VG Stade, Urteil vom 22.07.2020 - 6 A 969/19
Fundstelle
openJur 2020, 75245
  • Rkr:

Zur Ermessensausübung bei der Berücksichtigung gewerblicher Einkünfte.

Die 35-Prozent-Grenze ist als widerlegbare Vermutung zu handhaben.

Die Bund-Länder-Verwaltungsvereinbarungen haben keine Außenwirkung.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über Leistungen aus dem Dürrehilfeprogramm 2018.

Die Klägerin bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Betrieb in A-Stadt. Gesellschafter der Klägerin sind Herr H. mit einem Anteil von 70 Prozent und Frau I. mit einem Anteil von 30 Prozent. Es wird Milchwirtschaft betrieben. Nach dem Jahresabschluss 2016/2017 hatte der Betrieb einen Anfangsbestand von 422 Tieren (Kälber, Färsen, Kühe und männliche Rinder), davon 243 Milchkühe, und einen Endbestand von 408 Tieren, davon 227 Milchkühe. Der Betrieb hatte 2018 eine bewirtschaftete Fläche von 138,33 ha.

Am 30. November 2018 beantragte die Klägerin schriftlich eine Billigkeitsleistung im Rahmen des Dürrehilfeprogramms 2018. Dabei gab sie einen Schaden von 51 811,68 Euro an. Dem Antrag lagen unter anderem die Einkommensteuerbescheide 2014 bis 2016 für die beiden Gesellschafter bei. Dort sind die Einkünfte aus Landwirtschaft und aus Gewerbe wie folgt angegeben:

Jahr   2014   2015   2016   

        

Ldw     

Gew     

Ldw     

Gew     

Ldw     

Gew     

H.    

8 358 

9 457 

-18 973

12 368

6 284 

8 929 

I.    

11 234

0       

-1 076

0       

10 961

0       

Summe 

19 592

9 457 

-20 049

12 368

17 245

8 929 

Der Cashflow III, 1. Stufe ist im Antrag mit durchschnittlich -44 591,22 Euro angegeben. Die Beklagte hat das für ihre Zusammenfassung übernommen. Den Schaden beim selbstverbrauchten Grundfutter hat die Beklagte durch Umrechnung von brutto auf netto mit 45 269,27 (statt 50 113,09) Euro ermittelt, bei den Marktfrüchten mit 1 919,99 (statt 1 698,60) Euro (insgesamt 47 189,26 statt 51 811,68 Euro).

Am 19. Juni 2019 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Die Voraussetzungen für die Dürrebeihilfe lägen nicht vor. Nach der Nummer 4.2 der Bund-Länder Verwaltungsvereinbarung vom 18. April 2019 (VV) dürften im Referenzzeitraum 2014 bis 2016 die gewerblichen Einkünfte 35 Prozent der Gesamteinkünfte nicht übersteigen. Wenn es sich um eine Gesellschaft handele, würden die Einkünfte aller Gesellschafter zusammengefasst. Anhand der eingereichten Unterlagen sei ersichtlich, dass für den Referenzzeitraum die durchschnittlichen Gesamteinkünfte 18 892 Euro betragen, die gewerblichen Einnahmen 10 251 Euro, das seien 54,26 Prozent.

Die Klägerin hat am 19. Juli 2019 Klage erhoben und hat diese Klage wie folgt begründet:

Die gewerblichen Einkünfte der Klägerin seien Erträge einer Solar- beziehungsweise Photovoltaikanlage, die Herr J. auf der Hofstelle eingerichtet habe. Diese Erträge seien auch in den Jahren 2014 bis 2016 relativ stabil gewesen, in denen die Milchpreise so niedrig gewesen seien. Die 35-Prozent-Grenze sei in jenen Jahren nur deshalb überschritten worden, weil die anderen Einkünfte so niedrig gewesen seien.

Die gewerblichen Einkünfte seien tatsächlich nicht so hoch. Nach Nummer 4.2 der Verwaltungsvereinbarung beziehe sich die 35-Prozent-Grenze auf die gesamten Einkünfte des Jahres 2018. Seien diese nicht feststellbar, könnten die Einkünfte aus dem Jahr zugrundegelegt werden, aus dem Informationen zuletzt verfügbar seien. Die Landwirtschaftliche Buchstelle K. Steuerberatungsgesellschaft mbH habe die Einkünfte für das Kalenderjahr 2017 für die beiden Gesellschafter der Klägerin ermittelt. Die Gesamteinkünfte seien danach 59 705 Euro, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb 10 048 Euro. Das seien nur noch 16,83 Prozent.

Dass die Beklagte die Abschlüsse und Einkommensteuerbescheide von 2014 bis 2016/2017 zugrundelege, stehe in Widerspruch zu den Vorgaben in Nummer 4.2 der Verwaltungsvereinbarung. Wenn das Land eine andere Verwaltungspraxis hätte einführen wollen, hätte es darauf bestanden, dass dieser Punkt geändert würde. Da die niedersächsische Landwirtschaftsministerin die Verwaltungsvereinbarung unterzeichnet habe, dürfe die Beklagte deren Vorgabe nicht ignorieren. Das gelte umso mehr, als die Handhabung der Beklagten gerade die Milchviehbetriebe mit einem kleinen Gewerbebetrieb als zweitem Standbein praktisch von der Dürrehilfe ausschließe. Die Milchviehbetriebe seien in den Jahren 2014 bis 2016 von der Milchkrise so betroffen gewesen, dass der Anteil der Gewerbeeinkünfte in diesen Jahren unverhältnismäßig hoch sei.

Die Klägerin bestreitet mit Nichtwissen, dass im Rahmen eines Arbeitsgesprächs mit dem Landwirtschaftsministerium am 25. Oktober 2018 festgelegt worden sei, dass in allen Fällen, auch für die 35-Prozent-Grenze, die Abschlüsse 2014/2015 bis 2016/2017 und die Einkommensteuerbescheid 2014 bis 2016 herangezogen werden sollten. Diese Vorgabe stehe auch in Kontrast zu der Verwaltungsvereinbarung vom 18. April 2019. Die Klägerin müsse daher annehmen, dass die Vorgabe der Verwaltungsvereinbarung vom 18. April 2019 maßgeblich sei.

Die 35-Prozent-Grenze sei ohne einen Sockelbetrag untauglich, weil sie zu willkürlichen Ergebnissen führe. Hätte die Klägerin höhere Einkünfte aus der Landwirtschaft gehabt, dann hätte sie trotz dieser höheren Einkünfte die Dürrehilfe erhalten, wenn der Anteil der gewerblichen Einkünfte dadurch unter 35 Prozent gesunken wäre. Das sei absurd.

Die Klägerin beantragte ursprünglich,

den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 19. Juni 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts den Antrag der Klägerin vom 26. November 2018 auf Gewährung einer Billigkeitsleistung im Rahmen des Dürrehilfsprogramms 2018 neu zu bescheiden.

Die Klägerin beantragt,

den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 19. Juni 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin 19 619,71 Euro Billigkeitsleistung im Rahmen des Dürrehilfsprogramms 2018 zu bewilligen, zuzüglich Zinsen in Höhe von 6 % seit Klageerhebung.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält an ihrem Bescheid fest und erwidert: Die Voraussetzung für die Gewährung einer Dürrebeihilfe lägen nicht vor. Nach Nummer 4.2. der Verwaltungsvereinbarung vom 18. April 2019 liege eine Existenzgefährdung vor, wenn nach Inanspruchnahme anderer Fördermittel die weitere Bewirtschaftung bis zum nächsten Wirtschaftsjahr nicht gewährleistet sei. Das sei in der Regel der Fall, wenn der gemäß Nummer 5.1 und 5.2 der Verwaltungsvereinbarung errechnete Schaden größer sei als der durchschnittliche Cash-Flow III im vorangegangenen Dreijahreszeitraum. Um sicherzustellen, dass eine einheitliche Vergleichbarkeit und Berechnung des Cash-Flow III, der Prosperitätsgrenze und der Einhaltung der 35 Prozent-Grenze für die gewerblichen Einkünfte eingehalten werden könne, seien vom Landwirtschaftsministerium für die Buchabschlüsse der Zeitraum 2014/2015, 2015/2016 und 2016/2017 sowie für die Einkommensteuerbescheide die Jahre 2014, 2015 und 2016 festgelegt worden. Das sei dann in den Antragsvordrucken so vorgegeben worden. Diese seien als Anlage zu dem Durchführungserlass vom 1. November 2018 veröffentlicht worden. Es sei auch im Merkblatt zum Dürrehilfsprogramm veröffentlicht worden. Der Klägerin sei das daher von Anfang an bekannt gewesen.

Damit sei berücksichtigt worden, dass die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2018 und 2017 bei der Antragstellung im November 2018 in vielen Fällen noch nicht vorgelegen hätten. Die Einkommensteuerbescheide für 2014 bis 2016 seien herangezogen worden, um ein einheitliches Vorgehen für alle Antragsteller zu gewährleisten. Auf den Durchschnitt von drei Jahren sei zurückgegriffen worden, um Ausschläge einzelner Jahre auszuschließen und eine belastbare Grundlage für die Beurteilung der Einkommenssituation zu erhalten.

Zu Beginn des Antragsverfahrens sei noch nicht geklärt gewesen, ob bei der 35-Prozent-Grenze ein Sockelbetrag angewendet werde. Die Merkblätter hätten den damaligen Diskussionsstand wiedergegeben, um den Teilnehmerkreis nicht vorab einzuschränken. Im weiteren Verlauf sei entschieden worden, den Sockelbetrag nicht anzuwenden.

Für die Ermittlung der Gesamteinkünfte und der gewerblichen Einkünfte habe die Beklagte die negativen und die positiven Einkünfte berücksichtigt. Für die Prosperitätsgrenze seien nur die positiven Einkünfte berücksichtigt worden, weil das ausdrücklich so vorgegeben sei.

Die Gesamteinkünfte bei der Klägerin lägen bei 18 892 Euro, die gewerblichen Einkünfte bei 10 251 Euro. Damit lägen Sie über 35 Prozent der Gesamteinkünfte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte mit dem beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten, der Beiakte BA001, Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat überwiegend Erfolg.

Sie ist als Verpflichtungsklage nach § 42 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig. Die Erweiterung des Antrags von dem Bescheidungsantrag zum Verpflichtungsantrag sieht das Gericht als sachdienlich im Sinn des § 91 Absatz 1 VwGO an. Die Beklagte hat der Erweiterung nicht widersprochen.

Die Klage ist überwiegend begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung zu und der Bescheid vom 19. Juni 2018 verletzt die Klägerin insoweit in ihren Rechten.

Die Dürrebeihilfe 2018 ist nicht gesetzlich geregelt, sondern erfolgt auf der Grundlage der Rahmenrichtlinie zur Gewährung staatlicher Zuwendungen zur Bewältigung von Schäden in der Land- und Forstwirtschaft verursacht durch Naturkatastrophen oder widrige Witterungsverhältnisse des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 26. August 2015 (BAnz AT 31.08.2015 B4). Diese Richtlinie ist der Europäischen Kommission als Beihilferegelung notifiziert worden. Auf dieser Rahmenrichtlinie beruhen die Verwaltungsvereinbarungen des Bundes und der Länder vom 8. Oktober 2018 und vom 18. April 2019. In diesen Verwaltungsvereinbarungen heißt es, dass die deutsche Rahmenrichtlinie auf die „vorliegende“ Vereinbarung jeweils „vollumfänglich“ Anwendung finde, es sei denn, dass die Vereinbarung strengere Bestimmungen enthalte. Für die Höhe der Dürrebeihilfe ist Nummer 6 der Verwaltungsvereinbarung vom 18. April 2019 als strengere Vorschrift gegenüber der Rahmenrichtlinie maßgeblich. Nach Nummer 6.2 der Rahmenrichtlinie beträgt die Höhe der Zuwendungen bei widrigen Witterungsverhältnissen, wie hier, höchstens 80 Prozent des Gesamtschadens, in aus naturbedingten Gründen benachteiligten Gebieten im Sinn von Artikel 31 und 32 der VO Nr. 1305/2013 höchstens 90 Prozent. Nach Nummer 6.1 der Verwaltungsvereinbarung vom 18. April 2019 beträgt die „Bruttobeihilfeintensität der gewährten Billigkeitsleistung“ dagegen nur bis zu 50 Prozent des maßgeblichen Schadensbetrags. Die Klägerin hat in ihrem Antrag den Schaden mit 51 811,68 Euro angegeben.

Ein – gebundener – Anspruch auf eine Dürrebeihilfe für diesen Schaden steht der Klägerin nicht zu. Die Dürrebeihilfe ist eine freiwillige Leistung, über die die Beklagte nach ihrem pflichtmäßigen Ermessen entscheidet. Das beschreibt Nummer 1.2 der Rahmenrichtlinie. Danach besteht ein Rechtsanspruch auf Gewährung der Zuwendungen nicht. Die jeweilige Bewilligungsstelle entscheidet nach Antragstellung aufgrund pflichtgemäßen Ermessens und nach Maßgabe der Rahmenrichtlinie. Die Gewährung der Zuwendung steht unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit entsprechender Haushaltsmittel.

Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte ihr Ermessen nur durch eine Bewilligung wie beantragt zutreffend ausüben könnte. Die Voraussetzungen für eine solche Reduzierung des Ermessens der Beklagten „auf Null“ hat die Klägerin nicht dargelegt. Insoweit bleibt die Klage daher ohne Erfolg.

Die Klägerin hat aber einen Anspruch auf eine erneute Ermessensentscheidung über ihren Antrag nach der Rahmenrichtlinie und der Verwaltungsvereinbarung vom 18. April 2019, bei der die Beklagte die Rechtsauffassung des Gerichts beachtet. Denn der Bescheid vom 19. Juni 2018 ist ermessensfehlerhaft.

Die Beklagte hat ihr Ermessen willkürfrei auszuüben. Das Ermessen der Beklagten ist dabei durch die Rahmenrichtlinie gebunden, außerdem durch die Verwaltungsvereinbarung vom 18. April 2019, soweit diese strengere Bestimmungen enthält.

Nach Nummer 4.1 der Verwaltungsvereinbarung vom 18. April 2019 (VV) können in der Existenz gefährdete Unternehmen gefördert werden, die im Sinne des Anhanges I der Verordnung (EU) Nr. 702/2014 „der Kommission vom 25. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Arten von Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ Kleinstunternehmen, kleine Unternehmen oder mittlere Unternehmen sind und deren Geschäftstätigkeit die Primärproduktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse einschließlich Imkerei und Wanderschäferei umfasst. Eine Existenzgefährdung in diesem Sinn liegt nach Nummer 4.2 VV vor, wenn nach Inanspruchnahme anderer Fördermittel die Weiterbewirtschaftung bis zum nächsten Wirtschaftsjahr nicht gewährleistet ist. Das Unternehmen muss die Existenzgefährdung anhand geeigneter Unterlagen nachweisen. Eine Existenzgefährdung gilt als ausgeschlossen, wenn bei juristischen Personen, Einzelunternehmen oder Personengesellschaften die Summe der Einkünfte aus gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Betriebszweigen mehr als 35 Prozent der gesamten Einkünfte aus dem Jahr 2018 beträgt. Sind die Einkünfte für 2018 vorläufig nicht feststellbar, können die Einkünfte aus dem Jahr, aus dem die Informationen zuletzt verfügbar sind, zugrunde gelegt werden. Diese Vorschriften der Verwaltungsvereinbarung sind anzuwenden, weil sie den Kreis der Leistungsberechtigten gegenüber der Rahmenrichtlinie einschränken.

Nach Nummer 5.4 VV ist der Beihilfebetrag um das, insbesondere kurzfristig, zumutbar verwertbare Privatvermögen zu kürzen. Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften wird die Summe des, insbesondere kurzfristig, zumutbar verwertbaren Privatvermögens der haftenden natürlichen Personen und ihrer Ehegatten berücksichtigt, die über 50 Prozent des errechneten Beihilfebetrags liegt. Bei juristischen Personen wird entsprechend die Summe des, insbesondere kurzfristig, zumutbar verwertbaren Privatvermögens der Gesellschafter, die natürliche Personen sind und über einen Gesellschaftsanteil von 10 Prozent oder mehr verfügen und ihrer Ehegatten, berücksichtigt.

Nach Nummer 6.2 VV („Prosperitätsgrenze“) ist der Beihilfebetrag um den Prozentsatz zu kürzen, der dem Gesellschaftsanteil der haftenden natürlichen Personen beziehungsweise der Gesellschafter in Einzelunternehmen, Personengesellschaften und juristischen Personen entspricht, bei denen die Summe der jährlichen positiven Einkünfte zum Zeitpunkt der Antragstellung jeweils 120 000 Euro zusammen mit Ehegatten oder 90 000 Euro bei Ledigen überschreitet. Diese Einkünfte sind „durch den letzten Einkommensteuerbescheid nachzuweisen“. Diese Vorschriften der Verwaltungsvereinbarung sind anzuwenden, weil sie den Beihilfeanspruch gegenüber den Vorschriften der Rahmenrichtlinie einschränken.

Die Beklagte verlangt – nach ihrem Merkblatt und ihren Angaben: In ständiger Praxis –, dass die Antragsteller die Antragsunterlagen verwenden, die sie im Internet bereitstellte. Das sind: Ein Antragsformular und als Anlagen dazu die Berechnung der Existenzgefährdung, die Berechnung der Schadenshöhe, der Vermögensnachweis, die Übersicht der Gesellschafter mit Unterschrift bei Personengesellschaften und juristischen Personen und Vollmachtserteilung, Nachweise über Versicherungsleistungen und Leistungen Dritter, die Berechnung Cashflow III, 1. Stufe und die Berechnung Cashflow III, 2. Stufe.

Diese Praxis ist unter Ermessensgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Sie ist sachgerecht, um eine gleichmäßige und zügige Bearbeitung zu gewährleisten. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte maßgeblich auf die Jahre 2014 bis 2016 als Referenzzeitraum abgestellt hat. Die Beklagte hat zur Überzeugung des Gerichts nachvollziehbar dargelegt, dass sie diesen Referenzzeitraum allen Anträgen auf Bewilligung einer Dürrebeihilfe zu Grunde gelegt hat. Dass es nach Nummer 4.2 VV entscheidend auf die Gesamteinkünfte und die Summe der Einkünfte aus gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Einkünfte aus dem Jahr 2018 ankommen soll, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Dort heißt es: Sind die Einkünfte aus 2018 vorläufig nicht feststellbar, können die Einkünfte aus dem Jahr, aus dem Informationen dazu zuletzt verfügbar sind, zugrunde gelegt werden. Es kann dahinstehen, ob diese Formulierung überhaupt vorgibt, dass nur auf ein Jahr abzustellen ist oder dem Anwender wegen des Wortes „können“ die Möglichkeit eröffnet, auch auf einen anderen als den dort genannten Zeitraum abzustellen. Jedenfalls im Zeitpunkt der Antragstellung im November 2018 lagen die Einkommensteuerbescheide für 2018 noch nicht vor. Auch für 2017 lagen die Einkommensteuerbescheide regelmäßig noch nicht vor. Die Beklagte hat plausibel dargelegt, dass sie den Referenzzeitraum 2014 bis 2016 gewählt hat, um eine Vergleichbarkeit im Massenverfahren zu gewährleisten, und um sowohl bei der 35-Prozent-Grenze als auch bei Prosperität und der Berechnung des Cash-Flow III auf einen einheitlichen Referenzzeitraum abzustellen.

Der Klägerin ist nicht darin zu folgen, dass nur auf ein Jahr abzustellen sei und nicht auf einen Dreijahreszeitraum. Daran ändert Nummer 4.2 VV auch dann nichts, sollte man diese dahingehend verstehen, dass nur auf ein Jahr abzustellen sei. Denn die Verwaltungsvereinbarung hat keine unmittelbare Außenwirkung und wirkt insbesondere nicht unmittelbar auf das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten. Etwaige Verstöße gegen die Verwaltungsvereinbarung seitens der Beklagten wirken sich lediglich im Verhältnis Bund und Länder aus. Denn die Verwaltungsvereinbarung haben der Bund und die Länder geschlossen, um die finanzielle Beteiligung des Bundes an dem Dürrehilfsprogramm zu regeln. Etwaige Verstöße gegen die Verwaltungsvereinbarung wirken sich erst dann auf den einzelnen Antragsteller aus, wenn die Beklagte gegen Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes verstößt, insbesondere dann, wenn sie willkürlich handelt. Dies ist im Falle der Klägerin nicht ersichtlich. Die Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass sie bei allen Anträgen so verfahren ist und bei Zugrundelegung eines Dreijahreszeitraumes „Ausschläge“ bei den Einkünften in nur einem Jahr abgemildert werden sollen. Dies ermöglicht eine belastbare Grundlage für die Beurteilung der Einkommenssituation der Unternehmen. Deshalb kommt es auf das Bestreiten der Klägerin hinsichtlich der Entstehungsgeschichte des Erlasses zum Referenzzeitraum und den Referenzunterlagen nicht an.

Soweit die Klägerin geltend macht, es komme maßgeblich auf das Jahr 2017 an und insoweit auf die Einkommensermittlung ihrer Gesellschafter für 2017 verweist, folgt das Gericht ihr ebenfalls nicht. Das gilt schon deshalb, weil die Klägerin die Einkommensermittlungen für 2017 erst mit dem Schreiben vom 11. Juli 2019 nach Erlass des Bescheides der Beklagten vorgelegt hat. Sie lagen der Beklagten damit weder im Zeitpunkt des Erlasses des Ablehnungsbescheides und noch am Ende der Antragsfrist zum 30. November 2018 vor. Dies wäre aber erforderlich gewesen, weil der Antrag auf Bewilligung der Dürrebeihilfe mit den erforderlichen Unterlagen bis zum 30. November 2018 einzureichen war. Nach Nummer 8.1 Satz 1 und Satz 3 des Durchführungserlasses zur Gewährung von Billigkeitsleistungen zur Bewältigung von Dürreschäden 2018 in landwirtschaftlichen Unternehmen aus Niedersachsen und Bremen vom 1. November 2018 sind Änderungsanträge sind nicht zulässig.

Dass die Beklagte die Antragsfrist als Ausschlussfrist handhabt, ist nicht zu beanstanden, weil es sonst sowohl zu einer ungerechten Bevorzugung von Antragstellern käme, die ihre Unterlagen erst nach Ablauf der Frist vollständig oder richtig einreichen, als auch zu einem erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand für die Aktualisierung der Unterlagen und Entscheidungen.

Zwar ist nach Nummer 10.1 des Durchführungserlasses das Verwaltungsverfahrensgesetz in Verbindung mit § 1 Absatz 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes zu beachten. Das eröffnet aber keinen Wiedereinsetzungsanspruch nach § 32 Absatz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG), weil § 32 Absatz 1 VwVfG nur für gesetzliche Fristen gilt und es sich bei der Antragsfrist nicht um eine solche gesetzliche Frist handelt. Ob die Beklagte in besonderen Fällen Nachsicht gewähren könnte, muss nicht problematisiert werden, weil hier keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass hinsichtlich der zu verwendenden Unterlagen oder des Referenzzeitraums besondere Umstände vorliegen. Diese liegen insbesondere nicht darin, dass die Jahre 2014 bis 2016 durch den Verfall der Milchpreise für die landwirtschaftlichen Betriebe mit Milchwirtschaft unverhältnismäßig schlecht ausgefallen waren. Die Gründe der Beklagten für die Wahl des dreijährigen Referenzzeitraums erweisen sich auch angesichts dieses Umstands als sachgerecht. Insbesondere ist mit diesen Gründen nicht vorgegeben, dass die Milchwirtschaftsbetriebe bei der Dürrehilfe benachteiligt werden müssten. Denn die Dürrehilfe setzt eine Existenzgefährdung voraus. Die Bewertung, ob eine solche dargelegt ist oder nicht, ist mit der Wahl des Referenzzeitraums nicht vorgegeben (dazu sogleich).

Allerdings hat die Beklagte hat ihr Ermessen in Bezug auf die 35-Prozent-Grenze nicht fehlerfrei ausgeübt. Denn die konkrete Anwendung durch die Beklagte ist nicht fehlerfrei erfolgt: Die Beklagte hat nicht berücksichtigt, dass die von ihr zugrunde gelegte Nummer 4.2 VV eine widerlegbare Vermutung formuliert und nicht geprüft, ob die Klägerin die Vermutung in Nummer 4.2 VV widerlegt hat, indem sie hinreichend dargelegt hat, dass sie trotz der Überschreitung der 35-Prozent-Grenze in ihrer Existenz gefährdet ist.

Nach Nummer 4.2 VV gilt eine Existenzgefährdung als ausgeschlossen, wenn bei juristischen Personen, Einzelunternehmen und Personengesellschaften die Summe der Einkünfte aus gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Betriebszweigen mehr als 35 Prozent der gesamten Einkünfte aus dem Jahr 2018 betragen.

Dass es sich hier um eine Vermutung handelt, ergibt sich nach dem Zweck von Nummer 4.2 VV. Dieser besteht darin, der Beklagten handhabbare Kriterien zu geben, um festzustellen, ob eine Existenzgefährdung besteht. Die Parteien der Verwaltungsvereinbarung sind ersichtlich davon ausgegangen, dass Betriebe nicht gefördert werden sollen und dass eine Existenzgefährdung bei gewerblichen Einkünften nicht vorliegt, wenn entweder die Landwirtschaft nicht das Hauptstandbein des Betroffenen ist oder der Betroffene die Verluste in der Landwirtschaft durch seine Einkünfte aus gewerblichen Einkünften ausgleichen kann. Dies verdeutlichen die Überlegungen zur Einführung eines Sockelbetrages von zunächst 50 000 Euro, später dann 70 000 Euro für die Gesamteinkünfte. Die Beklagte hat diese in mehreren mündlichen Verhandlungen dahingehend erläutert, dass sich Landwirte vermehrt ein zweites Standbein geschaffen hätten, insbesondere mit Biogasanlagen und Photovoltaikanlagen. Dazu sei aufgefallen, dass die 35-Prozent-Grenze bei sehr kleinen landwirtschaftlichen Einkünften problematisch sein könne. Denn schon geringe gewerbliche Einkünfte würden dann zum Ausschluss von der Dürrebeihilfe führen. Daher habe das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zunächst vorgegeben, dass der Anteil der gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Einkünfte erst ab Gesamteinkünften von 70 000 Euro zu berücksichtigen sei. Bei der Bemessung der 70 000 Euro habe sich das Ministerium an dem regelmäßigen Gesamteinkommen einer Familie orientiert.

Unternehmen mit gewerblichen Einkünften von mehr als 35 Prozent der Gesamteinkünfte von der Förderung pauschalierend auszuschließen, ist nach diesen Vorüberlegungen nicht grundsätzlich zu beanstanden. Durch diese Praxis kann insbesondere zur besseren Handhabung sachgerecht davon ausgegangen werden, dass der Betroffene seine Verluste in der Landwirtschaft durch seine gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Einkünfte so weit ausgleichen kann, dass eine Existenzgefährdung - wie sie Nummer 4.1 und 4.2 Absatz 1 VV fordern - dann nicht vorliegt.

Von dieser Annahme auszugehen, ist auch unter Berücksichtigung des Förderzwecks ermessensgerecht, weil es sich nur um eine Vermutung handelt, das heißt, dass das Vorliegen oder Nichtvorliegen der Existenzgefährdung als gegeben lediglich unterstellt wird. Es liegt auf der Hand, dass es auch Fälle gibt, in denen die gewerblichen Einkünfte einen Anteil an den Gesamteinkünften von 35 Prozent übersteigen, der Betroffene aber aufgrund der niedrigen absoluten Zahlen seiner Gesamteinkünfte und der gewerblichen Einkünfte gleichwohl nicht in der Lage ist, die Verluste bei den landwirtschaftlichen Einkünften durch seine gewerblichen Einkünfte auszugleichen, und dass der Ausschluss solcher Fälle dem Förderzweck zuwiderliefe und deshalb willkürlich wäre. Dies ist gerade bei Einkünften unterhalb des Sockelbetrages naheliegend und insbesondere bei Verlusten bei den landwirtschaftlichen Einkünften und den Gesamteinkünften einerseits sowie sehr geringen gewerblichen Einkünften andererseits offensichtlich. Mit ohnehin sehr geringen gewerblichen Einkünften kann der Betroffene nichts ausgleichen. Eine Existenzgefährdung ist dann im Sinn der Nummer 4.2 Satz 1 VV gegeben, weil eine Weiterbewirtschaftung bis zum nächsten Wirtschaftsjahr nach Inanspruchnahme anderer Fördermittel nicht mehr gewährleistet ist.

Dieser Umstand spricht nicht nur für das Vorliegen einer Vermutung, sondern auch gegen die Annahme einer Fiktion. Bei einer Fiktion handelt es sich um die Unterstellung eines in Wirklichkeit nicht vorhandenen Sachverhalts. Eine Fiktion scheidet aus, wenn etwas als verbindlich anzusehen ist, was möglicherweise den tatsächlichen Umständen entspricht (Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2016, Rdnr. 4 und 8 zu § 292). Denn was der Wahrheit entspricht, kann keine Fiktion sein. Dies kann bei Nummer 4.2 VV – „eine Existenzgefährdung gilt als ausgeschlossen“ - aber gerade der Fall sein. Denn bei den als Regelfall bedachten Fällen (gewerbliche Einkünfte von mehr als 35 Prozent der Gesamteinkünfte) liegt keine Existenzgefährdung vor, weil der Verlust mit den gewerblichen Einkünften ausgeglichen werden kann. Eine Existenzgefährdung nach Nummer 4.1 und 4.2 Satz 1 VV scheidet daher von vornherein aus, weil die Weiterbewirtschaftung bis zum nächsten Wirtschaftsjahr gewährleistet ist. Nummer 4.2 VV spiegelt dann die Wirklichkeit wider.

Der Umstand, dass das Wort „gilt“ im Allgemeinen eine typische Formulierung für eine Fiktion ist und Nummer 4.2 letzter Absatz VV ebenfalls diese Formulierung verwendet, steht der Annahme einer Vermutung nicht entgegen. Denn zum einen ist der Wortlaut - mit Blick auf die oben gemachten Ausführungen - nicht maßgeblich (so auch: LG Mannheim, Urteil vom 10. Oktober 2007 - 8 O 143/06, zitiert nach Juris). Zum anderen ist es jedenfalls im Verwaltungsrecht so, dass das Wort „gilt“ auch im Falle einer Vermutung verwendet wird, wie § 41 Absatz 2 Satz 1 VwVfG zeigt. Danach „gilt“ ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Eine Fiktion wird damit nicht geregelt, weil eine Fiktion nicht widerlegbar ist; dies kann nur bei einer Vermutung der Fall sein. In § 41 Absatz 2 Satz 3 VwVfG heißt es jedoch, dass dies - gemeint ist § 41 Absatz 2 Satz 1 VwVfG - nicht gilt, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Dem Betroffenen ist also eine Möglichkeit der Widerlegung eingeräumt.

Dass die Parteien der Verwaltungsvereinbarung mit der Formulierung „eine Existenzgefährdung gilt als ausgeschlossen“ in Nummer 4.2 VV etwas anderes haben zum Ausdruck bringen wollen als den zwingenden Ausschluss von der Förderung (ohne Widerlegbarkeit), bestätigt der abweichende Wortlaut in Nummer 4.3 VV. Dort haben die Vereinbarungsparteien eine andere Formulierung verwendet, nämlich „von einer Förderung ausgeschlossen sind (…)“. Mit dieser Gegenwartsform „sind“ folgen die Verwaltungsvereinbarung den Formulierungen der Rahmenrichtlinie. So verwendet Nummer 4.2 der Rahmenrichtlinie die Formulierung „Nicht gefördert werden Unternehmen, bei denen (…)“, Nummer 4.3 die Formulierung „Von einer Förderung ausgeschlossen sind Unternehmen (…)“ und Nummer 4.4 die Formulierung „Unternehmen in Schwierigkeiten (…) sind von einer Gewährung von Beihilfen (…) ausgeschlossen.

Die Vermutung der Nummer 4.2 VV ist widerlegbar. Es ist unerheblich, dass sich die Verwaltungsvereinbarung nicht ausdrücklich dazu verhält, ob die Verneinung der Existenzgefährdung widerlegbar ist oder nicht. Denn für diesen Fall wird der Grundsatz des § 292 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) angewendet, der hier in Verbindung § 173 Satz 1 VwGO gilt. Darin heißt es: Stellt das Gesetz für das Vorhandensein einer Tatsache eine Vermutung auf, ist der Beweis des Gegenteils zulässig, sofern nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

Etwas anderes als die Annahme einer widerlegbaren Vermutung führte zu einem Ermessensfehler, weil die Beklagte sich in Widerspruch zu dem Ziel der Verwaltungsvereinbarung setzte, Betrieben zu helfen, die wegen Dürreschäden in der Existenz gefährdet sind. Es wäre willkürlich, Betroffene von einer Förderung auszuschließen, die in den Referenzzeiträumen mit dem landwirtschaftlichen Betrieb keine oder sehr geringe Einkünfte erzielt haben und die auch nur geringe gewerbliche Einkünfte erzielt haben, so dass die gewerblichen Einkünfte nur deshalb mehr als 35 Prozent der Gesamteinkünfte betragen, weil der Betroffene im landwirtschaftlichen Bereich erhebliche Einbußen erlitten hat. Die Klägerin weist mit Recht darauf hin, dass es willkürlich wäre, Betroffene als in der Existenz gefährdet anzusehen, die bei gleich niedrigen gewerblichen Einkünften deutlich höhere landwirtschaftliche Einkünfte erzielt haben. Denn gerade die Betroffenen, die durch sehr geringe landwirtschaftliche Einkünfte oder gar Verluste und sehr geringen gewerblichen Einkünften in ihrer Existenz gefährdet sind, sind es, die die Dürrebeihilfe besonders benötigen. Für diese Fälle korrigiert die Widerlegbarkeit der Vermutung, dass zur Vereinfachung zugrunde gelegt wird, dass bei Überschreiten der 35-Prozent-Grenze keine Existenzgefährdung vorliegt. Gerade bei einem Milchwirtschaftsbetrieb wie dem der Klägerin trägt in solchen Fällen auch die Erwägung der Beklagten nicht mehr in dem Maße wie bei anderen landwirtschaftlichen Betrieben, dass ein Referenzzeitraum von drei Jahren bewirke, dass Ausreißer ausgeglichen würden. Denn für die Milchwirtschaftsbetriebe war der gesamte Referenzzeitraum seit 2014 ein „Ausreißer“.

Bei der Klägerin liegt der Fall so, dass rein rechnerisch ihre durchschnittlichen gewerblichen Einkünfte zwar mehr als 35 Prozent der Gesamteinkünfte betragen: Die Klägerin erzielt im Referenzzeitraum 2014 bis 2016 Gesamteinkünfte von durchschnittlich 18 892 Euro. Diesen stehen durchschnittliche gewerbliche Einkünfte von 10 251 Euro gegenüber. Die Beklagte hat jedoch ermessensfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass es auf der Hand liegt, dass sehr zweifelhaft ist, ob ein Milchwirtschaftsbetrieb von zwei Erwachsenen mit über 400 Tieren, davon mehr als die Hälfte Milchkühe, und rund 140 ha bewirtschafteter Fläche mit solchen Einkünften wirtschaftlich tragfähig ist. Dennoch ohne weiteres anzunehmen, er sei im Sinn der Verwaltungsvereinbarung nicht in der Existenz gefährdet, steht im Widerspruch zum Zweck der Dürrebeihilfe, landwirtschaftliche Unternehmen zu unterstützen, die niedrigere landwirtschaftliche Einnahmen erzielten. Ohne Berücksichtigung einer solchen Besonderheit führt die von der Beklagten vorgenommene Relationsbetrachtung nämlich dazu, landwirtschaftliche Unternehmen zu unterstützen, die höhere landwirtschaftliche Einkünfte haben. Dieser Widerspruch hätte sich nicht ergeben, hätte die Beklagte einen Sockelbetrag angewendet.

Das Gericht hatte nach alledem nicht zu prüfen, ob der von der Beklagten ermittelte Schaden zu Recht von dem der Klägerin abweicht, ob verwertbares Vermögen zu berücksichtigen ist oder ob eine Existenzgefährdung ausgeschlossen ist, weil das Unternehmen in Schwierigkeiten ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Absatz 1 VwGO. Soweit die Klägerin obsiegt, also hinsichtlich der neuen Entscheidung über ihren Antrag, hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen. Den Anteil des Unterliegens der Klägerin bemisst das Gericht mit 1/5, weil allein eine erneute Entscheidung über den Antrag noch nicht zwingend die Bewilligung einer Dürrebeihilfe zur Folge hat. Diese und ihr Umfang hängen von der erneuten Prüfung der Beklagten ab.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nummer 11 und § 711 der Zivilprozessordnung in Verbindung mit § 167 Absatz 2 VwGO.

Die Berufung wird nach § 124 Absatz 2 Nummer 3 in Verbindung mit § 124a Absatz 1 Satz 1 VwGO zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Es handelt sich um eine der ersten Entscheidungen zu der Frage der Berücksichtigung gewerblicher Einkünfte bei der Dürrebeihilfe 2018.

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