VG München, Beschluss vom 29.09.2020 - M 26b S 20.4628
Fundstelle
openJur 2020, 75003
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf EUR 5.000 festgesetzt.

Gründe

I.

Der in M. wohnhafte Antragsteller wendet sich gegen die in der Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 23. September 2020 verfügten Maßnahmen aufgrund erhöhter Infektionszahlen.

Mit Allgemeinverfügung vom 23 September 2020, gültig vom 24. September (0:00 Uhr) bis 1. Oktober 2020 (24:00 Uhr), ordnete die Antragsgegnerin auf infektionsschutzrechtlicher Grundlage mehrere Maßnahmen für die Landeshauptstadt M. aufgrund erhöhter Infektionszahlen an.

Auf den Wortlaut der Allgemeinverfügung - abrufbar unter: https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Referat-fuer-Gesundheit-und-Umwelt/Infektionsschutz/Neuartiges_Coronavirus/Corona-Massnahmen-fuer-Muenchen.html - wird Bezug genommen.

Der Antragsteller beantragt mit Schriftsatz vom 25. September 2020 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

"die sofortige Aussetzung der Maskenpflicht an belebten Plätzen in M., sowie der Kontaktbeschränkung auf 5 Personen in der Gastronomie, sowie aller Maßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Überschreiten des 7-Tag-Index vom 23.9 2020 stehen."

Zur Begründung wird ausgeführt, dass für die angeordneten Maßnahmen keine Grundlage bestehe. Der 7-Tage-Inzidenz-Wert von 50, den der Freistaat Bayern als Wert festgelegt habe, ab dem zwingend Maßnahmen ergriffen werden müssten, sei am 23. September 2020 nicht erreicht worden, da eine veraltete Einwohnerzahl herangezogen worden sei. Bei Zugrundelegung einer aktuellen Einwohnerzahl von 1,56 Millionen ergebe sich ein Inzidenz-Wert von unter 48.

Die Antragsgegnerin beantragt mit Schriftsatz vom 25. September 2020

den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten verweisen.

II.

Der Antrag, der nach §§ 122 Abs. 1, 88 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) als Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt.VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer noch zu erhebenden Klage gegen sämtliche Anordnungen der Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin am 23. September 2020 auszulegen ist, hat keinen Erfolg. Er ist teilweise bereits unzulässig, im Übrigen unbegründet.

1. Der Antrag ist schon unzulässig, soweit er sich gegen Nrn. 2 (Kontaktbeschränkung in Gastronomiebetrieben), 4 (Teilnehmerbeschränkung bei Veranstaltungen) und 5 (Maskenpflicht in bestimmten öffentlichen Bereichen) der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung wendet. Insoweit ist er unstatthaft, da der Antragsteller in der Hauptsache in Bezug auf die zugrundeliegenden Regelungen nicht nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt ist.

1.1 Eine Anfechtungsklage ist grundsätzlich nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Nach Rechtsprechung und herrschender Lehre genügt dabei die Möglichkeit einer behaupteten Rechtsverletzung (sog. Möglichkeitstheorie, vgl. Eyermann/Happ, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 42 Rn. 112). Die Darlegung muss grundsätzlich substantiiert sein, wobei keine strengen Anforderungen zu stellen sind (Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 42 Rn. 175). Erforderlich sind vor allem Ausführungen in tatsächlicher Hinsicht, warum, wodurch und in welchen Rechten sich der Kläger betroffen fühlt (Eyermann/Happ, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 42 Rn. 113). Die Darlegungslast bezieht sich primär auf die Darlegung der die Rechtsverletzung begründenden Tatsachen.

Soweit der Betroffene Adressat eines Verwaltungsakts ist, der ihm ein Handeln, Unterlassen oder Dulden gebietet, ergibt sich aus dem zumindest durch das Auffanggrundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG begründeten umfassenden Schutz seiner Freiheitssphäre grundsätzlich stets die Möglichkeit einer Rechtsverletzung (Eyermann/Happ, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 42 Rn. 91; Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 42 Rn. 69).

Vorliegend ist jedoch zu beachten, dass die angefochtenen Regelungen in Nrn. 2, 4 und 5 der Allgemeinverfügung sich zwar formal auch an den Antragsteller richten, insofern er als in M. wohnhaft diesen für das Stadtgebiet (Nrn. 2 und 4) bzw. das Zentrum der Stadt (Nr. 5) geltenden Regelungen bei Erfüllung ihres Tatbestandes unterworfen ist. Im Falle einer Allgemeinverfügung ist jeder Betroffene nur im Hinblick auf die ihn materiell betreffende Regelung, nicht schlechthin gegen die Allgemeinverfügung als solche oder die materiell andere Personen betreffenden Regelungen, klagebefugt (Kopp/Schenke, a.a.O., § 42 Rn. 21, 170; VG Würzburg, B. v. 16.9.2020 - W 8 E 20.1298 - juris Rn. 14).

In diesem Fall reicht es nicht aus, dass der Kläger nur formal Adressat einer Regelung sein könnte, sondern er muss, damit auch hier Popularklagen ausgeschlossen werden, darlegen, inwieweit er in seiner konkreten Situation als Angehöriger der konkret adressierten Gruppe durch die angefochtenen Regelungen materiell betroffen ist. Er muss hinreichend substanziiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die angegriffenen Regelungen oder deren Anwendung in eigenen Rechten verletzt wird (so BayVGH, B.v. 28.9.2020 - 20 NE 20.2142 (noch nicht veröffentlicht) für die Antragsbefugnis im Normenkontrollverfahren unter Verweis auf BVerwG, B.v. 17.7.2019 - 3 BN 2.18 - NVwZ-RR 2019, 1027 - juris Rn. 11).

1.2 Der Antragsteller hat hier nicht dargelegt, dass er von den in Rede stehenden Regelungen in Nrn. 2, 4 und 5 der Allgemeinverfügung in seiner konkreten Situation aktuell und mehr als nur potentiell betroffen ist.

Zur Darlegung einer möglichen Beschwer durch die Kontaktbeschränkung in Gastronomiebetrieben, die Reduzierung des Teilnehmerkreises von Veranstaltungen sowie der Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung an bestimmten Orten der Münchner Innenstadt hätte der Antragsteller wenigstens geltend machen müssen, dass er in seiner konkreten Situation aufgrund konkreter Umstände tatsächlich und aktuell durch die Regelung beschwert sein könnte. Dies ist insbesondere deshalb der Fall, weil die Allgemeinverfügung nur noch bis zum 1. Oktober 2020, 24 Uhr, gültig ist.

Hierzu macht er aber in seiner Antragsschrift keinerlei Ausführungen. Er macht insbesondere nicht geltend, dass er tatbestandlich der Nr. 1 in Verbindung mit Nr. 2 unterfallende Gastronomiebesuche oder Veranstaltungen, die gegen Nr. 4 verstoßen, bis zum 1. Oktober 2020 plant. Auch in Bezug auf die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Zentrum M. hat er, in M.-A. wohnhaft, nicht dargelegt, dass er konkret plant, sich bis zum 1. Oktober 2020 zu den betroffenen Örtlichkeiten begeben zu wollen.

1.3 Im Übrigen ist der Antrag zulässig.

Anfechtungsklagen gegen Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) haben kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 28 Abs. 1, Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG), so dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung insoweit statthaft ist.

Bezüglich der Regelung der Begrenzung des Aufenthalts im öffentlichen Raum der Antragsgegnerin auf Gruppen bis zu maximal 5 Personen oder Personen des eigenen Hausstands und Angehörigen eines weiteren Hausstands (Nr. 1) sowie der Regelung der Begrenzung von Zusammenkünften in privat genutzten Räumen und auf privat genutzten Grundstücken auf maximal 5 Personen oder Personen des eigenen Hausstands und Angehörigen eines weiteren Hausstands (Nr. 3) nimmt die Kammer im konkreten Fall eine Antragsbefugnis auch ohne jegliche Darlegung von Tatsachen an, weil die Verwirklichung dieser untersagten Tatbestände durch den Antragsteller - der Aufenthalt im öffentlichen oder privaten Raum in einer Gruppe mit mehr als 5 Personen - nach allgemeiner Lebenserfahrung grundsätzlich jeden trifft, der sich im räumlichen Geltungsbereich der Allgemeinverfügung befindet.

2. Der Antrag ist aber unbegründet.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, wenn die Klage keine aufschiebende Wirkung hat. Dabei trifft das Gericht im Rahmen einer summarischen Prüfung der sich im Zeitpunkt der Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene, originäre Ermessensentscheidung darüber, ob die Interessen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streiten, oder diejenigen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, überwiegen. Wesentliches Element dieser Entscheidung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid als voraussichtlich rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, bleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.

Im vorliegenden Fall hat die in der Hauptsache noch zu erhebende Anfechtungsklage aller Voraussicht nach keinen Erfolg, so dass mangels gegenteiliger Anhaltspunkte das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin überwiegt. Die streitgegenständliche Allgemeinverfügung erweist sich in ihren angegriffenen Regelungen als rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Einschlägige Rechtsgrundlage für die Allgemeinverfügung ist § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Danach trifft die zuständige Behörde unter anderem dann, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden, die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den §§ 29 bis 31 IfSG genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten.

2.1 Formelle Mängel der Allgemeinverfügung sind nicht ersichtlich.

Insbesondere ergibt sich der räumliche Geltungsbereich der Verfügung zu 4. bereits aus der Überschrift der Allgemeinverfügung, wonach die verfügten Maßnahmen "für die Landeshauptstadt M." erfolgen und damit hinreichend deutlich das Stadtgebiet der Landeshauptstadt M. als räumlichen Geltungsbereich bezeichnet.

2.2 Nrn. 1 und 3 der Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 23. September 2020 sind voraussichtlich auch materiell rechtmäßig. Die Regelungen sind insbesondere angesichts der aktuellen Infektionslage in M. und deren epidemiologischer Bewertung, wie sie in der Begründung der Allgemeinverfügung dargelegt sind, erforderlich und angemessen.

2.2.1 Schutzmaßnahmen i.S.v. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG können auch Form der Allgemeinverfügung ergehen (BayVGH, B.v. 30.3.2020 - 20 CS 20.611 - juris Rn. 9; Schmidt, COVID-19, § 16 Rn. 1; Häberle/Lutz, IfSG, 1. Aufl. 2020, § 28 Rn. 8). Die allgemeinen Voraussetzungen des Art. 35 Satz 2 Alt. 1 BayVwVfG für den Erlass einer Allgemeinverfügung sind gegeben, insbesondere handelt es sich bei der Verfügung der Antragsgegnerin aufgrund des räumlich und zeitlich begrenzten Geltungsumfangs um die Regelung eines Einzelfalls für einen bestimmbaren Personenkreis und damit um eine konkret-generelle Regelung.

2.2.2 § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG setzt tatbestandlich lediglich voraus, dass Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder es sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war.

Diese Voraussetzungen liegen dem Grunde nach angesichts der anhaltenden SARS-CoV-2-Pandemielage unzweifelhaft vor. Das Virus SARS-CoV-2 ist ein Krankheitserreger im Sinne von § 2 Nr. 1 IfSG, der zur Lungenkrankheit COVID-19, einer übertragbaren Krankheit im Sinne von § 2 Nr. 3 IfSG führen kann. Nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts, dem der Gesetzgeber im Bereich des Infektionsschutzes mit § 4 IfSG besonderes Gewicht eingeräumt hat (vgl. BVerfG, B.v. 10.4.2020 - 1 BvQ 28/20 - juris Rn. 13; BayVerfGH, E.v. 26.3.2020 - Vf. 6-VII-20 - juris Rn. 16), handelt es sich bei der COVID-19-Pandemie weltweit und in Deutschland um eine dynamische und ernst zu nehmende Situation, wobei die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland weiterhin als hoch, für Risikogruppen als sehr hoch einzuschätzen ist. Intensive gesamtgesellschaftlicher Gegenmaßnahmen bleiben nötig, um die Folgen der COVID-19-Pandemie für Deutschland zu minimieren. Die massiven Anstrengungen auf allen Ebenen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes verfolgen weiterhin das Ziel, die Infektionen in Deutschland so früh wie möglich zu erkennen und die weitere Ausbreitung des Virus einzudämmen. Es ist laut Robert Koch-Institut (RKI) von entscheidender Bedeutung, die Zahl der Erkrankten so gering wie möglich zu halten und Ausbrüche zu verhindern. Hierdurch soll die Zeit für die Entwicklung von antiviralen Medikamenten und von Impfstoffen gewonnen werden. Auch sollen Belastungsspitzen im Gesundheitswesen vermieden werden (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html, Stand 23.9.2020).

Weitere tatbestandliche Anforderungen an ein Tätigwerden stellt § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG nicht. Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen vor, ist die Behörde zum Handeln verpflichtet (sog. gebundene Entscheidung).

2.2.3 Hinsichtlich Art und Umfang der zu treffenden Schutzmaßnahmen ist der Behörde ein Auswahlermessen eingeräumt. Das behördliche Ermessen wird dadurch beschränkt, dass es sich um "notwendige Schutzmaßnahmen" handeln muss. Zudem sind dem Ermessen durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Grenzen gesetzt (vgl. BVerwG, U.v. 22.3.2012 - 3 C 16.11 - BVerwGE 142, 205 - juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 13.8.2020 - 20 CS 20.1821 - juris Rn. 27). Die Ermessensentscheidung ist nach Maßgabe von § 114 Satz 1 VwGO gerichtlich überprüfbar.

Im vorliegenden Fall sind Ermessensfehler im Sinne von § 114 Satz 1 VwGO nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin hat ausweislich der ausführlichen Begründung der Allgemeinverfügung den der Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalt hinreichend ermittelt, verschiedene Handlungsalternativen auf ihre Durchführbarkeit und Wirksamkeit hin überprüft und die betroffenen Belange hinreichend abgewogen und in ein angemessenes Verhältnis gesetzt.

Angesichts der kurzen Geltungsdauer der Allgemeinverfügung bis zum 1. Oktober 2020 ist der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit des Antragstellers, Art. 2 Abs. 1 GG, durch die Begrenzung der Möglichkeit, im öffentlichen und privaten Raum mit einer unbestimmten Vielzahl von Personen zusammenzukommen, nach Abwägung des Für und Wider angemessen. Angesichts der aktuellen Infektionslage in M. hat die Antragsgegnerin zu Recht über die 6. BayIfSMV hinausgehende zeitlich begrenzte Maßnahmen ergriffen, um die 7-Tages-Inzidenz wieder nachhaltig zu senken und so der Gefahr einer unkontrollierten und nicht mehr nachvollziehbaren Weiterverbreitung des Coronavirus zu begegnen.

Das Gericht verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen in der Begründung der Allgemeinverfügung vom 22.09.2020, denen es folgt, und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).

2.2.4 Ergänzend bleibt zum Vortrag des Antragstellers zu der Berechnung des Inzidenzwerts anzumerken, dass die streitgegenständliche Allgemeinverfügung nicht auf Grundlage des § 23 Abs. 2 6. BayIfSMV erlassen worden ist, sondern § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG i.V.m. § 23 Abs. 1 6. BayIfSMV als Rechtsgrundlage benennt, der im Unterschied zu § 23 Abs. 2 6. BayIfSMV eine Überschreitung der 7-Tage-Inzidenz von 50 tatbestandlich gerade nicht erfordert. Es ist der zuständigen Behörde unbenommen, auch ohne Überschreiten eines bestimmten aus Gründen einer möglichst einheitlichen Verwaltungspraxis festgelegten Schwellenwerts angesichts eines gestiegenen Infektionsgeschehens notwendige Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Im Übrigen wurde im Gebiet der Antragsgegnerin auch unabhängig davon jedenfalls am 21. September 2020 sowohl nach den berichteten Zahlen des LGL als auch des RKI der Inzidenzwert von 50 überschritten.

Dabei werden die Einwohnerzahlen sowohl vom RKI als auch vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit auf der Grundlage der amtlichen Einwohnerzahlen des Bayerischen Landesamtes für Statistik berechnet, wonach M. am 31. Dezember 2018 1.471.508 Einwohner hatte (vgl. https://www.statistik.bayern.de/mam/produkte/veroffentlichungen/statistische_berichte/a1210c_201800.pdf.), am 31. Dezember 2019 1.484.226 Einwohner (https://www.statistik.bayern.de/mam/produkte/veroffentlichungen/statistische_berichte/a1210c_201800.pdf). Die vom Antragsteller angegebene Einwohnerzahl, wie sie Antragsgegnerin auf ihrem Portal veröffentlicht, beruht dagegen auf den Zahlen des Einwohnermelderegisters, wonach M. eine Einwohnerzahl von 1.557.451 Millionen (Stand: 31. August 2020) hat.

Dabei dürften die Zahlen des Landesamtes für Statistik aufgrund dessen wissenschaftlichen Berechnungsmethoden die Realität genauer abbilden als die Zahlen des Einwohnermelderegisters, nachdem in letzterem auch immer Karteileichen und Fehlbestände enthalten sind, die das Landesamt für Statistik in seinen Statistiken bereinigt.

Daher ist es nicht zu beanstanden, dass der 7-Tages-Inzidenz-Wert auf der Grundlage der Zahlen des Landesamtes für Statistik berechnet wird.

Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Aufgrund der faktischen Vorwegnahme des Hauptsacheverfahrens aufgrund der kurz bemessenen Gültigkeit der Allgemeinverfügung unterbleibt dabei eine Reduzierung des Streitwerts gegenüber dem Hauptsacheverfahren um die Hälfte.