BVerfG, Beschluss vom 03.11.2020 - 2 BvF 2/18
Fundstelle
openJur 2020, 77403
  • Rkr:
Rubrum

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Verfahren zur verfassungsrechtlichen Prüfung,

ob Artikel 1 des Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 10. Juli 2018 (Bundesgesetzblatt I Seite 1116) mit Artikel 21 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig ist

Antragsteller: 

Doris Achelwilm, Mitglied des Deutschen Bundestages, und 215 weitere Mitglieder des Deutschen Bundestages, Platz der Republik 1, 11011 Berlin,

- Bevollmächtigte:

... -

hier: 

Erklärungen der Mitglieder des Deutschen Bundestages

1. 

Stephan Brandner,

2. 

Jürgen Braun,

3. 

Joana Cotar,

4. 

Peter Felser,

5. 

Dr. Götz Frömming,

6. 

Albrecht Glaser,

7. 

Franziska Gminder,

8. 

Dr. Roland Hartwig,

9. 

Martin Hebner,

10. 

Lars Herrmann,

11. 

Prof. Dr. Heiko Heßenkemper,

12. 

Karsten Hilse,

13. 

Leif-Erik Holm,

14. 

Stefan Keuter,

15. 

Jörn König,

16. 

Steffen Kotré,

17. 

Dr. Rainer Kraft,

18. 

Hansjörg Müller,

19. 

Ulrich Oehme,

20. 

Tobias Matthias Peterka,

21. 

Roman Reusch,

22. 

Thomas Seitz,

23. 

Martin Sichert,

24. 

René Springer,

25. 

Beatrix von Storch,

26. 

Dr. Harald Weyel,

27. 

Wolfgang Wiehle,

28. 

Heiko Wildberg,

29. 

Dr. Christian Wirth,

30. 

Uwe Witt, Platz der Republik 1, 11011 Berlin,

dem Normenkontrollverfahren beitreten beziehungsweise sich anschließen zu wollen,

hat das Bundesverfassungsgericht - Zweiter Senat -

unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter

Vizepräsidentin König,

Huber,

Hermanns,

Müller,

Kessal-Wulf,

Maidowski,

Langenfeld,

Wallrabenstein

am 3. November 2020 gemäß § 24 Satz 1, § 25 Abs. 3 BVerfGG einstimmig beschlossen:

Tenor

Der Beitritt sowie der Anschluss der Mitglieder des Deutschen Bundestages zu 1. bis 30. sind unzulässig.

Gründe

I.

1. Mit Schriftsatz vom 27. September 2018 hat der Antragsteller des Verfahrens 2 BvF 2/18, der sich aus 216 Mitgliedern des Deutschen Bundestages zusammensetzt, die den Bundestagsfraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE oder Freie Demokratische Partei (FDP) angehören, beantragt, festzustellen, dass Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 10. Juli 2018 (BGBl I S. 1116) mit Art. 21 GG unvereinbar und nichtig ist. Das Verfahren ist noch beim Bundesverfassungsgericht anhängig.

2. Die im Rubrum genannten 30 Mitglieder des Deutschen Bundestages, die der Bundestagsfraktion der Alternative für Deutschland (AfD) angehören oder in der Vergangenheit angehörten, haben dem Bundesverfassungsgericht gegenüber in jeweils eigenen Schriftsätzen erklärt, dass sie diesem Normenkontrollantrag beiträten beziehungsweise sich ihm anschlössen, und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

a) Die Antragsschrift sei ihnen bekannt. Sie beabsichtigten nicht, einen eigenen Prozessvertreter zu benennen, eigene Anträge zu stellen sowie eigene Rechtsausführungen zu machen.

b) Der Beitritt weiterer Abgeordneter zu einer Normenkontrollklage anderer Abgeordneter hänge nicht von der Zustimmung des ursprünglichen Antragstellers ab. Dies folge bereits daraus, dass niemand anzugeben vermöge, wie die „Zustimmung des Antragstellers“ erklärt werden solle.

Das Recht zur Einreichung von Normenkontrollanträgen stehe allen Abgeordneten in gleicher Weise zu. Einschränkungen und Bedingungen der Wahrnehmung dieser Befugnis dürften nur dem geschriebenen Recht entnommen werden. Ein Kriterium der „Zustimmung des Antragstellers“ finde im Grundgesetz und im Bundesverfassungsgerichtsgesetz keine Stütze. Es sei zudem verfassungswidrig. Nach Art. 38 GG seien alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages gleich an Rechten. Es gebe keine Zugangshierarchien bei der Ausübung verfassungsmäßiger Mandatsrechte und kein Veto von Abgeordneten gegen die Mandatsausübung anderer Abgeordneter. Da das Recht, einen Normenkontrollantrag zu stellen oder sich einem bestehenden Antrag anzuschließen, von Verfassungs wegen jedem Abgeordneten zustehe, seien die jeweiligen Unterzeichner ab Eingang ihrer Schriftsätze unmittelbar Antragsteller der Normenkontrollklage.

3. Zu den Schreiben der 30 Mitglieder des Deutschen Bundestages hat die Bevollmächtigte des Antragstellers unter dem 30. Januar 2019 und dem 27. März 2020 Stellung genommen und mitgeteilt, dass ein Beitritt von weiteren Abgeordneten zum Verfahren der abstrakten Normenkontrolle das Einverständnis jedes einzelnen an der Antragstellung beteiligten Bundestagsabgeordneten voraussetzen würde. Ein solches Einverständnis liege nicht vor.

4. Hierauf haben die 30 Mitglieder des Deutschen Bundestages teilweise erwidert und eine Senatsentscheidung über die Wirksamkeit ihres Beitritts beziehungsweise Anschlusses begehrt. Zudem haben sie zum Teil ergänzend darauf verwiesen, dass selbst im Zivilprozess der Beitritt nicht vom persönlichen Einverständnis des Ausgangsklägers abhängig sei (§ 66 ZPO) und dies daher umso weniger in einem Prozess vor dem Bundesverfassungsgericht der Fall sein könne.

5. Mit Schreiben vom 27. Juli 2020 ist den 30 Mitgliedern des Deutschen Bundestages jeweils unter Hinweis darauf, dass beabsichtigt sei, eine Senatsentscheidung über ihre Erklärungen zu treffen, nochmals Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Hierauf haben die Mitglieder des Deutschen Bundestages teilweise ihr Vorbringen vertieft und ergänzend insbesondere wie folgt vorgetragen:

a) Die Auffassung, ein Beitritt zur abstrakten Normenkontrolle sei insgesamt unstatthaft oder nur mit Zustimmung statthaft, sei auf die Senatsentscheidung vom 18. Dezember 1984 (BVerfGE 68, 346 ff.) zurückzuführen. Dort sei aber als entscheidend angesehen worden, dass acht beitrittswillige Abgeordnete sich durch eigene Prozessbevollmächtigte hätten vertreten lassen wollen, woraus der Senat auf einen selbständigen, aber unzulässigen Normenkontrollantrag geschlossen habe. Zudem sei die damalige Erwägung des Senats, der durch eigene Bevollmächtigte erklärte Beitritt zu einem abstrakten Normenkontrollverfahren sei wegen der dann möglichen uneinheitlichen Verfolgung von Zielen und Interessen unzulässig, in der Sache verfehlt. Damit werde im Ergebnis ein Homogenitätserfordernis eingeführt, nach dem ein Normenkontrollantrag immer nur von Abgeordneten einer Fraktion ausgehen dürfe. Dies sei jedoch nicht der Fall. Sollte der Antragsteller den beitrittswilligen Abgeordneten unter Berufung auf diese Entscheidung entgegenhalten wollen, sie könnten nicht beitreten, weil sie die allgemeine politische Homogenität der Antragstellergruppe untergrüben, wäre zu fragen, ob nicht auch wesentliche Unterschiede innerhalb dieser Gruppe bestünden. Würde dem entgegengehalten werden, es gehe nicht um die allgemeine politische Homogenität, sondern nur konkret um die Einhelligkeit bei der Ablehnung des angegriffenen Gesetzes, wäre darauf hinzuweisen, dass die beitrittswilligen Abgeordneten vorbehaltlos Teil dieser Einhelligkeit seien.

b) Es sei nicht richtig, dass Abgeordnete als solche kein eigenes Antragsrecht im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle hätten. Das Quorum aus Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 Abs. 1 BVerfGG sei eine formell zu verstehende Sachentscheidungsvoraussetzung. Dass dem so sei, zeige schon die Parallele zum Verfahren aus Art. 44 Abs. 1 Satz 1 GG, nach dem ein Viertel der Abgeordneten des Deutschen Bundestages die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses verlangen könne. Auch ein solcher Antrag würde durch heimliche Gespräche vorbereitet, zu denen Abgeordnete der AfD vermutlich nicht hinzugezogen würden. Eine solche informell konstituierte Gruppe könne aber nicht beantragen, einen Untersuchungsausschuss zu bilden, dem keine Abgeordneten der AfD angehörten. Auch habe sie keine Möglichkeit, zu verhindern, dass auch AfD-Abgeordnete diesem Antrag zustimmten. Dann sei aber schon nicht begreiflich, warum es bei der Beteiligung an einer abstrakten Normenkontrolle ein Vetorecht geben sollte.

II.

Der Beitritt (1.) zum und der Anschluss (2.) an das Normenkontrollverfahren 2 BvF 2/18 durch die 30 Mitglieder des Deutschen Bundestages sind unzulässig.

1. Soweit die 30 Mitglieder des Deutschen Bundestages ihren Beitritt zum Normenkontrollverfahren 2 BvF 2/18 erklären, ist ihre Erklärung bereits auf eine unzulässige Rechtsfolge gerichtet. Für die Erlangung der mit einem Beitritt verbundenen Rechtsstellung eines selbständigen Verfahrensbeteiligten ist vorliegend kein Raum (vgl. BVerfGE 68, 346).

a) Ob einzelne Mitglieder des Deutschen Bundestages einem bereits gestellten abstrakten Normenkontrollantrag beitreten können, ist gesetzlich nicht geregelt. Im Unterschied dazu ist im Bundesverfassungsgerichtsgesetz für eine Reihe anderer Verfahrensarten ein Verfahrensbeitritt ausdrücklich zugelassen. In Organ- und Bund-Länder-Streitigkeiten eröffnen die § 65 Abs. 1, § 69 BVerfGG nicht am Verfahren Beteiligten, die selbst antragsberechtigt sind, die Möglichkeit eines Beitritts. In Verfahren der konkreten Normenkontrolle, in Verfahren nach Art. 100 Abs. 2 GG und im Verfassungsbeschwerdeverfahren können nach den § 82 Abs. 2, § 83 Abs. 2, § 94 Abs. 5 Satz 1 BVerfGG bestimmte Verfassungsorgane dem Verfahren beitreten. Dass eine entsprechende Regelung in §§ 76 ff. BVerfGG fehlt, spricht bereits für die Unzulässigkeit des Beitritts im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle (vgl. BVerfGE 68, 346 <348>).

b) Eine analoge Anwendung der Regelungen in § 65 Abs. 1, § 69, § 82 Abs. 2, § 83 Abs. 2, § 94 Abs. 5 Satz 1 BVerfGG kommt im Fall des Beitritts einzelner Bundestagsabgeordneter zu einem abstrakten Normenkontrollantrag nicht in Betracht. Dem steht entgegen, dass keine vergleichbaren Tatbestände vorliegen, da die § 65 Abs. 1, § 69, § 82 Abs. 2, § 83 Abs. 2, § 94 Abs. 5 Satz 1 BVerfGG nur selbst Antragsberechtigten und Verfassungsorganen die Möglichkeit einräumen, dem Verfahren beizutreten. Beide Merkmale erfüllen die 30 beitrittswilligen Mitglieder des Deutschen Bundestages nicht. Insbesondere sind sie nicht nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 Abs. 1 BVerfGG eigenständig antragsberechtigt, da sie in der Summe nicht das Quorum eines Viertels der Mitglieder des Deutschen Bundestages erreichen.

Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 Abs. 1 BVerfGG legen die Antragsberechtigung im abstrakten Normenkontrollverfahren abschließend fest. Danach steht das Instrument der abstrakten Normenkontrolle nicht jedem beliebigen Teil, sondern nur einem Viertel der Mitglieder des Deutschen Bundestages zur Verfügung. Einer Erweiterung des Kreises der Antragsberechtigten im Wege der Analogie sind Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 Abs. 1 BVerfGG nicht zugänglich. Demgemäß ist für die Zulassung des Beitritts einzelner Bundestagsabgeordneter zu einem bereits eingeleiteten abstrakten Normenkontrollverfahren in Analogie zu den oben genannten Regelungen, die ein eigenes Antragsrecht voraussetzen und im Übrigen lediglich die Beitrittsbefugnis von Verfassungsorganen betreffen, kein Raum (vgl. BVerfGE 68, 346 <349 f.>).

c) Gegenstand der abstrakten Normenkontrolle ist allein die von subjektiven Rechten und Rechtsauffassungen unabhängige Frage, ob ein bestimmter Rechtssatz gültig oder ungültig ist. Bedeutung und Funktion des Antrags erschöpfen sich darin, den Anstoß zur gerichtlichen Kontrolle in einem objektiven Verfahren zu geben. Ist das Verfahren in Gang gesetzt, sind für den weiteren Verlauf Anträge und Anregungen der Antragsteller nicht mehr erforderlich (vgl. BVerfGE 68, 346 <349 ff.> m.w.N.). Deshalb bedarf es der Eröffnung der Möglichkeit des nachträglichen Verfahrensbeitritts für einzelne Mitglieder des Bundestages nicht.

d) Soweit die beitrittswilligen Bundestagsabgeordneten sich demgegenüber auf das freie Abgeordnetenmandat gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG berufen, verkennen sie, dass das Antragsrecht zur Einleitung einer abstrakten Normenkontrolle gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 Abs. 1 BVerfGG zwar dem einzelnen Abgeordneten als Ausfluss seines freien Mandats und seiner darin garantierten Mitwirkungsrechte gewährt wird, von diesem jedoch nur zur gesamten Hand als Teil eines Viertels der Mitglieder des Bundestages wahrgenommen werden kann. Das Grundgesetz hat sich dafür entschieden, die Einleitung einer abstrakten Normenkontrolle (neben den weiteren in Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 Abs. 1 BVerfGG genannten Antragstellern) nur einer Gesamtheit von Abgeordneten, die ein bestimmtes Quorum (ein Viertel) erfüllen, zu ermöglichen.

2. Darüber hinaus kommt vorliegend auch ein unselbständiger Anschluss der 30 Mitglieder des Deutschen Bundestages an das eingeleitete Normenkontrollverfahren nicht in Betracht.

a) Mit ihren Erklärungen begehren die 30 Mitglieder des Deutschen Bundestages – ungeachtet der Frage des Beitritts – ihre unselbständige Beteiligung an dem bereits gestellten Normenkontrollantrag. Insoweit haben sie erklärt, keine eigenen Anträge stellen, keine Rechtsausführungen machen sowie auf die Bestellung eigener Verfahrensbevollmächtigter verzichten zu wollen.

b) Es kann dahinstehen, ob ein gesetzlich ebenfalls nicht vorgesehener „Anschluss“ an ein von einem Viertel der Mitglieder des Deutschen Bundestages nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 Abs. 1 BVerfGG initiiertes Normenkontrollverfahren prozessual überhaupt möglich ist (offengelassen in BVerfGE 68, 346 <347 f.>). Jedenfalls kommt er nicht ohne die Zustimmung der den bisherigen Antragsteller bildenden Abgeordneten in Betracht (vgl. Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2012, Rn. 696; Graßhof, in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, BVerfGG, 2015, § 76 Rn. 15; Karpenstein, in: Walter/Grünewald, BeckOK BVerfGG, § 76 Rn. 9 <Jan. 2020>; Kees, in: Barczak, BVerfGG, 2018, § 76 Rn. 27). Daran fehlt es im vorliegenden Fall.

aa) (1) Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 Abs. 1 BVerfGG weisen das Antragsrecht zur Einleitung eines abstrakten Normenkontrollverfahrens nur dem dort ausdrücklich genannten Quorum zu (vgl. BVerfGE 68, 346 <349 f.>; 142, 25 <58 f. Rn. 92 f.>). Die jeweils am Antrag beteiligten Abgeordneten wirken durch die gemeinsame Antragstellung als einheitlicher Antragsteller im Normenkontrollverfahren zusammen. Unzulässig wäre ein Antrag, der äußerlich als einheitlicher erschiene, wenn in Wirklichkeit mehrere eigenständige Verfahren von nicht antragsberechtigten, weil das gesetzliche Quorum nicht erfüllenden Mitgliedern des Deutschen Bundestages betrieben würden. Im Normenkontrollverfahren können die antragstellenden Abgeordneten daher nur als Einheit auftreten und – im Verfahren – identische Ziele verfolgen. Sie können daher auch nur durch dieselben Bevollmächtigten vertreten werden (vgl. BVerfGE 68, 346 <350>; Rozek, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 76 Rn. 11 <Sep. 2017>). Hieraus folgt allerdings – entgegen der Auffassung der hier den Anschluss erklärenden Mitglieder des Deutschen Bundestages – kein Homogenitätserfordernis dergestalt, dass die den Antragsteller bildenden Mitglieder des Deutschen Bundestages politisch die gleichen Interessen oder Ziele verfolgen oder gar derselben Fraktion angehören müssen. Es ist lediglich erforderlich, dass sie innerhalb des Verfahrens einheitlich mit der gleichen Zielsetzung zusammenwirken. Davon abgesehen müssen sie weder eine Fraktionsgemeinschaft nach § 10 Abs. 1 Satz 1 GO-BT oder Gruppe nach § 10 Abs. 4 Satz 1 GO-BT bilden noch derselben Partei angehören (vgl. nur BVerfGE 151, 152 <161 f. Rn. 27>; Walter, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 93 Rn. 235 <Juni 2017>; Graßhof, in: Burkiczak/Dollinger/ Schorkopf, BVerfGG, 2015, § 76 Rn. 14; Lenz/Hansel, BVerfGG, 3. Aufl. 2020, § 76 Rn. 15). Das Grundgesetz hat sich dafür entschieden, Abgeordneten, die bestimmte Quoren erfüllen, ohne Ansehung ihrer Zusammensetzung bestimmte Minderheitenrechte zur Verfügung zu stellen (vgl. BVerfGE 124, 78 <107>; 142, 25 <59 Rn. 93>).

(2) Die Notwendigkeit eines einheitlichen Auftritts hat aber zur Folge, dass der Antragsteller jedenfalls zustimmen muss, wenn sich ihm weitere Mitglieder des Deutschen Bundestages anschließen möchten (vgl. in diese Richtung Karpenstein, in: Walter/Grünewald, BeckOK BVerfGG, § 76 Rn. 9 <Jan. 2020>). Mit dem nachträglichen Anschluss weiterer Abgeordneter würde sich der Antragsteller in seiner Zusammensetzung ändern. Dies ist jedenfalls nicht gegen den Willen derjenigen zulässig, die ursprünglich diese Einheit gebildet haben.

(3) Das Zustimmungserfordernis findet seine verfassungsrechtliche Begründung im freien Mandat des Abgeordneten nach Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG. Dieses gewährleistet dem Abgeordneten, dass er eigenverantwortlich über die Wahrnehmung seines Mandats entscheiden kann (vgl. BVerfGE 118, 277 <325 f.>). Umfasst ist damit auch, dass er frei darüber entscheiden kann, ob und mit welchen weiteren Abgeordneten er zusammenzuarbeiten bereit ist. Aufgrund der Freiheit seines Mandats darf ein Bundestagsabgeordneter nicht gezwungen werden, bei der Bildung des nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 Abs. 1 BVerfGG erforderlichen Quorums mit Abgeordneten gemeinschaftlich als Einheit aufzutreten, mit denen er nicht zusammenarbeiten möchte. Hat sich das erforderliche Viertel an Abgeordneten zusammengefunden und einen Normenkontrollantrag gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 Abs. 1 BVerfGG gestellt, schützt das freie Mandat den Abgeordneten daher davor, nachträglich durch einen unselbständigen Verfahrensanschluss in eine Gemeinsamkeit mit weiteren Abgeordneten gezwungen zu werden, mit denen er gemeinsame Aktivitäten ablehnt. Damit steht Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG einem unselbständigen Verfahrensanschluss weiterer Abgeordneter ohne Zustimmung derjenigen entgegen, die einen Normenkontrollantrag gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 Abs. 1 BVerfGG auf den Weg gebracht haben.

(4) Hiergegen spricht entgegen der Ansicht der anschlusswilligen Mitglieder des Deutschen Bundestages nicht, dass das vorgenannte Zustimmungserfordernis nicht ausdrücklich gesetzlich normiert ist. Dies findet seinen Grund vielmehr darin, dass der hier beantragte „Anschluss“ an ein abstraktes Normenkontrollverfahren insgesamt weder im Grundgesetz noch im Bundesverfassungsgerichtsgesetz vorgesehen ist und daher auch dessen Modalitäten gesetzlich nicht ausgestaltet sind.

(5) Auch der Einwand, dass niemand anzugeben vermöge, wie die „Zustimmung des Antragstellers“ erklärt werden solle, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn es ist nicht ersichtlich, dass es unmöglich wäre, eine dementsprechende Entscheidung herbeizuführen (vgl. Kees, in: Barczak, BVerfGG, 2018, § 76 Rn. 27).

(6) Dem steht auch der Verweis auf die Konstellation des Art. 44 Abs. 1 Satz 1 GG nicht entgegen. Soweit die anschlusswilligen Abgeordneten darauf hinweisen, dass es ihnen bei einem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses durch (mindestens) ein Viertel der Mitglieder des Deutschen Bundestages nicht verwehrt werden könne, dem Einsetzungsantrag im Deutschen Bundestag zuzustimmen, verkennen sie, dass zwischen dem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses und der Entscheidung über einen solchen Antrag wesentliche Unterschiede bestehen. Bei der Beschlussfassung über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses handelt es sich um eine Entscheidung des Plenums des Deutschen Bundestages (vgl. BVerfGE 143, 101 <127 Rn. 88 f.>; Brocker, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, Art. 44 Rn. 29 <Aug. 2020>; Waldhoff, in: ders./ Gärditz, PUAG, 2015, § 1 Rn. 52), an der alle Mitglieder kraft ihres Rechts zur Teilhabe an parlamentarischen Entscheidungen aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG mitwirken können (vgl. allgemein BVerfGE 130, 318 <342>; 137, 185 <242 Rn. 151>), ohne dadurch zu Antragstellern zu werden. Einer Plenarentscheidung bedarf es aber anders als für einen Untersuchungsausschuss für die Einleitung eines abstrakten Normenkontrollverfahrens nicht. Der Hinweis auf die Möglichkeit, einem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Plenum des Deutschen Bundestages zustimmen zu können, geht daher fehl. Dass es ein Recht einzelner Abgeordneter auf Beteiligung am Antrag zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gebe, wird von den anschlusswilligen Abgeordneten hingegen nicht behauptet. Allein dies könnte aber als mögliche Parallele zu einem Recht einzelner Abgeordneter zur Beteiligung an einem Normenkontrollverfahren gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 Abs. 1 BVerfGG überhaupt in Betracht kommen.

(7) Schließlich ergibt sich entgegen den Ausführungen der anschlusswilligen Mitglieder des Deutschen Bundestages nichts anderes daraus, dass im Zivilprozess der Beitritt nicht vom persönlichen Einverständnis des Ausgangsklägers abhängt (§ 66 ZPO). Die zivilrechtliche Konstellation ist mit der vorliegenden schon deshalb nicht vergleichbar, weil der Nebenintervenient im Sinne des § 66 Abs. 1 ZPO nach § 67 ZPO nicht Teil einer Prozesspartei wird, sondern sich als Dritter an einem fremden Prozess beteiligt (vgl. Weth, in: Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 67 Rn. 2), während der hier begehrte unselbständige Anschluss von Mitgliedern des Deutschen Bundestages an ein Verfahren anderer Mitglieder des Deutschen Bundestages dazu führen würde, dass die Erstgenannten selbst Teil des Antragstellers ohne eigenständige prozessuale Stellung werden würden (vgl. hierzu Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2012, Rn. 696).

bb) Nach diesen Maßgaben haben sich die 30 Mitglieder des Deutschen Bundestages dem Normenkontrollverfahren 2 BvF 2/18 hier nicht wirksam angeschlossen. Dem Schreiben der Bevollmächtigten des Antragstellers ist nicht zu entnehmen, dass eine entsprechende Zustimmung erteilt worden wäre.