FG Köln, Urteil vom 10.09.2020 - 5 K 2277/19
Fundstelle
openJur 2020, 77718
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. I R 38/20
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger erhoben am 11.09.2019 Klage wegen Einkommensteuer 2016.

Mit Schriftsatz vom 05.11.2019 begründeten die Kläger ihre Klage gegen den Zusammenveranlagungsbescheid und beantragten "vorbehaltlich einer Erweiterung des Klageantrages", den Einkommensteuerbescheid 2016 vom 08.08.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.08.2019 dahingehend abzuändern, dass die Einkommensteuer unter Freistellung der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit des Ehemannes i.H.v. 54.519 € gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) niedriger festgesetzt wird.

Darüber hinaus beantragten die Kläger, sie gemäß § 26 Abs. 2 EStG einzelnen zur Einkommensteuer zu veranlagen, sowie gemäß § 26a Abs. 2 EStG den Abzug der Sonderausgaben, der außergewöhnlichen Belastungen und der Steuerermäßigung nach

§ 35a EStG jeweils zur Hälfte zu berücksichtigen.

Der Beklagte teilte daraufhin mit Schriftsatz vom 12.11.2019 mit, dass er den Einkommensteuerbescheid 2016 vom 08.08.2019 aufheben und den Antrag der Kläger auf Einzelveranlagung durchführen werde. Damit könne eine Sachentscheidung betreffend den mit der Klage angefochtenen Zusammenveranlagungsbescheid nicht mehr ergehen. Der Beklagte erklärte daraufhin die Hauptsache für erledigt.

Hierauf teilten die Prozessvertreter der Kläger mit Schriftsatz vom 20.11.2019 mit, dass sie den Antrag auf Einzelveranlagung zurücknähmen.

Nachdem die Sache nach Überzeugung des erkennenden Senats unter Berücksichtigung des bisherigen Klageantrages entscheidungsreif war, wurde sie zur mündlichen Verhandlung und Entscheidung auf den 04.06.2020 geladen.

Im Termin legten die Prozessvertreter einen vom bisher formulierten Klageantrag abweichenden schriftlich formulierten Klageantrag vor. Danach war das Begehren der Kläger dahingehend formuliert, den Einkommensteuerbescheid 2016 vom 08.08.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.08.2019 aufzuheben und die Kläger zu 1. und 2. gemäß § 26 Abs. 2 EStG einzeln zur Einkommensteuer zu veranlagen sowie gemäß § 26a Abs. 2 EStG den Abzug der Sonderausgaben, der außergewöhnlichen Belastungen und der Steuerermäßigung nach § 35a EStG jeweils zur Hälfte zu berücksichtigen und beim Kläger zu 1. die Einkommensteuer unter Freistellung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit i.H.v. 64.870 € gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 3 und § 34 EStG und unter Anwendung der tariflichen Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. 6.992 € gemäß § 32d Abs. 6 EStG niedriger festzusetzen.

Die Sache wurde daraufhin nach Beratung vertagt. Den Beteiligten wurde das Sitzungsprotokoll übersandt. Gleichzeitig wurde die Entscheidung des Senats, die Sache zu vertagen, den Beteiligten mit Schreiben vom 04.06.2020 erläutert.

Entsprechend dem Klageantrag in der mündlichen Verhandlung hob der Beklagte mit Verfügung vom 15.07.2020 den in o.a. Klageverfahren angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2016 auf. Gleichzeitig erklärte der Beklagte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Einzelveranlagungsbescheide für die Kläger erließ der Beklagte ebenfalls am 15.07.2020.

Die Kläger wurden vom Gericht aufgefordert, sich zur Erledigungserklärung des Beklagten zu äußern.

Mit Schriftsatz vom 19.08.2020 teilten die Kläger mit, dass sie den Rechtsstreit nicht in der Hauptsache für erledigt erklärten. Der Rechtsstreit sei entgegen der Auffassung des Beklagten durch den Erlass der Einzelveranlagungsbescheide vom 15.07.2020 nicht beendet worden. Vielmehr ersetzten die Einzelveranlagungsbescheide den Zusammenveranlagungsbescheid vom 08.08.2019 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 13.08.2019. Die Einzelveranlagungsbescheide seien keine Änderungsbescheide, sondern den ursprünglichen Zusammenveranlagungsbescheid ersetzende Bescheide. Insoweit werde auf diverse Urteile des Bundesfinanzhofs -BFH- hingewiesen.- Wegen der einzelnen zitierten Fundstellen wird auf den Schriftsatz vom 19.08.2020 verwiesen.

Im Übrigen sei der Einzelveranlagungsbescheid 2016 betreffend den Ehemann in doppelter Hinsicht rechtswidrig. Zum einen leide dieser Bescheid an denselben rechtlichen, bereits thematisierten Fehlern wie der ursprüngliche Zusammenveranlagungsbescheid. Zum anderen werde das Bruttogehalt des Klägers über den Betrag im Zusammenveranlagungsbescheid hinaus mit verbösernder Wirkung erhöht. - Wegen weiterer Einzelheiten insoweit wird auf den Schriftsatz vom 19.08.2020 verwiesen.

Hilfsweise für den Fall des Nichterfolgs des Klageantrages zu 1. führten die Kläger wie folgt aus: Vor dem Hintergrund, dass das unmissverständliche Antragsbegehren der Kläger nach Bekanntwerden des Missverständnisses mit Schriftsatz vom 09.06.2020 umgehend klargestellt und auf den Nichteintritt der aufschiebenden Bedingung hingewiesen worden sei, sei das Vorgehen des Beklagten äußerst fragwürdig. Für eine Interpretation des Klageantrags seitens des Beklagten als unbedingt gestellter Antrag auf Einzelveranlagung sei kein Raum gewesen. Damit liege kein Antrag auf Einzelveranlagung vor, sodass die Einzelveranlagungsbescheide mangels eines wirksamen Antrages rechtswidrig seien. Die Kläger hätten in ihrer Steuererklärung vom 07.10.2017 ausdrücklich die Zusammenveranlagung gewählt, woraufhin der mit der Klage ursprünglich angegriffene Steuerfestsetzungsbescheid ergangen sei. Wie mit Schriftsatz vom 09.06.2020 aber endgültig klargestellt worden sei, begehrten die Kläger die Steuerfreiheit der nichtselbständigen Einkünfte des Ehemannes sowie unter der aufschiebenden Bedingung des Klageerfolges die Einzelveranlagung der Ehegatten. Die aufschiebende Bedingung sei jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht eingetreten. Dementsprechend seien die Einzelveranlagungsbescheide rechtswidrig. Diese und die damit verbundene Aufhebung des Zusammenveranlagungsbescheides seien daher aufzuheben.

Höchsthilfsweise sei der Beklagte zu verpflichten, einen neuen Zusammenveranlagungsbescheid zu erlassen.

Sollte der hilfsweise gestellte Antrag zu 2. ohne Erfolg bleiben, werde höchsthilfsweise beantragt, den Einzelveranlagungsbescheid des Klägers zu 1. wie ausgeführt zu ändern.- Wegen weiterer Einzelheiten insoweit wird auf den Schriftsatz vom 19.08.2020 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 01.09.2020 äußerten die Kläger Zweifel an einem geordneten rechtsstaatlichen Verfahren. Sie bleiben unter Hinweis auf ihren bisherigen Vortrag sowie Entscheidungen diverser Finanzgerichte -FG- (FG Düsseldorf 6 K 3526/92, FG Berlin-Brandenburg 11 K 188/04, FG München 9 K 1748/11) bei ihrer Rechtsauffassung, dass § 68 FGO greife. - Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 01.09.2020 verwiesen.

Die Kläger beantragen,

1. den Einkommensteuerbescheid 2016 für den Kläger zu 1. vom 15.07.2020 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer nach den folgenden Maßgaben niedriger festgesetzt wird:

a) Die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit i.H.v. 64.870 € werden gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 3 und § 34 EStG steuerfrei gestellt sowie

b) die Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. 6.992 € gemäß § 32d Abs. 6 EStG werden mit dem tariflichen Steuersatz besteuert.

2. hilfsweise für den Fall, dass der Klageantrag zu 1. ohne vollständigen Erfolg bleibt, die einzelveranlagenden Bescheide bezüglich Einkommensteuer 2016 für den Kläger zu 1. vom 15.07.2020 sowie die Klägerin zu 2. vom 15.07.2020 wegen fehlendem Antrag zur Einzelveranlagung gemäß § 26 Abs. 2 EStG wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben und die damit verbundene Aufhebung des Zusammenveranlagungsbescheides durch den Bescheid vom 15.07.2020 ebenfalls aufzuheben, höchsthilfsweise anstatt der Aufhebung des Zusammenveranlagungsbescheids vom 15.07.2020 den Beklagten zu verpflichten, einen neuen Zusammenveranlagungsbescheid zur Einkommensteuerfestsetzung der Kläger für den Veranlagungszeitraum 2016 zu erlassen,

3. höchsthilfsweise für den Fall, dass der Klageantrag zu 2. ohne vollständigen Erfolg bleibt, den Einzelveranlagungsbescheid über Einkommensteuer 2016 des Klägers zu 1. dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, entsprechend des Zusammenveranlagungsbescheids vom 08.08.2018, nur i.H.v. 54.519 € der Veranlagung zugrunde gelegt werden soll sowie für einen Teilbetrag dieser Einkünfte i.H.v. 26.235 € die ermäßigte Besteuerung des § 34 EStG angewendet wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der in der mündlichen Verhandlung vom 04.06.2020 gestellte Antrag auf Einzelveranlagung habe nicht zur Änderung des vorausgegangenen Steuerbescheides geführt, sondern ein neues, selbständiges Veranlagungsverfahren in Gang gesetzt. Das Veranlagungswahlrecht betreffe eine die gesamte Veranlagung betreffende Ordnung (Verbindung oder Trennung) der steuerlichen Verhältnisse zweier Personen. Deshalb sei der angefochtene Einkommensteuerbescheid aufzuheben gewesen. Dieser Aufhebungsbescheid sei nach § 68 FGO zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Folglich könnten nicht die Bescheide über die Einzelveranlagungen ebenfalls zum Gegenstand des Klageverfahrens werden.

Die von den Klägern zitierte Rechtsprechung des BFH betreffe ausdrücklich andere Sachverhalte als den Wechsel der Veranlagungsart. Die Rechtsprechung verschiedener FG sei nicht bindend. Im Übrigen habe das FG Köln in seinem Urteil vom 21.11.1989 unter 13 K 1165/89 entschieden, dass es naturgemäß in einer Einspruchsentscheidung nur zu einer Änderung der bisherigen Steuerfestsetzung kommen dürfe, nicht aber zum erstmaligen Erlass eines Verwaltungsaktes. Nichts anderes könne für das Klageverfahren gelten, sodass erstmalig durchgeführte Einzelveranlagungen auch nicht gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens werden könnten. Eine Stellungnahme zur behaupteten Rechtswidrigkeit der Einzelveranlagungen sei daher entbehrlich.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Der Rechtsstreit ist nach Aufhebung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 2016, wodurch die Einkommensteuer durch Zusammenveranlagung der Kläger festgesetzt worden war, in der Hauptsache erledigt. Dem Rechtsstreit mit dem ursprünglichen Klageziel der Änderung des Zusammenveranlagungsbescheides zur Einkommensteuer 2016 wurde durch den diesbezüglichen Aufhebungsbescheid vom 15.07.2020 die Grundlage entzogen.

Dabei kann dahinstehen, ob die Kläger die Durchführung von Einzelveranlagungen nur unter der Bedingung einer bestimmten materiellrechtlich erwarteten Entscheidung des Gerichts zu den streitigen Fragen zum Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/Frankreich (DBA) gestellt haben wollen, was in Anbetracht des eindeutigen, von fachkundigen Prozessvertretern im Termin vom 04.06.2020 formulierten Klageantrag auf Aufhebung des Zusammenveranlagungsbescheides und Durchführung von Einzelveranlagungen nicht nachvollziehbar ist. Dem angerufenen Gericht wurde jedenfalls durch den Aufhebungsbescheid vom 15.07.2020 die Grundlage für die ursprünglich begehrte Entscheidung entzogen.

Anhaltspunkte dafür, dass der Aufhebungsbescheid wegen fehlenden wirksamen Antrages zur Einzelveranlagung unwirksam oder rechtswidrig sein soll, sind im Hinblick auf den nach Auffassung des Gerichts eindeutigen Antrag der Kläger im Termin vom 04.06.2020 nicht gegeben, sodass auch der diesbezügliche hilfsweise gestellte Klageantrag auf Aufhebung des Aufhebungsbescheides keinen Erfolg haben konnte.

Eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der ebenfalls am 15.07.2020 ergangenen Bescheide zur Einzelveranlagung der Kläger war dem erkennenden Senat im hiesigen Klageverfahren nicht möglich.

Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Bescheide zur Einzelveranlagung der Kläger vom 15.07.2020 nicht gemäß § 68 FGO Gegenstand dieses Klageverfahrens geworden. Nach dieser Vorschrift wird ein den angefochtenen Verwaltungsakt ändernder oder ersetzender neuer Verwaltungsakt Gegenstand des bereits anhängigen Klageverfahrens.

Der zunächst von den Klägern angefochtene Zusammenveranlagungsbescheid wurde durch den Erlass der Einzelveranlagungsbescheide nicht geändert (vgl. nur Beschluss des BFH vom 14.06.2016 VII B 47/15, BFH/NV 2016, 1428 m.w.N.). Er wurde vielmehr durch Bescheid vom 15.07.2020 aufgehoben.

Dieser Aufhebungsbescheid ersetzte den ursprünglich angefochtenen Steuerbescheid und wurde Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens, sodass nunmehr darüber zu entscheiden war, ob durch diesen Bescheid das Klageverfahren in der Hauptsache erledigt wurde, was zu bejahen war, da - wie bereits ausgeführt - Zweifel an der Wirksamkeit dieses Bescheides nicht bestehen.

Die Einzelveranlagungsbescheide vom 15.07.2020 ersetzten den ursprünglich angefochtenen Einkommensteuerbescheid nicht im Sinne des § 68 FGO. Zwar entspricht es der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass die Vorschrift des § 68 FGO aus Gründen der Prozessökonomie weit auszulegen ist (vgl. Urteile des BFH vom 24.05.1991 III R 105, 89, BStBl II 1992, 123; vom 08.09.1994 IV R 20/93, BFH/NV 1995, 520; vom 17.09.1992 V R 17/86, BFH/NV 1993, 279). Abgesehen davon, dass der BFH diese Auffassung zu vom streitigen Sachverhalt abweichenden Sachverhalten getroffen hat, ging der BFH aber davon aus, dass die "ersetzenden" Bescheide dort dieselbe Steuersache betrafen. Ein ersetzender Verwaltungsakt im Sinne des § 68 FGO setzt voraus, dass es in beiden Verwaltungsakten um dieselben Beteiligten und denselben Besteuerungsgegenstand geht. Beide Verwaltungsakte müssen einen, zumindest teilweise, identischen Regelungsbereich haben (vgl. Beschluss des BFH vom 08.02.2017 III B 66/16, BFH/NV 2017, 743 m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind beim Wechsel der Veranlagungsart nicht erfüllt.

Das Wesen der Zusammenveranlagung gemäß § 26b EStG liegt in der steuerlichen Behandlung der Eheleute als ein Steuerpflichtiger. Es wird eine einheitliche Steuer festgesetzt (Urteil des BFH vom 28.07.2005 III R 48/03, BStBl II 2005, 865 m.w.N.). Hiermit korrespondierend besteht Gesamtschuldnerschaft (vgl. nur Urteil des BFH vom 24.07.1996 I R 62/95, BStBl II 1997, 115 m.w.N.). Demgegenüber wird bei einer Einzelveranlagung gemäß § 26a EStG für beide Eheleute die Einkommensteuer einzeln gegenüber beiden als selbständige Steuerpflichtige festgesetzt.

Die nachträgliche Änderung der Veranlagungsart - statt Zusammenveranlagung Einzelveranlagung oder umgekehrt - wirkt sich nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung rechtsgestaltend auf die Steuerschuld aus, und zwar rückwirkend auf die Entstehung der Steuer zum Ablauf des Veranlagungszeitraums (vgl. Beschluss des BFH vom 14.06.2016 VII B 47/15 a.a.O.). Der Antrag auf Änderung der Veranlagungsart stellt keine Anfechtung der bisherigen Steuerfestsetzung dar, sondern einen Antrag auf Durchführung einer erneuten Veranlagung in einer bestimmten Veranlagungsart. Da die verschiedenen Veranlagungsformen wesensverschiedene Veranlagungsverfahren sind, erschöpft sich diese Änderung nicht in der Änderung eines bereits ergangenen Bescheides, sondern führt zu einem neuen Veranlagungsverfahren. Das Veranlagungswahlrecht betrifft die die gesamte Veranlagung betreffende Ordnung (Verbindung oder Trennung) der steuerlichen Verhältnisse zweier Personen (vgl. Urteil des BFH vom 09.12.2015 X R 56/13, BStBl II 2016, 967 m.w.N.).

Die Kläger hatten zunächst - mit ihrer Einkommensteuererklärung - von ihrem Wahlrecht zugunsten einer Zusammenveranlagung Gebrauch gemacht, mit der Folge, dass die Einkommensteuer 2016 gegenüber beiden Klägern einheitlich festgesetzt worden war. Hiervon abweichend begehrten sie im Termin zur mündlichen Verhandlung am 04.06.2020 die Durchführung von Einzelveranlagungen der Eheleute, mit der Konsequenz, dass zwei voneinander unabhängige Einkommensteuerbescheide ergehen mussten, wodurch für jeden Kläger dessen Einkommensteuerlast errechnet und festgesetzt wurde.

Dem zunächst angefochtenen, die Einkommensteuer 2016 einheitlich gegenüber den Klägern festsetzenden, Zusammenveranlagungsbescheid folgte somit nach Änderung der Wahl der Veranlagungsart eine erneute Veranlagung beider Kläger in zwei erstmaligen selbständigen Einkommensteuerbescheiden. Hieraus ergibt sich, dass der (eine) angefochtene Einkommensteuerbescheid vom 08.08.2019 in Gestalt der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung und die beiden neuen Einkommensteuerbescheide vom 15.07.2020 nicht dieselbe Steuersache mit identischem Regelungsgehalt betreffen.

Eine Fortführung des anhängigen Klageverfahrens gemäß § 68 FGO zur Entscheidung über zwei neue, erstmals getrennt gegen beide Kläger ergangene, Einkommensteuerbescheide ist daher nach Überzeugung des erkennenden Senats nicht zulässig.

Allein das in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung bemühte Argument der Prozessökonomie sieht das Gericht als nicht ausreichend, um ein Klageverfahren fortzusetzen, nachdem der/die ursprünglichen Einkommensteuerbescheid/e aufgehoben und neue Veranlagungen nach einer wesensverschiedenen Veranlagungsart durchgeführt wurden.

Die auf Änderung bzw. hilfsweise Aufhebung der Einzelveranlagungsbescheide gerichteten Klaganträge waren daher abzuweisen, da diese Bescheide nicht Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens sind.

Soweit die Klage "höchsthilfsweise" auf Verpflichtung des Beklagten zur (erneuten) Zusammenveranlagung gerichtet ist, ist der Antrag bei Gericht ohne vorherige diesbezügliche Entscheidung des Beklagten hierüber unzulässig. Das Wahlrecht in Bezug auf eine der Veranlagungsarten im Sinne der §§ 26a, 26b EStG ist auszuüben durch Antrag bei dem für die Einkommensteuerfestsetzung zuständigen Finanzamt.

Die Revision wurde im Hinblick auf abweichende finanzgerichtliche Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.