LG Essen, Urteil vom 28.05.2020 - 6 O 34/20
Fundstelle
openJur 2020, 76111
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages.

Tatbestand

Der Kläger macht Rückabwicklungsansprüche im Zusammenhang mit dem Widerruf eines Leasingvertrages aus dem Jahr 2017 geltend.

Am 19.07.2017 schlossen die Parteien zur Vertragsnummer ... einen Finanzierungsleasingvertrag hinsichtlich eines Pkws Seat Leon Cobra. Vereinbart wurde darin eine monatlich zu zahlende Leasingrate von 326,90. €. Zudem war es dem Kläger aufgrund dieses Vertrages gestattet, das Fahrzeug jährlich im Umfang von 10.000 km zu nutzen. Nach Ablauf der Vertragslaufzeit von 48 Monaten sollte hinsichtlich der vom Kläger zurückgelegten Kilometer zwischen den Parteien abgerechnet werden, wobei Minderkilometer bis zu einem Umfang von 10.000 vergütet und Mehrkilometer ab einer Überschreitung von 2.500 km nachberechnet werden sollten. Wegen des weiteren Inhalts des Vertrages wird auf Bl. 34 ff. der Akten Bezug genommen.

Dem Vertrag war eine Widerrufsinformation beigefügt. Wegen ihres Inhalts wird auf Bl. 36 der Akte verwiesen.

Im Februar 2018 nahm der Kläger die Ratenzahlungen auf und nutzte den Pkw. Mit Schreiben vom 14.08.2019 erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf Abschluss des Vertrages gerichteten Willenserklärung. Er forderte die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 28.08.2019 zur Rückabwicklung des Vertrages auf. Diesem Begehren kam die Beklagte nicht nach.

Bis zum Zeitpunkt des erklärten Widerrufs zahlte der Kläger insgesamt 6.538,00 € an die Beklagte.

Der Kläger ist der Ansicht, er habe seine auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen.

Er meint zunächst, dass ihm ein gesetzliches Widerrufsrecht zustehe. Dies ergebe sich aus der analogen Anwendung von § 506 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BGB. Ferner ist der Auffassung, dass die Widerrufsinformation fehlerhaft sei. Dadurch sei das Widerrufsrecht nicht erloschen, sondern bestehe fort.

Hierzu meint der Kläger zunächst, dass ihm nicht die nach § 356b Abs. 1 BGB erforderlichen Unterlagen zu Verfügung gestellt worden seien. Ihm liege - insoweit unstreitig - kein Dokument vor, welches die Unterschriften beider Vertragspartner oder auch nur eine Unterschrift trage. Daher, so meint er, fehle es an der Voraussetzung eines schriftlichen Antrags im Sinne des § 356b BGB.

Der Kläger meint weiter, dass der Hinweis auf die für den Leasinggeber zuständige Aufsichtsbehörde intransparent sei. Die insoweit maßgeblichen Pflichtangaben befänden sich - insoweit ebenfalls unstreitig - nicht in der Vertragsurkunde selbst, sondern in den AGB, woraus sich ein Verstoß gegen das Verständlichkeitsgebot ergebe.

Der Kläger ist überdies der Meinung, dass die Angabe zur Fälligkeit der Teilzahlungen nicht hinreichend transparent und inhaltlich unzureichend dargestellt sei. Dies ergebe sich daraus, dass die insoweit relevanten Hinweise nicht in der Vertragsurkunde, sondern nur in den AGB aufgeführt seien. Zudem sei die Fälligkeit der Teilzahlungen lediglich abstrakt beschrieben, die erforderliche konkrete Benennung der Daten unterbleibe jedoch.

Des Weiteren ist der Kläger der Ansicht, dass die Angaben zum Beginn der gesetzlichen Widerrufsfrist widersprüchlich seien. Dies folge aus einer Gegenüberstellung der Widerrufsinformationen mit den im Vertrag geregelten Umständen.

Schließlich ist der Kläger der Auffassung, dass auch der Gesamtbetrag des Leasingvertrages fehlerhaft angegeben sei. Für eine vollständige Angabe sei es erforderlich, auch alle Nebenkosten mitzuteilen. Dies sei vorliegend nicht erfolgt, woraus eine nicht ordnungsgemäße Belehrung über die über den Widerruf resultiere.

Der Kläger ist der Ansicht, dass für die Beklagte nicht die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters spreche, da die Pflichtangaben nicht vollständig in der Vertragsurkunde benannt seien. Im Rahmen der Rechtsfolgenentscheidung ist der Kläger der Auffassung, dass ihn gerade keine Wertersatzpflicht treffe.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass aufgrund des wirksam erfolgten Widerrufs vom 14.08.2019 die Beklagte aus dem Leasingvertrag vom 19.07.2017 mit der Vertragsnummer ... keine Rechte - insbesondere keinen Anspruch auf Zahlung der Leasingraten (mehr) - herleiten kann.

Hilfsweise, für den Fall, dass der obige Klageantrag zulässig und begründet ist, beantragt der Kläger weiter,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag von 6.538,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 01.09.2019 binnen sieben Tagen nach Übergabe des Fahrzeugs Seat Leon Cobra, Fahrgestellnummer ..., zu zahlen,

festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Entgegennahme des Fahrzeugs aus obigem Antrag in Annahmeverzug befindet und

die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag von 1.029,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist zunächst der Ansicht, dass das Landgericht Essen für die Entscheidung über den vorliegenden Rechtsstreit örtlich nicht zuständig sei. Darüber hinaus meint sie, dass der Antrag auf Feststellung bereits mangels allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig sei.

Die Beklagte ist ferner der Auffassung, dass dem Kläger kein gesetzliches Widerrufsrecht zustehe. Insbesondere könne insoweit § 506 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht analog angewendet werden. Zudem werde allein durch die Verwendung des Leasingsformulars mit einer Widerrufsinformation dem Kläger kein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt.

Darüber hinaus meint sie, dass ein etwaiges Widerrufsrecht jedenfalls durch Zeitablauf erloschen sei, sodass der nunmehr erklärte Widerruf nicht mehr fristgemäß erfolgt sei. Denn die Widerrufsinformation sei ordnungsgemäß erteilt worden und sämtliche erforderliche Pflichtangaben seien vorhanden.

Schließlich ist sie der Ansicht, dass einer Berufung auf ein Weiterbestehen des Widerrufsrechts jedenfalls der Einwand der Verwirkung und des Rechtsmissbrauchs gemäß § 242 BGB entgegenstehe.

Hilfsweise, für den Fall, dass die Kammer den klägerischen Widerruf für wirksam erachten sollte, erklärt die Beklagte zudem die Aufrechnung mit ihr - wie sie meint - in diesem Fall zustehenden Ansprüchen aus dem Rückgewährschuldverhältnis.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

A. Feststellungsantrag

Der Feststellungsantrag ist zulässig, aber unbegründet.

I. Zulässigkeit

Der Feststellungsantrag ist zulässig.

1. Feststellungsinteresse

Der Kläger hat das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Interesse an der begehrten Feststellung.

Er leugnet Ansprüche der Beklagten aus dem streitgegenständlichen Leasingvertrag mit Blick auf die vermeintliche Umwandlung in ein Rückgewährschuldverhältnis. Bei einer derartigen negativen Feststellungsklage, welche bei verständiger Würdigung angesichts der mit dem Leistungsantrag vom Kläger verfolgten Rückabwicklung des Kaufvertrages über das streitgegenständliche Fahrzeug einzig dahingehend ausgedeutet werden kann, dass beantragt werden soll, festzustellen, dass der Beklagten aus dem Leasingvertrag Nr. ... ab dem 01.09.2019 keine Ansprüche auf Leasingraten mehr zustehen, entsteht das Feststellungsinteresse des Klägers regelmäßig aus einer von der Beklagten - nicht notwendig ausdrücklich - aufgestellten Bestandsbehauptung ("Berühmen") der vom Kläger verneinten und gegen ihn gerichteten Rechtslage (BGH, Urt. vom 16.05.2017 - XI ZR 586/15). Da die Beklagte hier die Wirksamkeit des Widerrufs und damit das Zustandekommen eines Rückgewährschuldverhältnisses bestreitet und gleichzeitig von einem (weiterhin) wirksamen Leasingvertrag ausgeht, berühmt sie sich - aufgrund Fortbestehens vertraglicher Erfüllungsansprüche - eines Anspruchs aus § 535 Abs. 2 BGB.

Der Leasingvertrag zwischen den Parteien ist unabhängig vom ausgebrachten Widerruf noch nicht vollständig beendet. Er ist mit einer Laufzeit von 48 Monaten, beginnend im Februar 2018, geschlossen, so dass der Kläger noch nicht sämtliche ihm nach dem maßgeblichen Vertragsinhalt obliegenden Leasingraten erbracht hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte behauptet, bereits jetzt eine durchsetzbare Forderung gegenüber dem Kläger zu haben. Die Rechtsstellung des Klägers ist bereits dann schutzwürdig betroffen, wenn die Beklagte geltend macht, aus dem bestehenden Rechtsverhältnis könne sich unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch gegen den Kläger ergeben (BGH a. a. O.)

Das Feststellungsinteresse fehlt hier auch nicht mit Blick auf den Vorrang der Leistungsklage. Zwar hat der Kläger neben dem Antrag auf negative Feststellung einen Antrag auf Zahlung Zugum-Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs gestellt. Jedoch weisen beide Anträge einen unterschiedlichen Streitgegenstand auf (OLG Hamm, Urt. v. 27.11.2019 - 31 U 114/18 unter Verweis auf Rspr. d. BGH). Es kann nicht angenommen werden, dass die Leistungsklage und die damit durchgeführte Rückabwicklung des verbundenen Geschäfts zu einer vollständigen Beilegung des zwischen den Parteien bestehenden Streits führt, denn während der Leistungsantrag regelmäßig nur die bis zum Widerruf bzw. einem späteren Stichtag vor Klageerhebung gezahlten Raten erfasst, sind die weiter gezahlten bzw. noch offenen Raten von diesem Antrag nicht erfasst. So liegt der Fall hier. Während der Kläger mit seinem Leistungsantrag die Rückzahlung seiner bislang geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 6.538,00 € begehrt, richtet sich der (negative) Feststellungsantrag auf zukünftig fällige Raten.

Das Feststellungsinteresse fällt nur fort, wenn der Kläger aufgrund der Umstände von der Gefährdung zur Inanspruchnahme durch den Gegner endgültig sicher ist (OLG Hamm, a. a. O., m. w. N.). Dies ist hier nicht ersichtlich.

2. Zuständigkeit

Das Landgericht Essen ist für den Antrag auf (negative) Feststellung örtlich zuständig. Dies ergibt sich aus § 29 Abs. 1 ZPO.

Hinsichtlich des Antrags gerichtet auf negative Feststellung beziehen sich die vom Kläger geleugneten Ansprüche auf den gesamten Vertragszeitraum und schließen sowohl die Vergangenheit (vor und nach Widerruf) als auch künftige Erfüllungsansprüche ein. In diesem Fall richtet sich richtet sich die örtliche Zuständigkeit "spiegelbildlich" nach der Leistungsklage umgekehrten Rubrums und dem für eine solche Leistungsklage maßgeblichen Erfüllungsort nach §§ 269, 270 BGB (OLG Hamm, Urt. vom 27.11.2019, 31 U 35/19). Da sich der Antrag auf geleugnete Erfüllungsansprüche der Beklagten - als Kreditinstitut - gegen den Kläger - als Verbraucher - bezieht, ist die Zuständigkeit des Landgerichts am Wohnsitz des Verbrauchers - hier des Klägers - gegeben.

Dabei ist zur Bestimmung des Erfüllungsortes auf die §§ 269, 270 BGB abzustellen, wonach die Leistung grundsätzlich an dem Ort zu erfolgen hat, an dem der Schuldner zur Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hat, es sei denn, ein anderer Leistungsort ist bestimmt oder aus den Umständen zu entnehmen. Nach § 270 Abs.4 BGB i. V. m. § 269 BGB sind Geldschulden sodann im Zweifel am Wohnsitz des Schuldners zu erfüllen. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist der Wohnsitz des Klägers in F und damit im Landgerichtsbezirk Essen als Erfüllungsort für die mit der negativen Feststellungsklage bekämpften Zahlungsansprüche zur Begründung der örtlichen Zuständigkeit maßgeblich.

II. Begründetheit

Der Antrag des Klägers gerichtet auf die Feststellung, dass der Beklagten nach erklärtem Widerruf keine Ansprüche mehr auf die Entrichtung der Leasingraten zustehen, ist allerdings unbegründet. Denn die Beklagte hat gegen den Kläger - weiterhin - einen Anspruch auf Zahlung der vertraglich vereinbarten Leasingraten aus § 535 Abs. 2 BGB. Der Kläger hat seine auf den Abschluss des Vertrages gerichtete Willenserklärung nicht wirksam widerrufen. Im Einzelnen:

I. Vertragsschluss

Zwischen den Parteien ist am 19.07.2017 ein wirksamer Leasingvertrag im Sinne des § 535 BGB zustande gekommen.

Als Leasinggeberin hat die Beklagte als Unternehmerin im Sinne des § 14 BGB gehandelt. Die Zurverfügungstellung des Leasingobjekts an den Kläger erfolgte als Teil ihrer gewerblichen Tätigkeit. Der Kläger - als Leasingnehmer - hat den streitgegenständlichen Vertrag als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB in Anspruch genommen. Gemäß § 13 BGB ist jede natürliche Person Verbraucher, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder einer gewerblichen Tätigkeit noch einer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger den Vertrag im Zusammenhang mit einer gewerblichen Tätigkeit abgeschlossen hätte. Das Leasingverhältnis diente vielmehr der Finanzierung eines Fahrzeuges zur Privatnutzung.

II. Widerruf

Dem Kläger stand indes kein Widerrufsrecht zu.

1. Gesetzliches Widerrufsrecht

Ein Widerrufsrecht des Klägers ergibt sich zunächst nicht aus dem Gesetz. Es folgt insbesondere nicht aus § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB in entsprechender Anwendung i. V. m. §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1 BGB.

Nach § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB sind die für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge anwendbaren Vorschriften - insbesondere diejenigen über den Widerruf der Vertragserklärungen - auch auf solche entgeltliche Finanzierungshilfen anwendbar, die zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer geschlossen wurden und bei denen der Verbraucher bei Beendigung des Vertrags für einen bestimmten Wert des Gegenstandes einzustehen hat.

a) Keine direkte Anwendung von § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB

Eine unmittelbare Anwendung des § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB auf den hier abgeschlossenen Leasingvertrag ist nach dem Wortlaut ausgeschlossen. Denn zwischen den Parteien ist ein Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung zustande gekommen. Aus diesem hat der Kläger als Leasingnehmer nicht "für einen bestimmten Wert des Gegenstandes einzustehen", sondern lediglich eine etwaige Wertminderung auszugleichen, die sich daraus ergibt, dass sich das Fahrzeug nach Ablauf der Leasingdauer nicht in einem dem Alter und der Fahrleistung entsprechenden Erhaltungszustand befindet (OLG Düsseldorf, Urt. v. 02.10.2012 - I-24 U 15/12 m. w. N.). Bezugspunkt dieser Ersatzpflicht ist jedoch nicht ein anfänglich kalkulierter, bestimmter Wert, sondern der Wert des Fahrzeugs bei Ablauf des Vertrags in ordnungsgemäßem Erhaltungszustand. Das Risiko, dass der (Markt-) Wert des Fahrzeugs unabhängig von seinem Erhaltungszustand von der ursprünglichen Erwartung abweicht, trägt daher nicht der Kläger, der dementsprechend nicht für einen bestimmten Wert des Fahrzeugs einzustehen hat (OLG Stuttgart, Urt. v. 29.10.2019 - 6 U 338/18 m. w. N.). Gleiches gilt für die Verpflichtung des Klägers, gegebenenfalls gegenüber den vertraglichen Abreden mehr gefahrene Kilometer auszugleichen. Auch insoweit handelt es sich nicht um ein Einstehen für einen bestimmten "Wert des Gegenstandes". Denn Bezugspunkt eines möglichen Mehrkilometeranspruchs der Beklagten ist nicht der Wert, sondern der Umfang der Nutzung des Fahrzeugs. Diese hat zwar Einfluss auf den Wert, ist aber grundsätzlich unabhängig von diesem, so dass auch insoweit nicht der Kläger das Risiko trägt, dass sich der Markt für Fahrzeuge der fraglichen Art ungünstig entwickelt (so im Ergebnis auch OLG München, Beschl. v. 30.03.2020 - 32 U 5462/19).

Dagegen spricht auch nicht der Einwand, dass es sich in § 506 Abs. 2 BGB um keine abschließende Aufzählung handelt, sondern Abs. 1 vielmehr einen Auffangtatbestand für Finanzierungsleasingverträge als sonstige entgeltliche Finanzierungshilfen darstellt. Eine derartige Auslegung widerspricht der aus der Gesetzesbegründung hervorgehenden Intention des Gesetzgebers, die als Finanzierungshilfe geltenden Verträge in § 506 Abs. 2 S. 1 BGB in Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie vollständig zu umschreiben (OLG Düsseldorf, Urt. v. 02.10.2012 - I-24 U 15/12 m. w. N.).

b) Keine analoge Anwendung von § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB

Die Norm des § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB ist ferner auf Leasingverträge mit Kilometerabrechnung nicht analog anzuwenden. Denn es fehlt an der erforderlichen planwidrigen Regelungslücke. (OLG München, Beschl. v. 30.03.2020 - 32 U 5462/19; OLG Stuttgart, Urt. v. 29.10.2019 - 6 U 338/18).

Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Die Lücke muss sich also aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem - dem konkreten Gesetzgebungsvorhaben zugrundeliegenden - Regelungsplan ergeben (vgl. etwa BGH, Urt. v. 16.07.2013 - VIII ZR 274/02 m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

(1)

Eine analoge Anwendung des § 506 BGB auf Kilometerleasingverträge scheidet schon deshalb aus, weil die entsprechende, im Wortlaut des § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB angelegte Differenzierung auf einer bewussten Entscheidung der Gesetzesverfasser beruht und damit die Annahme eines unbeabsichtigten Abweichens vom Regelungsplan nicht in Betracht kommt.

Das ergibt sich aus der Gesetzesbegründung. In der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 506 Abs. 2 BGB (dessen erste beiden Nummern auf Art. 2 Abs. 2 lit. d) der Verbraucherkreditrichtlinie zurückgehen) heißt es zur hier relevanten Nummer 3 (BT-Drucks. 16/11643, S. 92):

"Nummer 3 findet keine Entsprechung in der Richtlinie und soll solche Finanzierungsleasingverträge erfassen, bei denen zwar keine Erwerbsverpflichtung besteht, aber der Verbraucher für einen bestimmten Wert des Gegenstandes einzustehen hat. Ein bestimmter Wert ist ein solcher, der im Vertrag als feste Zahl vereinbart ist. Eine solche Restwertgarantie verschafft dem Unternehmer eine Vollamortisation des Vertragsgegenstands, die der Verbraucher finanziert. Es ist nicht ersichtlich, warum Verträge mit einer Restwertgarantie anders behandelt werden sollten als Verträge mit Erwerbsverpflichtung. Ein Vertrag mit einer Klausel über eine Restwertgarantie unterscheidet sich jedenfalls so deutlich vom Leitbild des Mietvertrags, dass seine Besserstellung gegenüber anderen entgeltlichen Finanzierungshilfen nicht gerechtfertigt ist. Vielmehr ist nicht auszuschließen, dass in Finanzierungsleasingverträgen künftig auf ein Andienungsrecht mit der Folge verzichtet wird, dass die verbraucherschützenden Vorschriften der §§ 491 ff. keine Anwendung fänden. Vor diesem Hintergrund ist es sachgerecht, die verbraucherschützenden Vorschriften auf solche Nutzungsverträge anzuwenden, bei deren Ende der Verbraucher einen im Vertrag festgesetzten Restwert garantiert."

Schon aus der zwischen mehreren Fällen differenzierenden Formulierung wird deutlich, dass den Verfassern der Norm bewusst war, dass es neben den genannten Verträgen auch Verträge gibt, bei denen der Verbraucher keinen im Vertrag festgesetzten Restwert garantiert. Die Formulierung "solche Nutzungsverträge", "bei deren Ende der Verbraucher einen im Vertrag festgesetzten Restwert garantiert" impliziert, dass es spiegelbildlich auch solche Verträge gibt, bei deren Ende der Verbraucher eben keinen im Vertrag festgesetzten Restwert garantiert. Erst recht deutlich wird das mit der Definition eines Vertrages "mit einem bestimmten Wert" als einem Vertrag, in dem "ein bestimmter Betrag genannt" ist: Wer so formuliert, dem ist notwendig bewusst, dass er damit von Verträgen abgrenzt, bei denen eben kein "bestimmter Betrag" genannt ist, und entzieht diese auch bewusst dem Anwendungsbereich der Norm. Zuletzt zeigt auch der Bezug der Begründung auf den Mietvertrag als Leitbild und die Erwägung, dass (nur) das Leasing mit garantiertem Restwert sich so weit von diesem Leitbild entferne, dass eine Anwendung der Norm gerechtfertigt sei, dass hier nicht versehentlich unterschieden wurde (OLG Stuttgart, a. a. O.).

Das Argument, es wäre im Fall einer bewussten Entscheidung in der Gesetzesbegründung eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (grundlegend für das Verbraucherkreditgesetz BGH, Urt. v. 24.04.1996 - VIII ZR 150/95) zu erwarten gewesen, die Kilometerleasingverträge unter Geltung des früheren Rechtsstandes als Finanzierungsleasing eingeordnet und damit in den Anwendungsbereich der verbraucherschützenden Normen einbezogen hat, greift demgegenüber nicht durch. Denn Anlass der Neufassung der fraglichen Vorschriften war die Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie. Dem entspricht das Konzept der Gesetzesbegründung in ihrer Gesamtanlage, wonach nicht (negativ) zu begründen war, warum bestimmte Fälle nicht (mehr) unter die neuen Normen fallen sollten, sondern wonach (positiv) zu begründen war, warum in Überschreitung des Anwendungsbereichs der Richtlinie bestimmte Leasingverträge - nämlich diejenigen mit garantiertem Restwert - in ihren Anwendungsbereich einbezogen werden sollten; mit Blick auf diesen Begründungsansatz überrascht es nicht, dass sich keine ausdrückliche Nennung derjenigen Fälle findet, die von der Neuregelung nicht mehr erfasst sein würden.

Zudem liegt keine bewusste Gesetzeslücke vor. Hierfür wäre es erforderlich gewesen, dass sich zumindest aus der Gesetzesbegründung Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Gesetzgeber die Klärung dieser Frage weiterhin der Rechtsprechung überlassen wollte. Anhaltspunkte dafür sind indes nicht ersichtlich (OLG München, a. a. O.).

(2)

Darüber hinaus wäre eine - unterstellt unbewusste - Lücke des Gesetzes jedenfalls nicht planwidrig. Um eine solche planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes annehmen zu können, ist der dem Gesetz zugrunde liegende Regelungsplan im Wege historischer und teleologischer Auslegung zu ermitteln (OLG München, a. a. O., m. w. N.).

Aus der Gesetzeshistorie ergeben sich keine Anhaltspunkte für den Willen des Gesetzgebers, bei Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie die Widerrufsrechte über den eigentlichen Anwendungsbereich der Richtlinie selbst nicht auf Leasingverträge mit Restwertausgleich, sondern darüber hinaus auch auf Leasingverträge mit Kilometerabrechnung auszudehnen. Insoweit wird auf die Ausführungen unter (1) Bezug genommen, die hier sinngemäß gelten.

Auch der Gesetzeszweck gebietet keine Einbeziehung von Kilometerabrechnungsverträgen in den Anwendungsbereich der Verbraucherschutzvorschriften. Vielmehr entspricht es gerade dem gesetzlichen Konzept, dass Kilometerleasingverträge aus dem Anwendungsbereich der Norm ausgenommen bleiben.

Dies folgt zunächst schon aus der - zweifellos bewussten und eindeutigen - Entscheidung des Gesetzgebers, jedenfalls nur solche Verträge dem Anwendungsbereich der Norm zu unterwerfen, bei denen im Vertrag ein durch eine Zahl bestimmter (Rest-) Wert festgelegt ist. Selbst wenn sich daher feststellen ließe, dass sonst vergleichbare wirtschaftliche Verhältnisse die Gleichbehandlung anderer Verträge nahegelegt hätten, so schiede eine analoge Anwendung aus. Denn jedenfalls diese Entscheidung des Gesetzgebers ist von der Rechtsprechung zu akzeptieren.

Dessen ungeachtet entspricht es aber auch dem hinter dieser Typisierung stehenden Regelungskonzept, dass Kilometerleasingverträge nicht unter § 506 BGB fallen. Denn nach diesem Konzept, das in der oben (1) zitierten Begründung zum Ausdruck kommt, sollte die Norm nur anwendbar sein, wenn und soweit ein Vertragstyp in die Nähe derjenigen Verträge gerät, bei denen eine Erwerbsverpflichtung des Verbrauchers besteht. Umgekehrt gefasst sollten Verträge, die sich in der Nähe des Leitbildes "Mietvertrag" halten, aus ihrem Anwendungsbereich ausgenommen sein. Das entspricht außerdem der Vorstellung von Art. 2 Abs. 2 lit. d) der Verbraucherkreditrichtlinie, die durch die Neugestaltung des Widerrufsrechts bei Finanzierungshilfen umgesetzt werden sollte. Denn auch danach fallen Mietverträge gerade nicht unter die Richtlinie.

Dann ist es aber allein konsequent, Kilometerleasingverträge nicht in den Anwendungsbereich der Norm einzubeziehen, denn sie liegen mit Blick auf das nach der Gesetzesbegründung entscheidende Differenzierungskriterium ganz in der Nähe des Mietvertrages. Sie sind - wie der Mietvertrag - nicht darauf gerichtet, dass der Leasingnehmer den Gegenstand erwirbt, sondern - wie der Mietvertrag - auf die Nutzung des Gegenstandes für eine gewisse Zeit. Und beim Kilometerleasingvertrag trägt - wie bei der Miete - nicht der Leasingnehmer das kalkulatorische Risiko für den Wert des Gegenstandes, sondern - wie bei der Miete - der Leasinggeber. Dabei handelt es sich auch nicht um ein bloß theoretisches Risiko. Denn abgesehen von der Abhängigkeit von allgemeinen Marktfaktoren - etwa einer Rezession oder bei PKW auch der Wertschätzung für die fragliche Marke - zeigen Sondereffekte wie der sogenannte "Dieselskandal" deutlich, dass der Leasingnehmer beim Kilometerleasing ohne Restwertgarantie an einer - und zwar der entscheidenden - Stelle anders - nämlich näher an der Miete - steht, als bei Leasingformen, bei denen er einen Restwert garantiert. Dass sich der Leasinggeber seinerseits gegen dieses Risiko absichern kann, etwa indem er bereits bei Anschaffung des Leasinggutes eine Rückkaufsverpflichtung des Verkäufers zu einem bestimmten Preis vereinbart, ändert an der grundsätzlichen zivilrechtlichen Risikoverteilung nichts und wird sich in einem funktionierenden Markt in höheren Anschaffungspreisen widerspiegeln.

Auch die Verpflichtung des Leasingnehmers zum Ausgleich von Mehrkilometern (bzw. sein Recht auf Reduktion des Entgelts bei Minderkilometern) entfernt den Kilometerleasingvertrag nicht entscheidend vom Leitbild der Miete. Vielmehr handelt es sich dabei letztlich nur um die vertraglich vereinbarte Definition dessen, was als vertragsgemäße Nutzung vereinbart ist und um eine Regelung, was bei einer gegenüber den ursprünglichen Erwartungen übermäßigen Nutzung geschehen soll. Auch das entspricht der Sache nach der Miete, weil auch dort bei nicht vertragsgemäßer, übermäßiger Nutzung ein Ersatzanspruch des Vermieters besteht (BGH, Urt. v. 28.02.2018 - VIII ZR 157/17). Und dass zuletzt beim Leasing gegenüber der Miete die Erhaltungspflicht des Vermieters abbedungen ist, bedeutet mit Blick auf die hier maßgeblichen Gesichtspunkte gleichfalls keine erhebliche Abweichung vom Leitbild der Miete. Denn das wird beim Leasing kompensiert durch die Abtretung der kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche des Leasinggebers gegen den Verkäufer.

Dementsprechend lassen sich die Erwägungen des Bundesgerichtshofs in seiner bereits zitierten Entscheidung aus dem Jahr 1996 zur Einordnung von Kilometerleasingverträgen als Finanzierungsleasingverträge nicht auf das neue gesetzgeberische Regelungskonzept übertragen. Denn nach dem neuen Konzept ist nicht entscheidend, ob der Leasinggeber die Vollamortisation anstrebt, wie es bei unternehmerischer Tätigkeit selbstverständlich stets und auch beim reinen Vermieter der Fall ist. Nach dem neuen Konzept ist entscheidend, ob dem Leasinggeber die Vollamortisation vom Leasingnehmer auch garantiert ist; das ist aber beim Kilometerleasing gerade nicht der Fall (OLG Stuttgart, a. a. O., m. w. N.).

2. Vertragliches Widerrufsrecht

Dem Kläger steht darüber hinaus kein vertragliches Widerrufsrecht zu. Ein solches ist hier insbesondere nicht dadurch entstanden, dass er mit Übergabe der Widerrufsinformation ein bindendes Angebot der Beklagten auf Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechts erhalten hat, welches er mit Vertragsabschluss angenommen hat.

Nach Auffassung des BGH ist indes die Erteilung einer Widerrufsbelehrung - ohne dass ein gesetzliches Widerrufsrecht besteht - aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Kunden bei der gebotenen objektiven Auslegung nicht als Angebot auf Vereinbarung eines voraussetzungslosen vertraglichen Widerrufsrechts zu verstehen (BGH, Beschl. v. 26.03.2019 - XI ZR 372/18 m. w. N.).

3. Ergebnis

Mangels eines Widerrufsrechts ging der vom Kläger erklärte Widerruf ins Leere.

Es konnte mithin dahinstehen, ob die streitgegenständliche Widerrufsinformation der Musterbelehrung entspricht und daher die Gesetzlichkeitsfiktion für die Klägerin streitet oder ob - im Falle des Fehlens der Gesetzlichkeitsfiktion - die verwendete Widerrufsinformation den gesetzlichen Vorgaben entspricht und ob insbesondere der von der Klägerin verwendete sog. "Kaskadenverweis" zulässig ist.

III. Einwendungen der Beklagten

Mangels eines wirksamen Widerrufs war über den seitens der Beklagten erhobenen Einwand der Verwirkung bzw. des Rechtsmissbrauchs nicht zu entscheiden.

B. Übrige Anträge

Über die weiteren Anträge des Klägers war nicht zu entscheiden. Diese wurden unter der Bedingung gestellt, dass der Antrag auf Feststellung zulässig und begründet ist. Diese Bedingung ist nicht eingetreten.

Aus diesem Grund war auch die hilfsweise erklärte Aufrechnung der Beklagten nicht zu prüfen.

C. Nebenentscheidungen

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

Der Streitwert wird auf 15.691,20 EUR festgesetzt.