AG Köln, Urteil vom 02.09.2020 - 117 C 233/20
Fundstelle
openJur 2020, 75723
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

entbehrlich gemäß §§ 313a, 495a ZPO

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Denn der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Freistellung von einem Betrag von 196,35 EUR aus § 1 VVG i.V.m. dem allgemeinen Versicherungsbedingungen 2020 der zwischen den Parteien bestehenden Rechtsschutzversicherung.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers vertrat den Kläger in einem Strafverfahren, wofür zuvor Deckungsschutz seitens der Beklagten erteilt worden war. Mit Anhörungsschreiben vom 19.06.2019 wurde dem Kläger vorgeworfen, sich unerlaubt vom Unfall entfernt zu haben. Hierauf bestellte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 24.06.2019, bat um Akteneinsicht und beantragte die Einstellung des Verfahrens. Das Strafverfahren zum Az. 912 Js 0000/00 (StA Köln) wurde mit Schreiben vom 04.11.2019 eingestellt.

Mit Kostennote vom 12.11.2019 wurde neben der Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG und einer Verfahrensgebühr nach Nr. 4104 VV RVG auch eine Verfahrensgebühr nach Nr. 4141 VV RVG in Höhe von 196,35 EUR brutto Rechnung gestellt. Über die Berechtigung der Inrechnungstellung der Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG streiten die Parteien.

Nach Nr. 4141 VV RVG entsteht die Gebühr insbesondere dann, wenn ein Strafverfahren nicht nur vorläufig eingestellt wird. Die Gebühr entsteht nach Abs. 2 hingegen nicht, wenn eine auf die Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit nicht ersichtlich ist. Welche Tätigkeit der Rechtsanwalt erbringt, ist unerheblich. Es genügt jede zur Förderung der Einstellung geeignete Tätigkeit. Insbesondere reicht es aus, wenn eine Tätigkeit des Rechtsanwalts aus einem anderen Verfahrensabschnitt fortwirkt und dann später zur Einstellung führt. Die anwaltliche Mitwirkung wird nach Abs. 2 S. 1 der Nr. 4141 VV RVG gesetzlich vermutet. Hingegen stellt es keine Mitwirkung des Rechtsanwalts dar, wenn sich die Tätigkeit des Anwalts auf die (bloße) Verteidigerbestellung und Akteneinsicht beschränkt oder ein unbegründeter Einstellungsantrag gestellt wird bzw. lediglich die Mandatierung angezeigt wird, Akteneinsicht gefordert wird und eine mögliche Einlassung zu einem späteren Zeitpunkt in Aussicht gestellt wird (zum Vorstehenden Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG-Kommentar, 24. Aufl., RVG VV 4141, Rn. 10, ferner etwa AG Wiesbaden, Urt. v. 27.12.2013, Az. 93 C 3942/13 - Rn. 4 - zitiert nach juris). Dies reicht nicht aus, um von einer Mitwirkung zu sprechen (wie vor). Denn erforderlich ist, dass der Verteidiger die Einstellung des Verfahrens zumindest gefördert hat und die entsprechende Entscheidung nicht auch ohne sein Zutun erfolgt wäre (vgl. BGH, Urt. v. 20.01.2011, Az. IX ZR 123/10).

Vorliegend liegt eine Mitwirkung iS.d. Nr. 4141 VV RVG nicht vor. Die Beklagte hat in der Klageerwiderung unbestritten dargelegt, dass sich die anwaltliche Tätigkeit nach außen in der Bestellung mit Schreiben vom 24.06.2019 als Verteidiger nebst Akteneinsichtsgesuch und Beantragen der Einstellung erschöpfte. Unbestritten ist ferner das Vorbringen des Klägers geblieben, nach erfolgter Akteneinsicht sei dem Kläger geraten worden, zu schweigen. Diesbezüglich ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass dies nach außen kommuniziert wurde.

Allein die Anzeige der Mandatierung und das Akteneinsichtsgesuch sind nach den vorstehend ausgeführten Maßstäben nicht als ausreichende Mitwirkungshandlungen anzusehen. Ebenso wenig gilt dies für den unbegründeten Einstellungsantrag. Aber auch der interne Rat zu Schweigen genügt nicht für die Annahme, dass eine Mitwirkung i.S.v. Nr. 4141 VV RVG vorliegt. Denn für die Staatsanwaltschaft war nicht ersichtlich, wie sich der Kläger im Ermittlungsverfahren verhalten wird; insbesondere, ob etwa eine Einlassung erfolgen wird. Im Falle eines sog. gezielten Schweigens weiß die Behörde hingegen infolge der Mitteilung, dass der Beschuldigte von seinem Schweigerecht Gebrauch macht und muss sich nun darüber klar werden, ob eine Verurteilung auf die übrigen Beweismittel gestützt werden kann oder aber es Sinn ergeben kann, das Verfahren einzustellen. Ist letzteres der Fall, ist evident, dass die Mitteilung über die Ingebrauchnahme des Schweigerechts die Einstellung "gefördert" hat. Hier erfolgte indes gerade keine Mitteilung von der Ingebrauchnahme des Schweigerechts, sodass seitens der Staatsanwaltschaft jederzeit mit einer Einlassung gerechnet werden konnte. Damit erfolgte die Entscheidung der Einstellung unabhängig von der Tätigkeit des Verteidigers, sodass eine Mitwirkung i.S.d. Nr. 4141 VV RVG nicht angenommen werden kann (vgl. zum internen Rat zu Schweigen auch Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG-Kommentar, 24. Aufl., RVG VV 4141, Rn. 9).

Der Anspruch auf Zinsen teilt das Schicksal der unbegründeten Hauptforderung.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Streitwert: bis 500,00 EUR

Rechtsbehelfsbelehrung:

A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:

Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.

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