VG Freiburg, Urteil vom 17.09.2020 - 4 K 2441/19
Fundstelle
openJur 2020, 75254
  • Rkr:

Zur Rechtmäßigkeit einer denkmalschutzrechtlichen Beseitigungsanordnung hinsichtlich einer Photovoltaikanlage in der (unmittelbaren) Umgebung eines eingetragenen Kulturdenkmals.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine denkmalschutzrechtliche Beseitigungsverfügung.

Der Kläger ist seit 2015 Eigentümer des Grundstücks X-Str. 11c (frühere Xstr. 2), FlSt.-Nr. X, Stadtteil X, Gemarkung der Beklagten. Das dortige Gebäude wurde vom Voreigentümer auf Grundlage einer Nachtragsbaugenehmigung vom 14.04.2015, die ohne Beteiligung der unteren Denkmalschutzbehörde erteilt worden war, umgebaut ("Umbau und Sanierung eines ehemaligen Ausstellungs- und Lagerraums") und liegt innerhalb des Bebauungsplans Nr. X" von 1970.

X

Das (heutige) Anwesen des Klägers liegt in unmittelbarer räumlicher Nähe der Anlage des ehemaligen Adelssitzes "X". Die Gebäude werden westlich von der Xstraße, nördlich von der X-Straße und im Osten von der Straße X begrenzt. Das Haus des Klägers verfügt über eine Nutzfläche von 42,87 m², die sich über das Erdgeschoss und einen ausgebauten Dachboden erstreckt. Es grenzt südlich an ein Wohnhaus und östlich an ein zweistöckiges Fachwerkhaus, Nr. 11a. Zwischen diesem Gebäude und der östlich belegenen Nr. 11 besteht eine etwa 1,5 m breite Lücke, die einen Durchgang zum Hinterhof bildet. Diese Lücke überspannt eine hölzerne Gebäudebrücke. Die drei Gebäude bilden nach Norden, mit Ausnahme des Durchgangs zum Hinterhof, eine (fast) geschlossene Fassade, die in einem vergleichbaren Rotton angestrichen ist. Auch sind alle Dächer mit roten Biberschwanzziegeln gedeckt, wobei an der Nr. 11a auf beiden Dachseiten oberhalb der nachträglich angebrachten Schleppgauben mit denkmalrechtlicher Genehmigung ein an den First heranreichende Lamellendachflächenfenster eingebaut worden ist; auch die Nr. 11c hat in westlicher Richtung seit dem Umbau ein Dachflächenfenster. Zudem verfügen die Gebäude auf den Grundstücken Nr. 11a und 11c jeweils über nach Norden zeigende und in weißer Farbe angestrichene Giebel in Fachwerkoptik. Das Gebäude auf dem Grundstück Nr. 11 ist ein zweistöckiges Steinhaus mit Stufengiebeln an der westlichen und östlichen Seite; dessen Dachflächen verlaufen rechtwinklig zu den beiden anderen Häusern.

Bereits am 05.05.1965 wurde in Bezug auf das damals noch ungeteilte Grundstück FlSt.-Nr. X ein "weithin sichtbares" "Wohngebäude mit danebenliegender Zehntscheuer" in das Denkmalbuch eingetragen. In der Begründung heißt es: "Der X ist ein alter Adelssitz, der 873 erwähnt wird, als die Ortschaft X (jetzt zu X und X gehörig) in den Besitz der Abtei St. Gallen überging. Später gehörte der Hof zum Kloster X (1233 und 1344 in Urkunden bestätigt). Bis zur Säkularisation 1803 Sitz eines Meiers, dann bis um 1900 selbstständiger Bauern. Heutiger Bau zweistöckiges Steinhaus mit seitlichen Staffelgiebeln, früher östlich durch einen Torbogen mit weiteren Nebengebäuden verbunden (jetzt Straße). Fenster im oberen Stock und Giebel mit Holzgewanden, teilweise vergrößert. Eingang an der W.-Seite mit Steingewände, im Eselrücken-Sturz: Rebmesser, Pflug und 1581. Steinerne Wendeltreppe. Im 1. Obergeschoss in holzgeschnitztem, profiliertem Türrahmen mit Eselrücken: ‚M 1581 B‘ (Matthäus Bechtold). [...] Eichener Dachstuhl, mit handgestrichenen Biberschwanzziegeln gedeckt. Westlich durch Holztür verbundenen ehem. Zehntscheuer mit Fachwerkgiebel zur Straße; später Gemeinde-Trotte, oben Fruchtspeicher; als Werkstatt 1948 ausgebaut, nicht unterkellert; nach hinten anschließend Scheune und Stallung, 1952 aufgestockt und zu Atelier und Wohnung ausgebaut. Am Hauptgebäude 1960 Dach umgedeckt und Verputz erneuert mit Zuschuß der Staatlichen Denkmalpflege."

Auch die Übertragungsverfügung vom 01.10.1980 bezeichnet die Anlage als "Wohngebäude mit danebenliegender Zehntscheuer". In einer weiteren Beschreibung ("alt") aus den Jahren 1982 bzw. 1983 heißt es: "DSchG-Status: § 2 [...] Sogenannter ‚X‘, bestehend aus einem Staffelgiebelhaus, einem Bau mit Zierfachwerkgiebel und mehreren kleinen Nebengebäuden. Erste Erwähnung 1233 in einer päpstlichen Bulle über die Besitzungen des Klosters X. Die Hofanlage war ursprünglich von einer Mauer umschlossen. Die heutige Anlage weist im wesentlichen Formen des 16. und 17. Jahrhunderts auf. Wegen ihrer ortsgeschichtlichen und baugeschichtlichen Bedeutung sowie wegen ihrer gestalterischen Qualität besteht aus wissenschaftlichen, künstlerischen und heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse an der Erhaltung der Anlage. Dies schließt auch den archäologischen Bodenbereich mit ein."

Laut einer Beschreibung vom 17.12.2004 in den Akten der höheren Denkmalbehörde ("neu") bildet das spätmittelalterliche Gehöft eine Sachgesamtheit aus einem Wohnhaus (Staffelgiebelhaus), einer ehemaligen Zehntscheune (später Trotte, seit 1948 Werkstatt), Scheune, Stallung und Brunnentrog.

Aufgrund einer Beanstandung des Eigentümers des Anwesens X-Straße Nr. 11a hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 05.06.2018 zur beabsichtigten Beseitigungsanordnung für die von ihm angebrachten in östlicher Richtung orientierten (sieben) Photovoltaikmodule an. Sie führte aus, dass eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung für die Photovoltaikanlage nicht beantragt worden sei. Nach der Beurteilung des Landesamts für Denkmalpflege stelle die Anlage eine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds der denkmalgeschützten Sachgesamtheit dar und könne daher auch nicht nachträglich genehmigt werden.

Mit Schreiben vom 13.06.2018 und 12.07.2018 teilte der Kläger mit, dass ihm die Eintragung als Kulturdenkmal bislang unbekannt sei. Auch im Rahmen des Abschlusses des Kaufvertrags sei dies kein Thema gewesen. Eine Eintragung im Denkmalbuch bestehe nicht. Vor Durchführung des Vorhabens habe er sich gemeinsam mit seinem Bauleiter, Herr X, dessen Gedächtnisprotokoll er vorlegte, am 08.03.2018 beim Beratungszentrum Bauen der Beklagten erkundigt. Dort habe man ihm erklärt, dass sein Vorhaben genehmigungsfrei sei. Im Nachgang zu diesem Gespräch habe er per Email um eine Bestätigung gebeten. Daraufhin habe er lediglich eine automatische Eingangsnachricht erhalten, die er als Bestätigung des Gesprächsinhalts aufgefasst habe. Aus den vorhandenen Unterlagen ergebe sich nicht, warum die Sachgesamtheit unter besonderem Schutz stehe. Jedenfalls sei sein Gebäude nicht Teil dieser Sachgesamtheit. Dieses sei erst vor etwa 100 Jahren als Lagergebäude eines Glasers, dessen Werkstatt im "X" belegen gewesen sei, errichtet worden und habe nichts mit dem mittelalterlichen Gebäudekomplex zu tun. Die Photovoltaikanlage befinde sich zudem auf der von der Straßenseite abgewandten Gartenseite seines Anwesens. Vor dem Hintergrund der bereits vorhandenen baulichen Veränderungen und des verfassungsrechtlich gebotenen Einsatzes von Energiesparmaßnahmen sei auch fraglich, ob die Schutzwürdigkeit der Sachgesamtheit noch bestehe. Vorsorglich beantrage er die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung sowie die Löschung der Eintragung seines Gebäudes im Denkmalbuch.

Am 30.07.2018 gab das Landesamt für Denkmalpflege - Regierungspräsidium Stuttgart - auf Bitte der Beklagten eine Stellungnahme ab: Das ehemalige kleine Werkstattgebäude (X-Straße 11c) gehöre historisch gesehen zur Anlage des "X", werde jedoch in der ausführlichen Beschreibung des Objekts zur Denkmalbucheintragung 1965 nicht mit aufgeführt. Bei dessen jüngstem Umbau sei historische Substanz verloren gegangen. Aufgrund des heutigen Zustandes könne man das Gebäude allenfalls als Teil der Sachgesamtheit ansehen, ihm selbst komme aber keine Kulturdenkmaleigenschaft (mehr) zu. Es werde daher das gesamte Objekt als Kulturdenkmal angesehen. Dies ergebe sich aus wissenschaftlichen und heimatgeschichtlichen aber auch aus künstlerischen Gründen, da ein gesteigertes Maß an ästhetischer bzw. gestalterischer Qualität vorliege. Die Photovoltaikanlage trete aus dem Straßenraum betrachtet sehr deutlich in Erscheinung. Auch sei der historische Zusammenhang der Einzelgebäude zu dem Gebäudeensemble selbst für den nicht sachkundigen Betrachter durch die Gebäudereihung zwischen zwei Stichstraßen quer zur X-Straße, die Farbgebung der Gebäude, Fachwerk (konstruktiv bzw. vorgesetzt) sowie Dachformen offenkundig. Vor diesem Hintergrund sei die Photovoltaikanlage deutlich augenfällig als störender Fremdkörper zwischen den intakten Biberschwanzdachflächen wahrnehmbar. Auch sei dem Umweltschutzgedanken nicht regelmäßig der Vorrang vor denkmalschutzrechtlichen Belangen einzuräumen. Käme eine erneute Überprüfung des Denkmalwerts des Gebäudekomplexes zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Gebäude aufgrund der baulichen Veränderungen nicht mehr um einen Teil der Sachgesamtheit "X" handele, würde § 15 Abs. 3 DSchG zur Anwendung kommen. Denn das Nebengebäude falle unter den dort geregelten Umgebungsschutz. Insoweit werde durch die Photovoltaikanlage das Erscheinungsbild erheblich beeinträchtigt, da der Gegensatz zwischen den naturroten, matten, patinierten Biberschwanzziegeln und der anthrazit-schwarz spiegelnden Kollektorfläche als belastend wahrgenommen werde.

Mit Bescheid vom 02.10.2018 ordnete die Beklagte die Beseitigung der "Solaranlage" innerhalb von zwei Monaten nach Bestandskraft an. Bei dem Gebäude des Klägers handele es sich um einen Teil der Sachgesamtheit Kulturdenkmal "X". Die Photovoltaikanlage sei formell rechtswidrig errichtet worden. Eine Zusicherung habe - unabhängig von dem nicht mehr aufklärbaren Gesprächsinhalt und einer möglichen Email des Klägers - jedenfalls mangels Schriftform nicht vorgelegen. Vor allem aber sei die Anlage nicht genehmigungsfähig. Die Erteilung einer Genehmigung stehe in ihrem Ermessen, wobei der Schwere der Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds im Verhältnis zum Denkmalwert von besonderer Bedeutung sei. Unter Zugrundelegung der Ausführungen des Landesamts für Denkmalpflege könne eine Genehmigung daher nicht erteilt werden. Auch unter Berücksichtigung der Belange des Umweltschutzes sei ein anderes Abwägungsergebnis nicht geboten. Soweit der Kläger hilfsweise die Löschung seines Gebäudes aus dem Denkmalbuch beantrage, sei die Beklagte hierfür nicht zuständig. Das Ergebnis einer solchen Überprüfung könne jedoch dahinstehen, da sich die denkmalschutzrechtliche Zulässigkeit dann jedenfalls nach § 15 Abs. 3 DSchG richte. Auch falle das Gebäude des Klägers aufgrund seiner geringen Größe nicht in den Anwendungsbereich des baden-württembergischen Gesetzes zur Nutzung erneuerbarer Wärmeenergie. Im Übrigen sei der Denkmalschutz im Verhältnis zum Umweltschutz verfassungsrechtlich gleichrangig. Schließlich sei dem Kläger die Beseitigung zumutbar und ohne größeren Aufwand möglich. Unabhängig vom genauen Inhalt des Beratungsgesprächs, auf das sich der Kläger berufe, habe sie jedenfalls nicht verbindlich zugesagt, dass das Vorhaben denkmalschutzrechtlich genehmigungsfrei sei, eine (nur) mündliche Auskunft könne keinen Bestandsschutz bewirken. Dies sei ihm auch bekannt gewesen, da er per Email gerade um eine "verbindliche und eindeutige Antwort" gebeten habe.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 18.10.2018 Widerspruch ein und trug vor: Im Baugenehmigungsverfahren hätten denkmalschutzrechtliche Gesichtspunkte keine Rolle gespielt. Aus den Akten ergebe sich allerdings, dass es bei der Vorsprache am 08.03.2018 um die Frage der Denkmalschutzeigenschaft gegangen sei. Es handele sich beim Anwesen des Klägers lediglich um ein Nebengebäude der schützenswerten Gesamtanlage "X". Näheres sei darüber nicht bekannt. Die Photovoltaikanlage sei nur von einem seitlichen Winkel von der Straße aus erkennbar. Auch seien die baulichen Gestaltungselemente, auf welche die Beklagte zur Begründung der Sachgesamtheit abhebe, zufällig; sie fänden keinen Niederschlag in der Baugenehmigung. Vor allem aber habe die Beklagte schon in der Vergangenheit Beeinträchtigungen hingenommen. So seien am "X" selbst bauliche Veränderungen vorgenommen worden, etwa sei ein Dach im südlichen Grundstücksteil mit Eternit-Platten eingedeckt und ein Freisitz/Wintergarten mit einer Bedachung aus einer Stahlkonstruktion mit Glasflächen errichtet worden. Vor diesem Hintergrund erscheine das Bestehen auf den Denkmalschutz im Falle der klägerischen Photovoltaikanlage als reine "Förmelei". Weiterhin befinde sich unmittelbar hinter dem geschützten Gebäude ein modernes Wohnhaus, das im optischen Kontrast zum rotgestrichenen "X" durch seinen hellblauen Anstrich stehe. Im Verhältnis hierzu falle die Photovoltaikanlage weniger ins Gewicht. Schließlich sei bei der Güterabwägung das gewichtige öffentliche Anliegen des Umweltschutzes einzustellen. Insgesamt verstoße die Beklagte bei ihrer Ermessensausübung gegen den Gleichheitssatz.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.04.2019 wies das Regierungspräsidium X den Widerspruch zurück. Auch heute liege - unabhängig von der Grundstückseinteilung - noch eine denkmalschutzrechtliche Sachgesamtheit vor, da tatsächlich übergreifende Komponenten (etwa Farbgebung und Dacheindeckung) bestünden. Im Ergebnis könne dies jedoch offenbleiben. Jedenfalls nämlich falle das Gebäude des Klägers unter § 15 Abs. 3 DSchG, da es für das Kulturdenkmal "X" von erheblicher Bedeutung sei. Die Photovoltaikanlage beeinträchtige dessen Bild und sei von der "Schauseite" aus deutlich sichtbar. Bereits vorhandene Belastungen, die im Übrigen optisch weniger ins Gewicht fielen und teilweise bereits vor der Unterschutzstellung erfolgten, rechtfertigten keine zusätzlichen Beeinträchtigungen. Soweit der Kläger etwaige Amtshaftungsansprüche wegen falscher Auskunft in den Raum stelle, betreffe dies nicht die Rechtmäßigkeit der Beseitigungsanordnung.

Der Kläger hat am 29.05.2019 Klage erhoben. Ergänzend trägt er vor: Sein Anwesen könne nicht der Sachgesamtheit zugeordnet werden. Es habe nie zu dem ursprünglichen Funktionszusammenhang gehört. Die Gebäudereihung vermittele nicht den Eindruck einer geschlossenen Anlage. Sie spreche eher für das Gegenteil, da das geschützte Hauptgebäude mit seinem Stufengiebel rechtwinklig zur Firstrichtung der anderen beiden Gebäude angeordnet sei. Die Gebäude seien weiterhin hinsichtlich ihrer Bemaßung "völlig unterschiedlich" und auch von ihrer Baustruktur her gäben sie kein einheitliches Bild ab. So habe das Stufengiebelgebäude kein Fachwerk, das mittlere Gebäude hingegen eine konstruktive Fachwerkfassade mit Schaufachwerk und sein Gebäude ein "Pseudofachwerk". Die (einheitliche) Farbgebung, die im Übrigen nur für eine ausgesprochen kleine Fläche bestehe, sei nicht Gegenstand bauordnungsrechtlicher Verpflichtungen, sondern lediglich aus ästhetischen Gründen gewählt worden; sie könne jederzeit verändert werden. Gleiches gelte für die Biberschwanzeindeckung. Auch sei nicht nachvollziehbar, warum nach den bereits bestehenden Beeinträchtigungen des Kulturdenkmals nun ausgerechnet die Photovoltaikanlage Abwehrmaßnahmen erforderlich mache, insbesondere da solche Anlagen heutzutage überall zu sehen seien. So habe auch der Eigentümer des mittleren Gebäudes Dachflächenfenster bzw. möglicherweise eine Solaranlage einbauen lassen. Die Beseitigungsanordnung sei unter Berücksichtigung der Investitionskosten von etwa 15.000,- EUR unverhältnismäßig. Im Rahmen der Ermessensentscheidung sei schließlich auch zu berücksichtigen, dass dem Kläger die Auskunft erteilt worden sei, das Vorhaben sei verfahrensfrei zulässig.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 02.10.2018 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums X vom 29.04.2019 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor: Der Gebäudekomplex "X" stelle in seiner Sachgesamtheit nach wie vor ein Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung dar. Er sei entsprechend ins Denkmalbuch eingetragen; diese Eintragung gelte auch gegenüber dem Rechtsnachfolger. Weiterhin erfülle der Gebäudekomplex die materiellen Voraussetzungen für ein Kulturdenkmal. Nicht erforderlich sei, dass jedes Objekt für sich ein Kulturdenkmal darstelle. Selbst für den nicht sachkundigen Betrachter sei der historische Zusammenhang erkennbar. Der Gebäudekomplex sei in seinem authentischen Überlieferungszustand ein prägnanter "Blickfang" mit wissenschaftlichem, künstlerischem und heimatgeschichtlichem Wert. Dies werde auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Gebäude unterschiedliche Firstrichtungen hätten und sich auch sonst unterschieden. Insofern sei auf die tatsächlichen Gegebenheiten abzustellen. Jedoch gehe bereits die Denkmalbeschreibung von einem Gebäudeensemble bestehend aus mehreren kleinen Nebengebäuden aus. Im Übrigen sei die Änderung der Farbgebung sowie der Dacheindeckung zwar bauordnungs- nicht aber denkmalschutzrechtlich verfahrensfrei. Die Photovoltaikanlage beeinträchtige das Erscheinungsbild der Sachgesamtheit "X" auch erheblich. Denn das originalgetreue Erscheinungsbild werde hierdurch stark gestört und die Veränderung als belastend empfunden. Insoweit sei eine "kategorienadäquate" Bewertung vorzunehmen: Bei einem Kulturdenkmal an dessen Erhaltung aus künstlerischen Gründen ein öffentliches Interesse bestehe, habe eine möglichst umfassende und ungestörte Erhaltung der Identität seiner Substanz und seines Erscheinungsbildes eine überragende Bedeutung. Im Übrigen gelte nichts anderes, wenn man das Gebäude selbst als nicht mehr zur Sachgesamtheit gehörig ansehe. Die bereits vorgenommenen Veränderungen führten nicht zu einem Verlust der Denkmaleigenschaft oder dazu, dass weitere bauliche Änderungen zu akzeptieren wären. Die im mittleren Gebäude angebrachten Dachfenster seien denkmalschutzrechtlich abgestimmt und auf die Mindestbelichtungsfläche dimensioniert worden. Für die Solaranlage liege eine Genehmigung jedenfalls nicht vor und sei - unabhängig vom konkreten Inhalt - auch nicht durch das Beratungsgespräch bzw. die sich daran anschließende Email erteilt worden. Im Übrigen sei das gesamte Grundstück im Bebauungsplan mit dem Vermerk "D" (Denkmalschutz) versehen. Die verfassungsrechtliche Bedeutung des Umweltschutzes rechtfertige kein abweichendes Ergebnis, da dieser dem Denkmalschutz nicht allgemein vorgehe. Einen entsprechenden Vorrang habe der Gesetzgeber bislang nicht geregelt. Auch führe die geringe Menge denkmalgeschützter Gebäude (etwa 3 % des Gesamtbaubestands) nicht dazu, dass das Ziel allgemein nicht erreicht werden könnte. Es sei nicht erforderlich, Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien gerade auf denkmalgeschützten Grundstücken zu verwirklichen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird ergänzend auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten und des Regierungspräsidiums X (je ein Band) verwiesen. In der mündlichen Verhandlung hat die Kammer zudem zwei Vertreterinnen des Landesamts für Denkmalpflege, Regierungspräsidium Stuttgart, informatorisch angehört.

Gründe

I.

Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) und auch sonst zulässig.

II.

Die Klage ist allerdings unbegründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 02.10.2018 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums X vom 29.04.2019 sind rechtmäßig und der Kläger ist dadurch nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Ermächtigungsgrundlage für die denkmalschutzrechtliche Beseitigungsanordnung ist § 7 Abs. 1 DSchG. Nach dieser Vorschrift haben die Denkmalschutzbehörden zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihnen nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen, wobei die §§ 6, 7 und 9 PolG sinngemäß Anwendung finden. Nach § 1 Abs. 1 DSchG ist es Aufgabe von Denkmalschutz und Denkmalpflege, die Kulturdenkmale zu schützen und zu pflegen, insbesondere den Zustand der Kulturdenkmale zu überwachen sowie auf die Abwendung von Gefährdungen und die Bergung von Kulturdenkmalen hinzuwirken. Die denkmalschutzrechtliche Generalklausel des § 7 Abs. 1 DSchG umfasst auch die Befugnis, die Beseitigung einer nicht genehmigten und nicht genehmigungsfähigen Beeinträchtigung eines Kulturdenkmals zu dem Zweck anzuordnen, das ursprüngliche Erscheinungsbild wiederherzustellen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.06.1991 - 1 S 2022/90 -, juris Rn. 27, m.w.N.; VG Sigmaringen, Urt. v. 02.04.2008 - 5 K 1038/07 -, juris Rn. 26).

2. Die Beseitigungsanordnung ist formell rechtmäßig, insbesondere ist die Beklagte als untere Denkmalschutzbehörde für den Erlass einer solchen zuständig (§ 3 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 DSchG, § 46 Abs. 2 Nr. 1 LBO). Auch hatte diese den Kläger am 05.06.2018 den Vorgaben des § 28 LVwVfG entsprechend angehört.

3. Die Beseitigungsanordnung ist auch materiell rechtmäßig. Denn das Vorhaben des Klägers ist genehmigungsbedürftig und in seiner jetzigen Form nicht genehmigungsfähig. Daher ist es nicht nur formell, sondern auch materiell illegal, und mit der Beseitigungsanordnung wird das ursprüngliche, insoweit ungestörte Erscheinungsbild des "X" wiederhergestellt. Auch sonst hat die Beklagte ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt.

a) Die Photovoltaikanlage bedarf einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung.

aa) Insoweit lässt die Kammer offen, ob das Gebäude des Klägers von der Eintragung ins Denkmalbuch erfasst ist (vgl. § 12 Abs. 1 DSchG) oder jedenfalls sonst zur Sachgesamtheit des eingetragenen "X" gehört (§ 2 DSchG) mit der Folge, dass sich eine Genehmigungspflicht für die Anlage aus § 15 Abs. 1 DSchG bzw. § 8 DSchG ergäbe. Zwar erscheint es nach den Erläuterungen des Landesamts für Denkmalpflege und den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Bildern aus dem Stadtarchiv nicht als ausgeschlossen, das Gebäude des Klägers noch der Sachgesamtheit "X" zuzurechnen und auch anzunehmen, dass der Eintrag in das Denkmalbuch diese Sachgesamtheit (ohne vollständige Aufzählung aller zugehörigen Gebäude) meint. Dabei könnte die für eine schützenswerte Sachgesamtheit erforderliche übergreifende Komponente vorliegen, auf die sich gerade das öffentliche Erhaltungsinteresse beziehen muss (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.03.1998 - 1 S 2072/96 -, juris Rn. 27; vgl. Strobl u.a., DSchG Bad.-Württ., 4. Aufl. 2019, § 2 Rn. 12 ff.). Dagegen sprechen könnte allerdings, dass die Bausubstanz des Gebäudes wohl sehr viel jüngeren Datums ist. Dass, wie die Vertreterin des Landesdenkmalsamts in der mündlichen Verhandlung betont hat, gerade die "ganz andere Materialität" des Gebäudes des Klägers die Sachgesamtheit begründe, erscheint deshalb zumindest als fragwürdig.

bb) Die Genehmigungsbedürftigkeit folgt jedenfalls aus § 15 Abs. 3 Satz 1 DSchG. Nach dieser Vorschrift dürfen bauliche Anlagen in der Umgebung eines eingetragenen Kulturdenkmals, soweit sie für dessen Erscheinungsbild von erheblicher Bedeutung ist, nur mit Genehmigung der Denkmalschutzbehörde errichtet, verändert oder beseitigt werden. Damit stellt § 15 Abs. 3 DSchG ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt auf. Damit schützt diese Vorschrift die Wirkung eines Kulturdenkmals in seiner Umgebung und die optischen Bezüge zwischen Kulturdenkmal und Umgebung, nicht dagegen die Umgebung selbst. Als Umgebung eines Kulturdenkmals ist der Bereich zu sehen, auf den es ausstrahlt und der es in denkmalrechtlicher Hinsicht seinerseits prägt und beeinflusst (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 01.09.2011 - 1 S 1070/11 -, juris Rn. 42, m.w.N.).

Der "X" (jedenfalls) im Umfang des zweistöckigen Steinhauses mit Stufengiebeldach sowie der Zehntscheuer sowie "mehrere kleiner Nebengebäude" bildet als Sachgesamtheit ein eingetragenes Kulturdenkmal im Sinne des § 12 DSchG. Auch wird das Gebäude des Klägers, eine (zumindest) unmittelbar an das Kulturdenkmal angrenzende bauliche Anlage nach § 2 Abs. 1 LBO, durch die angebrachten sieben Photovoltaikmodule verändert. Schließlich ergibt sich aus dem konkreten Denkmalwert des "X", dass für sein Erscheinungsbild und seine Ausstrahlungskraft die unmittelbare Umgebung von besonderer Bedeutung ist (vgl. zu diesem Maßstab VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.06.1989 - 1 S 98/88 -, NVwZ-RR 1990, 296). Denn schützenswert sind hier nicht nur künstlerische Gestaltungen am Steinhaus oder im Inneren dessen, sondern besonders die zur X-Straße weisende gewachsene Schauseite der beiden Hauptgebäude des "X" mit ihrer für die Zeit der Erbauung herausragenden Stattlichkeit sowie der wechselhaften Ansicht der geschlossenen Wandflächen.

b) Die Photovoltaikanlage ist nicht genehmigungsfähig. Auch dies kann allein nach § 15 Abs. 3 DSchG beurteilt werden; denn § 15 Abs. 1 DSchG stellt keine niedrigeren Anforderungen.

aa) Nach § 15 Abs. 3 Satz 3 DSchG ist eine Genehmigung (nur) zu erteilen, wenn das Vorhaben das Erscheinungsbild des Denkmals nur unerheblich oder nur vorübergehend beeinträchtigen würde oder wenn überwiegende Gründe des Gemeinwohls unausweichlich Berücksichtigung verlangen.

Für die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit ist die Schwere der Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes der als eingetragen geltenden Kulturdenkmale, hier der Sachgesamtheit "X", von Bedeutung. Eine erhebliche Beeinträchtigung liegt nach der auch bei der Anwendung von § 15 Abs. 3 DSchG heranzuziehenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu § 8 Abs. 1 Nr. 2 DSchG vor, wenn der Gesamteindruck von dem Kulturdenkmal empfindlich gestört wird. Sie muss - unterhalb der Schranke einer baurechtlichen Verunstaltung - deutlich wahrnehmbar sein und vom Betrachter als belastend empfunden werden. Diese wertende Einschätzung wird zum einen maßgeblich bestimmt vom Denkmalwert. Danach kann in Relation zur Wertigkeit des Kulturdenkmals die Hinnahme einer Beeinträchtigung seines Erscheinungsbildes in gewissem Umfang geboten sein. Zum anderen hat die Entscheidung immer "kategorienadäquat" zu erfolgen, d. h. sie muss sich - nicht zuletzt zur Wahrung der durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentümerbefugnisse - an der für das Schutzobjekt maßgeblichen denkmalrechtlichen Bedeutungskategorie orientieren (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.10.1981 - 8 S 391/81 -; Urt. v. 27.06.2005 - 1 S 1674/04 -, juris; Urt. v. 10.06.2010 - 1 S 585/10 -, juris; Urt. v. 01.09.2011 - 1 S 1070/11 -, juris Rn. 32 und 46, m.w.N.; Beschl. v. 30.03.2020 - 1 S 29/19 -, juris Rn. 24).

Hiernach ist bei einem Kulturdenkmal, an dessen Erhaltung aus künstlerischen Gründen ein öffentliches Interesse besteht, eine möglichst umfassende und ungestörte Erhaltung der Identität seiner Substanz und seines Erscheinungsbildes von überragender Bedeutung; die Schwelle zur belastenden Wirkung, die zur Erheblichkeit der Beeinträchtigung führt, ist hier tendenziell bald erreicht. Bei den Schutzgründen der wissenschaftlichen und insbesondere der heimatgeschichtlichen Bedeutung kann die Sache deswegen anders liegen, weil das Kulturdenkmal gerade in seinem dokumentarischen Charakter über sich hinausweist. In dieser Funktion - seinem "Zeugniswert" - kann es Veränderungen oftmals von vergleichsweise größerem Gewicht unbeschadet überstehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 01.09.2011 - 1 S 1070/11 -, juris Rn. 33).

In subjektiver Hinsicht ist für die Beurteilung der Frage, ob das Erscheinungsbild eines Kulturdenkmals erheblich beeinträchtigt wird, das Empfinden eines für Belange des Denkmalschutzes aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters entscheidend. Hingegen ist die Auffassung des Landesamts für Denkmalpflege nicht ausschlaggebend. Bei Anwendung dieses Maßstabs ist zu beachten, dass dieser kein statischer, sondern ein dynamischer ist, weil das Empfinden des Durchschnittsbetrachters sich im Laufe der Zeit wandelt. Demzufolge hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg schon im Jahr 2011 erkannt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 01.09.2011 - 1 S 1070/11 -, juris Rn. 34), dass dieses Empfinden ganz wesentlich durch die tatsächliche Entwicklung der letzten Jahre beeinflusst sei, die dadurch gekennzeichnet sei, dass Photovoltaikanlagen auf Dächern in so großer Zahl errichtet worden seien, dass derartige Anlagen in ländlich strukturierten Gegenden heute zum normalen Erscheinungsbild gehörten. Diese Entwicklung habe dazu geführt, dass der Durchschnittsbetrachter solche Anlagen nicht mehr als exotische Fremdkörper wahrnehme, die schon per se und erst recht auf einem Kulturdenkmal als störend empfunden würden, wie dies in der Anfangszeit der Nutzung dieser Technik noch der Fall gewesen sein möge. Vielmehr sei ein Gewöhnungseffekt eingetreten, der durch die gewandelten Anschauungen über die Notwendigkeit der vermehrten Nutzung regenerativer Energien und die damit einhergehende positive Grundeinstellung des Durchschnittsbetrachters zu dieser Form der Energiegewinnung noch verstärkt werde. Diese Beurteilung gilt heute umso mehr.

Dennoch liegt unter Zugrundlegung dieser Maßstäbe und unter Auswertung des umfangreichen Bildmaterials im Ergebnis eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung des Kulturdenkmals "X" vor.

Der Denkmalwert des "x" liegt, wie auch die Vertreterinnen des Landesamts für Denkmalpflege in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar bekräftigten, sowohl im wissenschaftlichen und heimatgeschichtlichen (ortsbaugeschichtlichen) als vor allem auch im gestalterischen, künstlerischen Bereich. Neben künstlerischen Aspekten, die sich innerhalb des steinernen Hauptgebäudes des "X" befinden (etwa Steinerne Wendeltreppe, Eichener Dachstuhl, Holztür Eselrücken-Sturz [Kielbogen]), weist auch die Außenansicht des "X" eindeutige künstlerische Gestaltungselemente auf, die seine Ausstrahlungskraft ausmachen. Besonders auffällig sind hierbei die Staffelgiebel des Steinhauses an der Ost- und Westseite, die wohl aus dem 15./16. Jahrhundert stammen, sowie dessen auffällige Ecklisene. Auch die Zehntscheuer weist insbesondere mit seinen kunstvollen barocken Fachwerkelementen des 19. Jahrhunderts, die in der Region selten sind, an der Außenfassade deutliche künstlerische Elemente auf. Diese Elemente sind in ihrer Wechselhaftigkeit nicht etwa zufällig und daher von geringerem Denkmalwert, sondern gerade Ausdruck eines besonderen Repräsentanzanspruchs.

Ausgehend von diesen künstlerischen Gründen, aufgrund derer ein öffentliches Interesse an der weitestgehend ungestörten Erhaltung des "X" besteht, wirkt die Photovoltaikanlage für das Empfinden eines für Belange des Denkmalschutzes aufgeschlossenen Betrachter als belastend. Zwar sind die Module auf dem Dach des Gebäudes nur von einer Seite wahrnehmbar, der zudem die westliche Dachfläche der Zehntscheuer gegenüberliegt, sodass der Sichtbarkeitswinkel klein ist. Allerdings sind die Module - in ihrer jetzigen Gestaltung - von der Schauseite auffallend sichtbar und werden in der maßgeblichen Sichtachse von der X-Straße, eine Hauptverkehrsstraße, sowie von der dort befindlichen Verkehrsinsel mit Sitzbank deutlich wahrgenommen. Sie verdecken von dieser Seite betrachtet einen Großteil der Dachfläche. Der Einfluss der Photovoltaikanlage auf das Erscheinungsbild der dem "X" zweifelsfrei zuzurechnenden Gebäude wird dadurch verstärkt, dass das Anwesen des Klägers - das durch seine Gestaltung zumindest den Eindruck der Zusammengehörigkeit zur Sachgesamtheit erweckt - aus dieser Perspektive das einzige Anwesen ist, das sich in derselben Straßeneinrahmung befindet. Auch erzeugen die Photovoltaikmodule mit ihrem anthrazit-schwarzen Farbton und der glatten, (bei Sonneneinstrahlung besonders) spiegelnden Oberfläche einen starken farblichen und strukturellen Kontrast zu den roten Biberschwanzdachziegeln des übrigen "X". Dies gilt gerade in Verhältnis zu dem rechtwinklig angeordneten steinernen Haupthaus, dessen Dachfläche von der Schauseite vollständig sichtbar ist. Weiterhin verursacht die Anordnung der Kollektoren in einer zur Straßenseite hin abfallenden L-Form und deren Aufständerung mit dem dadurch entstehenden Schattenwurf zusätzliche Unruhe in der Dachlandschaft, die die Module besonders in den Fokus rücken lässt. Schließlich zeigen die Photovoltaikmodule in Richtung des Kulturdenkmals und "bespiegeln" es, was den Eindruck der Sachgesamtheit - nicht zuletzt bei einem Blick aus dem Denkmal - beeinträchtigt.

Das Erscheinungsbild der Sachgesamtheit "X" ist nicht durch die vom Kläger vorgetragenen Vorbelastungen durch die baulichen Maßnahmen (insbesondere) an den Nebengebäuden, aber auch etwa durch die an der Zehntscheuer eingebauten Schleppgauben und Dachfenster, soweit beeinträchtigt, dass die Photovoltaikanlage des Klägers nicht weiter auffiele (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.05.1983 - 5 S 229/83 -, NVwZ 1984, 191; krit. Bayer. VGH, Urt. v. 09.06.2004 - 26 B 01.1959 -, juris Rn. 16; VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2009 - 4 K 1143/08 -, juris; Daydov, in: Hager u.a., Denkmalrecht Bad.-Württ., 2. Aufl. 2016, § 15 DSchG, Rn. 30). Denn der "X" ist vor allem in seinen Hauptgebäuden in der Außenansicht nach wie vor weitestgehend intakt. Weiterhin fügen sich gerade die vorgenommenen Änderungen der ehemaligen Zehntscheuer im Vergleich besser ein; gerade die eingebauten Lamellendachfenster fallen durch ihre zurückhaltende Gestaltung kaum ins Gewicht. Auch das Gebäude des Klägers stellt keinen so offensichtlichen "Modernisierungsbruch" dar, als dass die Module nicht weiter ins Gewicht fielen, vielmehr schmälern sie die Ansicht zusätzlich. Vor allem aber sind die baulichen Maßnahmen an den hinten liegenden Nebengebäuden bei der Betrachtung von den frei zugänglichen Verkehrsflächen gar nicht bzw. kaum sichtbar. Das mehrstöckige blau angestrichene Wohnhaus im hinteren Teil der Straße X befindet sich nicht mehr in der unmittelbaren Umgebung der Sachgesamtheit und hat nur einen geringen Einfluss auf deren Erscheinungsbild.

Diesem Ergebnis stehen überwiegende Gründe des Gemeinwohls nicht unausweichlich entgegen. Solche ergeben sich auch nicht unter Berücksichtigung der bereits erwähnten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, dass Photovoltaikanlagen inzwischen in ländlichen Regionen in so großer Zahl errichtet werden, dass derartige Anlagen heute zum normalen Erscheinungsbild gehören, was dazu führt, dass sie nicht mehr per se als exotischer Fremdkörper wahrgenommen werden (schon VGH Bad.-Württ., Urt. v. 01.09.2011 - 1 S 1070/11 -, juris Rn. 34). In einer Stadt wie die der Beklagten gilt dies erst recht. Dieser Umstand und die einschlägigen Staatszielbestimmungen (Art. 20a GG und Art. 3a LV) führen aber nicht zu einem steten Vorrang vor den Belangen des Denkmalschutzes. Dies ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass diese Ziele auf vielfältigen Wegen und vielerorts erreicht werden können (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 01.09.2011 - 1 S 1070/11 -, juris Rn. 40; Bayer. VGH, Urteil v. 18.07.2013 - 22 B 12.1741 -, juris Rn. 33).

bb) Weiter hat die Beklagte im Rahmen der angefochtenen Beseitigungsverfügung ihr Genehmigungsermessen fehlerfrei betätigt und dabei die Belange des Umwelt- und Klimaschutzes hinreichend berücksichtigt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 01.09.2011 - 1 S 1070/11 -, juris Rn. 52; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.06.1989 - 1 S 98/88 -, NVwZ-RR 1990, 296).

c) Auch sonst hat die Beklagte ihr sich aus § 7 Abs. 1 DSchG ergebendes Ermessen, einzuschreiten, fehlerfrei ausgeübt (vgl. § 114 VwGO; Daydov, in: Hager u.a., Denkmalrecht Bad.-Württ., 2. Aufl. 2016, § 15 DSchG, Rn. 25). Insbesondere entsprechen ihre Erwägungen dem Zweck der Ermächtigungsgrundlage (§ 40 LVwVfG, § 1 DSchG).

Zunächst liegen keine besonderen Umstände vor, die hinsichtlich der Beseitigung der Photovoltaikanlage ausnahmsweise zu einer Ermessensbeschränkung oder -bindung geführt haben. Denn selbst wenn der Kläger im Rahmen seines Kontakts zum Baurechtsamt der Beklagten, zu dem auch die untere Denkmalschutzbehörde gehört, nach seinen glaubhaft erscheinenden Angaben nicht auf eine bestehende denkmalschutzrechtliche Genehmigungspflichtigkeit seines Vorhabens hingewiesen worden sein sollte, führt eine solche formlose Auskunft, die lediglich eine Wissenserklärung beinhaltet, noch nicht zu einer Selbstbindung der Beklagten hinsichtlich der späteren Beseitigung, sondern allenfalls zu einem Schadensersatzanspruch wegen einer Amtspflichtverletzung (vgl. Bayer. VGH, Beschl. v. 18.07.2006 - 14 ZB 03.710 -, juris Rn. 21; OVG Sachs.-Anh., Beschl. v. 26.05.2009 - 2 L 164/08 -, juris; Tiedemann, in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, § 38 Rn. 3). Das gilt umso mehr als nicht einmal der Kläger vom - für den Fall der Annahme einer Selbstbindung erforderlichen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.11.2006 - 9 B 17.06 -, juris Rn. 4; Bayer. VGH, Urt. v. 06.07.2006 - 4 B 05.504 -, juris Rn. 34) - Bindungswillen der Erklärung der Beklagten ausgegangen ist und demnach auf die erhaltene Auskunft nicht vertraut hat. Denn er hat bei ihr im Nachgang des Beratungsgesprächs per Email eine "verbindliche und eindeutige Antwort" angefordert, die er nicht erhalten hat. Hierauf hat auch die Beklagte im Rahmen ihrer Ermessenserwägungen zurecht abgehoben. Demnach hätte es dem Kläger in Kenntnis der Denkmaleigenschaft der angrenzenden Sachgesamtheit oblegen, sich abzusichern und auf eine entsprechende (verbindliche) Auskunft für sein Vorhaben bei der zuständigen unteren Denkmalschutzbehörde der Beklagten zu bestehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.06.1191 - 1 S 2022/90 -, juris Rn. 31; Beschl. v. 13.09.2011 - 1 S 1451/11 -, unveröffentlicht; Daydov, in: Hager u.a., Denkmalrecht Bad.-Württ., 2. Aufl. 2016, § 7 DSchG, Rn. 18).

Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG liegt ebenfalls nicht vor. Die Behörden haben sich in den angefochtenen Bescheiden mit den in der Umgebung des "X" vorhandenen Beeinträchtigungen (vor allem Modernisierungsmaßnahmen) auseinandergesetzt, gegen die die Beklagte nicht eingeschritten ist oder auch nicht einschreiten will. Diese sind aber in ihrer Art und ihren Auswirkungen bereits nicht vergleichbar. Dass es bei ihrem denkmalschutzrechtlichen Einschreiten gegen Solaranlagen an jedem System fehlte, für die Art des Vorgehens gegen den Kläger keinerlei einleuchtenden Gründe sprächen und die Handhabung deshalb als willkürlich angesehen werden müsste (BVerwG, Beschl. v. 22.04.1995 - 4 B 55.95 -, juris Rn. 5; vgl. auch VG Freiburg, Beschl. v. 08.11.2011 - 4 K 2157/11 -, juris Rn. 14), lässt sich nicht feststellen. So hat sie in der mündlichen Verhandlung vergleichbare Fälle von Photovoltaikanlagen aufgezeigt, in denen sie jeweils auf eine denkmalschonende Gestaltung hingewirkt habe bzw. deren Gestaltung sie nicht hinnehmen wolle. Daraus lässt sich ein einheitliches Konzept des Einschreitens erkennen, das vor allem auf die Sichtbarkeit der Anlagen von der Schauseite des jeweiligen Denkmals ausgerichtet ist.

Die Beseitigungsverfügung ist auch nicht unverhältnismäßig. Sie erfasst nur die konkrete Ausgestaltung der Anlage. Der Schutz des Kulturdenkmals überwiegt das wirtschaftliche Interesse am Erhalt der Anlage, in die der Kläger nach seinen Angaben 15.000,- EUR investiert hat, wobei er aus ihr ohnehin bereits seit mehr als zwei Jahren Nutzungen gezogen hat.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.IV.

Gründe des § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO, aus denen die Berufung vom Verwaltungsgericht zuzulassen wäre, sind nicht gegeben.

Beschluss vom 08.10.2020

Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,- EUR festgesetzt (vgl. Nr. 12.1 des Streitwertkatalogs 2013).