OLG Celle, Urteil vom 29.04.2020 - 4 StS 2/20
Fundstelle
openJur 2020, 77242
  • Rkr:

1. Ein geleisteter Vorschuss für entstandene Auslagen eines Pflichtverteidigers ist zurückzufordern, wenn sich herausstellt, dass dieser zu Unrecht gezahlt wurde.

2. Die Rückforderung eines gezahlten Vorschusses wegen entstandener Fahrtkosten ist auch dann veranlasst, wenn die Feststellung, dass ein Auslagenerstattungsanspruch nicht besteht, allein auf einer geänderten rechtlichen Beurteilung der Angemessenheit der Fahrtkosten be-ruht.

3. Die Rückforderung eines zu Unrecht gezahlten Vorschusses darf dergestalt durchgesetzt werden, dass der Betrag von einer anderweitig veranlassten Vorschusszahlung in derselben Sache in Abzug gebracht wird.

Ein Inhaltsverzeichnis befindet sich am Ende der Entscheidung.

Tenor

Der Angeklagte wird wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland in Tateinheit mit Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und mit Anstiftung zu drei Fällen des Betruges zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt.

Der Angeklagte ist für die über die verhängte Freiheitsstrafe hinausgehende Dauer der Untersuchungshaft nicht zu entschädigen.

Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Angewendete Vorschriften: § 89a Abs. 2a i.V.m. § 89a Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, § 129a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 129a Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, § 263 Abs. 1, § 26, § 27, § 52 StGB.

Gründe

(abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 StPO)

I. Persönliche Verhältnisse des Angeklagten

des Angeklagten

Der zur Tatzeit 25 Jahre und gegenwärtig 30 Jahre alte Angeklagte wurde am … in F. (K.) geboren; er ist k. Staatsangehöriger. Sein Vater war Arzt und in K. als Chirurg tätig; sowohl sein Vater als auch seine Mutter hatten in D. studiert. Der Angeklagte hat drei Brüder und eine Schwester, die alle jünger sind als er. Er wuchs in K. im elterlichen Haushalt in geordneten und gut situierten Verhältnissen auf. Im Jahr 2009 machte der Angeklagte in K. sein Abitur.

Im darauffolgenden Jahr – im April 2010 – kam der Angeklagte nach D., um zu studieren. Der Angeklagte, der bis dahin kein D. sprach, absolvierte zunächst von April 2010 an Sprachunterricht; mittlerweile beherrscht er die d. Sprache sehr gut. Zudem spricht er A., E. und F. sowie zwei a. Sprachen.

Zum Wintersemester 2011/2012 begann der Angeklagte an der Technischen Universität (TU) D. ein Studium des Chemieingenieurwesens. Auf der Suche nach sozialem Anschluss kam der Angeklagte, der muslimischen Glaubens ist, im Umfeld der TU D. in Kontakt zu anderen muslimischen Studierenden, die ein islamistisch-salafistisches Religionsverständnis hatten und für dieses eintraten. In diesen Kreisen lernte der Angeklagte alsbald auch den früheren Mitangeklagten B. S. kennen, der ebenfalls an der TU D. Chemieingenieurwesen studierte und einem islamistisch-salafistischen Weltbild anhing. Der Angeklagte und S. wurden enge Freunde. Obwohl der Angeklagte aus einem liberalen und säkular orientierten Elternhaus entstammt, ließ er sich – nicht zuletzt, um sozialen Halt in D. zu finden – auf sein neues Umfeld ein und übernahm schnell die dort vertretenen extremistischen Auffassungen. Dazu trug wesentlich bei, dass der Angeklagte das Bedürfnis verspürte, sich – nach dem Vorbild seines Vaters – im Bereich der Entwicklungshilfe sozial zu engagieren und hierzu im Rahmen der islamistischen Hilfsorganisation „H. i. N.“ die Gelegenheit erhielt. Sehr schnell engagierte er sich mit großem persönlichen Einsatz in dem Verein. Er organisierte Spendensammlungen in D. und wirkte im Sommer 2013 an einer Verbringung von in D. ausrangierten und vom Verein „H. i. N.“ aufgekauften Rettungs- und Krankenwagen in das s. Kriegsgebiet mit, wo die Fahrzeuge an Krankenhäuser in von aufständischen Gruppierungen gehaltenen Gebieten übergeben wurden. Dieses Engagement des Angeklagten sowie der Umstand, dass er insbesondere in den Semesterferien – unter anderem im V.-W. in E. – nebenbei arbeitete, um seinen Lebensunterhalt und sein Studium zu finanzieren, führten dazu, dass er sein Studium an der TU D. vernachlässigte.

Der Angeklagte, der mittlerweile mit großer innerer Überzeugung eine islamistisch-salafistische Grundhaltung vertrat, entschied sich daher, sein Studium an der TU D.abzubrechen, und begann zum Wintersemester 2013/2014 an der Technischen Universität C.-Z. im H. ein neues Studium des Erdölingenieurwesens. Er hatte die Vorstellung, später einmal als Erdölingenieur in seiner Heimat K. beruflich tätig zu werden.

Auch während seiner Zeit in C.-Z. engagierte sich der Angeklagte weiter stark bei „H. i. N.“, wobei es ihm unter großem persönlichem Einsatz gelang, in diesem Rahmen Hilfsprojekte in W. zu organisieren, durch Spendensammlungen zu finanzieren und durchzuführen. Im Oktober 2013 reiste er als Vertreter von „H. i. N.“ nach N. und B. F. und verteilte dort zum muslimischen Opferfest Lebensmittel. Hieraus entstand ein vom Angeklagten gemanagtes „Schulbauprojekt“, der Bau einer Dorfschule in N.. Hierfür reiste der Angeklagte im Mai 2014 für mehrere Wochen selbst nach N. und beteiligte sich auch handwerklich an der Baumaßnahme. Es folgten im Jahr 2014 noch weitere Reisen des Angeklagten nach N. zur Förderung des Schulbauprojekts. Das Projekt scheiterte jedoch letztlich im Jahr 2015, und zwar nicht zuletzt, weil ihm wegen des islamistischen Hintergrundes von „H. i. N.“ zunehmend sowohl in N. als auch in D. Unterstützung versagt wurde.

In C.-Z. fühlte sich der Angeklagte nicht wohl, zumal er realisierte, dass er als Erdölingenieur in K. keine guten Berufsaussichten hatte. Deshalb, vor allem aber wegen seiner islamistisch-salafistischen Grundhaltung, nahm der Angeklagte im Herbst 2014 näheren Kontakt zur H. D.-Moschee auf, die ein Zentrum der islamistisch-jihadistischen Szene in D. war. Mittlerweile hatte sich der Angeklagte weiter radikalisiert, bekannte sich zur terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS), die seinerzeit große Teile des N. und des Norden S. unter ihre Herrschaft gebracht hatte, und war zum Anhänger einer islamistisch-jihadistischen Ideologie geworden. Der Angeklagte fasste im IS-affinen Umfeld der H. D.-Moschee schnell Fuß und engagierte sich fortan dort, und zwar auch als Unterstützer des Imams der Moschee, des früheren Mitangeklagten A. A. A. A. (genannt „A. W.“).

Er verlor das Interesse an der Fortsetzung seines Studiums, betrieb dieses im Sommersemester 2015 nicht mehr und brach es im September 2015 auch förmlich ab. Einen Berufsabschluss hat der Angeklagte daher nicht erlangt.

Im Juni 2015 verzog der Angeklagte nach H. in die unmittelbare Nähe der D.-Moschee, nicht zuletzt, um sich dort noch stärker einbringen zu können. So wurde er dort – bis zu seiner Verhaftung – hilfsweise und als Vertreter von A. als Vorbeter tätig. Zudem engagierte er sich in der „Kinderbetreuung“.

Der Angeklagte ist seit dem 30. August 2012 verheiratet mit der am 20. April 1988 in H. geborenen d. Staatsangehörigen und Konvertitin J. F. Y., geborene Kl., die er während seiner Zeit in D. kennengelernt hatte und die gemeinsam mit ihm nach C.-Z. und anschließend nach H. zog. Aus dieser Ehe sind drei gemeinsame Kinder hervorgegangen, und zwar die am … geborene Tochter T. F. Y., der am … geborene Sohn I. R. F. . sowie der am … und damit nur drei Monate vor der Inhaftierung des Angeklagten geborene Sohn F. F. Y. Von 2015 bis zu seiner Verhaftung im November 2016 führte der Angeklagte zudem eine intime Beziehung mit der am … geborenen d.-t. Staatsangehörigen A. Y.

Zwar hatte der Angeklagte ungeachtet seiner engen Einbindung in das islamistisch-jihadistische Milieu in H. weiterhin ein Interesse an einer Berufsausbildung und regulären Erwerbstätigkeit und gelang es ihm 2016, einen Ausbildungsplatz zum Elektrotechniker im Bereich Automatisierungstechnik bei S. in L. zu bekommen, wegen seiner Verhaftung in vorliegender Sache im November 2016 konnte der Angeklagte diese Ausbildung jedoch nicht abschließen. Während der Untersuchungshaft nahm der Angeklagte ein Fernstudium der Wirtschaftsinformatik auf.

Der Angeklagte ist unbestraft.

Der Angeklagte wurde aufgrund eines Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 26. Oktober 2016 (2 BGs 709/16) am 8. November 2016 in vorliegender Sache festgenommen und befand sich – zunächst auf der Basis des genannten Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs, sodann auf der Basis eines Haftbefehls des Senats vom 22. August 2017 (4 StE 1/17) – bis zum 26. Februar 2020 ununterbrochen in Untersuchungshaft. Am 26. Februar 2020 wurde der Haftbefehl, nachdem sich der Angeklagte unmittelbar zuvor umfassend geständig eingelassen hatte, mit Beschluss des Senats aufgehoben. Der Angeklagte wurde an diesem Tag aus der Untersuchungshaft, die zunächst in der Justizvollzugsanstalt O. und sodann in der Justizvollzugsanstalt C. vollzogen wurde, entlassen.

Der Angeklagte befindet sich seither aufgrund seiner geständigen Einlassung im hiesigen Verfahren und seiner Zeugenaussagen in anderen Verfahren gemeinsam mit seiner Familie in einem polizeilichen Zeugenschutzprogramm.

II. Feststellungen zum Sachverhalt

II. Feststellungen zum Sachverhalt

1. Die terroristische Vereinigung Islamischer Staat

Die Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS) war zur Tatzeit – Juli 2015 – und ist auch heute noch eine von der islamischen Glaubensrichtung der Sunniten dominierte Organisation mit militant-fundamentalistischer islamischer Ausrichtung, die es sich ursprünglich zum Ziel gesetzt hatte, einen das Gebiet des heutigen I. und die historische Region „a.-S.“ – die heutigen Staaten S., L. und J. sowie P. – umfassenden und auf ihrer Ideologie gründenden „Gottesstaat“ unter Geltung der Sharia zu errichten und dazu die schiitisch dominierte Regierung im I. und das Regime des s. Präsidenten A. gewaltsam zu stürzen. Zivile Opfer nahm und nimmt sie bei ihrem fortgesetzten gewaltsamen Kampf in Kauf, weil sie jeden, der sich ihren Ansprüchen entgegenstellt, als nicht schützenswerten „Feind des Islam“ begreift; die Tötung und Misshandlung solcher „Feinde“ oder ihre Einschüchterung und Erniedrigung durch Gewaltakte sieht der IS als legitime Mittel des Kampfes an.

Die Führung der streng hierarchisch strukturierten Vereinigung, die sich nach der Eroberung der i. Stadt M. mit dem Ausrufen eines „Kalifats“ am 29. Juni 2014 von ISIG („Islamischer Staat im I. und in G.“) in „Islamischer Staat“ (IS) umbenannte – wodurch sie von einer territorialen Selbstbeschränkung Abstand nahm –, hatte von 2010 bis zu seinem Tod im Oktober 2019 der „Emir“ A. B. a.-B. inne. A.-B. war von seinem Sprecher zum „Kalifen“ erklärt worden, dem die Muslime weltweit Gehorsam zu leisten hätten. Ihm beziehungsweise seinem Nachfolger unterstehen ein Stellvertreter sowie „Minister“ als Verantwortliche für einzelne Bereiche, so ein „Kriegsminister“ und ein „Propagandaminister“. Zur Führungsebene gehören außerdem beratende „Shura-Räte“.

Veröffentlichungen werden in der Medienabteilung „A.-F.“ produziert und über die Medienstelle „a.-l.“ verbreitet, die dazu einen eigenen Twitter-Kanal und ein Internetforum nutzt. Zeitweilig publizierte der IS eigene Print- und Online-Zeitschriften, etwa zur Tatzeit das aufwändig und professionell gestaltete IS-Propagandamagazin „D.“, dessen Nachfolger 2016 das ein Jahr später eingestellte Online-Magazin „R.“ wurde.

Das auch von ihren Kampfeinheiten verwendete Symbol der Vereinigung besteht aus dem „Prophetensiegel“ (einem weißen Oval mit der Inschrift: „Allah - Rasul - Muhammad“) auf schwarzem Grund, überschrieben mit dem islamischen Glaubensbekenntnis.

Die zeitweilig, insbesondere auch zur Zeit der Tat des Angeklagten, mehreren Tausend Kämpfer, die sich – wie auch alle anderen im Herrschaftsgebiet des IS in die Organisation eingegliederten Personen – dem Willen der IS-Führung unbedingt unterzuordnen haben, sind dem „Kriegsminister“ unterstellt und in lokale Kampfeinheiten mit jeweils einem Kommandeur gegliedert. Freiwillige aus dem Ausland, auch aus D. und anderen europäischen Staaten, stellten zur Tatzeit einen nicht unerheblichen Anteil der Kämpfer; sie wurden regelmäßig als einfache Milizionäre in die Kampfgruppen eingegliedert.

Die von ihr besetzten Gebiete – zur Tatzeit weite Teile der Staatsgebiete des I. und S. – teilte die Vereinigung in Gouvernements ein und richtete einen Geheimdienstapparat ein; diese Maßnahmen zielten auf das Schaffen totalitärer staatsähnlicher Strukturen.

Ihre Ziele und Zwecke setzte die Organisation zur Tatzeit durch offenen militärischen Bodenkampf, verbunden mit der Tötung gegnerischer Soldaten und Kämpfer, sowie durch Sprengstoff- und Selbstmordanschläge, aber auch durch Kriegsverbrechen wie Entführungen, Erschießungen und spektakulär inszenierte, grausame Hinrichtungen durch. Teil des bewaffneten Kampfes war die Destabilisierung bestehender Ordnungen durch terroristische Anschläge. Die staatlichen i. und s. Streitkräfte, Angehörige der F. S. A. (FSA) sowie k. und auch konkurrierende islamistische Rebellengruppen wurden vom IS militärisch und mit Anschlägen und gezielten Ermordungen bekämpft. Angehörige der s. und der i. Armee, aber auch von in Gegnerschaft zum IS stehenden Oppositionsgruppen, ausländische Journalisten und Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen sowie Zivilisten, die den Herrschaftsbereich des IS in Frage stellten, sahen sich Verhaftung, Folter und Hinrichtung ausgesetzt. Filmaufnahmen von besonders grausamen Tötungen wurden mehrfach vom ISIG beziehungsweise IS zu Zwecken der Einschüchterung veröffentlicht. Darüber hinaus beging die Vereinigung immer wieder Massaker an Teilen der Zivilbevölkerung in ihrem Herrschaftsgebiet im I. und in S. sowie außerhalb ihres Machtbereichs Terroranschläge. So hat sie für Attentate in Europa, etwa in F., B. und . die Verantwortung übernommen.

Im I. gelang es dem IS im Jahr 2014, etwa ein Drittel des Staatsterritoriums zu besetzen. Im Juni 2014 erlangte er die Kontrolle über die Millionenstadt M., die bis zu einer Offensive der von den U. unterstützten i. A. Ende 2016 der zentrale Ort seiner Herrschaft im I. war. Auch im Norden S. brachte der IS große Gebietsteile unter seine Kontrolle; seine Hochburg in S. war die Stadt R. Seit Januar 2015 wurde die Vereinigung schrittweise zurückgeschlagen. So begann im Oktober 2016 die Rückeroberung von M., die Anfang Juni 2017 abgeschlossen war. Im Herbst 2017 wurde der IS aus seiner letzten n. Hochburg verdrängt. Im Frühjahr 2019 verlor er auch die von ihm zuletzt noch kontrollierten Gebiete im Norden S. Heute hat der IS sein gesamtes ehemaliges Herrschaftsgebiet in S. und im I. verloren, ohne dass aber die Vereinigung als solche zerschlagen worden wäre.

2. Die Einbindung des Angeklagten in die salafistisch-jihadistische Szene und das Umfeld der H. D.-Moschee

Zur Tatzeit – Juli 2015 – gehörte der damals in H. lebende Angeklagte . Y., der auch als „A. F.“ bezeichnet wurde, der salafistisch-jihadistischen Szene in D. an und bekannte sich zur Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS) und zu deren Ideologie.

Ein Zentrum dieser IS-affinen Szene war die Moschee des „D. I. H. e.V.“ („D.-Moschee“) in der H. Nordstadt, in deren Umfeld sich der Angeklagte F. Y. bewegte. In der D.-Moschee war der 1984 im I. geborene frühere Mitangeklagte A. A. Ab. A. (genannt „A. W.“) als Imam tätig. Der i. Staatsangehörige A. galt bei den salafistisch-jihadistischen Islamisten in D. als führende Autorität mit hoher Strahlkraft, wobei er Veranstaltungen mit großer Anziehungskraft innerhalb der Szene sowohl in der H. D.-Moschee als auch anderenorts im B. abhielt sowie – unter anderem mit Videoauftritten – in sozialen Netzwerken aktiv war.

Als einer der b. besonders bekannten und geachteten Protagonisten der Szene stand A. in – auch persönlicher – Verbindung mit dem 1980 in D. geborenen weiteren früheren Mitangeklagten B. S. (genannt „A. R.“ und „A.“), der eine zentrale Person der IS-affinen islamistisch-jihadistischen Szene in N.-W. war und von einer von ihm angemieteten und als „Madrasa“ (Unterrichtsstätte) bezeichneten Wohnung in D. aus agierte. Zur salafistisch-jihadistischen Szene in N.-W. gehörte auch der 1966 in der T.geborene weitere frühere Mitangeklagten H. C. (genannt „H. Ho.“, „S. H.”, „A. Y.” und „A. H.”), der in D. aktiv war, sich ebenfalls zum IS bekannte, in der Szene aufgrund seiner religiösen Ausbildung in der T. und in S.-A.n als „Gelehrter“ und ältere Respektsperson angesehen wurde und vornehmlich in einem von ihm betriebenen Reisebüro in D.-R. Unterrichts- und Indoktrinationsveranstaltungen zur Förderung von Ausreisen zum IS und zur Unterstützung der Vereinigung abhielt. A. und C. wussten zumindest voneinander und hatten gemeinsame Kontakte.

A., C. und S. animierten und bestärkten – namentlich durch Unterrichte und Vorträge mit radikal-islamistischen Inhalten sowie Propaganda für den IS – gezielt zumeist jüngere Personen muslimischen Glaubens in D., in das vom IS kontrollierte Gebiet auszureisen und sich dem IS anzuschließen. Sie bereiteten ihre Schüler und Anhänger – auch durch A.unterricht – auf eine Ausreise zum IS vor, vermittelten den Anschluss von Ausreisenden zum IS und ließen Ausreisewilligen organisatorische und teilweise auch finanzielle Unterstützung bei der Ausreise zum IS zukommen. Dabei wirkten diese drei früheren Mitangeklagten zum Teil zusammen; insbesondere bestand zwischen A. und . einerseits und C. und S. andererseits zeitweilig auch ein engerer persönlicher Kontakt mit wechselseitigen Besuchen.

An den vorgenannten Aktivitäten von A. beteiligten sich unterstützend und im Umfeld der H. D.-Moschee tätig werdend auch der Angeklagte und der 1988 in B. (L.) geborene weitere frühere Mitangeklagte M. O. (genannt „A. S.“). A. bezeichnete den Angeklagten und O. als seine „rechte und linke Hand“. Beide unterstützten A. in seinem Wirken, etwa bei der Organisation und Durchführung von Veranstaltungen, und begleiteten ihn zum Teil bei Vorträgen in anderen Städten. Zudem halfen sie im Einzelfall sowie in Absprache mit A. und auf dessen Geheiß Personen, die sich entschlossen hatten, in das Herrschaftsgebiet des IS auszureisen und sich dem IS – in der Regel als Kämpfer – anzuschließen, bei der Organisation und Durchführung der Ausreise zum IS. Der Angeklagte wirkte zudem aufgrund seiner Freundschaft zu S. als Bindeglied zwischen A. und S. Wiederholt hielt sich der Angeklagte auch in der „Madrasa“ des früheren Mitangeklagten S. in D. auf, in der dieser Vortrags- und sonstige Indoktrinationsveranstaltungen für IS-Sympathisanten abhielt; auch dort wurde der Angeklagte unterstützend tätig.

3. Der Ausreisefall „O. und S.“

a) Die Vorgeschichte der Ausreise von O. und S.

Der … in G. geborene und dort aufgewachsene A. O., der sich ebenso wie sein guter Bekannter, der … geborene und in W. wohnhafte Y. S., über mehrere Jahre zunehmend radikalisiert und eine extremistisch-islamistische Ideologie angenommen hatte, wobei er sich seit der Ausrufung des „Islamischen Staates“ im Juni 2014 mit dem IS identifizierte, lernte im Frühsommer 2015 über die ebenfalls der islamistisch-salafistischen Szene in N.-W. angehörenden Brüder I., A. und A. H. die früheren Mitangeklagten H. C. und B. S. kennen.

Über einen Zeitraum von mehreren Wochen besuchte O. im Frühsommer 2015 Unterrichte des C. in dessen Reisebüro in D.-R. und des S. in dessen als Unterrichts- und Versammlungsstätte genutzten Wohnung („Madrasa“) in D. Von diesen wurde er jedenfalls unterstützend ideologisch auf eine Ausreise aus der B. D. und einen Anschluss an die Terrormiliz IS vorbereitet. Beide forderten die Besucher ihrer Unterrichte auf, sich dem IS anzuschließen, in das Herrschaftsgebiet des IS auszureisen und dort am „bewaffneten Jihad“ für den IS teilzunehmen oder aber alternativ Anschläge in D. zu verüben. Dies geschah zum Teil nicht durch direkte Ansprache, sondern auf subtile Weise und implizit. So wurden beispielsweise den „Schülern“ IS-Propagandavideos vorgeführt und diese nicht negativ kommentiert, was in den autoritätenhörigen betreffenden Kreisen, in denen C. und S. als maßgebende „Vordenker“ galten, als klare Zustimmung und implizite Aufforderung zur Unterstützung des IS gewertet wurde und gewertet werden sollte.

Auch aufgrund der vermittelten Unterrichtsinhalte und Indoktrinationen durch C. und S., durch die die vorhandene IS-Sympathie O. gefestigt wurde, fasste O. im Juli 2015 den Entschluss, zusammen mit seiner Ehefrau E. O. und dem gemeinsamen Kleinkind nach S. auszuwandern, im Gebiet der terroristischen Vereinigung IS zu leben und sich ihr als Mitglied anzuschließen. Hierzu trug auch ein gegen ihn gerichtetes gewaltsames Vorgehen der Polizei bei der Übergabe einer Ausreiseverbotsverfügung am 7. Juli 2015 in W. bei, als O. bei dem dort wohnhaften Y. S. zu Besuch war. O. war hierfür vor der Wohnung des S. auf offener Straße von einem Mobilen Einsatzkommando überwältigt worden, wobei er verletzt wurde. O., der im Sommer 2014 in G. das Abitur abgelegt und im Wintersemester 2014/2015 in A. ein Semester Medizin studiert hatte, war von der Vorstellung geleitet, den Aufbau des „Kalifats“ unter Geltung der Scharia nicht als Kämpfer, sondern vor Ort durch eine Tätigkeit im medizinischen Bereich fördern zu wollen.

Auch S. hatte sich entschlossen, in das Herrschaftsgebiet des IS auszureisen; er wollte sich dort vom IS militärisch unterweisen lassen und sodann für den IS als aktiver militärischer Kämpfer tätig werden.

b) Die Erlangung von Ausreiseunterstützung in H.

Auf Aufforderung von C. und S. begab sich A. O. am 10. Juli 2015 gemeinsam mit Y. S. nach H. zur D.-Moschee des A.. Dort wollten beide die Tage des sogenannten „Itikaf“, des Abschlusses des Ramadan, im Kreise anderer gleichgesinnter Angehöriger eines salafistisch-islamistischen Weltbildes verbringen. Zudem wollten O. und S. in H. konkrete Ausreiseunterstützung erlangen. Denn es hieß in der Szene, dass A. über besonders gute Kontakte zu wichtigen IS-Funktionären verfügte und eine „Ausreisevermittlung“ durch ihn und sein H. Umfeld deshalb die Chancen erhöhte, beim IS bevorzugt behandelt zu werden und in eine gute Position zu gelangen. Das war gerade dem mit einem ausgeprägten Selbstbewusstsein und hohem Selbstwertgefühl ausgestatteten O. wichtig.

aa) Das Agieren des A. A. A. A.

A., auf den O. und S. in der D.-Moschee in H. trafen, begrüßte und bestärkte die ihm von O. und S. mitgeteilten Absichten der beiden, sich dem IS als medizinische Kraft beziehungsweise als Kämpfer anzuschließen. Er bezeichnete sich selbst gegenüber beiden als Beauftragter des IS für Ausreisen in dessen Herrschaftsgebiet, bot O. und S. hierzu finanzielle Unterstützung an, sagte beiden die Benennung von Kontaktpersonen im .-s. Grenzgebiet und bei der Vereinigung IS zu und versicherte, für O. und S. gegenüber dem IS als Bürge einzutreten.

Bei einem weiteren Gespräch in der D.-Moschee in H. übergab A. an S. zur Ausreisefinanzierung 500,- Euro in bar, weil S. – anders als O. – nicht über hinreichende Finanzmittel für eine Reise zum IS verfügte.

A. verwies O. und S. sodann für die weitere organisatorische Abwicklung ihrer Ausreise zum IS an den Angeklagten und an O., die er gegenüber O. und S. als in seinem Auftrag handelnde Helfer bei der Organisation von Ausreisen zum IS bezeichnete.

O. schlug O. und S. während ihres „Itikaf-Aufenthalts“ in H. vor, vor ihrer Ausreise zum IS betrügerisch auf Darlehensbasis hochwertige Mobilfunkgeräte oder Tablets zu erwerben, und sagte ihnen zu, ihnen so erlangte elektronische Geräte anschließend zur verdeckten Ausreisefinanzierung abzukaufen. Ein solches Vorgehen war – wie auch der Angeklagte wusste – im Umfeld der H. D.-Moschee verbreitet, auch um Finanzmittel zur Förderung von Ausreisen zum IS zu generieren. A., den O. und S. als (religiöse) Autorität erachteten, rechtfertigte ein solches Vorgehen beiden gegenüber auf Nachfrage mit der Auskunft, dass es nach islamischem Recht jedem Muslim gestattet sei, sich Eigentum Ungläubiger anzueignen.

A. forderte noch während des „Itikaf-Aufenthalts“ von O. und S. den Angeklagten, der von A. zumindest über die Absichten O. informiert wurde, auf, als Kontakttelefonnummer die Mobiltelefonnummer von A. S. (XXX/XXXXXX), der einige Zeit zuvor aus dem Umfeld der H. D.-Moschee zum IS ausgereist war und sich in S. beim IS aufhielt, an O. weiterzugeben, damit die beabsichtigte Ausreise von O. und S. zum IS gelänge. Zugleich sollte der Angeklagte, so A. weiter, S. darüber informieren, dass sich O. und S. bei ihm melden würden und er deren Anschluss an den IS unterstützen und begleiten solle.

bb) Die Tat des Angeklagten und das Agieren des M. O.

Weil der Angeklagte zuerst S. kontaktieren und die Angelegenheit mit ihm erörtern wollte, vertröstete er O., der ihn wiederholt nach der ihm von A. versprochenen Nummer eines Kontaktmannes fragte, zunächst auf einen späteren Zeitpunkt. Er teilte O. allerdings, damit dieser mit ihm in Kontakt bleiben konnte, seine eigene Mobiltelefonnummer mit.

Am 16. Juli 2015 kehrten O. und S. zunächst ins R. zurück, ohne – wie erhofft – vom Angeklagten Kontakte für eine Einreise in den IS und einen Anschluss an die Organisation vermittelt bekommen zu haben.

Der Angeklagte nahm mit A. S. Kontakt auf und kündigte diesem auf Geheiß von A. an, dass sich Oy. bei ihm melden werde, um seine Hilfe bei einem Anschluss an den IS, insbesondere beim Übertritt in das vom IS beherrschte Territorium, in Anspruch zu nehmen. S. nannte dem Angeklagten daraufhin für den Fall, dass er selbst nicht erreichbar sein sollte, als weitere Kontakttelefonnummer die Rufnummer eines „O. a.-A.“ (+XXXXXXXXXXXX). Bei dem „O. a.-A.“ handelte es sich um den aus S.-A. stammenden M. L., der – nachdem er einige Monate in H. gelebt hatte – im November 2014 ebenfalls aus dem direkten Umfeld der H. D.-Moschee zum IS ausgereist war, dabei von A. finanziell unterstützt worden war und sich seinerzeit gleichfalls in S. beim IS aufhielt, wo er in R. eine hohe Position beim IS-Geheimdienst innehatte.

Wenige Tage später, am 27. Juli 2015, fuhren O. und S. nach vorheriger Absprache mit dem Angeklagten erneut nach H., um vom Angeklagten und von O. (weitere) konkrete Ausreiseunterstützung zu erlangen. Zum einen ging es ihnen darum, mit O. die von diesem vorgeschlagene betrügerische Erlangung von Mobilfunkgeräten beziehungsweise Tablets näher zu erörtern. Zum anderen wollten O. und S. nunmehr endlich in H. Kontakttelefonnummern von Personen erlangen, die ihnen unmittelbar vor Ort bei der Einreise nach S. und einem dortigen Anschluss an den IS behilflich sein würden.

Nach dem Eintreffen von O. und S. in H. am frühen Morgen des 27. Juli 2015 suchten O. und S. zunächst die D.-Moschee auf und wurden dort an die Privatanschrift des Angeklagten verwiesen, wo sie auf diesen trafen. Zu dritt begaben sie sich sodann mit dem Auto von S. zur ebenfalls im Stadtbereich von H. befindlichen Wohnung von O. und holten diesen ab. Gemeinsam gingen sie anschließend am Vormittag von der Wohnung O. zu Fuß in ein Eiscafé am R. in der Innenstadt von H., wo es zu einem längeren Gespräch zwischen dem Angeklagten, O., O. und S. kam („Eisdielentreffen“).

Bereits auf dem Weg von seiner Wohnung zur Wohnung des O. hatte der Angeklagte die Telefonnummer des A. S. sowie die Nummer des „O. a.-A.i“ notiert auf einem Zettel an O. übergeben, allerdings noch ohne die Abgabe irgendwelcher Erläuterungen aus Furcht davor, wegen der mitgeführten Handys abgehört zu werden.

In dem Eiscafé holte O. den übergebenen Zettel mit den Telefonnummern hervor. Erst jetzt erfuhr der Angeklagte von S., dass auch dieser ausreisen wollte und fest entschlossen war, sich dem IS nach Erlangung einer militärischen Unterweisung als Kämpfer anzuschließen. Angesichts des Zettels mit den Nummern erläuterte der Angeklagte O. und S., dass ihnen die beiden Personen, deren Nummern auf dem Zettel vermerkt waren, bei der Einreise nach S. behilflich sein würden. Primär sollten sie eine Kontaktaufnahme mit S. unter der Rufnummer XXX/XXXXXXX versuchen, hilfsweise „O. a. A.“ unter der anderen Nummer +XXXXXXXXXXX anrufen. Während dieser Erläuterung erbat S. von einem Kellner einen Zettel und einen Stift und notierte sich die beiden Telefonnummern ebenfalls, damit er unabhängig von O. zu einer Kontaktaufnahme mit den ihnen mitgeteilten Einreisehelfern in der Lage war. Der Angeklagte wollte mit der Weitergabe der Nummern sowohl O. als auch S. einen Anschluss an den IS in S. ermöglichen, um dadurch als zu dieser Zeit vom IS überzeugter Islamist einen Beitrag dazu leisten, dem IS in S. zwei neue Mitglieder zu verschaffen und so die von ihm gutgeheißene Organisation personell zu stärken.

O. speicherte die Telefonnummern unter den Tarnbezeichnungen „Opa Neu“ und „Oma Neu“ in seinem Mobiltelefon ab.

Weder der Angeklagte noch O. und S. wussten zu diesem Zeitpunkt, dass sich hinter der Tarnbezeichnung „O. a. A.“ M. L. verbarg.

Im Anschluss lenkte der frühere Mitangeklagte O. im Eiscafé das Gespräch auf die mit O. und S. ins Auge gefasste betrügerische Erlangung von elektronischen Geräten. Der Angeklagte, der jetzt erstmals von diesen Plänen erfuhr, erklärte spontan, dass er sich an dem Geschäft als Aufkäufer beteiligen wolle. O. und S. erklärten umgehend ihr Einverständnis. O. schwieg hingegen, was der Angeklagte als Zustimmung wertete. Gemeinsam überzeugten der Angeklagte und O. die zu diesem Zeitpunkt insofern noch nicht konkret tatentschlossenen O. und S. davon, Mobiltelefone und Tablets auf Kreditbasis zu erlangen, machten Vorgaben hinsichtlich der technischen Ausstattung der zu erwerbenden Geräte, namentlich in Bezug auf die Speicherkapazitäten und Akkuleistungen, und sicherten O. und S. deren anschließenden Ankauf zu.

Schließlich erörterten der Angeklagte und O. mit O. und S., wie diese sich sinnvollerweise im Vorfeld ihrer beabsichtigten Ausreisen verhalten sollten, um nicht in den näheren Fokus der Sicherheitsbehörden zu gelangen und von diesen an einer Ausreise aus D. gehindert zu werden. Auch besprach man gemeinsam geeignete Ausreisewege sowohl für O. als auch für S. Der Angeklagte und O. machten insofern Vorschläge, die bei O. und S. auf fruchtbaren Boden fielen und mitentscheidend waren für ihr Verhalten in der Folgezeit und die von ihnen letztlich gewählten Ausreisewege. Zwar waren O. und S. grundsätzlich über mögliche Wege, zum IS zu gelangen, informiert; auch hatten sie, weil sie sich bereits längere Zeit in der Szene IS-affiner Jihadisten bewegten, in denen eine mögliche Ausreise zum IS ständiges Thema war, Kenntnis von verschiedenen Taktiken, sich vor den Sicherheitsbehörden zu verbergen. Für sie war es aber wichtig, aus „berufenem H. Munde“ Tipps und Informationen zu erlangen, auch wenn diese für sie zumindest zum Teil nur eine Bestätigung bereits vorhandenen Wissens bedeuteten.

Im Anschluss an das „Eisdielentreffen“ verließ O. die Gruppe und der Angeklagte, O. und S. begaben sich zu dritt in die D.-Moschee. Dabei berichtete S. dem Angeklagten, dass A. ihm 500,- € für seine geplante Ausreise gegeben hatte. Noch am selben Tag fuhren O. und S. zurück nach N.-W.

In Umsetzung des durch den Angeklagten und durch O. hervorgerufenen Tatentschlusses schloss A. O. absprachegemäß am 1. August 2015 unter wahrheitswidriger Vorspiegelung von Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit im O.shop, T. S. … in A., nahezu zeitgleich zwei Kaufverträge über ein A… zum Preis von 739,- Euro und ein A…. zum Preis von 859,- Euro ab. Dabei spiegelte er wahrheitswidrig vor, den Kaufpreis jeweils in 24 Monatsraten begleichen zu wollen, und bekam die Geräte ausgehändigt.

Y. S. erwarb in Umsetzung des durch den Angeklagten und O. hervorgerufenen Tatentschlusses am 4. August 2015 unter Vorspiegelung tatsächlich nicht bestehender Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit im O. Shop, W. XX in Wuppertal, ein … zum Preis von 749,- Euro, welches ihm sogleich ausgehändigt wurde. Dabei gab er vor, den Kaufpreis jeweils in 24 Monatsraten begleichen zu wollen. Daneben schloss er ebenfalls am 4. August 2015 im M. Markt W., F.-E.-A. …, in gleichfalls betrügerischer Absicht einen Mobilfunkvertrag über 24 Monate Laufzeit ab und bekam ein weiteres Mobiltelefon … ausgehändigt.

Die auf diese Weise erlangten Geräte sowie ein von S. darüber hinaus beschafftes M… und ein weiteres von S. beschafftes Mobiltelefon A. übergaben O. und S. am 5. August 2015 in A. an O., der für die Geräte an O. etwa 1.000,- Euro und an Y. S. etwa 2.000,- Euro aushändigte, womit diese nach der Vorstellung von O. ihre Ausreise in das Herrschaftsgebiet des IS finanzieren sollten. O. war extra für die Übernahme der Geräte und die Aushändigung der Geldbeträge von H. nach A. gefahren. Der Angeklagte war hieran weder beteiligt noch hatte er – zu seinem späteren Verdruss – davon vorab Kenntnis. Auf der Rückfahrt von A. nach H. wurde O., der an diesem Tag polizeilich observiert worden war, im Rahmen einer fingierten zollrechtlichen Überprüfung an einer Autobahnraststätte kontrolliert; die erlangten Gerätschaften wurden ihm abgenommen. Hierüber verständigte O. anschließend telefonisch den Angeklagten, sodass dieser Kenntnis vom Scheitern des „Geschäfts“ erlangte.

c) Die Ausreise des Y. S.

Y.S. reiste schließlich am 8. August 2015, dem mit O. abgesprochenen Ausreisetag, mit seiner hochschwangeren Ehefrau S. S. auf dem Landweg mit seinem PKW von D. in die T.; die finanziellen Aufwendungen hierfür konnte er auch dank der von A. und O. erlangten Gelder tragen. Er reiste mit der fortbestehenden festen Entschlossenheit aus, anschließend weiter zum IS zu reisen, sich dort vom IS militärisch unterweisen zu lassen und sodann für den IS als aktiver militärischer Kämpfer tätig zu werden. Es war von ihm und O. geplant, sich in der T. zu treffen und gemeinsam nach S. in das IS-Gebiet zu gelangen. Eine gemeinsame Ausreise aus D. kam nach O. Auffassung dagegen nicht in Betracht, weil O. – anders als S. – eine Ausreiseverbotsverfügung erhalten hatte und daher eine Reise in die T. auf dem Landweg für zu riskant hielt. Da auch S. vom Angeklagten die beiden genannten Telefonnummern erhalten hatte, sah er sich dazu in der Lage, unabhängig von O. zu reisen und gegebenenfalls zum IS zu gelangen.

In der T. änderte S. jedoch seine Pläne und reiste nicht weiter nach S., mutmaßlich im Hinblick auf die bevorstehende Niederkunft seiner Ehefrau, die bessere medizinische Versorgung in der T. und die mit einer Einreise in das IS-Gebiet verbundenen Gefahren für seine Familie. Er verblieb in der T. und lebte längere Zeit in I., wo er sich dem radikalen und IS-affinen Prediger H. B. alias „A. H.“ zuwandte. Mittlerweile ist die Familie nach D. zurückgekehrt.

d) Die Ausreise des A. O. und dessen Anschluss an den IS in S.

A. O. flog zusammen mit seiner Ehefrau E. O. und dem gemeinsamen Sohn ebenfalls am 8. August 2015 von B. aus, wohin sich die Familie von T. Y., einem weiteren Freund und Gesinnungsgenossen O., hatte fahren lassen, nach R. (G.), von wo aus er mit seiner Familie mit einem Schiff in die T. weiterreiste. Den Reiseweg hatte er bei dem „Eisdielengespräch“ mit dem Angeklagten und O. besprochen; er war – was O. bestärkte – von dem Angeklagten und O. gutgeheißen worden.

Von der T. aus ließ sich O., nachdem eine Kontaktaufnahme mit Y. S. gescheitert war, etwa Ende August 2015 mit Hilfe der ihm vom Angeklagten vermittelten Kontakte mitsamt Ehefrau und Sohn nach S. und zum IS schleusen. Zu diesem Zweck rief er unter der ihm vom Angeklagten mitgeteilten Telefonnummer M. L. (alias „O. a.l A.“) an; unter anderem erhielt er von diesem die Erreichbarkeit eines Schleusers, der ihn und seine Familie nach S. verbrachte, wo sie von einem über seine Ankunft informierten Vertreter des IS in Empfang genommen wurden.

O. schloss sich in S. sogleich dem IS an und erklärte sich gegenüber Verantwortlichen des IS bereit, im medizinischen Dienst der Vereinigung tätig zu werden. Hierfür wurde O. vom IS zunächst nach R. (S.) verbracht. Es war auf Seiten des IS beabsichtigt, eine Entscheidung des IS-Gesundheitsministers darüber herbeizuführen, ob O. sogleich im medizinischen Bereich eingesetzt oder zunächst in M. (I.) an der dortigen Universität weiter ausgebildet werden sollte. Bis dahin sollten er und seine Familie einige Wochen ohne Aufgaben in R. verbleiben und sich an das Leben im IS gewöhnen.

Schon nach kurzer Zeit in R. waren O. und seine Ehefrau jedoch abgeschreckt und desillusioniert von dem Vorgehen des IS, das sie nun hautnah miterlebten. Sie entschlossen sich, vom IS zu fliehen und in die T. zurückzukehren. Ein erster Fluchtversuch scheiterte indes; O. und seine Ehefrau wurden als vermeintliche Spione beziehungsweise Abtrünnige verhaftet und befanden sich vom 26. September 2015 bis zum 5. Dezember 2015 in R. in IS-Haft. Aufgrund einer Intervention von A., der Sorge hatte, dass die Nachricht von einer längeren Inhaftierung oder gar Exekution O. IS-Sympathisanten in D. von einer Ausreise zum IS abhalten könnte, der sich deshalb gegenüber Führungskräften des IS für O. verwendete und der wegen seiner engen Einbindung in den IS Einfluss auf Entscheidungsprozesse innerhalb der IS-Führung nehmen konnte, wurden O. sowie seine Ehefrau und sein Sohn letztlich freigelassen.

e) Die Rückkehr von A. O. nach D.

Nachdem A. und E. O. sowie ihr Sohn freigelassen worden waren, gelang es ihnen am 14. Januar 2016, heimlich das Herrschaftsgebiet des IS zu verlassen und sich am 18. Januar 2016 mit erneuter Schleuserhilfe in die T. zu begeben. Dort wurden O. und seine Ehefrau zunächst bis Anfang März 2016 aufgrund eines von der T. gegen sie geführten Strafverfahrens wegen ihres Anschlusses an den IS inhaftiert. O. kehrte schließlich, nachdem er sich während seines Aufenthaltes in der T. Schritt für Schritt von der IS-Ideologie gelöst und von salafistisch-jihadistischem Gedankengut abgewandt hatte, am 23. September 2016 unmittelbar nach Aufhebung einer von der T. gegen ihn bei seiner Haftentlassung verhängten Ausreisesperre nach D. zurück, wo er bei seiner Ankunft am Flughafen D. aufgrund eines gegen ihn bestehenden deutschen Haftbefehls festgenommen wurde. Seine Frau und sein Sohn waren bereits zuvor in die B. zurückgekehrt.

A. O. wurde, nachdem er aus der Untersuchungshaft heraus gegenüber dem Landeskriminalamt N.-W. umfassende Angaben zu seiner Radikalisierung, seiner Ausreise, seinem Aufenthalt im IS-Gebiet und zum Agieren des Angeklagten und der früheren Mitangeklagten A., S., C und O. gemacht hatte, vom Oberlandesgericht Düsseldorf am 15. Mai 2017 wegen Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ rechtskräftig zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.

4. Das weitere Engagement des Angeklagten in der Szene bis zu seiner Verhaftung

Der Angeklagte blieb nach seiner vorbeschriebenen Unterstützung der Ausreise von O. und S. und bis zu seiner Verhaftung am 8. November 2016 in der salafistisch-jihadistischen Szene im Umfeld der H. D.-Moschee und des früheren Mitangeklagten A. aktiv. Auch nahm er weiterhin wiederholt an Veranstaltungen seines Freundes S. in dessen „Madrasa“ in D. teil, so beispielsweise am 28. Februar 2016, bei der im Wesentlichen über die Situation des IS gesprochen wurde und vor allem S. sich für eine weitere Unterstützung des IS aussprach.

Am 20. September 2016 veröffentlichte der Angeklagte in Reaktion auf die kurz zuvor erfolgte Enttarnung der über längere Zeit im Milieu tätig gewesenen Vertrauensperson „VP01“ des n.-w. Landeskriminalamtes auf dem einschlägigen Telegram-Kanal „A. M. – D. W.“ eine von ihm gesprochene Audiobotschaft, in der er sein radikales salafistisch-jihadistisches Weltbild offenbarte, gegen die „Kuffar“ („Ungläubigen“) und die von diesen eingesetzte Vertrauensperson wetterte.

5. Die Abkehr des Angeklagten von seiner salafistisch-jihadistischen Einstellung in der Untersuchungshaft

Im Laufe seiner mehrjährigen Untersuchungshaft hinterfragte der Angeklagte seine salafistisch-jihadistische Einstellung und distanzierte sich in langsamen Schritten von dieser. Anfang 2020 hatte sich der Angeklagte vollständig von salafistisch-jihadistischem Gedankengut losgesagt und vom IS abgewandt. Dies führte dazu, dass er sich – in Abkehr von der Verteidigungsstrategie seiner früheren Mitangeklagten und ohne Abstimmung mit seinen Verteidigern – zu einer umfassenden geständigen Einlassung entschloss, die er an vier Hauptverhandlungstagen im Februar 2020 abgab. Anschließend leistete er durch umfangreiche Zeugenaussagen in anderen Strafverfahren Aufklärungshilfe hinsichtlich des Agierens der IS-affinen Salafistenszene in H. und in N.-W. in der Zeit vor seiner Verhaftung.

Im Anschluss an das Geständnis des Angeklagten wurde das Strafverfahren gegen ihn am 188. Hauptverhandlungstag (15. April 2020) von dem bis dahin gemeinsam mit den früheren Mitangeklagten A., S., C. und O. geführten Verfahren abgetrennt und gesondert bis zur Urteilsverkündung am 29. April 2020 weitergeführt.

III. Rechtliche Würdigung

Durch die festgestellte Tat (vgl. oben II. 3. b) bb)) hat sich der Angeklagte der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland in Tateinheit mit Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und mit Anstiftung zu drei Fällen des Betruges gemäß § 89a Abs. 2a i.V.m. § 89a Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, § 129a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 129a Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, § 263 Abs. 1, § 26, § 27, § 52 StGB schuldig gemacht.

1. Einstufung des IS als ausländische terroristische Vereinigung

Der „Islamische Staat“ (IS) ist eine auf die Begehung von Mord, Totschlag und Kriegsverbrechen gerichtete terroristische Vereinigung im Ausland im Sinne der §§ 129a, 129b StGB, und zwar sowohl nach der zur Tatzeit als auch nach der gegenwärtig geltenden Gesetzesfassung (§ 2 Abs. 1 und Abs. 3 StGB).

Denn die Vereinigung verfügte im Tatzeitraum und verfügt auch weiterhin über eine dauerhafte Organisationsstruktur sowie eine genügende Anzahl von Mitgliedern, die bei Unterordnung ihres eigenen Willens in diese eingebunden sind, gemeinsame Ziele verfolgen und sich als einheitlicher Verband fühlen. Die Vereinigung, deren organisatorischer und agitatorischer Schwerpunkt sich im Anklagezeitraum im Gebiet von S. und des I. befand, ist hierarchisch organisiert und ihre Mitglieder, die in der Regel durch einen Gefolgschaftseid an sie gebunden werden, unterwerfen sich dem Willen der Führung.

Ziel des IS ist spätestens seit 2013 die Errichtung eines „Gottesstaates“ unter gewaltsamer Beseitigung der im N. O. bestehenden staatlichen Strukturen. Die Tötung Andersgläubiger und sonstiger Gegner ohne Rücksicht auf die Gebote des humanitären Völkerrechts gehört zur Strategie des IS und kennzeichnete seine Vorgehensweise im Tatzeitraum in den von ihm beherrschten Gebieten und im Kontext militärischer Operationen. Zudem verübten Mitglieder der Organisation auch Anschläge außerhalb des räumlichen Herrschaftsbereichs, etwa in B., D. und F. (vgl. zur Klassifizierung des IS als terroristische Vereinigung im Ausland im Sinne der §§ 129a, 129b StGB auch die im vorliegenden Verfahren ergangenen Entscheidungen BGH, Beschluss vom 8. August 2019 – StB 19/19; BGH, Beschluss vom 13. Juni 2019 – StB 13/19; BGH, Beschluss vom 11. Januar 2017 – StB 41/16 und BGH, Beschluss vom 1. Juni 2017 – AK 20-24/17 sowie BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2019 – AK 56/19; MüKo-StGB/Schäfer, Bd. 3, 3. Aufl. 2017, § 129a Rn. 56 m.w.N.).

2. Anwendbarkeit deutschen Strafrechts

Deutsches Strafrecht ist in Bezug auf alle verwirklichten Straftatbestände anwendbar. Dies folgt aus § 3 StGB in Verbindung mit § 129b Abs. 1 Satz 2 StGB. Die Tathandlungen des Angeklagten wurden in der Bundesrepublik Deutschland vorgenommen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. August 2019 – StB 19/19; BGH, Beschluss vom 13. Juni 2019 – StB 13/19; BGH, Beschluss vom 11. Januar 2017 – StB 41/16; BGH, Beschluss vom 1. Juni 2017 – AK 20-24/17 sowie BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2016 – AK 52/16; MüKo-StGB/Schäfer, Bd. 3, 3. Aufl. 2017, § 129b Rn. 11).

3. Strafbarkeit des Angeklagten wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung

Der Angeklagte hat die ausländische terroristische Vereinigung IS im Sinne des § 129a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 129a Abs. 5 Satz 1 und § 129b Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 StGB dadurch unterstützt, dass er die Ausreise des A. O. aus der B. D. zum Zwecke des Anschlusses an den IS und der Beteiligung an der Tätigkeit des IS sowie den anschließend tatsächlich erfolgten Anschluss von A. O. an den IS in dessen Herrschaftsgebiet in S. durch die beschriebenen Tathandlungen förderte (vgl. auch insofern die im vorliegenden Verfahren ergangene Entscheidung BGH, Beschluss vom 8. August 2019 – StB 19/19).

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH unterstützt eine terroristische Vereinigung, wer, ohne selbst Mitglied der Organisation zu sein, deren Tätigkeit und terroristische Bestrebungen direkt oder über eines ihrer Mitglieder fördert. Dabei kann sich die Förderung richten auf die innere Organisation der Vereinigung und deren Zusammenhalt, auf die Erleichterung einzelner von ihr geplanter Straftaten, aber auch allgemein auf die Erhöhung ihrer Aktionsmöglichkeiten oder die Stärkung ihrer kriminellen Zielsetzung. Nicht erforderlich ist, dass der Organisation durch die Tathandlung ein messbarer Nutzen entsteht. Vielmehr genügt es, wenn die Förderungshandlung an sich wirksam ist und der Organisation irgendeinen Vorteil bringt; ob dieser Vorteil genutzt wird und daher etwa eine konkrete, aus der Organisation heraus begangene Straftat oder auch nur eine organisationsbezogene Handlung eines ihrer Mitglieder mitprägt, ist dagegen ohne Belang. Ein tatbestandliches Unterstützen liegt demgegenüber nicht vor, wenn die Handlung der Vereinigung von vornherein nicht nützlich war und sein konnte (vgl. nur BGH, Urteil vom 14. August 2009 – 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 = NJW 2009, 3448; MüKo-StGB/Schäfer, Bd. 3, 3. Aufl. 2017, § 129 Rn. 108). Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Straftatbestand der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung als Erfolgs- und nicht als Tätigkeitsdelikt ausgestaltet und der bloße Versuch der Unterstützung (im Sinne der Herbeiführung eines Unterstützungserfolges) nicht unter Strafe gestellt ist (MüKo-StGB/Schäfer, Bd. 3, 3. Aufl. 2017, § 129 Rn. 108, 132).

Hieran gemessen stellen die Tathandlungen des Angeklagten in Bezug auf A. O. vollendete Unterstützungshandlungen dar. Zwar wurde A. O. im Herrschaftsgebiet des IS nicht für die Vereinigung tätig, und zwar weder als Kämpfer noch als Mediziner, als Sanitäter oder sonstige medizinische Hilfskraft. Doch schloss sich O. nach der durch den Angeklagten geförderten Ausreise zum IS im Herrschaftsgebiet des IS der Organisation als Mitglied an und stand er jedenfalls eine Zeit lang der Vereinigung dort grundsätzlich zur Verfügung, so dass er von ihr hätte verwendet werden können. Dass er tatsächlich keine konkreten Tätigkeiten für den IS in dessen Herrschaftsgebiet entfaltete und damit der Organisation keinen messbaren Nutzen brachte, ist ohne Relevanz (vgl. insofern BGH, Beschluss vom 10. März 2016 – StB 4/16, Rn. 22. Siehe auch BGH, Beschluss vom 19. Mai 2015 – AK 10/15, NStZ-RR 2015, 242 und MüKo-StGB/Schäfer, Bd. 3, 3. Aufl. 2017, § 129 Rn. 108). Denn bereits O. – wenn auch kurzzeitiges – Sich-zur-Verfügung-halten für eine Verwendung durch den IS brachte der Vereinigung einen objektiven Nutzen. Irrelevant ist, ob die medizinischen Kenntnisse O. für eine Verwendung als Arzt oder als qualifizierte medizinische Kraft ausreichend waren, weil der vom Straftatbestand geforderte objektive Nutzen der Unterstützungshandlung für die Vereinigung auch dann vorlag, wenn der IS O. vor einem Einsatz im medizinischen Bereich zunächst in irgendeiner Form hätte weiter ausbilden müssen, wozu der IS im Tatzeitraum – etwa an der über eine medizinische Fakultät verfügenden Universität M. – auch grundsätzlich in der Lage war. Hinzu kommt, dass für eine Vereinigung wie den IS, die als Partei in einem bewaffneten Konflikt agierte, Sanitäter und andere leicht auszubildende medizinische Hilfskräfte wegen der Möglichkeit ihres Einsatzes als Rettungskräfte im Kampfgebiet von größerer Bedeutung waren als in Krankenhäusern tätige Ärzte mit Hochschulabschluss. Eine Sanitätertätigkeit O., für die ihn der IS aufgrund seiner Vorbildung und Befähigung schnell und leicht hätte ausbilden können, wäre für den IS mithin von großem Wert gewesen.

4. Strafbarkeit des Angeklagten wegen Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat

Der Angeklagte leistete Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat im Sinne des § 89a Abs. 2a i.V.m. § 89a Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, § 27 StGB, indem er die mit dem Ziel eines Anschlusses an den IS erfolgte Ausreise des Y. S. aus der B. D. durch die beschriebenen Tathandlungen förderte (vgl. auch die im vorliegenden Verfahren ergangene Entscheidung BGH, Beschluss vom 8. August 2019 – StB 19/19 sowie BGH, Beschluss vom 13. Juni 2019 – StB 13/19).

Denn S. beabsichtigte, nach S. in das Herrschaftsgebiet des IS zu reisen, um sich dort durch den IS im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen und Spreng- und Brandvorrichtungen unterweisen zu lassen und anschließend für den IS eine schwere staatsgefährdende Gewalttat im Sinne des § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB, zu der er bereits fest entschlossen war, zu begehen, indem er sich am militärischen Kampf des IS als Kämpfer beteiligte. Eine solche Kämpfertätigkeit S. auf Seiten des IS hätte, wie S. bekannt war, die Begehung von Tötungsdelikten bedeutet, welche dazu geeignet und bestimmt gewesen wären, die Sicherheit und den Bestand S. zu beeinträchtigen (vgl. insofern BGH, Beschluss vom 25. Juli 2019 – AK 36/19; BGH, Beschluss vom 6. April 2017 – 3 StR 326/16, BGHSt 62, 102 = NJW 2017, 2928). Von alledem hatte der Angeklagte Kenntnis.

Bereits durch die am 8. August 2015 erfolgte Ausreise aus D. erfüllte S. den Straftatbestand des § 89a Abs. 2a StGB, der zum 20. Juni 2015 in Kraft trat. Unerheblich ist insofern, dass er nicht bis in das Herrschaftsgebiet des IS gelangte, sondern letztlich wohl wegen der bevorstehenden Niederkunft seiner Ehefrau in der T. verblieb (vgl. auch insofern BGH, Beschluss vom 6. April 2017 – 3 StR 326/16, BGHSt 62, 102 = NJW 2017, 2928 sowie MüKo-StGB/Schäfer, Bd. 3, 3. Aufl. 2017, § 89a Rn. 53).

In Bezug auf die Ausreise des A. O. liegt dagegen keine Strafbarkeit des Angeklagten (auch) wegen Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a Abs. 2a i.V.m. § 89a Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, § 27 StGB vor. Denn O. beabsichtigte nicht, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat im Sinne des § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB zu begehen oder sich im Sinne des § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB unterweisen zu lassen. Er schloss sich dem IS nicht als Kämpfer, sondern mit der von vornherein bestehenden Intention an, dem IS als „medizinische Fachkraft“ zu dienen, was dem Angeklagten auch bekannt war.

5. Strafbarkeit des Angeklagten wegen Anstiftung zu drei Fällen des Betruges

Der Angeklagte hat sich zudem wegen Anstiftung zu drei Fällen des Betruges gemäß den §§ 263 Abs. 1, 26 StGB strafbar gemacht, indem er – gemeinsam mit dem früheren Mitangeklagten O. – O. und S. bei dem „Eisdielengespräch“ am 27. Juli 2015 davon überzeugte, unter konkludenter Vorspiegelung tatsächlich nicht vorhandener Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit Mobiltelefonverträge abzuschließen und so hochwertige Mobiltelefone A… zu erlangen, ohne diese zu bezahlen. Wie dargelegt, erwarb O. in Umsetzung des vom Angeklagten und von O. hervorgerufenen Tatentschlusses am 1. August 2015 in A. nahezu zeitgleich in einem Geschäft zwei A…, wobei sich diese Erwerbe aufgrund ihrer engen zeitlichen, örtlichen und situativen Nähe als eine Betrugstat im Rechtssinne darstellen. S. erwarb in Umsetzung des vom Angeklagten und von O. hervorgerufenen Tatentschlusses am 4. August 2015 zunächst in einem O.shop in W. und dann zwar noch am selben Tag, indes einige Zeit später im M. Markt W. jeweils ein Mobiltelefon A…, so dass er an diesem Tag zwei Betrugstaten beging.

6. Keine Strafbarkeit wegen Terrorismusfinanzierung

Der Angeklagte hat sich – anders als ihm ursprünglich zur Last gelegt worden ist – nicht auch wegen Terrorismusfinanzierung in der Variante des § 89c Abs. 1 Nr. 8 StGB in Bezug auf S. strafbar gemacht. Denn er war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme an dem Ankauf der von S. betrügerisch erworbenen Mobiltelefone nicht beteiligt. Weder war er in die Übernahme der Geräte durch den früheren Mitangeklagten O. in A. involviert noch hatte er etwas mit der im Gegenzug dafür erfolgten Aushändigung von etwa 2.000,- Euro an S. durch O. zu tun, wodurch die Ausreise von S. und damit dessen Tat nach § 89a Abs. 2a i.V.m. § 89a Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB auch finanziell unterstützt werden sollte und wurde.

7. Konkurrenzen

Die durch die Tat verwirklichten Straftatbestände stehen zueinander im Verhältnis der Tateinheit (§ 52 StGB). Dies gilt auch für das Verhältnis der Strafbarkeit wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland (in Bezug auf O.) zu der wegen Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat durch die Ausreiseförderung (bezüglich S.); insofern liegt keine Gesetzeseinheit vor (vgl. allg. zum Konkurrenzverhältnis zwischen §§ 129a/b StGB und § 89a StGB BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2016 – 3 StR 355/16; BGH, Beschluss vom 9. August 2016 – 3 StR 466/15; MüKo-StGB/Schäfer, Bd. 3, 3. Aufl. 2017, § 89a Rn. 76, § 129 Rn. 144, § 129a Rn. 71).

8. Vorliegen einer Verfolgungsermächtigung

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat unter dem 13. Oktober 2015 die nach § 129b Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung von Taten im Zusammenhang mit der Vereinigung „Islamischer Staat“ erteilt (vgl. BGH, Beschluss vom 8. August 2019 – StB 19/19; BGH, Beschluss vom 13. Juni 2019 – StB 13/19; BGH, Beschluss vom 11. Januar 2017 – StB 41/16; BGH, Beschluss vom 1. Juni 2017 – AK 20-24/17).

IV. Strafzumessung

IV. Strafzumessung

1. Bestimmung des anzuwendenden Strafrahmens

Der Senat hat bei der Bestimmung des anzuwendenden Strafrahmens zunächst geprüft, ob die Voraussetzungen des § 129a Abs. 6 StGB (sogenannte „Mitläuferklausel“) vorliegen, wodurch die Möglichkeit einer Strafmilderung nach § 49 Abs. 2 StGB eröffnet wäre. Indes ist weder die Schuld des Angeklagten gering noch war seine Mitwirkung an der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ nur von untergeordneter Bedeutung. Denn der Angeklagte war über einen längeren Zeitraum in die Strukturen der H. D.-Moschee um deren Imam A. eingebunden und hat über einen längeren Zeitraum dort in Kenntnis des Umstandes, dass dort Ausreisen zum IS propagandistisch, organisatorisch und finanziell gefördert wurden, gewirkt. Er hat als Helfer des A. gleich zwei Personen – O. und S. – in mehreren Hinsichten und durch unterschiedliche Tatbeiträge dabei unterstützt, mit dem Ziel eines Anschlusses an den IS in dessen damaligem Herrschaftsgebiet aus Deutschland auszureisen. Die Voraussetzungen für eine Strafmilderung nach § 129a Abs. 6 StGB lagen damit nicht vor.

Der Strafzumessung hat der Senat daher den Strafrahmen des § 129a Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 129a Abs. 1 StGB zu Grunde gelegt, also einen Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe.

2. Strafzumessung im engeren Sinne

a) Erwägungen zu Gunsten des Angeklagten

Im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne hat der Senat zugunsten des Angeklagten insbesondere berücksichtigt, dass er bislang unbestraft ist und dass er – wenngleich spät – ein umfassendes, rückhaltloses und von ehrlicher Übernahme von Verantwortung für sein Tathandeln und Unrechtseinsicht gekennzeichnetes Geständnis abgelegt hat, mit dem er die ihm zur Last gelegte Tat vollumfänglich eingeräumt hat. Dabei hat er auch Details geschildert, die im Rahmen der bis dahin durchgeführten Beweisaufnahme noch nicht bekannt geworden waren. Sein an insgesamt vier Hauptverhandlungstagen über viele Stunden hinweg abgelegtes Geständnis, bei dem er nicht nur von sich aus sein Agieren in der salafistisch-jihadistischen Szene detailliert und ohne erkennbare Auslassungen ihn belastender Umstände geschildert hat, sondern sich auch den intensiven Nachfragen des Senats und der Bundesanwaltschaft gestellt hat, spricht für eine glaubhafte innere Abkehr von der Ideologie des IS.

Der Angeklagte hat nachvollziehbar und glaubhaft geschildert, dass und wie er sich im Laufe seiner Haftzeit und unter bereitwilliger Annahme von Unterstützung durch Dritte, etwa durch Mitarbeiter eines Ausstiegsprojekts und den Gefängnispfarrer der JVA C., nach und nach von seinem früheren salafistisch-jihadistischen Weltbild und seinem früheren Bekenntnis zur Vereinigung „Islamischer Staat“ gelöst hat. Er hat vermitteln können, dass diese Abkehr ein langwieriger, für ihn persönlich schwieriger, weil mit Erkennen jahrelanger Fehlgeleitetheit verbundener, dafür aber umso nachhaltigerer Prozess war, an dessen Ende eine echte Bereitschaft zu einem Neuanfang unter Anerkennung der Grundwerte eines weltoffenen und toleranten Islam und der Rechts- und Werteordnung der B. D. steht.

Das Geständnis des Angeklagten hat umso mehr strafmilderndes Gewicht, als der Angeklagte sich damit gegen seine damaligen Mitangeklagten und früheren Wegbegleiter, insbesondere auch seinen langjährigen engen Freund B. S., gewandt und diese nicht geschont hat. Er hat nicht nur sein eigenes Tathandeln eingeräumt, sondern auch seine damaligen Mitangeklagten A., C., S. und O. zum Teil schwer belastet. Zugleich hat er – in diametralem Widerstreit zur Verteidigungsstrategie seiner damaligen Mitangeklagten und in kompletter Lossagung von dieser – die Richtigkeit der zentralen Bekundungen des wichtigen Belastungszeugen A. O. sowie der polizeilichen Vertrauensperson „VP01“ ausdrücklich bestätigt. Das ist auch deshalb von besonderem Gewicht, weil er sich damit eigenständig von der bis zu seinem Geständnis von allen damaligen Angeklagten verfolgten Verteidigungsstrategie abgewandt und ein umfassendes Geständnis ohne Unterstützung und Beratung durch seine Verteidiger abgelegt hat.

Zu Gunsten des Angeklagten war zudem zu werten, dass er sich zu seinem Geständnis entschloss, obwohl er wusste, dass er wegen seines Geständnisses nach seiner Haftentlassung massiven Belastungen ausgesetzt sein würde. Wie ihm der Fall des Zeugen A. O., der nach seiner Rückkehr nach D. umfassend mit den d. Behörden kooperierte und sich seitdem den Belastungen weitreichender polizeilicher Zeugenschutzmaßnahmen ausgesetzt sieht, schon im Vorfeld seines Geständnisses deutlich vor Augen führte, musste er damit rechnen, Anfeindungen und Bedrohungen gegen seine Person und seine Familie aus den salafistisch-jihadistischen Szene zu erfahren. Tatsächlich hat sein Geständnis und seine in öffentlicher Hauptverhandlung zum Ausdruck gebrachte Abkehr von der IS-Ideologie dazu geführt, dass er in der Szene seither als „Verräter“ angesehen wird und er und seine Familie sich seit seiner Haftentlassung in einem umfassenden und mit massiven Belastungen verbundenen polizeilichen Zeugenschutzprogramm befinden.

Zwar wird der strafmildernde Wert des Geständnisses des Angeklagten dadurch deutlich reduziert, dass er dieses zu einem sehr späten Zeitpunkt der Hauptverhandlung und nach Abschluss des gerichtlichen Beweisprogramms abgegeben hat, also zu einem Zeitpunkt, zu dem ihm – auch aufgrund verschiedener ihn und seine damaligen Mitangeklagten betreffender Haftfortdauerentscheidungen des Senats, in denen der Senat umfassend zur damaligen Beweislage Stellung bezogen hat, und aufgrund von Beschlüssen des Bundesgerichtshofs, mit denen die Senatsentscheidungen bestätigt wurden – klar war, dass er mit einer Verurteilung zu rechnen hatte. Doch überwiegen die oben skizzierten Umstände, die für eine strafmildernde Berücksichtigung des Geständnisses sprechen, bei weitem.

Zu Gunsten des Angeklagten war weiter zu berücksichtigen, dass er sich nach Abgabe seines Geständnisses und noch während der laufenden Hauptverhandlung bereit erklärt hat, als Zeuge in anderen Strafverfahren mit IS-Bezug auszusagen und – wie der Generalbundesanwalt bestätigt hat – tatsächlich in anderen Verfahren – sowohl vor Gericht als auch gegenüber den Ermittlungsbehörden – umfassend ausgesagt und dort werthaltige Angaben gemacht hat. Der Angeklagte hat mithin nicht nur in seinem Strafverfahren, sondern auch in anderen Verfahren gewichtige Aufklärungshilfe geleistet.

Auch hat der Senat zu Gunsten des Angeklagten gewertet, dass die Vereinigung „Islamischer Staat“ durch seine Unterstützungshandlungen keine signifikante Stärkung erfahren hat: Y. S. reiste zwar mit der Absicht aus D. aus, sich in S. dem IS anzuschließen, änderte aber in der T. seine Pläne und verblieb dort, so dass er nicht – wie vom ihm ursprünglich fest beabsichtigt und auch vom Angeklagten intendiert – dem IS als Kämpfer diente. A. O. gelangte zwar in das IS-Gebiet, schloss sich dort der Vereinigung als Mitglied an und stand dem IS eine kurze Zeit lang zur Verfügung, doch wandte er sich schon bald von der Organisation ab und wurde vom IS inhaftiert, ohne im medizinischen Dienst des IS oder als Kämpfer für die Vereinigung tätig geworden zu sein. Kurz gesagt hatte der IS durch die Ausreisen von O. und S. mehr Aufwand als Nutzen.

Für den Angeklagten als Vater von drei kleinen Kindern ging die mehrjährige Untersuchungshaft, zumal sie bis Juni 2019 mit besonderen Restriktionen wie dem Einsatz einer Trennscheibe bei Familienbesuchen verbunden war, mit besonderen Belastungen einher. Auch das hat der Senat strafmildernd berücksichtigt.

b) Erwägungen zu Lasten des Angeklagten

Demgegenüber hat der Senat im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne zu Lasten des Angeklagten gewertet, dass es sich bei der vom Angeklagten unterstützten Vereinigung „Islamischer Staat“ im Tatzeitpunkt (Sommer 2015) um eine – wie dem Angeklagten bekannt war – besonders gefährliche und besonders grausam agierende ausländische terroristische Vereinigung handelte.

Schulderhöhend fiel auch ins Gewicht, dass der Angeklagte über einen recht langen Zeitraum – von 2014 bis zu seiner Verhaftung am 8. November 2016 – im Umfeld der als ein Zentrum der IS-Sympathisantenszene dienenden D.-Moschee und der dort als „Ausreisehelfer“ tätigen anderen Personen bewegte und mit großem Engagement als „rechte Hand“ des A. („A. W.“) agierte.

Durch seine Tat hat der Angeklagte – was gleichfalls schulderhöhend zu berücksichtigen war – gleich zwei Personen bei ihrer Ausreise mit dem Ziel eines Anschlusses an den IS unterstützt. Zudem entfaltete der Angeklagte mehrere verschiedene Aktivitäten, um dem IS mit O. und S. zwei weitere Anhänger zuzuführen, was ebenfalls zu seinen Lasten zu werten war: Er kümmerte sich nicht nur intensiv darum, dass beide Kontakttelefonnummern erlangten, sondern er gab – im Zusammenwirken mit dem früheren Mitangeklagten O- – beiden auch Verhaltenstipps im Hinblick auf eine Ausreise aus D-, erörterte mit beiden geeignete Ausreiserouten und stiftete O- und S- dazu an, im unmittelbaren Vorfeld ihrer Ausreise Finanzmittel für eine Ausreise durch die Begehung von Betrugstaten zu generieren.

Zudem trug er – was den Schuldumfang gleichfalls erhöht – mit der Unterstützung der Ausreise von O- dazu bei, dass dem IS eine potentiell qualifizierte Kraft verschafft wurde, was geeignet gewesen wäre, weitere Ausreisewillige, und zwar auch solche mit einer günstigen Zukunftsperspektive, im Kreis der IS-Sympathisanten in D- zu gewinnen, wenn O- sich dauerhaft in die Vereinigung integriert hätte und für diese wirkmächtig geworden wäre.

Hinsichtlich der Anstiftung zu den Betrugsdelikten war zu Lasten des Angeklagten zu werten, dass die Schadenshöhe beträchtlich war.

Schließlich hat der Senat schulderhöhend berücksichtigt, dass der Angeklagte neben dem Straftatbestand der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung auch noch weitere Straftatbestände tateinheitlich verwirklichte.

c) Ergebnis der Gesamtabwägung – verhängte Strafe

Unter Abwägung aller strafschärfenden und strafmildernden Umstände hat der Senat im Ergebnis eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten für tat- und schuldangemessen erachtet und auf diese erkannt.

V. Entschädigungsentscheidung

V. Entschädigungsentscheidung

Der Angeklagte befand sich vom 8. November 2016 bis zum 26. Februar 2020, also drei Jahre, drei Monate und 19 Tage, ununterbrochen in der vorliegenden Sache in Untersuchungshaft. Die Dauer der erlittenen Untersuchungshaft überstieg damit die Dauer der Freiheitsstrafe, zu der der Angeklagte verurteilt worden ist. Deshalb hatte der Senat gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 StrEG von Amts wegen und in Ausübung des ihm dabei zukommenden Ermessens zu entscheiden, ob dem Angeklagten nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 StrEG unter Billigkeitsgesichtspunkten eine Entschädigung für die die verhängte Freiheitsstrafe übersteigende Dauer der Untersuchungshaft zu gewähren ist.

Der Senat ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Angeklagte nicht für die über die verhängte Freiheitsstrafe hinausgehende Dauer der Untersuchungshaft zu entschädigen ist.

Hierfür waren im Rahmen der vorgenommenen Gesamtwürdigung insbesondere folgende Umstände maßgeblich:

Die Dauer der Untersuchungshaft überstieg die Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten nur um 19 Tage, also nur geringfügig (vgl. zu diesem gewichtigen Kriterium MüKo-StPO/Kunz, Bd. 3/2, 2018, § 4 StrEG Rn. 24 f.; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl. 2019, § 4 StrEG Rn. 4, jeweils m.w.N.). Zudem hat sich die Straferwartung, die der Fortdauer der Untersuchungshaft zu Grunde lag, erst durch die in der siebten und achten Kalenderwoche 2020 abgegebene umfassende geständige Einlassung des Angeklagten auf das Maß der verhängten Freiheitsstrafe reduziert. Hätte der Angeklagte dieses Geständnis nicht abgelegt, wäre er zu einer deutlich höheren Freiheitsstrafe verurteilt worden, die erheblich über der Dauer der letztlich erlittenen Untersuchungshaft gelegen hätte. Unmittelbar nach der geständigen Einlassung des Angeklagten erfolgte angesichts der aus dieser resultierenden Reduktion der Straferwartung die Aufhebung des Haftbefehls und die Entlassung des Angeklagten aus der Untersuchungshaft. Der Umstand, dass es zu einer die Dauer der Freiheitsstrafe geringfügig übersteigenden Dauer der Untersuchungshaft gekommen ist, ist mithin auf den (späten) Zeitpunkt der geständigen Einlassung des Angeklagten und damit letztlich auf eine von ihm getroffene Entscheidung zu seiner Verteidigungsstrategie zurückzuführen; dieser Umstand fällt mithin ausschließlich in seinen Zurechnungsbereich. Demgegenüber sind keine Anhaltspunkte für eine außergewöhnlich hohe Belastung des Angeklagten durch die wenigen Tage der die Strafe übersteigenden Dauer der Untersuchungshaft ersichtlich.

VI. Kostenentscheidung

VI. Kostenentscheidung

Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 Abs. 1 StPO.

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