OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.10.2019 - Verg 43/18
Fundstelle
openJur 2020, 76859
  • Rkr:
Tenor

Auf die sofortigen Beschwerden der Beigeladenen zu 1. und der Antragsgegner wird der Beschluss der Vergabekammer Westfalen vom 19.06.2018 (VK 1-10/18) im Umfang der Ziffern 1., 2. und 5. des Tenors aufgehoben.

Die Nachprüfungsanträge der Antragstellerinnen werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer haben die Antragstellerinnen als Gesamtschuldner, die in diesem Verfahren zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegner haben die Antragstellerinnen zu jeweils einem Drittel zu tragen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme etwaiger der Beigeladenen zu 2. entstandener Kosten, die diese selbst trägt, haben die Antragstellerinnen ebenfalls zu jeweils einem Drittel zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin zu 1., ein öffentlichrechtlicher Zweckverband zur Koordinierung des Öffentlichen Personennahverkehrs der ihm angehörenden Kommunen und Kreise, darunter die Antragsgegner zu 2.-9., zu 11. und 12., beabsichtigt, die Stadtverkehre in den Städten F. und N. einschließlich abgehender Linien gestützt auf die Verordnung Nr. 1370/2007 an sog. interne Betreiber direkt zu vergeben. Zum betroffenen Stadtverkehr zählen Stadtbahn, Straßenbahn und Busverkehre einschließlich alternativer Bedienformen. Von den beiden geplanten Direktvergaben betroffen sind nicht nur die Antragsgegnerinnen zu 2. und zu 3., um deren Stadtverkehre es geht, sondern auch die übrigen Antragsgegner, auf deren Gebiete die vom Stadtgebiet der Antragsgegnerinnen zu 2. und zu 3. abgehenden Linien fahren.

Vorinformationen der beabsichtigten Direktvergaben machte die Antragsgegnerin zu 1. (nachfolgend auch: der Zweckverband) am 31.10.2017 für den Stadtverkehr in F. (Anlage Ast. 3) und am 01.12.2017 für den Stadtverkehr in N. (Anlage Ast. 4) im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union europaweit bekannt. Die Aufträge waren dort bezeichnet als "Direktvergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags über Verkehrsdienste im öffentlichen Personennahverkehr mit Bussen, Straßen- und Stadtbahnen und sonstigen Verkehrsmitteln im Stadtverkehr F. einschließlich Stadtgrenzen überschreitender, in die Gebiete benachbarter ÖPNV-Aufgabenträger führende Linien nach Art. 5 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1370/2007" bzw. "Direktvergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags über Verkehrsdienste im öffentlichen Personennahverkehr mit Bussen, Straßen- und Stadtbahnen und sonstigen Verkehrsmitteln im Stadtverkehr N. einschließlich grenzüberschreitender, in die Gebiete benachbarter ÖPNV-Aufgabenträger führende Linien nach Art. 5 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1370/2007".

In der Vorinformation zur geplanten Direktvergabe des Stadtverkehrs in F.wird unter Ziffer I.1) die zuständige Behörde wie folgt bezeichnet:

"Zweckverband Verkehrsverbund S., vertreten durch den Verkehrsverbund S. AöR, handelnd als Gruppe von Behörden im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 und Art. 2 lit. b Verordnung (EG) Nr. 1370/2007, zugleich handelnd für die Stadt F. und die im Anhang A.II [...] aufgeführten mitbedienten Nachbarkommunen"

In der Vorinformation zur geplanten Direktvergabe des Stadtverkehrs in N. ist die zuständige Behörde ähnlich angegeben.

Der Auftragsgegenstand ist in den Vorinformationen übereinstimmend unter anderem wie folgt beschrieben:

"Der Betreiber wird mit der Verwaltung und Erbringung der Verkehrsdienste nach Maßgabe des zu vergebenden öffentlichen Dienstleistungsauftrags betraut. Hierzu gehören neben der Durchführung der Fahrleistungen auch die Vorhaltung von Betriebsmitteln, der Betrieb der Infrastruktur und der Bau von Schieneninfrastruktur, der Vertrieb unter Anwendung des VRR-Tarifs und die Kundenbetreuung. [...] Der in Rede stehende öffentliche Dienstleistungsauftrag wird den Betreiber zu umfangreichen Investitionen in Schienenfahrzeuge und Stellwerke verpflichten. Die Laufzeit des öffentlichen Dienstleistungsauftrages soll daher 22,5 Jahre betragen."

Der Gesamtauftragswert der Leistungen, die für den Zeitraum vom 01.01.2020 bis zum 30.06.2042 vergeben werden sollen, beläuft sich auf mehrere Milliarden Euro.

Von der beabsichtigten Direktvergabe profitieren sollen die Beigeladenen zu 1. und zu 2., die in den Vorinformationen jeweils nicht erwähnt werden. Die Vorinformationen enthalten auch keine Angaben zum Umfang geplanter Unterauftragsvergaben.

Die Beigeladene zu 1. steht zu ca. 69 % im Eigentum der zu 100 % im Eigentum der Antragsgegnerin zu 2. stehenden stadteigenen Holding EVV, zu ca. 6 % im Eigentum der Antragsgegnerin zu 2. unmittelbar und zu ca. 25 % im Eigentum der Beigeladenen zu 2. Letztere steht zu 100 % im Eigentum der Beteiligungsholding N. GmbH (BHN.), die ihrerseits vollständig im Eigentum der Antragsgegnerin zu 3. steht. Die Beigeladene zu 2. ist selbst nicht mehr operativ tätig, sondern hat ihre Ressourcen auf die Beigeladene zu 1. übertragen, welche auf vertraglicher Grundlage Verkehrsdienstleistungen für die Beigeladene zu 2. erbringt.

Die Antragsgegner zu 2. bis 9., zu 11. und zu 12. haben dem Zweckverband mit § 5 und § 5a der Zweckverbandssatzung Aufgaben im Zusammenhang mit der Vorbereitung, Organisation, Koordination und Durchführung von Direktvergaben öffentlicher Dienstleistungsaufträge gemäß Art. 5 VO (EG) Nr. 1370/2007 übertragen. In § 5 der Zweckverbandssatzung heißt es unter anderem:

"(2) Die Verbandsmitglieder haben dem Zweckverband gemäß § 5 Absatz 3a ÖPNVG NRW freiwillig folgende weitere Aufgaben übertragen:

1. Finanzierung und Sicherstellung der Ausgleichsleistungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen der Betreiber öffentlicher Personenverkehrsdienste in Zusammenhang mit der Durchführung öffentlicher Personenverkehrsdienste nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) auf der Basis von Art. 8 Absatz 2 (Bestandsbetrauungen) bzw. Art. 3 und 5 (Neuvergaben) VO (EG) Nr. 1370/2007, der sonstigen europarechtlichen Vorschriften, der einschlägigen Vorschriften des PBefG und nach Maßgabe der §§ 18 bis 20.

Dies umfasst

[...]

b) die Festsetzung der Höhe der Beträge für den Ausgleich der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen;

c) die rechtsverbindliche Betrauung der Berechtigten mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen nach Maßgabe der Beschlüsse oder Verwaltungsentscheidungen der Verbandsmitglieder durch Erlass eines Finanzierungsbescheids, soweit kein nach Art. 5 Absatz 1 Satz 2 oder Art. 8 Absatz 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 1370/2007 vergebener öffentlicher Dienstleistungsauftrag vorliegt; [...]"

d) die Durchführung der Finanzierung nach Maßgabe der §§ 18 bis 20.

Die Höhe der Ausgleichsleistungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen je Verbandsmitglied ergibt sich für das jeweilige Geschäftsjahr aus dem Verbundetat und für das vergangene Geschäftsjahr aus der Ergebnisrechnung.

Näheres regelt die entsprechende VRR-Finanzierungsrichtlinie.

[...]"

§ 5a der Zweckverbandssatzung regelt Aufgaben zur Abstimmung von Direktvergaben im öffentlichen Straßenpersonennahverkehr (ÖSPV). Es heißt dort unter anderem:

"(1) Die in der Protokollnotiz genannten Verbandsmitglieder haben dem Zweckverband gemäß § 5 Abs. 3a Satz 1 ÖPNVG NRW freiwillig folgende weitere Aufgaben in Zusammenhang mit der Vorbereitung, Organisation und Koordination von Direktvergaben öffentlicher Dienstleistungsaufträge gemäß Art. 5 VO (EG) Nr. 1370/2007 übertragen:

1. Abstimmung des Inhalts von Vorabbekanntmachungen mit den betroffenen Verbandsmitgliedern [...]

2. Hinwirkung auf die Abstimmung der direkt zu vergebenden öffentlichen Dienstleistungsaufträge zwischen den jeweils betroffenen Verbandsmitgliedern [...]

(2) Die jeweils beteiligten Verbandsmitglieder bleiben im Innenverhältnis zum Zweckverband bei Direktvergaben gemäß Art. 5 VO (EG) Nr. 1370/2007 verantwortlich und zuständig für die Wahrnehmung der ihnen obliegenden Aufgaben zur rechtswirksamen Durchführung einer Direktvergabe.

(3) Jedes Verbandsmitglied kann die Übertragung der Aufgaben in Zusammenhang mit der Vorbereitung, Organisation und Koordination von Direktvergaben öffentlicher Dienstleistungsaufträge gemäß Art. 5 VO (EG) Nr. 1370/2007 auf den Zweckverband (Absatz 1) nur vollumfänglich rückgängig machen. [...]

(4) Vor dem Erlass der Bescheide gemäß § 5 Absatz 2 Ziffer 1 Buchst. c hat der Zweckverband das Vorliegen der Voraussetzungen einer Selbsterbringung oder einer Direktvergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages gemäß Art. 5 VO (EG) Nr. 1370/2007 festzustellen. [...]"

In § 7 Abs. 1 der Zweckverbandssatzung ist vorgesehen, dass der Zweckverband, der kein hauptamtliches Personal beschäftigt, seine Aufgaben nach § 5 Abs. 1 bis 4 und § 5a Abs. 1 bis 4 der Satzung auf die Verkehrsverbund S.öR überträgt. In der Protokollnotiz zu § 7 Abs. 1 ist in diesem Zusammenhang von einem "Vertretungsverhältnis zwischen Zweckverband VS., Verbandsmitglied und VS. AöR" die Rede.

Die Antragsgegnerin zu 10., eine kreisangehörige Gemeinde, ist nicht Mitglied des Zweckverbands. Sie hat mit ihm eine im Amtsblatt veröffentlichte separate Vereinbarung getroffen worden (Anlage Ag. 1). Darin heißt es unter § 1 Abs. 1:

"Die Stadt bildet als Aufgabenträger gemäß § 3 Abs. 1 ÖPNVG NRW mit den weiteren Aufgabenträgern/zuständigen Behörden im Verbandsgebiet des Zweckverbands VS. sowie dem VS. eine Gruppe von Behörden im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Bst. b Verordnung (EG) Nr. 1370/2007."

Nach der zwischen den Antragsgegnern getroffenen Aufgabenverteilung sind die Antragsgegner zu 2. bis 12. in ihrem jeweiligen örtlichen Zuständigkeitsbereich als lokale Aufgabenträger zuständig für die konkrete Planung des lokalen Verkehrsangebots, die Bestimmung des Leistungsangebots, der Fahrzeuge und Qualitätsstandards, die Definition der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. a) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 und die Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle gemäß Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 3 lit. a) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007.

Mit im Wesentlichen übereinstimmenden Rügeschreiben vom 19.02. und 27.02.2018 (Anlagen Ast. 5 bis Ast. 10) rügten die Antragstellerinnen gegenüber dem Zweckverband sowie den weiteren Antragsgegnern die beiden vorangekündigten Direktvergaben als vergaberechtswidrig. Sie machten geltend, Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 sei nicht anwendbar. Bei den beabsichtigten Vergaben handele es sich um einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag im Sinne des Vergaberechts. Das wesentliche Betriebsrisiko liege wegen der umfangreichen finanziellen Ausgleichsleistungen nicht beim zukünftigen Auftragnehmer, sondern bei den Antragsgegnern. Damit komme Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 zur Anwendung mit der Folge, dass die Aufträge gemäß den in den Richtlinien 2004/17/EG oder 2004/18/EG vorgesehenen Verfahren zu vergeben seien. Ein Rückgriff auf die Regeln für die Vergabe von Inhouse-Geschäften sei dabei nicht möglich, weil diese durch Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 verdrängt würden. Darüber hinaus sei der Transparenzgrundsatz verletzt, weil aus den Vorinformationen die zukünftigen Auftragnehmer nicht hervorgingen. Mangels Vorliegens einer Gruppe von Behörden auf der Auftraggeberseite werde - falls die Vorschrift grundsätzlich einschlägig sein sollte - gegen Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 verstoßen. Die nach der Vorinformation vorgesehenen Auftraggeber bildeten keine Gruppe von Behörden im Sinne der Verordnung. Es gebe keine Gruppe, der die ursprünglich bei den die Gruppe bildenden Behörden liegende Interventionsbefugnis übertragen worden sei. Die Antragsgegner handelten lediglich als eine Mehrzahl von Behörden. Das folge daraus, dass die Antragsgegner in der Vorinformation ankündigen würden, die Direktvergabe gemeinsam vornehmen zu wollen. Die angekündigte Direktvergabe sei außerdem wegen Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 3 lit. a) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 vergaberechtswidrig, weil aus den Vorinformationen nicht ersichtlich sei, ob die Antragsgegner den internen Betreiber wie eine eigene Dienststelle kontrollierten. Entgegen Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 3 lit. e) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 sei nicht sichergestellt, dass die internen Betreiber das Selbsterbringungsgebot erfüllten. Die übermäßig lange Vertragslaufzeit verstoße gegen Art. 4 Abs. 3 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007. Die fehlende Bildung von Teil- und Fachlosen verstoße gegen § 97 Abs. 4 Satz 1 und 2 GWB. Schließlich werde von den Antragsgegnern infolge einer unterlassenen Anmeldung der zur Vorbereitung der Direktvergabe getroffenen Vereinbarungen und Beschlüsse bei der Genehmigungsbehörde gemäß § 8 Abs. 3b PBefG gegen das Kartellverbot des § 1 GWB verstoßen.

Der Zweckverband wies die Rügen der Antragstellerinnen im eigenen Namen und im Namen der übrigen Antragsgegner mit Schreiben vom 05.03.2018 (Anlagen WE-Ast. 1 bis WE-Ast. 6) zurück.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerinnen vom 20.03.2018 ging an jenem Tag bei der Vergabekammer Westfalen nur unvollständig vorab per Telefax ein. Auf den Antrag der Antragstellerinnen vom 29.03.2018 hat die Vorsitzende der Vergabekammer diesen am 03.04.2018 im Hinblick auf die Frist des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB gemäß § 32 VwVfG NRW Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die Verfahrensakte der Vergabekammer verwiesen.

Mit ihrem Nachprüfungsantrag haben die Antragstellerinnen geltend gemacht, Interesse insbesondere an den Buslinien 166 und 184 in F. und den Buslinien 124 und 133 in N. zu haben. Ihrem Nachprüfungsantrag sei schon deshalb stattzugeben, weil Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 nur auf Dienstleistungskonzessionen Anwendung finde, aber nicht auf Dienstleistungsverträge wie sie die Antragsgegner hier vergeben wollten. Wegen weiterer vermeintlicher Vergaberechtsverstöße haben sich die Antragstellerinnen auf ihre Rügeschreiben bezogen.

Im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer haben die Antragstellerinnen mit Schriftsatz vom 17.05.2018 erstmals eine Verletzung von § 6 Abs. 1 VgV gerügt. In die Verkehrsverbund S. AöR seien Vertreter der beiden Beigeladenen entsandt worden und unzulässig an den Entscheidungen über die beabsichtigte Direktvergabe beteiligt gewesen.

Die Antragstellerinnen haben beantragt,

1. den Antragsgegnern zu 1. bis 10. die beabsichtigte Direktvergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags über Verkehrsdienste im öffentlichen Personennahverkehr mit Bussen, Straßen- und Stadtbahnen und sonstigen Verkehrsmitteln im Stadtverkehr F. einschließlich Stadtgrenzen überschreitender, in die Gebiete benachbarter ÖPNV-Aufgabenträger führender Linien nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 entsprechend der im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Vorinformationen vom 31. Oktober 2017 (2017/S 209-434835) zu untersagen und ihnen aufzugeben, für den Fall, dass sie an dem Beschaffungsvorhaben festhalten, den Vertrag nur nach vorheriger Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens nach den Vorschriften des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu vergeben,

2. den Antragsgegnern zu 1. bis 6., 9., 11. und 12. die beabsichtigte Direktvergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags über Verkehrsdienste im öffentlichen Personennahverkehr mit Bussen, Straßen- und Stadtbahnen und sonstigen Verkehrsmitteln im Stadtverkehr N. einschließlich grenzüberschreitender, in die Gebiete benachbarter ÖPNV-Aufgabenträger führender Linien nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 entsprechend der im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Vorinformationen vom 01. Dezember 2017 (2017/S 231-482645) zu untersagen und ihnen aufzugeben, für den Fall, dass sie an dem Beschaffungsvorhaben festhalten, den Vertrag nur nach vorheriger Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens nach den Vorschriften des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu vergeben.

Die Antragsgegner haben beantragt,

die Nachprüfungsanträge zurückzuweisen.

Sie haben geltend gemacht, den Antragstellerinnen fehle die Antragsbefugnis. Gegenstand der Vorinformation sei die Vergabe einer Gesamtleistung, aus der einzelne Linien nicht herausgelöst werden könnten. Die Nachprüfungsanträge seien zudem verfristet, weil die Frist von 30 Kalendertagen nach § 135 Abs. 2 Satz 2 GWB zum Zeitpunkt der Rügen bereits abgelaufen gewesen sei. Jedenfalls seien die Nachprüfungsanträge unbegründet, weil Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 zur Anwendung komme. Sie, die Antragsgegner, würden als Gruppe von Behörden tätig. Der Begriff werde in Art. 2 lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 nur funktional beschrieben, eine bestimmte innere Verfasstheit werde nicht vorgegeben. Eine Gruppe entstehe auch durch schlichtes gemeinschaftliches Handeln. Sie, die Antragsgegner, seien als Gruppe gemäß § 5 Abs. 1 und 2 ÖPNVG NRW gesetzeskonform organisiert. Der Zweckverband sei Teil der Gruppe, weil er die Ausgleichsleistungen gewähre und die Finanzierung sicherstelle. Die Beigeladenen würden zwar nicht durch den Zweckverband, aber jeweils durch ein anderes Mitglied der Gruppe kontrolliert. Die Laufzeit des Vertrages sei, wie sich aus den Stellungnahmen des Beratungsunternehmens L.(Anlagen AG4 und AG5) ergebe, durch die Amortisationsdauer der Investitionsgüter gerechtfertigt. Das Gebot der Losbildung nach § 97 Abs. 4 GWB sei nicht zu berücksichtigen. § 8 Abs. 3b PBefG stelle keine eigene kartellrechtliche Verbotsnorm dar. § 6 VgV sei auf Direktvergaben nach der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 nicht anwendbar.

Mit Beschluss vom 19.06.2018 hat die Vergabekammer Westfalen den Antragsgegnern die beiden beabsichtigten Direktvergaben untersagt und sie verpflichtet, bei fortbestehender Vergabeabsicht entweder den Vorgaben des GWB oder der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 zu genügen. Zur Begründung hat die Vergabekammer ausgeführt, dass der Nachprüfungsantrag zulässig sei. Die Antragstellerinnen seien nach § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt, obwohl sie Interesse nur an einigen Linien der geplanten Direktvergabe gezeigt hätten. Der Nachprüfungsantrag wahre die Frist des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GWB. Ob auch eine entsprechende Anwendung von § 135 Abs. 2 GWB in Betracht komme, könne dahinstehen, weil die Vorinformationen auch einen Hinweis auf § 160 Abs. 3 GWB enthalte. Die Frist des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB sei ebenfalls gewahrt. Die Antragsgegner seien öffentliche Auftraggeber und die maßgeblichen Schwellenwerte seien überschritten. Der Nachprüfungsantrag sei auch begründet. Dabei könne die zweifelhafte Anwendbarkeit des Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 unterstellt werden. Jedenfalls fehle der Gruppe von Behörden die Zuständigkeit für die Vergabe der verfahrensgegenständlichen Dienstleistungsaufträge, sowohl nach nationalem Recht wie auch nach der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007. Die Gruppe von Behörden müsse nach nationalem Recht für die Aufgabenerfüllung verantwortlich sein. Ein öffentlicher Auftraggeber könne nur solche Dienstleistungen wirksam vergeben, für die er zuständig sei bzw. zu deren Beauftragung er befugt sei. Hier handele es sich zwar bei den Antragsgegnern zu 2. bis 12. um zuständige öffentliche Auftraggeber im Sinne von § 99 GWB, nicht jedoch bei dem Antragsgegner zu 1. Dieser verfüge über keine Zuständigkeit im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs auf den Straßen. Dem Zweckverband stehe weder nach dem Gesetz noch nach der Zweckverbandssatzung das Recht auf Abschluss eines Betrauungsvertrags zu. Anders als die Antragsgegner meinten, seien auch die Voraussetzungen des Art. 2 lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 nicht gegeben. Alle Aufgabenträger oder Behörden, die sich zu einer Gruppe von Behörden im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 zusammenschlössen, müssten im eigenen Wirkungskreis auch zuständig sein. Das sei bezogen auf den Zweckverband nicht der Fall. Mit der Zweckverbandssatzung seien auf den Zweckverband keine Aufgaben im Zusammenhang mit der Vergabe der Betrauungsaufträge delegiert worden. Damit fehle ihm die notwendige Interventions- und Kontrollbefugnis nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007.

Gegen den ihnen am 19. bzw. 20.06.2018 zugestellten Beschluss haben sowohl die Beigeladene zu 1. wie auch die Antragsgegner am 03.07.2018 sofortige Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt.

Die Beigeladene zu 1. rügt den Beschluss der Vergabekammer als fehlerhaft. Die Nachprüfungsanträge der Antragstellerin seien bereits unzulässig. Sie seien nach § 135 Abs. 2 GWB verfristet. Den Antragstellerinnen fehle darüber hinaus die Antragsbefugnis. Sie hätten wegen der beabsichtigten Gesamtvergabe keine Chance auf einen Zuschlag. Sie würden nicht einmal angeben, für welche Linien sie sich interessierten. Im Übrigen sei ihre Leistungsfähigkeit zweifelhaft. Die Antragstellerinnen hätten auch ihre Rügeobliegenheit nach § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB verletzt. Jedenfalls seien die Nachprüfungsanträge unbegründet. Die Direktvergabevoraussetzungen des Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 lägen vor. Auf den von der Vergabekammer herangezogenen Auftraggeberbegriff des § 99 GWB komme es nicht an. Die Antragsgegner bildeten die für die Direktvergabe notwendige Gruppe von Behörden im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007. Diese verlange keine eigene Rechtssubjektivität, vielmehr reiche dafür jede Form der Zusammenarbeit. Das gemeinsame Handeln der Antragsgegner bei der Auftragsvergabe erkläre sich aus der Aufteilung ihrer internen Zuständigkeiten. Die gemeinsame Auftragserteilung sei zulässig. Im Übrigen versperre die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007, womit sich die Vergabekammer nicht auseinandergesetzt habe, nicht den Rückgriff auf die Inhouse-Vergabe nach § 108 GWB. Deren Voraussetzungen seien hier erfüllt.

Die Antragsgegner rügen die Entscheidung der Vergabekammer ebenfalls als fehlerhaft und machen wie die Beigeladene zu 1. geltend, dass die Nachprüfungsanträge der Antragstellerinnen bereits unzulässig seien. Die Anträge seien nach § 135 Abs. 2 GWB verfristet. Das Interesse der Antragstellerinnen an einigen Buslinien genüge für die Antragsbefugnis nicht, weil eine Vergabe der Verkehrsdienstleistungen als Gesamtleistung beabsichtigt sei. Die Nachprüfungsanträge seien aber auch unbegründet. Die Direktvergabevoraussetzungen des Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 lägen vor. Die Aufgaben der Gewährung von Ausgleichsleistungen und der Betrauung seien von den Zweckverbandsmitgliedern auf den Zweckverband übertragen worden. Damit habe der Zweckverband entgegen der Annahme der Vergabekammer eigene Interventionsbefugnisse im Sinne der Verordnung. Alle Antragsgegner zusammen bildeten eine Gruppe von Behörden im Sinne der Verordnung. Art. 2 lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 verlange nicht, dass die Gruppe eine eigene Rechtspersönlichkeit haben müsse. Mit dem von der Vergabekammer herangezogenen Begriff des öffentlichen Auftraggebers im Sinne von § 99 GWB habe die Gruppe von Behörden im Sinne der Verordnung nichts zu tun. Die Vergabekammer habe den Auftragswert mit 1 Mrd. € zu hoch angesetzt. Zu Unrecht habe die Vergabekammer auch angenommen, dass der Antragsgegner zu 1. nicht gebührenbefreit sei.

Die Beigeladene zu 1. beantragt,

den Beschluss der Vergabekammer Westfalen abzuändern und die Nachprüfungsanträge der Antragstellerinnen zurückzuweisen.

Die Antragsgegner beantragen,

den Beschluss der Vergabekammer Westfalen bei der Bezirksregierung Münster vom 19.06.2018 - Az. VK 1-10/18 - abzuändern, und die Nachprüfungsanträge der Antragstellerinnen zurückzuweisen.

Die Antragstellerinnen beantragten,

die sofortigen Beschwerden zurückzuweisen.

Die Antragstellerinnen behaupten unter Bezugnahme auf zwei Rügeschreiben vom 29.08.2018 (Anlagen Bgg. 1 und Bgg. 2), bei der Entscheidung über die beabsichtigte Direktvergabe der Verkehrsdienstleistungen auf dem Gebiet der Antragsgegnerinnen zu 2. und 3. hätten Personen mitgewirkt, die sich daran sowohl vergabe- wie auch kommunalrechtlich nicht hätten beteiligen dürfen. Außerdem sind sie der Ansicht, die Beigeladene zu 1. übe Einfluss im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 3 lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 auf die P. Verkehrs-GmbH sei. Die Vergabekammerentscheidung sei aber auch aus den von der Vergabekammer dargelegten Gründen zutreffend. Zuständige Behörde im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 könne nur eine institutionalisierte Stelle sein, die im Sinne einer Marktintervention eine gemeinwirtschaftliche Verpflichtung aussprechen könne. Das treffe auf den Zweckverband nicht zu. Diesem fehle die entscheidende Interventionsbefugnis, weil er den Nahverkehrsplan nicht definieren könne. Auch die Antragsgegner zusammen bildeten keine Gruppe von Behörden im Sinne der Verordnung. Die Antragstellerinnen sind gestützt auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Jena vom 24.10.2018 - 2 Verg 1/18 - der Ansicht, die von den Antragsgegnern angestrebte flächendeckende Direktvergabe im gesamten Gebiet der Antragsgegnerinnen zu 2. und zu 3. verstoße gegen ihre, der Antragstellerinnen, grundrechtlich garantierte Berufsfreiheit. Die für das Gebiet der Antragsgegnerin zu 3. beabsichtigte Direktvergabe an die Beigeladene zu 2. sei wegen Verstoßes gegen das Selbsterbringungsgebot vergaberechtswidrig. Die Beigeladene zu 2. erfülle die Selbsterbringungsquote nicht, weil sie nicht mehr operativ tätig sei. Die Beigeladene zu 2. bilde mit der Beigeladenen zu 1. auch keine Gruppe von Betreibern im Sinne von Art. 2 lit. d) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in den verbundenen Verfahren C-266/17 und C-267/17 sind die Antragstellerinnen der Ansicht, dass die Vergabe ohne eine zutreffende Vorinformation nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 zur Nichtigkeit der Auftragsvergabe führe. Im Übrigen versperre das Sondervergaberecht der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 weiterhin den Rückgriff auf die allgemeinen Regeln zur Inhouse-Vergabe.

Die Beigeladene zu 1. wendet gegen das Vorbringen der Antragstellerinnen zur angenommenen Befangenheit ein, dass die vergaberechtlichen Befangenheitsvorschriften mangels ihres, der Beigeladenen, Bieterstatus nicht anwendbar seien. Kommunalrechtlich sei gegen die Beteiligung der von den Antragstellerinnen namentlich genannten Personen an der Entscheidungsfindung nichts einzuwenden. Bezüglich der P. Verkehrs-GmbH - eines gemeinsamen Tochterunternehmens von ihr und der C.-H. Straßenbahn AG - gelte jedenfalls, dass Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 3 lit. b) der Verordnung Nr. 1370/2007 nicht verletzt sei, weil die P. Verkehrs-GmbH nur auf dem Gebiet des Zweckverbands tätig werde. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in den verbundenen Verfahren C-266/17 und C-267/17 seien die Voraussetzungen für eine Direktvergabe nach der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 gegeben. Der durch mehrere einseitige Rechtsakte zu vergebende öffentliche Dienstleistungsauftrag sei kein öffentlicher Auftrag im Sinne des GWB. Hilfsweise lägen aber auch die Voraussetzungen einer Inhouse-Vergabe nach § 108 GWB vor.

Die Antragsgegner stellen die Beteiligung der von den Antragstellerinnen als befangen benannten Personen an Entscheidungen zur Direktvergabe in Abrede. Die Beteiligung der Beigeladenen zu 1. an der P. Verkehrs-GmbH halten sie für unbedenklich. Im Fall einer Gruppe von Behörden, so die Antragsgegner, komme es für das Tätigkeitskriterium nach Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 3 lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 auf das Gebiet der Gruppe von Behörden an und nicht auf das Gebiet der Behörde, die die Kontrolle über den internen Betreiber ausübe. Die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 sei vorliegend anwendbar, wie sich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in den verbundenen Verfahren C-266/17 und C-267/17 ergebe. Bei dem Finanzierungsbescheid des Zweckverbands, mit welchem die Beigeladenen betraut werden sollten, handele es sich nicht um einen entgeltlichen Vertrag. Es fehle an einem synallagmatischen Austauschverhältnis. Es handele sich stattdessen um eine Zuwendung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Verfahrensakte der Vergabekammer, die Vergabeakten und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

II.

Die sofortigen Beschwerden der Beigeladenen zu 1. und der Antragsgegner sind jeweils zulässig. Zwar hat die Beigeladene zu 1. im Verfahren vor der Vergabekammer keinen Antrag gestellt. Dies war jedoch auch nicht notwendig. Für die Zulässigkeit ihrer sofortigen Beschwerde genügt es, dass sie durch die ihr nachteilige Entscheidung der Vergabekammer materiell beschwert ist. Die materielle Beschwer eröffnet ihr den Weg in die sofortige Beschwerde nach § 171 Abs. 1 Satz 2 GWB (vgl. Senatsbeschluss vom 19.12.2018 - VII-Verg 40/18, zitiert nach juris, Tz. 55).

Die zulässigen sofortigen Beschwerden sind auch begründet.

1.

Die Nachprüfungsanträge der Antragstellerinnen - es handelt sich insgesamt um drei Anträge, die in einem Schriftsatz verbunden worden sind und sich auf jeweils zwei verschiedene Vergabeverfahren beziehen - sind teilweise bereits unzulässig.

a)

Das ist allerdings nicht schon Folge fehlender Statthaftigkeit. Die Nachprüfungsanträge sind vielmehr gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 PBefG (*1) sämtlich statthaft. Die Antragsgegner haben die Absicht von Direktvergaben nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 angekündigt. Diese Vergaben unterliegen gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 PBefG der Nachprüfung nach Teil 4 Kapitel 2 des GWB.

b)

Den Antragstellerinnen fehlt jedoch für Teile ihres Nachprüfungsbegehrens die Antragsbefugnis gemäß § 160 Abs. 2 GWB.

aa)

Keine Zweifel hat der Senat insoweit an dem von § 160 Abs. 2 Satz 1 GWB geforderten und von den Antragstellerinnen auch geäußerten Interesse am Auftrag. Nach Aktenlage sind keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Leistungsfähigkeit der Antragstellerinnen derart eingeschränkt ist, dass eine Erfüllung erstrebter Aufträge - die sich hier auf wenige Buslinien beziehen - vorn vornherein ausgeschlossen ist. Insofern ist zu berücksichtigen, dass es im Rahmen der Antragsbefugnis ausreicht, wenn es nur möglich erscheint, dass der Antragsteller den Bedarf des Auftraggebers gegen Entgelt befriedigen kann (vgl. z.B. OLG Koblenz, Beschluss vom 14.03.2018 - Verg 4/17, zitiert nach juris, Tz. 32).

Dass sich die Antragstellerinnen nur für einige Buslinien der beiden beabsichtigten Direktvergaben interessieren, steht ihrem Interesse am Auftrag im Sinne von § 160 Abs. 2 Satz 1 GWB ebenfalls nicht entgegen. An der Antragsbefugnis könnte es insoweit nur dann fehlen, wenn die Antragsgegner auch bei einer Vergabe im Wettbewerb auf keinen Fall verpflichtet sein könnten, die Leistungen losweise so zu vergeben, dass sich die Antragstellerinnen um ein Teillos bewerben könnten (BGH, Beschluss vom 08.02.2011 - X ZB 4/10 - S-Bahn-Verkehr Rhein/Ruhr -, zitiert nach juris, Tz. 50). Letzteres ist hier nicht ersichtlich. Bei einer Vergabe im Wettbewerb hätten die Antragsgegner das Gebot der losweisen Vergabe nach § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB zu beachten. Gründe, die einer Losbildung wie die Antragstellerinnen sie erhoffen, entgegenstünden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Schließlich haben die Antragstellerinnen im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.01.2019 klargestellt, dass sie sich jeweils auf sämtliche der von ihnen benannten Buslinien bewerben möchten. Damit sind auch Zweifel, ob sämtliche Antragstellerinnen ein Interesse am Auftrag haben, ausgeräumt.

bb)

Die Antragsbefugnis, die für jede erhobene vergaberechtliche Beanstandung gesondert zu prüfen ist (vgl. Dicks, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 3. Aufl., § 160 Rn. 6), fehlt den Antragstellerinnen jedoch im Hinblick auf einige der von ihnen erhobenen Rügen.

(1)

Die Antragsbefugnis fehlt, soweit die Antragstellerinnen eine Verletzung von § 31 GO NRW rügen. Bei der als verletzt gerügten Vorschrift des § 31 GO NRW handelt es sich nicht um eine Vergabevorschrift im Sinne von § 160 Abs. 2 Satz 1 und 2 GWB, auch nicht aufgrund einer vergaberechtlichen Anknüpfungsnorm. Für die Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinne von § 160 Abs. 2 Satz 1 GWB ist aber erforderlich, dass sich der Antragsteller auf eine Verletzung bieterschützender Vergabevorschriften berufen kann (Senatsbeschluss vom 11.05.2016 - VII-Verg 2/16, zitiert nach juris, Tz. 28; Dicks, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 3. Aufl., § 103 GWB Rn. 17). Vergabevorschriften sind im Kern die Vorschriften des Teils 4 des GWB, der VgV, der VSVgV, der KonzVgV, der VOB/A, der SektVO sowie dasjenige europäische Recht, auf dem diese nationalen Regelungen beruhen (OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.10.2010 - Verg W 12/10, zitiert nach juris, Tz. 73; Möllenkamp, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 4. Aufl., § 160 Rn. 75). Als verbindendes Element gemeinsam ist diesen Vorschriften, dass sie das Verfahren betreffen, in dem eine Zuschlagsentscheidung zustande kommt (Overbuschmann, VergabeR 2018, 347, 348). Bieterschützend sind solche Normen des Vergaberechts, die zumindest auch und im Hinblick auf die konkrete Rüge dem Bieterschutz zu dienen bestimmt sind (OLG Naumburg, Beschluss vom 02.08.2012 - 2 Verg 3/12, zitiert nach juris, Tz. 39; siehe auch Möllenkamp, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 4. Aufl., § 160 Rn. 78). Verletzungen außervergaberechtlicher Vorschriften können nur bei Vorliegen einer vergaberechtlichen Anknüpfungsnorm die Antragsbefugnis begründen (Dicks, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 3. Aufl., § 103 GWB Rn. 21). Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf § 31 GO NRW nicht vor.

§ 31 GO NRW ist keine vergaberechtliche, sondern eine kommunalrechtliche Vorschrift und formuliert sogenannte Ausschließungsgründe. Die Norm bestimmt die Fälle, in denen Personen, die für die Gemeinde ehrenamtlich tätig werden, an Beratungen und Entscheidungen der Gemeinde nicht teilnehmen dürfen. Die Vorschrift bezweckt damit nicht den Schutz von Bietern, sondern den Schutz der Gemeinde vor nachteiligen Entscheidungen infolge der Mitwirkung von Personen, die abweichende Privatinteressen verfolgen. Den Schutz der Bieter vor Interessenkonflikten hat der Gesetzgeber nicht in der GO NRW, sondern in der Vorschrift des § 6 VgV geregelt.

(2)

Ein für die Antragsbefugnis erforderlicher Verstoß gegen Vergabevorschriften wird von den Antragstellerinnen auch nicht mit der von ihnen beanstandeten Verletzung des § 8 Abs. 3b Satz 2 PBefG dargelegt. Die Vorschrift ist auf § 8 Abs. 3b Satz 1 PBefG bezogen, der eine Bereichsausnahme von § 1 GWB für Vereinbarungen von Verkehrsunternehmen formuliert. Ob dem § 8 Abs. 3b Satz 2 PBefG damit ein ausreichender vergaberechtlicher Bezug immanent ist, kann dahinstehen. Bereits der Anwendungsbereich der Vorschrift ist nicht eröffnet. § 8 Abs. 3b Satz 1 PBefG trifft eine Regelung für Beschlüsse und Empfehlungen von Vereinigungen von Verkehrsunternehmen. Die öffentlichen Aufgabenträger, die Antragsgegner, die sich vorliegend im Zweckverband zusammengeschlossen haben und gemeinsam mit diesem Direktvergaben nach der Verordnung Nr. 1370/2007 beabsichtigen, sind jedoch keine Verkehrsunternehmen. Verkehrsunternehmen im Sinne von § 8 Abs. 3b PBefG sind Unternehmen, die gemäß § 1 Abs. 1 PBefG entgeltlich oder geschäftsmäßig Personen mit Straßenbahnen, mit Oberleitungsbussen oder mit Kraftfahrzeugen befördern.

(3)

Zum Teil scheitert die Antragsbefugnis der Antragstellerinnen darüber hinaus daran, dass sie, die Antragstellerinnen, bezüglich der von ihnen erhobenen Rügen entgegen § 160 Abs. 2 Satz 2 GWB nicht dargelegt haben, dass ihnen durch die vermeintlichen Vergaberechtsverstöße ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Dies gilt für die von den Antragstellerinnen gerügten Transparenzverstöße. Dass die vorgesehenen internen Betreiber nicht in den Vorinformationen genannt werden und aus den Vorinformationen auch die Kontrollmöglichkeiten über die internen Betreiber sowie der vorgesehene Anteil an zu erteilenden Unteraufträgen nicht zu ersehen sind, hat offensichtlich keine Auswirkungen auf die Zuschlagschancen der Antragstellerinnen (vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 03.07.2019 - VII-Verg 51/16, wonach Fehler der Vorinformation nicht zur Nichtigkeit der Auftragsvergabe führen und Unternehmen durch diese in der Regel kein Schaden droht). Dies gilt hier umso mehr, als die Antragstellerinnen die von ihnen als fehlend gerügten Informationen ersichtlich auf anderem Wege erhalten haben.

Soweit die Antragsgegner der Auffassung sind, dass den Antragstellerinnen die Antragsbefugnis mangels eines ihnen drohenden Schadens sogar insgesamt fehlt, folgt der Senat dem nicht. Zum einen betrifft die von den Antragsgegnern für ihre Rechtsansicht angeführte Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz (Beschluss vom 14.03.2018 - Verg 4/17) einen Sonderfall, der mit der vorliegenden Sachverhaltskonstellation nicht vergleichbar ist. Zum anderen entkräftet die fortbestehende Absicht einer zulässigen Direktvergabe die Darlegung eines drohenden Schadens nicht, solange eine Ausschreibung - wie hier - theoretisch möglich ist (vgl. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 30.08.2011 - 11 Verg 3/11, zitiert nach juris, Tz. 66). Dabei ist zu berücksichtigen, dass sowohl die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 als auch das PBefG von einem Vorrang der Vergabe von Verkehrsdienstleistungen im Wettbewerb ausgehen.

cc)

Die Nachprüfungsanträge der Antragstellerinnen sind entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer nicht unzulässig, weil sie erst nach Ablauf der in § 135 Abs. 2 GWB vorgesehenen Frist von 30 Kalendertagen ab Bekanntmachung der Vorinformation bei der Vergabekammer gestellt worden sind.

Unmittelbar ist die Vorschrift des § 135 Abs. 2 GWB nicht anwendbar, weil die Antragsgegner keine Auftragsvergabe bekannt gemacht haben, sondern eine beabsichtigte Direktvergabe. Ob eine entsprechende Anwendung in Betracht kommt, ist in der Rechtsprechung der Vergabesenate bislang nicht entschieden worden (siehe OLG München, Beschluss vom 31.03.2016 - Verg 14/15, zitiert nach juris, Tz. 142). Der Senat hält eine entsprechende Anwendbarkeit der Vorschrift für ausgeschlossen. Selbst wenn man für eine analoge Anwendung eine unbeabsichtigte Regelungslücke bejahen wollte, fehlt es an einer für eine Analogie erforderlichen vergleichbaren Interessenlage. § 135 Abs. 2 GWB liegt der Gedanke zugrunde, dass die schwebende Wirksamkeit eines geschlossenen Vertrages nach einer bestimmten Zeitspanne sein Ende finden soll. Bei der Bekanntmachung einer beabsichtigten Direktvergabe geht es jedoch nicht um die schwebende Wirksamkeit eines Vertrags. Eine Beauftragung soll überhaupt erst ausgesprochen werden. Diese Situation wird im Falle der Bekanntmachung einer beabsichtigten Direktvergabe spezieller von den Präklusionsvorschriften des § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB erfasst (vgl. auch OLG Jena, 12.06.2019 - 2 Verg 1/18, zitiert nach juris, Tz. 70).

dd)

Dass die in § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 3 GWB vorgesehenen Rügefristen von den Antragstellerinnen nicht eingehalten worden sind, ist von den Antragsgegnern beziehungsweise der Beigeladenen zu 1. weder ausreichend dargelegt worden noch sonst ersichtlich. Die Frage, ob § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB auf Direktvergaben nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 Anwendung findet (bejahend OLG Jena, 12.06.2019 - 2 Verg 1/18, zitiert nach juris, Tz. 70; siehe auch OLG Rostock, Beschluss vom 20.11.2013 - 17 Verg 7/13; für Nachweise zur Gegenauffassung siehe Otting/Olgemöller/Tresselt, in: Gabriel/Krohn/Neun, Handbuch des Vergaberechts, 2. Aufl., § 73 Rn. 4 a.E.), bedarf hier daher keiner Entscheidung.

ee)

Ein Versäumen der Frist des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB, die in den Vorinformationen jeweils genannt war, steht der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags der Antragstellerinnen nicht entgegen. Den Antragstellerinnen ist in Übereinstimmung mit § 32 Abs. 1 VwVfG NRW, der auf die Frist des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB anwendbar ist (vgl. Summa, in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-Vergaberecht, Stand: 12.09.2019, § 160 GWB Rn. 293), von der Vergabekammer wegen unverschuldeter Fristversäumung Wiedereinsetzung in die Frist gewährt worden. Dabei kann dahinstehen, ob die Vorsitzende der Vergabekammer diese Entscheidung alleine treffen konnte. Die Vergabekammer hat die - in der Sache zutreffende - Wiedereinsetzungsentscheidung im Beschluss vom 19.06.2018 bekräftigt.

2.

Die Nachprüfungsanträge sind, soweit sie zulässig sind, unbegründet.

a)

Entgegen der Ansicht der Antragstellerinnen liegen im Hinblick auf die bekannt gemachten Vergabeabsichten in den beiden sich auf Personenverkehrsdienste mit Bussen und Straßenbahnen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 beziehenden Vergabeverfahren die Voraussetzungen für zulässige Direktvergaben nach § 8a Abs. 3 PBefG i.V.m. Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 in der Fassung der Verordnung (EU) 2016/2338 vor. Der Senat kann dies feststellen, ohne zuvor ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union richten zu müssen.

aa)

Auf die beiden von den Antragsgegnern angekündigten Direktvergaben ist die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 in Gänze, das heißt einschließlich der Bestimmung des Art. 5 Abs. 2 der Verordnung, anwendbar. Das folgt aus den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs vom 21.03.2019 - C-266/17 und C-267/17 - und vom 08.05.2019 - C-253/18. Daraus ist abzuleiten, dass Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 ungeachtet der fortwährenden Nennung der zwischenzeitlich ersetzten Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG dynamisch auf die jeweils geltenden Vergaberichtlinien verweist, obwohl der Verordnungsgeber die Benennung der Richtlinien mit der Änderungsverordnung (EU) 2016/2338 hätte ändern können (EuGH, Urteil vom 21.03.2019 - C-266/17 und C-267/17, zitiert nach juris, Tz. 78; Urteil vom 08.05.2019 - C-253/18, zitiert nach juris, Tz. 27-29; siehe auch die Schlussanträge des Generalanwalts M. Campos Sánchez-Bordona vom 13.09.2018 im Verfahren C-266/17 und C-267/17, zitiert nach juris, Tz. 29). Aus den Entscheidungen folgt weiter, dass es sich bei der Inhouse-Vergabe eines öffentlichen Auftrags, der nicht die Form einer Dienstleistungskonzession annimmt, um eine Vergabe nach einem in der Richtlinie 2014/24/EU vorgesehenen Verfahren im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 handelt (vgl. EuGH, Urteil vom 08.05.2019 - C-253/18, zitiert nach juris, Tz. 26). Das hat zur Folge, dass sich die Vergabe im letztgenannten Fall ausschließlich nach dieser Richtlinie und den jeweiligen nationalen Umsetzungsvorschriften richtet. Die sich daraus ergebende Spezialität der allgemeinen Inhouse-Vergabe gegenüber der Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 greift jedoch nur ein, wenn ein öffentlicher Auftrag im Sinne der Richtlinie 2014/24/EU und der §§ 103 Abs. 1, 108 Abs. 1 GWB zu bejahen ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 03.07.2019 - VII-Verg 51/16). Liegen die Voraussetzungen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags im Sinne der Richtlinie 2014/24/EU und der §§ 103 Abs. 1, 108 Abs. 1 GWB auch bei funktionalem Verständnis des Vertragsbegriffs nicht vor, sondern nur die Merkmale des weiter gehenden Begriffs des öffentlichen Dienstleistungsauftrags im Sinne von Art. 2 lit. i) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007, richtet sich die beabsichtigte Direktvergabe nicht nach den Regeln des Art. 12 der Richtlinie 2014/24/EU und § 108 GWB, sondern nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007. So liegt es hier.

Soweit eine Stimme in der Literatur annimmt, dass sich aus den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 21.03.2019 - C-266/17 und C-267/17 - und vom 08.05.2019 - C-253/18 - ergebe, dass Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 allein für die Direktvergabe von Dienstleistungskonzessionen gelte (so Lenz/Jürschik, NZBau 2019, 629), folgt der Senat dem nicht. Der Europäische Gerichtshof hat nur die Direktvergabe von öffentlichen Aufträgen ("Verträgen") im Sinne der Vergaberichtlinien, die nicht die Form von Dienstleistungskonzessionen annehmen, vom Anwendungsbereich des Art. 5 Abs. 2 der Verordnung ausgenommen (EuGH, Urteil vom 21.03.2019 - C-266/17 und C-267/17, zitiert nach juris, Tz. 80, und Urteil vom 08.05.2019 - C-253/18, zitiert nach juris, Tz. 29; vgl. auch OLG Jena, Beschluss vom 12.06.2019 - 2 Verg 1/18).

Öffentliche Aufträge im Sinne der Richtlinie 2014/24/EU und der §§ 103 Abs. 1, 108 Abs. 1 GWB sind entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern und Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen. Der Begriff des Vertrags ist nach der Rechtsprechung des Senats funktional zu verstehen und verlangt im Kern das Einvernehmen zweier rechtsfähiger Personen (Senatsbeschluss vom 04.03.2009 - VII-Verg 67/08, zitiert nach juris, Tz. 8). In Übereinstimmung mit der allgemeinen Wortbedeutung des entgeltlichen Vertrages setzt ein Vertrag eine rechtliche Verknüpfung wechselseitiger Leistungen voraus (vgl. EuGH, Urteil vom 18.10.2018 - C-606/17, zitiert nach juris, Tz. 28). Die Übereinkunft muss so ausgestaltet sein, dass dadurch ein durchsetzbarer Anspruch auf die primäre Leistungsverpflichtung begründet wird (siehe Senatsbeschluss vom 11.07.2018 - VII-Verg 1/18, zitiert nach juris, Tz. 36).

Zwar hat der Senat auf der Grundlage dieses Verständnisses zuletzt angenommen, dass in einem zweipoligen Rechtsverhältnis eine gesellschaftsrechtliche Weisung des öffentlichen Auftraggebers an den ihm gesellschaftsrechtlich verbundenen internen Betreiber funktional als Vertrag einzuordnen sein kann (Senatsbeschlüsse vom 03.07.2019 - VII-Verg 51/16). Hierauf beschränkt sich die vorliegend zu beurteilende Konstellation jedoch nicht. Die Auftragserteilung wird nicht allein durch eine gesellschaftsrechtliche Weisung vollzogen, hier der Antragsgegnerinnen zu 2. und 3. an die Beigeladenen, die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zu erfüllen, mit denen sie betraut werden, sondern ist in ein mehrpoliges Rechtsverhältnis eingebettet, an dem als betrauende Stelle der Zweckverband beteiligt ist, der die Beigeladenen nicht gesellschaftsrechtlich kontrolliert. Er tritt den Beigeladenen allein in einem verwaltungsrechtlichen Über- und Unterordnungsverhältnis gegenüber. Der von ihm erlassene Finanzierungsbescheid, mit dem nicht nur die Höhe der Ausgleichsbeträge festgesetzt wird, sondern gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 lit. c) der Zweckverbandssatzung auch die rechtsverbindliche Betrauung der Beigeladenen mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen ausgesprochen wird, ist ein Verwaltungsakt. Nach Ansicht des Senats unterfällt eine solche partiell verwaltungsrechtliche Ausgestaltung der Beauftragung durch Verwaltungsakt aufgrund ihrer Ferne zum klassischen Vertragsschluss selbst bei funktionaler Betrachtungsweise nicht mehr dem Begriff des Vertrags und des öffentlichen Auftrags im Sinne der Richtlinie 2014/24/EU und der §§ 103 Abs. 1, 108 Abs. 1 GWB, sondern allein dem Begriff des öffentlichen Dienstleistungsauftrags gemäß Art. 2 lit. i) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007, der auch mehraktige Geschehen einschließlich von Verwaltungsakten umfasst. Entgegen der Ansicht der Antragstellerinnen liegt darin keine zur Umgehung des Vergaberechts führende Zerlegung eines einheitlichen Lebenssachverhalts, sondern nur eine einzelfallbezogene notwendige Grenzziehung zwischen Lebenssachverhalten, die bei gebotener funktionaler Betrachtung vergaberechtlich noch als gegenseitiger Vertrag angesehen werden können, und Lebenssachverhalten, bei denen dies nicht mehr möglich ist.

Da ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag im Sinne der Richtlinie 2014/24/EU und der §§ 103 Abs. 1, 108 Abs. 1 GWB hier zu verneinen ist und sich die von den Antragsgegnern beabsichtigten Direktvergaben damit nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 richten, gehen alle Beanstandungen der Antragstellerinnen, die sich auf eine etwaige Direktvergabe der Antragsgegner nach den allgemeinen Inhouse-Regeln beziehen, ins Leere.

bb)

Die Rüge der Antragstellerinnen, für eine Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 fehle es an einer dafür zuständigen Gruppe von Behörden, ist unbegründet. Entgegen der Ansicht der Vergabekammer handelt es sich bei allen Antragsgegnern gemeinsam um eine Gruppe von Behörden im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007, innerhalb derer Interventionsbefugnisse in einer mit der Verordnung zu vereinbarenden Weise verteilt sind. Auf den in § 99 GWB geregelten Begriff des öffentlichen Auftraggebers kommt es bei der Bestimmung der zuständigen Gruppe von Behörden im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Unterabsatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 nicht an, weil der Begriff der Gruppe von Behörden in Art. 2 lit. b) der Verordnung definiert wird. Dass die Antragsgegner den Begriff der Gruppe von Behörden in ihren Bekanntmachungen und Schriftsätzen variierend besetzt haben und nach diesen Verlautbarungen nicht immer alle Antragsgegner darin eingeschlossen waren, ist unschädlich. Die von den Antragsgegnern zuletzt alternativ angeführte Gesamtbetrachtung - alle Antragsgegner als eine zuständige Gruppe von Behörden - ist nach der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 möglich und genügt den Begriffsanforderungen.

Aufgrund der nach Landesrecht zulässigen Aufgabenverteilung zwischen den Antragsgegnern kommen sowohl dem Zweckverband mit der Festlegung der Ausgleichsleistungen und der Betrauung wie auch den Antragsgegnern zu 2. bis 12. mit - wie sich aus § 5 Abs. 2 Nr. 1 lit. c) der Zweckverbandssatzung ergibt - der Definition der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen im Sinne von Art. 2 lit. e) der Verordnung Interventionsbefugnisse im Sinne von Art. 2 lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 zu. Dass dem Antragsgegner zu 1. Interventionsbefugnisse ausschließlich für den Schienenpersonennahverkehr und nicht auch den Straßenpersonennahverkehr zukommen sollen, wie die Antragstellerinnen meinen, trifft nach § 5 Abs. 2 der Zweckverbandssatzung, der weiter gefasst ist als der sich auf den Schienenpersonennahverkehr beziehende § 5 Abs. 1 der Zweckverbandssatzung, ersichtlich nicht zu. Soweit die Antragstellerinnen annehmen, der Begriff der Interventionsbefugnisse in Art. 2 lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 decke sich mit der Zuständigkeit zur Definition des Nahverkehrsplans, findet dieses Verständnis weder in der Verordnung noch im nationalen Recht eine hinreichende Stütze. Wie sich unter anderem aus Erwägungsgrund 5 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 ableiten lässt, gehören zu den Interventionsbefugnissen im Sinne der Verordnung die vorgenannten, von den Antragsgegnern zulässigerweise untereinander aufgeteilten Aufgaben.

Soweit die Antragstellerinnen beanstanden, dass einer Gruppe von Behörden bestehend aus allen Antragsgegnern die Rechtssubjektivität fehle, greift dieser Einwand nicht durch. Eine Gruppe von Behörden im Sinne von Art. 2 lit. b) und Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 muss über keine eigene Rechtssubjektivität verfügen. Eine solche Anforderung lässt sich aus der Verordnung nicht ableiten (überzeugend Lenz/Jürschik, NZBau 2018, 519, 520 f.; vgl. auch Oebbecke, NVwZ 2019, 16, 17 und 22).

cc)

Die von den Antragstellerinnen erhobene Rüge des Einflusses der Beigeladenen zu 1. auf die P. Verkehrs-GmbH ist unbegründet. Die Antragstellerinnen leiten aus dem von ihnen dargestellten Einfluss einen Verstoß der an die Beigeladene zu 1. beabsichtigten Direktvergabe gegen Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 3 lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 ab. Nach dieser Vorschrift darf eine Einheit, auf die der interne Betreiber einen auch nur geringfügigen Einfluss ausübt, ihre öffentlichen Personenverkehrsdienste nur innerhalb des Zuständigkeitsgebiets der zuständigen örtlichen Behörde ausführen und nicht an außerhalb des Zuständigkeitsgebiets der zuständigen Behörde organisierten wettbewerblichen Vergabeverfahren für die Erbringung von öffentlichen Personenverkehrsdiensten teilnehmen. Hiergegen wird jedoch schon deshalb nicht verstoßen, weil die P. Verkehrs-GmbH ausschließlich auf dem Gebiet des Zweckverbands tätig wird. Dieser ist eine zuständige örtliche Behörde in einer zuständigen Gruppe von Behörden. Damit fehlt es an mit Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 3 lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 nicht zu vereinbarenden Aktivitäten der P. Verkehrs-GmbH außerhalb des Zuständigkeitsgebiets der zuständigen örtlichen Behörde.

dd)

Ebenfalls unbegründet ist die Beanstandung der Antragstellerinnen, dass die internen Betreiber das Selbsterbringungsgebot des Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 3 lit. e) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 nicht erfüllen. Die Antragstellerinnen stützen diese Rüge darauf, dass die Beigeladene zu 2. nicht mehr selbst operativ tätig ist, sondern die von ihr aufgrund entsprechender Beauftragung zu erbringenden Verkehrsdienstleistungen auf dem Gebiet der Antragsgegnerin zu 3. von der Beigeladenen zu 1. erbringen lässt. Da die Beigeladene zu 1. Verkehrsdienstleistungen nur auf dem Stadtgebiet der Antragsgegnerin zu 3. für die unmittelbar damit betraute Beigeladene zu 2. erbrächte, im Übrigen auf dem Stadtgebiet der Antragsgegnerin zu 2. aber aufgrund eigener unmittelbarer Betrauung tätig würde, betrifft diese Beanstandung letztlich nur die beabsichtigte Direktvergabe der Verkehrsdienstleistungen auf dem Gebiet der Antragsgegnerin zu 3. Dass die Antragsgegner eine solche mit Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 3 lit. e) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 möglicherweise unvereinbare Ausgestaltung der Direktvergabe (vgl. einerseits Linke/Pünder, in: Linke, VO (EG) 1370/2007, 2. Aufl., Art. 5 Rn. 131b, und andererseits Berschin, in: Münchener Kommentar Europäisches und Deutsches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl., Art. 5 VO (EG) Nr. 1370/2007 Rn. 43) beabsichtigen, lässt sich jedoch nicht feststellen. Im letzten Termin zur mündlichen Verhandlung haben die Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen zu 1. auf den protokollierten gerichtlichen Hinweis unwidersprochen vorgetragen, dass für die Verkehrsdienstleistungen auf dem Stadtgebiet der Antragsgegnerin zu 3. eine Auftragsvergabe an die Beigeladenen zu 1. und zu 2. als Betreibergruppe erwogen werde. Dieses Vorbringen findet eine Stütze in den Vergabeunterlagen (Ordner 11 Ruhrbahn N. - Verfahrensakte Teil 1), wo dies in einem Gutachten vom 09.11.2017 entsprechend festgehalten ist. Art. 2 lit. d) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 erlaubt eine Direktvergabe an die Beigeladenen zu 1. und 2. als Gruppe von Unternehmen, ohne damit zugleich zu verlangen, dass beide Unternehmen operativ tätig werden müssen. Diese Vergabeabsicht - und mehr ist derzeit nicht zu prüfen (vgl. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 10.11.2015 - 11 Verg 8/15, zitiert nach juris, Tz. 30) - ist mithin nicht zu beanstanden.

Die Antragstellerinnen sind durch diese lediglich beschränkte Prüfungsmöglichkeit der aktuellen Vergabeabsicht nicht schutzlos gestellt. Sollte die spätere Direktvergabe von der Vergabeabsicht, die vergaberechtlich nicht zu beanstanden ist, abweichen, könnten sie hiergegen erneut vergaberechtlichen Rechtsschutz nachsuchen.

b)

Die von den Antragstellerinnen angegriffene Laufzeit der beabsichtigten Direktvergaben begegnet im Ergebnis keinen Bedenken. Die von den Antragsgegnern vorgesehene Vertragslaufzeit findet ihre rechtliche Grundlage in Art. 4 Abs. 3 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007. Von den von den Antragsgegnern hierzu vorgelegten Unterlagen (Anlagen AG 4 und AG 5) ausgehend, an deren Authentizität und inhaltlicher Richtigkeit der Senat keine begründeten Zweifel hat, liegen die Voraussetzungen der Vorschrift vor.

Nach Art. 4 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 ist die Laufzeit von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen, die - wie hier - mehrere Verkehrsträger umfassen, auf 15 Jahre beschränkt, wenn der Verkehr mit schienengestützten Verkehrsträgern mehr als 50 % des Werts der betreffenden Verkehrsdienste ausmacht. Letzteres ist ausweislich des Inhalts der vorgelegten Unterlagen sowohl in F. als auch in N. der Fall. Nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 kann die Laufzeit des öffentlichen Dienstleistungsauftrags unter Berücksichtigung der Amortisationsdauer der Wirtschaftsgüter um höchstens 50 % verlängert werden, wenn der Betreiber eines öffentlichen Dienstes einen wesentlichen Anteil der für die Erbringung der Personenverkehrsdienste, die Gegenstand des öffentlichen Dienstleistungsauftrags sind, insgesamt erforderlichen Wirtschaftsgüter bereitstellt und diese vorwiegend an die Personenverkehrsdienste gebunden sind, die von dem Auftrag erfasst werden. Diese Voraussetzungen liegen hier ebenfalls vor. Nach dem Inhalt der hierzu vorgelegten Unterlagen (Anlagen AG 4 und AG 5) sind auch nach 22,5 Jahren Auftragslaufzeit noch nicht alle für die Auftragsdurchführung eingesetzten Wirtschaftsgüter amortisiert.

c)

Da die beabsichtigten Direktvergaben nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 zulässig sind, können die Antragstellerinnen nicht mit Erfolg rügen, dass die Antragsgegner eine Bildung von Fach- und Teillosen gemäß § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB vergaberechtsfehlerhaft unterlassen hätten und § 6 VgV verletzt sei. Beide Vorschriften gelten ausschließlich für wettbewerbliche Vergabeverfahren und finden auf die beabsichtigten Direktvergaben nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 keine Anwendung.

d)

Soweit die Antragstellerinnen mit Schriftsatz vom 19.12.2018 unter Bezugnahme auf den Aussetzungs- und Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts Jena vom 24.10.2018 - 2 Verg 1/18 - rügen, die beabsichtigten Direktvergaben verletzten sie in ihrem Grundrecht aus Art. 12 GG, ist diese Rüge unbegründet. Zwar beabsichtigen die Antragsgegner ausweislich der Vorinformationen in grundsätzlicher Übereinstimmung mit Art. 2 lit. f) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 und § 8a Abs. 8 PBefG mit den Dienstleistungsaufträgen ein sog. "ausschließliches Recht" zu gewähren, welches das Oberlandesgericht Jena in seinem Beschluss vom 24.10.2018 - 2 Verg 1/18 - in dem von ihm zu beurteilenden Fall für mit Art. 12 Abs. 1 GG möglicherweise unvereinbar hielt. Im vorliegenden Verfahren enthalten die von den Antragsgegnern veröffentlichten Vorinformationen unter Gliederungspunkt VI.1), dort unter B., jedoch den Hinweis, dass eine Beantragung eigenwirtschaftlicher Verkehre, die sowohl nach europäischem als auch nationalem Recht vorrangig zu vergeben sind (vgl. Knauff, DVBl. 2014, 692 ff.; ders., GewArch 2013, 283, 284), möglich bleibt. Bleiben eigenwirtschaftliche Verkehre aber möglich, ist eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG im Ergebnis zu verneinen (wie hier OLG München, Beschluss vom 31.03.2016 - Verg 14/15, zitiert nach juris, Tz. 242 ff.).

3.

Soweit in den in der Beschwerdeschrift enthaltenen Ausführungen der Antragsgegnerin zu 1. zur Gebührenfestsetzung und Gebührenbefreiung für den Fall des Unterliegens in der Hauptsache ein gegen die Gebührenentscheidung der Vergabekammer gerichteter Hilfsantrag enthalten sein sollte, ist hierüber nach dem Vorstehenden nicht mehr zu befinden, weil die sofortige Beschwerde der Antragsgegner erfolgreich ist. Damit ist der Zweckverband durch die Gebührenfestsetzung der Vergabekammer nicht mehr beschwert.

III.

Die Entscheidung über die Tragung der Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und der dort zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegner beruht, weil die Antragstellerinnen unterlegen sind, auf § 182 Abs. 3 Satz 1 und 2, Abs. 4 Satz 1 GWB. Während die Antragstellerinnen die Verfahrenskosten gemäß § 182 Abs. 3 Satz 2 GWB als Gesamtschuldner tragen, haften sie für die Aufwendungen der Antragsgegner gemäß § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB nach Kopfteilen (vgl. BGH, Beschluss vom 08.02.2011 - X ZB 4/10, zitiert nach juris, Tz. 75). Eine Erstattungspflicht für Aufwendungen der Beigeladenen im Verfahren vor der Vergabekammer gemäß § 182 Abs. 4 Satz 2 GWB entspricht nicht der Billigkeit, weil es dafür an der notwendigen aktiven Verfahrensbeteiligung der Beigeladenen fehlt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens, zu denen die den Antragsgegnern und der Beigeladenen zu 1. im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zählen, haben die unterliegenden Antragstellerinnen gemäß § 175 Abs. 2 GWB i.V.m. § 78 GWB zu jeweils einem Drittel zu tragen. Demgegenüber waren etwaige der Beigeladenen zu 2. im Beschwerdeverfahren entstandene Kosten von der Kostentragungspflicht auszunehmen. Da sich die Beigeladene zu 2. nicht aktiv am Beschwerdeverfahren beteiligt hat, entspricht es nicht der Billigkeit, den Antragstellerinnen Kosten der Beigeladenen zu 2. aufzuerlegen.

Über die Frage der Notwendigkeit der Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten im Verfahren vor der Vergabekammer war vom Senat nicht mehr zu befinden. Die Antragsgegner haben diesen ihnen nachteiligen Teil der Vergabekammerentscheidung - die Vergabekammer hat die Notwendigkeit der Hinzuziehung für sie nicht bejaht - mit der sofortigen Beschwerde nicht angegriffen, was nach § 172 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GWB jedoch erforderlich gewesen wäre, um eine Überprüfungsmöglichkeit des Senats in der Beschwerdeinstanz zu eröffnen. Die Vergabekammerentscheidung ist daher insoweit bestandskräftig geworden.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten, insbesondere der Schriftsatz der Antragstellerinnen vom 08.10.2019 mit dem darin enthaltenen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens, geben zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung keinen Anlass.

Die Entscheidung über den Streitwert des Beschwerdeverfahrens bleibt einem gesonderten Beschluss nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten vorbehalten.

(*1):

Am 17.06.2020 erging folgender Berichtigungsbeschluss:

Der Senatsbeschluss vom 16.10.2019 wird in den Gründen unter II. 1. a) im zweiten und vierten Satz dahingehend berichtigt, dass es anstelle von "§ 8 Abs. 7 Satz 1 PBefG" richtig "§ 8a Abs. 7 Satz 1 PBefG" heißen muss.

Die Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigen im Verfahren vor der Vergabekammer war für die Antragsgegner notwendig.

Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 16.10.2019 hat der Senat den Beschluss der Vergabekammer Westfalen vom 19.06.2018 (VK 1-10/18) teilweise aufgehoben und den Nachprüfungsantrag der Antragstellerinnen zurückgewiesen. Die Tragung der Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer sowie der in diesem Verfahren zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegner hat er den Antragstellerinnen als Gesamtschuldnerinnen auferlegt. Eine Entscheidung über die Frage der Notwendigkeit der Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten hat der Senat nicht getroffen. Vielmehr hat er hierzu in den Beschlussgründen Folgendes ausgeführt:

"Über die Frage der Notwendigkeit der Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten im Verfahren vor der Vergabekammer war vom Senat nicht mehr zu befinden. Die Antragsgegner haben diesen ihnen nachteiligen Teil der Vergabekammerentscheidung - die Vergabekammer hat die Notwendigkeit der Hinzuziehung für sie nicht bejaht - mit der sofortigen Beschwerde nicht angegriffen, was nach § 172 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GWB jedoch erforderlich gewesen wäre, um eine Überprüfungsmöglichkeit des Senats in der Beschwerdeinstanz zu eröffnen. Die Vergabekammerentscheidung ist daher insoweit bestandskräftig geworden."

Dem haben die Antragsgegner nach Zustellung des Beschlusses am 21.10.2019 mit einem am 04.11.2019 beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingegangenen Schriftsatz widersprochen und Berichtigung entsprechend § 319 ZPO und hilfsweise Ergänzung entsprechend § 321 ZPO beantragt, weil die Vergabekammer über die Frage der Notwendigkeit der Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten durch sie, die Antragsgegner, im Beschluss vom 19.06.2018 gar nicht entschieden habe.

Die Antragstellerinnen beantragen die Zurückweisung dieser Anträge, weil weder die Berichtigungs- noch die Ergänzungsvoraussetzungen nach § 319 ZPO und § 321 ZPO vorlägen. Der Ergänzungsantrag sei zudem verfristet.

II.

Auf den Antrag der Antragsgegner war wie tenoriert zu entscheiden. Es liegen - mit Ausnahme der geringfügigen von Amts wegen vorgenommenen Korrektur - zwar weder die Voraussetzungen des § 319 ZPO für eine Berichtigung noch diejenigen des § 321 ZPO für eine Ergänzung des Senatsbeschlusses vom 16.10.2019 vor. Der Beschluss enthält an der von den Antragsgegnern in Bezug genommenen Textstelle der Gründe keinen Schreibfehler oder eine andere offenbare Unrichtigkeit im Sinne von § 319 ZPO, die einer Berichtigung zugänglich wäre. Auch liegt kein Fall eines Übergehens eines geltend gemachten Haupt- oder Nebenanspruchs oder des Kostenpunkts im Sinne von § 321 ZPO vor. Die Berichtigung scheitert daran, dass es sich in Gänze um Rechtsausführungen handelt, die nicht von der der Entscheidung zugrunde liegenden Willensbildung des Senats abweichen (vgl. BGH, Beschluss vom 16.10.2012 - II ZB 6/09, zitiert nach juris, Tz. 2). Die Ergänzung scheitert daran, dass eine Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung bewusst unterblieben ist (vgl. BGH, Urteil vom 20.08.2009 - VII ZR 205/07, zitiert nach juris, Tz. 70). Eine Änderung des Beschlusses hat daher weder auf dem einen noch dem anderen Weg zu erfolgen. Die Anträge der Antragsgegner auf Berichtigung und Ergänzung lassen sich aber als Gegenvorstellung und Antrag auf Nachholung der unterbliebenen Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten auslegen. Die Voraussetzungen einer solchen nachgeholten Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten zugunsten der Antragsgegner gemäß § 182 Abs. 4 Satz 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 1, 2 und 3 Satz 2 VwVfG sind auch zu bejahen.

1.

Der nachträglichen Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten steht die Rechtskraft des Senatsbeschlusses vom 16.10.2019 nicht entgegen.

Zwar gelten die Grundsätze der materiellen Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung auch für die verfahrensbeendenden Beschlüsse des Vergabesenats. Diese sind der formellen Rechtskraft fähig und enthalten eine materiell rechtskräftige Entscheidung (Dicks, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 3. Aufl., § 179 GWB Rn. 6). Die Rechtskraftwirkung ist aber auf die Entscheidung über das Rechtsschutzbegehren beschränkt. Auf die Begründung, insbesondere auf die zugrunde gelegten Tatsachen und rechtlichen Schlussfolgerungen, erstreckt sich die Rechtskraft nicht (Dicks, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 3. Aufl., § 179 GWB Rn. 6).

Im Beschluss vom 16.10.2019 hat der Senat über die Frage der Notwendigkeit der Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegner nicht entschieden. Seine diesbezüglichen rechtlichen Erwägungen in den Beschlussgründen nehmen an der materiellen Rechtskraft der Entscheidung nicht teil.

2.

Einer Entscheidung des Senats steht auch keine bestandskräftige Entscheidung der Vergabekammer entgegen. Wie der Senat im Beschluss vom 17.06.2020 - VII-Verg 39/19 - näher ausgeführt hat, entscheidet die Vergabekammer die Frage der Notwendigkeit der Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten im Einklang mit der von ihr getroffenen Kostengrundentscheidung nur bezüglich desjenigen Verfahrensbeteiligten, der im Verfahren vor der Vergabekammer obsiegt. Das waren hier die Antragstellerinnen. Bezüglich des unterliegenden Verfahrensbeteiligten trifft die Vergabekammer keine Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten. An seiner im Beschluss vom 16.10.2019 noch geäußerten abweichenden Rechtsansicht hält der Senat nicht mehr fest.

3.

Nach alledem ist noch Raum für eine erstmalige Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten zugunsten der Antragsgegner durch den Senat. Eine - wie hier - in der Beschwerdeinstanz bislang unterbliebene Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten im Verfahren vor der Vergabekammer kann vom Vergabesenat ohne Fristbindung durch gesonderten Beschluss nachgeholt werden (Kunze, in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, 47. Ed., Stand: 01.04.2020, § 80 VwVfG Rn. 97; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl., § 80 Rn. 38). Der Gesichtspunkt der Verfahrensbeschleunigung (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 11.10.2007 - 8 B 32/07, zitiert nach juris, Tz. 4) und der Umstand, dass das Kostenfestsetzungsverfahren, dem die Entscheidung nach § 182 Abs. 4 Satz 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 1, 2 und 3 Satz 2 VwVfG letztlich zuzurechnen ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 28.04.1967 - VII C 128.66, zitiert nach juris, Tz. 12), beim Oberlandesgericht stattfindet, sprechen auch für eine vorrangige Zuständigkeit des Vergabesenats vor der Vergabekammer, zumindest bis zum Abschluss des Kostenfestsetzungsverfahrens.

4.

Die sachlichen Voraussetzungen für die Feststellung, dass die Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegner notwendig war, liegen vor.

Ob Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Sinne von § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB notwendige Aufwendungen erstattungsfähig sind, ist nach § 182 Abs. 4 Satz 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 1, 2 und 3 Satz 2 VwVfG zu entscheiden. Danach sind Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts erstattungsfähig, wenn die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

Über die Notwendigkeit eines Verfahrensbeteiligten, einen Rechtsanwalt zuzuziehen, ist nicht schematisch, sondern auf der Grundlage einer differenzierenden Betrachtung des Einzelfalls zu entscheiden (BGH, Beschluss vom 26.09.2006 - X ZB 14/06, zitiert nach juris, Tz. 61; Senatsbeschlüsse vom 15.05.2018 - VII-Verg 58/17 - und vom 09.04.2018 - VII-Verg 62/17; Senatsbeschluss vom 10.07.2013 - VII-Verg 40/12, zitiert nach juris, Tz. 5; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 02.11.2017 - 11 Verg 8/17, zitiert nach juris, Tz. 19). Dabei ist - regelmäßig für den Zeitpunkt der Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 21.08.2018 - 2 A 6.15, zitiert nach juris, Tz. 5, und vom 18.11.2016 - 1 WB 32.16, zitiert nach juris, Tz. 29, Urteil vom 17.12.2001 - 6 C 19/01, zitiert nach juris, Tz. 18, und Beschluss vom 14.01.1999 - 6 B 118/98, zitiert nach juris, Tz. 9; OLG Naumburg, Beschluss vom 21.03.2013 - 2 Verg 1/13, zitiert nach juris, Tz. 23; OLG Koblenz, Beschluss vom 21.09.2000 - 1 Verg 2/99, zitiert nach juris, Tz. 17) - danach zu fragen, ob der Beteiligte nach den Umständen des Falles auch selbst in der Lage gewesen wäre, aufgrund der bekannten oder erkennbaren Tatsachen den Sachverhalt zu erfassen, der im Hinblick auf eine Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren von Bedeutung ist, hieraus die für eine sinnvolle Rechtswahrung oder -verteidigung nötigen Schlüsse zu ziehen und das danach Gebotene gegenüber der Vergabekammer vorzubringen (BGH, Beschluss vom 26.09.2006 - X ZB 14/06, zitiert nach juris, Tz. 61). Hierfür können neben Gesichtspunkten wie der Einfachheit oder Komplexität des Sachverhalts, der Überschaubarkeit oder Schwierigkeit der zu beurteilenden Rechtsfragen auch rein persönliche Umstände bestimmend sein. Dazu können die sachliche und personelle Ausstattung des Beteiligten gehören, also beispielsweise, ob er über eine Rechtsabteilung oder andere Mitarbeiter verfügt, von denen erwartet werden kann, dass sie gerade oder auch Fragen des Vergaberechts sachgerecht bearbeiten können, oder ob allein der kaufmännisch gebildete Geschäftsinhaber sich des Falls annehmen muss (BGH, Beschluss vom 26.09.2006 - X ZB 14/06, zitiert nach juris, Tz. 61). Anerkannt ist darüber hinaus, dass der Gesichtspunkt der so genannten prozessualen Waffengleichheit in die Prüfung einfließen kann (Senatsbeschluss vom 16.03.2020 - VII-Verg 38/18; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 02.11.2017 - 11 Verg 8/17, zitiert nach juris, Tz. 21; OLG München, Beschluss vom 11.06.2008 - Verg 6/08, zitiert nach juris, Tz. 13).

Hiernach war die Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegner notwendig. Das Nachprüfungsverfahren war in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht komplex. Es warf schwierige europarechtliche Fragen auf, die erst seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.11.2019 - XIII ZB 120/19 -, die erst nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens durch den Senatsbeschluss vom 16.10.2019 ergangen ist, als endgültig geklärt angesehen werden können. Diese Rechtsfragen gingen weit über den originären Aufgabenbereich der Antragsgegner hinaus, so dass von den Antragsgegnern nicht erwartet werden konnte, dass sie sie ohne anwaltliche Hilfe bewältigten.