Augsburg, Urteil vom 29.10.2020 - Au 9 K 20.30084
Fundstelle
openJur 2020, 77786
  • Rkr:
Tenor

I. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 22. Januar 2020 wird mit Ausnahme des in Nr. 3 festgestellten Abschiebungsverbots hinsichtlich Nigerias aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen die Behandlung ihres Asylantrags in der Bundesrepublik Deutschland als unzulässig und begehrt die Feststellung von nationalen Abschiebungsverbote nach Italien bzw. in einen anderen aufnahmebereiten Staat.

Die am ... 1991 in ... (Nigeria) geborene Klägerin ist nigerianische Staatsangehörige mit Volkszugehörigkeit der Bini (Edo) und christlichem Glauben.

Ihren Angaben zufolge reiste die Klägerin erstmalig am 23. Mai 2019 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo sie unter dem 12. Juni 2019 Asylantrag stellte. Eine Beschränkung des Asylantrages gemäß § 13 Abs. 2 Asylgesetz (AsylG) auf die Zuerkennung internationalen Schutzes (Flüchtlingseigenschaft und subsidiärer Schutz) erfolgte im Verfahren nicht.

Die Klägerin hat bereits in Italien einen Asylantrag gestellt. Der Klägerin wurde im Rahmen des italienischen Asylverfahrens internationaler Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG (subsidiärer Schutz) gewährt.

Die persönliche Anhörung der Klägerin beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) erfolgte am 16. Oktober 2019. Die Klägerin trug hierbei im Wesentlichen vor, das sie in Italien einen Asylantrag gestellt habe, der positiv verbeschieden worden sei. Sie habe vier Jahre in Italien gelebt. Probleme mit dem Staat oder der Regierung habe sie nicht gehabt. Sie sei freiwillig ausgereist. Um Arbeit habe sie sich bemüht, aber keine Arbeit gefunden. Weiter verwies die Klägerin darauf, dass ihre Kinder ebenfalls in Deutschland lebten.

Für das weitere Vorbringen der Klägerin wird auf die über die persönliche Anhörung gefertigte Niederschrift des Bundesamtes Bezug genommen.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 22. Januar 2020 (Gz.: ...) wurde der Asylantrag der Klägerin als unzulässig abgelehnt (Nr. 1 des Bescheids). Nr. 2 des Bescheids bestimmt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG)nicht vorliegen. In Nr. 3 wird die Klägerin aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Folgeleistung wurde der Klägerin die Abschiebung nach Italien bzw. in einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht. Weiter wurde bestimmt, dass die Klägerin nicht nach Nigeria abgeschoben werden dürfen. Nr. 4 ordnet das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG an und befristet es auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. In Nr. 5 des Bescheids wurde die Vollziehung der Abschiebungsandrohung ausgesetzt.

Zur Begründung führt das Bundesamt aus, dass der Asylantrag der Klägerin bereits unzulässig sei. Ein Asylantrag sei gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedsstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1Nr. 2 AsylG gewährt habe. Nach den Erkenntnissen des Bundesamtes sei der Klägerin in Italien internationaler Schutz gewährt worden. Sie verfüge über eine Aufenthaltserlaubnis bis zum 17. September 2021. Eine materielle Prüfung des Asylantrages scheidet daher aus. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Eine Abschiebung sei gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG unzulässig, wenn sich dies aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergebe. Der Klägerin werde die Abschiebung, einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union, angedroht. Die Klägerin habe nichts glaubhaft vorgetragen oder vorgelegt, dass ihr in Italien eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohe. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu bewerten sein und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. mit Art. 3 EMRK erfüllen. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Italien führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung der Klägerin eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände der Klägerin sei die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch eine Abschiebung nicht beachtlich. Die Situation von Schutzberechtigten in Italien habe sich im Vergleich zu vorherigen Jahren deutlich verbessert. Es sei der Klägerin mit der erforderlichen Eigeninitiative möglich, zu vermeiden, dass sie in eine Situation extremer materieller Not gerate. Die Klägerin habe selbst vorgetragen, dass keine Gründe vorlägen, die gegen eine Rückkehr nach Italien sprächen. Es drohe der Klägerin auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 AufenthG führe. Derartige individuelle Gefahren habe die Klägerin bereits nicht vorgetragen. Die Abschiebungsandrohung sei nach §§ 35, 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG zu erlassen. Die Ausreisefrist von einer Woche ergebe sich aus § 36 Abs. 1 AsylG. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot werde gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG angeordnet und nach § 11 Abs. 2 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Diese Befristung sei vorliegend angemessen. Bei den von der Klägerin genannten Kindern handelt es sich zwar um Familienangehörige im Sinne der Kernfamilie. Jedoch hielten sich diese nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Eine Trennung der Klägerin von Kindern sei nicht zu befürchten. Die Vollziehung der Abschiebungsandrohung werde gemäß § 80 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ausgesetzt.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheids des Bundesamts vom 22. Januar 2020 wird ergänzend verwiesen.

Der vorbezeichnete Bescheid wurde der Klägerin mit Postzustellungsurkunde am 29. Januar 2020 bekannt gegeben.

Die Klägerin hat gegen den vorbezeichneten Bescheid mit Schriftsatz vom 30. Januar 2020 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und beantragt,

I. Die Beklagte wird dazu verpflichtet, bezüglich der Klägerin in das nationale Asylverfahren einzutreten, hilfsweise festzustellen, dass für sie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG bestehen.

II. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 22. Januar 2020, adressiert an die Klägerin (Gz.: ...), zugestellt am 29. Januar 2020 wird aufgehoben, soweit er der o.g. Verpflichtung entgegensteht.

Zu Begründung der Klage ist mit Schriftsatz vom 11. März 2020 ausgeführt, dass die Klägerin Mutter von zwei kleinen Kindern (Zwillingen) sei. Der Klägerin sei zumindest ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG zuzusprechen. Sie sei nicht in der Lage, sich in Italien ein Leben über dem Existenzminimum zu erwirtschaften. Im Falle einer Abschiebung nach Italien bestehe durch die schlechten humanitären Bedingungen die tatsächliche Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK. Für die Klägerin bestehe voraussichtlich keine Möglichkeit, eine adäquate Unterkunft zu finden. Zwar würden anerkannte Flüchtlinge in einer sogenannten SPRAR-Einrichtung untergebracht. Dies erfolge jedoch zunächst nur für einen Zeitraum von sechs Monaten. Auch der Zugang Schutzberechtigter zum Arbeitsmarkt ändere an dem Vorliegen eines Abschiebungsverbots nichts. Italien habe mit 29,3% eine der höchsten Jugendarbeitslosenquote in Europa. Aufgrund dieser ohnehin sehr hohen Arbeitslosenquote unter jüngeren Personen erscheine es für anerkannte Flüchtlinge kaum möglich, in Italien eine Arbeitsstelle zu finden. Auch liege kein ausreichendes Sozialsystem vor, welches jedoch Grundvoraussetzung für eine humanitäre Unterbringung von Schutzberechtigten sei. Sozialwohnungen seien mit extremen Wartezeiten verbunden und erforderten regelmäßig eine fünfjährige Aufenthaltszeit in Italien. Bezüglich des Hinweises des Bundesamts auf Angebote gemeinnütziger Einrichtungen müsse beachtet werde, dass die Kapazitäten hier sehr begrenzt seien. Selbst wenn eine derartige Einrichtung Hilfe anbiete, handle es sich nur um eine vorübergehende Notmaßnahme. Zudem sei der Zugang zu gewissen Gesundheitsleistungen an das Vorhandensein einer Gesundheitskarte geknüpft, welche grundsätzlich nur erteilt werden könne, wenn ein Wohnort angegeben werde. Personen ohne Wohnsitz könnten diese daher im Regelfall daher nicht beantragen. Überdies werde der Zugang zu einer Gesundheitskarte durch administrative und finanziell Hürden, Sprachprobleme und ungenügende Informationen erschwert. Zusammenfassend sei davon auszugehen, dass ernsthaft befürchtet werden müsse, dass die Klägerin bei einer Rückkehr nach Italien in eine wirtschaftliche und sozial aussichtlose Situation geraten könne, in der sie und ihre Kinder auch auf längere Sicht von Obdachlosigkeit, wirtschaftlicher Verelendung und sozialer Perspektivlosigkeit konkret bedroht wären. Die humanitären Bedingungen in Italien stellten für Schutzberechtigte daher eine Verletzung des Artikel 3 EMRK dar. Die besondere Verletzlichkeit der Klägerin resultiere aus der Tatsache, dass diese allein für zwei kleine Kinder sorgen müsse.

Auf den weiteren Vortrag im Klagebegründungsschriftsatz vom 11. März 2020 wird ergänzend verwiesen.

Die Beklagte hat dem Gericht die einschlägige Verfahrensakte vorgelegt; ein Antrag wurde nicht gestellt.

Ein ebenfalls für die Klägerin gestellter Antrag vorläufigen Rechtsschutzes (Aktenzeichen Au 9 S 20.30085) wurde mit Schriftsatz vom 6. Februar 2020 zurückgenommen und das Verfahren Au 9 S 20.30085 mit Gerichtsbeschluss vom 6. Februar 2020 eingestellt.

Mit weiterem Gerichtsbeschluss vom 3. April 2020 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Am 29. Oktober 2020 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung, in der die Klägerin informatorisch angehört wurde, wird auf das hierüber gefertigte Protokoll verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf Gerichtsakte und auf die von Beklagten vorgelegte Verfahrensakte Bezug genommen.

Gründe

Der Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) konnte über die Klage der Kläger verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2020 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass bei Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten ausweislich der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). Die Beklagte ist zur mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2020 form- und fristgerecht geladen worden.

Die Klage hat Erfolg.

Die auf Aufhebung des Bescheids des Bundesamts vom 22. Januar 2020 mit Ausnahme des in Nr. 3 zugunsten der Kläger festgestellten Abschiebungsverbots hinsichtlich Nigerias auszulegende Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO zulässig (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2017 - 1 C 9.17 - juris Rn. 15).

Die Klage ist auch begründet.

Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 22. Januar 2020 ist, soweit er mit der Klage angegriffen ist, rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Das Bundesamt hat den Asylantrag der Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs 1 AsylG) zu Unrecht als unzulässig abgelehnt (Nr. 1 des Bescheids).

Denn eine Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG darf nach der neuesten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, B.v. 13.11.2019 - C-540/17, C-541/17 - juris, Rn. 35, 43 und U.v. 19.3.2019 - C 297/17, C-318/17, C-319/17, C-438/17 - juris, Rn. 101) auch dann nicht ergehen, wenn die betroffenen Personen dadurch der ernsthaften Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta ausgesetzt würden. Danach ist Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Verfahrensrichtlinie dahingehend auszulegen, dass er einem Mitgliedstaat verbietet, von der durch diese Vorschrift eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen, einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig abzulehnen, weil dem Antragsteller bereits von einem anderen Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, wenn die Lebensverhältnisse, die ihn in einem anderen Mitgliedstaat als anerkannter Flüchtling erwarten würden, ihn der ernsthaften Gefahr aussetzen würden, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta zu erfahren.

Vorliegend droht der Klägerin unter Berücksichtigung einer gebotenen gemeinsamen Rückkehr nach Italien mit ihren beiden minderjährigen Söhnen als unverheiratete Mutter als vulnerabler Person bei einer Rückkehr nach Italien unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen eine derart ernsthafte Gefahr einer den Grundsätzen des Art. 4 GR-Charta zuwiderlaufenden Behandlung oder Situation extremer materieller Not.

An das Vorliegen einer solchen Gefahr stellt der Europäische Gerichtshof sehr strenge Anforderungen (vgl. EuGH, U.v. 19.3.2019 - C-163/17 (Jawo) - juris, Rn. 82 f. und 87 bis 98).

Im Kontext des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems gilt danach die Vermutung, dass die Behandlung der Antragsteller und Schutzberechtigten in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechtecharta (GR-Charta), der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) steht. Allerdings kann nach der vorstehenden Rechtsprechung nicht ausgeschlossen werden, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stößt, so dass ein ernsthaftes Risiko besteht, dass Antragsteller oder Schutzberechtigte bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Grundrechten unvereinbar ist (vgl. EuGH, U.v. 19.3.2019 - C-163/17 (Jawo) - juris, Rn. 82 f. und 87 bis 98).

Art. 4 der GR-Charta und in gleicher Weise auch Art. 3 EMRK sind dahin auszulegen, dass sie einer Überstellung entgegenstehen, wenn das zuständige Gericht auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben feststellt, dass der jeweilige Antragsteller einem ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta zu erfahren, weil er sich im Fall der Überstellung unabhängig von seinem Willen und seinen persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände (vgl. EuGH, U.v. 19.3.2019 - C-163/17 (Jawo) - juris, Rn. 98; B.v. 13.11.2019 - C-540/17 und C-541/17 (Hamed) - juris, Rn. 39; vgl. auch BVerfG, B.v. 10.10.2019 - 2 BvR 1380/19 - juris, Rn. 15).

Dabei ist es für die Anwendung des Art. 4 GR-Charta gleichgültig, ob es zum Zeitpunkt der Überstellung, während des Asylverfahrens oder nach dessen Abschluss dazu kommt, dass die betreffende Person auf Grund ihrer Überstellung an den zuständigen Mitgliedstaat einem ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erfahren. Die Überstellung eines Antragstellers oder Schutzberechtigten in einen Mitgliedstaat ist in all jenen Situationen ausgeschlossen, in denen ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme vorliegen, dass er bei seiner Überstellung oder infolge seiner Überstellung in eine solche Gefahr geraten wird. Insoweit ist das zuständige Gericht verpflichtet, auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben und im Hinblick auf den durch das Unionsrecht gewährleisteten Schutzstandard der Grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorliegen. Derartige Schwachstellen fallen nur dann unter Art. 4 GR-Charta, wenn sie eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreichen, die von sämtlichen Umständen des Falles abhängt.

Diese besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit ist erreicht, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hat, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befindet, die es ihr nicht erlaubt, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigt oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzt, der mit der Menschenwürde unvereinbar ist (vgl. EuGH, U.v. 19. 3.2019 - C-163/17 (Jawo) - juris, Rn. 87 bis 92; B.v. 13.11.2019 - C-540/17 und C-541/17 (Hamed) - juris, Rn. 39).

Große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person reichen nicht aus, sofern sie nicht mit extremer materieller Not verbunden sind. Das Fehlen familiärer Solidarität ist keine ausreichende Grundlage für die Feststellung einer Situation extremer materieller Not. Auch Mängel bei der Durchführung von Programmen zur Integration von Schutzberechtigten reichen für einen Verstoß gegen Art. 4 GR-Charta nicht aus. Der bloße Umstand, dass im ersuchenden Mitgliedstaat die Sozialhilfeleistungen und/oder die Lebensverhältnisse günstiger sind als im normalerweise zuständigen Mitgliedstaat, kann nicht die Schlussfolgerung stützen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Überstellung tatsächlich der Gefahr ausgesetzt wäre, eine gegen Art. 4 der Grundrechtecharta verstoßende Behandlung zu erfahren (vgl. EuGH, U.v. 19.3.2019 - C-163/17 (Jawo) - juris, Rn. 93 f. und 96 f.; B.v. 13.11.2019 - C-540/17 und C-541/17 (Hamed) - juris, Rn. 39).

Art. 4 GR-Charta verpflichtet die Konventionsstaaten auch nicht, allen ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen das Recht auf eine Unterkunft und eine finanzielle Unterstützung zu gewährleisten, damit sie einen gewissen Lebensstandard haben (vgl. zu Art. 3 EMRK: EGMR, U.v. 21.1.2011 - 30696/09 - EuGRZ 2011, 243, 245, Rn. 249).

Erst recht lässt sich aus Art. 4 GR-Charta kein Anspruch auf Bevorzugung gegenüber der einheimischen Bevölkerung herleiten (vgl. zu Art. 3 EMRK: EGMR, U.v. 13.12.2016 - 41738/10 - NVwZ 2017, 1187, Rn. 189).

Schutzberechtigte müssen sich grundsätzlich auf den für Staatsangehörige des schutzgewährenden Landes vorhandenen Lebensstandard verweisen lassen (siehe etwa Art. 26 Abs. 2 und 3, Art. 29 Abs. 1, Art. 30 Abs. 1 Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU).

Durch Missstände im sozialen Bereich wird die Eingriffsschwelle von Art. 4 GR-Charta nur unter strengen Voraussetzungen überschritten. Neben den rechtlichen Vorgaben ist dabei aber auch auf den (Arbeits-) Willen und reale Arbeitsmöglichkeiten abzustellen sowie die persönlichen Entscheidungen des Betroffenen zu berücksichtigen (vgl. VGH BW, U.v. 29.7.2019 - A 4 S 749/19 - juris, Rn. 40, unter Verweis auf EuGH, U.v. 19.3.2019 - C-163/17 - (Jawo) - juris, Rn. 92; OVG OVG SH, U.v. 24.5.2018 - 4 LB 27/17 - juris, Rn. 60, m.w.N).

Weiter ist auch die spezifische Situation des Betroffenen in den Blick zu nehmen und dabei muss zwischen gesunden und arbeitsfähigen Flüchtlingen sowie besonders vulnerablen Gruppen mit besonderer Verletzbarkeit (z.B. Kleinkinder, minderjährige unbegleitete Flüchtlinge, Hochschwangere, erheblich Erkrankte etc.) unterschieden werden. Bei Letzteren ist der Schutzbedarf naturgemäß anders bzw. höher (vgl. VGH BW, U.v. 29.7.2019 - A 4 S 749/19 - juris, Rn. 41. OVG SH, U.v. 25.7.2019 - 4 LB 12/17 - juris, Rn. 63 ff.; OVG NW, B.v. 16.12.2019 - 11 A 228/15.A - juris, Rn. 35 ff.).

Das Gericht geht bei einer realistischen Betrachtung davon aus, dass selbst nach diesen strengen Maßgaben jedenfalls für die gebotene Gesamtbetrachtung der Klägerin mit ihren beiden gerade einmal ein Jahr und zwei Monaten alten Kindern im Falle der Überstellung nach Italien die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta und Art. 3 EMRK droht. Die Klägerin ist Mutter von Zwillingen, die derzeit ein Jahr und zwei Monate alt sind. Auch ist die Klägerin nach ihrem glaubhaften Vorbringen derzeit alleinerziehend. Kontakt zu dem nach wie vor in Italien lebenden Kindsvaters besteht seit längerem keiner mehr. So hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass sie zuletzt vor zehn Monaten Kontakt zum Vater der Kinder gehabt habe. Den aktuellen Aufenthalt des Vaters der Kinder kenne sie nicht. Überdies handelt es sich beim Vater der Kinder um einen nigerianischen Asylbewerber, der in Italien über keinen berechtigten Aufenthalt verfügt. Aufgrund dessen ist die Klägerin der Personengruppe der vulnerablen Personen zuzurechnen, für die die vorstehend beschriebenen Maßstäbe mit Blick auf ihren erhöhten Schutzbedarf differenziert anzuwenden sind.

Für solche besonders vulnerablen Personen ist aufgrund aktueller Erkenntnisse zu befürchten, dass sie die in ihrer speziellen Situation dringend erforderliche Unterstützung in Italien nicht erhalten werden und dadurch in eine Situation der Verelendung unabhängig von ihrem eigenen Willen geraten.

Zwar sind bei einer Gesamtwürdigung der aktuell vorliegenden Berichte und Stellungnahmen keine hinreichenden Gründe für die Annahme feststellbar, dass nicht vulnerablen Schutzsuchenden bei einer Rückkehr nach Italien generell mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit im dortigen Asylverfahren oder in den dortigen Aufnahmebedingungen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK droht (vgl. VGH BW, U.v. 29.7.2019 - A 4 S 749/19 - juris).

Das Gericht geht in ständiger Rechtsprechung daher davon aus, dass in Italien nur solche Asylbewerber einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gemäß Art. 3 EMRK ausgesetzt sind, die besonders schutzbedürftig und deshalb auf staatliche Hilfe angewiesen sind (vgl. EGMR, U.v. 4.11 2014 - 29217/12 (Tarakhel/Schweiz); BVerfG, B.v. 17.9.2014 - 2 BvR 939/14 - juris, Rn. 15 f.; BVerwG, U.v. 31.3.2013 - 10 C 15.12 - juris).

Dies gilt insbesondere im Fall der Betroffenheit von Kindern. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, dass der durch Art. 4 GR-Charta bzw. in gleicher Weise durch Art. 3 EMRK vermittelte Schutz bei Kindern - unabhängig davon, ob sie von ihren Eltern begleitet werden - noch wichtiger ist, weil sie besondere Bedürfnisse haben und extrem verwundbar sind. Diese bestehen aufgrund ihres Alters und ihrer Abhängigkeit, aber auch ihres Status als Schutzsuchende (vgl. EGMR, U.v. 4.11.2014 - 29217/12 (Tarakhel/Schweiz) - juris, Rn. 119).

Damit fällt die Klägerin vor dem Hintergrund der alleinigen Betreuung ihrer zwei minderjährigen, unter drei Jahre alten Kinder, in den Schutzbereich der besonders gefährdeten Personen bei einer Rückkehr nach Italien.

Auf der Grundlage der dem Gericht verfügbaren aktuellen Kenntnisse ist auch vor dem Hintergrund des Grundsatzes des gegenseitigen Vertrauens überwiegend und damit beachtlich wahrscheinlich, dass die italienischen Behörden ihrer Verpflichtung zur angemessen Unterbringung und Versorgung der Klägerin und ihrer beiden minderjährigen Kinder zur Abwendung erheblicher konkreter Gesundheitsgefahren insbesondere für die minderjährigen Kinder (Zwillinge) nicht ausreichend nachkommen werden. An einer individuellen Garantieerklärung, die aufgrund der Zuordnung der Klägerin zur Personengruppe der vulnerablen Personen Voraussetzung wäre, fehlt es vorliegend.

Die Lebenssituation anerkannt Schutzberechtigter stellt sich nach der gegenwärtigen Erkenntnislage wie folgt dar:

Anerkannt Schutzberechtigte sind in Italien den dort lebenden Einheimischen gleichgestellt. Sie können mit ihrer Aufenthaltsbewilligung ein- und ausreisen und sich in Italien ohne Einschränkungen bewegen. Das italienische System beruht auf der Annahme, dass Inhaber eines internationalen Schutzstatus für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen müssen, da sie als solche auch berechtigt sind zu arbeiten (vgl. SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, Seite 33, 35; SFH, Reception conditions in Italy, Januar 2020, S. 45 f.

Soweit es danach im Bereich der Versorgung mit einer Unterkunft und mit den Leistungen zum Lebensunterhalt - wie im Folgenden dargestellt wird - zu zum Teil erheblichen Problemen kommen kann, ergibt sich daraus in den Aufnahmebedingungen für anerkannte Schutzberechtigte, soweit sind nicht vulnerabel sind, (noch) keine Verletzung von Art. EUGRCHARTA2007 Artikel 4 GR-Charta bzw. Art. EMRK Artikel 3 EMRK im Sinne der vom Europäischen Gerichtshof angelegten Maßstäbe.

Bezüglich der Unterbringungssituation ist für anerkannt Schutzberechtigte in Italien folgendes feststellbar: Anerkannte Flüchtlinge haben im Rahmen der bestehenden Kapazitäten und sofern die maximale Aufenthaltsdauer von sechs Monaten, die unter bestimmten Voraussetzungen (bei Gesundheitsproblemen oder im Hinblick auf bestimmte Integrationsziele) um weitere sechs Monate verlängert werden kann, noch nicht ausgeschöpft ist, Zugang zum Zweitaufnahmesystem SIPROIMI.

Bei den SIPROIMI handelt es sich um dezentrale, auf lokaler Ebene organisierte (Zweit-)Unterbringungssysteme, die aus einem Netzwerk von Unterkünften und überwiegend aus Wohnungen bestehen, auf einer Zusammenarbeit zwischen dem Innenministerium, den Gemeinden und verschiedenen NGOs basieren und die Teilhabe am kommunalen Leben fördern sollen. Die Unterbringung wird von Unterstützungs- und Integrationsmaßnahmen (Rechtsberatung, Sprachkurse, psychosoziale Unterstützung, Jobtrainings, Praktika, Unterstützung bei der Suche einer Stelle auf dem Arbeitsmarkt) begleitet (vgl. SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, Seiten 35 f. und 53; BAMF, Länderinformation: Italien, Mai 2017, Seiten 1 und 2.

Diese Einrichtungen, bei denen es sich um die umbenannten früheren SPRAR-Einrichtungen handelt, stehen infolge des sog. Salvini-Dekrets seit Herbst 2018 nur noch anerkannten Schutzberechtigten sowie unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden offen, vgl. borderline europe (b-e), Italien: Salvinis Dekret der Asylrechtsverschärfungen, 25. September 2018; Danish Refugee council (DRC)/SFH, Mutual trust is still not enough - The Situation of Persons with Special Reception Needs Transferred to Italy under the Dublin III Regulation, 12. Dezember 2018, S. 12 f.; BFA, Länderinformationsblatt Italien, Stand: 26. Februar 2019, S. 9; SFH; Aktuelle Situation für Asylsuchende in Italien, 8. Mai 2019, S. 5, wodurch die Zahlen von Berechtigten sinken. Auch mit Blick auf die sinkenden Flüchtlingszahlen drängt sich nicht auf, dass die SIPROIMI-Einrichtungen generell überlaufen sind.

Das Recht auf Unterkunft wird zum derzeitigen Zeitpunkt in Italien jedoch erheblich dadurch eingeschränkt, dass Personen, die bereits einmal in einer staatlichen Unterkunft für Asylsuchende oder anerkannte Schutzberechtigte untergebracht waren oder einen ihnen dort zugewiesenen Unterkunftsplatz nicht angenommen haben, regelmäßig keinen Anspruch darauf haben, dort erneut aufgenommen zu werden. Die einschlägige gesetzliche Regelung, Art. 23 Abs. 3 des Decreto Legislativo 18 agosto 2015, n. 142 (Dekret 142/2015), sieht vor, dass der Präfekt der Region, in welcher die Unterbringungseinrichtung liegt, im Einzelfall über den Entzug des Rechts auf Unterbringung entscheidet, wenn die untergebrachte Person die Einrichtung ohne Benachrichtigung der Präfektur verlassen hat oder dort, obwohl sie einer solchen Einrichtung zugewiesen wurde, gar nicht erst einzieht. Diese Regelung findet sowohl auf Erst- als auch auf Zweitaufnahmeeinrichtungen und damit auch auf die SIPROIMI-Einrichtungen Anwendung (vgl. aida, Country Report: Italy, Update 2018, von April 2019, S. 86 f.; SFH, Reception conditions in Italy, Januar 2020, S. 51.

Aus den vorgenannten Umständen ergibt sich jedenfalls für die Gruppe der vulnerablen Schutzberechtigten ein Verstoß gegen Art. 4 GR-Charta und Art. 3 EMRK bezüglich der Auflagebedingungen für rücküberstellte anerkannte Schutzberechtigte.

Es ist beachtlich wahrscheinlich, dass die Klägerin (und ihre minderjährigen Kinder) nach einer Rückkehr nach Italien tatsächlich von jeglicher staatlicher Versorgung ausgeschlossen sein werden, da sie ihr Recht auf Unterbringung einer staatlichen Einrichtung aufgrund des Abschlusses des Asylverfahrens bereits verloren haben. Insoweit droht der Klägerin und ihren Kindern bei einer Rückkehr nach Italien erneut die Obdachlosigkeit für einen nicht näher zu bestimmenden Zeitraum. Eine Zugehörigkeit zu einer vulnerablen Personengruppe müssen jedoch auch erhebliche zeitliche Verzögerungen, die zu einer vorübergehenden Unterbringung von Familie oder alleinstehenden Personen mit minderjährigen Kindern in nicht kind- und familiengerechten Unterkünften oder auch eine nur vorübergehende Obdachlosigkeit ausgeschlossen sein (vgl. BVerfG, B.v. 10.10.2019 - 2 BvR 1380/19 - juris Rn. 23, 25; VGH BW, U.v. 29.7.2019 - A 4 S 749/19; juris Rn. 40, 118). Neuere aktuelle Erkenntnisse zur Unterbringungssituation vulnerabler Personen bei einer Rückkehr nach Italien wurden von der Beklagten im Verfahren nicht beigebracht.

Eine individuelle Zusicherung der Gewährleistung der Rechte insbesondere von Familien bzw. Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern aus Art. 4 GR-Charta ist aber auch nicht aufgrund der Rundschreiben der italienischen Behörden ("circular letters") entbehrlich (vgl. OVG Nds, B.v. 19.12.2019 - 10 LA 64/19 - juris Rn. 26; VG Gelsenkirchen, U.v. 26.2.2020 - 1a K 887/18.A - juris Rn. 152).

Zwar haben die italienischen Behörden mit mehreren Rundschreiben seit dem Jahr 2015, sog. circular letters, ihren europäischen Dublin-Partnerstaaten versichert, dass sie Familien mit minderjährigen Kindern nicht trennen werden und sie in Einrichtungen unterbringen werden, die an das Alter der Kinder angepasst sind.

Nach den vorstehenden Ausführungen zur aktuellen Situation anerkannt Schutzberechtigter in Italien gibt es jedoch belastbare Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Maßnahmen der italienischen Behörden der von ihnen - formal anerkannten - besonderen Verpflichtung hinsichtlich der Unterbringung von Familien mit kleinen Kindern tatsächlich nicht gerecht werden.

Überdies beziehen sich die Rundschreiben der italienischen Behörden seit dem Jahr 2015 bereits nach ihrem Wortlaut allein auf Familien mit Kindern, die unter die Regelungen der Dublin III-VO fallen, damit auch solche, die - anders als im vorliegenden Fall - in Italien (noch) nicht als schutzberechtigt anerkannt worden sind.

Danach sind die allgemeinen Garantieerklärungen Italiens unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen in Italien jedenfalls für die Personengruppe vulnerabler Personen, zu der die Klägerin gehört, nicht ausreichend. Die Annahme, Italien werde seinen Verpflichtungen zur Unterbringung von Familien bzw. alleinerziehenden Frauen mit Kleinstkindern grundsätzlich gerecht werden, ist aufgrund der aktuellen Erkenntnislage nicht gerechtfertigt.

Da das Bundesamt den Asylantrag der Klägerin damit nicht nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig ablehnen durfte, fehlt es auch an einer Grundlage für die weiterverfügte Abschiebungsandrohung nach § 35 AsylG in Nr. 3 des Bescheides, für die Verneinung von Abschiebungsverboten (§ 31 Abs. 3 AufenthG) in Nr. 2 des Bescheids und für das auf der Grundlage des § 11 AufenthG erlassene Einreise- und Aufenthaltsverbot in Nr. 4 des Bescheids.

Der Klage war mithin stattzugeben und der Bescheid des Bundesamts vom 22. Januar 2020 aufzuheben, soweit er mit der Klage angegriffen wurde.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.