OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 03.08.2020 - 8 UF 165/19
Fundstelle
openJur 2020, 76486
  • Rkr:
Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 22.07.2019 und die Anschlussbeschwerde des Antragstellers vom 26.09.2019 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt, Außenstelle Höchst, vom 18.06.2019 - unter Zurückweisung Rechtsmittel im Übrigen - wie folgt abgeändert und neu gefasst:

Der Antragsteller wird in Abänderung der Jugendamtsurkunde des A-Kreises vom 29.09.2008 zu Urkunden-Registernummer .../2008 verpflichtet, an die Antragsgegnerin Unterhalt wie folgt zu zahlen:

Im Zeitraum von Februar 2018 bis einschließlich Mai 2018 jeweils monatlich 251,- Euro,

im Zeitraum von Juni 2018 bis einschließlich August 2018 jeweils monatlich 246,- Euro,

im Zeitraum von September 2018 bis einschließlich Juni 2019 jeweils monatlich 84,- Euro,

im Zeitraum von Juli 2019 bis einschließlich August 2019 jeweils monatlich 80,- Euro,

im Zeitraum von September 2019 bis einschließlich Dezember 2019 jeweils monatlich 201,- Euro,

und seit Januar 2020 jeweils monatlich 245,- Euro.

Im Übrigen wird der Abänderungsantrag des Antragstellers zurückgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens sowie des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Die sofortige Wirksamkeit der vorstehenden Entscheidung zum Unterhalt ab September 2020 wird angeordnet.

Der Beschwerdewert wird auf 6.146,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin ist die Tochter des Antragstellers. Die Beteiligten streiten um die Abänderung einer zum Zeitpunkt der Minderjährigkeit der Antragsgegnerin erstellten Jugendamtsurkunde zum Unterhalt nach Volljährigkeit der Antragsgegnerin. Der Antragsteller und die Mutter der Antragsgegnerin haben sich getrennt, als die Antragsgegnerin noch ein Kleinkind war. Ein persönlicher Kontakt zwischen Antragsteller und Antragsgegnerin fand nach der Trennung nicht mehr statt, unter anderem deshalb, weil der Antragsteller begleitete Umgangskontakte ablehnte. In der Zeit der Minderjährigkeit nach der Trennung der Eltern suchte auch der Antragsteller keinen Kontakt zur Antragsgegnerin.

Mit Urkunde vom 29.09.2008 zu Urkunden-Registernummer .../2008 verpflichtete sich der Antragsteller, an die am XX.XX.2000 geborene Antragsgegnerin 120% des jeweiligen Mindestunterhalts, vermindert um die Hälfte des jeweiligen gesetzlichen Kindergeldes für ein erstes gemeinsames Kind, zu Händen der Kindesmutter zu zahlen.

Außergerichtlich forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 23.01.2018 zur Erklärung über ihre Einkünfte und ihr Vermögen auf.

Die Antragsgegnerin machte Anfang Juni 2018 ihr Abitur mit einem Notenschnitt von 1,5. Vom 04.06.2018 bis zum 31.08.2018 machte sie eine Regiehospitanz bei den Kammerspielen Stadt1. In diesem Zeitraum wohnte sie noch bei ihrer Mutter. Vom 01.09.2018 bis zum 31.08.2019 absolvierte sie ein Praktikum am Theater X in Stadt2. In diesem Zeitraum wohnte sie in einem Ein-Zimmer-Apartment mit einer Größe von 43 qm zu einer monatlichen Miete von 400,- Euro und erhielt eine Vergütung von 320,- Euro monatlich. Seit dem 01.09.2019 studiert sie in Vollzeit Theaterpädagogik in Stadt3, wohnt in Stadt4 und hat seitdem keine eigenen Einkünfte.

Die Mutter der Antragsgegnerin hat - inklusive Mieteinnahmen - ein monatliches Nettoeinkommen von 4.887,22 Euro, der Antragsteller hat ein monatliches Nettoeinkommen von 3.478,31 Euro.

Der Antragsteller meint, dass die Antragsgegnerin ihren Unterhaltsanspruch verwirkt habe, weil sie keinen persönlichen Kontakt mit ihm zulasse bzw. weil sie die Einkommenssteuererklärung der Mutter nicht zeitnah vorgelegt habe. Weiterhin meint der Antragsgegner, dass die Wohnkosten in Stadt2 übersetzt seien und die Antragsgegnerin sich ein günstigeres WG-Zimmer hätte suchen können. Überdies bestehe für die Zeit des zweiten Praktikums kein Unterhaltsanspruch.

Die Antragsgegnerin behauptet einen Mehrbedarf aufgrund teurerer Ernährung wegen Zöliakie von 97,- Euro monatlich.

Erstinstanzlich beantragte der Antragsteller, die Jugendamtsurkunde vom 29.09.2008 dahingehend abzuändern, dass er von Februar bis August 2018 lediglich noch einen Unterhalt von 245,70 Euro - jeweils abzüglich geleisteter 200,- Euro - und ab September 2018 keinen Unterhalt mehr zu zahlen hat.

Die Antragsgegnerin beantragte, den Antrag zurückzuweisen.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die Jugendamtsurkunde dahingehend abgeändert, dass der Antragsteller von Februar 2018 bis August 2018 noch einen monatlichen Unterhalt von 245,70 Euro jeweils abzüglich monatlich geleisteter 200,- Euro und ab September 2018 noch monatlichen Unterhalt von 83,54 Euro zu zahlen hat und hat den Antrag im Übrigen zurückgewiesen. Zur Begründung führte es aus, dass dem jungen Ausbildungssuchenden eine Orientierungs- und Erprobungsphase zugestanden werde, weshalb auch eine Praktikumszeit zur Studienvorbereitung anzuerkennen sei. Verwirkung des Unterhaltsanspruchs sei nicht anzunehmen. Eine Erhöhung des Wohnbedarfs auf 400,- Euro monatlich sei nicht angemessen für eine Praktikantin, ein WG-Zimmer sei günstiger. Die Mehrkosten für die Ernährung im Rahmen der Zöliakie habe die Antragsgegnerin nicht bewiesen. Hinsichtlich des Bedarfs der Antragsgegnerin ging das Amtsgericht durchgehend von 735,- Euro aus und ermittelte die Quoten der Elternhaftung nach Abzug des angemessenen Selbstbehalts von 1.300,- Euro.

Der Beschluss wurde der Antragsgegnerin am 24.06.2019 zugestellt. Mit der am 24.07.2019 beim Amtsgericht eingegangenen und mit Schriftsatz vom 21.08.2019, beim Senat am 23.08.2019 begründeten Beschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihr erstinstanzliches Ziel weiter. Sie meint, dass die Wohnkosten von 400,- Euro anzuerkennen seien, ebenso die Mehrkosten für die besondere Ernährung bei Zöliakie.

Sie beantragt,

den Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt - Familiengericht - vom 18.06.2019, zugestellt am 24.06.2019, abzuändern und den Antrag des Antragstellers kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beschwerdebegründung wurde dem Antragsteller am 29.08.2019 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 26.09.2019, beim Senat am 27.09.2019 eingegangen, beantragt der Antragsteller, die Beschwerde zurückzuweisen und beantragt im Wege der Anschlussbeschwerde,

In Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Frankfurt am Main - Familiengericht - vom 18.06.2019 (Az.: 402 F 2074/18 UK) wird die vor dem Amt für Jugend, Schulen und Sport des A-Kreises am 29.09.2008 erstellte Urkunde (Urk.Reg.Nr. .../2008) dahingehend abgeändert, dass der Antragsteller

von Februar 2018 bis August 2018 lediglich noch einen monatlichen Unterhalt von 245,70 Euro abzüglich hierauf bereits gezahlter monatlich 245,70 Euro und ab September 2018 keinen Unterhalt mehr zu zahlen hat.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Anschlussbeschwerde zurückzuweisen.

Der Antragsteller meint, dass er im Zeitraum des zweiten Praktikums nicht unterhaltspflichtig sei und die Antragsgegnerin ihren Unterhaltsanspruch verwirkt habe.

Die Sache wurde mit Beschluss vom 03.01.2020 auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Auf die zulässige Beschwerde, §§ 58 ff. 117 FamFG und die zulässige Anschlussbeschwerde, §§ 117 Abs. 2 S. 1 FamFG, 524 Abs. 2 ZPO, war die amtsgerichtliche Entscheidung wie im Tenor ersichtlich abzuändern. Die Abänderung beruht im Wesentlichen darauf, dass nach Erlass der amtsgerichtlichen Entscheidung ab September 2019 die Antragsgegnerin studiert und keine eigenen Einkünfte mehr hat bzw. sich die Bedarfssätze ab 01.01.2020 erhöht haben.

Der Abänderungsantrag des Antragstellers ist gemäß § 239 Abs. 1 FamFG zulässig. Bei einer nach §§ 59 Abs.1 Nr. 3, 60 SGB VIII errichteten Jugendamtsurkunde handelt es sich um einen Vollstreckungstitel nach § 239 Abs. 1 S. 1 FamFG. In einer solchen Jugendamtsurkunde liegt ein Schuldanerkenntnis. Ein Unterhaltspflichtiger kann sich im Rahmen eines Abänderungsverfahrens von dem einseitigen Anerkenntnis seiner laufenden Unterhaltspflicht nur dann lösen, wenn sich die maßgebenden rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Nachhinein so verändert haben, dass ihm die Zahlung des titulierten Unterhalts ganz oder zumindest teilweise nicht mehr zuzumuten ist (BGH, Beschluss vom 07.12.2016 - XII ZB 422/15, NJW 2017, 1317, Rn. 25).

Mit der Vollendung des 18. Lebensjahres der Antragsgegnerin haben sich die maßgeblichen Verhältnisse, die der Errichtung der Jugendamtsurkunde vom aus dem Jahre 2008 zugrunde lagen, geändert. Ein Betreuungsbedarf kommt für die seit Ende Januar 2018 volljährige Antragsgegnerin kraft Gesetzes nicht mehr in Betracht; an die Stelle des Betreuungsbedarfs ist ein erhöhter Barunterhaltsbedarf getreten. Der Elementarunterhalt der Antragsgegnerin bemisst sich nun nicht mehr - wie noch im Jahr 2008 - grundsätzlich allein nach dem Einkommen des früher allein barunterhaltspflichtigen Antragstellers, sondern nach den zusammengerechneten Einkünften beider Elternteile, die anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen für den Unterhalt der volljährigen Antragsgegnerin aufzukommen haben, § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB. Dies allein genügt als Tatsachenvortrag für eine Abänderung einer Jugendamtsurkunde nach Eintritt der Volljährigkeit jedenfalls dann, wenn zwischen den Beteiligten - wie hier - keine anderweitige Vereinbarung zugrunde lag, wonach von der Jugendamtsurkunde auch die Zeit der Volljährigkeit erfasst sein soll (BGH, Beschluss vom 07.12.2016 - XII ZB 422/15, NJW 2017, 1317, Rn. 30).

Aufgrund diesen wesentlichen Änderungen, insbesondere des Hinzutretens der Haftung der Mutter der Antragsgegnerin, ist der Unterhalt nach den Grundsätzen der Neuberechnung auf Grundlage der gesetzlichen Vorschriften festzulegen (BGH, Beschluss vom 07.12.2016 - XII ZB 422/15, NJW 2017, 1317, Rn. 32; BGH, Urteil vom 02.03.1994 - XII ZR 215/92, NJW 1994, 1530, Ziff. 2 lit. b, cc).

Der Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin gemäß § 1610 Abs. 1 BGB bis zum Abschluss der allgemeinen Hochschulreife Ende Mai 2018 bemisst sich mangels eigener Lebensstellung aus der 4. Stufe der Düsseldorfer Tabelle nach den zusammengerechneten Nettoeinkünften ihrer Eltern. Da die zusammengerechneten Einkünfte über der 10. Einkommensgruppe liegen, ist der Bedarf der höchsten (10.) Gruppe zu entnehmen, d.h. 844,- Euro abzüglich volles Kindergeld gemäß § 1612b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB von damals 194,- Euro ergibt 650,- Euro. Für diesen Bedarf haften die Elternteile gemäß § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Angesichts der Nettoeinkünfte der Eltern unter Berücksichtigung des notwendigen Selbstbehalts gegenüber der damals privilegiert volljährigen Antragsgegnerin von (damals) 1.080,- Euro ergibt sich für die Haftungsquoten ein Anteil von 38,6% für den Antragsteller (3.478,- Euro Einkommen Antragsteller minus 1.080,- Euro Selbstbehalt gleich 2.398,- Euro plus 4.887,- Euro Einkommen der Mutter der Antragsgegnerin minus 1.080,- Euro Selbstbehalt gleich 3.807,- Euro, zusammen 6.205,- Euro, Anteil des Antragstellers 2.398,- Euro durch 6.205,- Euro gleich 38,6%). 38,6% von 650,- Euro sind 250,90 Euro, gemäß Ziffer 25 der Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt aufgerundet auf 251,- Euro.

Der Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin nach Abschluss der allgemeinen Hochschulreife für die Zeit des ersten Praktikums von Juni bis August 2018, als sie noch zu Hause wohnte, bemisst sich gemäß Ziffer 13.1.1 der Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt ebenfalls nach der 4. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle. Für diesen Zeitraum war jedoch zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin nicht mehr privilegiert volljährig war, also er angemessene Selbstbehalt von 1.300,- Euro für die Haftungsquoten anzusetzen war.

Aus den Einkünften abzüglich vollem Kindergeld folgt wiederum ein Bedarf von 650,- Euro. Als Haftungsquote des Antragstellers folgt aus den Erwerbsverhältnissen unter Ansatz des erhöhten Selbstbehalts eine Quote von 37,8% (3.478,- Euro Einkommen Antragsteller minus 1.300,- Euro Selbstbehalt gleich 2.178,- Euro plus 4.887,- Euro Einkommen der Mutter der Antragsgegnerin minus 1.300,- Euro Selbstbehalt gleich 3.587,- Euro, zusammen 5.765,- Euro, Anteil des Antragstellers 2.178,- Euro durch 5.765,- Euro gleich 37,8%). 37,8% von 650,- Euro sind 245,70 Euro, gemäß Ziffer 25 der Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt aufgerundet auf 246,- Euro.

Das Amtsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Antragsgegnerin dem Grunde nach auch für die Zeit des Praktikums von September 2018 bis August 2019 Unterhalt verlangen kann.

Unterhaltsleistungen nach § 1610 Absatz 2 BGB sind zweckgebunden und deshalb grundsätzlich nur geschuldet, soweit sie für eine angemessene Vorbildung zu einem Beruf auch erforderlich sind (BGH, Urteil vom 04.03.1998 - XII ZR 173/96, NJW 1998, 1555, 1556). Dabei ist dem Unterhaltsgläubiger im Anschluss an den Schulabschluss eine angemessene Zeit der Orientierungsphase zuzubilligen, deren Dauer je nach Alter, Entwicklungsstand und sonstigen Lebensumständen individuell unterschiedlich lang sein kann (BGH, Urteil vom 14.03.2001 - XII ZR 81/99, NJW 2001, 2170, 2172). Dabei wird eine Orientierungsphase von einem Jahr in der Regel nicht als unangemessen lang anzusehen sein (BGH a.a.O.).

Hier hat die Antragsgegnerin nach der Regiehospitanz in Stadt1 ein weiteres Praktikum im Theaterbereich von einem Jahr in Stadt2 von September 2018 bis August 2019 angetreten. Selbst wenn - wie der Antragsteller vorträgt - das zweite Praktikum nach der Studienordnung nicht zwingend erforderlich war für die nötigen Praktikumszeiten im Studium der Theaterpädagogik, ist der Antragsgegnerin diese Phase angesichts ihres Alters von damals nur 18 Jahren im Anschluss an den Schulabschluss jedenfalls als Orientierungsphase zuzubilligen, zumal sie einen nicht unerheblichen Teil in dieser Zeit aus eigenen Einnahmen aus dem Praktikum finanzieren konnte. Zudem ist davon auszugehen, dass ein einjähriges Praktikum im Theaterbereich bei anschließendem Theaterpädagogikstudium die Einstiegschancen in den angestrebten Beruf auch erhöhen kann (vgl. zu diesem Kriterium Wendtland in: BeckOGK BGB, Stand 01.08.2020, § 1610 Rn. 82.3).

Wie das Amtsgericht weiter zutreffend erkannt hat, bemisst sich der Bedarf der Antragsgegnerin im Zeitraum ihres Praktikums gemäß Ziffer 13.1.2 der Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt, da sie einen eigenen Hausstand hatte, mit 735,- Euro monatlich. Mangels Beweises, dass sie günstigeren Wohnraum nicht erlangen konnte - etwa in einem WG-Zimmer - konnte der monatliche Mietkostenanteil in diesem Bedarf nicht erhöht werden. Von diesem Bedarf ist das volle Kindergeld von 194,- Euro monatlich abzusetzen, ebenso wie die eigenen Einnahmen von 320,- Euro. Diese waren insbesondere nicht überobligatorisch, weil mit der Ableistung des Praktikums eine Vergütung verbunden war und es keine zusätzliche Tätigkeit neben dem Praktikum erforderte (vgl. Ziffer 13.2 der Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt). Daraus folgt: 735,- Euro minus 194,- Euro minus 320,- Euro ergibt 221,- Euro, bei einem Haftungsanteil des Antragstellers von 37,8% ergibt dies 83,54 Euro, gemäß Ziffer 25 der Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt aufgerundet auf 84,- Euro.

Da das Kindergeld zum 01.07.2019 von 194,- Euro auf 204,- Euro erhöht wurde, ist dies wie folgt zu berücksichtigen: 735,- Euro minus 204,- Euro Kindergeld minus 320,- Euro eigene Einnahmen ergibt 211,- Euro, aufgrund eines Haftungsanteils des Antragstellers von 37,8% ergibt dies 79,76 Euro, gemäß Ziffer 25 der Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt aufgerundet auf 80,- Euro.

Für den Zeitraum von September 2019 bis Ende Dezember 2019 ergibt sich:

Bedarf 735,- Euro abzüglich volles Kindergeld von 204,- Euro ergibt 531,- Euro. Bei einem Haftungsanteil des Antragstellers von 37,8% ergibt dies 200,72 Euro, gemäß Ziffer 25 der Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt aufgerundet auf 201,- Euro.

Für den Zeitraum ab Januar 2020 haben sich die Bedarfs- und Selbstbehaltssätze der Düsseldorfer Tabelle geändert. Gemäß Ziffer 13.1.2 der Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt bemisst sich seit dem 01.01.2020 der notwendige Bedarf eines Studenten bei auswärtiger Unterbringung mit monatlich 860,- Euro. Abzüglich volles Kindergeld ergibt dies 656,- Euro monatlich.

Als Haftungsanteil des Antragstellers ergibt sich 37,3% (3.478,- Euro Einkommen Antragsteller minus 1.400,- Euro Selbstbehalt gleich 2.078,- Euro plus 4.887,- Euro Einkommen der Mutter der Antragsgegnerin minus 1.400,- Euro Selbstbehalt gleich 3.487,- Euro, zusammen 5.565,- Euro, Anteil des Antragstellers 2.078,- Euro durch 5.565,- Euro gleich 37,3%).

37,3% von 656,- Euro sind 244,69 Euro, gemäß Ziffer 25 der Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt aufgerundet auf 245,- Euro.

Über den Elementarbedarf hinausgehenden Mehrbedarf bezüglich der Zöliakie hat die Antragsgegnerin nicht nachgewiesen. Insoweit genügt ein Zeitungsausschnitt ohne konkrete, einzelfallbezogene Darlegung nicht.

Der Anspruch der Antragsgegnerin ist insbesondere auch nicht verwirkt. Allein die Tatsache, dass ein volljähriges Kind jeglichen Kontakt zum Vater ablehnt, führt nicht zu einer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs (Haidl in: BeckOKG BGB, Stand 01.05.2020, § 1611 Rn. 64.4; OLG Frankfurt, Beschluss vom 21.03.1995 - 1 WF 19/95, NJW-RR 1996, 708). Die Ablehnung einer Kontaktaufnahme mit dem unterhaltspflichtigen Elternteil stellt jedenfalls dann keine schwere Verfehlung dar, wenn zuvor über einen Zeitraum von zehn Jahren überhaupt keine persönliche Begegnung stattgefunden hat (BGH, Urteil vom 05.11.1997 - XII ZR 20/96, NJW 1998, 978, Ziffer 4c). Fehlende Kontaktaufnahme zum Unterhaltspflichtigen kann nur dann zur Verwirkung führen, wenn weitere Umstände hinzutreten, die das Gesamtverhalten als schwere Verfehlung erscheinen lassen, denkbar etwa bei zusätzlichen schweren Beleidigungen (Haidl in: BeckOKG BGB, Stand 01.05.2020, § 1611 Rn. 64.6). Ein solches Verhalten der Antragsgegnerin ist hier auch nach dem Vortrag des Antragstellers nicht ansatzweise erkennbar. Im Übrigen hat hier auch der Antragsteller bis zu seinem ersten Schreiben an die Antragsgegnerin am 13.12.2017, also kurz vor der Volljährigkeit, als es ihm um die Mithaftung der Mutter der Antragsgegnerin ging, nach den eigenen Ausführungen in seinem Schreiben keinen Kontakt zur Antragsgegnerin gesucht.

Dass die Antragsgegnerin den Einkommensteuerbescheid ihrer Mutter nicht sofort vorgelegt hat, sondern erst nach amtsgerichtlicher Verpflichtung, kann ihr nicht angelastet werden, da die Mutter dies verweigert hat. Insoweit liegt auch ein Schriftsatz der Anwältin der Mutter in der hiesigen Akte vor. Zur Obliegenheit der Antragsgegnerin, dem Antragsteller ihr Fortkommen im Studium durch Vorlage der Immatrikulationsbescheinigungen nachzuweisen, hat das Amtsgericht bereits zutreffend ausgeführt. Dass die Antragsgegnerin die Nachweise nicht durchgehend zügig, sondern zum Teil verspätet vorgelegt hat, ergibt weder für sich genommen, noch zusammen mit der fehlenden Kontaktaufnahme einen Verwirkungsgrund, weil insoweit, möglicherweise zwar eine Verfehlung, jedenfalls aber keine schwere Verfehlung im Sinne des § 1611 Abs. 1 S. 1 BGB vorliegt, welche zur Annahme einer Verwirkung erforderlich ist.

Die Zahlungen des Antragstellers auf die Unterhaltsverpflichtung waren nicht in der Beschlussformel zu berücksichtigen. Abänderungsverfahren nach §§ 238 ff. FamFG sind Gestaltungsverfahren, die die Abänderung einer in der Hauptsache ergangenen Entscheidung bzw. eines entsprechenden Vollstreckungstitels zum Gegenstand haben. Mit dem Abänderungsantrag als Gestaltungsantrag wird geltend gemacht, dass eine wesentliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse eingetreten sei und dadurch die Zukunftsprognose hinsichtlich der geregelten künftigen Leistung nicht mehr zutreffend sei (Schmitz in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 10. Auflage 2019, § 10 Rn. 152). Die Erfüllung hingegen ist ein punktuelles Ereignis, eine rechtsvernichtende Einwendung gegen den titulierten Anspruch selbst, welches mit einem Vollstreckungsabwehrantrag nach § 767 ZPO geltend zu machen ist (Schmitz a.a.O. und Rn. 154).

Mit dem hier gewählten und gewünschten Abänderungsantrag des Antragstellers kann dieser die Jugendamtsurkunde als einmal errichtetem Titel aufgrund geänderter Tatsachen hinsichtlich der Zukunftsprognose abändern lassen. Soll (zusätzlich oder stattdessen) die Erfüllung geltend gemacht werden, hat dies im Wege des Vollstreckungsabwehrantrages zu erfolgen. Anhaltspunkte dafür, dass dies vorliegend in einem einheitlichen Verfahren als objektive Antragshäufung erfolgen sollte (§ 260 ZPO), sind nicht ersichtlich, zumal der Antragsteller aufgrund des amtsgerichtlichen Titels, der nicht für sofort wirksam erklärt wurde, freiwillig zahlte und die Antragsgegnerin geleistete Zahlungen des Antragstellers auch nicht bestreitet. Folglich hatte auch eine Anordnung wie etwa "abzüglich am... geleisteter Zahlungen" zu unterbleiben.

Die Entscheidung zu den Kosten beruht auf § 243 S. 1, S. 2 Nr. 1, Nr. 2 FamFG. Es entspricht billigem Ermessen, die Kosten beider Instanzen gegeneinander aufzuheben, da die Antragsgegnerin im Vergleich zum titulierten Anspruch etwas mehr als die Hälfte zugesprochen bekommen hat (439,- Euro waren 120% des gesetzlichen Mindestunterhalts nach Düsseldorfer Tabelle 2018, 245,- Euro erhält die Antragsgegnerin als laufenden Unterhalt). Ungefähr diesen Betrag hat die Antragsgegnerin auch für Februar 2018 bis einschließlich August 2018 zugesprochen bekommen. Auch wenn der maßgebliche Zeitraum für die Bemessung des Wertes nach § 51 FamGKG die Zeit ab April 2019 nicht mehr erfasst (vgl. unten), war im Rahmen der Kostenentscheidung dennoch auch die Dauer der Unterhaltsverpflichtung zu berücksichtigen (Giers in: Keidel, FamFG, 20. Auflage 2020, § 243 Rn. 3).

Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit des laufenden Unterhalts beruht auf § 116 Abs. 3 S. 3 FamFG.

Die Entscheidung über den Beschwerdewert beruht auf §§ 55 Abs. 2, 40, 51 FamGKG. Maßgeblich ist bei Unterhaltsansprüchen hinsichtlich der Frage laufender Unterhalt auch für den Beschwerdewert der Eingang des Antrags in der ersten Instanz (BGH, Beschluss vom 17.10.2007 - XII ZB 99/07, juris; BGH, Beschluss vom 04.06.2003 - XII ZB 24/02, FamRZ 2003, 1274). Insoweit kommt es auch hinsichtlich der Rückstände nach § 51 Abs. 2 FamGKG nicht auf den Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerdeschrift an; es werden in allen Instanzen nur solche im Streit stehenden Unterhaltsrückstände werterhöhend berücksichtigt, die es bereits im ersten Rechtszug gewesen sind (Dürbeck in: BeckOK Streitwert, 26. Edition, Stand: 01.07.2020, Stichwort Familienrecht - Unterhaltsverfahren, Rn. 20).

Der Antrag ging beim Amtsgericht am 08.03.2018 ein, Rückstände gemäß § 51 Abs. 2 FamGKG sind damit die Monate Februar und März 2018. Für den laufenden Unterhalt waren die Monate April 2018 bis März 2019 zu berücksichtigen, insgesamt von Februar 2018 bis März 2019 also 14 Monate. 14 Monate mal 439,- Euro als titulierter Betrag (120% des damaligen Mindestunterhalts der 4. Altersstufe) ergibt 6.146,- Euro.